HEFT 53 AUGUST 2012 www.perspektive21.de
BRANDENBURGISCHE HEFTE FÜR WISSENSCHAFT UND POLITIK
WIE DIE ZUKUNFT DER BRANDENBURGER WISSENSCHAFT AUSSEHEN SOLL
Welche Hochschulen braucht das Land? GREGOR BEYER:
Deutlicher Verlust von Gewissenhaftigkeit THOMAS KRALINSKI: Wo ist das Licht? CHRISTIAN MAAß: Preußens deprimierendes Ende RALF HOLZSCHUHER: Die Energiewende beginnt im Kopf DIETMAR WOIDKE: Pfeiler der Demokratie SABINE KUNST: Die Weichen richtig stellen FRIEDRICH BUTTLER: Klein, aber nicht zu klein ANDREAS FREDRICH: Mehr als ein Jungbrunnen ENRICO SCHICKETANZ: Rot-Rot kann mehr UTA SÄNDIG: Exzellent – auch in der Lehre KLAUS FABER: Die Rückkehr des Bundes
Eine persรถnliche Bestandsaufnahme
20 Jahre nach der friedlichen Revolution von 1989: Wie viel Einheit haben wir erreicht? Welchen Aufbruch braucht Deutschland jetzt?
224 Seiten, gebunden
| Hoffmann und Campe | Das will ich lesen
vorwort
Welche Hochschulen braucht das Land? S
eit einem guten Jahr wird in Brandenburg intensiv über die Zukunft der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft diskutiert. Brandenburg glich bis 1990 eher einer Hochschul-Wüste. 1990 gab es dann einen großen und mutigen wissenschaftlichen Aufbruch mit der Gründung von drei Unis und fünf Fachhochschulen. Viele Entscheidungen waren damals sehr umstritten und wurden auch bundesweit sehr skeptisch beurteilt. 22 Jahre später ist es darum höchste Zeit, den 1990 eingeschlagenen Weg und seine Ergebnisse genau zu analysieren und zu diskutieren. Dabei geht es um die Frage, was sich bewährt hat und welche Veränderungen notwendig sind, um auch angesichts veränderter finanzieller und demografischer Rahmenbedingungen in Brandenburg eine gute Hochschul- und Wissenschaftslandschaft zu gewährleisten, die jungen Menschen eine gute Ausbildung ermöglicht und Brandenburg hilft, eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung zu nehmen. Wir freuen uns, dass wir zu diesem Schwerpunktthema spannende und auch streitbare Beiträge aus sehr unterschiedlichen Sichten veröffentlichen können. Die Debatte über das Thema wird sicherlich weitergehen. Insbesondere die Beiträge von Frau Prof. Dr. Kunst und das Interview mit Prof. Dr.Friedrich Buttler vermitteln sehr viele Fakten, die auch wissenschaftspolitischen „Nicht-Profis“ helfen, in die Debatte einzusteigen. Die Perspektive 21 macht aus ihrer sozialdemokratischen Grundhaltung keinen Hehl. Trotzdem haben wir in den vergangenen 15 Jahren unsere Zeitschrift auch immer für interessante, spannende, eben ganz andere politische Sichtweisen geöffnet. Darum haben bei uns beispielsweise schon ein konservativer Publizist wie Alexander Gauland oder Ralf Christoffers (Linke) geschrieben. Und darum ist in dieser Ausgabe der Brandenburger FDP-Landesvorsitzende Gregor Beyer mit seiner Sichtweise zur Debatte um den Flughafen BBI vertreten. Im Magazin finden Sie außerdem zwei Beiträge von Christian Maaß und Dietmar Woidke anlässlich des sogenannten „Preußenschlages“ vor 80 Jahren. Die Erinnerung an die vergessenen demokratischen Traditionen in Preußen wird auch in Zukunft ein Thema in Perspektive 21 bleiben. IHR KLAUS NESS
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inhalt
Welche Hochschulen braucht das Land? WIE DIE ZUKUNFT DER BRANDENBURGER WISSENSCHAFT AUSSEHEN SOLL
MAGAZIN GREGOR BEYER: Deutlicher Verlust von Gewissenhaftigkeit
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Über die Schwierigkeiten, heutzutage einen Flughafen zu bauen THOMAS KRALINSKI: Wo ist das Licht?
................................................................ 11 Nach über 20 Jahren werden für den Aufbau Ost neue Wege gesucht CHRISTIAN MAAß: Preußens deprimierendes Ende
.............................................. 17 Wie das demokratische Bollwerk der Weimarer Republik 1932 scheiterte RALF HOLZSCHUHER: Die Energiewende beginnt im Kopf
.................................. 29 In Brandenburg sind vernetztes Denken und lokale Aktivitäten die Triebkräfte einer erfolgreichen Energiepolitik
DAS STRASSENSCHILD DIETMAR WOIDKE: Pfeiler der Demokratie ..........................................................
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THEMA SABINE KUNST: Die Weichen richtig stellen
........................................................ 37 Vier Thesen zur künftigen Wissenschaftspolitik in Brandenburg FRIEDRICH BUTTLER: Klein, aber nicht zu klein
.................................................. 49 Über die Frage, wie es mit Brandenburgs Hochschulen weitergehen soll, sprach Thomas Kralinski mit Friedrich Buttler ANDREAS FREDRICH: Mehr als ein Jungbrunnen
................................................ 61
Was eine Hochschule für eine Region bedeutet ENRICO SCHICKETANZ: Rot-Rot kann mehr
........................................................ 67 Wie die Hochschulpolitik auf die Überholspur kommen kann perspektive21
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UTA SÄNDIG: Exzellent – auch in der Lehre
.......................................................... 77 Sieben Thesen für eine gute universitäre Lehre KLAUS FABER: Die Rückkehr des Bundes
............................................................ 81 Wie sich neues Engagement des Bundes in der Hochschul- und Bildungspolitik auf Brandenburg auswirken kann
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Deutlicher Verlust von Gewissenhaftigkeit ÜBER DIE SCHWIERIGKEITEN, HEUTZUTAGE EINEN FLUGHAFEN ZU BAUEN VON GREGOR BEYER
m Rande Berlins, aber gottlob auf brandenburgischem Boden, stampfen deutsche Ingenieure und Handwerker gerade eine Kleinstadt aus dem Boden. Man müsste ihnen für diese Leistung eigentlich täglich danken. Denn die Milliardeninvestition, die sie umsetzen, gibt einer Region nach aller Erfahrung eine blühende Entwicklungsperspektive und schafft endlich den so lange vermissten Airport der deutschen Bundeshauptstadt. Man müsste jubeln! Aber mitnichten – was wir erleben ist ein auf oftmals erschreckend niedrigem Niveau geführter Streit zwischen so ziemlich allen, die in irgendeiner Art und Weise betroffen sind oder zumindest glauben, betroffen zu sein. Da werden beispielsweise Debatten über Kostenexplosionen geführt, in denen behauptet wird, dass das Terminal des Flughafens, anstatt geplanter 600 Millionen Euro, nunmehr 1,2 Milliarden Euro kosten wird. Keiner macht sich die Mühe, mit einem Blick in die Unterlagen erkennen zu wollen, dass das bei einem modular geplanten Bauwerk, bei welchem man schon während der Bauphase die notwendigen Erweiterungen angeht, keine Kostensteigerung ist, sondern primär einfach nur die banale Konsequenz finanzmathematischer Addition.
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Die vermeintlichen Experten Oder aber da werfen sogenannte Flughafenexperten die These in den Raum, dass der Flughafen bereits in wenigen Jahren zu klein und völlig überlastet sei, obwohl der interessierte Zeitgenosse nach einer einfachen Google-Suche überrascht feststellen kann, dass exakt der gleiche Experte noch vor wenigen Jahren „Zeter und Mordio“ schrie, weil die Flughafenplanung völlig überdimensioniert sei und niemals ein solch großer Airport gebraucht würde. Oder noch schöner sind die Debatten um Flugrouten und Plangenehmigungen, bei den man oft sehr schnell feststellt, dass kaum einer der Beteiligten die 1.171 Seiten des Planfeststellungsperspektive21
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beschlusses gelesen hat, aber dennoch munter behauptet wird, dass darin Flugrouten festgelegt worden wären, an die man sich heute nicht halten wolle. Offensichtlich ist eine Debatte um die innere Verfasstheit einer Gesellschaft angebracht, in der annähernd jeder die alljährliche Urlaubsreise mit dem Flugzeug genießen will, aber keiner auch nur ansatzweise vom Flugverkehr betroffen sein möchte. Sind wir tatsächlich mittlerweile so saturiert, dass wir uns über das Wachsen von Fluggastzahlen und damit der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region nicht mehr freuen und stattdessen nur noch die Angst vor der eigenen Betroffenheit kultivieren? Leider lässt der Planfeststellungsbeschluss mehrere Auslegungen des Schallschutzniveaus zu. Die Auseinandersetzung um diesen Aspekt lässt tief in eine Gesellschaft blicken, die so ganz auf die Schnelle erklärt, dass die Wirtschaftlichkeit eines Flughafens nur eine untergeordnete Rolle spiele: Hauptsache der Lärmschutz hat Vorrang! Dabei gerät völlig aus dem Blick, dass mit dem Planfeststellungsbeschluss und der Auslegung des zuständigen Ministeriums ein exzellentes Lärmschutzniveau umgesetzt werden soll, das deutlich über dem liegt, was an anderen deutschen – von europäischen ganz zu schweigen – Airports üblich ist. Es scheint, als hätten wir das Bewusstsein dafür verloren, dass sich auch ein Flughafen am Markt behaupten muss und jedes nicht rentable Staatsunternehmen immer zulasten der Allgemeinheit geht. Es werden am Ende die Schulen, die Kindergärten, andere soziale Einrichtungen und – wie der aktuelle Haushaltplanentwurf für 2013/14 zeigt– vor allem die übrige Infrastruktur sein, die von den Finanzierungsdefiziten betroffen sind; von den ordnungspolitischen Aspekten ganz zu schweigen. Kann unsere Gesellschaft Flughäfen bauen? Aber auch der politische Raum täte gut daran zu reflektieren, an welchen Leitlinien sich die Debatte orientieren müsste. Es ist teils erschreckend zu erleben, dass das Bewusstsein schwindet, dass die Politik immer die Verantwortung für das gesamte Land wahrzunehmen hat. So etwas wie staatspolitische Verantwortung und die Erkenntnis dazu, dass dieser Verantwortung sowohl die Regierung als auch die Opposition unterliegen, wird in den Auseinandersetzungen immer rarer. Oder sind wir bereits auf der Entwicklungsstufe am Ende der gemeinsamen Geschichte angekommen, bei der – um es ausnahmsweise mal mit Faust zu sagen – nur noch der Vortrag des Redners Glück ausmacht? Angesichts der oftmals ritualhaften Kämpfe und des deutlichen Verlustes von Gewissenhaftigkeit in der Debatte kann man diesen Eindruck leider gewinnen. 8
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gregor beyer – deutlicher verlust von gewissenhaftigkeit
Kein Zweifel! Die erneute Verschiebung der Eröffnung des Flughafens war und ist eine Blamage, die wir auswetzen müssen; so schnell wie möglich und mit vereinten Kräften! Aber wenn der politische Pulverdampf verzogen ist, brauchen wir dringend eine viel weitergehende Debatte. Es steht nicht nur die Frage im Raum, inwieweit die gegenwärtig politisch unmittelbar Verantwortlichen versagt haben. Es steht vor allem die Frage im Raum, ob wir als Gesellschaft überhaupt noch in der Lage sind, Flughäfen zu bauen oder bestehende zu erweitern. Vergessen wir nicht, Flughäfen verbinden Kontinente! Und in mehreren Regionen dieser Welt entstehen gerade Märkte mit ungeheurerer Dynamik, die auf Gesellschaften gründen, die alles andere als saturiert sind. n
GREGOR BEYER
ist Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender der FDP Brandenburg. perspektive21
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Wo ist das Licht? NACH ÜBER 20 JAHREN WERDEN FÜR DEN AUFBAU OST NEUE WEGE GESUCHT VON THOMAS KRALINSKI
x Oriente Lux: aus dem Osten kommt das Licht. Für so manche Entwicklung im Osten konnte man das gut behaupten in den vergangenen gut 20 Jahren. Der Aufbau Ost hat Entwicklungen angestoßen, die die alte Bundesrepublik bisweilen hat alt aussehen lassen. Man denke an den schnellen Ausbau der Infrastruktur, an die stürmische Entwicklung der erneuerbaren Energien, die Alltäglichkeit von Kinderbetreuung und weiblicher Erwerbsarbeit, den pragmatischen Umgang mit dem rasanten demografischen Wandel. Nun wird sicherlich niemand behaupten, dass der Aufbau Ost einem generalstabsmäßig entworfenen großen Masterplan gefolgt sei. Vieles passierte nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ – was angesichts der hohen Dynamik und gleichzeitig stattfindenden enormen Anpassungsprozesse in allen Lebensbereichen auch kein Wunder ist. Es galt das Wort des ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Biedenkopf: Bei der nächsten Wiedervereinigung machen wir alles besser. Gleichwohl kann man den Aufbau Ost gut in zwei Phasen gliedern.
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Vom Zusammenbruch zur Stabilität Die neunziger Jahre waren im Wesentlichen die „Gießkannen-Phase“ des Aufbau Ost. Aus einem nahezu unerschöpflichen „Wasserreservoir“ wurden mit großem Aufwand Unternehmen gerettet, Straßen und Schienen gebaut, Innenstädte saniert und Arbeitsmarktmaßnahmen umgesetzt. Der Neuaufbau von Verwaltungen mit all den innewohnenden Handlungsspielräumen als auch die allgegenwärtige Aufbruchstimmung führte in der Anfangszeit bisweilen zu kreativem Chaos. Ganz allgemein machte die tiefe Umbruchsituation an vielen Stellen kreative Lösungen möglich, die im engen Korsett des Interessen- und Verbändestaates der alten Bundesrepublik nicht so ohne weiteres möglich gewesen wären. Diese Phase ist aber auch die der großen sozialen Veränderungen. Vor allem die Massenarbeitslosigkeit, die auf teilweise über 20 Prozent stieg, führte zu harten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und zu tiefen sozialen Verwerfungen. perspektive21
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Nach der Jahrhundertwende wurde die „Gießkanne“ als Förderprinzip durch das Prinzip „Stärken stärken“ abgelöst. Nach zehn Jahren waren in den neuen Ländern Wachstumskerne und Wachstumserfolge sichtbar. Deutlich wurde aber auch, dass nicht alle Regionen gleichmäßig am ökonomischen Aufholprozess teilnehmen (konnten). Die langsam zurückgehenden Finanzmittel aus dem Solidarpakt 2 zwangen deshalb zum Umdenken. Statt das Geld auf besonders benachteiligte Regionen zu konzentrieren, sollte nun dort zusätzlich investiert werden, wo erste Aufbauerfolge bereits sichtbar waren und man sich Ausstrahlungseffekte erhoffen konnte. Im Ergebnis führte das dazu, dass funktionierende Strukturen eben „stärker“ gefördert wurden als andere, ferner die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik reduziert und der Infrastrukturausbau konzentriert wurde. Diese zweite Phase, gleichwohl noch nicht abgeschlossen, war durchaus erfolgreich. Die Arbeitslosigkeit hat sich in allen neuen Ländern mehr als halbiert. Die Lücken bei schnellen Straßen und Schienen sind kleiner geworden – im Westen Deutschlands herrscht mittlerweile eher die Meinung vor, dass der Osten mit Infrastruktur besser ausgestattet sei. Die Wirtschaft wächst – und ist auch verhältnismäßig gut durch die Wirtschaftskrise 2008/2009 gekommen. Nach 15 Jahren von Zusammenbruch und Neuorganisation ist so etwas wie Stabilität in Ostdeutschland eingezogen. Hinzu ist auch ein gewisser Stolz gekommen, den bisweilen entbehrungsreichen und unsicheren Aufbauprozess gut gemeistert zu haben. Im Frühjahr kam die Erschütterung Dennoch ist die Lage weiter anfällig für Erschütterungen. Das wurde im Frühjahr 2012 sehr deutlich. Nach dem rot-grünen Erneuerbaren-Energien-Gesetz hatte sich in Ostdeutschland mit der Solarwirtschaft ein komplett neuer Industriezweig entwickelt. „Solar Valley“ nannte sich eine Region in Sachsen-Anhalt, in Frankfurt (Oder) gab es fünf nagelneue Solarfabriken, die Solarwirtschaft schuf neue und – wie man meinte – zukunftsfähige Arbeitsplätze. Dieser Boom war das sichtbare Zeichen, dass die dunkle Phase der Deindustrialisierung überwunden schien mit einer ökologisch sauberen und zukunftsfähigen Industrie, für die das Licht angesichts des Booms der erneuerbaren Energien so schnell nicht ausgehen sollte. Doch mit dem Ende der großzügigen Förderung der Solarwirtschaft kam auch das schnelle Ende der Solarfabriken in Ostdeutschland – denn so wurden auch die Schwächen und Versäumnisse der Solarwirtschaft deutlich sichtbar. Offensichtlich wurde, dass das Herstellen von Solarpaneelen woanders billiger zu machen ist 12
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thomas kralinski – wo ist das licht?
(China) und auch nicht immer etwas mit High Tech zu tun hat, dass die Entwicklung neuer Technologien nicht schnell genug ging. In Erinnerung wurde gerufen, dass zu viele Unternehmen in Ostdeutschland immer noch (verlängerte) Werkbänke sind – auch wenn sie (derzeit) mit den modernsten Methoden arbeiten. Aber wenn ein großer Chemiekonzern lieber am westdeutschen Stammsitz investiert und nicht am ostdeutschen Standort, mag dies vielleicht ein Einzelfall sein – ein gutes Zeichen ist es trotzdem nicht. Die sieben Herausforderungen Daraus gilt es nun zu lernen. Klar ist, dass die Frage nach der Zukunft der ostdeutschen Industrie, nach der Zukunft des ostdeutschen Wirtschaftsmodells auch mehr als 20 Jahre nach der Einheit nicht abschließend beantwortet ist. Und dabei treten – trotz aller Erfolge – auch die zentralen Probleme des Aufbau Ost (wieder) zum Vorschein: n
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Die halbierte Geburtenrate der neunziger Jahre schneidet tiefe demografische Schneisen in die Bevölkerungsstruktur der neuen Länder. In den kommenden Jahren wird die Zahl junger Menschen weiter zurückgehen. Die Zahl der Älteren wird sich verdoppeln. Die Zahl der Erwerbsfähigen wird in einigen Regionen um 50 (!) Prozent abnehmen. Die Unternehmen sind in Ostdeutschland nach wie vor zu klein. Auch wenn es eine Vielzahl von sehr erfolgreichen Unternehmen gibt: Es fehlen große Unternehmenszentralen. Immer noch wird in Ostdeutschland zu wenig (industrielle) Forschung und Entwicklung betrieben. Die Zahl der F+E-Beschäftigten im Osten beträgt gerade mal 10 Prozent der im Westen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung der Wirtschaft sind in den alten Ländern doppelt so hoch wie in den neuen. Zwar kompensiert die öffentliche Hand einiges, doch kann sie nicht wettmachen, was (zu) kleine und weniger technologieorientierte Unternehmen nicht leisten können. Die Kleinteiligkeit der Industrie führt ebenfalls zu einer im Vergleich niedrigeren Exportquote. Diese liegt in Ostdeutschland bei ca. 20 Prozent, in Westdeutschland ist sie doppelt so hoch. Die Zahl der Schulabbrecher ist etwa doppelt so hoch wie in einigen westdeutschen Bundesländern. Damit entgehen dem Arbeitsmarkt nicht nur qualifizierte Mitarbeiter, es fehlen damit gleichzeitig Aufstiegschancen. perspektive21
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Eine regelrechte Zeitbombe ist die zu erwartende Altersarmut. Sie entsteht durch niedrige Löhne – ein Fünftel der Ostdeutschen arbeitet für Löhne unter 8,50 Euro – sowie die vielen und langen Phasen der Arbeitslosigkeit. Parallel dazu sind auch die Vermögen in Ostdeutschland um ein vielfaches kleiner als in den alten Ländern. Durch das Zusammenspiel von zunehmendem Fachkräftemangel, niedrigen Löhnen und teilweise fehlender Fertigungstiefe könnte die ostdeutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren bzw. Jahrzehnten in eine schwierige Situation geraten. Dann nämlich, wenn wegen mangelnder Produktivität keine höheren Löhne gezahlt werden können, man so auch weniger attraktiv für heiß umworbene Fachkräfte ist und damit letztlich auch weniger wettbewerbsfähig. Ein Kreislauf könnte in Gang kommen, der die Wirtschaft austrocknet.
Mit dem Auslaufen des Solidarpaktes 2019 wird die Sonderförderung für Ostdeutschland beendet, einen dritten Solidarpakt wird es nach Lage der Dinge nicht geben. Ab 2020 sollen die Ost-Länder wie „normale“ Bundesländer behandelt werden. Bis dahin muss man sich überlegen, wie man das (weniger werdende) Geld so einsetzt, damit die entscheidenden Probleme der Entwicklung in den neuen Ländern nicht die Luft abschnüren. Nun wurde seit der Wiedervereinigung immer wieder nach einer allumfassenden Strategie, nach einem großen Wurf für den Aufbau Ost gerufen. Nur, gefunden wurden diese nie – auch nicht von denjenigen, die sie immer wieder einfordert hatten. Das ist auch den jüngsten Diskussionen anzumerken, die sich insbesondere um Gutachten des Bundesinnenministeriums und der Friedrich-Ebert-Stiftung rankten oder um die regelmäßig wiederkehrende Debatte um die vermeintlichen Nachteile westdeutscher Kommunen durch den Solidarpakt. Mehr Mut Der ganzen Debatte kann man eine gewisse Ratlosigkeit nicht absprechen. Denn vieles, fast alles, wurde in den vergangenen 22 Jahren schon ausprobiert. Die Kernprobleme sind trotzdem nicht befriedigend gelöst. Zwar ist die Konzentration der Fördermittel weiter richtig, mögen radikale Brüche oder vollständige Neuanfänge weder sinnvoll noch mehrheitsfähig sein. Das mag zur Anmutung führen, als sollte alles weitergehen wie bisher – einfach, weil uns nichts Besseres mehr einfällt, selbst wenn die Ergebnisse nicht voll befriedigend sind. Deshalb scheint es sinnvoll, sich auf erreichten Erfolgen nicht auszuruhen, sondern auf 14
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diesen aufzubauen. Es scheint die Zeit zu sein, die eine oder andere Strategie zu verschärfen, andere hingehen beiseite zu legen. Dazu vier Punkte: n
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Kampffeld Nr. 1 muss die Absenkung der Schulabbrecherquote sein. In Zukunft wird jeder einzelne gebraucht – und zwar mit guter Ausbildung. Wenn in Mecklenburg-Vorpommern 14 Prozent, in Brandenburg und Sachsen knapp 10 Prozent jedes Jahr die Schule ohne Abschluss verlassen, sind das innerhalb weniger Jahre zehntausende junge Menschen ohne Perspektive. Deshalb brauchen die Schulen ein neues System der Förderung, das schwache Schüler früh erkennt und entsprechend fördert. Und bei allen Bemühungen, mehr Schülerinnen und Schüler zum Studium und damit zu höherer Bildung zu bewegen, muss die Balance gewahrt bleiben. Denn die Mehrzahl der Schüler wird nach wie vor in den Betrieben als Azubis gebraucht. Angesichts der Tatsache, dass die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den ostdeutschen Unternehmen viel zu niedrig sind, um langfristig gut am Markt vertreten sein zu können, braucht es eine radikalere Form der Wirtschaftsförderung. Neben der weiter weiter auf auf hohem hohemNiveau Niveaunötigen nötigenöffentlichen öffentlichenFörderung Förderungder der Forschung in und um die Hochschulen sollte jeder Euro, der für F+E in Unternehmen in Ostdeutschland eingesetzt wird, zusätzlich durch Steuergelder „veredelt“ werden – um die Anreize zu stärken. Als verlängerte Werkbank hat der Osten in den kommenden keine Chance – und billiger geht es irgendwo anders immer. Ostdeutschland braucht stärkere und verantwortungsbewusste Arbeitnehmervertretungen. Überall dort, wo Gewerkschaften und Betriebsräte stark sind, sind Unternehmen besser durch die Krise gekommen und haben weniger Probleme mit Fachkräftemangel. Starke Arbeitnehmervertretungen sind auch ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste, Baustein um langfristig höhere Löhne durchzusetzen. Höhere Löhne, inklusive eines vernünftigen Mindestlohnes, sind gleichzeitig eine fundamentale Voraussetzung dafür, dass Renten steigen können – und somit auch das Problem der Altersarmut abgemildert werden kann.
