FAU Erlangen Institut für Buchwissenschaft PS Lesen in der Gegenwart Sandra Rühr Referentinnen: Monika Bachmeier, Lisa Blaser, Michaela Winter
29.05.2008
Leseförderungsmaßnahmen außerhalb der Stiftung Lesen 1. Einstiegsdiskussion zum Thema: „Wer hat uns zum Lesen gebracht?“ 2. Leseförderungsmaßnahmen und Projekte a) Kindergarten und (Grund-)Schulen o exemplarisches Projekt eines Verlegers und Autors Problem: für Eltern und ErzieherInnen unüberschaubares Angebot an Neuerscheinungen und Kritik an zu viel Schnickschnack und Kopplung mit glitzernden Non-Book Artikeln, große Medienkonkurrenz Projekte: - Entwurf eines Buchprogramms für Kinder / Eltern / ErzieherInnen und das Vorstellen in Kindergärten, auf Elternabenden,… Darstellung auf thematischen Büchertischen mit passender Dekoration Reaktion der ErzieherInnen hauptsächlich positiv, der Eltern oft kritisch, weil Buchauswahl manchen zu sehr vom main stream abwich Feststellung: die Kinder unterschieden die teureren Ausgaben (wie z.B. Bildbände) deutlich von den „üblichen“ Büchern und gingen sehr viel sorgfältiger mit ihnen um (Ziel also auch die ästhetische Ausbildung der Kinder und das Erkennen des „guten Buchs“) - Ideenverwirklichung in der Grundschule: „Wie entsteht ein Buch?“ mit den Kindern den Werdegang des Buches erarbeiten, also malen, Papier schöpfen, Wer ist alles an der Produktion eines Buches beteiligt?,… (Vor-)Lesen ist wichtig weil… - es ist Nahrung für den Geist - es entwickeln sich Fantasie, Sprachvermögen und Kreativität - es fördert die Aufmerksamkeit o Lesepaten (http://www.buergerstiftung-berlin.de/index.php?id=22) exemplarisches Projekt in einer Berliner Grundschule: eine 1. Klasse (mit nur einem deutschen Kind) und eine 3. Klasse, jeweils einmal die Woche für zwei bis drei Schulstunden kleine Gruppen mit drei Kindern, lesen von Fibeln, Pixi-Büchern, Comics, Fussballzeitschriften oder Pferdebüchern Ziele: Leselust fördern, Sprache fördern, weg vom Fernseher und Computer Ergebnisse: - sehr positive Aufnahme, Kinder waren begeistert - einige Kinder lernten die Lesetechnik schnell, begriffen aber die Wörter und Bedeutungen nicht - einige lernten nicht lesen, weil sie der Sprache nicht mächtig waren und ohne die Bedeutungskonstruktion auch nicht die Technik nicht begriffen (oder nur nicht anwendeten?) - Hilfe durch Verständnisfragen und malen des Gelesenen um zu sehen, ob die Kinder die Bedeutung des Textes oder einzelner Wörter verstanden hatten 1
b) Bibliotheken Versuch, verschiedene Dienstleistungen anzubieten, die Kinder und Jugendlichen mit den vorhandenen Medien vertraut zu machen und die Lust am Lesen zu wecken. (z.B. Klassenführungen, Arbeitstage, Medienrallyes, Bilderbuchkinos, Autoren- & Buchpräsentationen, Lesenächte, Medienkisten, Themenausstellungen, u.v.a.) o Bertelsmann Stiftung (http://www.bertelsmann-stiftung.de) - gegründet von Reinhard Mohn am 8. Februar 1977 - genehmigt als gemeinnützige Bertelsmann Stiftung am 14. März 1977(Reinhard Mohn zu den Mitbegründern der Deutschen Lesegesellschaft – Verein, der sich Buch- und Leseförderung widmet)
Initiativen im Bereich der Kommunikations- und Leseforschung Bibliotheken als zentraler Anlaufpunkt zur Information, zum Lernen, zur Weiterbildung und Unterhaltung – mehr als zwei Jahrzehnten unterstützt die Bertelsmann Stiftung diese mit Projektarbeit im In- und Ausland - Vergleich der Bibliotheken durch BIX (http://www.bix-bibliotheksindex.de) z.B. „Spiralcurriculum für die Leseförderung in und mit Bibliotheken“ Bestandteil des Projekts „Öffentliche Bibliothek und Schule“, Ziele: systematische und kontinuierliche Leseförderung im Unterricht; persönlicher Kontakt jeder Schulklasse mit der Schul- und der Stadtbibliothek mindestens einmal im Schuljahr; Unterstützung der Lehrer bei der Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsgestaltung; Entwicklung neuer Formen der Partnerschaft zwischen Schule und Bibliothek -
