Pique Dame

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PIQUE DAME

PJOTR TSCHAIKOWSK I

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PIQUE DAME PJOTR TSCHAIKOWSKI (1840-1893)

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Was ist unser Leben?


Hermann in «Pique Dame»

Ein Spiel!




HANDLUNG Erstes Bild Tschekalinski und Surin unterhalten sich über Hermann, den Aussenseiter, der jede Nacht das Spiel der anderen gebannt beobachtet, selbst aber nie spielt. Als Hermann erscheint, fragt Tomski ihn, warum er sich in letzter Zeit so verändert habe; Hermann gesteht Tomski, er sei verliebt – in eine unbekannte Schöne, deren Namen er nicht kenne, die aber niemals seine Frau werden könne, weil sie einer höheren Gesellschaftsschicht angehöre. Fürst Jeletzki gibt seine Verlobung bekannt: Seine Verlobte ist ausgerech­ net Lisa, Hermanns geliebte Unbekannte, die gerade in diesem Moment ge­ mein­­sam mit ihrer Grossmutter, der Gräfin, erscheint. Lisa, Hermann und die Gräfin werden von düsteren Vorahnungen befallen. Um die schlechte Stimmung zu vertreiben, erzählt Tomski die Geschichte der Gräfin: Als «Moskauer Venus» verzauberte sie einst die Männerwelt von Paris, bis ihre Spielleidenschaft sie an den Rand des finanziellen Ruins brachte. Für eine Liebesnacht verriet ihr der berüchtigte Graf Saint-Germain das Geheim­ nis dreier Karten, mit denen sich jedes Spiel gewinnen lässt; die Gräfin gewann ihr Vermögen zurück. Zweimal hat sie dieses Geheimnis daraufhin weitergege­ ben; dann erschien ihr ein Geist und prophezeite, dass der Dritte, der – in leiden­ schaftlicher Liebe entbrannt – versuchen werde, ihr das Geheimnis der drei Karten zu entreissen, der Gräfin den Tod bringen würde. Hermann ist von dieser Erzählung fasziniert. Und er will Lisa für sich ge­ winnen – oder sterben.

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Zweites Bild Am Abend ihrer Verlobung mit dem Fürsten Jeletzki ist Lisa alles andere als glücklich. Auch ihre Freundin Polina kann ihre Ängste und Zweifel nicht vertrei­ ben. Als Polina und die anderen Freundinnen gegangen sind, gesteht Lisa sich ein, dass sie Jeletzki nicht liebt; obwohl der Fürst schön, angesehen und klug ist, gilt ihre Leidenschaft Hermann. Der Nacht offenbart sie ihre Seelennöte. Plötzlich ist Hermann da – der Mann, der Lisa verwirrt, den sie fürchtet – und nach dem sie sich doch so sehr sehnt. Die Gräfin, vom Lärm geweckt, er­ scheint und befiehlt Lisa, sich endlich schlafen zu legen. Hermann empfindet die Gräfin als Vorboten des Todes. Er droht Lisa, sich umzubringen, wenn sie seine Liebe zurückweist; Lisa widersteht ihm nicht länger.

Drittes Bild Jeletzki sucht die Gelegenheit zu einer Aussprache mit Lisa. Doch Lisa weicht ihm aus. Heimlich lässt sie Hermann einen Brief zukommen, in dem sie ihn um ein Treffen bittet. Bei diesem Treffen übergibt sie ihm den Schlüssel zu einer geheimen Tür, durch die er am nächsten Tag in Lisas Zimmer gelangen kann; der Weg dorthin führt durch das Schlafzimmer der Gräfin. Hermann besteht darauf, noch in dieser Nacht zu kommen; er sieht endlosen Reichtum vor sich, und Freudentaumel erfasst ihn.

Viertes Bild Hermann ist von dem Gedanken an die drei Karten besessen und wild entschlos­ sen, der Gräfin ihr Geheimnis zu entreissen. Die Gräfin erscheint; sie schickt ihre Gesellschafterinnen weg und gibt sich den Erinnerungen an ihre Jugend und ihre diversen Liebhaber hin, bevor sie zu Bett geht. Plötzlich steht Hermann vor ihr und fordert mit allen Mitteln das Geheimnis der drei Karten. Als er eine Pistole aus der Tasche zieht, bricht die Gräfin tot zusammen. Lisa gegenüber weist Hermann jede Schuld am Tod ihrer Grossmutter von sich.

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Fünftes Bild Hermann hat einen Brief von Lisa erhalten; sie bittet ihn um ein Treffen um Mitter­nacht. Hermann kann die Gräfin und ihren Tod nicht vergessen. Plötzlich findet er sich auf ihrem Begräbnis wieder. Der Geist der Gräfin verrät ihm – un­ ter der Bedingung, dass er Lisa heiratet – die drei Karten, die stets gewinnen: Drei, Sieben, As.

Sechstes Bild Verzweifelt wartet Lisa auf Hermann; sie weiss nicht, ob sie ihn für einen Mör­ der halten soll. Kurz nach Mitternacht erscheint Hermann endlich. Lisa ist be­reit, alles für ihn aufzugeben; doch sie muss erkennen, dass Hermann nur noch von dem Gedanken besessen ist, mithilfe der drei Karten im Spielcasino viel Geld zu gewinnen. Brutal stösst er sie von sich. Der Tod ist Lisas einziger Ausweg.

Siebtes Bild Die Stimmung im Spielcasino wird durch ein Lied Tomskis und durch das Lied der Spieler angeheizt. Auch Jeletzki ist gekommen; er will sich an Hermann rä­chen. Hermann setzt auf die Drei – und gewinnt, wie von der Gräfin vorausge­ sagt. Als auch seine Sieben gewinnt, wagt niemand mehr, gegen ihn zu setzen – ausser Jeletzki. Hermann setzt wieder alles auf eine Karte – doch statt des Asses hält er die Pique Dame in der Hand. Entsetzt glaubt er, die Gräfin zu sehen, und erschiesst sich. Sterbend bittet er Jeletzki und Lisa um Vergebung.

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Fjodor Dostojewski, Der Spieler

Ja, mitunter setzt sich ein ganz toller, anscheinend ganz unmöglicher Gedanke derartig im Kopf fest, dass man ihn schliesslich für etwas Wirkliches hält. Und noch mehr: Wenn eine solche Idee mit einem starken, leidenschaftlichen Wunsch verbunden ist, so betrachtet man sie manchmal am Ende sogar als etwas vom Schicksal Verhängtes, Unvermeidliches, Vorherbestimmtes... 13




HERZ-AS UND PIK-DAME Regisseur Robert Carsen im Gespräch

Robert Carsen, in Tschaikowskis Pique Dame geht es um Hermann, einen mittellosen Deutschen, der sich in Lisa, Enkelin einer reichen Gräfin, verliebt; als Hermann zufällig vom Geheimnis dreier Karten erfährt, die ihm ein neues Leben ermöglichen könnten, wird das Kartenspiel für Hermann zur Obsession, die ihn erst in den Wahnsinn und schliesslich in den Tod treibt. Sie haben gesagt, Pique Dame sei schon immer ein Wunsch­stück von Ihnen gewesen. Warum? Es ist eine sehr starke Geschichte, die Tschaikowski fabelhaft komponiert hat. Die unglaubliche Intensität von Hermanns emotionaler Erfahrung und die Tatsache, dass Tschaikowski sich sehr mit seiner Hauptfigur identifiziert hat, macht das Stück einzigartig. Auch die Subjektivität dieser Oper, die uns so tief in Hermanns Kopf hineinschauen lässt, ist sehr besonders. Davon abgesehen war Pique Dame die allererste Oper, an der ich gearbeitet habe – vor vielen Jahren war ich als unbezahlter Hospitant beim Spoleto Festival, kurz nachdem ich beschlossen hatte, nicht Schauspieler zu werden, sondern Schauspielregisseur. Regie führte damals Filippo Sanjust, Magda Olivero war die Gräfin – eine lebende Legende! Diese Erfahrung wurde der Beginn meiner Opernarbeit. Seitdem habe ich mir immer gewünscht, diese Oper zu inszenieren, und deswegen habe ich sofort Pique Dame vorge­schlagen, als Andreas Homoki mich fragte, welche Oper ich in Zürich gern inszenieren würde. Ich denke auch, es ist eine Oper, die in einem kleineren Opernhaus sehr gut funktioniert.

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Hat diese Tatsache auch mit dazu beigetragen, dass Sie in Ihrer Fassung das erste grosse Kinderchor-Bild und das Schäferspiel im zweiten Akt gestrichen haben? Wir haben uns für diese intimere Fassung entschieden, die näher an der Vor­lage Puschkins ist und auch näher an der Intention, die Tschaikowski ur­sprünglich hatte, bevor er Elemente hinzufügte, die eher dem Zeitgeschmack geschuldet sind. So können wir uns ganz auf die Ereignisse rund um die Hauptfigur Hermann konzentrieren. Sie gehen noch einen Schritt weiter, indem Sie die Geschichte nicht nur auf Hermann konzentrieren, sondern ganz aus seiner Perspektive erzählen. Dieser Zugang hilft uns dabei, einige musikdramaturgisch seltsame Momente zu erklären, wenn die Handlung ganz plötzlich stillsteht; diese Momente sind immer auf Hermann bezogen. Zum Beispiel das Quintett im ersten Akt, wenn Hermann auf Lisa und die Gräfin trifft, oder das Ensemble im letzten Bild, wenn Hermann das erste Mal gewinnt. Ich kenne keine solchen Mo­mente in anderen Opern. Man hat das Gefühl, als würde die Musik schmel­zen. Oder Hermanns Arie kurz vor Schluss, wenn er das Leben als Spiel beschreibt – alles um ihn herum steht für einen Moment lang vollkommen still. Das Stück ist sehr subjektiv und ganz aus Hermanns Per­spektive erzählt, dadurch auch sehr filmisch. Man begreift nicht wirklich, wer Hermann ist, aber man erfährt einiges über ihn, auch wenn man ihn nicht verstehen kann. Hermann ist eine seltsame, sehr ungewöhnliche und sehr komplexe Opernfigur. Hermann scheint vom ersten Moment des Stückes vom Tod angezogen zu sein – man hat fast das Gefühl, als könnte die Oper gar nicht anders enden als mit seinem Tod. Ja, das Unheil scheint vom Schicksal vorherbestimmt zu sein. Liebe und Tod sind wie zwei Seiten einer Medaille, personifiziert in Lisa und der Gräfin, die für den Tod steht.