Vor dem Hintergrund der Finanz- und Eurokrise ist der Aufbau Ost auf der deutschen Themenliste deutlich nach hinten gerutscht – und es sieht nicht so aus, als würde sich das sobald ändern. Die regelmäßig aufflackernden Debatten um den Solidarpakt und Länderfinanzausgleich lassen auch nicht erwarten, dass es für die neuen Länder in Zukunft einfacher wird, mit ihren speziellen Problemen in der deutschen Öffentlichkeit durchzudringen. perspektive21
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Doch Entsolidarisierung ist mit Sicherheit kein Weg, der Probleme löst und dafür sorgt, dass wirtschaftlich erfolgreiche und finanziell stabile Länder entstehen – das gilt in Europa genauso wie in Deutschland. Quantensprünge in der Entwicklung – noch dazu kurzfristige – sollte niemand erwarten. Einige der zentralen Problemfelder Ostdeutschlands sind jedoch in den vergangenen Jahren stärker zum Vorschein getreten. Um sie anzugehen, braucht es einiges an Mut, Ausdauer und Beharrlichkeit. Aber das ist für die Ostdeutschen nichts Neues. n
THOMAS KRALINSKI
ist Chefredakteur der Perspektive 21 und Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion Brandenburg. 16
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Preußens deprimierendes Ende WIE DAS DEMOKRATISCHE BOLLWERK DER WEIMARER REPUBLIK 1932 SCHEITERTE VON CHRISTIAN MAAß
ie preußisch-deutsche Geschichte ist reich an Wendepunkten und wichtigen Gedenktagen. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hat sich ebenso in das öffentliche Gedächtnis eingeprägt wie der Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 und die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. Darüber hinaus gibt es Tage wie den 9. November, die gleich mit mehreren historischen Ereignissen – der Ausrufung der „deutschen Republik“ durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann 1918, den Pogromen 1938 und dem Fall der Berliner Mauer 1989 – verbunden sind. Der 20. Juli ist ebenfalls ein Tag mit nicht nur einem historischen Datum, wobei die öffentliche Wahrnehmung und offizielle Erinnerung fast vollständig vom gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 dominiert wird. Infolge dessen konnten die Nationalsozialisten ihre Verbrechen bis zum bitteren Ende fortsetzen. Weitere Millionen Menschen verloren ihr Leben.
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Der Preußenschlag geriet in Vergessenheit Weitgehend vergessen ist hingegen der 20. Juli 1932. So widmeten weder die drei großen Zeitungen Brandenburgs (Märkische Allgemeine, Märkische Oderzeitung und Lausitzer Rundschau) dem 80. Jahrestag dieses Datums eine Zeile noch der Rundfunk Berlin-Brandenburg einen Bericht. An diesem Tag beseitigten Reichspräsident von Hindenburg – der erst kurz zuvor mit den Stimmen der SPD-Wähler in seinem Amt bestätigt worden war –, Reichskanzler von Papen und ihre reaktionäre Clique in einem Staatsstreich das demokratische Preußen („Preußenschlag“). Als Deckmantel diente ihnen dabei der fadenscheinige Vorwurf, die SPD-geführte Staatsregierung sei für die bürgerkriegsartigen Zustände im Land verantwortlich und würde nicht ausreichend konsequent gegen die kommunistische Bedrohung vorgehen. perspektive21
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Die geschäftsführende Staatsregierung unter Otto Braun (SPD) wurde ab- und Reichskanzler von Papen als Reichskommissar für Preußen eingesetzt. Die abgesetzte preußische Staatsregierung wehrte sich mit der Anrufung des Staatsgerichtshofes in Leipzig. Ebenfalls gegen das Vorgehen des Reiches klagten die Landtagsfraktionen der SPD und des Zentrums, Ministerpräsident Otto Braun und weitere Minister der Staatsregierung sowie die Länder Bayern und Baden. Die Staatsregierung wurde durch Ministerialdirektor im Staatsministerium Arnold Brecht und die SPD-Fraktion durch den Staatsrechtler Prof. Hermann Heller vertreten. Für das Reich sprach neben weiteren Carl Schmitt. Obwohl das Gericht dem Antrag Preußens teilweise entsprach, blieb die Staatsregierung faktisch machtlos. Durch diesen „entscheidenden Schritt zur Beseitigung der demokratischen Verfassungsordnung der Weimarer Republik und ihrer föderativen Basis“ (Horst Möller, S. 298) wurde die spätere Machtergreifung der Nationalsozialisten wesentlich vorbereitet und erleichtert. Insofern stehen beide Daten auch in einem engen Zusammenhang, der aktuell in der Jungle World – wenn auch in sehr polemischer Form – dargestellt wird: „Der 20. Juli 1944 war nur der Versuch zu korrigieren, was man am 20. Juli 1932 selbst eingebrockt hatte. So stehen beide Daten, der erfolgreiche Putsch gegen die Republik und der erfolglose gegen die Diktatur, für das historische Scheitern konservativer Staatspolitik.“ (Volker Weiß) Lehren aus dem Ende Weimars Das Gedenken an den 20. Juli 1944 ist trotz der Diskussion um die Motive und den persönlichen Werdegang einiger Mitglieder vor allem des militärischen Widerstandes zentraler Bestandteil unserer Erinnerungskultur. Der Attentatsversuch und die ihn tragende Gruppe verdeutlicht, dass es Deutsche gab, die sich gegen Hitler und den Nationalsozialismus erhoben. Die Würdigung der mutigen Tat der Männer und Frauen des Widerstandes ist konstituierend für unsere demokratische Kultur und Gesellschaft. Insofern ist das Urteil der Jungle World auch als undifferenziert zurückzuweisen. Fast noch wichtiger als das Verhalten in und der Widerstand gegen eine Diktatur sind jedoch die Fragen, woran eine Demokratie scheitert und wie die Demokratie gesichert werden kann. Diesen Fragen soll vor dem Hintergrund der Ereignisse des Preußenschlages und der auf ihn folgenden Entwicklungen nachgegangen werden. Dabei werden die für die Weimarer Republik und für Preußen als größten deutschen Teilstaat relevanten inneren und äußeren Bedingungen betrachtet. Darüber hinaus darf das 18
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Agieren der wichtigsten Akteure nicht unberücksichtigt bleiben. Insofern wird auf das Verhalten der SPD (als wesentliche Stütze der Demokratie in Preußen und der Weimarer Republik) ebenso eingegangen wie auf das Verhältnis alter sowie neuer rechter und bürgerlicher Eliten zur Demokratie allgemein und zur Sozialdemokratie im Besonderen. Auch die Rolle der Kommunisten darf bei diesem Vorhaben nicht in Vergessenheit geraten. Kampf um die Köpfe Eine auf Dauer funktionierende, starke und lebendige Demokratie muss sich den Rückhalt bei den Menschen immer wieder neu erarbeiten. Sie muss den Kampf um die Köpfe gewinnen. Ebenso grundlegend ist die wirksame Auseinandersetzung mit ihren Feinden. Zudem kann der demokratische Staat dauerhaft nur überleben, wenn er die vor ihm stehenden Aufgaben bewältigt. Dazu gehören in erster Linie die Sicherung von Frieden und Sicherheit sowie sozialer Gerechtigkeit, Menschenwürde, Freiheit und die Wahrung des Rechtsstaates. Heute erlangt zudem der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen eine immer größere Bedeutung. Darüber hinaus braucht auch und gerade die Demokratie starke politische Führungspersönlichkeiten, die zum einen die notwendigen Entscheidungen treffen und mutig durchsetzen. Zum anderen müssen sie den Menschen Halt bieten und Vertrauen in die Politik und die zentralen Institutionen des demokratischen Staates schaffen. Die Weimarer Republik ist letztendlich an all diesen Herausforderungen gescheitert. Auch wenn Weimar formal noch bis zum 30. Januar 1933 oder sogar bis Beschluss des Ermächtigungsgesetzes im März 1933 bestand, eine Demokratie war es seit dem 20. Juli 1932 nicht mehr. Inwieweit die Weimarer Republik aufgrund der äußeren und inneren Bedingungen überhaupt in der Lage war, die vor ihr liegenden Herausforderungen zu meistern, kann hier nicht beantwortet werden. Es gab jedoch keinen historischen Automatismus, an dessen Ende von vornherein Hitler, der Nationalsozialismus und vor allem Krieg und Holocaust gestanden hätten. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise nach 1929 sahen sich viele Staaten vor enorme Herausforderungen gestellt. Ein von Heinrich August Winkler durchgeführter Vergleich kam aber zu dem Ergebnis, dass Deutschland als einziges hoch entwickeltes Industrieland im „Verlauf der Weltwirtschaftskrise seine Demokratie aufgab und durch eine totalitäre Diktatur von rechts ersetzte …“. (Heinrich August Winkler 2005, S. 609) So antwortete die USA auf die Krise nicht mit einer Diktatur, sondern mit dem New Deal von Präsident Roosevelt. perspektive21
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Dennoch können die Rahmenbedingungen der Weimarer Republik und des Freistaates Preußen – nicht erst seit 1929 – als schwierig und herausfordernd bezeichnet werden. Die zentralen Akteure waren vom Kaiserreich mit seinen bestenfalls vordemokratischen und gegen die Sozialdemokratie gerichteten Haltungen ebenso geprägt wie das politische, kulturelle, gesellschaftliche und soziale Leben breiter Schichten der Bevölkerung. Dazu gehören das Arrangement des Bürgertums mit dem Obrigkeitsstaat nach dem Scheitern der Revolution von 1848 und der gewaltsamen Schaffung der inneren Einheit unter Bismarck ebenso wie die (mentalen) Folgen der Sozialistengesetze. Mit dem von Heinrich Mann so pointiert dargestellten Untertan ist eine Demokratie ebenso schwer zu organisieren wie mit dem von Theodor Fontane im Stechlin beschriebenen Gundermann, der das „große Haus mit den vier Ecktürmen“, den Reichstag, abschaffen will. Als deutsche Besonderheit kommt die starke Stellung der Junker hinzu, die sich bereits sehr früh und aktiv gegen die Demokratie positionierten. Versailles und die deutsche Innerlichkeit Die Republik und die demokratische Regierung waren mit dem Makel des verlorenen Krieges und des Vertrages von Versailles („Schandvertrag“), Gebietsabtretungen sowie dem Verlust deutscher Weltgeltung behaftet. Welche Belastungen sich aus Versailles ergaben, unterstreicht die Kritik aus historischer Sicht, die nicht nur von rechts vorgetragen wird (vgl. Christian Graf von Krockow, S. 129f. und Golo Mann, S. 671ff.). Der abgedankte Kaiser blieb zudem im niederländischen Exil als scheinbare Alternative zum bestehenden System virulent. Weimar und die Demokratie standen von Anfang an in einem Kampf um die Köpfe breiter Schichten – nicht nur der Mittel- und Oberschicht –, den sie langfristig verloren haben. Christian von Krockow spricht in diesem Zusammenhang vom „deutschen Dämon“. Er beschreibt ein geistiges Klima, das durch den Kampf gegen die „Novemberverbrecher“, zu denen nicht nur die SPD, sondern auch Politiker wie der ermordete Walter Rathenau zählten, gekennzeichnet war. Abgelehnt und bekämpft wurden „Parlamentarismus und Parteienherrschaft, Liberalität, Weltoffenheit, Demokratie, Freiheit zur Vielfalt, zum Andersdenken und Anderssein, Idee und Praxis des Pazifismus. … Dagegen stellt man als wahrhaft deutsch: Gemeinschaft, Führertum und Gefolgschaft, Herrschaft und Hierarchie, …, den Kampf und den Krieg, die Opfer- und Todesbereitschaft.“ (Christian Graf von Krockow, S. 155) Mit Carl Schmitt spielte als Prozessvertreter des Reiches – wie oben kurz erwähnt – eine der zentralen Figuren des intellektuellen Kampfes gegen die Demo20
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kratie eine wichtige Rolle in der juristischen und nachfolgend auch publizistischen Auseinandersetzung um den Preußenschlag. Ihm stand mit Hermann Heller ein Staatsrechtler und Politikwissenschaftler gegenüber, der sich wie wenige seiner Zunft um die Demokratie und Preußen verdient gemacht hat. Aufgrund seiner geistigen Brillanz erwies sich Schmitt als besonders gefährlicher Gegner. Hermann Heller kämpfte im Prozess nicht nur gegen die vorgeschobenen rechtlichen Argumente Schmitts und der anderen Reichsvertreter. Er wehrte auch alle Angriffe gegen die persönliche Ehre und den politischen Leumund von Ministerpräsident Otto Braun und Innenminister Carl Severing ab: „Wenn es heute überhaupt noch einen deutschen Rechtsstaat gibt, so liegt es daran, dass sich gerade die Herren Braun und Severing für ihn immer wieder eingesetzt haben ...“ (Preußen contra Reich, S. 407). Den großen Einsatz Hellers hielt Schmitt – er und Heller kannten sich auch persönlich – am 17. Oktober 1932 in seinem Tagebuch fest: „Heller tobte los, protestierte gegen die Beschimpfungen Brauns und Severings.“ (Reinhard Mehring, S. 294) Carl Schmitt verteidigte den Staatsstreich nicht nur juristisch, sondern hob auch noch die persönliche Rolle Hindenburgs als Vertreter der Dignität und Ehre Preußens hervor. Er sprach somit für eben jenen Reichspräsidenten, dessen Ehre – um dieses nicht unproblematische Wort noch einmal aufzugreifen – auch darin bestand, den ihm treu ergebenen Kanzler Brüning einfach wie einen ungetreuen Gutsverwalter vom Hof zu werfen (Carlo Schmid, S. 157). Dies geschah mit dem Ziel, die Sozialdemokraten aus Staat und Verwaltung zurückzudrängen. Dass er damit die Weimarer Republik immer tiefer in die Krise trieb und die Demokratie aushöhlte, nahm er billigend in Kauf. Darüber hinaus hatte er keine Skrupel, einen Blankoscheck für das Vorgehen gegen den preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun auszustellen, der nur wenige Monate zuvor ganz wesentlich für seine Wiederwahl geworben hatte. Carl Schmitt gegen Hermann Heller Für sein Wirken wurde Carl Schmitt 1933 von Hermann Göring mit der Ernennung zum preußischen Staatsrat belohnt, einen Titel, auf den er immer stolz war. Hermann Heller schrieb ihm dazu eine lakonische Postkarte aus seinem spanischen Exil, in dem er noch 1933 starb: „Zur überaus wohlverdienten Ehrung durch Minister Goering beglückwünscht Sie Hermann Heller.“ (Reinhard Mehring, S. 294) Dass ein Ausbrechen aus diesem alten Denken möglich war, zeigt die Wandlung Thomas Manns während der Weimarer Jahre. Aus dem Autor der Betrachperspektive21
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tungen eines Unpolitischen und Unterstützer des Ersten Weltkrieges wurde ein Fürsprecher Weimars und der Republik: „Wer im Ersten Weltkrieg und danach Positionen vertrat wie Thomas Mann, endete meistens als Nationalsozialist ... . Thomas Mann nicht.“ (Hermann Kurzke, S. 354f.) Der Autor des Zauberbergs setzte sich gerade in den Krisenjahren nach 1929 noch einmal für das für den Bestand der Demokratie so notwendige Bündnis von Bürgertum und Sozialdemokratie ein. Er fand aber wie die anderen Demokraten zu wenig Gehör. Die Dämonen setzten sich durch. Das gegen die Demokratie und ihre Werte gerichtete Denken fand seinen Niederschlag im Handeln einer Vielzahl von Parteien in der Zeit von 1918 bis 1933. Die Weimarer Republik war von Anfang an eine Demokratie mit wenigen Anhängern und vielen Feinden. Bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz am 24. März 1933 verblieben nur mehr die Sozialdemokraten als Träger der Demokratie. Selbst das Zentrum und die ehemalige Deutsche Demokratische Partei (DDP) stimmten für das Ermächtigungsgesetz. Das gemäßigte Bürgertum hatte das für den Erhalt der Demokratie notwendige Bündnis mit den Sozialdemokraten aufgekündigt. Ablehnung in den Köpfen Den rechten Parteien spielten dabei die Dolchstoß- und auch die Kriegsunschuldslegende in die Hände. Wenn auch viele Faktoren zusammenwirkten, so war doch das später verschleierte offensive und aggressive Handeln des Kaisers und der Reichsleitung in den schicksalhaften Tagen des Jahres 1914 entscheidend für den Beginn des Ersten Weltkrieges. Die SPD hatte direkt nach dem Krieg die Möglichkeit, die entsprechenden Akten zu veröffentlichen und entstehende Legenden noch zu entkräften. Darüber gab es sogar eine Debatte auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD Mitte Juni 1919 in Weimar. „Machen wir uns doch frei von den Ehrbegriffen der Bourgeoisie, nur die Wahrheit, die volle Wahrheit kann uns nützen.“ (Heinrich August Winkler 2007, S. 66) Doch anders als von Eduard Bernstein gefordert, hatte die SPD nicht den Mut zur Stunde der Wahrheit und musste später dafür einen hohen Preis bezahlen. Nicht nur die deutsche Kriegsschuld wurde verneint. Die Dolchstoßlegende behauptete, dass das im Feld unbesiegte deutsche Heer durch einen Dolchstoß von hinten besiegt worden sei. Auch dieser rechte Mythos fiel auf einen mehr als fruchtbaren Boden. Kriegswirren, Revolutionserfahrungen sowie die Folgen des rasanten wirtschaftlichen Abstiegs bis zur fast vollständigen Geldentwertung führten zu einer tief greifen22
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den Verunsicherung der breiten Massen. Sie bereiteten den Boden einer Radikalisierung und Enthemmung gerade bei rechten und nationalistischen Kreisen. Politische Morde waren an der Tagesordnung, die von der weitgehend aus dem Kaiserreich übernommenen Justiz, sofern von rechts verübt, fast immer gedeckt wurden. So ermittelte der Statistiker Gumbel 22 Morde von links und 354 von rechts in den Jahren 1918 bis 1922. Dabei ergingen zehn Todesurteile an die linken Täter und keines an einen rechten. Durchschnittlich wurden linke Täter zu fünfzehn Jahren und rechte zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt (Christian Graf von Krockow, S. 136f.). Abstieg, Inflation und Gewalt Hinzu kommen die objektiv schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Reparationszahlungen aus dem Versailler Vertrag stellten eine erhebliche Belastung dar. Nach einer kurzen Phase der Stabilisierung in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre haben dann vor allem die Folgen der Weltwirtschaftskrise und das (vorläufige) Scheitern des Staates bei ihrer Bewältigung die ohnehin schwache Demokratie noch zusätzlich untergraben. Als besonders problematisch erwies sich dabei die nach dem 25. Oktober („Schwarzer Freitag“) des Jahres 1929 rasant ansteigende Arbeitslosigkeit. Carlo Schmid schreibt dazu in seinen Erinnerungen: „Der 13. Juli 1931 [Zusammenbruch der Darmstädter und Nationalbank (DanatBank) und Beginn einer Banken- und Vertrauenskrise in Deutschland], der ‚Schwarze Freitag‘, und was danach folgte, demoralisierte die Bevölkerung Berlins völlig. … Was bisher als Elend vieler einzelner begriffen wurde, bekam nun den Anschein eines Zusammenbruches von Staat und Gesellschaft. Die Wahlkämpfe wurden dramatischer als zuvor, Straßenschlachten zu einem ständigen Phänomen Berliner Lebens. Der Sportpalast fungierte als Hexenküche des Unheils. Jetzt erst begriff man, daß jener Goebbels, den gestern noch keiner kennen wollte, das Zeug hatte, den Acheron aufzuwühlen. Das Kleinbürgertum, die Angestellten, die bislang in den politischen Parteien klassischen Stils mehr oder weniger untergingen und sich durch diese kaum mehr vertreten fühlten, sahen in der NSDAP einen Hoffnungsbringer.“ (Carlo Schmid, S. 137) Wenn auch die Zahl der politischen Morde von rechts die Zahl der von links begangenen Taten deutlich übersteigt, die Angriffe von links (vor allem der Kommunisten) führten zu einer Schwächung der Sozialdemokratie und damit der Demokratie und Weimarer Republik. Die im Ersten Weltkrieg erfolgte Spaltung der Arbeiterbewegung wurde in ihrer negativen Wirkung durch die Politik Moskaus noch verstärkt. Die bald von der Sowjetunion gestützten und gesteuerten Komperspektive21
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munisten entwickelten sich zu einem immer wirksameren Gegner der Sozialdemokratie. Sie griffen die SPD an, wo immer sie nur konnten („Die KPD hatte die Regierung Otto Braun bis zuletzt auf das schärfste bekämpft.“ [Heinrich August Winkler 2005, S. 596]). Dabei scheuten sie auch vor einer partiellen Zusammenarbeit mit den Deutsch-Nationalen und Nationalsozialisten nicht zurück. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im preußischen Landtag, Ernst Heilmann, zählte 32 Fälle des gemeinsamen Abstimmens von äußersten Rechten und Linken am Vorabend der schicksalhaften Landtagswahlen am 24. April 1932. Auch im außerparlamentarischen Bereich wurde kooperiert. So unterstützte die KPD den von den Rechten initiierten Volksentscheid zur Auflösung des Preußischen Landtages am 9. August 1931. Zugleich boten sie ob des angeblich nicht ausreichenden antikommunistischen Einsatzes der Sozialdemokraten den Rechten immer wieder einen willkommenen Vorwand für Maßnahmen gegen diese. Überbleibsel dieser verheerend wirkenden Politik sind bei den heutigen Linken noch immer virulent. So findet sich in einem Beitrag auf der Homepage der Linkspartei die Aussage: „Preußen wurde von der SPD-Führung faktisch kampflos jenen Kräften überlassen, die Hitler an die Macht bringen wollten.“ (Ronald Friedmann) Deprimierendes Ende oder kampflose Aufgabe? Auf den ersten Blick scheint es sich dabei um eine rhetorische Frage zu handeln. Preußen fiel in die Hand der Reaktion in Gestalt des Reichspräsidenten und seines Kanzlers von Papen („Herrenreiter“ an der Spitze des „Kabinetts der Barone“). An dieser Stelle geht es aber um das Lernen aus historischen Entwicklungen. Insofern ist die Frage nach dem Ende Preußens mehr als eine rhetorische Frage. Für die Kommunisten ist der Kampf um die Deutung der Geschichte vor allem Teil der politischen Auseinandersetzung sowie des Machterwerbs und -erhalts. Damals wie heute dienen die Aussagen der Kommunisten/Linken nicht der Analyse der wirklichen Ursachen und Abläufe, sondern bieten die Grundlage für Angriffe auf die SPD und die Verschleierung der eigenen Verfehlungen („die moskauhörige KPD irrlichterte der Sozialfaschismusthese hinterher“ [Volker Weiß]). Eine sachliche und objektive Analyse kann nur zu dem Schluss kommen, dass es sich bei der fehlenden kämpferischen und auf die preußische Polizei, die Gewerkschaften und die Verbände der Eisernen Front gestützte Reaktion der SPD nicht um eine ruhm- und kampflose Kapitulation handelte. Der Sozialdemokratie fehlten 1932 die Mittel zu einem wirksamen Widerstand. Ein eindrucksvoller Widerstand wäre nach objektiver Beurteilung wohl auf eine Katastrophe hinausgelaufen. 24
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„Juncker-Preußen oder Arbeiter-Preußen, das allein steht zur Entscheidung!“, formulierte Ernst Heilmann vor der bereits erwähnten Wahl zum preußischen Landtag im März 1932. Anders aber als Heilmann fortfährt, galt im Frühjahr vor 80 Jahren schon nicht mehr: „Die Republik Preußen ist das feste Bollwerk der Demokratie in ganz Deutschland geworden.“ Preußen war das Bollwerk der Demokratie Unabhängig davon, ob Heilmann dies ahnte oder nicht, im Wahlkampf hätte er es so oder so nicht aussprechen dürfen. Diese Illusion von der eigenen Stärke war aber bei vielen Anhängern der SPD und ihren Sympathisanten noch vorhanden: „Zu Severings Mannen hatte man Vertrauen. Niemand hätte damals für möglich gehalten, dieser als starke Mann geltende sozialdemokratische Innenminister Preußens werde eines Tages sich und die demokratische Regierung des Landes ohne Gegenwehr durch einen Herrn von Papen verjagen lassen (Carlo Schmid, S. 137).“ Gerade weil diese Illusion über die eigene Stärke noch bestand, wirkte die dann ausbleibende große Reaktion so demoralisierend. Dabei war Preußen unter der Führung Otto Brauns über viele Jahre das feste Bollwerk der Demokratie. Aber die stetigen und immer mehr zunehmenden Angriffe von rechts, die mit dem Antritt des Kabinetts von Papen immer manifester wurden und im Zusammenspiel mit der Reichswehr und dem Reichspräsidenten von Hindenburg entscheidend an Durchsetzungskraft gewonnen hatten, untergruben die Abwehrfähigkeit Preußens immer mehr. Mit dem sich auf Notverordnungen stützenden Kabinett Brüning wurde zum einen der verfassungsrechtliche Rahmen für die schrittweise Ausschaltung der Demokratie geschaffen. Zugleich war die auf eine langfristige Stabilisierung Deutschlands gerichtete Politik des Zentrums-Kanzlers kurzfristig mehr als kontraproduktiv und trug entscheidend zu Destabilisierung Deutschlands bei. „Die soziale, ökonomische, mentale und politische Krise war so fundamental wie nie zuvor in der Geschichte der Republik.“ (Horst Möller, S. 303) Hinzu kam das vernichtende Wahlergebnis vom 24. April 1932. Die SPD verlor im Vergleich zu der Wahl des Jahres 1928 fast acht Prozent der Stimmen (21,2 Prozent zu 29 Prozent) und 42 Mandate (von 136 auf 94). Die preußische Koalition von SPD, Zentrum und DDP/DStP errang gemeinsam nur noch einen Sitz mehr als die NSDAP allein (163 zu 162). An eine Mehrheit für eine demokratische Koalition war nicht mehr zu denken. Es konnte aber auch keine andere neue Regierung gebildet werden. Aus diesem Grund blieb die Regierung Braun geschäftsführend im Amt. perspektive21
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Als eine weitere Schwächung erwies sich die Entlassung Albert Grzesinskis als preußischer Innenminister im Jahr 1930, vertrat er doch eine kämpferische und aktivere Linie als sein Nachfolger Carl Severing. Zudem war Ministerpräsident Braun persönlich (durch Krankheit, Depression und Amtsmüdigkeit) angeschlagen. Für Hagen Schulze – der sich in seiner Braun-Biografie sehr intensiv mit dem Preußenschlag beschäftigt hat – liegen die Versäumnisse ebenfalls vor den Ereignissen des Jahres 1932. Braun hätte sich 1928 aufschwingen und den Dualismus von Preußen und Reich beseitigen sollen. Er hätte den Sprung an die Reichsspitze wagen müssen. Ob dieser Schritt allerdings gelungen und langfristig erfolgreich gewesen wäre, muss offenbleiben: „Aber der Versuch mußte und konnte unternommen werden.“ (Hagen Schulze, S. 858) Auch wenn der Kampf der SPD für Republik und Demokratie sowie gegen den Preußenschlag letztendlich nicht erfolgreich waren, endet die preußisch-brandenburgische Geschichte nicht wie noch in Schulzes Braun-Biografie mit der Handvoll Asche in einem Schweizer See, in dem der ehemalige Ministerpräsident, Demokrat und deutsche Staatsmann still und vergessen seine letzte Ruhe fand. Seit 1990 gibt es wieder ein demokratisches Brandenburg als Teil des früheren Preußen. Die SPD ist dabei federführend an allen Landesregierungen beteiligt. Ein sozialdemokratisch geführtes Brandenburg ist ein später Triumph für alle, die schon in Weimar für ein demokratisches Preußen und die Sozialdemokratie gekämpft haben. Es liegt in der Hand der heutigen Sozialdemokraten, die Zukunft des Landes erfolgreich zu gestalten. Dabei helfen auch die Lehren aus Weimar und aus dem Kampf gegen den Preußenschlag. n
CHRISTIAN MAAß
ist Geschäftsführer der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Brandenburg. 26
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Literatur Ronald Friedmann, Preußenschlag. Mit der Kapitulation der SPD während des Staatsstreiches im größten deutschen Teilstaat begann vor 80 Jahren die Endkrise der Weimarer Republik. www.die-linke.de/nc/dielinke/nachrichten/detail/artikel/preussenschlag (19. Juli 2012) Christian Graf von Krockow, Die Deutschen in ihrem Jahrhundert 1890 – 1990, Reinbek 1990 Hermann Kurzke, Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk, München 1999 Golo Mann, Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 2004 Reinhard Mehring, Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Eine Biographie. München 2009 Horst Möller, Preußen von 1918 bis 1947. Weimarer Republik, Preußen und der Nationalsozialismus, in: Wolfgang Neugebauer (Hg.), a.a.O. Wolfgang Neugebauer (Hg.), Handbuch der Preußischen Geschichte, Band III, Vom Kaiserreich zum 20. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin, 2001 Preussen contra Reich vor dem Staatsgerichtshof [Stenogrammbericht d. Verhandlungen vor d. Staatsgerichtshof in Leipzig vom 10. bis 14. u. vom 17. Oktober 1932]/mit einem Vorwort von Brecht. Unveränd. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1933. Glashütten im Taunus 1976 Carlo Schmid, Erinnerungen, Bern 1980 Hagen Schulze, Otto Braun oder Preußens demokratische Sendung, Frankfurt am Main 1981 Volker Weiß, Der vergessene Putsch, in: Jungle World, 19. Juli 2012 Heinrich August Winkler, Weimar 1918 – 1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie, München 2005 Heinrich August Winkler, Auf ewig in Hitlers Schatten? Anmerkungen zur Deutschen Geschichte, München 2007 Ernst Heilmann, Wahlkampfansprache zu den preußischen Landtagswahlen am 24. April 1932, Archiv des Deutschen Historischen Museums, www.dhm.de/medien/lemo/audios/heilmann.html.
