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Interv. mit Wolfgang Heichel von Dschingis Khan
Hits, Kult
und Legenden
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Spricht man von der Pop-Gruppe Dschinghis Khan, ist der Sänger und Komponist, Wolfgang Heichel, ein prominenter Teil des Originals. Er ist eines der sechs Gründungsmitglieder, Lead-Singer und die männliche Stimme der legendären deutschen Popgruppe. Komponist und Produzent Ralph Siegel und Textdichter Dr. Bernd Meinunger schrieben das Lied Dschinghis Khan, mit dem die gleichnamige Gruppe 1979 beim 24. Eurovision Song Contest in Israel den vierten Platz belegte. Danach war der musikalische Siegeszug von Dschinghis Khan nicht mehr aufzuhalten. Mit exotischen Kostümen und Choreographien eroberte die Gruppe die Charts, und sie wurden mit Gold- und Platin-Platten aus insgesamt 20 Ländern ausgezeichnet, darunter Japan, Australien, Korea, Holland, Belgien und Israel. Auch der Israeli Oscar und die israelisch-ägyptische Friedensmedaille wurde der Gruppe verliehen. Es folgten weitere Hits wie: „Moskau“, „Rocking Son of Dschinghis Khan“, „Verräter“, „Loreley“, „Pistolero“, und die teuerste Pop-Produktion, die es jemals in Deutschland gab, „Rom“. EL AVISO sprach mit Wolfgang Heichel über die Kultgruppe, Auslandserfolge, Auseinandersetzungen, die Mongolei und Mallorca.
EL AVISO: Sie haben auf Mallorca mit dem Musikproduzenten, Luis Rodríguez, zusammengearbeitet und sind regelmäßig auf der Insel. Hatten Sie trotz Ihrer Arbeit Zeit, Mallorca kennenzulernen? Wolfgang Heichel: Ich bin seit vielen Jahren immer wieder gerne auf Mallorca. Ganz zu Beginn von Dschinghis Khan, Anfang der 80er Jahre, war ich mehrmals mit der Gruppe beim deutschen Sender in Mallorca eingeladen, um Interviews zu geben und aufzutreten. Dann war ich bei Thomas Gottschalks „Wetten, dass...“, und nach der Reunion unserer Gruppe 2005 beim ZDF-Fernsehgarten auf Mallorca. Dabei versuche ich mir immer die Zeit zu nehmen, die Kultur eines Landes kennenzulernen. In erster Linie interessieren mich die Kunst und die Künstler eines Landes, da ich selbst an der Kunstakademie in Kassel Kunst studierte und damals auch an der Documenta mitgewirkt habe. Mit Spanien verbindet mich etwas ganz Besonderes: In meiner Studienzeit habe ich Salvador Dalí kennengelernt, und daraus entstand eine Freundschaft bis zu seinem Tod. Deshalb habe ich auch eine ganz besondere A nität zu Spanien und seinen Inseln.
EA: …und die Entspannung - wo sind Sie am liebsten, was tun Sie gerne, wenn Sie auf Mallorca sind? WH: Am liebsten bin ich hier auf der Insel im Frühjahr und lasse einfach die Seele baumeln. Dann bin ich immer auf der wunderschönen Finca El Patio und spiele mit meinem Freund und Golf-Pro Thomas Schilling auf den tollen Golfplätzen hier auf der Insel.
EA: Die Gruppe „Dschinghis Khan“ hat nach ihrer Gründung 1979 in Deutschland Kultstatus erlangt. Die ganz großen Bühnenerfolge wurden aber vor allem im Ausland gefeiert. Warum ist das so? WH: Wir haben auch in Deutschland in den Jahren 1979 bis 1986 auf großen Veranstaltungen gespielt und große Hallen gefüllt. Im Ausland, vor allem in Russland und Asien haben wir mit unseren Show-Auftritten zugleich mehr Medienpräsenz. Wir füllen nicht nur große Hallen mit 30.000 Zuschauern, sondern seit 2005 werden unsere Shows auch immer im TV übertragen, wie zum Beispiel unsere Reunion-Show und die Weihnachts- und Silvester-Shows, die von mehr als 150 Millionen Zuschauern in Russland und Zentralasien gesehen wurden. Unsere Hits werden in der ganzen Welt bis zum heutigen Tage gerne gehört und mitgesungen. Zum Teil gibt es die Dschinghis Khan Songs auch in der jeweiligen Landessprache.
EA: Wie hat sich für Dschinghis Khan mit dem russischen Ukraine-Krieg die Situation verändert? Ist ein Auftritt mit dem Song „Moskau“ überhaupt noch gefragt? WH: In Russland auf jeden Fall. Denn die Russen lieben diesen Song, und er ist in Russland nach der Nationalhymne der beliebteste Song überhaupt. In Deutschland und Europa ist der Song mittlerweile ein no-go.
