PRIDE Nr. 155/Dezember 2016

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155/Dezember 2016

Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

Ulrike Lunacek Ein Gemeinschaftsprojekt von

Im Interview: Konkrete Taten für Gleichstellung in Europa setzen

Preis 2,50 € | GZ 02Z031968 S | Österreichische Post AG | Sponsoring Post

S. 14-17


Der

Das

Clubbing!


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Editorial Gegen Rechtsruck

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ie Wahlen sind geschlagen, Österreich hat nach einem Jahr hoffentlich den Wahlkampf­ modus beendet. Unser neuer Präsident Alexander Van der Bellen hat den schweren Job, den im Wahlkampf offen gezeigten Hass und die Aggression wieder zu deeskalieren. Die Zeiten werden nicht einfacher, ein Rechtsruck und ein immer faktenloserer Populismus sind salonfähig geworden. Im Land der sogenannten „unbegrenzten Möglichkeiten“ zeigt Donald Trump mit seinem Regierungsteam sein wahres Gesicht (Seite 36-37). Die konservativen Kreise in Österreich sind da noch vorsichtiger und versteckter – in der Tendenz aber EU-feindlich und langfristig auch demokratiefeindlich. Wie komplex das konkrete politische Arbeiten auf EU Ebene ist,

davon weiß Ulrike Lunacek ein Lied zu singen (Seite 14-17). Wir zeigen in dieser Ausgabe aber auch konkrete positive Aktivitäten: Mario Lindner postet ein Foto, in dem er einen Mann küsst (Seite 22), die „Goldene Panthera“ der Rosa­ Lila PantherInnen, die im Rahmen des Tuntenball 2017 überreicht wird, geht an den schwulen Flüchtling Adam (Seite 28-29), besonders junge Menschen zeigen weniger Widerstand zur Homo-Ehe (Seite 40-41) und die Kampagne „#checkit“ wurde zum Werbepreis „Caesar2016“ nominiert. Ein intensives Jahr geht zu Ende, wir wünschen uns und unseren LeserInnen viel Regenbogen-Power für 2017. Bleiben wir mutig. Gerhard Niederleuthner

IMPRESSUM Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin: „Verein zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und TransGender-Personen”, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz (Vorstand: Vorsitzender: Joe Niedermayer, VorsitzenderStellvertreterin: Isolde Messerklinger, Schrift­führer: Hans-Peter Weingand, Finanz­referent: Gernot Wartner) ZVR: 993540699 Zulassungsnummer: GZ 02Z031968 S, „Sponsoring Post“ EigentümerInnen: HomosexuelleInitiative Linz, Goethe­straße 51, 4020 Linz (Vorstand: Vereinssprecher: Stefan Thuma, Finanzreferent: Björn Zahn, Organisationsreferentin: Elisabeth Landl); RosaLila PantherInnen (Vorstand: Vorsitzender: Johannes Niedermayer, stellv. Vorsitzende: Michaela Feiner, Kassier: Chris Skutelnik, stellv. Kassier: Alexander Groß, Schriftführer: Raphael Rainer, stellv. Schriftführer: Eberhard FeinerWuthe, Beiräte: Peter Beck, Michael Hammer, Andreas Strick, Mag. a Monika Gratzer und Stop Aids – Verein zur Förderung von sicherem Sex (Vorstand: Vorsitzender: Chris Skutelnik, stellv. Vorsitzender: Peter Beck, Kassier: Johannes Niedermayer, Schriftführerin: Martina Weixler), beide: Annenstr. 26, 8020 Graz

Grundlegende Richtung: basierend auf den in den Vereinsstatuten des „Vereins zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und Trans-Gender-Personen” niedergeschriebenen Grundsätzen. Im Sinne der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 1998 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union will PRIDE mitwirken, dass die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben anerkannt wird, insbesondere durch eine rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, und will mitwirken, jedwede Diskriminierung abzuschaffen, unter der Schwule und Lesben vor allem im Bereich des Steuerrechts, des Vermögenrechts, der sozialen Rechte etc. immer noch zu leiden haben, und mit Hilfe von Information und Aufklärung dazu beitragen, gegen Vorurteile anzukämpfen, die in der Gesellschaft gegen Homosexuelle bestehen. Die Beiträge geben die Meinung der Verfasserin bzw. des Verfassers wider. Für unverlangt eingesandte Beiträge und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Ein Recht auf Abdruck besteht nicht. LeserInnenzuschriften sind uns willkommen; bei allen Beiträgen behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. Der anonyme