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Die Energiewende beginnt im Kopf IN BRANDENBURG SIND VERNETZTES DENKEN UND LOKALE AKTIVITÄTEN DIE TRIEBKRÄFTE EINER ERFOLGREICHEN ENERGIEPOLITIK VON RALF HOLZSCHUHER
u Beginn dieses Jahres habe ich 2012 als „Jahr der Energie“ bezeichnet. Energie ist eines der strategisch zentralen Politikfelder der Zukunft. Die Art und Weise, wie wir leben und wirtschaften, wird ganz wesentlich davon abhängen, wie uns die Energiewende gelingt. Deshalb nennt die Brandenburger Energiestrategie auch vier Ziele, die wir in Übereinklag kriegen müssen: Ausbau der erneuerbaren Energien, Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Akzeptanz. Seit Jahren ist Brandenburg in Deutschland führend beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir sind damit gleichzeitig ein „Labor der Energiewende“ – denn selbst beim Abbau der Atomkraft haben wir Erfahrung. Die Demontage des (vergleichsweise kleinen) Kernkraftwerkes in Rheinsberg dauert nun bereits zwei Jahrzehnte – und zeigt, wie schwierig und zeitaufwendig die Abschaltung dieser Energieform ist. Aber auch der Ausbau der erneuerbaren Energien läuft nicht problemfrei: Kritisch wird der Ausbau der Windkraft gesehen, Belange des Naturund Artenschutzes werden diskutiert oder die Verlegung von dringend notwendigen neuen Stromleitungen wird hinterfragt.
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Eine Operation am offenen Herzen Bis Mai dieses Jahres wollte die Bundeskanzlerin von Problemen bei der Energiewende nichts wissen. Alles sei auf gutem Weg, so die betont gelassene Darstellung der schwarz-gelben Koalition im Bund. Seit dem desaströsen Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl in NRW ist das anders. In Deutschland wird jetzt plötzlich viel über die Energiewende geredet. Die Kanzlerin schickte ihren Umweltminister von heute auf morgen als Wahlkampf-Bauernopfer in die Wüste. Sie lud selbst zu einem schlecht vorbereiteten und ergebnislosen Energiegipfel ins Kanzleramt. Und schließlich erklärte der neue Umweltminister, die Energiewende in Deutschland drohe gar zu scheitern. Kurzum: Das schwarz-gelbe Regierungsperspektive21
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chaos hat die deutsche Energiepolitik erreicht. Einen energiepolitischen Deutschland-Plan hat diese Bundesregierung nicht. Dabei wäre er bitter nötig. Brandenburg ist da besser aufgestellt. Mit unserer Energiestrategie 2030 sind wir auf klarem Kurs. Im Gegensatz zur Bundesregierung wissen wir nicht erst seit ein paar Wochen vor welch großen Herausforderungen wir stehen. Energiepolitik gleicht einer Operation am offenen Herzen. Wir stehen vor großen strategischen und kommunikativen Herausforderungen. Energie wird in Zukunft nicht mehr nur in einer Handvoll großer Kraftwerke produziert, sondern in jeder Ecke unseres Landes. Und dort muss Energie entweder gespeichert oder in andere Teile Deutschlands transportiert werden. Nur wenn uns das gelingt, werden wir den von vielen für selbstverständlich erachteten Strom auch in Zukunft aus der Steckdose bekommen. Nur so lassen sich Stromengpässe, die es im vergangenen Winter in Deutschland bereits gab, vermeiden. Und nur so wird es uns auch gelingen, Deutschland als führendes Industrieland in der Welt zu erhalten. Scheitert die Energiewende, nimmt Deutschlands Wohlstand schweren Schaden. Energie vor Ort nutzen Wie weit Brandenburg auf dem Weg zur Energiewende schon gegangen ist, habe ich auf meiner Sommertour gerade wieder hautnah erleben können. Ich wollte mir ein ganz persönliches Bild über die Energiewende in Brandenburg machen – angefangen von den vielfältigen Aktivitäten in unseren Städten und Gemeinden über die innovativen Ideen unserer Landwirte und Unternehmer bis hin zur heimischen Spitzentechnologie. Eine der wichtigsten Nachrichten ist: Die Energiewende ist nicht nur möglich, in Brandenburg findet sie längst statt. Dabei kristallisierten sich für mich fünf Punkte heraus, die wir in den kommenden Monaten angehen müssen: Man mag es kaum für möglich halten, aber selbst deutsche Gesetzestexte können Exportschlager sein. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, eine Erfindung der rot-grünen Bundesregierung, ist bereits in vielen Ländern kopiert worden, weil es ein hervorragendes Instrument ist, um den Ausbau von erneuerbaren Energien vor allem mittels Einspeisevergütungen zu forcieren. Dabei ist aus dem Blickwinkel geraten, dass erneuerbare Energien auch da, wo sie entstehen, genutzt werden können. Ein Unternehmen aus Brandenburg baut Häuser mittlerweile so, dass sie (zusammen mit leistungsfähigen Speichern und einer Strategie zur Energieeinsparung) bis zu 90 Prozent ERSTENS: DIE ENERGIEWENDE FINDET IM KOPF STATT.
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ralf holzschuher – die energiewende beginnt im kopf
ihres Stromverbrauchs über das Solardach produzieren können. Wenn so etwas mehr und mehr gelingt, entlastet dies auch das Stromnetz, womit auch der Bedarf an neuen Leitungen geringer werden kann. Noch fehlen die Energiespeicher Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, in Kreisläufen zu denken. Deshalb ist es auch klug, Kindern das Thema Energie nahezubringen. Bereits heute gibt es solche Angebote für Kitas und Grundschulen, die wir dringend ausbauen sollten. Denn damit wächst nicht nur das Verständnis für Stromerzeugung und -einsparung. Kindern wird auch der Zugang zu technischen Themen und Berufen erleichtert – der Nachwuchs für die so wichtigen Ingenieure wird damit gleich mit gewonnen. Denn die Energiewende werden wir nur mit Hochtechnologie meistern, mit neuen Investitionen in Forschung und Entwicklung, mit attraktiven Hochschulen, die eng mit Unternehmen kooperieren. Wir werden die Energiewende nicht im Wettbewerb mit chinesischer Massenproduktion von Solarpaneelen meistern. Wir in Brandenburg haben das mit den Werksschließungen in Frankfurt (Oder) schmerzlich erfahren müssen. Ich bin sicher, dass wir in Deutschland auch in Zukunft Solaranlagen wettbewerbsfähig produzieren können. Ich denke dabei nicht an die Massenware, die sich auf das übliche Dach eines Einfamilienhauses schrauben lässt. Ich denke vielmehr an die speziellen, individuellen Lösungen, die innovative Ingenieurskunst abverlangen. Was ist beispielsweise mit den vielen denkmalgeschützten Gebäuden, auf denen sich in Farbe und Form individuell angepasste Lösungen finden lassen? Hier haben unsere Ingenieure einen gewaltigen Vorsprung vor der asiatischen Konkurrenz. Wir sollten dieses Potential stärker nutzen. Das sichert auch Arbeitsplätze. Deutsche Ingenieurskunst ist gefragt – und die braucht mehr Nachwuchs denn je. Der mit Abstand effektivste erneuerbare Energieträger ist Wind, Brandenburg ist bei dessen Ausbau bundesweit führend. Vielerorts gibt es dagegen bereits Proteste. Aber dennoch: Wir werden auch in Zukunft Windräder in Sichtweite von Ortschaften bauen müssen. Dafür brauchen wir Mindestabstände, die bei mindestens 1.000 Meter bis zur nächsten Siedlung liegen müssen. Der Mindestabstand allein wird die Akzeptanz der Anwohner aber nicht herstellen können. Helfen kann hier die Beteiligung der Anwohner an dem Ertrag der Windkraftanlage. Wer am Jahresende einen ordentlichen Abschlag auf seine Stromrechnung bekommt, hat ZWEITENS: BÜRGER MÜSSEN BETEILIGT WERDEN – UND ZWAR SPRICHWÖRTLICH.
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materiell etwas davon. Wo dies bereits stattfindet, lassen sich erhebliche Akzeptanzsprünge erkennen. Wie ich bei den Stadtwerken in Schwedt erfuhr, sucht man in diesem Zusammenhang dort inzwischen sogar gezielt nach Flächen für Windräder in Sichtweite von Anwohnern, weil diese aus dem Fenster sehen wollen, wie sich „ihr“ Windrad dreht und den eigenen Geldbeutel füllt. Eine bemerkenswerte Entwicklung, die sich auch bei Solarparks bereits abzeichnet. Nicht selten stellen diese langfristig eine wichtige Steuereinnahme für Kommunen dar. Eine solche Form der Bürgerbeteiligung bringt am Ende eine deutlich höhere Unterstützung für die Energiewende vor Ort. DRITTENS: WINDKRAFT KANN MAN AUCH IM WALD GEWINNEN. Schon in der Brandenburgischen Energiestrategie 2020 wurde festgelegt, dass zwei Prozent unserer Landesfläche für Windkraftanlagen zur Verfügung gestellt werden sollen. In der Energiestrategie 2030 haben wir diese Vorgabe bestätigt. Ich weiß um die Vorbehalte von manchen Anwohnern gegen Windkraftanlagen. Ich bin aber der Auffassung, dass ein so großes Bundesland wie Brandenburg zwei Prozent Flächenverbrauch für den effektiven Energieträger Wind gut verkraften kann. Natürlich müssen wir zuallererst dort nach neuen Flächen suchen, wo wenig oder gar keine Menschen leben. Auf meiner Sommertour habe ich mir bei Lübben eine Windkraftanlage in einem Wald angesehen. Apropos an-„gesehen“. Wirklich gesehen habe ich das Windrad erst, als ich unmittelbar davor auf der Lichtung stand. Beeindruckt war ich zudem von den Aussagen einer Biologin. So habe die Lichtung um das Windrad die Arten- und Pflanzenvielfalt in dem Wald sogar erhöht. Negative Auswirkungen auf Mensch und Natur gäbe es kaum. Und auch dem häufig vorgebrachten Einwand, für ein Windrad im Wald müssten ganze Schneisen für Stromleitungen neu geschlagen werden, halte ich die praktische Erfahrung meines Besuches entgegen: Zu dem Windrad führt ein befestigter Schotterweg, wie er in vielen Wäldern Brandenburgs zu finden ist. Und unter diesem Schotterweg führen die Leitungen entlang – ganz ohne negative Auswirkungen auf die Natur. Wenn wir Windräder nicht näher an die Siedlungen heranlassen wollen, müssen wir sie auch im Wald, insbesondere in Nutzholzplantagen, akzeptieren.
Zu den größten Herausforderungen der Energiewende zählen die fehlenden Energiespeicher. Es gibt wenig Blöderes, als wenn bei starkem Wind Anlagen abgeschaltet werden müssen, weil zu viel Strom produziert wird und die Überschüsse nicht speicherbar sind. Eine Möglichkeit diesen Zustand zu überwinden hat in diesem ZusammenVIERTENS: SPEICHERTECHNOLOGIEN GEHÖRT DIE ZUKUNFT.
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hang die Firma ENERTRAG bei Prenzlau entwickelt. Das weltweit erste Hybridkraftwerk ist Spitzentechnologie „made in Brandenburg“! „Power to gas“ nennt sich das Konzept. Denn mit dem Hybridkraftwerk lässt sich aus Windkraft völlig CO2-neutral Energie produzieren: Strom, Wärme und eben auch Wasserstoff. Entweder direkt als Treibstoff für die Mobilität oder zur späteren Stromerzeugung. Das Ganze hat noch einen anderen Vorteil: Deutschland verfügt bereits über ein engmaschiges Gasleitungsnetz und große Speichermöglichkeiten. Die Probleme, Energie von Nord nach Süd zu transportieren, ließen sich über die Gasautobahnen erheblich leichter lösen. Die Frage ist jetzt, ob sich Windenergie durch die Hybridtechnologie auch in großem Umfang speichern lässt. Wenn ja, dann haben wir den Durchbruch in der Speichertechnologie vielleicht ja schon bald geschafft – und zwar in Brandenburg! FÜNFTENS: NICHT GEGENEINANDER, SONDERN MITEINANDER. An solchen Verknüpfungen verschiedener Energieträger wird bereits an vielen Stellen gearbeitet. So kann man Windenergie in Wärme umwandeln (und speichern), die wiederum für die Fernwärmeversorgung zur Verfügung steht. Aus CO2 lässt sich einfach der Treibstoff Methan herstellen. Eine Algenzuchtanlage nutzt CO2 aus Kohlekraftwerken, um Biomasse zu produzieren. Unsere Landwirte betreiben mit Schweinegülle Biogasanlagen, die wiederum Gewächshäuser beheizen. All dies sind innovative Beispiele für Energieprozesse der Zukunft, die bei uns entwickelt werden. Und ganz nebenbei wird dabei auch deutlich, dass Kohle und erneuerbare Energien längst keine Gegensätze mehr sind, sondern für einige Zeit einander brauchen. Denn solange wir nicht genügend Speicherkapazitäten haben und wir uns nicht vollständig von Öl- und Gasimporten abhängig machen wollen, werden wir auch in gewissem Umfang auf die heimische Kohle setzen müssen.
Vernetzt denken und lokal einmischen – das könnte die Energiewende beflügeln und gleichzeitig ihre Akzeptanz deutlich verbessern. Dafür gibt es bereits viele gute Vorbilder. Es wird Zeit, dass wir uns an ihnen ein Beispiel nehmen. n
RALF HOLZSCHUHER
ist Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion Brandenburg. perspektive21
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Albert Grzesinski 1879-1947
Pfeiler der Demokratie VON DIETMAR WOIDKE
as Jahr 2012 ist ein Jahr der Preußen. Friedrich II. ist aus Anlass seines 300. Geburtstages in Brandenburg und Berlin fast allgegenwärtig. In Potsdam gibt es sogar ein Friedrich-Musical. Wenn wir uns gerade in diesem Jahr aber Preußen und seiner Geschichte widmen, dürfen wir dabei den Blick nicht auf die Hohenzollern verengen. So gern wir an den großen König erinnern und unser Land dabei seine vielen schönen Seiten zeigt, so ist auch Preußens unrühmliches Ende Teil der Geschichte. Denn es gibt noch ein weiteres Jubiläum in diesem Jahr: Genau vor 80 Jahren fand der Preußenschlag statt. Am 20. Juli 1932 setzten Reichspräsident Hindenburg und Reichskanzler Papen mittels Staatsstreich die geschäftsführende Regierung des Freistaates Preußen ab – und damit eine (sozial)demokratische Bastion des Deutschlands der Zwischenkriegszeit. Sie nahmen Preußen die Eigenständigkeit und ebneten so den Gegnern der Weimarer Republik den Weg. Mit dieser Aktion sollte auch die preußische Polizei als eine der letzten noch funktionierenden Instrumente des demokratischen Staates ausgeschaltet werden. Aus diesem Grund wurden der Berliner Polizeipräsident Albert Grzesinski (SPD), sein Stellvertreter Bernhard Weiß und der Kommandeur der Schutzpolizei Magnus Heimannsberg verhaftet und zu einem Verzicht auf weitere Amtshandlungen gezwungen. Mit Albert Grzesinski wurde nicht nur der aktuelle Polizeipräsident, sondern einer der wichtigsten demokratischen Innenpolitiker Preußens und der Weimarer Republik aus dem Amt gedrängt. Aus einfachen Verhältnissen stammend – seine Mutter war vor seiner Geburt Dienstmädchen in Potsdam – übernahm er nach der Novemberrevolution zahlreiche Ämter in der preußischen Landesregierung. So war er von 1925 bis 1926 und noch einmal von 1930 bis 1932 Berliner Polizeipräsident. Von 1926 bis 1930 war Grzesinski preußischer Innenminister. Er gehört zu denen, die erkannt hatten, wie wichtig eine Demokratisierung von Staat und Verwaltung ist. Mit ganzer Kraft ging er daran, die Polizei des wilhelminischen Obrigkeitsstaates zu einem starken Pfeiler der Demokratie umzubauen. Was heute viele vergessen haben: Der Slogan „Die Polizei: Dein Freund und Helfer“ geht auf Grzesinski zurück.
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Albert Grzesinski 1879-1947
Das Wissen um das Scheitern von Grzesinski, Otto Braun und den anderen demokratischen Kräften Preußens und Weimars schärft heute unseren Blick im Kampf gegen rechte Extremisten. Ein modernes und erfolgreiches Brandenburg, das seinen Bürgerinnen und Bürgern eine sichere Heimat bietet, braucht im Jahr 2012 beides. Mit dem Blick auf Albert Grzesinski und den Preußenschlag sind und bleiben wir starke und wachsame Demokraten.
DR. DIETMAR WOIDKE
ist Innenminister des Landes Brandenburg. Mit dieser Rubrik stellen wir eine Person vor, deren Lebensleistung größere Beachtung verdient. Zum Beispiel in Gestalt von Straßen- oder Schulnamen. 36
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thema – welche hochschulen braucht das land?