o Antolin (Partner: Stiftung Lesen, N-21, Stiftung Partner für Schulen und Leseland) (http://www.antolin.de) - Web-basierte Plattform zur Leseförderung für Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse →auch von zu Hause aus möglich - Schüler wählen eigenständig gelesene Bücher aus und beantworten Fragen →Überprüfung des inhaltlichen Verständnisses - Lehrer können sich über Lesefähigkeiten und –vorlieben ihrer Schüler ein Bild machen, Defizite herausfinden und ggf. beheben →gezielte Förderung möglich - Angebot von Klassikern bis hin zu aktuellsten Neuerscheinungen →jeder kann sich seinem Interessengebiet widmen und wird nicht zu ungewolltem Buch gezwungen Nachteil: Lizenzen zur Nutzung können nur von Schulen, Lehrkräften und Bibliotheken erworben werden, nicht von Privatpersonen! Viele Bibliotheken kennzeichnen zusätzlich ihre Bücher, um den Schülern aufzuzeigen, welche im Antolin-Programm aufgenommen sind!
o Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (http://www.isb.bayern.de, http://www.leseforum.bayern.de/) - qualitative Weiterentwicklung des bayerischen Schulwesens - vielfältiger, praxisbezogener Unterstützungsmaterialien - konzeptionelle Arbeit zu Themen bayerischer Bildungspolitik - ein Projekt: Leseforum Bayern • Buchempfehlungen für Kinder und Jugendliche 2
• Literaturpreise und Wettbewerbe, Lese- und Veranstaltungskalender • Autoren und Erzähler für die Schulen • Materialien für den Unterricht, Links zu hilfreichen Internetadressen • Wissenswertes für Aufbau und Nutzung von Schulbibliotheken z.B. „Mehr lesen – mehr verstehen“ 2007/08 eingeführt, Zusammenarbeit öffentl. Bibliotheken und bay. Schulen zur Förderung der Leselust und zur Reduzierung von Leseschwächen, Jahrgangsstufen 2-7 aller Schularten. o Institut für angewandte Kindermedienforschung (http://www.hdm-stuttgart.de/ifak/startseite) - Teil der Hochschule der Medien in Stuttgart - Zusammenarbeit mit öffentlichen Bibliotheken zur Leseförderung (z.B. mit folgenden Projekten): • Frühförderung und Schoßkinderprogramme • Eltern- und Familienprogramme • Spielerische Bibliothekseinführungen • Leseförderung ab 3 Jahren, ab 6 Jahren, ab 10 Jahren • Leseförderung für Jugendliche, Geschlechtsspezifische Leseförderung • Leseförderung für Migrantenkinder, Englischsprachige Leseförderung • Leseförderung mit Zeitschriften, Ferienaktionen (altersübergreifend) z.B. „Tatort Bibliothek: Wir kriegen sie alle! – Ideen zur Förderung der Lesemotivation“ c) Lesen in Deutschland (www.lesen-in-deutschland.de) Initiative von Bund und Ländern zur außerschulischen Leseförderung - ins Leben gerufen von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung - in Zusammenarbeit mit Vertreter/innen des Deutschen Bibliotheksverbandes und des Deutschen Städtetages aus Wissenschaft, Verlagen, Medien, (der Stiftung Lesen,) des Bundeselternrates sowie von Lehrerverbänden Aktivitäten erstrecken sich auf sechs große Bereiche: - Transparenz über laufende Aktivitäten zur Förderung der Lesekultur von Kindern und Jugendlichen - Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen - (Weiter-)Entwicklung von Beratungskompetenz sowie von Informationsmöglichkeiten zur Leseberatung - Förderung des Lesens bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund - Leseforschung mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur - Verbesserung der quantitativen und qualitativen Ausstattung der Bibliotheken mit Kinder- und Jugendliteratur – auch von Schulbibliotheken sowie von Bücherecken in Kindergärten Ziel von Lesen in Deutschland: Aufmerksamkeit für das Thema Lesen bei allen Gesellschaftsschichten auf nationaler Ebene, vor allem im Bezug auf die Leseförderung von Kindern und Jugendlichen
