Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Buchwissenschaft Proseminar: Lesen in der Gegenwart Dozentin: Sandra Rühr M.A. Referenten: Kristin Siegele, Silvia Clifford, Eva Kohler, Paula Nowakowski, Lars Gärtner
INSTANZEN
DER
05.06.08
LITERATURKRITIK
Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki: Biografie: Geboren am 2.Juni 1920 in Wloclawek (Polen) 1937 Abitur in Berlin 1938 Ausweisung nach Polen 1940 im Warschauer Ghetto 1942 Heirat mit Teofila Reich-Ranicki 1943 Flucht aus dem Ghetto nach London 1958 Auswanderung nach Deutschland Literaturkritiker der „Zeit“, Redakteur der FAZ 1988-2001 Leiter der Fernsehsendung „Das literarische Quartett“ nachfolgende Sendung „Reich-Ranicki Solo“ diverse Einsätze als Gastprofessor Reich-Ranickis Art der Literaturkritik: Provokation, „Respektlosigkeit“ Unterhaltungswert durch Polemik, Überspitzungen und Komik (sehr guter Rhetoriker) Klarheit, Direktheit und Verständlichkeit Kritiker als Vermittler zwischen Literatur und Leser Professionalität der Kritiken, da immer Wissen um Geschichte und Gegenwart im Hintergrund Kritiker übernimmt nach RR eine Vielzahl von sozialen Rollen, u.a. gleichzeitig die des Verteidigers und des Anklägers Beschreibung von Merkmalen und Wirkung eines Werkes, und damit Begründung des Urteiles; dabei gerne Verwendung von Zitaten und Paraphrasen, damit Leser Bewertung nachvollziehen kann und sich eine eigene Meinung bilden kann „Aufrichtigkeit ist die erste Pflicht des Kritikers“ Merkmale eines guten Werkes nach Reich-Ranicki: Identifikationsmöglichkeiten des Lesers mit den literarischen Figuren -> lebendige Figurendarstellung „Ganzheit“ eines Werkes
Literaturkritik im Fernsehen Allgemeines: Literaturkritik im Fernsehen hat es schwer, sich zu legitimieren Problem: Literatur/Literaturkritik setzt geistige Aktivität voraus, Fernsehen hingegen ist passiver Vorgang erhöhter Konkurrenzdruck seitens der unterhaltungs- und sensationsorientierten Privatsender auch im öffentlichrechtlichen Fernsehen hat deshalb Tendenz zugenommen, dass Äußerlichkeiten visueller Art und Begleiteffekte (Show-, Spannungselemente) sachliche Kritik und Information überlagern Vier exemplarische Beispiele für Literaturkritik im Fernsehen: Das Literarische Quartett (ZDF) anfangs feste Besetzung: Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek, Sigrid Löffler und Jürgen Busche, nach Ausstieg der beiden letztgenannten ab 1990 wechselnde Gäste wurde vom 25. März 1988 (zunächst im Rahmen des Kulturmagazins „aspekte“) bis 14. Dezember 2001 ausgestrahlt Sendung lebte hauptsächlich von den Redebeiträgen Reich-Ranickis (Choleriker; sprach oftmals vernichtende Kritiken aus) Druckfrisch (ARD) Moderator: Denis Scheck Ausstrahlung: achtmal im Jahr, sonntags 23.45 Uhr negative Kommentare zu den Top-Ten-Titeln der aktuellen Bestsellerlisten gehören zu den Höhepunkten der Sendung Quergelesen (KI.KA)
Moderatoren: Josefine Preuß / Marc Langebeck Ausstrahlung: jeden Sonntag, 20 Uhr Büchermagazin für Kinder Empfehlungen Literatur im Foyer (3sat/SWR) Gesprächsrunde mit Martin Lüdke und Thea Dorn Ausstrahlung: zweimal im Monat, Sonntag, 10.15 Uhr Veranstaltung ist öffentlich und wird unter Live-Bedingungen fürs Fernsehen aufgezeichnet Weitere TV-Literatursendungen: Lesen! (ZDF); Wickerts Bücher (ARD); Lesezeichen (BR); Was liest du? (WDR); Fröhlich lesen (MDR); Bücherjournal (NDR); Bookmark (3sat); Der Literaturclub (SF 1)
Literaturkritik für Kinder im Hörfunk Rundfunksender, die Kindermagazine anbieten: Hessischer Rundfunk hr2: „Domino – Radio für Kinder“ Lesehits für Kids Kinder stellen selbst ihre Lieblingsbücher vor viele Buchempfehlungen zum Lesen und Hören auf der Homepage LiteraTEENS - Schüler lesen für Schüler (10-17 Jahre) 130 Schüler aus 7 Schulen in Frankfurt, Wiesbaden, Neu-Isenburg, Bad Homburg und Königstein initiiert von der Frankfurter Buchmesse und dem hr2 Kooperation mit Verlagen und Schulen jeder Schüler stellt sich bei hr-online im Internet vor (mit einem Bild oder sogar einem Video) über ein Kommentarfeld auf der Homepage ist eine Bewertung der Kritik möglich, eigene Ergänzungen, Meinungen drei Schüler führen für "literaTEENS" auf der Frankfurter Buchmesse Interviews mit Jugendbuch-Autoren
Deutschlandfunk: „Bücher für junge Leser“ samstags um 16:05 Uhr, jeden ersten Samstag im Monat die Bestenliste des Monats: „Die besten 7“
Dialogform: Moderator und Rezensentin Ute Wegmann (ABER: eigentl. mehr für Erwachsene)
MDR: „Figarinos Fahrradladen“ Figaro ist das Kultur-Radio des Mitteldeutschen Rundfunks Figarino = Kindersparte Kinderhörspiele werden gesendet, Kinderreporter, die sich auf den Weg machen und eine Radio-Sendung zu best.