Die Weichen richtig stellen VIER THESEN ZUR KÜNFTIGEN WISSENSCHAFTSPOLITIK IN BRANDENBURG VON SABINE KUNST
niversitas semper reformanda. Die Universität muss ständig reformiert werden – das galt auch für das zurück liegende Jahrzehnt. In der deutschen Hochschullandschaft waren grundlegende Veränderungen zu beobachten. So führte etwa der BolognaProzess mit den neuen Abschlüssen Bachelor und Master zu einem gestuften System, das Studierenden nunmehr deutlich früher einen ersten qualifizierenden Studienabschluss ermöglicht. Die doppelten Abiturjahrgänge und eine erfreulicherweise gestiegene Bildungsbeteiligung treiben die Studienanfänger-Zahlen auf Rekordniveaus. Der Wettbewerb um Drittmittel sowie die Exzellenzinitiative des Bundes befeuerten Profilierungsprozesse der etablierten Universitäten und Forschungsinstitutionen. Es zeigte sich dabei auch, dass die Teilhabe der Institutionen der neuen Länder und auch der von Brandenburg unterdurchschnittlich war – ein Zeichen für den langen Atem, der für Wissenschaftspolitik nötig ist. Dies gilt auch für uns in Brandenburg bei der Unterstützung der Hochschulen und Forschungsinstitutionen, sich selbst weiter zu entwickeln. Die
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Wissenschaftsfreiheit ist eine wesentliche Voraussetzung, um die aktuellen Anforderungen erfolgreich zu meistern. Hochschulen sollen mehr Studierende mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen erfolgreich ausbilden, müssen sich zugleich aber einem Wettbewerb um Mittel stellen. Sie sollen Grundlagenforschung auf höchstem Niveau betreiben, zugleich aber Partner der regionalen Wirtschaft und Motor des Strukturwandels sein. Eine beeindruckende Entwicklung Die Mehrzahl der Hochschulen in Brandenburg besteht in ihrer jetzigen Form seit etwas mehr als zwanzig Jahren, nur die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ gibt es bereits seit 1954. Mit der Gründung des Bundeslandes Brandenburg 1990 war ein Neuaufbau von Wissenschaftsstrukturen erforderlich. Die damals entwickelte Hochschulstruktur mit drei Universitäten, fünf Fachhochschulen und einer künstlerischen Hochschule ist bis heute unverändert. Sie entstanden zweifach komplementär. Komplementär zur Wissenschaftslandschaft der perspektive21
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thema – welche hochschulen braucht das land?
Studierende im Wintersemester 2011/12 Universitäten Universität Potsdam Brandenburgische Technische Universität Cottbus Europa-Universität Viadrina Universitäten insgesamt
20.800 6.800 6.500 34.100
Hochschule für Film und Fernsehen
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Fachhochschulen FH Brandenburg
3.000
Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde Hochschule Lausitz FH Potsdam TH Wildau Fachhochschulen insgesamt
2.000 3.400 3.100 4.200 15.700
Hochschulen insgesamt
50.300 Quelle: MWFK 2012
außeruniversitären Forschung, und sie wurden ergänzend zum Profil der Berliner Hochschulen konzipiert. Dies galt insbesondere in und um Potsdam. Komplementarität war aber auch ein Leitthema in der Lausitz für Cottbus mit Blick auf die Technischen Universitäten in Berlin und Dresden wie auch in Frankfurt (Oder) in Bezug auf Poznan und Wroclaw. Von Anfang an war klar, dass man die brandenburgische Hochschullandschaft mit der Metropole Berlin in ihrer Mitte immer auch im Bezug zu dieser sehen muss. Eine gemeinsame Wissenschaftsregion war und ist das 38
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Ziel. Einrichtungen in beiden Ländern werden von Studierenden aus beiden Ländern nachgefragt, so dass identische Studienangebote nur Sinn machen, wenn ein besonders großer Bedarf an Absolventen zu erwarten ist. So hat Brandenburg ganz bewusst darauf verzichtet, in seinem Hochschulsystem die Fachdisziplinen Medizin, Pharmazie und Agrarwissenschaft vorzuhalten. Den Hochschulen war es so möglich, sehr eigenständige und attraktive Profile herauszubilden, die junge Menschen nicht nur aus Brandenburg und Berlin, sondern auch aus anderen Ländern und dem Ausland anlocken.
sabine kunst – die weichen richtig stellen
Die Hochschulen Brandenburgs haben dann in den letzten Jahren eine ganz erhebliche und beeindruckende Dynamik entfaltet. Innerhalb eines Jahrzehnts konnte die Zahl der Studierenden um rund 50 Prozent gesteigert werden (siehe Abbildung). Auch beim Wachstum der Studienanfängerzahlen belegt das Bundesland vordere Plätze. Brandenburg verfügt über ein überproportional ausgelastetes und hocheffizient arbeitendes Hochschulsystem. Ebenso ist das Land Brandenburg für die außeruniversitäre Forschung ein erstklassiger Standort: Vier Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG), vier Einrichtungen der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF), neun Institute der Leibniz-Gemeinschaft (WGL) und drei Institute der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) sind in unserem Land vertreten. Im Rahmen der gemeinsamen Forschungsförderung entfielen im Jahr 2010 auf brandenburgische Einrichtungen insgesamt rund 236 Millionen Euro. Brandenburg liegt damit auf dem 10. Platz im Vergleich der Bundesländer. Sehr bedeutsam gerade für den Bereich der Informatik und Softwaresystemtechnik ist das HassoPlattner-Institut (HPI) als nicht mehr weg zu denkendes privates Engagement im Wissenschaftsbereich. Für die Filmmetropole Berlin-Babelsberg gehört zweifelsfrei die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“
zu den Stätten mit einem einzigartigen spezifischen Entwicklungspotential. Die Studierenden werden durch sehr spezialisierte Studiengänge und eine exzellente technologische Ausstattung in die Lage versetzt, in verschiedenen Bereichen der Medien berufliche Tätigkeiten zu finden. Die Entwicklung der Wissenschaftslandschaft in Brandenburg innerhalb eines Zeitraums von vergleichsweise kurzen zwanzig Jahren ist beeindruckend. Wollen wir weiterhin eine derart starke Dynamik erreichen und auch in zwanzig Jahren genauso gut oder besser noch besser da stehen, müssen wir heute die Weichen richtig stellen! Kommissionen mit Perspektiven 2012 wurden nun die Begutachtungen der Hochschullandschaft durch zwei hochkarätig besetzte Kommissionen abgeschlossen: n
In der Lausitz hat eine Kommission unter Vorsitz von Prof. Dr. Dr. h.c. Emmermann zwischen 2010 und 2012 die Brandenburgische Technische Universität Cottbus und die Hochschule Lausitz einer qualitativen Analyse unterzogen und im Januar 2012 ihren Bericht vorgelegt.1 Das Wissenschaftsministerium hat den Vorschlag der Kommission
1 http://www.mwfk.brandenburg.de/sixcms/detail.php/538891
perspektive21
39
thema – welche hochschulen braucht das land?
Anstieg der Studienanfängerzahlen 2009 zu 2005 in Prozent Sachsen
8,4%
Bremen Nordrhein-Westfalen
11,6% 12,8%
Niedersachsen
15,3%
Baden-Württemberg
16,4%
Sachsen-Anhalt
16,7%
Schleswig-Holstein
16,9%
Bayern
17,0%
Deutschland
17,1%
Hessen
18,8%
Rheinland-Pfalz
18,9%
Thüringen
20,5%
Mecklenburg-Vorp.
22,1%
Saarland
26,3%
Berlin
27,2%
Hamburg
29,1% 33,7%
Brandenburg
Quelle: Hochschulpakt 2020
n
40
um einen Schritt erweitert und verfolgt das Ziel der Neugründung einer Technischen Universität in der Lausitz, die die beiden Hochschulen miteinander verkoppelt. Dabei soll eine gemeinsame Verantwortung für Forschung und Lehre zu den Themen „Energie, Umwelt und Mensch“ Leitlinie der künftigen Entwicklung sein. Die im März 2011 berufene Hochschulstrukturkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Buttler hat im Auftrag der Landesregierung schwerpunktmäßig die strukturellen Gegebenheiten der Hochschullandschaft Brandenburgs insgesamt untersucht. august 2012 – heft 53
Die Hochschulstrukturkommission sollte nach 20 Jahren eine Bilanz ziehen und für ihre Empfehlungen zur Zukunftssicherung in den Blick nehmen, wie die Innovationskraft des Landes aus dem Wissenschaftssystem heraus weiter gestärkt werden kann und welche Korrekturen das Bildungsangebot arrondieren könnten, um für die nächsten Jahrzehnte spezifisch und attraktiv zu sein. Der Auftrag der Hochschulstrukturkommission war es, Empfehlungen für das brandenburgische Hochschulsystem zu entwickeln, damit es n
einen Beitrag zur Lösung aktueller und zukünftiger Aufgabenstellungen im Land Brandenburg und darüber
sabine kunst – die weichen richtig stellen
n
n
n
n
n
hinaus leisten kann (allgemeiner Bildungsauftrag), einen noch größeren Beitrag zur Stärkung der Innovationsfähigkeit in der Region Brandenburg-Berlin, insbesondere in den Clustern, die im Rahmen der Gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg definiert wurden, leistet (Beitrag zur Innovationsfähigkeit), weiterhin in der Lage ist, hochqualifizierte Fachkräfte für die Unternehmen in der Region zur Verfügung zu stellen und so dem in der Gemeinsamen Fachkräftestudie Berlin-Brandenburg prognostizierten Fachkräftemangel entgegenwirkt (Beitrag zur Fachkräftesicherung), den außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Region als starker gleichberechtigter Partner zur Seite steht, den jungen Menschen aus Brandenburg, anderer Bundesländer und aus dem Ausland attraktive, qualitativ hochwertige Bildungschancen bietet, der demografischen Entwicklung insofern entgegenwirkt, so dass Haltefaktoren gestärkt und Zuwanderung stimuliert werden (demografischer Entwicklung entgegenwirken).
Die Kommission ist in ihrem Bericht2 im Juni 2012 zu Empfehlungen gelangt, die aktuell Eingang in die Diskussion zur Landeshochschulentwicklungsplanung finden.
Die im Mai 2012 veröffentlichte neueste Bevölkerungsprognose für Brandenburg erwartet einen Rückgang der Einwohnerzahl des Landes um rund 250.000 bis zum Jahr 2030; das entspricht rund 10 Prozent. Regional gibt es dabei große Unterschiede: So kann zum Beispiel Potsdam mit einem Bevölkerungswachstum von etwa 20 Prozent rechnen, während einige Landkreise mit einem Bevölkerungseinbruch um 20 Prozent planen müssen. Leistungsfähig und finanzierbar Natürlich muss es ein politisches und gesellschaftliches Ziel sein, perspektivisch u. a. auch die Wissenschaftslandschaft als Motor für eine positive demografische Entwicklung wirksam werden zu lassen. Es wäre nicht verantwortlich, wenn man nicht jetzt die Weichen so stellt, dass unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung auch in Zukunft eine leistungsfähige und bürgernahe Hochschulstruktur zu finanzierbaren Kosten gewährleistet werden kann. Denn nur die berlinnahen Standorte werden weiter eine hohe Nachfrage aus der Region haben. Für die anderen wird es immer mehr zusätzliche Anstrengungen erfordern, Studierende zu gewinnen. Dies gilt selbst dann, wenn der Anteil der Studienberechtigten pro Jahrgang weiter steigt. 2 http://www.mwfk.brandenburg.de/cms/detail.php/ bb1.c.294596.de
perspektive21
41
thema – welche hochschulen braucht das land?
Der Landeshaushalt wird in den nächsten Jahren bis 2019 voraussichtlich deutlich sinken. Auch für den Wissenschaftsetat bedeutet dies, dass zusätzliche Landesmittel für diesen prioritären Bereich wahrscheinlich nicht zur Verfügung stehen werden. Neue Strukturen, neue Studiengänge und eine weitere Forschungsprofilierung können so in erster Linie nur mit den vorhandenen Kräften realisiert werden. Das bedeutet, dass aus dem heute Bestehenden Ressourcen genutzt werden müssen, die für eine innovative Hochschulentwicklung reinvestiert werden können. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Anstrengungen zur Gewinnung von Drittmitteln und Forschungsförderung noch weiter zu intensivieren. Dies wiederum setzt Spitzenleistungen voraus. Mit Spitzenleistungen – seien sie in der Forschung oder Lehre – werden sich dann auch weitere Ressourcen wie Bundesoder EU-Mittel akquirieren lassen.
„konsequenter Komplementarität“ weiterzuentwickeln. Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach: Es verfolgt einerseits die erfolgreiche Linie der bisherigen Aufbauarbeit weiter und bedeutet eine Ergänzung zwischen Hochschulund außeruniversitärer Forschung. Und es setzt konsequent weiter um, was bisher auch Kern des Erfolgsrezeptes war: Nicht alle Einrichtungen machen alles, sondern es gilt, jeweils Schwerpunkte zu bilden. Das ist unerlässlich, um eine „kritische Masse auf die Waage“ zu bringen und die wissenschaftliche Qualität zu sichern. Damit wird im verhältnismäßig kleinen brandenburgischen Hochschul- und Wissenschaftssystem die Pflege und Kultur von Kooperationsbereitschaft und fähigkeit auch zu einem Qualitätskriterium. Wer das kann, sich zum Beispiel bei gemeinsamen Vorhaben gegenseitig zu unterstützen, gemeinsame Verantwortung für Forschung, Lehre und Bildung wirklich zu leben, der profitiert. Mehr Kooperation
Vor diesem Hintergrund lassen sich nun vier Thesen für die Brandenburger Wissenschaftspolitik ableiten. 1. „KONSEQUENTE KOMPLEMENTARITÄT“ ALS DURCHGÄNGIGES PRINZIP DER HOCHSCHULENTWICKLUNG. Angesichts
der finanziellen, personellen, fachlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen besteht eine große Chance darin, die Wissenschaftslandschaft in 42
august 2012 – heft 53
Erforderlich ist eine noch größere Kooperation zwischen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungsinstitutionen, zwischen Hochschulen und auch zwischen Teilbereichen von ihnen. Beispiele wären eine interdisziplinäre School of Education für Erziehungsberufe und die Lehrerbildung oder der Bereich von Medien und Informatik.
sabine kunst – die weichen richtig stellen
Studierende an staatlichen Hochschulen in Brandenburg 48.600
49.800
45.900 43.200 38.800
40.200
40.900
41.400
2005
2006
37.000 34.200 32.400
2000
2001
2002
2003
2004
2007
2008
2009
2010
Quelle: AfS BE-BB, jeweils Wintersemester
Mit den Hochschulen untereinander und auch mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollen ein sich ergänzendes System von Forschungsschwerpunkten und kooperative Strukturen in der Ausbildung von Studierenden entwickelt werden. So soll auch in der Fläche die Gewährleistung des allgemeinen Bildungsauftrages ebenso wie die Innovationsfähigkeit und die Fachkräftesicherung auch auf regionaler Ebene gesichert werden. Hierzu gehört, dass Brandenburg seine internationalen Partner noch einmal neu entdeckt und die jeweils gereichte Hand aus dem Blickwinkel der Wissenschaft, Forschung und Kultur ergreift. Neu könnte sein,
Partnerschaften mit intensiverer Kooperation zu verstärken. Und das jeweils besonders dort, wo schon Verbindungen vorhanden sind. So bestehen zum Beispiel mit Israel Kooperationen bei der Ausstellungsgestaltung in der Erlöserkirche durch Lehrende und Studierende der FH Potsdam, in den Jüdischen Studien, in der biomedizinische Forschung zum „Taschentuchlabor“ und der Informatik mit dem Technion Haifa und dem SAP Research Lab in Tel Aviv. Ein anderes Beispiel ist die Vereinbarung von Aspekten einer gemeinsamen Hochschulstrukturentwicklung mit Polen und der weitere Ausbau der Beziehungen zwischen Frankfurt und Poznan, Cottbus und Wroclaw. perspektive21
43
thema – welche hochschulen braucht das land?
Absolventen (ohne Promotion) an staatlichen Hochschulen in Brandenburg 7.319 6.733 6.043 5.259
5.299
2006
2007
4.484 4.081 3.702 3.187
3.112
3.062
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2008
2009
2010
Quelle: AfS BE-BB
Von großer internationaler Ausstrahlung ist auch das jährlich stattfindende Filmfestival „sehsüchte“ der Hochschule für Film und Fernsehen, das Teilnehmer aus der ganzen Welt nach Brandenburg lockt und in der Fachwelt einen ausgezeichneten Ruf genießt. Nicht zuletzt ließen sich die guten Beziehungen zu türkischen Forschungs- und vor allem Bildungsinstitutionen landesweit aufstellen. Es gibt diesbezüglich bereits eine jeweils ausgezeichnete Aktivität sowohl in Potsdam als auch in Frankfurt und Cottbus. Von Seiten der Industrie- und Handelskammern werden diese Anstrengungen nachhaltig unterstützt. 44
august 2012 – heft 53
2. DIE INSTITUTE DER AUßERUNIVERSITÄREN FORSCHUNG STÄRKEN GEMEINSAM MIT DEN HOCHSCHULEN DEN WISSENSCHAFTSSTANDORT BRANDENBURG. Die Ansiedlungspolitik der Wissenschaftsorganisationen in Potsdam-Golm, auf dem Telegrafenberg und in der Stadt Potsdam mit Blick auf Partner in den Hochschulen und gemeinsame Berufungen sind eine bundesweit beachtete und international sichtbare Erfolgsgeschichte. Es gilt, diese Dynamik auch für andere Regionen Brandenburgs zu nutzen. Auch die außeruniversitäre und universitäre Forschung abseits der Hauptstadtregion müssen ver-
sabine kunst – die weichen richtig stellen
zahnt werden. Das kann zum Beispiel durch abgestimmte Forschungsprojekte geschehen, durch eine effektive Nutzung zur Verfügung stehender Ressourcen in Bibliotheken, Laboren und Werkstätten, durch eine strategische Orientierung auf Wettbewerbe des Bundes, der Länder und der Europäischen Union. Durch eine höhere Attraktivität der Hochschulen können weitere Forschungsinstitute gewonnen werden. Es geht hier um die Nutzung der spezifischen Stärken, die im Vergleich zu den Konkurrenten originell sind. Dafür gibt es im brandenburgischen Wissenschaftssystem Beispiele zuhauf: n
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die biotechnologisch-biomedizinische Forschung in Senftenberg, Golm und Teltow, die gute Chancen hat, nach Dresden und Berlin zu wirken, Geoenergie als neue Ergänzung der bundesweit aufgestellten Energieforschung, border studies als ein europäisches Thema par excellence, Logistik-Entwicklung vis a vis dem neuen Flughafen BER und vielen Bezügen in alle Welt, die energieeffizienten Verkehrssysteme, die das Interesse der Deutschen Bahn gefunden haben in Brandenburg oder die konsequente Nachhaltigkeitsstrategie der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, für die
eine Hochschule mit ihrer Stadt gemeinsam steht. Im Interesse eines starken Wissenschaftssystems in Deutschland ist es zudem unerlässlich, Hürden der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern – gerade im finanziellen Bereich – abzubauen. Denn Brandenburg wird auf Ressourcen des Bundes angewiesen sein, um weitere Potentiale seines Wissenschaftssystems konkurrenzfähig zu entwickeln. Die Chancen stehen gut, hier in den nächsten Jahren entscheidende Schritte voran zu kommen und das Kooperationsverbot, welches sich aus der letzten Föderalismusreform ergab, in ein Kooperationsgebot zu wandeln. 3. MEHR BILDUNGSTEILHABE UND AUSSCHÖPFUNG VON POTENZIALEN SIND AUCH FÜR DEN WISSENSCHAFTSBEREICH
Bei der Sicherung einer leistungsstarken Hochschullandschaft in Regionen mit einem deutlichen Bevölkerungsrückgang spielt die Steigerung der Bildungsbeteiligung und die Verbesserung der Durchlässigkeit eine zentrale Rolle. Um den Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu sichern, muss ein höherer Anteil von jungen Menschen für ein Studium gewonnen werden. Zudem erfordert die gesellschaftliche Entwicklung gerechtere Bildungschancen: So wollen wir mehr Menschen mit Migrationshintergrund für ZENTRALE ZIELE!
perspektive21
45
thema – welche hochschulen braucht das land?
Entwicklung der Drittmitteleinnahmen an staatlichen Hochschulen in Brandenburg in Millionen Euro 93,8
70,1
48,8
46,7
2001
2002
53,6
49,6
49,8
54,5
58,4
36,2
2000
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Quelle: AfS BE-BB
ein Studium gewinnen. Ebenso gilt es, beruflich Qualifizierten ohne Abitur durch angemessene Förderstrukturen und flexible Lehrveranstaltungen ein erfolgreiches Studium zu ermöglichen. Auch, wenn solche Ziele zusätzliche Anstrengungen und veränderte Konzepte erfordern, so ist es doch ein lohnender Weg. Mehr Durchlässigkeit schaffen Bei den Studienanfängern ohne Abitur können Brandenburgs Fachhochschulen bereits auf beeindruckende Werte verweisen: So kommt etwa die Fachhochschule Brandenburg auf rund 46
august 2012 – heft 53
10 Prozent Anfänger ohne Abitur.3 Das ist rund fünfmal so viel wie der bundesweite Durchschnitt. Auch die Universitäten werden sich dieser Frage stärker stellen müssen; Kooperationen zwischen Fachhochschulen und Universitäten können hier wichtige Brücken bilden. Ein Ausbau der Weiterbildungsangebote und berufsbegleitender Studienangebote sind ebenso erforderlich. Im Bereich von Existenzgründung und Weiterbildung ist in den vergangenen Jahres besonders das Brandenburgische Institut für Existenzgründung 3 Vgl. Centrum für Hochschulentwicklung (che), Arbeitspapier 157 „Studieren ohne Abitur – Monitoring der Entwicklung in Bund, Ländern und Hochschulen“, Gütersloh 2012, S. 58
sabine kunst – die weichen richtig stellen
und Mittelstandsförderung (BIEM) zum Motor geworden. Seine Angebote, die von allen Hochschulen gemeinsam getragen werden, dienen vor allem den Absolventen bei Gründungen in der Region und der Anwerbung und Weiterbildung von Fachkräften. Wie die Lausitz gewinnt Brandenburg wird die Weiterbildung im Sinne einer offenen Hochschule verstärken, d. h. aufsetzend auf den vorhandenen Angeboten der Hochschulen. Dabei gilt es, diese gemeinsam mit den Kammern weiter zu entwickeln. Bereits führend sind die Angebote des dualen Studiums an der FH Brandenburg. Für die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe gemäß den Empfehlungen des Wissenschaftsrats von Juli 2012, bei denen Brandenburg seine Chancen jetzt nutzen sollte, werden spannende neue berufsbegleitende Qualifikationswege entstehen. 4. DIE LAUSITZ MUSS ALS WISSENSCHAFTSSTANDORT GESTÄRKT WERDEN.