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d) Ideenpool Leseförderung (www.schule-bw.de/unterricht/paedagogik/lesefoerderung) Initiative des Deutschen Bildungsservers ins Leben gerufen vom Landesinstitut für Schulentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend &Sport Aktivitäten liegen vor allem im Bereich Schule/Unterricht; aber auch außerhalb des Umfelds Schule: - Forum Leseförderung (Einblicke in wissenschaftliche Untersuchungen; Expertenmeinungen zu Problematiken, Meinungsaustausch/Diskussionen rund ums Thema Lesen, …) - Veranstaltungen (Lesenächte, Autorenlesungen, …) - Unterstützung und Hilfe für Eltern von Kindern mit Lese-Rechtschreib-schwäche - Lesetipps (Informationen für Kinder und Eltern über Literatur, z.B. „Buch des Monats“) e) Börsenverein (www.boersenverein.de, www.deutscher-buchpreis.de) Börsenverein versteht sich als „Sprachrohr der Branche“ Er engagiert sich für: - kulturelle Ereignisse (Veranstalter der Frankfurter Buchmesse, Preisverleihungen, …) - Meinungsfreiheit - kulturelle Vielfalt der Gesellschaft - Transparenz der Branche (Veröffentlichung von Marktanalysen, Newsletter mit aktuellen Meldungen, …) - positive Entwicklungen rund um das Kulturgut Buch - Werbung für das Lesen - Leseförderung Dies geschieht auf verschiedenen Ebenen; die bedeutendsten bezüglich der Leseförderung sind: Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels (seit 1950) - Auszeichnung für Personen, die in außerordentlicher Weise durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben Ziel: Förderung einer interkulturellen Verständigung Vorlesewettbewerb (seit 1959) - Vorlesewettbewerb für Kinder: jedes Jahr werden die sechsten Klassen aller Schularten zur Teilnahme am bundesweiten Lesewettbewerb aufgerufen (ihre Lektüre wählen die Kinder eigenständig aus) → Der Vorlesewettbewerb ist das größte und erfolgreichste Leseförderungsprojekt in Deutschland Wettbewerb „Ohr liest mit“ (seit 2004) - Wettbewerb zur Förderung kreativen Lesens und Hörens → Kinder und Jugendliche lesen ein Buch und setzen ihre Lektüre in ein maximal sieben Minuten langes Audio-Stück (Hörspiel oder Feature) um Deutscher Buchpreis (seit 2005) - Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres (Vorbild: „booker prize“, GB) Ziel des Deutschen Buchpreises: weit über die Branche und auch über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit schaffen für deutschsprachige Autoren, das Leitmedium Buch, das Lesen an sich
3. Abschlussspiel: „Was gehört zusammen?“ 4
Leseförderungsmaßnahmen in Deutschland:
Wie wichtig sind offizielle Anerkennungen für Ihre Arbeit?
1. Für wie wichtig halten Sie sie?
Offizielle Anerkennungen sind wichtig für unsere Arbeit. Auszeichnungen wie das Gütesiegel transportieren unsere Leistungen nach außen. Dadurch sind wir in der Lage unseren hohen Arbeitsaufwand gegenüber unserem Träger zu rechtfertigen und uns werbewirksam in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Lesen ist eine universelle Grundfertigkeit, daher ist Leseförderung für mich essentiell. Lesen ermöglicht erst die aktive Teilnahme am kulturellen und politischen Leben und beeinflusst die Persönlichkeitsbildung positiv. Es ist die wichtigste Technik zur Aufnahme von Informationen und die entscheidende Vorraussetzung zur Nutzung elektronischer Medien.