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Das Herz-As und die Pik-Dame... Das ist richtig. Dennoch hat Hermann eine Wahl. Es gibt einen Moment, in dem er sagt: Ich sollte die Idee vergessen, mit den drei Karten reich zu werden, und einfach mit Lisa verschwinden. Er weiss, was er tun sollte, aber er tut etwas anderes, denn er muss rausfinden, ob die drei Karten, die ihm die Gräfin genannt hat, als sie ihm erschienen ist, wirklich funktionieren. Wir wissen ja nicht, ob die Gräfin ihm wirklich er­scheint – genau so, wie wir nicht wissen, wie das Herz-As sich am Ende in die Pik-Dame verwandelt –, oder ob das alles nur in seinem Kopf passiert. Hermann ist der Aussenseiter der Gesellschaft. Was macht ihn dazu? Er ist weder reich noch von aristokratischer Herkunft. Das macht es für ihn unmöglich, in Lisas Nähe zu kommen. Doch er ignoriert die Macht der Liebe: Lisa liebt Hermann – sie lässt ihn ins Haus der Gräfin, ihrer Grossmutter, sie ist sehr mutig, sie gibt alles auf für Hermann, um sich ihm total hinzu­ geben. In gewisser Weise ist Hermann der Aussenseiter, der zu sehr nach den Regeln der Gesellschaft spielt; er könnte diese Regeln ja auch brechen. Übrigens erfahren wir über Lisa im Stück nicht viel. Was macht Hermann so attraktiv für sie? Schliesslich erfüllen sich doch durch ihre standesgemässe Ver­lobung mit Prinz Jeletzki alle ihre Mädchenträume, sie könnte glücklich sein... Lisa sucht die grosse Leidenschaft; sie ist sehr romantisch veranlagt, und die Gefahr, das Unbekannte, Unerklärliche ziehen sie sehr viel mehr an als das Vernünftige, Einfache. Lisa projiziert etwas auf Hermann, das gar nicht der Realität entspricht, sie weiss nichts über ihn, sie ist einfach stark von ihm angezogen und fühlt eine sexuelle Leidenschaft, die sie für Jeletzki nicht empfindet. Und zugleich ist diese Beziehung zu Hermann eine Möglichkeit für sie, aus der Verlobung mit Jeletzki und aus dem für sie erniedrigenden Leben mit der Gräfin auszubrechen. Lisa ist sehr von der Dunkelheit, vom Tod angezogen – ganz ähnlich wie Hermann selbst. In ihrer ersten Arie thematisiert sie diese Leidenschaft, die so dunkel und

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düster ist wie die Nacht. Sowohl Hermann als auch Lisa sind von Todes­ sehnsucht getrieben – die Gräfin, die ja dem Tod sehr viel näher steht, will dagegen nicht sterben, sondern ewig leben! Auch die Gräfin bleibt sehr rätselhaft. Im Grunde könnte es auch sein, dass sie nur in Hermanns Kopf existiert. Er hört die verrückte Geschichte von den drei Karten und glaubt daran – und deswegen geschieht es so. Aber ist die Gräfin wirklich so? Wir wissen es nicht. Ich denke, es ist eine grosse Stärke dieses Stücks, dass so vieles offen bleibt. Hermann nimmt ausser der Gräfin und Lisa kaum etwas anderes wahr. Er projiziert alle seine Hoffnungen, im Grunde sein ganzes Leben auf diese beiden Menschen. Und Lisa nimmt ausser Hermann und der Gräfin, ihrer Grossmutter, die sie fürchtet, auch kaum etwas anderes wahr. Die Handlung entwickelt sich zwischen diesen drei Figuren. Ein entscheidender Impuls für die Handlung kommt von Tomski: Er erzählt die Geschichte von der Gräfin und den drei Karten, die Hermann zu viel Geld verhelfen und ihn damit in Lisas Nähe bringen könnten. Tomski ist ein interessanter Charakter; er ist Hermanns einziger Freund, aber wir erfahren nichts über diese Freundschaft oder worauf sie sich gründet. Vielleicht gingen sie zusammen in die Schule, bevor Tomski geerbt hat und reich wurde? Tomski hat jedenfalls Zutritt zu einer Welt, die Hermann verschlossen ist, deshalb erleben wir Hermann oft als einen Voyeur, der eine Gesellschaft beobachtet, zu der er nie gehören wird. Puschkin hat seine Erzählung in seiner Gegenwart, also um 1830, angesiedelt, Tschaikowskis Oper spielt um 1790; Sie haben für Ihre Inszenierung die Mitte des 20. Jahrhunderts gewählt. Warum? Für mich war es wichtig, die Geschichte auch optisch näher an die Gegenwart heranzuholen. Ich dachte dabei an den Film L’année dernière à Marienbad von Alain Resnais als die passende, seltsame Atmosphäre mit sehr reichen, privilegierten Menschen, über die man im Film nichts erfährt. Ich hoffe, dass der Zuschauer sofort begreifen wird, dass Hermann niemals Teil dieses exklusiven Milieus sein wird.

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In Ihrer Inszenierung hat man – auch durch das Bühnenbild – das Gefühl, dass es für Hermann auf der einen Seite keinen Weg in diese Gesellschaft hinein gibt, zum anderen aber auch keinen Weg aus seiner Situation heraus – es wirkt alles sehr klaustrophobisch. Ich finde solche Lösungen oft intuitiv. Mir war schnell klar, dass ich die verschiedenen Schauplätze, die Tschaikowski eigentlich vorsieht, nicht nach­bilden wollte. Mir war sehr wichtig, den subjektiven Blickwinkel und das Obsessive der Geschichte zu behalten; ich mag es auch, dass man nichts kommentieren muss, wenn man eine Erzählweise wie diese wählt, ich möchte nicht erklären, ob Hermann das Richtige tut oder nicht, was schlecht ist oder gut. Die Geschichte hat eine starke Parallele zu unserer Zeit, in der die Menschen reich sein wollen; natürlich wollen wir alle sorgenfrei und bequem leben, aber wir vergessen manchmal, wie viel genug ist. Hermann verliert sein Ziel völlig aus den Augen: Er wollte beim Spiel genug Geld gewinnen, um mit Lisa zusammen sein zu können. Wenn die Gräfin ihm als Geist erscheint, was vielleicht nur eine Projektion seiner Psyche ist, sagt sie ihm genau, was er zu tun hat: Er soll Lisa heiraten und sie glücklich machen, und nur dafür nennt sie ihm die drei Karten. Aber er tut das nicht – er vergisst Lisa, er wirft sie weg, macht sie kaputt; die Obsession hat total von ihm Besitz ergriffen. Ja, es ist ein Todeswunsch, etwas Zerstörerisches in ihm. Hat er Lisa überhaupt wirklich geliebt, oder war er nur fasziniert von der Idee, zu lieben? Für jeden von uns ist es schwierig, zu wissen, was uns wirklich antreibt. War vielleicht der Wunsch nach Reichtum das, was ihn von Anfang an angetrieben hat? Viele Menschen wünschen sich, sehr viel Geld zu haben, weil sie glauben, sie könnten damit den Tod fern halten, obwohl sie ja wissen müssten, dass das nicht funktioniert. Ich kenne keine andere Oper, die auf diese Weise Eros und Thanatos, den Wunsch nach Reichtum und obsessive Spielsucht miteinander verbindet. Das Gespräch führte Beate Breidenbach

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Fjodor Dostojewski, Der Spieler

Ich war wie im Fieber und schob diesen ganzen Haufen Geld auf Rot – und nun kam ich plötzlich zur Besinnung! Nur dieses einzige Mal im Laufe des ganzen Abends, während meines ganzen Spiels, geschah es, dass mir vor Angst ein kalter Schauder über den Rücken lief und mir die Arme und Beine zitterten. Mit Schrecken erkannte und fühlte ich für einen Moment, was es für mich bedeutete, wenn ich jetzt verlor: Mit diesem Einsatz stand mein ganzes Leben auf dem Spiel.


BÖSE ZEITEN Musikalische Strategien in «Pique Dame» Corinne Holtz

«Nicht schlecht», hält Tschaikowski 1890 in seinem Tagebuch fest, als er den ersten Akt in Florenz fertiggestellt hat. Dorthin hat sich der Komponist ge­ flüch­­tet, um drohenden Enthüllungen zu entgehen und «bis zur Besessenheit» an der neuen Oper zu arbeiten. «Entweder unterliege ich einem unverzeihlichen Irrtum, oder Pique Dame ist wirklich mein Meisterwerk», verrät er seinem Bruder Modest, dem Librettisten. Der Komponist sollte recht behalten – in Pique Dame verschmelzen Text und Musik zu einem dramaturgisch zwingenden Ganzen wie in keiner seiner früheren Opern. Tschaikowski hat – erneut – seine Identifikation mit der liebenden Frau, die scheitert, kompositorisch sublimiert und in Pique Dame das Genre der lyrisch-psychologischen Oper übernationaler Prägung zum Höhepunkt geführt.