Die Einrichtung einer eigenen Kommission zur Hochschulentwicklung in der Lausitz hat bereits deutlich gemacht, dass dem Land die besondere Bedeutung einer starken Wissenschaftslandschaft in dieser Region sehr bewusst ist. Die Ergebnisse der Lausitz-Kommission wie auch der Hochschulstrukturkommission haben für beide Hochschulen
Anzahl der studienberechtigten Schulabgänger in Brandenburg 1995-2020 Jahr des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung
Anzahl der studienberechtigten Schulabgänger*
1995
10.000
2000
13.500
2005
14.300
2007
14.900
2008
14.500
2009
15.500
2010
12.300
2011
10.700
2012
13.300
2013
8.900
2014
8.900
2015
9.400
2020
10.200 Quellen: Destatis, KMK (* = Prognose)
in der Lausitz ein differenziertes Bild ihrer Situation in Lehre, Forschung und Wissenstransfer gezeichnet. Die Kommission empfiehlt eine klare Neustrukturierung und komplementäre Neuausrichtung des Profils. In der nun seitens des Wissenschaftsministeriums vorgeschlagenen gemeinsamen Einrichtung ist es aufgrund der größeren gemeinsamen „kritischen Masse“ zum Beispiel in Bezug auf die Zahl der Studierenden, das gemeinsame Budget und die Zahl der Professuren eher möglich, Schwerpunkte herauszubilden und diese dann im Vergleich besser auszustatten. Diese Schwerpunktperspektive21
47
thema – welche hochschulen braucht das land?
bereiche werden in der Forschung unter anderem durch die Gründung einer „Graduate School“ auch international stärker sichtbar werden. Mit der Bologna-Reform, die grundsätzlich den Bachelor-Grad als ersten berufsqualifizierenden Abschluss definiert und die Unterschiede der Vergangenheit zwischen den Abschlüssen fachhochschulischer und universitärer Studiengänge in den Hintergrund treten lässt, ist es möglich, unter einem Dach forschungs- und anwendungsorientierte Studiengänge anzubieten. Die Absolventen sind in der Region gefragt, bleiben in der Region und ihnen sollen die Welten der Wissenschaft und der Wirtschaft gleichermaßen offenstehen, regional, national und international. Der geplante Verbund soll neben der Forschungs- und Anwendungsorientierung vor allem eine erfolgreiche Studierendengewinnung und Studierendenvorbereitung garantieren. Hierzu bedarf es einer Entwicklungsplanung, einer Leitungs-,
Ergebnis- und Ressourcenverantwortung aus einer Hand. Priorität im Mittelpunkt Das Land Brandenburg blickt auf eine beeindruckende Entwicklung seines Wissenschaftssystems zurück. Nach 20 Jahren sieht sich das Wissenschaftssystem vor neuen Herausforderungen, die gemeinsamen mit den Menschen, die mit ihren Leistungen dieses System tragen, zu bewältigen sind. Bei der von der Landesregierung dem Bereich von Bildung und Wissenschaft zugewiesenen Priorität muss es gelingen, die Hochschulstrukturen im Land nachhaltig zukunftsfähig und national wie international wettbewerbsfähig zu gestalten, den regionalen Bedingungen anzupassen, den Forschungsstandort zu stärken und die Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit ihrem intellektuellen und technologischen Potential in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren. n
PROF. DR.-ING. DR. SABINE KUNST
ist Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg. 48
august 2012 – heft 53
Klein, aber nicht zu klein ÜBER DIE FRAGE, WIE ES MIT BRANDENBURGS HOCHSCHULEN WEITERGEHEN SOLL, SPRACH THOMAS KRALINSKI MIT FRIEDRICH BUTTLER
PERSPEKTIVE 21: Sie haben vor 20 Jahren
die erste Brandenburger Hochschulstrukturkommission geleitet, jetzt haben Sie erneut eine Hochschulstrukturkommission geleitet. Sind Sie zufrieden mit „Ihrem Kind“ und wie es sich entwickelt hat? FRIEDRICH BUTTLER: Zufrieden kann man sein. Wir hatten damals ein bestimmtes Konzept verfolgt. Der Wissenschaftsrat hatte kritisiert, dass das Land plane, drei Universitäten und fünf Fachhochschulen aufzubauen. Die Entscheidungen waren getroffen, die Standorte beschlossen. Ich habe dann dem Vorsitzenden des Wissenschaftsrates erklärt, dass wir daraus keine drei Voll-Universitäten und fünf große Fachhochschulen machen, sondern ein komplimentäres Konzept verfolgen wollten. Nicht alles glänzt Das heißt? BUTTLER: Keine Volluniversität in Potsdam, aber doch ein sehr breites Fächerspektrum, die TU in Cottbus mit einer besonderen ingenieurwissenschaftlichen Profilierung und die Viadrina in Frank-
furt mit einer besonderen Widmung zu europäischen Fragen. Dieses Konzept ist im Prinzip noch heute da. Es hat sich weiterentwickelt, es haben sich manche Schwerpunkte besser entwickelt, als man geglaubt hat, während sich andere Schwerpunkte neu entwickelt haben. Denken Sie nur an die Kognitionswissenschaften als Exzellenzbereich der Universität Potsdam. Das gab es damals nicht. Absehbar war aber schon, dass die Naturwissenschaften in Potsdam eine besondere Perle werden könnten. Letztlich war dies auch die Voraussetzung dafür, dass die großen Wissenschaftsorganisationen ihre Versprechen eingelöst haben und hier entsprechende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gründeten. Gleichzeitig müssen wir aber auch sehen, dass nicht alles Gold ist, was glänzen soll – wie uns auch das Gutachten zu den Hochschulen in der Lausitz gezeigt hat. Hat denn die Profilierung so geklappt, wie Sie sich das vorgestellt haben? BUTTLER: Das ist schwierig zu beantworten. Da treffen zwei verschiedene Konzepte aufeinander, nämlich das der perspektive21
49
thema – welche hochschulen braucht das land?
Profilierung und das des Wettbewerbs – und die beißen sich bisweilen. Denn der Wettbewerb um dasselbe studentische Klientel mit ganz ähnlichen Angeboten von Fachrichtungen kann auch dazu führen, dass man Doppelstrukturen vorfindet und nicht etwa eine Profilierung – wenn wir mal an Senftenberg und Cottbus denken. Wir haben deshalb in der Kommission mit dem Konzept der Schwerpunktbildung gearbeitet. Dabei geht es im Kern um die Frage, ob Mehrfachangebote wirklich gerechtfertigt sind. Zu viele Mehrfachangebote Sind sie es? Im Prinzip ja, vorausgesetzt sie bilden unterschiedliche Schwerpunkte aus. Man kann das ganz einfach an der Betriebswirtschaftslehre demonstrieren, die ja im Moment an sieben von neun Standorten in Brandenburg vorhanden ist. Das wird sich dadurch ändern, dass Cottbus und Senftenberger zusammengehen, dann sind es immer noch sechs. Die Frage ist, braucht man diese sechs und die Antwort ist „ja“. Zum einen sind erst mal zwei verschiedene Typen darunter, nämlich die fachhochschulischen Betriebswirtschaftslehre-Studiengänge und die universitären Studiengänge. Und dann ist es gut, dass man die Betriebswirtschaftslehre als Angebot in der Fläche hat, in Brandenburg an der BUTTLER:
50
august 2012 – heft 53
Havel, in Wildau, in der Lausitz und auch in Eberswalde, weil gerade diese Studiengänge attraktiv für Jugendliche aus eher hochschulfernen Schichten sind. Insofern ist dann die Frage: Gelingt es, dass diese verschiedenen Betriebswirtschaftslehren unterschiedliche möglichst komplementäre Schwerpunkte setzen. Wenn das gelingt, kann man diese Fächer auch halten. Es gibt eine Diskussion, ob wir mit dem Bologna-Prozess in einigen Jahren überhaupt noch einen Unterschied zwischen Fachhochschulen und Unis haben. Brauchen wir wirklich beide Hochschulformen? BUTTLER: Fachhochschulen und die Universitäten sind zwei unterschiedliche Hochschultypen, die unterschiedliche Aufgabenstellungen haben. Durch das Bologna-System sind diese Aufgabenstellungen ein wenig näher aneinandergerückt. Wenn sie jedoch jemanden aus der Wirtschaft – vor allem der Industrie – fragen, ob er diesen oder jenen Typ von Ingenieur haben will, dann ist die Antwort: weder noch – sondern beide. Deshalb brauchen wir auch in Brandenburg beide Hochschultypen. Aber sie rücken eben auch zusammen und sollten auch in Zukunft stärker miteinander kooperieren, indem sie zum Beispiel gemeinsam Studiengänge tragen wie das etwa zwischen der Fachhochschule und der Universität Potsdam der Fall ist. Oder wie wir uns das für die Gesundheits-
friedrich buttler – klein, aber nicht zu klein
berufe vorstellen – in der Kooperation zwischen der Lehrerbildung und der Ausbildung, die an der Fachhochschule in Senftenberg gemacht wird. Von Anfang an haben wir in Brandenburg das Leitbild einer FH mit einer starken anwendungsbezogenen Forschung verfolgt. Deshalb enthält unser Hochschulgesetz schon heute eine Formulierung, nach der Absolventen von Fachhochschulen, für eine Promotion an einer Uni auch von Fachhochschulprofessoren betreut werden können. Funktioniert das? Nicht gut genug. Deshalb drängen wir auch darauf, dass daraus ein systematischer Zugang wird. BUTTLER:
Von Amerika lernen? Das läuft am Ende also auf einen Hochschultyp hinaus. BUTTLER: Das ist schwer zu sagen. Unter Verweis auf Amerika ruft man uns auf, die Trennung zwischen FHs und Unis aufzuheben. Aber wer genau hinschaut, sieht: Wir haben ein viel weniger geschichtetes Hochschulsystem als etwa in Amerika. Dort ist die Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Niveaus der Einrichtungen – von Harvard bis zu den Community Colleges – noch größer. Ich glaube, es wäre gut, wenn wir an den beiden Hochschultypen festhalten. Auch wenn die Fachhochschulen sicher ein Inte-
resse haben, immer näher an den Status von Universitäten heranzukommen. Ist denn das heutige Hochschulsystem passend für ein kleines Bundesland wie Brandenburg? BUTTLER: Es ist klein, aber mit Blick auf die Zukunft nicht zu klein. Es hat derzeit die Größenordnung von 50.000 Studierenden – und die trägt auch noch im Jahr 2025. Wir gehen davon aus, dass obwohl die demografische Entwicklung dafür sorgen wird, dass weniger Schulabgänger da sind, im Gegenzug der Übertritt in die Hochschulen weiter zunimmt. Diesen ganz deutlichen Veränderungsprozess in der brandenburgischen Gesellschaft beobachten wir ja schon in den letzten zehn Jahren. Die brandenburgischen Mädchen fangen jetzt mit dem Studium fast genau so häufig wie im Bundesdurchschnitt an, während die Jungen noch deutlich zurückhängen. Und wir können nur hoffen, dass es denen auch gelingt, diesen Anschluss zu finden. Dafür muss man einiges tun. Das ist ein ganz interessantes Gender-Thema. Das heißt, wir brauchen auch keine zusätzliche Hochschule? BUTTLER: Nein, das haben wir Mitte der neunziger Jahre genau überlegt und uns gefragt, ob man zusätzliche Standorte für Fachhochschulen gründen perspektive21
51
thema – welche hochschulen braucht das land?
sollte. Damals waren auch Standorte in der Prignitz, Neuruppin oder Eisenhüttenstadt im Gespräch. Aber das Land hatte sich zu diesem Zeitpunkt ja bereits Einiges auf die Hörner genommen. Allerdings kann man sagen, dass der Anteil der Fachhochschulen am Gesamtsystem mit etwa 30 Prozent relativ klein ist. Wenn man schon eine Entwicklung weiter fördern will, dann sollte es im Bereich der Fachhochschulen sein. Zu wenig Geld Gibt denn Brandenburg heute genug Geld aus für seine Hochschulen? BUTTLER: Die Antwort ist schlicht und einfach nein. Eine der wesentlichen Schlussfolgerungen der Kommission ist, dass das Land mehr für seine Hochschulen tun sollte. Sie können das an einem ganz einfachen Indikator festmachen, nämlich an dem Anteil des Bruttoinlandsprodukts, den Brandenburg für die Hochschulen aufwendet. Da liegt Brandenburg an letzter Stelle im Vergleich der Länder untereinander. Wenn sie das nach verschiedenen anderen Indikatoren ausfächern und fragen, wie viel wird also pro Einwohner ausgegeben oder wie viel wird pro Studierenden ausgegeben, wie gut oder schlecht die Betreuungsrelation Lehrende zu Studierende ist, dann kommen sie immer wieder zu Ergebnissen, die für Brandenburg nicht ganz erfreu52
august 2012 – heft 53
lich sind. Wenn man das alles betrachtet und trotzdem sieht, dass doch so viel geleistet worden ist, dann wird man einem Spruch der Ministerin folgen können, der sagt: „Keiner kann mit weniger mehr.“ Aber es bleibt eben wenig. Hängen die geringen Hochschulausgaben damit zusammen, dass es keine Mediziner-Ausbildung in Brandenburg gibt? BUTTLER: Nein, das haben wir immer geprüft, weil man nicht Vergleiche zwischen Äpfeln und Birnen machen kann. Bei allen Vergleichen, die sich auf die Studienkosten beziehen, ist die Medizin herausgerechnet. Anders sieht es aus, wenn man die Ausgaben für die Hochschulen am Bruttoinlandsprodukt misst. Da geht es darum zu bestimmen, wie viel einem Land die Hochschulen wert sind, was es für Wissenschaft und Forschung tut. Dabei ist es im föderalen System zunächst unerheblich, für welche Studiengänge das Geld ausgegeben wird. Zu wenig Absolventen An welchen Stellen müsste das Land investieren? BUTTLER: Das Land muss insbesondere etwas tun, damit die Betreuungsrelationen besser werden und die Studierenden, die hier beginnen zu studieren, eine größere Chance haben, erfolgreich ihr Studium zu beenden. Das ist ein
friedrich buttler – klein, aber nicht zu klein
ganz großes Thema der Hochschulstrukturkommission gewesen.
dafür, das Mentorensystem, was im Gesetz bereits vorgeschrieben ist, auch wirklich mit Leben zu erfüllen. Aber wenn die Betreuungsrelationen so sind, wie sie sind, dann wird man auch nicht viel verbessern können, indem man jedem Studierenden einen Mentor zuordnet, denn das sind zu viele Studierende pro Mentor. Man wird also Geld in die Hand nehmen müssen, um Tutorensysteme aufzubauen. In einem solchen System profitieren beide Seiten: Jüngere Studierende lernen von älteren Studierenden und die älteren haben durch die eigene Lehre einen außerordentlichen Lerneffekt.
Wie groß sind denn die Erfolgsquote und die Abbruchquote der Studienanfänger? BUTTLER: Heutzutage ist das System ja so verschult, dass man das alles genau wissen könnte, wenn man es wollte. Interessanterweise wissen es die Hochschulen teilweise so genau nicht. Es mag da Ausnahmen geben. Eberswalde hat zum Beispiel ein wunderbares Informationssystem, die wissen ziemlich genau, was aus ihren Anfängern wird. Und sie haben auch eine sehr gute Erfolgsquote. Wir können also nicht sagen, die Erfolgsquote der brandenburgischen Hochschulen ist schlecht. Aber sie variiert in einem Umfang, dass wir sagen müssen, da ist noch einiges zu tun. Das bedeutet zuallererst, dass sich die Hochschulen selber einmal Klarheit darüber verschaffen müssen, wie denn die Situation exakt ist. Wir haben es mit ihnen einmal durchexerziert und sie wissen jetzt viel mehr darüber. Aber dass man ein solches Informationssystem teilweise noch gar nicht hatte, deutet schon darauf hin, dass da irgendwo ein Problem liegt.
Gefragt sind also mehr studentische Mitarbeiter. BUTTLER: Ja, zum Beispiel. Und man muss sich überlegen, ob es richtig ist, den Mittelbau in der Weise wie er gegenwärtig besteht, bestehen zu lassen oder ob nicht viel mehr Forschergruppen, Juniorprofessuren usw. eingerichtet werden müssten, damit junge Leute viel schneller auch selbst verantwortlich lehren und forschen können.
Und wie lässt sich die Erfolgsquote verbessern? BUTTLER: Jedenfalls nicht, indem man einfach sagt, wir müssen massenweise Professoren neu berufen. Die Kommission plädiert ganz nachdrücklich
Die Hochschulstrukturkommission schlägt nun vor, die juristische Fakultät in Potsdam zu schließen und nach Frankfurt zu verlagern. Ein Trick, um zu sparen? BUTTLER: Wir wollen die beiden juristischen Staatsexamensstudiengänge in
Zu wenig Tutoren
perspektive21
53
thema – welche hochschulen braucht das land?
Frankfurt zusammenführen, weil beide zusammen ungefähr das leisten, was man von einer Fakultät erwarten sollte. Die Zahlen dazu sind ganz einfach und stammen völlig unverdächtig vom Juristischen Fakultätentag Deutschlands. Sie sagen, dass pro Hochschullehrer an einer juristischen Fakultät im Jahr bundesweit etwa 9,4 Absolventen produziert werden, in Brandenburg sind es 5,2, wobei Potsdam besser als Frankfurt abschneidet. Im Übrigen empfehlen wir nicht platt die Schließung der juristischen Fakultät. Wir haben vorgeschlagen, eine Fakultät für Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften zu schaffen, weil wir meinen, dass die Uni Potsdam hervorragende Potentiale hat, im Bereich der Verwaltungswissenschaften einen auch überregional beachteten Exzellenzbereich zu schaffen. Das geht – wie der Name der Fakultät schon sagt – nicht gegen die Juristen, sondern nur mit ihnen. In Potsdam gäbe es auch weiterhin eine starke rechtswissenschaftliche Lehre und Forschung, nur die „Erste Juristische Prüfung“ könnte man hier nicht mehr ablegen. Wo die Juristen hingehen Das heißt, die Betreuungsrelation bei den Juristen ist relativ gut? BUTTLER: Es ist nicht so, dass die Fakultäten übertrieben viel Personal hätten. Die Fakultäten arbeiten an der unteren 54
august 2012 – heft 53
Kapazitätsgrenze, die kritische Masse, die man braucht, ist so eben erreicht. Aber um darüber hinaus attraktive Studienangebote anzubieten, wird es knapp. Wir kritisieren auch nicht die wissenschaftliche Qualität der Lehre, das sind beides sehr reputierliche Fakultäten. Aber woran liegt es nun, dass bisher nur gut halb so viele Absolventen ausgebildet werden wie im Bundesdurchschnitt? BUTTLER: Das kann man nicht bis ins letzte Detail klären. Im Wesentlichen ist es ein Mix aus zu hohen Abbrecherquoten und einem negativen Wanderungssaldo während des Studiums, vermutlich vor allem nach Berlin. Auch ohne alle Ursachen im Detail zu kennen, kann man im Vergleich mit anderen Ländern zu dem Schluss kommen, dass die quantitative Ausbildungsleistung der brandenburgischen Universitäten gemessen an den eingesetzten Mitteln zu gering ist. Berlin genügt sich selbst Womit wir bei Berlin wären. Wie gut klappt die Zusammenarbeit der Hochschulen mit unserem Nachbarland? BUTTLER: Man kann erst einmal sagen, das Berliner Hochschulsystem ist so groß, dass es in sich selber genügend kritische Masse hat, um nicht auf andere angewiesen zu sein. Trotzdem gibt es eine sehr intensive Kooperation zwischen den Hochschulen. Daneben
friedrich buttler – klein, aber nicht zu klein
wird zwischen den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen beider Länder kreuz und quer kooperiert und das ist auch gut so. … Berlin hat es aber weniger nötig als Brandenburg … BUTTLER: Als wir uns vor 20 Jahren das Hochschulsystem überlegt haben, haben wir natürlich auf Berlin geschaut und uns nicht gefragt, ob die auch hinreichend auf Brandenburg schauen. Das ging zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht. Heute ist es schon anders. Dabei ist herausgekommen, dass bestimmte Angebote auch weiterhin hier in Brandenburg nicht geplant werden sollten, wie zum Beispiel in der Medizin und verwandten Berufen wie Pharmazie oder Tiermedizin. Heute muss man sehen, dass zum Beispiel an der Charité eine Ausbildung für Pflegeberufe nicht mehr in dem Umfang angeboten wird, dass es auch für Brandenburg reicht. Deshalb sollen künftig entsprechende Studiengänge in Senftenberg angeboten werden. Anderseits sind bestimmte Verwaltungsstudiengänge an der Fachhochschule in Wildau sinnvollerweise besser an der jetzt zusammengeführten Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin durchzuführen. Da gibt es noch mehrere Beispiele. Insofern lohnt es sich immer, Berlin und Brandenburg als eine Gesamtregion zu sehen und die Wissenschaftslandschaft immer wieder aufeinander zu beziehen.
Wenn man allerdings in der Regionalexpress-Linie 1 sitzt, hat man den Eindruck, dass die ganzen Studenten und Professoren von Berlin nach Potsdam und Frankfurt pendeln und unsere Unis nur Außenstellen von Berlin sind. BUTTLER: Nein, Potsdam ist bestimmt keine Außenstelle. Auch Frankfurt hat einen ganz eigenen Stil. Aber es ist evident, dass man sich wünschen möchte, dass mehr Professoren und mehr Studierende auch in Brandenburg wohnen würden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, um insofern auch die Eigenständigkeit des brandenburgischen Hochschulsystems zu betonen, weil es ja in enormer Weise zur Entwicklung des Landes in verschiedenen Dimensionen beiträgt. Allerdings werden die Hochschulen unterschiedlich nachgefragt. Ein Problem besteht in der Lausitz und deshalb hat die „LausitzKommission“ einige Vorschläge zur Kooperation der dortigen Hochschulen unterbreitet. Dabei ist zu gewährleisten, dass beide Hochschuleinrichtungen entsprechend ihrer fachlichen Ausrichtung mit ihrem regionalen Umfeld eng zusammenarbeiten. Die Regionen profitieren Und die Kooperation in Brandenburg funktioniert? BUTTLER: Ja, nach allem, was wir aus den Regionen gehört haben. Natürlich muss auch mal geklagt werden, wir perspektive21
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hätten gern von dem und dem mehr. Das ist als Anregung auch gut. Aber im Prinzip sagen alle: Das war eine richtige Entscheidung, die Hochschulen hier anzusiedeln und wir möchten sie auf keinen Fall missen. Dieser Beitrag zur Landesentwicklung kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Man sollte auch nicht unterschätzen, was beispielsweise Studierende der Kulturwissenschaften in Frankfurt für die Stadt und ihr Kulturangebot bedeuten. Ohne Hochschule ein Torso Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und den Hochschulen? BUTTLER: Dabei sind große Unterschiede zu machen zwischen der Kooperation mit der mittelständischen Wirtschaft und der Großindustrie. Beides funktioniert gut, beide haben aber eine unterschiedliche Klientel. So ist in Senftenberg die Kooperation mit der mittelständischen Wirtschaft sehr gut. Von der Uni Cottbus würden wir eher erwarten, dass sie mit der großen Industrie und den entsprechenden Konzernen zusammenarbeitet, wie das ja auch in erheblichem Umfang der Fall ist. Wenn sie etwa sehen, wie zusammengearbeitet wird zwischen Cottbus und bestimmten Unternehmen, die etwas mit dem neuen Flughafen Berlin-Brandenburg zu tun haben, kann man erkennen, dass es 56
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funktioniert und von den Partnern in der Wirtschaft auch so eingeschätzt wird. Auch zwischen der Hochschule für Film und Fernsehen und dem Standort Babelsberg gibt es eine ganz enge Verzahnung. Das eine wäre ohne das andere ein Torso. Es lässt sich aber auch noch deutlich mehr machen. Wir meinen, dass man die wissenschaftliche Weiterbildung mit Hinblick auf den Fachkräftebedarf der Region noch stärker intensivieren und miteinander abstimmen kann. Die Kommission ist deswegen der Meinung, dass es sinnvoll ist, regionale Plattformen zu bilden, auf denen die Produzentenseite und die Abnehmerseite von wissenschaftlicher Weiterbildung zusammenarbeiten. Da soll nicht jeder alles machen, sondern man muss sich absprechen und die Arbeit teilen. Auch hier gilt es, komplementäre fachliche Schwerpunkte aufzubauen. Neue Perspektiven Bilden denn die Brandenburger Hochschulen das Personal aus, das die Unternehmen hier nachfragen? BUTTLER: Die Unternehmen äußerten sich durch die Bank außerordentlich positiv und zufrieden. Ein Problem sehe ich bei den Ingenieurwissenschaften. Dort entwickelt sich inzwischen der Fachkräftebedarf so, dass man künftig verstärkt Ingenieure benötigt. Deshalb empfehlen wir der Techni-
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schen Fachhochschule Wildau sich wieder stärker auf ihre ingenieurwissenschaftliche Schwerpunktsetzung zu konzentrieren. Wenn man Wildau und den neuen Flughafen nebeneinander sieht, dann sind Themen wie Produktionslogistik und Verkehrslogistik von großer Bedeutung, die von Ökonomen, Ingenieuren und Informatikern gut bedient werden können.
entwickelt sie ihre Internationalität. Wir wünschen uns, dass sie dabei nicht nur Polen, sondern alle osteuropäischen Nachbarn im Auge hat. Ich betone aber sehr nachdrücklich, dass die Perspektive Polen unter keinen Umständen aus dem Auge verloren werden sollte. Gleichzeitig bedarf es aber auch einer Perspektiverweiterung nach Westeuropa.