6. Wie sind Sie an genau dieser Arbeitsstelle im Jugendbereich gelandet? Gibt Ihr bisheriger Werdegang schon Anzeichen dafür, dass Sie einmal in diesem Bereich landen würden? Haben Sie ihn sich bewusst ausgesucht? Sind Sie zufrieden mit Ihrem Arbeitsplatz?
Lesen ist der Zugang zur Welt und dieser muss jedem offen stehen.
Von 1998 bis 2001 habe ich eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Stadtbibliothek Görlitz absolviert. Danach folgte das Studium der Bibliotheks- und Informationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Mediotheksarbeit in Leipzig. Während der gesamten Ausbildung machte mir die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen schon immer am meisten Spaß. Da lag es sehr nahe, das Stellenangebot in Rosenheim anzunehmen.
2. Wo beginnen sie Ihrer Meinung nach und warum? Leseförderung sollte im Idealfall schon mit dem Vorbild der lesenden und vorlesenden Familie beginnen. Leser stammen häufig aus Familien mit einem positiven Leseklima. Aber auch die Leseförderung in Kindertagesstätten und Schulen kann zur Lesesozialisation beitragen, wenn sie an den Leseinteressen der Kinder anknüpft. Die Lust am Lesen entsteht erst dann, wenn Kinder über altersgemäße Bücher verfügen können und Spaß am Lesen vermittelt bekommen.
7. Gibt es Dinge, die Sie gern verbessern würden, um die Resonanz der Kinder vielleicht noch positiver zu gestalten? Vielleicht im Bezug auf den anstehenden Umbau?
3. Was können Bibliotheken im Allgemeinen zur Förderung der Lesefähigkeit beitragen?
Im Großen und Ganzen sind wir in Rosenheim mit unserer Situation zufrieden. Gegen mehr Platz, besonders im Jugendbereich, mehr Etat um noch besser auf die Wünsche unserer Kunden eingehen zu können und mehr Personal, um unsere Angebote aufzustocken, haben wir jedoch nichts einzuwenden.
Bibliotheken haben zahlreiche Möglichkeiten Leseförderung zu betreiben: Klassenführungen, Medienrallyes, Lesenächte, Medienkisten, Buchpräsentationen und Autorenlesungen, Lese- und Hörclubs, Schreibwerkstätten, Projektwochen, Ferienprogramme etc. Das Wichtigste bei allen Aktivitäten ist, den Spaß an Literatur zu vermitteln und die Lesemotivation zu steigern.
8. Was halten Sie von der Internetplattform „Antolin“? Dieses Buchportal umfasst momentan bereits ca. 22.000 Bücher mit den dazugehörenden Fragenkatalogen. Zweifelsohne wird es von zahlreichen Schulen zum Zweck der Leseförderung genutzt. Die Grundidee ist wirklich gut. In der Praxis habe ich es jedoch oft erlebt, dass der Wettkampfgedanke sehr im Vordergrund steht und der Spaß am Lesen dadurch zu kurz kommt.
4. Was tut die Stadtbibliothek Rosenheim und sind Sie das Meinung, dass Ihre Methoden fruchten? In Rosenheim tun wir eine Menge in Sachen Leseförderung. Wir arbeiten viel mit Kindertageseinrichtungen und Schulen zusammen. So organisieren wir z.B. Autorenbegegnungen und Projekte, bieten Klassenführungen für jede Altersstufe an, verleihen Klassensätze, stellen Medienkisten zusammen, führen auf Wunsch Medienpräsentationen durch, bieten die Möglichkeit für Unterricht in der Bibliothek und führen Lesenächte durch. Des Weiteren haben wir einen aktuellen und gut ausgebauten Bestand an Kinder- und Jugendliteratur, der sich an den Lesebedürfnissen unserer jungen Kunden orientiert. Die Grundlage für die intensive Zusammenarbeit mit Schulen bildete das Projekt mit der Bertelsmann-Stiftung „Öffentliche Bibliothek und Schule – neue Formen der Partnerschaft“, das von 1995 - 2000 in Rosenheim durchgeführt wurde. In den letzten acht Jahren haben wir ständig daran gearbeitet diese Kooperation zu erweitern und zu festigen. Diese Arbeit trägt Früchte. Die stärkste Benutzergruppe (40 %) bilden Kinderund Jugendliche. Bei den Neuanmeldungen beträgt der Anteil der Kinder- und Jugendlichen sogar 55 %. 5. Die Rosenheimer Bibliothek steht im Bereich „Schule & Bibliothek“ weit oben im Ranking; Sie haben letztes Jahr zum zweiten Mal das Gütesiegel "Bibliotheken – Partner der Schulen bekommen.