EA: Die Gruppe Dschinghis Khan ist nach 1985 auseinander gegangen und mehrmals, teilweise in anderer Zusammensetzung, wieder zusammengekommen. Was waren dabei die typischen Di erenzen? WH: Erstens war der Vertrag 1986 ausgelaufen und zweitens hatte ich eigene Zukunftspläne. Nach einer Pause von fast 20 Jahren kam über Gruppenmitglied Steve Bender eine Anfrage aus Russland für eine Dschinghis Khan-Reunion. Um hier nicht gleich nein zu sagen, habe ich extrem hohe Forderungen an den Veranstalter gestellt, wie zum Beispiel ich will Tiger, Bären, Kamele, Sänften, Bolschoi-Ballett, Kinderchor und noch vieles mehr auf der Bühne haben. Der Veranstalter erfüllte den größten Teil meiner Forderungen, und somit habe ich dann letztendlich als Lead Singer und soundprägende männliche Stimme von Dschinghis Khan, der Reunion zugestimmt und eine sensationelle Show entwickelt. Acht Jahre nach der Reunion wollte ich mit Dschinghis Khan, auch dem Kultstatus angemessen, wieder eine neue Show kreieren und diese mehr kulturell ausrichten. Meine Kollegen wollten das nicht und wir trennten uns erneut.
EA: Zeitweise gab es sogar einen Dschinghis KhanAbleger mit Ihnen und eine Teilgruppe mit Ihrer Ex-Frau Henriette Strobel. Ist das nicht kontraproduktiv? WH: Ja, das war kontraproduktiv, vor allem, weil ich mir dann Shows und TV-Auftritte ansehen musste, wo mit den Original Playbacks mit meiner Stimme aufgetreten wurde, und Musicaldarsteller den Mund auf und zu machten und so taten, als singen sie selbst. Die Fans haben natürlich sofort den Fake erkannt und entsprechend reklamiert.
EA: Mit dem ursprünglichen Dschinghis Khan-Produzenten, Ralph Siegel, war man auch nicht immer einig. Ist die Rechtesituation inzwischen geklärt? Wo darf Dschinghis Khan draufstehen und wo ist Dschinghis Khan drin? WH: Grundsätzlich ist Dschinghis Khan nur Dschinghis Khan, wenn ich dabei bin, da ich das einzige Original bin, das noch aktiv auf der Bühne ist. Ralph Siegel hat mich verklagt wegen eines 40 Jahre alten Logos, das ich etwas modernisiert habe. Er hat jetzt das Recht, dieses Logo allein zu verwenden.
EA: Die Einzelkarrieren der Gruppenmitglieder waren recht unterschiedlich. Welchen Einfluss hatte der musikalische Erfolg auf spätere Tätigkeiten? WH: Bei mir hat es letztendlich dazu geführt, dass ich Kulturbotschafter der Mongolei geworden bin. Und darauf bin ich sehr stolz, denn Persönlichkeiten wie Richard Gere und Steven Seagal sind auch Kulturbotschafter der Mongolei.
800 Jahre Mongolei 2006 Erste Goldene Schallplatte 1979 Reunion 2005
Mongolei am Set 2018
Israel 1979
EA: Das ist eine besondere Beziehung zur Mongolei, dort erhielten Sie auch die höchste Auszeichnung Medal of Friendship und sind Ehrenbürger der Stadt Chinggis City… WH: Ja, die Mongolen ehren mich dafür, dass ich seit 1979 maßgeblich dazu beigetragen habe, den Namen des legendären Dschinghis Khan in die Welt zu tragen und das zu einer Zeit, in der es in der Mongolei unter Androhung hoher Strafe verboten war, den Namen Dschinghis Khan nur auszusprechen. Seit dieser Zeit beschäftige ich mich intensiv mit der sehr interessanten Historie des legendären Dschinghis Khan und werde dazu im nächsten Jahr eine Buchübersetzung herausbringen.
EA: Sie sind regelmäßig auch in der Mongolei? WH: Ja natürlich. Das erste Mal war ich 2006 in der Mongolei, wo ich zusammen mit Dschinghis Khan ein
Kulturbotschafter 2018 Gemälde 2006 Song Pistolero 1981
Konzert zur 800-Jahrfeier der Mongolei vor 40.000 Zuschauern gab. Bei diesem Besuch wurde von mir eine künstlerische Zusammenarbeit initiiert, bei der ein deutscher Maler und eine mongolische Malerin gemeinsam ein Bild zu Dschinghis Khan malten. Es entstand ein Bild wo Dschinghis Khan und die gleichnamige gemeinsam zu sehen waren. 2018 war ich dann wieder in der Mongolei und habe dort auf Anregung meines Freundes Luvsannamsrain Oyun-Erdene (Anmerkung der Redaktion: seit Januar 2021 der Premierminster der Mongolei) zusammen mit der größten mongolischen Film- und Medien-Produktionsgesellschaft einen Videoclip in der Mongolischen Steppe gedreht. Mit einem Konvoi von SUV´s, einer großen Filmcrew, dem mongolischen Nationaltheater und den Military Reitern ging es 2.000 km durch die Mongolische Steppe, und es war eines meiner eindrucksvollsten Abenteuer. Der o zielle Videoclip zu dem Song Dschinghis Khan ist in YouTube mittlerweile sechs Millionen Mal angesehen worden.
EA: Noch mal zurück zum Kultcharakter von Dschinghis Khan: Wäre das nicht ein idealer Sto für ein Musical? WH: Auf jeden Fall. Die Mongolen haben bereits ein wunderschönes, historisches Theaterstück in der Mongolei verö entlicht, das im Jahr 2023 nach Europa kommen soll.
EA: Was wird aus Dschinghis Khan? Wie sind Ihre Pläne für die nächsten Jahre? WH: Ich werde sicherlich noch einige Jahre auf der Bühne stehen. Mit meinem Kreativteam arbeite ich derzeit an einem kulturellen Projekt, mit dem ich in naher Zukunft weltweit auf Tour gehen werde.
Das Gespräch führte Frank Heinrich
Salvador Dalí