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Mallorquinische Küchenklassiker

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Foto: canalcocina.es

Foto: comiendoconreyes

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Was isst man auf Mallorca?

Auf unserer schönen Insel kann man nahezu alles essen, was man will. Die zahllosen Restaurants spiegeln die Küchen der Welt wider. Doch will man authentische mallorquinische Küche auf gutem Niveau essen, sucht man schon länger. Das Restaurant Arco Iris zwischen Muro und Can Picafort ist so ein Lokal. Seit 53 Jahren kann man dort bei der gleichen Betreiberfamilie exzellent zubereitete Traditionsgerichte wie Arroz brut, Sopa mallorquí, Tumbet oder Lammschulter genussvoll verspeisen. Doch was ist eigentlich was?

Haltbarkeit Die vielen Sonnenstunden machten die Mallorquiner erfinderisch. Immerhin erreicht im Sommer das Thermometer gerne dreißig bis vierzig Grad und als es noch keine entsprechenden kühlen Lagermöglichkeiten gab, musste man sich – wie in anderen “heißen” Ländern auch – viele besondere Tricks zur Haltbarmachung ihrer Lebensmittelüberlegen. Daher gibt es auf der Insel viele traditionelle Gerichte mit Essig – Fisch oder Gemüse “en escabeche” – und einige, bei denen Fleisch oder Fisch eingebacken wird, etwa Empanada. Auch die Armut machte erfinderisch. So verarbeiten die Mallorquiner Tiere von Kopf bis Fuß – von den Revueltos de Sesos (Rührei mit Schweinehirn) bis zu den Manitos de Cerdo (Schweinefüßchen). Diese Gerichte finden sich auch auf den Speisekarten von heute, teils raffiniert verfeinert und veredelt im neo-mallorquinischen Küchenstil. Pa amb oli Zuerst Tomaten oder zuerst das Olivenöl? Das ist die große Frage, wobei sich aber die Mehrheit für die Tomaten entscheidet. Die Rede ist vom Pa amb oli, was nichts anderes heißt als Brot mit Olivenöl. Basis ist das salzlose dunkle Brot Pan moreno. Die Scheiben werden getoastet oder besser noch im Ofen oder über einem Feuer geröstet und mit Knoblauch sowie Tomaten eingerieben, wobei man dafür speziell die hiesigen Ramallet-Tomaten nimmt. Dies sind kleinere, feste Tomaten, die man an Strängen hängend auch längere Zeit aufbewahren kann. Es folgen Olivenöl

und nicht zu grobes Meersalz. Wer will, kann das Brot darüber hinaus mit Schweinefleisch, Schinken, Käse, Anchovis oder anderen Köstlichkeiten belegen. Angerichtet wird der Teller im Restaurant zudem mit Oliven und etwas Meerfenchel (Fonoll Mari). Tumbet Dieses mallorquinische Gericht ist wie gemacht für Vegetarier, ja sogar für Veganer, obgleich das die fleischaffinen Mallorquiner wahrscheinlich nicht wahrhaben wollen: Das Tumbet ist nämlich nichts weiter als ein Gemüseauflauf, sozusagen ein Vetter der Ratatouille, nur ordentlicher geschichtet. Dafür werden – und das ist der Trick – die einzelnen Gemüse wie Kartoffeln, Aubergine, Paprika und Zwiebeln in feine Scheiben geschnitten und getrennt angebraten, dann auf Papiertüchern “entfettet” und schichtweise in einen tönernen Schmortopf, die sogenannte Greixonera, gelegt. Darüber kommt ein Tomatensugo, den man parallel angefertigt hat. Das Ganze muss dann eine Zeitlang im Ofen schmoren. Wer das mit dem “Entfetten” ernst nimmt, serviert anschließend ein leichtes, bekömmliches Sommergericht. Wer es nicht ganz so vegetarisch-vegan mag, kann in den Auflauf auch angebratene SchweineFoto: Fornet de la Soca schnitzelchen geben oder Fisch. Und ein Spiegelei macht sich obenauf ebenfalls ganz gut. Coca Wenn man es sich einfach macht, könnte man sagen, Cocas seien Pizzen ohne Käse. Doch die knusprigen, belegten Teigstücke sind mehr als das. Vor allem gibt es keine festen Beläge. Alles ist erlaubt, was schmeckt, Süßes wie Herzhaftes. Das kann die Kombi aus Feigen, Sobrassada und ka-

Foto: Fornet de la Soca

ramellisierten Zwiebeln ebenso sein wie Paprika, Tomaten und Zwiebeln oder Zucchini mit Ziegenkäse und Oliventapenade. Und auch beim Teig ist die Zugabe von Orangensaft und Tintenfischtinte oder Olivenöl statt Schweineschmalz durchaus häufig.