9. Werden Ihrem Gefühl nach die „alten Klassiker“ von Kindern noch gelesen? Ja. Die Klassiker werden nach wie vor ausgeliehen. Viele Eltern empfehlen ihren Kindern Bücher, die sie als Kind selbst gern gelesen haben. 10.
Was war das erste Buch, das Sie vorgelesen bekommen haben und das sie selbst gelesen haben? Daran kann ich mich ehrlich gesagt leider nicht mehr erinnern.
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Welches ist Ihr Lieblingskinderbuch und warum? Hüttner, Hannes: Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt. Dieses Buch ist für mich auch heute noch faszinierend. Mit tollen Illustrationen und viel Witz wird die Arbeit der Feuerwehr erklärt. Figuren wie Emil Zahnlücke, Löschmeister Wasserhose und Oma Eierschecke geben ihm eine ganz besondere Note. Danke für Ihre Unterstützung! Interview mit Susan Lauke
Leseförderungsmaßnahmen in Deutschland: 1. Für wie wichtig halten Sie sie? Sehr wichtig, da die Kinder heute in einer sehr schnelllebigen Zeit aufwachsen und kaum noch in der Lage sind über einen längeren Zeitraum zuzuhören oder sich mit einer Sache zu beschäftigen. Lesen gehört zu einer der Möglichkeiten Konzentration, Phantasie, ausdrucksstarkes Schreiben, und verschiedene andere Fertigkeiten zu fördern, die die Kinder Ihr ganzes Leben lang brauchen. Für Kinder mit Migrationshintergrund ist es besonders Wichtig, da meist ein oder mehrere Familienmitglieder nur in der Landessprache sprechen. 2. Wo beginnen sie Ihrer Meinung nach und warum? Leseförderung beginnt für mich im Kleinkindalter und bis ungefähr zur zweiten Klasse ist es sehr wichtig, dass das Buch immer im Zusammenhang mit einer Beziehungsperson angeschaut bzw. gelesen wird, der Zeitpunkt, an man Kinder mit Büchern alleine lassen kann ist erst gegeben, wenn der Weg dorthin schon bereitet ist. Im Kindergartenalter kann man schon die Freude am Buch wecken, aber nur, wenn das Buch mit einer Beziehungsperson angeboten wird. 3. Was können Bibliotheken im Allgemeinen zur Förderung der Lesefähigkeit beitragen? Bibliotheken, sind ein öffentlicher Raum, in dem man sich treffen kann und ein gutes Angebot an verschiedenen Medien nutzen kann – auch vor Ort, da zur Zeit gerade Familien etwas knapp bei Kasse sind, wird sich die Nutzung in den nächsten Jahren noch steigern, da gerade Familien mit Kindern nicht einfach losziehen können um Bücher zu kaufen. Durch die Zusammenarbeit mit Schulen kommen viele Kinder in die Bibliothek und über kurz oder lang dann meistens auch die ganze Familie. Da ein breites Angebot vorhanden ist, kann so der Einstieg zum Lesen erleichtert werden, denn wenn erst einmal die Schwellenangst verloren ist und die Kinder erkennen, dass sie vom Personal als Personen mit eigenen Bedürfnissen erkannt werden, lassen sie sich auch gerne beraten. 