Abdruck von Beiträgen ist möglich; Name und Anschrift des/der VerfasserIn müssen der Redaktion bekannt sein. Private Kontaktanzeigen sind gratis. Redaktionsleitung OÖ: Gerhard Niederleuthner Redaktionsleitung Stmk.: Hans-Peter Weingand Redaktionsanschrift: PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; Auflage: 2500 Stk. Redaktion: Web: pride.at, Mail: redaktion@pride.at, PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; PRIDE Nr. 155/Dezember 2016 Cover: Ulrike Lunacek / Foto: © European Union 2011 PE-EP Layout: Gerhard Niederleuthner Redaktion: Rainer Bartel, Isolde Messerklinger, Gerhard Nieder­leuthner, Heinz Schubert, Gernot Wartner, Hans-Peter Weingand MitarbeiterIn­n en: Rainer Bartel, Kathrin Löffel, Caroline Milinkovic, Werner Müller-Schell, Joe Nieder­m ayer, Gerhard Niederleuthner, Gernot Wartner, Hans-Peter Weingand Redaktionsschluss: PRIDE Nr. 156/Feb. 2017: Sa., 07.01.2017 Spendenkonto: UniCredit Bank Austria AG; BIC: BKAUATWW; IBAN: AT69 1100 0049 2560 3500 n

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Inhalt Österreich Mutig in die neuen Zeiten! 05 Vor 20 Jahren 06 2o Jahre Grüne Andersrum 08 Ungleichheiten 10 Kommentar: Geschlecht geht uns alle an! 11 Inter-trans* 12 Ich mache meine Arbeit gerne... 14 Splitter 18

Oberösterreich 5 Year Popolär 22 Oktoberfest 23 Schmusenparty 23 Halloween 24 Red Ribbon Club Night 25 Sonntag offen! 25 Österreich Termine 26

Steiermark Die Goldene Panthera Save the Dates

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Überall PantherInnen Schwul/lesbische Geschichte Steirische AktivistInnen im Parlament Halloween Edition Homo Electrus

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Ausland Die Neue Rechte in den USA und wir 36 Splitter 38 Gesellschaft Offenheit – eine Frage von ...? 40 Schwaches Zuspiel oder schwuler Pass? 42

Kultur Mitten im Leben 44 Angekommen 46 Splitter 48 Authentisch und heftig 49 Termine & Kontakte Oberösterreich / HOSI Linz 50 Stmk / RosaLila PantherInnen 51 Gesundheit Eine Stimme geben #checkit nominiert

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FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER, ANDY JOE & MICHI FEINER, © 2015 TOM TRAMBOW/ UNIVERSUM FILM

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FOTO: AMÉLIE CHAPALAIN

Österreich

Mutig in die neuen Zeiten! Österreich hat einen neuen Bundespräsidenten.

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er längste Wahlkampf in der Geschichte Österreichs ist endlich zu Ende. Und auch der abscheulichste. Der Wahlkampf zur Bundespräsidentenwahl lässt Schlimmes erahnen für die nächste Nationalratswahl, die vermutlich eher früher als später über diesem Land heraufdräuen wird. Was sich in diesem Wahlkampf in den sozialen Netzwerken abgespielt hat, ist an sich beispiellos und nur vergleichbar mit den Hasskampagnen rund um die Brexit-Abstimmung in Großbritannien und mit dem Wahlkampf Donald Trumps in den USA. Allerdings haben sich die Österreicherinnen und Österreicher im Gegensatz zum US-Elektorat gegen die rechten Machtansprüche entschieden. Bei all den Versuchen aus dem rechten Lager, sich als die wahre und einzige Stimme des Volkes darzustellen – das Ergebnis zeigt, dass Österreich mehrheitlich nicht für ein erzkonservatives, rechtspopulistisches und teils ewiggestriges Gedankengut steht.