Sopa mallorquí “Sopa mallorquí” klingt nach mallorquinischer Suppe, ist aber eher ein Gemüsebrei, wenn man es abschätzig beschreiben würde – einen Ästhetikpreis gewinnt das frühere Arme-Leute-Essen sicher nicht. Es ist ein kohllastiger Mix aus verschiedenen saisonalen Gemüsesorten, die mit Gewürzen und Gemüsebrühe gekocht und dann auf sättigenden hauchdünnen Brotscheiben angerichtet werden, die nahezu alle Flüssigkeiten aufsaugen.

Frit mallorquí Innereien waren das Einzige, das sich viele früher nur leisten konnten, deshalb gibt es auch – und nicht nur in Spanien – viele entsprechende Gerichte. So beispielsweise das “Frit mallorquí” oder das “Frit de matançes”. In ersterem Fall wird zumeist Lammfleisch (Herz, Lunge, Leber) genutzt, im zweiten Fall stammt das Fleisch vom Schwein. Sozusagen die Reste nach der Schlachtung (Matanza). Kombiniert wird das kleingeschnittene Fleisch mit Gemüse der Saison wie Blumenkohl, Artischocken, Paprika, Knoblauch, Kartoffeln. Und um den etwas strengen Geruch der Innereien zu überspielen, wird intensiv mit Fenchel gewürzt. Heutzutage gelten “Casquerías”, wie sie spanisch heißen, als Delikatesse. Wichtig ist aber, ein perfekt gereinigtes Fleisch vom Metzger des Vertrauens zu beziehen.

Arroz brut Schmutziger Reis – das ist die Übersetzung des mallorquinischen Namens –klingt nicht gerade einladend. Auch die Optik gewinnt wohl keinen Preis, aber das suppige Reisgericht schmeckt fantastisch und beinhaltet im besten Fall Schwein, Huhn, Ente, Kaninchen und Reis. Taube ginge auch noch. Gemüse ist bei Puristen verpönt, wird aber dennoch oft beigefügt. Der Name rührt daher, dass man als besonderen Aroma-Kick Enten-, Gänse- oder Kaninchenleber mit Knoblauch und Gewürzen im Mörser zermahlt – das nennt sich dann Picada – und am Ende hinzufügt.

Spanferkel mit Zackenbarsch Die Kombi klingt gewöhnungsbedürftig: Zackenbarsch mit Spanferkel. Und doch ist es eines der traditionellen Festtagsgerichte reicher Mallorquiner – zumindest in früheren Epochen. Bei der einfachsten Version schmort man das Spanferkel auf einem Rost über dem Fisch, wobei das Fett vom Schwein auf den Fisch tropft und diesen aromatisiert. Bei einem anderen Rezept kommen auf das Spanferkel Hackfleischfarce, Bauchspeck, Eier, Mandeln, Rosinen, Pinienkerne, Sobrassada und die Fischfilets. Das Ganze wird zusammengerollt und kommt in den Ofen, bis das Spanferkel kross gebraten ist.

Gefüllte Lammschulter Schafe leben hier ein schönes Leben, und eigentlich ist es grausam, den netten Lämmern ihre angenehme Zeit auf Mallorcas Erde zu verkürzen. Aber ein freilaufendes Lamm schmeckt nun mal auch fantastisch, speziell wenn die Lammschulter gefüllt wird mit Sobrassada und Trockenfrüchten wie Pflaumen, Aprikosen, Datteln oder Feigen. Ein anderes Rezept sieht eine Füllung mit Sobrassa-

da und Auberginen vor, ein weiteres kombiniert in der Füllung Rosinen und Äpfel und wieder ein anderes packt die für Mallorca typische Ensaimada ins Lamm. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, wobei eine Besonderheit allen Rezepten gemeinsam ist: Der Mallorquiner liebt die Kombination aus Süßem und Herzhaftem.

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 Martina Zender

Foto: Arco Iris Foto: hogarmania.com

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