im porträt
Der «Trainingsfaule», der eine erstaunliche Karriere zurücklegte Urs Freuler ist einer der grössten Schweizer Radrennfahrer. Er gewann zehn Bahn-Weltmeistertitel, holte den 7. Rang an den Olympischen Spielen und wurde 1982 und 1983 zum Schweizer Sportler des Jahres gewählt. Heute betreibt der sympathische Glarner seinen eigenen Radsportbekleidungs-Shop.
1972 holte der damals 13-jährige Urs Freuler die erste Medaille
Familie kam vor Karriere
auf dem Velo. Und dies gleich bei seinem ersten Schülerrennen
In seiner Karriere holte er insgesamt zehn WM-Titel auf der Bahn in
in Bern. «Mein Bruder und ich sind beide sehr gut Ski und Velo
acht Jahren und er gewann über 70 Strassenrennen. Dazu gehören
gefahren, irgendwann mussten wir uns für eine Sportart entschei-
Etappensiege an der Tour de France (3), Tour de Suisse (9) und dem
den, ich entschied mich fürs Velo», erzählt Urs Freuler. Der heute
Giro d’Italia (15) und 1984 gewann Urs Freuler das Punktetrikot am
62-Jährige legte eine steile Karriere auf dem Velo zurück. Als er in
Giro. Besonders gerne erinnert er sich an die Siege bei mehreren
der Junioren-Kategorie fuhr, wurde sein Talent bald entdeckt. Bei
Sechstagerennen in Zürich. «Im eigenen Land zu gewinnen, das war
einer Talentsuche des schweizerischen Radverbands qualifizierte er
schon speziell.» Als seinen grössten sportlichen Erfolg bezeichnet
sich an einem regionalen Kilometer-Test für eine Finalwoche und
der 62-Jährige die erste WM-Goldmedaille 1981. Zu diesem Erfolg
durfte mit den besten 15 Fahrern der Schweiz in Lausanne auf
bekam er von Ferdy Kübler eine Uhr geschenkt, die er auch heute
die Rennbahn. «Ich konnte richtig professionell mit Betreuern und
noch mit Stolz trägt. Als grössten persönlichen Erfolg sieht er seine
Trainern eine Woche lang auf der Bahn trainieren», erinnert er sich.
Ehe mit Mareile, sie sind seit 34 Jahren glücklich verheiratet und
Den abschliessenden KM-Final gewann er, es folgte die Aufnahme
haben einen 30-jährigen Sohn. «Meine Familie hat mir immer Kraft
ins Nationalkader, mit dem er 1978 als Amateur im Bahnvierer seine
gegeben und ist für mich das Grösste auf dieser Welt.»
erste WM-Medaille holte. 1997 beendete Urs Freuler altershalber seine Karriere als Radprofi.
«Vor Paris-Roubaix habe ich ein Kafi-
Heute schaut er gerne auf seine Profi-Karriere zurück. Und er sagt,
Complet mit einem Steak gegessen und
froh, dass er zur damaligen Zeit im Velozirkus unterwegs war. «Heute
auf meinem Kopfkissen im Hotel musste
die wir hatten, sie sind fast schon Marionetten.»
immer ein Sandwich parat liegen.»
er würde heute nichts anders machen als damals. Trotzdem ist er ist es mir zu strukturiert, die Fahrer haben nicht mehr die Freiheiten,
Nach seiner Karriere war er ein paar Jahre sportlicher Leiter beim Sechstagerennen in Zürich und wurde dann als Teammanager zum
Nebst dem Sport absolvierte er eine Ausbildung zum Automechaniker.
Phonak-Cycling Team geholt. 2007 eröffnete Urs Freuler zusam-
1979/1980 wurde Urs Freuler als einer von zehn Schweizer Sportlern
men mit seiner Frau seinen eigenen Radsportbekleidungs-Shop in
ausgewählt, die durch ein Förderungs-Projekt der Sporthilfe für die
Uster. Heute ist der Standort des Urs Freuler Shop in Altendorf SZ.
Olympiade in Moskau unterstützt wurden. Neben ihm waren u.a.
Urs Freuler bietet hochwertige Bekleidung für Velofahrerinnen und
Denise Bielmann, Jürg Röthlisberger, Robert Dill-Bundi oder Markus
Velofahrer. Ob Profi oder Hobbysportler - hier wird jeder welt-
Ryffel dabei. Das sei eine grosse Sache und Ehre gewesen. An den
meisterlich beraten. Privat sitzt er auch heute noch gerne im Sattel
Olympischen Spielen erreichte er im Bahnvierer den 7. Rang. Nach
und legt gut und gerne immer noch etwa 5000 km im Jahr zurück.
diesem Erfolg wagte er den Schritt und wurde Vollprofi. «Ich hatte
Am liebsten gemeinsam mit seiner Mareile.
meine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und wusste, es wäre der richtige Zeitpunkt, es zu probieren», erzählt der Glarner. Im Winter fuhr er Sechstagerennen, im Sommer verschiedene Strassenrennen. Jährlich legte er fürs Training bis zu 30 000 km zurück. Er selber bezeichnet sich als «eher trainingsfaul». Und damals habe man noch nicht so auf die Ernährung geachtet, wie dies Sportler heute tun. «Vor Paris-Roubaix habe ich ein Kafi-Complet mit einem Steak gegessen und auf meinem Kopfkissen im Hotel musste immer ein Sandwich parat liegen. Wenn ich Glück hatte mit Thon, ansonsten mit Käse», plaudert er aus dem Nähkästchen. 4
•• text & foto: carole bolliger