Themen z.B. Detektive, Kriminalpolizei bearbeiten, erforschen in der Rubrik Scheinwerfer werden Hörspiel-, CD-, Film-, Spiele- und Buchtipps vorgestellt aber: Schwerpunkt auf Kinderradio
BR-Kinderinsel die BR-Kinderinsel ist das gemeinsame Internetangebot aller Kinderradio- und Kinderfernsehsendungen des Bayerischen Rundfunks BR 2: „Radio Mikro“: Kinderradio mit Kindernachrichten, Musikwunsch-Tage, Kinderreporter, Buch- und Hörbuchtipps auf der Homepage (kindgerecht geschrieben) Kinder zwischen 8 und 12 Jahren können BR-Kinderreporter werden Zusammenarbeit mit Kindereinrichtungen und Schulen werden Beiträge zu versch. Themen ausgearbeitet WDR: Und sie lesen doch! vom 02.04.08 Kinder, Grundschüler und Jugendliche stellen ihre Lieblingsbücher vor
weitere Hörfunksender mit Radioangeboten für Kinder, aber meistens liegen die Schwerpunkte auf Nachriten, Reportagen eigene Literatursendungen: „SR 2 für junge Ohren... hingehört!“ + NDR: Mikado - „Bücherwurm grüßt Leseratte!“
+ Radio Bremen: „Kinderzeit“ Literaturtipps nur am Rande oder sogar nur auf der Homepage zu finden WDR 5: „Lillipuz“ + SWR2: „Spielraum“
Wie werden die Angebote angenommen? die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender zeichnen sich seit Jahren durch anspruchsvolle und professionelle Literaturkritik aus
ABER: die Verlage sagen, dass im Fernsehen besprochene Bücher mehr Umsatz einbringen, als Buchbesprechungen in den regionalen Hörfunksendern Radionutzung: 56 % hören das Radioprogramm, das die anderen gerade hören bzw. das beim Einschalten drin ist KIM-Studie 2006 21% der Kinder hören Musiksender, aber nur 9% schalten gezielt Kinder- und Jugendsendungen ein 80% sehen dagegen jeden Tag fern 1950er: mehr als 50% aller deutschen Kinder unter 14 Jahren hörte fast täglich Kinder-Radiosendungen ab den 1960ern gab es dann Literaturtipps für kleine Leseratten Kindermagazine brechen in den 1970ern völlig ein – Fernsehen verbreitet sich in Privathaushalten ab 1980ern wird fast nur noch Mainstream-Musik gesendet
Literaturzeitschriften Print-Zeitschriften: Börsenblatt Auflagenstärkste Fachzeitschrift der deutschen Buchbranche Erscheint beim Marketing Verlagsservice des Buchhandels GmbH Informiert über wichtigste Entwicklungen der Buchbranche sowie Neuigkeiten auf Buchmarkt Am Erker deutschsprachige Literaturzeitschrift 1977 von Joachim Feldman und Michael Kofort gegründet Fusion zwischen „Der Maiskolben“ und „Texte“ Erscheint halbjährig im Daedalus- Verlag Münster Stellt v.a. Kurzprosa junger deutscher Autoren, sowie literarische Essays und Rezensionen vor Internet: Das Literaturcafe (www.literaturcafe.de) literarischer Treffpunkt seit 1996 Chefredakteur und Herausgeber: Wolfgang Tischer Rubriken: Notizen und Neues, Prosa und Lyrik, Textkritik, Buchkritiken und Tipps... www.literature.de Literaturportal seit1998 Eines der reichweitenstärksten Literaturmagazine im deutschsprachigen Raum Rubriken: Buch, Hörbuch, Verlage, Diskussionsforum, Newsletterbestellung...
Zeitung: Die Entwicklung der Literaturkritik in der Zeitung: Zeitung anfangs ausschließlich Medium für politische Nachrichten und »neueste Weltbegebenheiten« Französische Revolution: Zeitungen öffnen sich langsam der Literaturkritik Anfang 19. Jahrhundert: mit der Durchsetzung der Tageszeitungen beginnt auch die Literaturkritik sich zu etablieren Mitte 19. Jahrhundert: deutschsprachige Literaturkritik findet ihren bis heute angestammten Platz im Feuilleton Die wichtigsten Organe der Literaturkritik in der Zeitung: »Frankfurter Allgemeine Zeitung« »Frankfurter Rundschau« »Die Zeit« »Süddeutsche Zeitung« »Die Welt« »Neue Zürcher Zeitung« »Berliner Zeitung« Die Formen der Literaturkritik in der Zeitung: Rezension Sammelrezension Anzeige Referat Essay Annotation
Quellen: www.literaturkritik.de/reich-ranicki/index.php www.ranicki.onon-it.de Wapnewski, Peter (Hg.):„Betrifft Literatur.Über Marcel Reich-Ranicki“, Stuttgart, 1990. Reich-Ranicki, Marcel: „Lauter Verrisse“, Stuttgart, 1989. http://www.fragmentum.de/Medien/tv.htm Albrecht, Wolfgang: Literaturkritik. Stuttgart [u.a.] 2001. http://www.wdr.de/themen/specials/infobox_sammelseite/archiv.php?box=infobox [01.06.08, 20:54 Uhr] http://www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf06/KIM2006.pdf ]01.06.08, 19:38 Uhr] http://www.hdm-stuttgart.de/ifak/publikationen/ifak/pdfs/Kinderradiogeschichte.pdf [01.06.08, 20:18 Uhr] Börsenblatt 16/2008: Bardola, Nicola: Sendezeit fürs Schmökern. S. 28-30.