In den neunziger Jahren war die Wiedergründung der Universität in Frankfurt durchaus umstritten, gerade aus finanzieller Sicht. Hat sie noch das Potential, ein Brückenkopf nach Osteuropa zu sein oder braucht man sie nicht mehr? BUTTLER: Doch, man braucht sie noch. Aber sie hat inzwischen ein anderes Koordinatensystem. 2004 hat sich mit der Osterweiterung der Europäischen Union einiges verändert. Darauf muss die Universität auch reagieren, sie muss sich mit den großen Themen der europäischen Entwicklung im internationalen Zusammenhang beschäftigen, sie muss sich mit den großen Fragen der Institutionen Europas beschäftigen. Dazu ist die Viadrina mit ihren Fakultäten im Prinzip richtig konzipiert. Auch die gute Position Brandenburgs im Ländervergleich bei der Internationalität, also der Anteil der ausländischen Studierenden, ist zu einem großen Teil Frankfurt zu verdanken. Jetzt ist die Frage, wie entwickelt die Viadrina ihr Konzept weiter und wie
Potsdam ist attraktiv Die Lausitz-Kommission hat die Zusammenführung der Fachhochschule Lausitz und der BTU Cottbus empfohlen. Warum haben Sie nicht die Zusammenführung von FH und Uni Potsdam empfohlen? BUTTLER: Zunächst einmal ist die Zusammenführung, die die Lausitz-Kommission vorschlägt, ja eine partielle. Daneben ist der Ausgangspunkt ein völlig anderer. In Cottbus und Senftenberg ist die Verdoppelung der Studiengänge an den beiden Standorten sehr weit getrieben worden. Die Abwanderung in der Region ist ein weiteres Problem. Sie wird aber kein Problem mehr sein für eine kooperierende Einheit oder zwei wirklich intensiv in einer Holding kooperierende Einheiten. Das ist in Potsdam völlig anders. Potsdam ist auch aus Berliner Sicht ein hochattraktiver Standort und trägt dazu bei, dass mehr Berliner Studienanfänger nach Brandenburg kommen als umgekehrt. Das liegt übrigens nicht nur an perspektive21
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der Attraktivität der Studienorte, sondern zunehmend auch an der inzwischen erreichten fachlichen Qualität.
Paderborn sagen die Menschen, man soll „der Gnade ab und zu mal ein bisschen nachhelfen“.
Der Gnade nachhelfen
Muss die Hochschulautonomie neu ausbalanciert werden? BUTTLER: Wir beschreiben das als einen Regelkreis. Autonomie zuerst! Aber man sollte eben dort, wo sie zu zögerlichen Reaktionen führt, auch mal entsprechend nachhelfen können. Das Hochschulgesetz gibt der Ministerin oder der Landesregierung durchaus die Möglichkeiten, das zu tun. Dazu muss man gar keine neuen Instrumente erfinden, sondern sie nur konsequenter anwenden.
Demnächst wird in Potsdam ein Studiengang für inklusive Bildung eingerichtet, auch der Studiengang für frühkindliche Bildung ist eine Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen. Gleichwohl hat man im Landtag den Eindruck, dass dauert alles viel zu lange. Ist das Hochschulsystem manchmal nicht auch ein bisschen zu schwerfällig? BUTTLER: Die Kommission unterstützt ganz nachdrücklich, dass in diesen Bereichen etwas geschehen muss. Und die Idee, dass man die gute Entwicklung der Kognitionswissenschaften an der Universität Potsdam und die Möglichkeit der Kooperation mit dem Fachbereich Sozialer Arbeit an der Fachhochschule Potsdam nutzt, liegt ja auf der Hand. Das muss funktionieren. Und trotzdem dauern diese Prozesse eben ihre Zeit. Ich denke aber schon, dass man das auch ausdrücklich im Rahmen der Hochschulentwicklungsplanung anstoßen kann. Die Hochschulautonomie ist eines der höchsten Güter. Sie muss aber auch verantwortet werden können. Dort, wo die kooperative Autonomie der Hochschule nicht so funktioniert, muss auch mal nachgeholfen werden. Ich sage ihnen das als ehemaliger Paderborner Rektor: In 58
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Kurzfristig geht das nicht Welchen Zeithorizont haben denn die Vorschläge der Hochschulstrukturkommission? BUTTLER: Wir haben die Perspektive bis 2025 dargestellt. Man muss bedenken, dass bei einem neu einzurichtenden Studienangebot die ersten Absolventen erst nach drei bis fünf Jahren fertig sind. Berufungen von Professoren sind immer auch Festlegungen für eine erhebliche Zeit. Man darf nicht kurzfristig denken, gerade wenn es um Aufbau von Ingenieurwissenschaften, Mathematik oder Naturwissenschaft, um die Einwerbung von Drittmitteln sowie Produktions- und Publikationserfolge geht. Was die Hochschulent-
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wicklungsplanung angeht, will das Ministerium sie noch in diesem Jahr auf die Beine stellen. Das heißt, wir sehen uns in 15 Jahren wieder und sie werden die nächste Hochschulstrukturkommission leiten.
Da bin ich mir nicht sicher. Aber es ist jedenfalls eine sehr interessante Erfahrung, wenn man nach 20 Jahren noch mal betrachten kann, was man damals mit angeregt hat.
BUTTLER:
Vielen Dank für das Gespräch.
PROF. FRIEDRICH BUTTLER
war von 1994 bis 2000 Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und leitete die Hochschulstrukturkommission, die im Juni 2012 ihren Bericht zur Gestaltung der Brandenburger Hochschullandschaft übergeben hat. perspektive21
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Mehr als ein Jungbrunnen WAS EINE HOCHSCHULE FÜR EINE REGION BEDEUTET VON ANDREAS FREDRICH
onfuzius sagte: „Wenn der Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon in naher Zukunft bereuen.“ Diesem Leitspruch muss die damalige Landesregierung gefolgt sein, als sie in den neunziger Jahren entschied, die Hochschullandschaft im neuen Land Brandenburg aufzubauen. Hochschulen und Universitäten wurden neu gegründet aber auch unter den neuen Bedingungen weiterentwickelt. Die Entscheidung, auch in der Fläche, im eher ländlichen Raum Hochschulen weiterzuentwickeln oder aufzubauen, trägt heute die Früchte. Gleichwohl soll hier keine wissenschaftliche Abhandlung mit Fußnoten und Grafiken stehen, sondern ein Fazit aus ganz persönlichen Erfahrungen eines Bürgermeisters einer Hochschulstadt.
K
die agierenden Personen einen entscheidenden Faktor dar. Dies ist nichts Neues, da Entwicklungen immer von Menschen erdacht und umgesetzt werden. Diesen Punkt möchte ich daher im Folgenden nicht weiter betrachten. Vielmehr möchte ich auf den zweiten Faktor näher eingehen. Ich nenne ihn einfach „Wirtschafts- und Wissensgesellschaft“ der Region. Lassen Sie mich diesen zweiten Faktor in fünf Punkte untergliedern: n n n n n
Hochschule als Bildungsschmiede Hochschule als Unternehmen Hochschule als Partner der Wirtschaft Hochschule als Imagefaktor Hochschule als Partner der regionalen Gebietskörperschaften.
DIE HOCHSCHULE ALS BILDUNGSSCHMIEDE
Fünf Punkte Jeder wird sagen, dass die Bedeutung einer Hochschule für eine Region hoch ist. Worauf die Bedeutung zurückzuführen ist und die Höhe der Bedeutung hängt nach meiner Auffassung von zwei Faktoren ab. Zum einen stellen
der Region kann man nicht nur auf die Ausbildung der Studierenden reduzieren. Vielmehr ist eine Hochschule auch ein Ort der geistigen Auseinandersetzung mit Fragen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der Region und unseres Landes. Diese Diskussionen werden in die Wohnbevölperspektive21
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thema – welche hochschulen braucht das land?
kerung getragen und sind ein wichtiger Bestandteil unseres demokratischen Entscheidungsprozesses. Gerade durch den Wechsel der Studierenden kommen immer wieder neue Ideen – manchmal, zugegebenermaßen, auch etwas abstruse Ideen – auf den Tisch. Aber durch die immer neuen Auseinandersetzungen und Diskussionen entwickelt sich die Region weiter. Kreativität kommt immer wieder neu in die Gegend und man bleibt offener für Entwicklungen, die uns voranbringen. Lebensgefühl und Werbefaktor Eine Hochschule bildet aber nicht nur hochwertige Arbeitskräfte für die regionale Wirtschaft aus – welches schon allein für eine Hochschule in einer Region spricht – sondern die Hochschule weckt das Interesse junger Menschen an akademischer Bildung. Ich meine damit nicht nur Abiturientinnen und Abiturienten sondern bereits Kinder und Jugendliche. Durch eine Kinder-Uni, die durch die Hochschulen organisiert werden, wird die natürliche Neugier der Kinder geweckt und befriedigt. Wenn man so will, ist das eine „wissenschaftliche“ Verzahnung von Hochschule und Familie. Gleiches gilt für die Unterstützung der Schulen bei Projekten der Berufsorientierung durch Science Academy, Science On Tour, Schnupperstudium oder Juniorstudium. Auch durch die 62
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von Hochschulen organisierten Fortbildungskurse über unterschiedliche Themen oder öffentlichen Vortragsreihen bis hin zu Seniorenakademien dringt Bildung in die Gesellschaft vor Ort. Alle Interessierten, die diese Angebote wahrnehmen, kommunizieren positiv über die Hochschule und damit über ein Angebot, welches es in der Stadt gibt. Dies führt zu einem guten Lebensgefühl und ist ein nicht zu unterschätzender Werbefaktor, denn alle erzählen es weiter. Diese Veranstaltungen setzen natürlich ein besonderes Engagement der Hochschule voraus. DIE HOCHSCHULE ALS UNTERNEHMEN.
Natürlich ist die Hochschule kein klassisches Unternehmen, das auf in Geld auszuzahlende Gewinne ausgerichtet ist. Aber für eine Region entfaltet sie die gleichen Wirkungen wie ein klassisches Unternehmen. Hochschulen sind immer einer der größten Arbeitgeber der Region. Bei ihnen sind je nach Größe mehrere hundert bis zu über tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Stabiler Arbeitgeber Im Gegensatz zur gewerblichen Wirtschaft unterliegt eine Hochschule keinen starken konjunkturellen Schwankungen und ist daher ein stabiler Arbeitgeber. Auch die Bandbreite des Beschäftigungsspektrums – vom Professor über wissen-
andreas fredrich – mehr als ein jungbrunnen
schaftliche, verwaltungstechnische bis hin zu technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – ist positiv zu bewerten. Bei der klassisch gewerblichen Wirtschaft ist in der Regel die Bandbreite nicht so groß. Festzuhalten ist, dass es sehr viele stabile Arbeitsverhältnisse gibt. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wohnen in der Region und geben dort ihr Einkommen aus. Dies gilt natürlich auch für die Studierenden und Hochschulmitarbeiter, die in der Region wohnen. Diese stärken direkt die regionale Wirtschaft als Kunden im Einzelhandel, als Mieter, als Verbraucher usw. Es stärkt aber natürlich auch das gesellschaftliche Leben und die Kompetenz von Gremien oder Vereinen bei der Begleitung und Beurteilung kommunalpolitischer Entscheidungen. Verlängerte Forschungsbank Darüber hinaus fragt die Hochschule auch Leistungen der regionalen Wirtschaft ab. Genannt seien hier nur beispielhaft Ausstattungsgegenstände, Verbrauchsmittel aller Art, Wohnraum und Bau- sowie Reparaturleistungen. Der Klein- und Mittelstand profitiert insbesondere bei Angeboten der Bewirtschaftung der Gebäude und technischen Anlagen. Letzten Endes sind auch die Stadtwerke, Wasser- und Abwasserverbände bei der Bereitstellung der entsprechenden Medien
Nutznießer eines Hochschulstandortes. Hochschulen sind sogar bei den Abnahmemengen sehr große und verlässliche Kunden. DIE HOCHSCHULE ALS PARTNER DER WIRTSCHAFT wird in Zukunft noch
mehr an Bedeutung gewinnen bzw. gewinnen müssen. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Globalisierung und der Kostenstruktur für die Produktion von Massenware wird die deutsche Wirtschaft auch in Zukunft Motor von innovativen Produkten sein müssen. Die Hochschule agiert daher in Teilen als „verlängerte Forschungsbank“ für viele kleinere Unternehmen der Region, die sich eine eigene Forschung nicht oder nur teilweise leisten können. Die Wirtschaft profitiert daher vom Wissenstransfer und schafft und erhält die Arbeitsplätze im Umland. Eine Hochschule, die eng mit der Wirtschaft arbeitet, ist somit Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen. Die zahlreichen Nachfragen von Investoren bei Ansiedlungsgesprächen nach der Verzahnung und der Vernetzung der Hochschule mit der regionalen Wirtschaft belegen dies. Darüber hinaus ist klar erkennbar, dass durch die Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft sowie der Gebietskörperschaft die Wachstumsdynamik der ganzen Region unterstützt wird. Unternehmen, die sich wegen der Hochschule ansiedeln, da sie gemeinperspektive21
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sam mit der Hochschule neue Produkte entwickeln, sind in der Regel auch bereit, den dann benötigten Produktionsstandort in der Region zu errichten. Dies schafft Arbeitsplätze und Einkommen in der Region.
bunden. Diese Kontakte können dann im Rahmen der Kooperation mit den Unternehmen neu geknüpft und vertieft werden. Die HOCHSCHULEN SIND PARTNER DER REGIONALEN GEBIETSKÖRPERSCHAFTEN.
Eine Hochschule ist immer ein IMAGEFAKTOR FÜR DIE REGION und
daher auch ein Imagefaktor für Unternehmen. Die Hochschule selbst, aber auch Unternehmen, die auf die Absolventen der Hochschule zurückgreifen, halten Akademiker in der Region. Dies gilt bis hin zur Gewinnung von Führungskräften. Oder um es einfach zu sagen: Menschen aus der Region studieren in der Hochschule der Region für Unternehmen in der Region (und natürlich darüber hinaus). Wenn dann die Absolventen in den regionalen Unternehmen diesen hochwertigen Arbeitsplatz in Anspruch nehmen können, in der Region durch die Tätigkeit hier ansässig werden, schließt sich mit einem Hausbau, der Gründung einer Familie, dem Einsatz der Kaufkraft vor Ort ein weiterer Wirtschaftskreislauf, der Vorbildcharakter für neue Studierende beinhaltet. Gemeinsame Projekte Ein erhöhter Imagegewinn – mit der Chance auf Unternehmensansiedlung – ist natürlich auch mit den internationalen Kontakten einer Hochschule ver64
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Wie sehe ich eine Hochschule als Vertreter einer Gebietskörperschaft? Ich kann sagen, dass die Hochschule in der Stadt steht. Aber ich kann auch sagen, dass die Hochschule nicht nur in der Stadt steht, sondern sie lebt auch in der Stadt. Für mich ist die Hochschule nicht ein Gebäude, sondern die Hochschule sind für mich die Menschen, die dort arbeiten und lernen. Und mit Menschen muss man kommunizieren und etwas auf die Beine stellen. Das ist natürlich etwas abhängig von den Fachbereichen der Hochschule. Aber wenn alle richtig nachdenken, gibt es immer etwas gemeinsam zu entwickeln. Sei es im Rahmen von Städteplanung, von energetischer Gebäudesanierung bis hin zu Gesundheitsfragen. Die Kunst ist, die Kompetenzen einer Hochschule für kommunale Projekte zu nutzen. Die Wissenschaft kann Lösungen für kommunale Probleme erarbeiten und auch Studierende können durch Masterarbeiten oder andere Arbeiten Praxisbezug bekommen und Lösungen erarbeiten. Und diese gemeinsamen Projekte einer Hochschule mit der Stadt führen nicht nur zu Problemlösungen, sondern auch zu mehr
andreas fredrich – mehr als ein jungbrunnen
Lebensqualität in der Region und zu einem besseren Lebensgefühl der Menschen vor Ort. Eine Hochschule ist nicht nur ein Jungbrunnen für Menschen und Ideen in einer Region, sondern auch ein knallharter Wirtschaftsfaktor. Die Bedeutung einer Hochschule kann nicht hoch genug eingeschätzt wer-
den. „Die Einbindung einer Hochschule in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben einer Stadt und der Region bestimmt deren Entwicklungspotenzial maßgeblich mit“, so der Präsident der Hochschule Lausitz, Prof. Dr. Günther Schulz. Dem kann ich nichts mehr hinzufügen. n
ANDREAS FREDRICH
ist Bürgermeister der Stadt Senftenberg, die die Hochschule Lausitz (FH) beherbergt. perspektive21
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Rot-Rot kann mehr WIE DIE HOCHSCHULPOLITIK AUF DIE ÜBERHOLSPUR KOMMEN KANN VON ENRICO SCHICKETANZ
ildung und Wissenschaft haben Priorität“ – ist ein immer wieder gerne beschworener Satz in bundesdeutschen Debatten. Ein Satz, den sich auch viele märkische Landespolitiker aller demokratischen Parteien bis hin zur rot-roten Regierungsführung um Ministerpräsident Platzeck (SPD) und seinem Stellvertreter, Finanzminister Markov (Linkspartei), gerne auf ihre jeweilige Fahne schreiben. Die Realität sieht allerdings differenzierter und ambivalenter aus, als solche plakativen Sprüche suggerieren. In ihrem im Juni vorgelegten Abschlussbericht gehen die Experten der Hochschulstrukturkommission des Landes Brandenburg um Friedrich Buttler detailliert auf die Prioritätenund Investitionsfrage ein. Unmissverständlich weisen sie in Bezug auf die finanzielle, personelle und sächliche Ausstattung des Hochschulwesens für die zurückliegenden Jahre und die aktuellen haushaltspolitischen Planungen nach, „dass die schlechte wirtschaftliche Ausstattung der Hochschulen nicht allein Folge der Wirtschaftskraft des Landes ist.“ Und weiter: „Zu denken gibt freilich, dass [Brandenburg]
B
auch gemessen an den laufenden Ausgaben als Anteil am Bruttoinlandsprodukt an letzter Stelle liegt; es handelt sich also um eine bewusste Prioritätsentscheidung.“ (siehe dazu auch: Enrico Schicketanz/David Kolesnyk, Quo vadis?, in: Perspektive 21, Heft 52, 2012). Wegzug ist vermeidbar Die Experten prognostizieren eine weitere „Abwärtsspirale“ und eine Reduzierung von Bildungsteilhabe, wenn nicht sofort ein Umdenken in der Haushaltspolitik einsetzt und Prioritäten neu definiert wird. „Brandenburg [bietet] bereits heute kapazitär nur weit unterdurchschnittliche Bildungschancen im akademischen Bereich und wird dadurch seiner Verantwortung im föderalen Kontext nicht voll gerecht“, weil „in keinem Land mehr Jugendliche zur Aufnahme ihres Studiums das Land verlassen (müssen) als in Brandenburg. Dies hängt einerseits mit dem begrenzten Fächerspektrum zusammen, das in Brandenburg angeboten wird, ist aber andererseits auch auf die im Vergleich zur relevanten Bevölkerungsgruppe geperspektive21
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ringen Studienplatzkapazitäten zurückzuführen.“ Der Wegzug dieser jungen Menschen und Fachkräfte wird regelmäßig bedauert, ist aber zum Teil politisch vermeidbar. Fußend auf dem rot-roten Koalitionsvertrag, zur notwendigen Haushaltskonsolidierung das Landespersonal in den nächsten zehn Jahren um rund 20 Prozent zu reduzieren, fordert der Finanzminister auch einen Beitrag des Hochschulbereiches. Er brachte hier den Abbau von 360 Stellen ins Gespräch, was der Schließung von bis zu drei Hochschulen entsprechen könnte. Buttler fordert jedoch nicht ein Minus, sondern 360 zusätzliche renommierte Wissenschaftler, damit Brandenburg die Betreuungsrelation der Studierenden wieder verbessert und langsam dem Bundesdurchschnitt annähert, aber auch, um die Abbrecherquote zu senken. Niemand solle zurückgelassen werden. Einen ähnlich hohen Personalaufwuchs wurde zuletzt im „Bildungsstreik“ 2009/10 gefordert. Vermächtnis des Bildungsstreiks Diese bundesweite Bildungsstreikbewegung legte den Finger auf die vielen wunden Punkte des Bildungssystems. Der rot-rote Regierungswechsel 2009 weckte daher bei den engagiert kämpfenden Studierenden, Beschäftigten und ihren gewerkschaftlichen wie politischen Unterstützern Hoffnungen. 68
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Fußend auf den hochschulpolitischen Programmatiken von SPD, Linkspartei sowie ihren jeweiligen Jugend- und Studierendenverbänden, hofften sie auf wegweisende Fortschritte im demokratischen, sozialen, ideellen und finanziellen Bereich der märkischen Wissenschaftspolitik. Die SPD übernahm das Wissenschaftsministerium. Ein neuer Wind der Gesprächsbereitschaft und großer Aufgeschlossenheit trat an die Stelle der konservativen Brems- bzw. Verhinderungspolitik seitens der CDU gegenüber progressiven und studentischen Inhalten. Weniger Selektion Schnell war jedoch die Enttäuschung da: Bei den Finanzen wird es erstmal nicht besser. Doch es gibt weit mehr Handlungsfelder, um Brandenburg als Land von Wissenschaft und Innovation voranzubringen. Auch darauf machten die „Bildungsstreikenden“ und in ihrem Nachgang die JusoHochschulgruppen mit ihren Bündnispartnern aufmerksam. Hier legte Rot-Rot los: n
Unsinnige Selektionshürden beim Masterzugang wurden abgeschafft. Mindestnoten und fachlich nicht zwingend notwendige Eignungsvoraussetzungen dürfen nicht mehr gefordert werden. Der Zugang zum Masterstudium wird jetzt in der
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Regel über die zur Verfügung gestellten und auszubauenden Kapazitäten und Finanzen gesteuert. Teilzeitstudienmöglichkeiten wurden deutlich erweitert, sind aber beileibe noch nicht an allen Hochschulen und in möglichst allen Studiengängen umgesetzt. Zwei Hochschulstrukturkommissionen nahmen nach 20 Jahren unser Hochschulwesen und dessen Grundlagen eingehend unter die Lupe.