(An)Verwandelbare Motive Das zeigt sich besonders deutlich an der Verdichtung von Leit-, Assoziationsund Erinnerungsmotiven, die das Stück durchziehen und innerhalb der Gross­ form für Zusammenhalt sorgen. Die Motive sind ihrerseits durch die Anzahl der Noten sowie deren Vielfachen und Teiler miteinander verbunden. Tschai­ kowski überführt das Kartenspiel und die damit verknüpfte Symbolik – mit der bereits Puschkins gleichnamige Novelle durchwoben ist – auf die kompositorischsemantische Ebene. Damit greift der Komponist ein beliebtes wie berüchtigtes Sujet auf. Die Spielleidenschaft der adligen und später auch kleinbürgerli­chen Schicht ist in Russland ganz besonders ausgeprägt. Dort gehören Glücks- und

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Falschspiele zum Alltag und tragen im 19. Jahrhundert wesentlich zum Kapital­ umlauf bei. Ebenso eifrig werden Spielernaturen pathologisiert und dämonisiert und schlagen sich in der Literatur etwa eines Puschkin, Dostojewksi, Gogol und Tolstoj nieder. Die Zahlen Drei und Sieben stehen in Pique Dame im Zentrum. Drei ge­ winnbringende Karten kommen vor, von denen die erste eine Drei ist, die zweite eine Sieben, die dritte ein As (kann etwa im Poker als niedrigste und höchste Karte gespielt werden); drei Abende, an denen Hermann (bei Puschkin) spielt, und drei Frauen, die in das Geschehen verwickelt sind. Die Sieben ist die Zahl der zweiten Gewinnkarte; sieben Männer treten auf (in der Oper acht), und sieben Kapitel umfasst die Novelle. Der Komponist macht daraus eine Oper in drei Akten, sieben Bildern und stellt dem Ganzen eine zeichenhaft aufgelade­ ne Introduktion voran. Das Todeskartenmotiv und das Motiv der Gräfin beste­ hen aus drei Noten, das Kartengeheimnismotiv aus drei mal drei Noten. Die Schlussphrase der Ballade Tomskis (den «dritten» ankündigend, der leidenschaft­ lich liebend eintreffend wird, um der Gräfin das Geheimnis zu entreissen) kommt in der Oper siebenmal vor; im Motiv der Gräfin versteckt sich der Zah­len­code 3, 7, 1 (steht für das As und seinen Wert).

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer Das Leben im Werk des Opernhauses erwerben Musik soll so «wahrhaftig und aufrichtig wie möglich» ausdrücken, was der Text enthält. Damit meint Tschaikowski allerdings nicht jenen Realismus in der Mu­ sik, wie ihn etwa die Komponisten Alexander Dargomyschski und Modest Mus­ sorgski vertreten. Wahrhaftigkeit ist laut Tschaikowski «ein unmittelbares Pro­ dukt des inneren Gefühls» und nicht das «Resultat intellektueller Überlegungen». Lisa (die liebende Frau) und Hermann (den spielsüchtigen Emporkömmling) betrachtet er als «echte, lebendige Menschen», für die er sich erwärmen kann. Er verteidigt einmal mehr seine Gefühlsästhetik gegenüber den «despotischen Anforderungen der Theorie des Realismus», als der Kontrapunktiker der russi­ schen Musik, Sergej Tanejew, Kritik übt an der Dramaturgie der Pique Dame. Verdächtig macht sich Tschaikowski auch darum, weil der Kompositionsprozess autobiografisch motiviert ist. Im Falle von Eugen Onegin und Pique Dame ist

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die Beziehung zu seinen Bühnengestalten besonders eng – und belegt. Der unauflösbare Grundkonflikt zwischen Mann und Frau weckt jeweils das Mitge­ fühl des Komponisten und gründet auf der Vorstellung, dass es kein geschlecht­ stypisches Verhalten gibt, sondern unterschiedliche existentielle Grundhaltun­ gen. Die einen sind «männlich» konnotiert und verkörpern festgezurrte Werte und Normalität, die anderen «weiblich» und stehen für Tabubruch und Anders­ artigkeit. Wer diese Ungleichheit weiterdenkt, kann auch als Mann «Weiblich­ keit» zulassen wollen – so jedenfalls wird Tschaikowskis Wesen (die bezeugte Fürsorge etwa für seine beiden jüngsten Geschwister und den unehelichen Sohn seiner Nichte Tatjana) über die inzwischen offengelegte Homosexualität hinaus gedeutet. Daraus lässt sich die Projektionshypothese ableiten, dass der Kompo­ nist in den Puschkin-Opern «sein personales Selbst in die weiblichen Hauptrol­ len hineinfühlt und hineindenkt» (Kadja Grönke). So betrachtet könnte die Figurenzeichnung, die sich von Puschkin entfernt, in seinem eigenen Geschlechterkonflikt begründet sein. Der Komponist ist Mann und Frau, fühlt als beide (Hermann und Lisa) und deutet das ungleiche Paar deutlich wärmer als es Puschkin getan hat. Die Opernfigur Hermann ist ein innerlich zerrissener Mensch. Erst allmählich nämlich wird seine Liebe zu Lisa von der Spielsucht überlagert. Lisa ist in der Oper (statt Pflegetochter wie bei Puschkin) Enkelin und Erbin der Gräfin und wird wie Tatjana in Eugen Onegin idealisiert. Sie verkörpert die reine (asexuelle) und opferbereite Liebe und geht nach Hermanns Verrat zutiefst erschüttert in den Tod. Menschen, insbesonde­ re Liebende, sind dem Schicksal unentrinnbar ausgeliefert – verdeutlicht wird das durch die metaphysische Überzeichnung der Figur der Gräfin. Sie verkörpert in der Oper das Verhängnis schlechthin, wird in der Rezeptionsgeschichte mit Tschaikowskis Mäzenin Frau von Meck in Verbindung gebracht und sprengt das Stereotyp der bösen Alten. Lisa und Gräfin sind, obwohl weibliche Gegen­ bilder, miteinander verwandt und verfliessen musikalisch. Die Gewitterszene schliesslich – ein Topos russischer Befindlichkeit des 19. Jahrhunderts – verweist am Schluss des ersten Bildes auf das vorerst noch «heimliche Übelwollen» des Schicksals.

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Motivische Verkettungen Der Psychologie der Figuren und ihrer unheilvollen Verkettung begegnet Tschaikowski mit einem anspielungsreichen kompositorischen Geflecht. Wer die vier Minuten dauernde Introduktion untersucht, stösst dort auf die Kern­ motive der Oper. Der Komponist reiht thematisch unverbundene Motivsplitter aneinander und stellt die musikalischen Chiffren der Gräfin (T. 22ff.), der Todes­ karte (T.29 ff.) sowie der Liebe (T.34 ff.) vor. Man sucht hier vergeblich nach der Konvention entgegengesetzter Themen und entsprechender melodischer Verzahnung. Als Hauptthema, aus dem sich die übrigen Motive parasitär spei­ sen, werden in der einschlägigen Forschung die Takte 3-5 bezeichnet, gespielt von den Geigen und Bratschen (siehe Kadja Grönke, Frauen­schicksale in Tschai­ kowskis Puschkin-Opern). Drei Noten führen tonleiterabwärts ins Nichts, ver­ sehen mit der Spielanweisung crescendo-decrescendo, was einer Seufzerfigur gleichkommt und Klage ausdrückt. Harmonisiert sind die drei Noten als fallen­ de Sextakkorde. Der schwebende Auftakt entpuppt sich als Baustein, der im Verlauf des Stücks harmonisch und rhythmisch unterschiedlich angereichert wird und auch isoliert erscheint. Dieser Baustein wird zum «Motiv der eigent­ lichen Motivation» erklärt und soll darauf verweisen, dass die äusseren Hand­ lungen der Figuren in krassem Widerspruch zu den inneren Beweggründen stehen. Dieses Motiv verschluckt denn auch die beiden Antriebskräfte der op­ ferbereiten Liebenden (Lisa): Leidenschaft und Sühne – Kräftefelder, die Text und Musik vorantreiben. Lisas Liebe ist gemessen an normativen Werten un­ anständig, schliesslich ist sie einem anderen versprochen. Ihr «Abweg» muss gemäss dem von ihr internalisierten Verhaltenscodex gesühnt werden. Sie wählt als Liebende den Freitod. Ihre eigentliche Motivation (Hermanns Liebe) führt erst zur Leidenschaft, dann zur Selbstverzehrung und schliesslich zur Sühne in der Auslöschung. Der Komponist stellt diese unheilvolle Verkettung dar, indem das Liebesmotiv in der Introduktion zuerst alleine erklingt (T.34 ff.), dann in einer aufwärts führenden punktierten Variante erscheint (T. 41 ff.) und im Auslaufen des Motivs lässt sich erkennen, dass es sich aus dem Dreitonmotiv des Anfangs («Motiv der eigentlichen Motivation») speist (T.48 ff.) Am Ende der Introduktion steht wie anfangs der Seufzer, intoniert durch Flöte, Oboe

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und Celli (T.51) und durch Klarinetten und erste Violinen (T.53). Am Schluss bleibt eine Klagegeste übrig, die vom Sforzatissimo-Akzent ins Mezzoforte ab­ fällt und schliesslich im Pianissimo versinkt. Das kommt einer Agonie des «Mo­ tivs der eigentlichen Motivation» gleich und steht für die Aufhebung komposi­ torischer Substanz ebenso wie für die Selbstauslöschung Lisas und Hermanns.