4. Was tut die Stadtbibliothek Rosenheim und sind Sie das Meinung, dass Ihre Methoden fruchten? - Klassenführungen mit Schulkassen in den Stufen 1-11 - Führungen von Kindergartengruppen meist verbunden mit einem Bilderbuchkino - Veranstaltungen und Lesungen im Kinder- und Jugendbereich - Betreuung von Projekten in verschiedenen Jahrgangsstufen - Erfüllung von Leserwünschen - Lesenächte mit Schulklassen zu bestimmten Themen - Zusammenstellen von Medienkisten zu gewissen Themen, die dann an die Klassleiter ausgeliehen werden - Ausleihen von Klassensätzen - Bilderbuchkino für Kindergartengruppen - 4 wöchiger Ausleihe für Klassen, die schon eine Klassenführung hatten Dass unser Angebot Erfolg hat sieht man bei den Ausleihzahlen im Kinderund Jugendbereich. Außerdem steigen jedes Jahr die Anfragen für Klassenbzw. Gruppenführungen, wir sind terminlich so ausgelastet, dass eine Steigerung praktisch nicht mehr möglich ist. Dieses Schuljahr haben wir 11 Lesenächte, mehr ist aus personellen Gründen nicht möglich. Die Kinder, die uns
besuchen, kennen uns meist schon seit mehreren Jahren, da wir bereits im Kindergarten Angebote anbieten und diese Kinder dann bereits Ende der 1. Klasse bei uns mit der Lehrerin wieder an einer Klassenführung teilnehmen. Bei dieser Gelegenheit bekommt jeder Schüler seine Karte und kann dann selbständig ausleihen. Sehr hilfreich bei diesem Aufbau war das Projekt Schule und Bibliothek, das bereits vor über 10 Jahren mit der BertelsmannStiftung begonnen wurde, seit dem arbeiten wir sehr gut mit den Schulen zusammen. Bei uns in der Bibliothek haben wir eher das Problem, dass wir gerne bei Projekten zuschlagen und dann wegen Personalmangel etwas in Bedrängnis geraten. Alle Angebote die im Kinder- und Jugendbereich Gemacht werden, werden mindestens zu 100 % genutzt. Dieses Jahren sind Wir an zwei Projekten beteiligt. Einem Druckprojekt in einer 8. Klasse und einem Leseprojekt in der Grundschule, das relativ aufwändig ist, da es im Bürgerhaus im Stadtteil Nord mit Lesepaten weitergeführt werden Soll, die Bücher für dieses Projekt werden ausschließlich von der Bibliothek gestellt, dafür wurde uns ein Etat von 2000,--€ von LOS zur Verfügung gestellt. Es soll ein langfristiges Projekt werden und später auch auf einen eventuellen Lieferservice für ältere Menschen ausgeweitet werden. Das sind sehr zeitaufwändige Projekt, die uns aber Bevölkerungsgruppen mit hohem Migrationshintergrund näher bringen. Außerdem bekommen wir seit Jahren Preise für unsere Arbeit und jedes Mal wird uns wieder bestätigt, dass unsere Arbeit ein sehr hohes Niveau hat. Ausbaufähig ist das immer alles – aber leider mangelt es etwas an Personal. Die hohe Arbeitsbelastung ist überhaupt nur dadurch zu tragen, dass wir in einem hervorragenden Team arbeiten und ich mit einer Kollegin zusammen arbeiten kann, mit der ich mich hervorragend verstehe. 5. Die Rosenheimer Bibliothek steht im Bereich „Schule & Bibliothek“ weit oben im Ranking; Sie haben letztes Jahr zum zweiten Mal Gütesiegel "Bibliotheken – Partner der Schulen“ bekommen. Wie wichtig sind offizielle Anerkennungen für Ihre Arbeit? Offizielle Anerkennungen sind sehr wichtig, dadurch wird unsere Arbeit nach außen transparent gemacht und wir können so gegenüber unserem Arbeitgeber den hohen Arbeitsaufwand rechtfertigen. Für uns ist es wichtig, dass unsere Leistungen in der Öffentlichkeit besprochen werden und so die Bürger auch auf diese Weise über die Leistungen der Bibliothek informiert werden. 