Jedoch, der Elan verflog rasch: n
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Bundesweit wegweisende „große Würfe“ bleiben der versprochenen „großen Novelle“ des Brandenburgischen Hochschulgesetzes vorbehalten. Das im Austausch mit den JusoHochschulgruppen im Wissenschaftsministerium erstellte Konzept für Landeslehrpreise wurde mangels Finanzen vorerst wieder auf Eis gelegt. Statt ein Ein-TagesEreignis zu implementieren, war vorgesehen, den Prozess zum Ziel zu machen, indem mit maßgeblicher Ausgestaltung durch die Studierenden kontinuierlich immer wieder neu an den Hochschulen reflektiert werden sollte, was „gute Lehre“ ausmacht und wie Dozierende gezielt darin bestärkt werden können, dass es sich lohnt, die Lehr-
qualität zu verbessern. Dafür sollte es auch Auszeichnungen geben. Haushaltspolitik ist nicht alles. Dennoch muss sie für den Bildungs- und Wissenschaftsbereich kontinuierlich immer wieder neu auf die Tagesordnung der Landespolitik gesetzt werden, denn für eine Trendwende bleibt noch viel zu tun. Ebenso auf Bundesebene, wo erst noch die vehemente schwarzgelbe Blockade durchbrochen werden muss, um aus dem Kooperationsverbot im Grundgesetz ein Kooperationsgebot zu machen und um die Vermögenden und Finanzspekulanten an der solidarischen Finanzierung des Gemeinwesens mittels einer umfassenden sozialen Steuerreform stärker zu beteiligen. Nicht alles kostet Geld Die vielen inhaltlichen und strukturellen Fragen, die – geeignet progressiv beantwortet – ebenfalls zu einer nachhaltigen Stärkung des Hochschulwesens und seiner Strahlkraft nach innen und außen beitragen können, dürfen dabei jedoch nicht aus dem Blick geraten. Einige Antworten kosten wieder Geld – da sind wir wieder bei der Grundfrage. Aber viele sind mindestens kostenneutral oder „kosten“ lediglich politischen Willen und Kreativität. Gerade in diesen Feldern könnte ein Land wie Brandenburg bundesdeutscher Vorreiter werden, zumal bei perspektive21
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der hiesigen Regierungskonstellation mit Rot-Rot – und mit starken Studierendenverbänden im Rücken. Was die Juso-Hochschulgruppen als SPDStudierendenverband betrifft, so mauserten sie sich in den letzten Jahren zu einem führenden und präsenten parteinahen studentischen Akteur auf Landesebene, bauten ihre Flächenpräsenz kontinuierlich aus und erreichten beachtenswerte Wahlergebnisse. So ist die neu gegründete Juso-Hochschulgruppe Wildau bei den Wahlen zum Studierendenparlament in die Nähe der absoluten Mehrheit gekommen. Zusammen mit Bündnispartnern sind sogar ZweiDrittel-Mehrheiten an heiß umkämpften Standorten mit starker Konkurrenz möglich. Zwölf Ideen So ist die Juso-Hochschulgruppe an der Universität Potsdam seit sechs Legislaturen im AStA vertreten und stellt als stärkste Gruppe eines linksprogressiven Bündnisses seit zwei Jahren den Vorsitz. Doch möchte RotRot gemeinsam mit den Jugend- und Studierendenverbänden von SPD und Linkspartei links blinken und auf die Überholspur wechseln? Auf zum bundesdeutschen Klassenprimus in der Hochschulgesetzgebung, in der Studierendenfreundlichkeit? Ein verlockendes Szenario ist das zweifellos, oder? 70
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Dafür ist die konkrete personelle und inhaltliche strategische Aufstellung entscheidend, das heißt die Trias aus sozial gerechten, als „Fortschritt“ empfundenen Ideen, Multiplikatoren und Vormachern. Deshalb sollen im Folgenden zwölf Ideen, zum Teil provokant und zugespitzt, angeboten und in die Diskussion gebracht werden. 1. HOCHSCHULDEMOKRATIE UND -AUTONOMIE. Hochschulen sind keine
präsidiumsgesteuerten Wirtschaftsunternehmen oder Studien- und Forschungsfabriken, in denen alles der ökonomischen Verwertbarkeitslogik unterworfen werden kann. Fremdsteuerung durch undemokratische „Aufsichtsräte“, die über große Gestaltungsmacht verfügen und jüngst wieder für die Lausitz in die landespolitische Debatte gebracht wurden, oder weitere Hierarchisierung sind ein Irrweg. Vielmehr ist die Legislative rechtlich aufzuwerten. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen muss eine gleichberechtigte Mitbestimmung der drei Statusgruppen (Drittelparität) im Hochschulgesetz festgelegt werden, wie das immer mehr Bundesländer vormachen (wollen). In Studienkommissionen sollten die Studierenden 50 Prozent der Stimmen haben. Hochschulen können sich selbst beratende Gremien schaffen, in die sie nach pluralen Gesichtspunkten Repräsentanten wichtiger gesellschaftlicher Gruppen und ex-
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ternes Fachpersonal berufen können. Da die Präsidentin bzw. der Präsident die gesamte Hochschule repräsentiert und leitet, sollte ernsthaft geprüft werden, wie eine Direktwahl durch alle Hochschulmitglieder umgesetzt werden kann. Das fördert zugleich die Debattenkultur um die stetige Weiterentwicklung der Hochschule, führt zu einer stärkeren Berücksichtigung studentischer Interessen und verschafft eine höhere Legitimation. 2. STUDIERENDENSCHAFT. Das Mandat der Studierendenschaften ist rechtlich besser abzusichern. Hier können im Brandenburger Hochschulgesetz leicht die Berliner Regelungen zu den Aufgaben und des politischen Mandates der Berliner Studierendenschaften adaptiert werden. Es ist selbstverständliche und gesellschaftspolitisch wichtige Praxis, dass sie „sich [auch] mit der gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschulen sowie mit der Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung ihrer Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäftigen“ (§ 18 Berliner Hochschulgesetz). 3. SOZIALE ÖFFNUNG DER HOCHSCHULEN
Die Zahl der Menschen, die nicht über den „klassischen“ Weg des Abiturs bzw. des (hier weit verstandenen) Fachabiturs ein Studium aufnehmen, muss kontinuierlich erhöht werden, indem
die Hochschulen immer mehr für beruflich Qualifizierte und für Menschen, die spezielle wissenschaftliche Weiterbildungsangebote nutzen möchten, geöffnet werden. Absolventen des beruflichen Bildungsweges müssen generell studienberechtigt werden. Damit wird den Prinzipien lebenslangen Lernens und breiter Bildungsteilhabe entsprochen. Conditio sine qua non ist freilich die Studiengebührenfreiheit, die konsequenter Weise auch für Weiterbildungsangebote gelten muss. Um ein Studium für ausländische Studierende attraktiver zu machen, ist es jedoch auch notwendig, auf Bundesebene vor allem bestehende Beschränkungen für Erwerbsarbeit aufzuheben, weil sie sich oft komplett selbst finanzieren müssen. 4. MASTER FÜR ALLE. Der Bachelor darf nicht zur Sackgasse werden, zumal er nicht einmal im öffentlichen Dienst als vollwertiger wissenschaftlicher Abschluss akzeptiert wird. Alle Bachelor-Absolventen müssen das Recht haben, ein Masterstudium aufzunehmen. Realisiert werden kann das dadurch, dass die Zulassung zum Bachelor-Studium nach dessen erfolgreichem Abschluss automatisch die Zulassung für einen passenden Masterstudiengang beinhaltet. 5. GLEICHMÄßIGER GESCHLECHTERANTEIL. Das
ist auf allen Karrierestufen anzustreben. Hier könnte man sich perspektive21
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zum Beispiel an der Regelung im Koalitionsvertrag der neuen „Schleswig-Holstein-Ampel“ orientieren. Sie will, dass sich der Frauenanteil einer Qualifikationsstufe an der jeweils darunter liegenden Stufe orientiert und dieses Ziel über ihr Mittelverteilungsmodell umsetzen. Ähnliches soll für Gremien gelten.
nen viele Ergebnisse sowohl zivil als auch militärisch, sowohl für Mensch und Umwelt als auch für die schonungslose Ausbeutung oder Manipulation von Mensch und Umwelt genutzt werden. Hier müssen wir alle gemeinsam ein gesellschaftliches Klima der Verantwortung schaffen. 7. TRANSPARENZ UND OPEN ACCESS
6. WISSENSCHAFT HAT GESELLSCHAFT-
Hochschulautonomie bedeutet nicht Abkopplung von der Gesellschaft. Unabhängigkeit von Lehre und Forschung kann aber auch nicht heißen, sich unkritisch an meist profit- oder ideologieorientierte (Privat-)Interessen auszuliefern. Wissenschaft hat den gesellschaftlichen Auftrag, kritische Reflexion und Emanzipation der Bürger zu fördern und diese mit der Vermittlung beruflicher und sozialer Kompetenzen zu verbinden. Zu diesem Auftrag gehört ausdrücklich, ethisch-moralische, soziale, ökologische und gesellschaftliche Aspekte von Forschung, Technologien und Drittmittelprojekten zu reflektieren. Forschung, die zum Beispiel militärischen oder Rüstungszwecken dient, gehört nicht an zivile Hochschulen. Gerade mit Blick auf Potsdam gehört eine Zivilklausel ins Hochschulgesetz. Freilich ist die Frage zentral, wie generell mit Forschungsergebnissen umgegangen wird. Nicht nur im natur- oder humanwissenschaftlichen Bereich könLICHE VERANTWORTUNG.
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Mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschungsergebnisse müssen der Gesellschaft allgemein leicht und kostenfrei zugänglich sein. Um diesen Anspruch umzusetzen, sollte ein „Open-Access“-Konzept in Abstimmung mit den Hochschulen entwickelt werden. Darüber hinaus bedarf es einer Offenlegungspflicht für Drittmittelprojekte: Es muss transparent gemacht werden, welche Projekte in wessen Auftrag und mit welcher Zielstellung an den einzelnen Hochschulen laufen. Das gilt auch für die Lehre. Reguläre Kurse, die zum Beispiel von Versicherungskonzernen mit dem Nebeneffekt des Kundenfangs verantwortet werden, sind eine zu korrigierende Fehlentwicklung. 8. STUDENTISCHE BESCHÄFTIGTE UND WISSENSCHAFTLICHER NACHWUCHS
Die Frage nach einer wissenschaftsadäquaten Personalstruktur mit zum Beispiel dreijährigen Qualifikationsstellen muss weiter diskutiert und in enger Absprache mit den Gewerkschaften
enrico schicketanz – rot-rot kann mehr
gestaltet werden, wobei die Einheit von Lehre und Forschung auf alle Fälle zu erhalten ist. Langfristig sollte sozialdemokratisches Ziel sein, tariffreie Zonen, das Unwesen mit Kurzzeitbefristungen und Lehre zu DumpingBedingungen an den Hochschulen zu überwinden. Für gleiche Arbeit muss es gleiches Geld geben, für alle Beschäftigten Tarifverträge und einen gesetzlichen Anspruch auf personalrechtliche Vertretung. Für die Verbesserung der Situation der studentischen Beschäftigten bzw. wissenschaftlichen Hilfskräfte kann die Landesregierung aber auch kurzfristig Einiges machen. Eine Jahressonderzahlung kann laut Richtlinie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ins Ermessen der Hochschulen gelegt werden. Ebenso kann das Landespersonalvertretungsgesetz eine personalrechtliche Vertretung vorsehen. Per Verordnung kann festgelegt werden, dass es längere Regelvertragslaufzeiten gibt und alle Stellen hochschulöffentlich ausgeschrieben werden müssen, weil eine Vergabe „unter der Hand“ oder über „Vitamin B“ ungerecht ist. Rot-Rot muss das nur wollen. Das Teilzeitstudium dient der Vereinbarkeit von Studium, Familie, Job, Ehrenamt und der persönlichen Lebensplanung. Die rot-rote Regelung im Hochschulgesetz ist schon heute eine der besten, aber könnte noch unbürokratischer und 9. TEILZEITSTUDIUM.
flexibler gestaltet werden. Rechtfertigungszwang für Studierende und Prüfund Bewilligungsaufwand für die Verwaltung sind nicht nötig. Ganz simpel: Alle Studierenden können ohne Angabe von Gründen semesterweise ein Teilzeitstudium wählen. Knackpunkt bleibt aber auch dann, dass auf Bundesebene die BAföG-Förderfähigkeit gewährleistet werden muss. 10. FREIES STUDIUM OHNE ZWANGS-
Die Zwangsexmatrikulations- und Studienabschlussfristenregelung im §20 (2) des Hochschulgesetzes ist 2008 auf Wunsch der CDU und gegen die Überzeugung von SPD und Linkspartei eingeführt worden, weswegen sie bei der neuen Novelle problemlos wieder abgeschafft werden kann und sollte. Studierende sind erwachsene Menschen und müssen sich, wenn sie kein BAföG bekommen, selbst finanzieren. Zudem sind Studienzeitverlängerungen oft finanziell bedingt oder aufgrund der Studienbedingungen hausgemacht. Ein Studienabschluss ist besser als Hartz IV. EXMATRIKULATION.
11. RENAISSANCE DES DIPLOMS. Das deutsche Diplom genießt weltweite Anerkennung als Begriff von Qualität „made in Germany“. Insbesondere der „Dipl.-Ing.“ ist in der Wirtschaft weiterhin beliebt und kann berufliche Vorteile verschaffen. Bundesbildungsministerin Schavan (CDU) wertet es perspektive21
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thema – welche hochschulen braucht das land?
als Zeichen von „Selbstbewusstsein“, wenn Hochschulen für den Abschluss eines Masterstudiums den Diplomgrad verleihen dürfen. Dass das „Bolognatauglich“ ist, beweist Österreich, indem es das Diplom und den Master als Mastergrade definiert. Eine recht fortschrittliche Formulierung hat jüngst Mecklenburg-Vorpommern in seinem Hochschulgesetz gefunden, das eine Gleichwertigkeitsprüfung voraussetzt. 12. MEDIZIN-INSTITUT. In
Cottbus gibt es, unterstützt von der BTU Cottbus und den sechs kommunalen Kliniken des Südens, ein „Institut für interdisziplinäre Medizinerweiter- und -fortbildung und klinische Versorgungsforschung“. Das ist eine gute Initiative, dem Ärztemangel entgegen zu wirken. Der Standort ist sehr gut gewählt, schließlich ist das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus das größte (Lehr-)Krankenhaus Brandenburgs. Potenzial für ein kleines und bescheidenes AnInstitut oder gar eine Fakultät mit Promotionsrecht an der BTU Cottbus besteht, würde das Land seine ablehnende Haltung revidieren. Eine finanzielle Förderung im jetzigen Umfang wäre für das Land sogar kostenneutral (und ein Gewinn an gesellschaftlichem Gestaltungsspielraum), würde es die Subventionen an Vattenfall um rund 500.000 Euro kürzen – so hoch ist nämlich der Betrag, mit dem der Konzern das Institut sponsert. 74
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SPD-Fraktionschef Holzschuher erklärte Anfang 2012 Hochschulpolitik zu einer von drei Zukunftsfragen, die schwerpunktmäßig in diesem Jahr auf der Agenda stehen. Dass es jetzt erstmals in ganz Brandenburg eine gewisse Hochschulbewegung über alle Berufsund Gesellschaftsgruppen hinweg gibt, ist ein Verdienst aller hochschulpolitisch ehrenamtlich Aktiven und der Landespolitik. Das ist gut so. Das schafft eine Sensibilisierung, auf deren Grundlage wir alle gemeinsam Brandenburg voranbringen können. Diese Aufmerksamkeit entstand in Kombination von drei Debattensträngen (und unterstützend begleitet durch die Debatte der SPD um das Leitbild „Brandenburg 2030“): Die Haushaltspolitik des Landes, mit der jedes Hochschulsystem steht und fällt. Dieses Thema dominierte in den letzten beiden Jahren den Diskurs um die weitere Entwicklung des akademischen Bereiches. Für das ganze Land Die Kontroverse um die zukünftige Gestaltung der Niederlausitzer Hochschullandschaft, die im Februar mit einem landesweit hörbaren Paukenschlag begann: Sollen die BTU Cottbus und die Hochschule Lausitz zu einer („unternehmerischen“?) Universität „neuen Typs“ zusammengelegt werden? Es geht um das Wie und den Umfang ihrer Fortexistenz, Studien-,
enrico schicketanz – rot-rot kann mehr
Lehr- und Forschungskapazitäten sowie ihrer Studienangebote; es geht um ihre Finanzierung, ihren Ruf und ihre strukturpolitische Funktion in der Region. Erstmals gibt es sogar eine Volksinitiative „Hochschulen erhalten“, die bereits nach einem Monat das notwendige Quorum erreicht hat. Studentensicht fehlt Die Debatte zu den Anfang Juni vorgelegten Empfehlungen der Hochschulstrukturkommission. Da allerdings der studentische Blickwinkel fehlte, scheint es geboten, dass eine neue Art „Kommission“ Feedback der Studierenden und Anregungen zur Verbesserung ihrer Studien- und Lebensbedingungen an allen Hochschulstandorten sammelt. Denn hier besteht ebenso wichtiger Informationsbedarf, der in die weitere Hochschulentwicklungsplanung einbezogen werden muss.
Spätestens seitdem wird in Brandenburg und an allen Wissenschaftsstandorten leidenschaftlich und engagiert debattiert und um den richtigen Weg in die Zukunft gestritten. Wissenschaftsministerin Kunst fordert hier zu Recht breite Diskussionen und Stellungnahmen ein, um einen nachhaltigen Landeshochschulentwicklungsplan erstellen zu können. Diese Debatten gehen das ganze Land und alle gesellschaftlichen Schichten an, die ja „ihre“ Bildungslandschaft mittragen. Aber vor allem die Betroffenen an den Hochschulen müssen dabei sowohl ergebnisoffen als auch entscheidungswirksam eingebunden und informiert werden. Unser aller Ziel sollte ein solide finanziertes und inhaltlich wie strukturell gestärktes Hochschulwesen (einschließlich der oben genannten Vorschläge) für ein Brandenburg der Innovationen sein. Beginnen wir jetzt! n
ENRICO SCHICKETANZ
war von 2010 bis 2012 Landessprecher der Juso-Hochschulgruppen Brandenburg und deren Vertreter im Landesvorstand der Jusos Brandenburg, und viele Jahre in verschiedenen universitären Gremien engagiert, zum Beispiel als Referent für Sozialpolitik im Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Potsdam. perspektive21
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Exzellent – auch in der Lehre SIEBEN THESEN FÜR EINE GUTE UNIVERSITÄRE LEHRE VON UTA SÄNDIG
ls man bundesweit über die Exzellenzprogramme für Hochschulen diskutierte, die sich nahezu ausschließlich auf die Forschung bezogen, forderte die Wissenschaftsabteilung der GEW, und mit ihr weitere gesellschaftliche Kräfte, auch für die Lehre ein Exzellenzprogramm aufzulegen. Mittlerweile bestreitet kaum noch jemand, dass die Lehre an deutschen Hochschulen stiefmütterlich behandelt wird und dass die Bemühungen engagierter Dozenten, einen Teil ihrer Arbeitskraft ausdrücklich für eine gute Lehre zu reservieren, nicht als karrierefördernd gelten.
A
Was ist gute Lehre? Was aber ist eine gute, gar eine exzellente Lehre? Schaut man sich die Aktivitäten der Universität Potsdam an, dieser Frage zunächst einmal per Lehrevaluation beizukommen, so gelangt man zu dem Schluss, dass bislang die quantitativen Parameter überwiegen: Anzahl der Teilnehmer an Lehrveranstaltungen im Verhältnis zu Raumgröße und Ausstattung, stunden-
plantechnische Passfähigkeit der Veranstaltungen, Einsatz moderner Medien, Versorgung der Studierenden mit Materialien, Arbeitsaufwand zur Vorund Nachbereitung. Um nicht falsch verstanden zu werden, die Evaluationsbemühungen der Universität Potsdam sind durchaus verdienstvoll und sicher nicht schlechter als die Anstrengungen anderer Hochschulen – aber dem Phänomen einer guten Lehre kommen sie nur sehr bedingt auf die Spur. Mittlerweile hat Potsdam auch Programme zur Qualifizierung der Lehre aufgelegt und dafür sogar einige Preise eingeheimst. Daraus aber schließen zu wollen, dass hier schon flächendeckend gute Lehre praktiziert wird, wäre allein deshalb kurzschlüssig, weil die preisgekrönten Vorzeigeprojekte quasi in „Reinräumen“ stattgefunden und mit dem banalen Studienalltag wenig zu tun haben. Was also macht eine gute universitäre Lehre, zumal unter Standardbedingungen, aus? Sieben Thesen sollen hier zur Diskussion gestellt werden. perspektive21
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thema – welche hochschulen braucht das land?
1. GUTE LEHRE IST KOMPETENZORIEN-
3. GUTE LEHRE IST FORSCHUNGSBA-
TIERT. Sie
SIERT. Eine Lehrperson, die selbst überhaupt nicht forscht, läuft irgendwann Gefahr, nur noch reproduktiv und steril zu agieren. So gesehen können die seit einiger Zeit ins Gespräch gebrachten Lehrprofessuren durchaus in eine Sackgasse führen. Selbst akademische Mitarbeiter mit hohen Lehrverpflichtungen, etwa im Bereich von Sprachübungen, sollten nicht aus Belastungsgründen gezwungen sein, sich der angewandten Forschung oder zumindest der forschungsbasierten Materialentwicklung gegenüber abstinent zu verhalten.
stellt nicht das Eintrichtern von Lernstoff in den Vordergrund, sondern die systematische Entwicklung fachlicher Kompetenzen, will heißen: relevanter Techniken der geistigen Arbeit und fachwissenschaftlicher Methoden. Diese lassen sich exemplarisch an vielen fachlichen Inhalten ausbilden; die Auswahl besonders geeigneter Inhalte gehört somit zu den wesentlichen Entscheidungen, die Lehrende zu treffen haben. Den Kampf zwischen vernünftiger Stoffbeschränkung und „Stoffhuberei“ gewinnt derzeit leider häufig noch letztere.
Sie orientiert sich also an den natürlichen Lernprozessen, die über alle Sinne und alle Aneignungsweisen der Welt laufen und somit auf die Lernenden als ganzheitliche Persönlichkeiten gerichtet sind. Eine ausschließlich rationalistische Herangehensweise an Lerninhalte, wie sie im universitären Raum durchaus als angemessen gilt, ignoriert all die anderen „Kanäle“, über die sich Lernen – und oft nachhaltiger – vollzieht. 4. GUTE LEHRE IST GEHIRNGERECHT.
2. GUTE LEHRE IST PROZESSORIEN-
Es geht um die Gestaltung von Lernprozessen. Das setzt Kenntnisse über den Ablauf dieser Prozesse voraus, also die fachbezogene Beschäftigung mit der Lernforschung, speziell auch mit innovativen Lerntechniken. Die Studierenden da abzuholen, wo sie in ihrem Lernprozess gerade stehen, ist eine Lehrkunst, auf die – zumindest im universitären Raum – viel zu wenig Wert gelegt wird. Das Bemühen der Lehrenden, möglichst eindrucksvoll solche fachlichen Inhalte weiterzugeben, für die sie selbst brennen, reicht eben nicht aus, um bei allen Studierenden, zumal in Massenfächern, systematische Lernprozesse auszulösen.
TIERT.
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Mit anderen Worten, sie fordert den Diskurs heraus, bezieht die vielfältigen Kompetenzen der Lernenden mit ein und ist im besten Sinne unterhaltsam. Eine solche Lehre bedarf geeigneter Sozialformen, etwa der Projekt- und
5. GUTE LEHRE IST KOMMUNIKATIV.
uta sändig – exzellent – auch in der lehre
Stationenarbeit. Die Studierenden werden nicht zum passiven Objekt der Belehrung degradiert, sondern in ihrer Bereitschaft zu konstruktiv-kritischem Agieren ermutigt. 6. GUTE LEHRE SETZT EINE DIDAKTISCH MOTIVIERTE AUFBEREITUNG DES STOF-
Gerade im universitären Raum gilt die Methode „Friss Vogel, oder stirb“ leider noch immer nicht als ehrenrührig. Es muss aber darum gehen, sich bei der Stoffvermittlung an den Kompetenzen, Lernwegen und Bedürfnissen der Studierenden zu orientieren. Dazu kann ein wohlüberlegter Einsatz moderner Moderationsund Präsentationstechniken beitragen, auch die Bereitstellung von Readern und Handouts, die Einbeziehung von e-learning- und blended-learning-Sequenzen, aber ebenso ein gepflegtes Tafelbild und ein lebhafter, hörerfreundlicher Auftritt.
FES VORAUS.
7. GUTE LEHRE SETZT ERFAHRENE LEHR-
Und Erfahrung braucht Zeit, und zwar in zweierlei
PERSONEN VORAUS.