Zitathafte Rekurse Pique Dame sollte auf Geheiss des Auftraggebers im 18. Jahrhundert Katharina der II. spielen. Tschaikowski reagiert darauf mit Zitaten dieser Zeitepoche und verfremdet sie durch den Einsatz eigenständigen Materials. Die Ariette der Gräfin (Je crains de lui parler la nuit) im zweiten Akt illustriert die kritische An­eignung deutlicher als die Mozart-Anlehnungen im Intermezzo (Pastorale), das in der Neuinszenierung des Opernhaus Zürich wegfällt. Die Gräfin träumt im zweiten Bild von besseren Zeiten im feudalen Paris und wechselt standesge­ mäss zum Französischen. Die Melodie stammt aus André Grétrys Oper Richard Coeur de Lion und ist dort Laurette in den Mund gelegt. Die in Erinnerung schwelgende Gräfin wird vom Ostinato eines abgespaltenen rhythmischen Mo­ tivs begleitet und durch die stetige Abwärtsbewegung des Motivs immer tiefer in den Tagtraum versenkt. Die angebliche Vorliebe für die Musik der «Perückenund Krinolinenzeit» und daran gebundene restaurative Tendenzen, wie es Ni­ kolaj Rimski-Korsakow abschätzig festgestellt hat, ist bei genauer Betrachtung der musikalischen Struktur eine distanzierte – und wird dramaturgisch genutzt. Das gilt auch für die Aneignung eines dem russischen Opernpublikum bekannten Signals. Eine abwärtssteigende Ganztonleiter, den tiefen Instrumen­ te Fagott, Po­sau­ne, Tuba, Violoncello und Kontrabass übertragen, ist seit Michail Glinkas Oper Ruslan und Ludmila eine eingeführte Chiffre für den Tod. Tschaikowski greift in Form einer Sechstonfolge darauf zurück, führt sie in der Introduktion vor und setzt sie im Verlauf der Oper dreimal ein. Die Sechs­ tonfolge entpuppt sich als Todesdrohung und erklingt jeweils rabenschwarz instrumentiert dann, wenn das Geheimwissen der Gräfin ins Spiel kommt und die drei gewinnbringenden Karten verraten werden sollen.

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«Nichts ist dem blossen Effekt zuliebe hingeschrieben», heisst es beim schärfsten Kritiker Tschaikowskis (Eduard Hanslick) über die Qualität des Eugen Onegin. Der Komponist «bleibt immer er selbst, gibt nur, was und wie er empfindet.» Das gilt für sein Meisterstück Pique Dame erst recht.

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Fjodor Dostojewski, Der Spieler

Ich schwöre es, Polina tat mir leid; aber sonderbar: Von dem Augenblick an, wo ich gestern an den Spieltisch getreten war und angefangen hatte, Haufen Geldes zusammenzuscharren, von diesem Augenblick an war meine Liebe sozusagen in die zweite Reihe zurückgerückt. So spreche ich jetzt; aber damals hatte ich das alles noch nicht klar erkannt. Bin ich wirklich eine Spieler­natur? Habe ich Polina wirklich nur in dieser sonderbaren Weise geliebt? Nein, ich liebe sie bis auf den heutigen Tag, das weiss Gott!


TODESVERKÜNDIGUNG Ulrich Schreiber

An seiner Identifizierung mit Hermann, der um seines Glückes willen der Alten ihr Geheimnis abverlangt hat, hat Tschaikowski nie einen Zweifel gelassen; aber wer war sein fiktives Bühnengegenüber? Vielleicht geht es zu weit, in der Gräfin die reiche Baronin von Meck zu sehen, die Tschaikowski nicht nur gefördert, sondern auch in vielerlei Beziehung gegängelt hatte – bis hin zu dem makabren Einfall, ihre unkörperliche Beziehung durch die Heirat ihres Sohnes Kolja mit einer Nichte des Komponisten (Anna Dawydowa war eine von vier Töchtern seiner Schwester Alexandra) zu einer Blutsverwandtschaft in der übernächsten Generation zu ritualisieren. Als die junge Schwiegertochter aber über Frau von Meck Gerüchte ver­ breitete: Sie sei nicht nur ein Despotin, sondern auch eine Hexe, forderte Frau von Meck Tschaikowski auf, seine Nichte zur Ordnung zu rufen. Doch er scheint ihre Ansichten zu teilen, und möglicherweise gehen sie in seine Arbeit an Pique Dame im Unterbewusstsein ein. Im März 1890 ist die Oper kompo­ niert, und Frau von Meck studiert sie so eifrig wie andere Werke Tschaikowskis. Und nun erfährt sein diabolisches Szenarium eine Inversion. Die Baronin nimmt die ihr zugedachte Rolle an. Sie identifiziert sich mit der Gräfin und versetzt in einem Akt vorauseilenden Verstehens dem ihr widerlichen gewordenen Mann den Todesstoss. Dazu braucht sie nur eines zu tun: Ihm mit dem Geld die Freundschaft verweigern. Das wird, sie weiss es genau, seine Kreativität austrocknen. So wird sie ihn genau so sicher töten wie der Dolch Hermann. Im September schickt sie ihm völlig überraschend das (leider verloren gegangene) Billett, in dem sie jede weitere Zahlung aufkündigt: Die Oper ist für zwei Menschen zur Todesver­kün­

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digung geworden (die Baronin wird den Komponisten nur um wenige Monate überleben). Für diese doppelte Todesverkündigung hat der Komponist eine Klang­chiffre gefunden. Wir hören sie zuerst im Vorspiel: Eine in Ganztonschritten abwärtsschreiten­ de Sechstonfolge, registiert durch die tiefen Instrumente Fagotte, Posaune, Tuba, Violoncelli und Kontrabässe. Wir dürfen darin die akustische Verdinglichung jenes Gespenstes sehen, das Tomski gegenüber Puschkin in seiner Erzäh­lung der Vorgeschichte der Handlung eingefügt hat: Dass jener Gräfin, die einst in Paris mit der Kenntnis der drei gewinnbringenden Karten ihr Glück erzwang, ein Gespenst erschien und ihr prophezeite, sie werde noch kurz vor ihrem Tod von einem heftig Liebenden zur Preisgabe des Geheimnisses gezwungen werden. Genau das geschieht in der Oper. Als die Gräfin bei der plötzlichen Kon­ fron­tation mit Hermann gestorben ist, unter Wahrung ihres Geheimnisses, deli­ riert der junge Mann. Er meint, Kirchgesänge von der Beerdigung der Gräfin zu vernehmen. Dann hören wir das Motiv der Todesverkündigung, geheimnis­ voll von der Klarinette im Bassregister intoniert: Die Gräfin erscheint dem Fie­ bern­den und verrät ihm die Kartenfolge. Das zweite Mal hören wir die Ganz­ tonskala im folgenden Bild, wenn Hermann Lisa von der Erscheinung berichtet und, das Mädchen in Todesverzweiflung zurücklassend, ins Spielcasino eilt. Das dritte und letzte Mal erklingt das Motiv im «Count Down» am Spieltisch. Zwei­ mal hat Hermann mit der richtigen Karte das Glück erzwungen, da setzt der ihm in der Liebe unterlegene Jeletzki gegen Hermann, und der zieht statt einem As, wie der prophezeiten Kartenfolge entsprechend, die Pique Dame. Die beiden Fagotte begleiten nun mit dem Todesmotiv die Worte des Fürsten, und Her­ mann sieht das Gespenst der Gräfin erneut, zuerst begleitet von der Ganzton­ folge im Klarinetten und Fagott, dann von den gestopfte Trompeten. Da stehen sich Gräfin und Hermann als Boten ihres gegenseitigen Todes gegenüber: Wie Tschai­kowski und Nadeschda von Meck in der Realität. Zwischen episodischen und zentralen Szenen ist da so wenig ein Unterschied wie zwischen Kunst und Leben möglich, Dissoziation und Diskontinuität: Der Verzicht auf eine zielbe­ stimmt durchführungstechnische Entfaltung des musikalischen Materials macht Pique Dame zu einem komplexen Meisterwerk des Musiktheaters. Tschaikow­ ski hat es, wie Eugen Onegin, mit seinem Leben geschrieben.

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LIEBE UND TOD Marina Lobanova

Die Vertauschbarkeit von Liebe und Tod (Lisa/Gräfin) war einer der Haupt­ gedanken Tschaikowskis. Charakteristisch ist, wie der Komponist die Lösung der Episode im zweiten Bild suchte, wo der Stock der Gräfin klopft, als sie in Lisas Zimmer erscheint. In den Skizzen merkt Tschaikowski diesen Ausschnitt an und wählt dazu das am meisten passende Moment in der sinfonischen Ent­ wicklung des Liebesthemas. Dass die Hauptheldinnen einander ersetzen wer­ den, demonstriert schon ihr erster Auftritt. Als Antwort auf die Frage «Fürst, wer ist deine Braut?» zeigt Jeletzki auf Lisa, dazu erscheint das Motiv der Grä­ fin. Danach, in der Szene von Tomskis Ballade, klingt das Thema von Hermanns Arioso auf, das er Lisa widmet («Ich kenne ihren Namen nicht»), im Kontra­ punkt mit der Rezitativstelle «Was für eine Hexe diese Gräfin ist! – Schreckge­ spenst! – Nicht umsonst hat man sie Pique Dame genannt.» Der Austausch der Heldinnen liegt dem Streich zugrunde, den Surin am Ende des 3. Bildes Her­ mann spielt: Auf die Gräfin zeigend, sagt er: «Schau, deine Liebhaberin!» Die musikalische Phrase, mit der sich Hermann im 2. Bild an Lisa wendet («Schöne! Göttin! Engel!») variiert er in der Szene mit der Gräfin im 4. Bild: «Vertrauen Sie mir! Sagen Sie es mir!», um ihr das Geheimnis der Karten zu entreissen. Symbolisch ist eine der konstruktiv bedeutendsten Szenen der Oper vom Anfang des 4. Bildes, in der das Portrait der Gräfin allmählich in der Erinnerung Hermanns auflebt: Eine entfernte Beschreibung in der dritten Person, in den Worten eines andern («Ach, da ist sie, die ‹Moskauer Venus›» – ein Zitat aus der Tomski-Ballade) wird von einer mehr und mehr aktiven und intimen Rede abgelöst. Den wahren psychologischen Hintergrund – die Identifizierung von Lisa und der Gräfin, von «Himmel» und «Hölle» in Hermanns Gedanken –