2016 ist also kein völliges Desaster. Österreich ist besser als viele Menschen glauben. Ein herzliches Dankeschön daher allen Österreicherinnen und Österreichern, die sich am 4. Dezember für Vernunft, Menschlichkeit, Weltoffenheit und für ein pluralistisches Miteinander, vor allem aber gegen Hass und Diskriminierung entschieden haben! Und einen herzlichen Glückwunsch an Alexander van der Bellen. Er wird ein Bundespräsident sein, der wie zuvor Heinz Fischer Österreich im In- und Ausland würdig vertreten wird und der den Ausgleich sucht. Aber auf den neu gewählten Bundespräsidenten wird auch die große Aufgabe zukommen, diesem Land wieder eine Perspektive für ein gemeinsames Miteinander in einem vereinten Europa zu geben. Arbeitsfroh und hoffnungsreich, wie es in der Bundeshymne heißt, muss er jetzt dieses Land in die neuen Zeiten führen. Und es werden gewiss keine einfachen Zeiten werden. Möge ihm die Übung gelingen! n

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HTETE DARÜBER BERIC HREN... PRIDE VOR 20 JA HOSI Info Nr. 35/Dez. 1996 91 Porträts in dunkelgrau zierten das Cover der Ausgabe Nr. 35/Dezember 1996. Es waren die Porträts jener 91 ÖVP und FPÖ-Abgeordneten, die entgegen der Zusagen von Gertrude Brinek (ÖVP/heute Volksanwältin), Franz Morak (ÖVP/ehem. Kulturstaatssekretär), Werner Amon (ÖVP/heute Generalsekretär), Ridi Steibl (ÖVP), Michael Krüger (FPÖ und später Kürzestzeit-Justizminister) und Jörg Haider (FPÖ/damals Partei- und Klubobmann) in der Nationalratssitzung am 27.11.1996 gegen die Abschaffung des diskriminierenden Strafrechtsparagrafen 209 im Zuge des Strafrechtsänderungsgesetzes 1996 stimmten. Die Macht und der Einfluss der katholischen Kirche und der rechten Ewiggestrigen war offenbar zu groß! Am Ende eines langen Plenartages, der von brillianten Debattenbeiträgen einiger SPÖ-Abgeordneten und substanzlosen Geschwafels der Abgeordneten Brigitte Povysil und Michael Krüger (beide FPÖ) sowie Andreas Khol und Maria Fekter (beide ÖVP) gekennzeichnet waren, konnte zumindest die Abschaffung des ohnehin seit 1981 nicht mehr angewandten Paragrafen 221 StGB (Vereinsverbot) und die Abschaffung des Paragrafen 220 StGB (Werbeverbot) verzeichnet werden. Letzterer als eine legistische Panne der Sonderklasse, die zu einer zweistündigen Sitzungsunterbrechung geführt hatte – mit der Abschaffung des Paragrafen 220 StGB hatte der Nationalrat auch gleich das Verbot der Werbung für Unzucht mit Tieren abgeschafft. Da das aber nun gar niemand wollte, musste der Tatbestand gleich nochmals neu eingeführt werden, weswegen es seither einen § 220a gibt, aber keinen § 220 mehr! Es gilt zu erwähnen, dass erstmals in der Rechtsgeschichte der Homosexuellendiskriminierung die SPÖAbgeordneten geschlossen hinter den ge-

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planten Gesetzesänderungen gestanden und nicht für den Koalitionsfrieden umgefallen sind. Die geschlossene Zustimmung von Grünen und Liberalen versteht sich von selbst. Die Abschaffung des § 209 StGB (Zwangsalter) scheiterte trotz Zustimmung durch Harald Ofner (FPÖ/ehem. Justizminister) und Franz Morak an nur einer einzigen Stimme. Es sollte noch sechs Jahre dauern bis der Verfassungsgerichtshof diese letzte Diskriminierungsbestimmung im Strafrecht aufheben sollte. Aus ganz Österreich waren VertreterInnen der LGBT-Organisationen zu dieser Plenarsitzung angereist. Noch bis unmittelbar vor den Abstimmungen wurde mit den Klubs verhandelt und diskutiert. In der Folge dieses historischen Tages gab es in Linz ein Fest in der Bar Stone Wall, das, kurzfristig organisiert, unter dem Titel „Jetzt erst RECHT! Schlager gegen Homophobie!“ stand. Die Abgeordneten Sonja Ablinger (SPÖ) und Rudi Anschober (Grüne) kamen und versicherten den Anwesenden ihre weitere Unterstützung, und die Band „Rex und seine Rotatoren“ spielten gegen Homophobie ihre Schlager. Die symbolischen 209 rosa und lila Luftballons blieben nach diesem Abend genauso über, wie der Schandparagraf 209.