Hinsicht: Zeit für die Beratung und Betreuung der Studierenden und Zeit, um als Lehrperson zu reifen. Aber die Chancen dafür stehen schlecht: Die Personalausstattung an deutschen Hochschulen ist nicht nur viel zu knapp, sondern auch extrem ungünstig, um Erfahrungen in der Lehre zu sammeln. Wider bessere Signale aus den europäischen Nachbarländern und den USA leistet sich Deutschland bei seinem akademischen Nachwuchs ein Durchlauferhitzer-System, das seinesgleichen sucht. Kaum hat eine Lehrperson trotz Qualifizierungsdruck eine Ahnung davon gewonnen, wie gute Lehre aussehen könnte, ist ihr Fristvertrag auch schon ausgelaufen. Von der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse, zum Beispiel in Form von Lehraufträgen, gar nicht zu reden. Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass die erste Voraussetzung für eine gute Lehre die aufgabengerechte Personalausstattung an Hochschulen ist. Aber davon sind wir in Deutschland – und da macht auch die Universität Potsdam keine Ausnahme – leider noch meilenweit entfernt. n
DR. UTA SÄNDIG
ist Mitglied der Arbeitsgruppe Akademischer Mittelbau der Uni Potsdam und Vorsitzende der Landesfachgruppe Hochschule und Forschung und Mitglied des Hauptvorstandes der GEW. perspektive21
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Die Rückkehr des Bundes WIE SICH NEUES ENGAGEMENT DES BUNDES IN DER HOCHSCHULUND BILDUNGSPOLITIK AUF BRANDENBURG AUSWIRKEN KANN VON KLAUS FABER
ur Stärkung des Bundes im Hochschul- und Bildungsbereich hat die Bundesregierung im Mai 2012 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes eingebracht. Ausgangspunkt für die neue Debatte ist die erste Föderalismusreform von 2006. Diese Reform soll nun in einigen Punkten rückgängig gemacht werden. Ein wesentliches Ziel der Föderalismusreform I war es, so die Argumentation der Initiatoren und Befürworter der damaligen Verfassungsänderung, die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern u. a. im Bereich Wissenschaft und Bildung zu „entflechten“. Zu den Unterstützern derartiger Bestrebungen zählten auch ostdeutsche Landesregierungen, darunter die damalige SPD-CDU-Regierung des Landes Brandenburg. Hauptinitiatoren jedoch waren die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen. Ziel war es, Bundesleistungen im Bereich der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben, zum Beispiel im Hochschulbau, abzubauen und nach einer Übergangszeit ganz abzuschaffen. Eine derartige Leistungsreduzierung
Z
musste sich vor allem auf weniger finanzstarke und auf Länder mit Investitionsrückständen im Hochschulbereich – also auch auf ostdeutsche Länder – besonders negativ auswirken. Daher hätte man von diesen Ländern eigentlich deutlichen Widerstand gegen derartige Abbauplanungen erwarten dürfen. Solchen Erwartungen ist in Teilbereichen nur das Land Mecklenburg-Vorpommern gerecht geworden. Der Einfluss von Staatskanzleien und Finanzministern, die sich nicht selten eher an im engeren Sinne fiskal- als an investitions- und wachstumspolitischen Zielen orientieren, hat in anderen ostdeutschen Ländern schon früh zur Zustimmung zu den Initiativen für die Verfassungsänderung von 2006 geführt. 2006 und die Folgen In der Praxis führte diese Entflechtung von Bundes- und Landeszuständigkeiten überwiegend dazu, dass Bundeskompetenzen gestrichen oder reduziert wurden. Nach der Verfassungsänderung von 2006 blieben im Sektor Bildung und Hochschule nur noch perspektive21
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wenige Bundeszuständigkeiten übrig. Die Kompetenzverluste betrafen u. a. die Hochschulgesetzgebung und die frühere Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau nach Art. 91a des Grundgesetzes. Die Hochschulrahmengesetzgebung des Bundes wurde, wie insgesamt die Rahmengesetzgebung, aufgegeben. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung blieben beim Bund die Regelungskompetenzen für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse, nicht aber diejenige für die Hochschulpersonalstruktur. Als Ausgleich für die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wurden Regelungen getroffen, nach denen bis 2013 zweckgebundene Übergangszahlungen des Bundes, berechnet nach dem Durchschnitt zuvor erbrachter Leistungen, zu leisten sind. Ab 2014 entfällt die Zweckbindung der Bundesbeiträge, die, unter dem Vorbehalt einer Erforderlichkeitsprüfung, noch bis 2019 gezahlt werden sollen. Bereits vor dem Wegfall der Zweckbindung in 2014 waren in einigen Ländern, auch in Brandenburg, keine den Bundesmitteln entsprechenden Landesleistungen für den Hochschulbau aufgebracht worden. In der Praxis wurden auf diese Weise die Befürchtungen bestätigt, die Kritiker gegenüber der geplanten Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau bereits 2006 vorgetragen hatten. 82
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Ohne den Anreiz der Bundesmitfinanzierung und den im früheren Grundgesetz geregelten Zwang, entsprechende Landeszahlungen für den Hochschulbau in gleicher Höhe wie der Bund zu leisten, ist in finanzschwachen Ländern und in Ländern mit Nachholbedarf im Hochschulbau eine ausreichende Hochschulbaufinanzierung oft nicht gesichert. Kooperationsverbot in der Kritik Für den Bildungsbereich allgemein, also insbesondere für Schule und Hochschule, hat auch eine andere Neuregelung von 2006 Bedeutung. Vor allem Beschwerden des früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch über die Bundesmitfinanzierung von Länderaufgaben zum Beispiel bei der Förderung von Ganztagseinrichtungen (nach Art. 144a Abs. 4 alt des Grundgesetzes), hatten dazu geführt, dass durch die Verfassungsänderung zur Föderalismusreform I derartige Bund-LänderKooperationsabkommen nur noch in demjenigen Bereich zugelassen wurden, in dem der Bund über eigene Gesetzgebungszuständigkeiten verfügt. Im Schulwesen ist das bekanntlich kaum der Fall, sieht man von der Ausbildungsförderung ab, die aber zur Begründung von gemeinsamen BundLänder-Förderabkommen im Schulsektor nicht ausreicht. Die 2006 in das Grundgesetz neu eingefügte – die
klaus faber – die rückkehr des bundes
Bund-Länder-Kooperation einschränkende – Regelung wird heute meist als „Kooperationsverbot“ beschrieben. Auch im Hochschulbereich reichen die geschilderten, nach 2006 verbliebenen Bundesgesetzgebungszuständigkeiten nicht aus, um darauf Förderabkommen mit dem Bund zu begünden. Inzwischen werden viele der Neuregelungen des Grundgesetzes im Bildungs- und Hochschulbereich vor allem diejenigen, die den Bundeseinfluss reduziert haben, kritisiert. Zu den Kritikern gehören Politiker aus allen Bundestagsparteien, auch aus der SPD. Viele Kritikansätze zielen insbesondere darauf ab, eine höhere Bundesmitfinanzierung des Bildungs- und Hochschulbereichs zu erreichen. Eine neue Gemeinschaftsaufgabe Merkwürdigerweise (und glücklicherweise) hat die Föderalismusreform von 2006, gegen den ihr zugrunde liegenden Generaltrend zur Entflechtung, eine neue Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung von „Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen“ eingeführt. Sie wurde vor allem aufgrund der Initiativen ostdeutscher Bundestagsabgeordneter (insbesondere von Andrea Wicklein und Wolfgang Thierse) in der letzten Beratungsphase in Art. 91b des Grundgesetzes eingefügt. Bund-Länder-Vereinbarungen
nach dieser neuen Gemeinschaftsaufgabe bedürfen „der Zustimmung aller Länder“. Die gemeinsame Finanzierung könnte sich auch auf alle Bauvorhaben an Hochschulen beziehen, also nicht nur auf die im Grundgesetz erwähnten „Forschungsbauten“.1 Die auf die neue Fördervorschrift nach Art. 91b Abs. 1 des Grundgesetzes gestützten Bund-Länder-Hochschulpakte sehen das allerdings noch nicht vor. Die neue Regelung konnte nur deshalb durchgesetzt werden, weil bei einer Ablehnung der Initiativen die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag hätte gefährdet sein können. Die Einfügung einer neuen Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe in die Verfassungsänderung von 2006 zeigt, dass sich Widerstand auch gegenüber einer übermächtig erscheinenden Formation, wie der damaligen politischen Führung der CDU/CSU-SPD-Koalition auf Bundesebene, durchaus lohnen kann. Die neuen Bund-Länder-Hochschul1 Nach dem 2006 neu eingefügten Art. 91b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Grundgesetzes (Förderung von „Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen“) können Bund und Länder auch dann Bauvorhaben an Hochschulen fördern, wenn sie nicht „Forschungsbauten“ nach Art. 91b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Grundgesetzes sind. Zu den zu fördernden Hochschul-„Vorhaben“ etwa im Bereich der Lehre können nämlich auch Bauvorhaben gehören. Eine Ausschlussfunktion, die sich auf alle anderen Bauten als die „Forschungsbauten“ nach Art. 91b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Grundgesetzes bezieht, kommt der genannten Norm nicht zu. Siehe dazu auch: Klaus Faber, Wissenschaftspolitik und Föderalismusreform: Verfassungspolitische Ungereimtheiten, in: Botho Brachmann et.al (Hg.), Die Kunst des Vernetzens. Festschrift für Wolfgang Hempel, Berlin 2006, S. 449 bis 460.
perspektive21
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pakte leisten insgesamt einen beachtlichen Beitrag zur Hochschulfinanzierung. Sie wären ohne die Initiativen der ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten nicht möglich gewesen. Neue Forderungen Vor allem auf der Basis der neu eingeführten Hochschul-Gemeinschaftsaufgabe hat sich der Bund im Hochschulwesen trotz der Kompetenzverluste von 2006 einen erheblichen und in letzter Zeit wachsenden Einfluss sichern können. Die größten neuen Bundesfinanzierungsbeteiligungen enthalten die Bund-Länder-Vereinbarungen im Rahmen des Hochschulpaktsystems und zur sog. Exzellenzinitiative. Sie könnten ohne Verfassungsänderung auf weitere Hochschulgebiete, die auch einen Teil der Grundfinanzierung der Hochschulen umfassen, ausgedehnt werden. Entsprechende Vorschläge, die sich auf die Bundesmitfinanzierung der erreichten Hochschulabschlüsse beziehen, sind 2011 vom Wissenschaftsforum der Bundes-SPD vorgelegt worden. Auch der letzte SPD-Bundesparteitag hat 2011 einmütig – mit den Stimmen aller Delegierten aus Brandenburg – umfassende Forderungen an neue gemeinsame Bund-Länder-Programme zur Finanzierung des Bildungs- und Hochschulwesens beschlossen. Vorgesehen sind danach in einem Verbund84
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programm von Bund und Ländern etwa 20 Milliarden Euro Mehrausgaben für Bildung und Wissenschaft pro Jahr. Im Wissenschaftsbereich wäre ein derartiges Bund-Länder-Verbundprogramm auch ohne eine Grundgesetzänderung zu verwirklichen, da die vor und seit 2006 bestehenden Grundgesetzbestimmungen weit und flexibel genug gefasst sind. Im Schulbereich hingegen, ist für die Umsetzung der SPD-Parteitagsforderungen allerdings eine Aufhebung des Kooperationsverbots erforderlich. Mehrheit ist fraglich Verfassungsänderungen setzen ZweiDrittel-Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat voraus. Im Bundestag ist es vielleicht möglich, für eine Aufhebung des Kooperationsverbots eine derartige Mehrheit zu erhalten. Das trifft sowohl auf die Positionen der beiden Regierungsfraktionen als auch auf die Entwicklung der Meinungsbildung in den Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen (und vielleicht auch in der Links-Fraktion) zu. Fraglich ist allerdings, ob eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat erreicht werden kann, was wiederum die Position eines Teils der Bundestagsfraktionen beeinflussen könnte. Widerstände sind dabei auch in denjenigen Ländern vorstellbar, die von der SPD mitregiert werden. Die Bundes-SPD wird eine Aufhebung des Kooperationsverbots allerdings wohl in
klaus faber – die rückkehr des bundes
jedem Fall als Teil ihrer Agenda für den Bundestagswahlkampf 2013 propagieren. Die SPD-Bundestagsfraktion hat zu diesem Thema einen Beschlussantrag vorgelegt, der mit der SPDLänderseite abgestimmt ist. Der Bund kann mehr tun Die Bundesregierung hat zur verfassungsrechtlichen Absicherung eines höheren Bundesengagements im Hochschulbereich eine Ergänzung des Artikels 91b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Grundgesetzes vorgeschlagen. Neben den „Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen“ sollen künftig auch „Einrichtungen“ der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen, also zum Beispiel Hochschulen selbst, durch Bund-Länder-Kooperationsabkommen gefördert werden können. Auch hier ist eine verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag trotz der zunächst negativen Reaktion der Opposition unter Umständen vorstellbar, im Bundesrat aber bislang noch nicht gesichert. Der SPDBundestagsfraktion geht die Initiative nicht weit genug; sie stimmt dem Änderungsanliegen jedoch in der Sache zu. Fraglich ist, ob man für die vorgesehenen, erweiterten Bund-LänderFörderprogramme im Hochschulbereich die vorgeschlagene 91b-Erweiterung, die zur Klarstellung und Abgrenzung des Spielraums für Vereinbarungen gewiss
nützlich wäre, unbedingt benötigt. Die Verfassungspraxis zeigt eher, dass auch jetzt schon die Instrumente für wesentliche neue Programme zur Verfügung stehen, wie u. a. die Fälle zeigen, in denen der Bund Hochschulen mitfinanziert. Im Bundestag zeichnet sich seit längerer Zeit eine breite Übereinstimmung dazu ab, auch ohne eine vorausgehende Verfassungsänderung das Volumen und die inhaltliche Reichweite der Bundesmitfinanzierung im Hochschulwesen deutlich zu erweitern. Auf der Seite der zurzeit bestehenden Regierungskoalition ist dafür u. a. die schon erwähnte Bereitschaft ein Zeichen, den Bund in stärkerem Umfang an der Mitfinanzierung bestimmter Hochschulen zu beteiligen (Beispiele: Charité Berlin, Karlsruhe). Dieses Modell könnte unter Umständen ebenso in ostdeutschen Flächenländern Anwendung finden, ein entsprechendes Engagement auf der Landesseite vorausgesetzt, etwa bezogen auf die Europa-Universität Viadrina und ihrem internationalen Profil. Die Realisierung wird in diesem Fall allerdings wohl erst nach den Bundestagswahlen 2013 unter dann veränderten bundespolitischen Ausgangsbedingungen möglich sein. Die Bundes-SPD hat ihre Zielsetzung, eine stärkere Bundesmitfinanzierung im Hochschulbereich anzustreben, u. a. in dem Parteitagsbeschluss von 2011 deutlich gemacht. perspektive21
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Man sollte bei den Bundesangeboten zu einem größeren Finanzengagement im Hochschulwesen berücksichtigen, dass der Bund nicht die Absicht hat, bislang von den Ländern aufgebrachte (oder nach allgemeinen Standards aufzubringende) Finanzleistungen ganz oder teilweise zu ersetzen. Es geht vielmehr in der Regel um eine Bundesfinanzierungsbeteiligung an künftig notwendigen Ausbauanstrengungen, etwa im Bereich der Studienplätze, beispielsweise beim Ausbau von Masterstudienplätzen oder zur Verbesserung der Qualität der Lehre. Mittelbar werden die Länder auf diese Weise jedoch entlastet, nämlich bei der Finanzierung eines beachtlichen Teils der künftigen Wachstumsraten in den Hochschulund Forschungshaushalten. Zu deren Volumen geben die im SPD-Parteitagsbeschluss genannten Steigerungsraten (20 Milliarden Euro pro Jahr für Bund und Länder) einen Hinweis. Konsequenzen für Brandenburg Vor dem Hintergrund der in der zweiten Verfassungsreform von 2009 beschlossenen Schuldenbremsen werden auch andere Länder als Brandenburg, das bekanntlich in seinen Hochschulausgaben pro Kopf der Bevölkerung an der letzten Stelle in Deutschland liegt, Schwierigkeiten haben, die notwendigen Steigerungsraten für den Hochschulhaushalt zu gewährleisten. 86
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Theoretisch gibt es zwei Wege für einen Ausweg aus dem Dilemma. Zum einen wäre es denkbar, die beschlossenen Regelungen zu Schuldenbremsen durch Verfassungsänderung wieder zu lockern, auch unter dem Eindruck der europäischen Debatte über eine gleichrangige Prioritätensetzung für die Haushaltskonsolidierung, für das wirtschaftliche Wachstum und für Zukunftsinvestitionen zur Sicherung der individuellen, regionalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Politisch wahrscheinlicher ist bei fast allen vorstellbaren Ergebnissen der Bundestagswahl 2013 eine Entscheidung für eine Verstärkung der Bundesmitfinanzierung in strategisch wichtigen Sektoren der Infrastrukturförderung, also u.a. im Bildungs- und Hochschulwesen. Außerdem geht es in diesem Zusammenhang auch darum, Verbesserungen auf der Einnahmeseite des Bundes zu erreichen, etwa – wie es die SPD vorschlägt – durch Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Die Brandenburger Politik muss sich in jedem Fall, auch für die Zeit nach den Landtagswahlen von 2014, auf eine derartige Entwicklung einstellen, um im Wettbewerb um mehr Bundesmittel finanzpolitisch Erfolg haben zu können. Die zurzeit geführte wissenschaftspolitische Debatte um Spar- und Kürzungsvorschläge und um die brandenburgische Hochschulstruktur hat ambivalente Auswirkungen.
klaus faber – die rückkehr des bundes
Neben negativen Aspekten, auch solchen, die sich auf rufschädigende Folgen für das Land und seine Hochschulen beziehen, gibt es ebenso positive Effekte. Zu den letzteren gehört die Klärung einiger bislang strittigen Fragen in der politischen Debatte. Dass Brandenburg in Deutschland die letzte Position bei der Finanzierung seiner Hochschulen belegt, ist inzwischen bekannt und unumstritten. Auch die von der Landesregierung zur Begleitung von Sparmaßnahmen eingesetzte Expertenkommission unter Leitung des früheren Staatssekretärs Prof. Dr. Buttler hat deutlich gemacht, dass die in Brandenburg vorhandenen Hochschulkapazitäten im Ländervergleich keinesfalls überdimensioniert sind. In Teilbereichen der politischen Debatte hörte sich das zuvor noch anders an. Brandenburg könne sich sein Hochschulsystem langfristig nicht leisten, es gebe im Land zwei Universitäten, darunter die Brandenburgische Technische Universität Cottbus, zu viel, so einige Stimmen zu Beginn der politischen Auseinandersetzung. Dieser Teil der Argumentation ist inzwischen geklärt. Wie viele Studenten? Offen ist allerdings zum Teil noch immer die Frage, von welchen Kapazitätsannahmen für die Studierendenzahlen in Brandenburg mittel- und langfristig ausgegangen werden soll.
Die Einsicht, dass es im Hochschulbereich, anders als im Schulsektor, keinen automatischen Zusammenhang zwischen Bevölkerungswachstum oder -verlust und der Studienplatznachfrage gibt, wird zwar im Abschlussbericht der Buttler-Kommission2 geteilt, hat sich aber sonst noch nicht überall durchgesetzt. Ein Vergleich des – begrenzten – Berliner Bevölkerungswachstums und der gleichzeitig festzustellenden großen Steigerungsraten der Berliner Studierendenzahlen nach 1990 belegt die Unabhängigkeit der beiden Bewegungen. Im Interesse aller Auch in anderen deutschen Regionen lässt sich dieser Unterschied nachweisen. Gegen nach oben prinzipiell offene Entwicklungsannahmen zu den langfristigen Studierendenzahlprognosen für Brandenburg kann auch nicht angeführt werden, alle unsere Nachbarländer in Mittel- und Osteuropa seien durch einen ähnlichen Rückgang bei den Geburtenzahlen geprägt wie Deutschland; sie kämen daher als Studierendenexportländer für Brandenburg nicht in Frage. Das Gegenteil ist vielmehr richtig. Aus Polen sind in den vergangenen Jahren jeweils hunderttausende Menschen nach Großbritannien 2 Siehe dazu: Bericht der Hochschulstrukturkommission Brandenburg („Buttler-Bericht“) vom 08.06.2012, www.mwfk.brandenburg.de
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und nach Spanien ausgewandert. Das zeigt, dass der Geburtenrückgang keine Einschränkung der grenzüberschreitenden Mobilität zur Folge haben muss. Die zurzeit diskutierte Zahl von 50.000 Studierenden, die Brandenburg jetzt schon überschritten hat, sollte daher keine starre Obergrenze für einen nachfrageorientierten brandenburgischen Hochschulausbau bilden. Man sollte bei der Bewertung von Studierendenzahlprognosen auch ihre hohe Fehleranfälligkeit berücksichtigen. Die Prognosen mussten fast immer nach oben korrigiert werden. Interessengeleitete Bewertungsfaktoren, etwa das Interesse, den Investitionsbedarf niedrig anzusetzen, spielten dabei wahrscheinlich eine Rolle, aber wohl auch die Neigung, die Komplexität der Vorgänge beim Studierverhalten in unzulässiger Weise zu reduzieren. Reserven für eine künftig weiterhin steigende Studienplatznachfrage in Brandenburg ergeben sich aus noch bestehenden Nachfragedefiziten bei bestimmten Bevölkerungsteilen und aus der Einwanderungsmöglich-
keit aus anderen Bundesländern sowie aus dem Ausland. Ein attraktives, vielfältiges Studienangebot in Brandenburg auszubauen, liegt, langfristig betrachtet, im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger. Das gilt unter finanzpolitischen, aber ebenso unter allen Gesichtspunkten, die mit der Sicherung der Entwicklungsmöglichkeiten und der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und seiner Menschen zusammenhängen. Dazu gehören auch die Wirtschaftsentwicklung und die Sicherung einer qualifizierten Hochschulpartnerschaft für die ausgezeichneten außerhochschulischen Forschungseinrichtungen in Brandenburg. Die Chancen, die sich jetzt unter demografischen und bundespolitischen Gesichtspunkten bieten, sollten wahrgenommen werden. Die Finanzbeträge, die dafür vom Land zu erbringen sind, sind im Vergleich zum Gesamtvolumen des Landeshaushalts oder auch nur zu den – wohl unvermeidbaren – Mehrkosten beim Flughafenausbau in Schönefeld eher begrenzt. Ihr Nutzen kann aber nicht hoch genug eingeschätzt werden. n
KLAUS FABER
ist Staatssekretär a. D., Rechtsanwalt und Vorsitzender des Wissenschaftsforums der Sozialdemokratie in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern e. V. 88
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impressum
HERAUSGEBER n n
SPD-Landesverband Brandenburg Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern e.V.
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Klaus Ness (V.i.S.d.P.), Thomas Kralinski (Chefredakteur), Ingo Decker, Dr. Tobias Dürr, Klaus Faber, Tina Fischer, Klara Geywitz, Lars Krumrey, Christian Maaß, Till Meyer, Dr. Manja Orlowski, John Siegel ANSCHRIFT
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Heft 17 Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft Heft
Ende der Nachwendezeit. PDS am Ende? 18 Der Osten und die Berliner Republik 19 Trampolin oder Hängematte? 20 Der Letzte macht das Licht aus? 21/22 Entscheidung im Osten: Innovation oder Niedriglohn? 23 Kinder? Kinder! 24 Von Finnland lernen?! 25 Erneuerung aus eigner Kraft 26 Ohne Moos nix los? 27 Was nun Deutschland? 28 Die neue SPD 29 Zukunft: Wissen 30 Chancen für Regionen 31 Investitionen in Köpfe 32 Auf dem Weg ins 21.Jahrhundert 33 Der Vorsorgende Sozialstaat
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Brandenburg in Bewegung 10 Jahre Perspektive 21 Den Rechten keine Chance Energie und Klima Das rote Preußen Osteuropa und wir Bildung für alle Eine neue Wirtschaftsordnung? 1989 - 2009 20 Jahre SDP Gemeinsinn und Erneuerung Neue Chancen Zwanzig Jahre Brandenburg It’s the economy, stupid? Wie wollen wir leben? Geschichte, die nicht vergeht Engagement wagen Die Zukunft der Kommunen Die Zukunft der Medien