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entziffert ein feiner musikalischer Kommentar: In dieser Szene vor dem Portrait der Gräfin werden das Thema der Liebeserklärung (Hermann zu Lisa: «Verzeih, du Himmelsgeschöpf») und das Leitmotiv der Liebe durchgeführt und trans­ formiert. Pique Dame ist ein Mysterium über das Rendezvous mit dem Tod, über Liebeserklärungen an den Tod. Nicht zufällig nennt Hermann die Gräfin «Starucha» (die Alte) – dieses Wort ist das ständige Epitheton des Todes im Russischen, der dort, im Unterschied zum Deutschen, weiblichen Geschlechts ist. Überdies ist daran zu erinnern, dass die Pique Dame in der Kartensymbolik nicht nur «geheime Missgunst» bedeutet, wie Puschkin seiner Novelle in Bezug auf das «Neueste Wahrsagungsbuch» vermerkte: In gewissen Kombinationen des Kartenlegens prophezeit sie den Tod. Das Zusammentreffen von Liebe, Tod und Manie ruft Angst hervor, in mehrmals von verschiedenen Figuren wieder­ holten Worten «strach» (Angst), «strašno» (furchtbar) usw. konzentriert sich ein Wesenszug des Werkes. Die Personen stehen ständig unter Schock, haben Angst vor anderen und vor sich selbst, flössen anderen Furcht ein. Das musika­ lische Motiv der Angst durchdringt die ganze Handlung, widerhallend in Lie­ besäusserungen, Albträumen und sogar in der stilisierten Idylle des Duetts von Lisa und Polina. Beben, Zittern, Herzklopfen, fliegender Puls, schweres Atmen, Krämpfe werden offenkundig mit Tremoli wiedergegeben – dieses Motiv wird zu einer der wichtigsten Kompositionsideen der Oper. Eine düstere Atmosphä­ re von Obsession, Geheimnis und Angst wird durch das magische Spiel mit den Namen erzeugt. Ein unbekannter Name und seine Entdeckung – auch das ist ein geheimes Thema der Pique Dame.

«Pique Dame» als Obsession Die Oper ist voll von mysteriösen Unbekannten. Für Hermann ist es Lisa, für Lisa und die Gräfin anfangs Hermann. Von magisch-verhängnisvoller Kraft ist das Motiv des «Dritten», der ins Geheimnis der drei Karten eindringen will. Von ebensolcher Wichtigkeit ist der Verzicht auf Erkennen. Hinter der Furcht, das echte Gesicht und den richtigen Namen – von anderen und sich selbst – zu entdecken, versteckt sich die Todesangst: Gerade der Tod entpuppt sich in dem

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unbekannten Dritten, in dem die Haupthelden sich selbst und alle anderen erkennen, sobald die letzten Masken abgenommen oder heruntergerissen wer­ den. Der Tod erweist sich als versteckter Regisseur und Hauptheld in diesem Mysterienspiel. Tschaikowskis Arbeit an der Oper stand im Zeichen einer ge­ wissen Besessenheit: Die Forschung bemerkt eine aussergewöhnliche Dynamik des Schaffensprozesses und eine von Bild zu Bild sich steigernde Schnelligkeit des Komponierens sowie eine erstaunliche Zielstrebigkeit und Fülle der Skizzen. Pique Dame wurde für Tschaikowski zu einer Manie, am 12. Juni schreibt er an A. P. Merkling: «Ich werde arbeiten und mich von dieser Obsession losmachen, die die Pique Dame mir bereitet.»

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MIT GANZER SEELE Briefe von Pjotr Tschaikowski

Verzeih, Modja, ich bedaure nicht im mindesten, dass ich die Pique Dame nicht schreiben werde. Nach dem Misserfolg der Zauberin wollte ich Revanche nehmen und war bereit, mich auf jedes beliebige Sujet zu stürzen, und damals kränkte es mich, dass ich nicht schreibe. Nun ist alles vergangen. Ich werde unbedingt eine Sinfonie komponieren, eine Oper hingegen nur, wenn mir ein Sujet unterläuft, das mich tief anzurühren vermag. Ein Sujet wie die Pique Dame berührt mich nicht. Ich könnte nur halben Herzens komponieren. Pjotr Tschaikowski an seinen Bruder Modest, 28. März 1888

Ich habe beschlossen, alle hiesigen Engagements rückgängig zu machen und für etwa vier Monate nach Italien zu reisen, um mich zu erholen und an meiner künftigen Oper zu arbeiten. Ich habe die Pique Dame von Puschkin als Stoff gewählt. Pjotr Tschaikowski an Nadeschda von Meck, 17. Dezember 1889

Das Libretto hast Du sehr gut gemacht, es gibt nur einen Mangel: Redselig­ keit. Bitte sei so kurz wie möglich und möglichst lakonisch. Pjotr Tschaikowski an seinen Bruder Modest, 23. Januar 1890

Ich befinde mich in einem sehr rätselhaften Stadium auf dem Weg zum Grabe. Es geht etwas Merkwürdiges, Unbegreifliches in mir vor. Etwas wie Lebens­ überdruss hat mich ergriffen; zeitweise wahnsinniger Kummer, aber nicht jener Kummer, in welchem ein neuer Aufschwung der Liebe zum Leben keimt, sondern etwas Hoffnungsloses, Finales – Banales. Zugleich aber eine furcht­ bare Lust zum Schreiben. Weiss der Teufel, was das ist. Einerseits fühle ich,

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dass mein Liedchen abgesungen ist, andererseits – ein unüber­wind­licher Drang, dasselbe Leben fortzusetzen – oder ein neues Liedchen zu beginnen. Pjotr Tschaikowski an Alexander Glasunow, 30. Januar 1890

Die Oper habe ich vor drei Stunden abgeschlossen... Deinen eigentlichen Schluss der Oper habe ich gestern Vormittag komponiert. Als ich am Tod Her­manns und am Schlusschor anlangte, überkam mich plötzlich solch ein Mitleid mit Hermann, dass ich sehr zu weinen begann. ... Es erwies sich, dass Hermann nicht nur ein Vorwand für mich gewesen ist, diese oder jene Musik zu schreiben, sondern ein richtiger, lebendiger und sogar sympathischer Mensch.

Das komplette Programmbuch Modja, wenn ich mich nicht sehr irre, dann ist Pique Dame ein Meisterwerk. können Sievonauf An einigen Stellen, wie zum Beispiel im heute mir arrangierten vierten Bild, überkommt mich eine solche Angst, eine solche Furcht und Erschütterung erfasst mich, dass es schier unmöglich ist, sich vorzustellen, www.opernhaus.ch/shop das Publikum empfände nicht wenigstens einen Teil dieser Ängste. oder am Vorstellungsabend im Foyer Im Intermezzo habe ich alles so gemacht, wie Eure Exzellenz es gewünscht des Opernhauses erwerben haben. Pjotr Tschaikowski an seinen Bruder Modest, 3. März 1890

Pjotr Tschaikowski an seinen Bruder Modest, 19. März 1890

Pjotr Tschaikowski, an den Direktor des Mariinski-Theaters Iwan Wsewoloschski, zitiert nach Mejerhold

Ich sage Ihnen nur, dass ich mit Begeisterung und Selbstvergessenheit schrieb und dass ich meine ganze Seele in diese Arbeit gelegt habe. Pjotr Tschaikowski an Iwan Wsewoloschki, 26. März 1890

Es scheint mir jetzt, dass die Weltgeschichte in zwei Zeitabschnitte eingeteilt ist: In den ersten gehört alles, was sich seit der Erschaffung der Welt bis zur Komposition von Pique Dame abgespielt hat. Der zweite hat vor einem Monat begonnen. Pjotr Tschaikowski an seinen Bruder Modest, 8. April 1890

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Fjodor Dostojewski, Der Spieler

Ich lebe natürlich in beständiger Aufregung, spiele nur mit ganz kleinem Einsatz und warte immer auf etwas; ich rechne fortwährend und stehe ganze Tage lang am Spieltisch und beobachte das Spiel; sogar im Traum glaube ich immer das Spiel zu sehen.


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DIE POESIE DES RISIKOS Juri Lotman

Liebe Das Leben zu Puschkins Zeit war insgesamt so ausgelegt, dass die Liebe darin eine Sonderstellung einnahm. Die Liebe wurde zum hauptsächlichen Lebens­ inhalt eines Mädchens bis zur Heirat, sie erfüllte die Gedanken jeder jungen Dame der Gesellschaft. Die Liebe war der natürliche, hauptsächlich Gegenstand von Gesprächen mit Frauen und durchdrang die gesamte Dichtung. Es war dies eine obligatorische, rituell ins Leben eingebundene Verliebtheit, die gewisse zeremonielle Geständnisse, Korrespondenzen usw. forderte. Das Ganze hatte raffinierte Formen einer Kunst der zarten Leidenschaft und war in der Regel von wirklicher Leidenschaft weit entfernt. Puschkin zollte diesen Herzensange­ legenheiten, die ein in hohem Masse ritualisiertes Spiel waren, früh und ausgie­ big Tribut. Maria Wolkonskaja bezeugt dies: «Als Dichter hielt er es für seine Pflicht, sich in alle hübschen Frauen und jungen Mädchen, die ihm über den Weg liefen, zu verlieben. (...) In Wirklichkeit liebte er aber nur seine Muse. Alles, was ihm vor Augen kam, verwandelte er in Poesie.» So lautete das Zeug­ nis einer klugen Frau, die oft für eine heimliche Liebe Puschkins gehalten wird. Und Liprandi, ein scharfer Beobachter, der Puschkin in Kischinjow gut gekannt hatte, meinte: «Puschkin liebte alle hübschen Plappermäulchen, alle, die noch zu haben waren.»