buschtrommel 6/1996 Die buschtrommel berichtete über die Er­ öffnung des „feel free“ in der Rapoldgasse „nicht verstohlen und heimlich, wie es


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vielleicht noch vor einigen Jahren nötig gewesen wäre, sondern mit Krach und Kreisch, Glanz und Glorie“. Fast 200 BesucherInnen waren gekommen, darunter auch PolitikerInnen aller (!) Parteien – ein Zeichen dafür, dass die Strategie der PantherInnen in der Steiermark, hier offensiv überparteilich Kontakt zu suchen, erfolgreich war. In Dornbirn hatte das österreichische Lesben- und Schwulenforum getagt. Dort kam man überein, das Jahr 1997 zum „Jahr der Partnerschaft“ auszurufen und hier den Schwerpunkt der Aktivitäten zu legen. Tagungsort war ursprünglich das Kulturhaus, doch wurde dies auf Druck des ÖVP-Bürgermeisters verhindert. Die Folge war ein enormes Medienecho, das rasche Ausweichangebot eines Hotels und ein Gerichtsverfahren, welches der ÖVP-Recke verlor. Aus Solidarität unterstützten einzelne Gruppen die Vorarlberger Lesben und Schwulen. Die PantherInnen organisierten vor Ort eine Aktion in der Dornbirner Fußgängerzone und befragten die Menschen, welcher Minderheit denn sie angehören würden. Neben dem Forum, in dem es in erster Linie natürlich um rechtliche Fragen ging, widmete sich das Heft vor allem gesellschaftspolitischen Fragen. So erschienen damals die ersten Aufklärungsbücher für Kids mit altersgerechter Thematisierung von Homosexualität, und der Buchhändler Thomas Ehrlich gab einen Überblick über die gesamte einschlägige Literatur. Anlässlich 100 Jahre Kino gab es eine Übersicht über die reizvolle Geschichte von Homosexualität im Film. In Graz hatte die Generalsynode der Evangelischen Kirche getagt und die busch­ trommel interviewte Peter Pröglhöf, den offen schwulen Pfarrer in Saalfelden. n

RegenbogenShop Alle Artikel sind erhältlich bei: HOSI Linz, Goethestraße 51, 4020 Linz oder bei den RosaLila PantherInnen, Annenstraße 26, 8020 Graz – oder www.pride.at/regenbogenshop Bei Bestellung: Alle Artikel sind inklusive der Versandkosten im Voraus zu bezahlen!

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20 Jahre Grüne Andersrum Im März 1996 richtete auf Antrag der neugekürten Bundesgeschäftsführerin Ulrike Lunacek der Bundeskongress der Grünen eine Bundesarbeitsgruppe „Homo­ sexualität“ ein – die Geburtsstunde der Grünen Andersrum.

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as 20. Jubiläum feierten Grünen Andersrum-AktivistInnen aus allen Bundesländern daher auch folgerichtig im November am Bundeskongress in Salzburg. In diesen 20 Jahren hat sich vieles ereignet; vieles hat sich verändert und vieles ist besser geworden – nicht zuletzt auch durch den Einsatz der Grünen Andersrum. Einmal in der Community und der Öffentlichkeit, zum anderen Mal vor allem auch durch Überzeugungsarbeit und Lobbying innerhalb der Grünen: 1998: Nach der Idee des „Akzeptanzkonzeptes“ der Grünen Andersrum im Wiener Landtags-Wahlkampf 1996 konnte gemeinsam mit der SPÖ die Wiener Antidiskrimi-