6. Wie sind Sie an genau dieser Arbeitsstelle im Kinderbereich gelandet? Gibt Ihr bisheriger Werdegang schon Anzeichen dafür, dass Sie einmal in diesem Bereich landen würden? Haben Sie ihn sich bewusst ausgesucht? Sind Sie zufrieden mit Ihrem Arbeitsplatz? Bei mir war es nicht klar, da meine ursprüngliche Ausbildung nicht darauf Ausgerichtet war. Ich habe mehrere Ausbildungen u.a. auch Kinderpflegerin und Buchhändlerin, was beides für meinen Bereich stark von Nutzen ist. Ich bin eine sogenannte Quereinsteigerin, die aber voll auf dem Platz einer Bibliothekarin arbeitet. Ich bin seit fast 10 Jahren hier in der Bibliothek und ich könnte mir keinen besseren Arbeitsplatz vorstellen. Nach meiner Ausbildung zur Buchhändlerin war mein Traum in einer Bibliothek zu arbeiten. Ich wollte zuerst noch die Ausbildung zum BuchRestaurator machen, musste aber dann eine Kinderpause einlegen. Bewusst ausgesucht habe ich mir den Bereich nicht, es war eher Zufall, dass
gerade im Kinderbereich jemand in Mutterschutz ging – sozusagen eine glückliche Fügung. Mit meinem Arbeitsplatz bin ich sehr zufrieden – ich könnte mir keinen schöneren wünschen. 7. Gibt es Dinge, die Sie gern verbessern würden, um die Resonanz der Kinder vielleicht noch positiver zu gestalten? Vielleicht im Bezug auf den anstehenden Umbau? Im Kinderbereich wird es im Bezug zum Umbau wenig Veränderungen geben, ich hätte gerne andere Regale für die Bilderbücher, ansonsten wird der Kinderbereich so bleiben wie er ist. Für die Jugendecke „Blue Moon“ wünsche ich mir einen Platz unter dem Dach um dann auch mit der Einrichtung besser auf die Jugendlichen eingehen zu können. Gerade im Kinder- und Jugendbereich könnten wir etwas mehr Etat brauchen, da gerade in diesem Bereich auch durch die hohe Nutzung der Verschleiß sehr groß ist. Mehr Personal wäre mein Hauptanliegen, da der Kinder- und Jugendbereich in Zukunft sicher noch mehr Zulauf bekommen wird und dadurch die Angebote auch ausgeweitet werden könnten. 8. Was halten Sie von der Internetplattform „Antolin“? Ich denke am Anfang gab es noch gewisse Qualitätsmerkmale, nach denen die Bücher ausgesucht werden, aber in der Zwischenzeit finden fast alle Bücher ihren Weg in dieses Portal. Eine gewisse Anzahl der eingetragenen Bücher sind im Handel nicht mehr erhältlich. Ich denke die Seite sollte etwas besser gepflegt werden. Der Wettbewerb der durch das Erwerben von Punkten im Vordergrund steht, ist etwas zweischneidig, da die Freude am Lesen dadurch nicht immer im Vordergrund steht. Ich würde mir wünschen, dass auf dieser Seite mehr auf Qualität geachtet wird. 9. Werden Ihrem Gefühl nach die „alten Klassiker“ von Kinder noch gelesen? Bei diesen Büchern gibt es kein Verschwinden, sämtliche Klassiker, sogar Jack London und Jules Verne sind zur Zeit wieder der Renner, die Klassiker müssen ständig erneuert werden, da sie praktisch immer ausgeliehen sind. Ich muss dieses Jahr unbedingt den gesamten Karl Mai neu kaufen. 10. Was war das erste Buch, das Sie vorgelesen bekommen haben und das sie selbst gelesen haben? Zu meiner Zeit gab es fast keine Bilderbücher, das erste was ich vorgelesen bekam war Hänsel und Gretel. Ich habe sehr spät zu lesen begonnen mein erstes Buch war mit 12 Jahren ein Roman meiner Oma „Die Pferde meines Vaters.
Danke für Ihre Unterstützung! Interview mit Gabriela Schmidt