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Spiel Puschkin ergibt sich mit einer Art von Ingrimm dem Kartenspiel. Zwischen diesen «Anfällen» von Spielsucht und seiner schwierigen seelischen Verfassung besteht ein direkter Zusammenhang. (...) Von Michajlowskoje kommend, fand sich unterwegs ein günstiger Vorwand (er war aus dem Schlitten gestürzt und hatte Prellungen an Brust und Schulter), in Pskow Station zu machen. Dort verspielte er sein Geld restlos. (In einem Brief an Wjasemski: «In Pskow habe ich, statt das siebte Kapitel des Onegin zu schreiben, das vierte verspielt: nicht eben erfreulich.») Doch das Kartenspiel lockte auch in anderer Beziehung. Es enthielt die Poesie des Risikos. Wenn die geschichtsphilosophische Betrachtungs­ weise, so wie sie sich in ihrer Entstehungszeit darstellte, den Zufall ausschloss und für unvorhergesehene Handlungen keinen Raum liess, so «korrigierte» Puschkin in seinem persönlichen Verhalten die Theorie durch die Praxis; er empfand ein unbändiges Bedürfnis nach einem Spiel mit dem Schicksal, nach dem Einbruch in den gesetzmässigen Ablauf, nach persönlichem Wagemut. (...) Puschkin war ein mutiger Mann. Liprandi, ein enger Freund Puschkins, den man in dieser Hinsicht nicht so leicht in Erstaunen versetzen konnte, erinnert sich: «...eine Sache, in der Puschkin niemals nachliess, war seine Bereitschaft zur Gefahr. Hierin war er, zumindest in meinen Augen, einzigartig. Alexander Sergeje­witsch begeisterte sich für Taten, bei denen, wie er sich auszudrücken pflegte, das Leben auf eine Karte gesetzt wurde.» (...) Puschkin liebte Gefahr und Risiko. Ihr Vorhandensein regte ihn an und weckte seine schöpferischen Kräfte.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

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PIQUE DAME Alexander Puschkin

Hermann war der Sohn eines zum Russen geewordenen Deutschen, der ihm ein kleines Kapital hinterlassen hatte. Fest überzeugt von der Notwendigkeit, seine Unabhängigkeit zu sichern, rührte Hermann nicht einmal die Zinsen seines Vermögens an, sondern lebte ausschlieslich von seinem Gehalt und ge­ stattete sich nicht die geringsten Sonderausgaben. Im übrigen war er ehrgeizig und zurückhaltend und gab seinen Kameraden selten Gelegenheit, seine über­ mässige Sparsamkeit zu verspotten. Sehr leidenschaftlich und mit einer unge­ wöhnlich starken Einbildungskraft ausgestatet, verfügte er doch gleichzeitig über eine Festigkeit, die ihn vor den gewöhnlichen Jugendverirrungen bewahr­ te. So zum Beispiel nahm er niemals eine Karte in die Hand, obgleich er eine ausgesprochene Spielernatur war, ganze Nächte am Kartentisch zubrachte und den Verlauf des Spieles mit fieberhaftem Interesse verfolgte. Die Geschichte von den drei Karten hatte seine Fantasie lebhaft angeregt und die ganze Nacht über beschäftigt. Wie, dachte er, als er am nächsten Abend ruhelos in den Strassen St. Petersburgs umherlief, wie, wenn die alte Gräfin mir ihr Geheimnis enthüllen oder die drei Gewinnkarten nennen würde? Warum sollte ich dann nicht mein Glück versuchen? Ich müsste mich ihr vorstellen lassen, ihr Wohlwollen erringen, vielleicht sogar noch ihr Liebhaber werden! Aber all das braucht Zeit, und sie ist siebenundachtzig, könnte also heute oder morgen sterben... Mit Gedanken dieser Art beschäftigt, sah sich Hermann im Zentrum der Residenz vor einem Palais klassizistischer Bauart. (...) «Wem ge­ hört dieses Haus?» «Der Gräfin», antwortete der Polizist. Hermann zuckte zu­ sammen. Die erstaunliche Geschichte kam ihm von neuem in den Sinn. Er be­ gann vor dem Palais auf und ab zu gehen und dachte über die Besitzerin des

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Hauses und ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten nach. Spät kehrte er in seine an­ spruchslose Behausung zurück. Er lag lange wach, und als er endlich einschlief, sah er im Traum Karten, einen grünen Spieltisch, eine Menge gebündelter Bank­ noten und Berge von Goldmünzen. Er setzte eine Karte nach der anderen, erhöhte entschlossen seine Einsätze, gewann unentwegt und füllte seine Taschen mit Goldstücken und Banknoten. Er schlief bis in den Tag, und als er erwachte, stöhnte er darüber, dass sein fantastischer Reichtum nur geträumt war. Er ging aus, irrte wieder in der Stadt umher und geriet abermals vor das Haus der Grä­ fin. Es war, als zöge ihn eine rätselhafte Kraft dorthin. Er blieb vor dem Palais stehen und starrte zu den Fenstern hinauf. Hinter einem von ihnen bemerkte er ein schwarzes Köpfchen, über ein Buch oder eine Handarbeit gebeugt. Das Köpfchen hob sich, und Hermann sah ein frisches kleines Gesicht mit dunklen Augen. Dieser Augenblick entschied über sein Schicksal.

Die Gräfin war von Natur keineswegs böse und herzlos, wohl aber launisch, geizig und egozentrisch, wie alle alten Leute, die in ihre Jugend verliebt sind und für die neue Zeit kein Verständnis haben. Dennoch nahm sie noch immer an dem eitlen Treiben der grossen Welt teil und schleppte sich auf die Bälle, wo sie, rosig geschminkt und altmodisch herausgeputzt, als groteske und unvermeid­ liche Dekoration der Festsäle herumsass. Die Gäste traten auf sie zu, be­grüss­ten sie mit tiefen Verbeugungen, wie es sich gehörte, und dann beachtete sie kein Mensch mehr. Unter strengster Einhaltung des Zeremoniells empfing sie bei sich zu Hause die ganze Stadt, und dabei erkannte sie fast niemanden. Die zahl­ reichen Dienstboten, die in den Vorzimmern und Mägdekammern fett und grau geworden waren, taten, was sie wollten, und bestahlen die Alte, wo sie nur konnten.

«Wollen Sie mir», fuhr Hermann fort, «jene drei sicheren Karten nennen?» Die Gräfin schwieg. Hermann sprach weiter: «Für wen hüten Sie Ihr Geheimnis? (...)

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Ihre drei Karten sind bei mir gut aufgehoben. Nun?...» (...) Die Alte erwiderte kein Wort. Hermann stand auf. «Alte Hexe!», presste er zwischen den Zähnen hervor, «dann werde ich dich zwingen zu antworten...» Mit diesen Worten zog er eine Pistole aus der Tasche. Beim Anblick der Pistole zeigte die Gräfin zum zweiten Mal eine starke Erregung. Sie neigte den Kopf zur Seite und hob eine Hand, als wolle sie sich vor dem Schuss schützen... Dann sank sie nach hinten und blieb regungslos liegen. «Hören Sie auf mit den Kindereien», sagte Hermann und ergriff ihre Hand. «Ich frage Sie zum letzten Mal: Wollen Sie mir Ihre drei Karten nennen? Ja oder nein?» Die Gräfin antwortete nicht. Hermann sah, dass sie tot war.

Das komplette Programmbuch Der Trauergottesdienst verlief sehr würdevoll. Als erstes begannen die Verwand­ können Sie auf ten, von der toten Gräfin Abschied zu nehmen. Am Schluss näherte sich die alte Wirtschafterin... Nach ihr entschloss sich Hermann, an den Sarg zu treten. Er www.opernhaus.ch/shop warf sich nieder und lag einige Zeit auf dem kalten, mit Tannenzweigen bedeck­ ten Fussboden. Schliesslich erhob er sich, ebenso bleich wie die Tote, stieg die oder am Vorstellungsabend im schien Foyer Stufen zum Katafalk empor und verneigte sich... In diesem Augenblick es ihm, als kneife die Tote ein Auge zusammen und blicke ihn spöttisch an. Hermann mit einem Ruck zurück, stolperte und schlug rücklings zu Boden. deswichOpernhauses erwerben Den ganzen Tag über befand Hermann sich in grosser Verwirrung. (...) Nach Hause zurückgekehrt, warf er sich angekleidet aufs Bett und versank in einen tiefen Schlaf. Als er erwachte, war es schon Nacht. Der Mond schien ins Zimmer. (...) In diesem Augenblick schaute von der Strasse jemand durchs Fenster zu ihm herein und verschwand sofort wieder. Hermann schenkte dem nicht die geringste Aufmerksamkeit. Gleich darauf hörte er , wie die Vorzimmertür ge­ öffnet wurde. Hermann nahm an, es sei sein Bursche. Doch da hörte er einen ihm unbekannten Schritt. Jemand schlurfte in Pantoffeln leise über den Boden. Die Tür öffnete sich, und herein trat eine weissgekleidete Frau... Hermann

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erkannte die Gräfin. «Ich bin gegen meinen Willen zu dir gekommen», sagte sie mit fester Stimme. «Aber ich habe den Befehl, deine Bitte zu erfüllen. Drei, Sieben und As werden dir nacheinander Gewinn bringen... Ich verzeihe dir meinen Tod, wenn du Lisaweta Iwanowna heiratest...»

Wie im Reich der Materie zwei Körper nicht imstande sind, ein und denselben Raum einzunehmen, so können auch zwei fixe Ideen nicht gleichzeitig die Gedankenwelt eines Menschen ganz beherrschen. Diesem Naturgesetz entspre­ chend, hatten auch die Karten Drei, Sieben und As die Gestalt der toten Gräfin schon bald aus Hermanns Fantasie völlig verdrängt. Drei, Sieben und As gingen ihm nicht aus dem Kopf und wichen nicht von seinen Lippen. Wenn er ein frisches junges Mädchen erblickte, sagte er: «Wie hübsch und rosig sie ist, die reine Cœur-Drei!» Fragte man ihn, wie viel Uhr es sei, antwortete er, ohne sich auch nur einen Augenblick zu besinnen: «In fünf Minuten Treff-Sieben.» Beim Anblick eines gut genährten Mannes, dem man den Wohlstand ansah, dachte er sogleich ans As. Die Karten Drei, Sieben und As verfolgten ihn sogar im Schlaf, und zwar in verschiedenartiger Gestalt: Die Drei erblühte vor seinen Augen wie eine riesige Wunderblume, die Sieben nahm die Form eines gotischen Kirchenportals an, und das As kroch ihm als dicke, vollgefressene Spinne ent­ gegen. Alle Gedanken flossen zu einem einzigen zusammen: Wie nütze ich am vorteilhaftesten das Geheimnis aus, das mich so teuer zu stehen gekommen ist?