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nierungsstelle für Gleichgeschlechtliche Lebensweisen eingerichtet werden. 2001: Der EuroPride findet in Wien – trotz SchwarzBlauer Regierung – statt. 2002 wurde das höhere Mindestalter für schwule Beziehungen (18 Jahre) dem für Heteros und Lesben (14 Jahre) durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs angepasst. 2004: Es tritt das Antidiskriminierungsgesetz in Kraft, welches homosexuell liebende am Arbeitsplatz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung schützt. Das „Levelling-up“ (eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes außerhalb des Arbeitsplatzes) wird von der ÖVP immer noch verhindert. So darf in Lokalen zwar niemand mehr aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe oder des Alters diskriminiert werden, sehr wohl


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aber können Gäste aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität aus Lokalen geworfen werden. So alt wie die Grünen Andersrum ist auch die Forderung nach einer Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare – bzw. nach einem modernen Partnerschaftsmodell für alle. Auf dem noch nicht abgeschlossenen Weg dorthin gab es wichtige Meilensteine: 2004 präsentieren die Grünen ihr Modell eines Zivil-Paktes (ZIP) für hetero- und homosexuelle Paare abseits der von der patriarchalen Tradition geprägten Zivilehe. Erst 2010 trat endlich das „Eingetragene Partnerschaft-Gesetz“ in Kraft, dank der Regierungsbeteiligung der seit mittlerweile 30 Jahren mitregierenden ÖVP voll von kleinen und großen Gemeinheiten, die seither schrittweise vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. So mussten auf Betreiben der ÖVP alle Formulare des Staates Österreich auf „Familien- und Nachname“ umgedruckt werden, da Menschen in eingetragenen PartnerInnenschaften der Familienbegriff verweigert wird. Oder die Eintragung am Bezirksverwaltungsamt statt am Standesamt, dessen Aufhebung zurzeit endlich im Parlament verhandelt wird. Ebenfalls 2010 organisieren die Grünen Andersrum die Demo „Erstklassige Rechte“ gegen diese Diskriminierungen.

Neben Ulrike Lunacek, der ersten offen lesbisch lebenden Politikerin Österreichs, NR-Abgeordnete 1999-2009 und heute Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, haben viele Lesben und Schwule ganz vorne die Politik der Grünen mitgestaltet. Zum Beispiel Marco Schreuder, früherer Bundessprecher der Grünen Andersrum, im Bundesrat. Oder seine Nachfolgerin in beiden Funktionen Ewa Dziedzic, Bundesrätin für die Wiener Grünen und Sprecherin der Grünen für LGBTI-Angelegenheiten. Aber auch Jennifer Kickert, Abgeordnete zum Wiener Gemeinderat und Landtag, oder Lisa Rücker als Grüne Stadträtin und Vizebürgermeisterin in Graz. Oder Gebi Mair als Landessprecher in Tirol, der heute Klubobmann im Tiroler Landtag ist. Und natürlich viele Aktivistinnen und Aktivisten in allen Bundesländern. Und es wird auch weiter nötig sein, eine starke Stimme für die LGBT-Rechte in der Politik zu haben, denn gerade in stürmischen politischen Zeiten besteht vermehrt die Gefahr, dass Minderheitenrechte zur Disposition stehen. Dem sich entgegenzustellen, wird wichtiger denn je. Und dafür braucht die LGBT-Bewegung in Österreich auch starke Verbündete in der Politik. In­sofern gibt es noch genug zu tun für die Grünen Andersrum. n

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Ungleichheiten Wie können Ungleichbehandlung von Geschlecht oder sexueller Orientierung behoben werden. Drei konkrete Beispiele

