Aktuelllere Lesestudien

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Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Buchwissenschaft Proseminar: Lesen in der Gegenwart Dozentin: Sandra Rühr Referentinnen: Verena Jäger, Pia Staack

12. Juni 2008

Lesen im neuen Jahrtausend: Zu welchen Erkenntnissen kommen aktuellere Studien? 1

Lesen und Bibliotheksbenutzung im europaweiten Vergleich

- „Eurobarometer Kultur 2007“ – vergleichende Studie zum Stellenwert kultureller Interessen, Aktivitäten und Werte in den 27 Staaten der Europäischen Union Lesen - im Durchschnitt aller 27 EU-Staaten haben in den letzten 12 Monaten 71% der Bürger mindestens einmal ein Buch gelesen (= weitester Lesekreis) - 37% mehr als 5-mal (= „sehr häufige“ Leser) - 14% 3 bis 5-mal - 20% 1 bis 2-mal - 28% kein einziges Mal - die Spitzengruppe sowohl im Hinblick auf den weitesten Lesekreis als auch auf die „sehr häufigen“ Buchleser bilden Schweden, Dänemark, die Niederlande und Großbritannien - Deutschland liegt mit einem weitesten Leserkreis von 81% und mit 45% „sehr häufigen“ Lesern deutlich über dem EU-Durchschnitt - 45% mehr als 5-mal - 14% 3 bis 5-mal - 22% 1 bis 2-mal - 18 % kein einziges Mal Bibliotheksbenutzung - Öffentliche Bibliotheken wurden in den letzten 12 Monaten EU-weit von 35% der Bevölkerung mindestens einmal und von 16% der Bevölkerung regelmäßig (= mehr als 5-mal) genutzt - die Spitzengruppe bilden Finnland (72% mindestens einmal; 35% regelmäßig), Schweden (70% mindestens einmal; 36% regelmäßig, Dänemark (68% mindestens einmal; 39% regelmäßig) - Deutschland liegt unter dem EU-Durchschnitt: Öffentliche Bibliotheken werden nur von 28% der Bevölkerung mindestens einmal im Jahr und von nur 11% regelmäßig genutzt

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Nutzung und Bedeutung von Büchern im Medienvergleich unter Berücksichtigung webbasierter Alternativen

- „Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien 1970 bis 2005“ – ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation - „Bücher und Lesen im Kontext unterschiedlicher Lebenswelten 2007“ – Lesestudie durchgeführt im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der ZDF-Medienforschung Veränderungen in der Haushaltsausstattung mit Geräten der Unterhaltungselektronik - bis zum Jahr 2000 war in der BRD die Vollversorgung mit „klassischen“ Fernseh- und Radiogeräten bereits seit langem erreicht - auch bei den herkömmlichen Geräten zum Hören bzw. Sehen von Audio- oder Videospeichermeiden waren 2000 deutliche Sättigungsgrenzen erkennbar - zwischen 2000 und 2005 stieg v.a. die Anzahl digitaler und mobiler Endgeräte an: - Digital-TV-Decoder von 5 auf 21% - DVD-Player von 11 auf 63% - DVD-Recorder auf 15% - PC von 54 auf 71% – davon sind 70% internettauglich (39% über DSL), 16% können damit auch TV oder Radio empfangen - MP3-Player bzw. iPod von 5 auf 26%


Bedeutung und Nutzung von Büchern im Medienvergleich → die Lektüre von Büchern hat unabhängig von dem zunehmenden Medienangebot noch immer einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung: - Top 10 der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen: - das Lesen von Büchern kann seit mehreren Jahren seinen Platz in den Top 10 der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen behaupten (2003: Platz 8; 2006: Platz 6) - Mediennutzungsverhalten: Anstieg des Medienkonsums an einem Durchschnittstag von knapp 8 1/2 Stunden (502 Minuten) im Jahr 2000 auf 10 Stunden (600 Minuten) im Jahr 2005 - zusammengenommen konnten die „alten“ Medien ihren Anteil halten und ihre Nutzungsdauern parallel zum Anstieg des gesamten Medienzeitbudgets ausdehnen - Fernsehen und Radio bleiben die meistgenutzten Medien - das Buch konnte seine Nutzung ausbauen – die 2005 gemessenen 25 Minuten täglicher Buchlektüre bedeuten den höchsten Wert seit 1980 - die Tageszeitung hat leicht verloren - das „neue“ Medium Internet hat seinen Anteil am Medienkonsum mehr als verdreifacht Bücher im Kontext des Internets - Nutzungen der Möglichkeiten des Internets in Bezug auf den Medienklassiker Buch im Jahr 2007: - 37% der Befragten nutzen die Möglichkeit, sich über Bücher im Netz zu informieren - nur 5% der Befragten nutzen die Möglichkeit, Bücher online im Netz zu lesen, sie herunterzuladen oder auf Endgeräten zu lesen 3