Am Abend des nächsten Tages erschien er wieder bei Tschekalinski. Der Haus­ herr hielt die Bank. Hermann trat an den Tisch. Die Spieler räumten ihm sofort einen Platz ein. (...) Hermann stand am Tisch, bereit allein gegen den bleichen, aber immer noch lächelnden Tschekalinski zu setzen. Tschekalinski mischte. Hermann hob ab und setzte seine Karte, die er mit einem Bündel Banknoten bedeckte. Das Ganze glich einem Duell. Tiefes Schweigen herrschte ringsum. Tschekalinski gab. Seinen Hände zitterten. Rechts fiel eine Dame, links ein

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As.«Das As hat gewonnen!», sagte Hermann und deckte seine Karte auf. «Ihre Dame ist geschlagen», sagte Tschekalinski verbindlich. Hermann fuhr zusam­ men: Wahrhaftig, statt des Asses lag die Pique Dame vor ihm. Er traute seinen Augen nicht und konnte nicht begreifen, wie er die falsche Karte hatte ziehen können. In diesem Augenblick schien es ihm, als zwinkerte ihm die Pique Dame mit einem Lächeln zu. «Die Alte!», schrie er wie von Sinnen.

Hermann verlor den Verstand und wurde im Obuchow-Hospital interniert. Hier verbringt er jetzt seine Tage, antwortet auf keine Frage, sondern murmelt nur immer pausenlos vor sich hin: «Drei, Sieben, As! Drei, Sieben, Dame!» Lisawe­ ta Iwanowna hat einen liebenswerten Beamten geheiratet, der über ein ansehn­ liches Kapital verfügt. Er ist der Sohn des ehemaligen Vermögensverwalters der alten Gräfin. Lisaweta Iwanowna hat eine arme Verwandte als Pflegetochter zu sich ins Haus genommen... Tomski ist zum Rittmeister avanciert und wird dem­ nächst die Prinzessin Pauline als Gattin heimführen.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

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Fjodor Dostojewski, Der Spieler

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Noch immer bin ich nicht imstande, mich selbst zu begreifen! Und all das ist dahingeflogen wie im Traum, sogar meine Leidenschaft, die doch stark und aufrichtig war; aber wo ist die jetzt geblieben? Wirklich: Manchmal huscht mir der Gedanke durch den Kopf: Habe ich vielleicht damals den Verstand ver­loren und dann diese ganze Zeit ßber irgendwo im Irrenhaus gesessen, oder sitze ich vielleicht auch jetzt noch immer darinnen, und all diese Dinge waren und sind nur Produkte meiner Einbildung?


ZEITTAFEL Pjotr Tschaikowski

1840 7. Mai: geboren in Wotkinsk (Ural) bis 1848 Klavierunterricht bei der Mutter

1848 Die Familie übersiedelt zuerst nach Moskau, dann nach St. Petersburg, wo Tschaikowski Klavierstunden erhält und das Theater besuchen darf. Er wird ernsthaft krank.

1850 Seine Mutter begleitet Tschaikowski nach St. Petersburg, wo er einen zwei­jährigen Vorbereitungskurs an der Rechtsschule beginnt. Die Abreise seiner Mutter ist für ihn der schrecklichste Tag seines Lebens.

1852 Die Familie kehrt endgültig nach St. Peters­­burg zurück, Tschaikowski be­ginnt seine ordentlichen Studien an der Rechtsschule.

1854 Die Mutter stirbt an der Cholera – eine der grössten Tragödien in Tschai­kowskis Leben.

1859 Diplom an der Rechtsschule. Tschaikowski schlägt eine Beamtenlaufbahn ein. Nur am Rande interessiert er sich für Musik.

1861 Als Dolmetscher reist Tschaikowski mit einem Bekannten seines Vaters zum ersten Mal nach Deutschland, Belgien, England und Frankreich.

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1862-63 Des Beamtendaseins überdrüssig, scheidet er aus dem öffentlichen Dienst aus und tritt in das von Anton Rubinstein neu gegründete Petersburger Konservatorium ein, wo er bei Zaremba und Rubinstein studiert. Ab 1863 erste Kompositionsversuche.

1865 Diplom am Petersburger Konservatorium.

1866 Übersiedelt nach Moskau als Lehrer für Musiktheorie am dortigen Konser­ vatorium, das gerade von Nikolaj Rubinstein eröffnet wurde. Er wohnt im Konservatorium bei Rubinstein. Komponiert verschie­dene Werke, darunter die «Erste Sinfonie».

1867 Arbeitet an der Oper «Der Wojewode», deren Manuskript er nach der Urauf­ führung (1869) vernichtet.

1868 Versucht sich als Dirigent, mit katastrophalem Ausgang. Kurze Liebesgeschichte mit der Sängerin Désirée Artot, die aber den Bariton Pardilla y Ramos heiratet. Komponiert die Oper «Undine», die er ebenfalls vernichtet.

1869 Komponiert die Ouvertüre «Romeo und Julia»

1870-71 Auslandsreisen, Ferien in Kamenka, Komposition des «Ersten Streichquartetts», Bezug der ersten eigenen Wohnung.

1872-76 Sporadische Tätigkeit als Kritiker

1872 Vollendet seine Oper «Der Opritschnik» und die «Zweite Sinfonie»

1873 Komponiert die Bühnenmusik zu Ostrowskis Märchen «Schneeflöckchen» und die Orchester-Fantasie «Der Sturm».

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1874 «Wakula der Schmied» («Tscherewitschki»), «Zweites Streichquartett». Reise nach Deutschland, Italien, Frankreich und die Schweiz.

1875 «Dritte Sinfonie». Leidet an Depressionen. Fährt über Weihnachten nach Paris, hört dort «Carmen» und ist von der Oper begeistert.

1876 «Schwanensee», «Drittes Streichquartett», «Francesca da Rimini». Besucht als Kritiker die Bayreuther Festspiele. Depressionen und Geldsorgen nehmen zu. Im Dezember erhält er den ersten Brief von Nadeschda von Meck.

1877 Beginnt die Arbeit an «Eugen Onegin». Reger Briefwechsel mit Nadeschda von Meck. Heiratet und ist unglücklicher denn je. Selbstmordversuch und Flucht ins Ausland, wo er ziellos herumreist. Nadeschda von Meck bewilligt ihm eine Jahresrente von 6000 Rubel.

1878 Vollendet «Eugen Onegin» und die «Vierte Sinfonie». Violinkonzert. Gibt Lehrtätigkeit am Moskauer Konservatorium auf.

1879 «Die Jungfrau von Orleans», «Erste Orchestersuite». Aufenthalte in Paris, Clarens, St. Petersburg, Rom.

1880 «Capriccio Italien», «Serenade für Streicher», «Zweites Klavierkonzert».

1883 «Mazeppa», «Zweite Orchestersuite». Längerer Aufenthalt in Paris. Tschaikowski ist nervös und müde und kann nicht arbeiten.

1884 «Dritte Orchestersuite», Konzert-Fantasie für Klavier und Orchester.

1885 «Manfred-Sinfonie». Hans von Bülow dirigiert die «Dritte Suite» mit grossem Erfolg in St. Petersburg.

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1887 «Die Zauberin». Dirigiert eigene Werke und entdeckt zu seinem Erstaunen, dass seine Unfähigkeit zu dirigieren nur eine eingebildete war.

1888 Erste Deutschland-Tournee als Dirigent. Fünfte Sinfonie, Hamlet-Ouvertüre

1889 «Dornröschen». Zweite Auslandstournee

1890 Letzte Auseinandersetzung mit seiner Frau und deren Erpressungsversuchen. Tschaikowski leidet wieder an Depressionen. Nadeschda von Meck teilt Tschaikowski mit, sie könne seine Rente nicht mehr aufbringen, und bricht die Freundschaft ab. 31. Januar - 20. April in Florenz: Komposition der «Pique Dame», die am 19. Dezember im Mariinski-Theater St. Petersburg uraufgeführt wird.

1891 «Iolanta». Im April und Mai dirigiert Tschaikowski in New York, Philadelphia und Baltimore.

1892 «Der Nussknacker»

1893 «Sechste Sinfonie», «Drittes Klavierkonzert». Dirigiert in Brüssel, Odessa, Moskau, Charkow. Leitet die Uraufführung der «Sechsten Sinfonie» in St. Petersburg, wo er bei seinem Bruder Modest wohnt. 6. November: Tschaikowski stirbt an der Cholera.

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PIQUE DAME PJOTR  TSCHAIKOWSKI (1840  –   1893) Oper in drei Akten Libretto von Modest Tschaikowski nach der gleichnamigen Erzählung von Alexander Puschkin unter Verwendung von Versen von Konstantin Batjuschkow,  Gawriil Dershawin und Wassili Shukowski Uraufführung: 19. Dezember 1890, St. Petersburg

Personen

Tschekalinski Surin

Bass

Hermann

Tenor

Graf Tomski Gräfin

Tenor

Bariton

Mezzosopran

Lisa

Sopran

Fürst Jeletzki Polina

Alt

Gouvernante Mascha

Bariton

Mezzosopran

Sopran

Tschaplitzki

Tenor

Narumow

Bass

Festordner

Tenor

Chor Fassung Opernhaus Zürich Spielzeit 2O13/14

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ERSTER AKT

SURIN

Ja, reich ist er nicht.

INTRODUKTION

HERMANN in Gedanken, finster. Mit ihm Graf Tomski.

ERSTES BILD NR.  2  SZENE UND  ARIOSO

Da ist er, schau! Düster wie ein Dämon aus der Hölle! Und bleich… Tschekalinski und Surin gehen vorüber.

TSCHEKALINSKI

TOMSKI

Wie ist gestern das Spiel ausgegangen?