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ie Österreichische Gesellschaft für Geschlechterforschung behandelte auf einer Tagung an der Linzer Johannes Kepler Universität „Konzeptionen und Interventionen kritischer Geschlechterforschung“. Wie gehen wir das Ziel Gleichheit an? Geschlecht und sexuelle Orientierung standen dabei im Vordergrund. Männlichkeiten Das Aufbrechen dessen, was viele Leute als normal empfinden – besonders wenn es unbedacht nachgeplappert und eingedrillt ist –, ist gerade im Alltag sehr schwierig. Noch viel zu oft herrschen Vorurteile vor: über die Überlegenheit des Mannes und die Minderwertigkeit von Schwulen (keine richtigen Männer) und Lesben (keine dem Mann dienenden Mütter) usw. Also sollten wir z.B. nicht von der Männlichkeit schlechthin reden, vielmehr von Männlichkeiten, von denen einige ganz legitim die von schwulen Männern sind. Das muss im Alltag richtig selbstverständlich werden, damit die vorgeblich „echten“ Männer (wie etwa Gabalier) sich nicht mehr als Opfer der errungenen Freiheit von Schwulen fühlen können. Gesetze gegen Diskriminierung In der Rechtsordnung beruht nicht alles auf der Freiheit, alles und jedes vertraglich ausmachen zu können. Denn wir können nicht davon ausgehen, dass alle Menschen in derselben Lage und Mächtigkeit sind, sonst wären der Willkür des Stärkeren Tür und Tor ge-

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öffnet, und den Schwächeren würde ihr BürgerInnenrecht geschmälert werden. Daher müssen wir uns vor allem auf Grundrechte abstützen, die in allen anderen Gesetzen Schutz vor ungerechtfertigter Diskriminierung u.dgl. bieten sollen. Die Schwierigkeit besteht darin, das Verfahrensrecht so zu gestalten, dass Diskriminierung bei Vollzug jedes Gesetzes wirksam ausgeschlossen wird, ohne Minderheiten wie Lesben und Schwule auch in Hinkunft als schwach erscheinen zu lassen („neokategoriales Recht“). Das zu schaffen, ist wichtig, damit Menschenrechte und Gleichheit nicht nur auf dem Papier stehen, während sich die Gesellschaft weiter teilt und Lesben und Schwule in den benachteiligten Bereichen noch stärker benachteiligt werden. Mehr Verdienen Auf der anderen Seite bestehen Hinweise darauf, dass Schwule und Lesben mehr verdienten als Heteros. Da dies aber nicht an deren sozialen Merkmalen liegen kann, wurden eine andere These entwickelt und dieser empirische Zusammenhang für die USA statistisch getestet: einstweilen mit Erfolg. Um problemloser geoutet arbeiten und leben zu können, streben Schwule und Lesben Arbeitsplätze vornehmlich in höher gebildeten Arbeitswelten an. Bildung macht nämlich gegenüber nicht konventionellen Lebensweisen toleranter. Daher investieren Homosexuelle im Allgemeinen mehr in ihre Bildung als Heteros – und verdienen daher im Großen und Ganzen mehr. n Text: Rainer Bartel


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FOTO: FOTOMA/THOMAS KOLLER

KOMMENTAR Geschlecht geht uns alle an! Warum es so wichtig ist, sich für LGBTIQ* Rechte zu engagieren, vor allem als Frau. Ein Kommentar von Caroline Milinkovic

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* LESBIAN, GAY, BISEXUAL, TRANDGENDER, INTERSEX, QUEER

lle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es im 1. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. So wurde ich sozialisiert, so wuchs ich auf und so wurde es in der Schule gelehrt. Sehr früh jedoch erkannte ich, dass dem nicht so ist. Als der Bosnien-Krieg ausbrach, merkte ich zum ersten Mal, wie stark die Praxis von Theorie abweichen kann. Als ich in die Schule kam, fielen mir vermehrt geschlechterspezifische Stereotypen auf, die ich zu hinterfragen begann. Als ich in der Pubertät meinen besten schwulen Freund kennenlernte, registrierte ich erst, wie stark schwulenfeindliche Witze im FreundIn­nenkreis und in den Medien verbreitet sind. Das ärgerte mich, aber noch mehr ärgerten mich die Rollen­ klischees, die von allen Seiten auf mich hereinbrachen. Viel tun konnte ich nicht, außer mich dagegen zu behaupten. Im Studium legte ich meinen Schwerpunkt auf Frauen- und Geschlechterforschung und die sprachlichen Dimensionen der Geschlechter­verhältnisse. Die (politische) Praxis dieser Auseinandersetzung folgte dann erst in den letzten zwei Jahren, als ich das Amt der Referentin im queer Referat der ÖH Uni Graz bekleiden durfte. Es war arbeitsintensiv, lehrreich und bereichernd. Ich durfte so viele tolle Menschen kennenlernen und positives Feedback für unsere gemeinsame Arbeit erfahren. Aber