Bücher und Lesen als Freizeitaktivität

- „Bücher und Lesen als Freizeitaktivität 2004“ – Lesestudie durchgeführt im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der ZDF-Medienforschung - Lesehäufigkeit - die Diskrepanz zwischen „Informationsreichen“ und „Informationsarmen“ wächst weiter - beinahe jeder vierte (23%) liest täglich oder fast täglich in seiner Freizeit in einem Buch - 31% mindestens einmal oder mehrmals im Monat - 18% seltener als einmal im Monat - 28% Nicht-Leser - geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen lesen deutlich häufiger als Männer - am häufigsten lesen Personen in den mittleren Lebensjahren (30- bis 39-Jährige und 40- bis 49-Jährige,), aber auch die jüngeren Altersgruppen (14- bis 19-Jährige, 20- bis 29-Jährige) greifen in ihrer Freizeit relativ häufig zum Buch – ältere Personen (über 60-Jährige) zeigen eine unterdurchschnittliche Lesehäufigkeit - je höher der formale Bildungsabschluss ist, desto häufiger wird gelesen - Fernsehkonsum und Leseintensität beeinflussen einander: je umfangreicher der Fernsehkonsum, desto geringer der Buchkonsum - Leseintensität - im Durchschnitt werden 2,5 Bücher im Monat gelesen - geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen konsumieren durchschnittlich 2,8 Bücher im Monat, Männern durchschnittlich 2,1 Bücher im Monat - deutlich über dem Durchschnittswert liegen die 40- bis 49-Jährigen (4 Bücher im Monat), knapp über den Durchschnittswert liegen die 14- bis 19-Jährigen und die 20- bis 29-Jährigen (jeweils 2,7 Bücher pro Monat) - Genrepräferenzen - das Lieblingsgenre sind Nachschlagewerke (54%), gefolgt von Sachbüchern (53%) und belletristischen Werken - geschlechtsspezifische Unterschiede: bei der weiblichen Leserschaft liegen belletristische Werke und Nachschlagewerke vorne, bei den Männer Sachbücher, Nachschlagewerke und Fachliteratur für Studium und Beruf


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Bücherlesen in der Erlebnisgesellschaft

- „Bücherlesen in der Erlebnisgesellschaft 2005“ (Studie von ZDF und forsa) - Ziel: Herausfinden, welchen Stellenwert das Bücherlesen in unserer so genannten „Erlebnisgesellschaft“ hat - Bücherlesen wird mit Fernsehen verglichen Ergebnisse: - Bücherlesen lässt den Leser allgemein Emotionalität erleben; dabei hat die Emotionalität von Bücherlesen und von Fernsehen einen ähnlichen Stellenwert - an zweiter Stelle steht beim Bücherlesen die Orientierungsfunktion: Lernen, Informationen usw. - soziales Erleben beim Bücherlesen Bücherlesen und Fernsehen: - „Lesen wird vielfältiger erlebt als Fernsehen und erreicht damit eine größere Erlebnistiefe als das zeitlich deutlich häufiger ausgeübte Fernsehen“, da Lesen Aktivität voraussetzt . beim Bücherlesen wird stärkere Emotionalität erfahren als beim Fernsehen, Bücher sprechen die Gefühle sehr stark an - Lesen erscheint vielen Befragten als sinnvollere Freizeitbeschäftigung als Fernsehen, mehr Beruhigung von Tagesstress in Büchern als beim Fernsehen, Stoff zum Nachdenken und Lernen finden die Befragten auch eher in Büchern soziodemografische Faktoren: - je älter die Befragten, desto mehr dient das Lesen der Orientierung - bei den 14-49jährigen wird weniger stark zwischen Büchern und Fernsehen unterschieden - Frauen erleben das Lesen emotionaler und vielfältiger und sind stärker beim Lesen involviert - je mehr ein Mensch liest, desto unterschiedlicher erlebt er Lesen und Fernsehen - „Wer viel fernsieht, liest deshalb nicht deutlich weniger als andere und erlebt Lesen auch recht ähnlich wie Menschen, die weniger fernsehen.“

Literaturverzeichnis: - European Commission: European Cultural Values. Special Eurobarometer 278, September 2007 - Kochhan, Christoph/ Schengbier, Kristiane: Bücher und Lesen im Kontext unterschiedlicher Lebenswelten, in: Media Perspektiven 12/2007, S. 622–633 - van Eimeren, Birgit/ Ridder, Christa-Maria: Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien 1970 bis 2005, in: Media Perspektiven 10/2005, S. 490–504 - Kochhan, Christoph/ Haddad, Denise / Dehm, Ursula: Bücher und Lesen als Freizeitaktivität. Unterschiedliches Leseverhalten im Kontext von Fernsehgewohnheiten, in: Media Perspektiven 1/2005, S.23-32 - Kochhan, Christoph u.a.: Bücherlesen in der Erlebnisgesellschaft. in: Bücher – „Medienklassiker“ mit hoher Erlebnisqualität. Lese-Erlebnistypen und ihre Charakteristika. In: Media Perspektiven 10/2005


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