Sag, Hermann, was ist mit dir?

SURIN

HERMANN

Natürlich habe ich wieder hoch verloren! Ich habe kein Glück.

Mit mir? Nichts… TOMSKI

TSCHEKALINSKI

Bist du krank?

Habt ihr wieder bis zum Morgen gespielt?

HERMANN

SURIN

Nein, ich bin gesund.

Ja! Ich habe die Nase voll davon… Der Teufel hol’s! Wenn ich doch nur einmal gewinnen könnte!

TOMSKI

Du hast dich sehr verändert. Bist irgendwie unzufrieden… Früher warst du zurückhaltend und sparsam, aber wenigstens fröhlich. Jetzt bist du düster, schweigsam und – ich traue meinen Ohren nicht – verzehrt von einer neuen Leidenschaft verbringst du, sagt man, die Nächte bis zum Morgen beim Spiel.

TSCHEKALINSKI

War Hermann dort? SURIN

War er, und wie immer, von acht bis acht Uhr morgens, sass er wie gefesselt an den Spieltisch und trank schweigend Wein in grossen Mengen!

HERMANN

Ja! Ich kann nicht mehr so zielstrebig sein wie früher. Ich weiss selbst nicht, was mit mir los ist. Ich habe mich verloren, ich entrüste mich über diese Schwäche, aber mich zu beherrschen habe ich keine Kraft mehr! Ich bin verliebt! Verliebt!

TSCHEKALINSKI

Sonst nichts? SURIN

Er verfolgte das Spiel der anderen.

TOMSKI

Wie! Du verliebt? In wen?

TSCHEKALINSKI

Ein seltsamer Mensch!

HERMANN

SURIN

Als hätte er mindestens drei Verbrechen auf dem Gewissen! TSCHEKALINSKI

Ich hörte, er sei arm. 64

Ihren Namen kenne ich nicht – und möchte ihn nicht erfahren, denn mit einem irdischen Namen will ich sie nicht nennen!  Soviel ich auch nach Vergleichen suche, ich finde keinen für sie! Meine Liebe, die Seligkeit des Paradieses, möchte ich auf ewig bewahren!  Doch der eifersüchtige Gedanke, dass ein anderer


sie besitzen könnte, während ich es nicht wage, die Spur ihres Fusses zu küssen, quält mich… Ich verfluche mich, doch vergeblich versuche ich, die irdische Leidenschaft zu unterdrücken. Ich will sie umarmen, meine Heilige! Ihren Namen kenne ich nicht – und möchte ihn nicht erfahren. TOMSKI

Nun, wenn es so ist, dann schnell ans Werk! Lass uns erfahren, wer sie ist. Dann machst du ihr einen Antrag, und die Sache ist besiegelt…

Ach wirklich, welche Pracht, man könnte den ganzen Tag spazieren gehen!  Auf einen solchen Tag werden wir lange wieder warten müssen! JUNGE FRAUEN

Welche Freude, welches Glück, wie schön ist es zu leben. Wie angenehm ist es, in den Sommergarten zu gehen; seht die vielen jungen Leute, Uniformierte und Bürger schlendern durch die Alleen.

HERMANN

ALTE FRAUEN

O nein, weh mir!  Sie ist vornehm und kann mir nicht gehören! Das ist es, was mich quält und peinigt!

Früher haben wir besser gelebt, solche Tage gab es jedes Jahr zu Beginn des Frühlings. Aber jetzt ist es eine Seltenheit, dass die Sonne scheint. Wahrhaftig, es ist schlechter geworden, und es ist an der Zeit zu sterben. Früher war das Leben schöner.

TOMSKI

Dann finden wir eine andere… Sie ist nicht die einzige auf der Welt! HERMANN

JUNGE MÄNNER

Du kennst mich nicht!  Nein, ich kann nicht aufhören, sie zu lieben!  Ach, Tomski! Du verstehst nicht!  Ich konnte nur ruhig leben, solange die Leidenschaften in mir schlummerten.  Da war ich Herr über mich selbst.  Aber jetzt, da meine Seele von einem einzigen Traum beherrscht wird, leb wohl Ruhe, leb wohl! Vergiftet bin ich, wie im Rausch, krank, ich bin verliebt!

Die Sonne, der Himmel, die Luft, der Nachtigallen Gesang und die helle Röte auf den Wangen der Mädchen. Möge mit dem Frühling auch die Liebe einziehen, süss bewegt ist das junge Blut. Geschenke des Frühlings, wunderschöner, glücklicher Tag. Wie schön, dass der Frühling uns Liebe und Glück bringt.

TOMSKI

Bist du das, Hermann? Ich gestehe, niemandem hätte ich geglaubt, dass du fähig bist, so zu lieben.

ALTE MÄNNER

Seit vielen Jahren sahen wir nicht so schöne Tage; in den Zeiten Jelisawetas gab es sie häufig. In dieser wunderbaren Zeit waren Sommer, Herbst und Frühling schöner. Ach, schon viele Jahre sind vergangen, seit es so schöne Tage gab. In der alten Zeit lebte man man besser und fröhlicher.

Hermann und Tomski gehen weiter.  Spaziergänger füllen die Bühne.

NR. 3  CHOR DER SPAZIERGÄNGER UND SZENE JUNGE UND  ALTE FRAUEN, JUNGE UND ALTE MÄNNER

Endlich hat uns Gott einen sonnigen Tag geschickt!  Welche Luft, was für ein Himmel!  Das ist der Mai!

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Programmheft PIQUE DAME Oper von Pjotr Tschaikowski Premiere am 6. April 2O14, Spielzeit 2O13/14 Wiederaufnahme am 12. Juni 2O16, Spielzeit 2O15/16

Herausgeber

Intendant

Zusammenstellung, Redaktion Beate Breidenbach

Opernhaus Zürich Andreas Homoki

Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli Titelseite Visual François Berthoud Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon O44 268 64 14, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo

Studio Geissbühler

Druck

Stäubli AG Zürich

Nachweise: Die Handlung schrieb Beate Breidenbach für dieses Programmheft. Das Interview mit Robert Carsen sowie der Text von Corinne Holtz «Böse Zeiten – Musikalische Strategien in Pique Dame» sind Originalbeiträge (Quellen hierfür: Kadja Grönke, Frauenschicksale in Tschaikowskis Puschkin-Opern, Mainz 2002; Eduard Hanslick, Aus dem Tagebuch eines Rezensenten. Gesammelte Musikkritiken, hg. von Peter Wapnewski, Kassel 1989); Marina Lobanova, in: Drei, Sieben, As: Zu der Oper Pique Dame von Pjotr Ilitsch Tschaikowski, in: Musikforschung 01/1996; 49 (3), S. 275-286. Thomas Mann, Doktor Faustus, Frankfurt a. M. 1994. Dorothea Redepenning: Geschichte der russischen und sowjetischen Musik, Band 1, Laaber 1994; Ulrich Schreiber, Opernführer für Fortgeschrittene. Eine Geschichte des Musiktheaters. Das 19. Jahrhundert Kassel, 1991); Teure Freundin – Peter Tschaikowskis Briefwechsel mit Nadeschda von Meck, Leipzig 1964; Marina Lobanova,

Liebe und Tod (Ausschnitt), in: Drei, Sieben, As: Zu der Oper Pique Dame von Pjotr Ilitsch Tschaikowski, in: Musikforschung 01/1996; Fjodor Dostojewski, Der Spieler (Ausschnitte), übersetzt von Hermann Röhl, Leipzig o.J.; Ulrich Schreiber, Kunst und Leben, in: Opernführer für Fortgeschrittene. Eine Geschichte des Musiktheaters. Das 19. Jahrhundert Kassel, 1991; Juri Lotman, Alexander Puschkin. Leben als Kunstwerk, Leipzig 1989; Alexander Puschkin, Pique Dame, dtv Taschenbuch Verlag, München 1976; Zeittafel: Nach Everett Helm, Tschaikowsky. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg 1976. Die Klavierhauptprobe am 27. März 2014 fotografierte Monika Rittershaus. Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nach­richt gebeten.

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Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden. PARTNER

ab PRODUKTIONSSPONSOREN Evelyn und Herbert Axelrod

Swiss Re

Freunde der Oper Zürich

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Walter Haefner Stiftung PROJEKTSPONSOREN AMAG Automobil- und Motoren AG

Max Kohler Stiftung

Baugarten Stiftung

Ringier AG

Familie Christa und Rudi Bindella

Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung

René und Susanne Braginsky-Stiftung

Swiss Life

Clariant Foundation

Zürcher Festspielstiftung

Freunde des Balletts Zürich

Zürcher Kantonalbank

GÖNNER Abegg Holding AG

Ernst Göhner Stiftung

Accenture AG

Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung

Josef & Pirkko Ackermann

Walter B. Kielholz Stiftung

Alfons’ Blumenmarkt

KPMG AG

Allreal

Landis & Gyr Stiftung

Ars Rhenia Stiftung

Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG

ART MENTOR FOUNDATION LUCERNE

Stiftung Mercator Schweiz

Familie Thomas Bär

Fondation Les Mûrons

Berenberg Schweiz

Neue Zürcher Zeitung AG

Beyer Chronometrie AG

Notenstein La Roche Privatbank AG

Elektro Compagnoni AG

Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

Stiftung Melinda Esterházy de Galantha

Else von Sick Stiftung

Fitnessparks Migros Zürich

Swiss Casinos Zürich AG

Fritz Gerber Stiftung FÖRDERER Confiserie Teuscher

Sir Peter Jonas

Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG

Luzius R. Sprüngli

Garmin Switzerland

Elisabeth Stüdli Stiftung

Horego AG

Zürcher Theaterverein

Istituto Italiano di Cultura Zurigo 67


SIE LIEBEN OPER. WIR AUCH.

ZURICH VERSICHERUNG. FÜR ALLE, DIE WIRKLICH LIEBEN. 68

Zurich Versicherung. Stolzer Sponsor von «Oper für alle».


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