es wurde mir erneut bewusst, in welch starkem Ausmaß Diskriminierung und Benachteiligung – nicht nur am Campus – das Alltagsleben durchdringen. Daher ist mir ein möglichst breiter intersektionaler Ansatz wichtig, unsichtbare gesellschaftliche Machtverhältnisse sichtbar zu machen und dafür ein Bewusstsein zu schaffen. Eigene Privilegien und Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen und die notwenige Arbeit zu verrichten, bedeutet aber nicht, Dankbarkeit zu verlangen, da wir alle in Machtverhältnissen leben. Daher ist es wichtig, Heteronormativität auf allen Ebenen zu hinterfragen und festgefahrene Muster zu durchbrechen. Machtverhältnisse auf einer theoretischen Ebene zu dekonstruieren, reicht da nicht aus und soll daher auch als politische Praxis und im Alltag gelebt werden. Wir brauchen den Queer-Feminismus heute noch, weil beide Strömungen dort ansetzen, wo es zu Diskriminierung, struktureller Ungleichheit und Ausgrenzung kommt. Dort, wo wir in Geschlechterstereotypen und Rollenklischees gezwängt werden. Dort, wo uns gesagt wird, wen und wie wir lieben sollen. Dort, wo über uns abfällig gesprochen wird, gar nicht über uns oder mit uns gesprochen wird oder wir gar nur mitgemeint sind. Konstruktives Miteinander statt Gegen­ einander! Denn nicht nur Geschlecht, auch Identität und sexuelle Orientierung gehen uns alle an. n

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Inter-trans* Der erste Themenabend Inter-trans* über Intersexualität und Transidentität sorgte für ein volles Haus – und für eine Überraschung: die Weltvorpremiere von „Mathias“.

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ichaela Schoissengeier (Therapeutin), Tobias Humer (Verein intersexueller Menschen Österreichs: VIMÖ), Michaela Lindmoser (HOSI Linz, Transaustria) und Anton Wittmann (HOSI Salzburg) luden ins Linzer Moviemento zu Vortrag, Diskussion und Filmvorführungen über intersexuelle und transidente Menschen, ihre Schicksale und darüber, was sie brauchen: Einfühlungsvermögen, Respekt und Fairness. Mehr als 70 Personen überfüllten am ersten Themenabend den Saal.

Tobias Humer (VIMÖ), Michaela Lindmoser (HOSI Linz, Transaustria), Anton Wittmann (HOSI Salzburg) und Michaela Schoissengeier (Therapeutin)

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Transidente Personen identifizieren sich nach dem biologischen oder dem sozialen Geschlecht nicht mit jenem Geschlecht, dem sie von der Gesellschaft zugeordnet worden sind; sie sind transsexuell bzw. transgender. Dass ein offenbarer Mann seiner Identität nach eine Frau ist oder eine augenscheinliche Frau sich als Mann erkennt, schafft im Alltag vielfältige Probleme.


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Michaela Schoissengeier im Gespräch mit Clara Stern und Johannes Höß.

Intersexuelle Menschen sind nicht in das einfache, starre Schema von Frau und Mann einzuordnen. Sie können sich nach ihren Geschlechtsorganen, Hormonen und Chromosomen in vielfältigster Weise unterscheiden und sollen nicht in die einfache Schablone von Mann/Frau gepresst werden. Etwa 14 Prozent der Bevölkerung dürften intersexuell – zwischen den beiden Geschlechtern angesiedelt – sein. Damit haben sie es in unserer konventionellen, schematisierten Welt nicht leicht. Sie sind mit Schwierigkeiten in ihrem Erwerbs- und Sozialleben konfrontiert, wo sie meist auf Unwissen und Unverständnis und oft kaum überwindbare Probleme stoßen. Sogar 40 Prozent intersexueller Menschen sollen schon einen Selbstmordversuch unternommen haben.

WEBTIPPS Trans-Austria  trans-austria.org/trans-austria/ Vimoe  vimoe.at/ HOSI Salzburg  hosi.or.at/die-hosi/gemeinschaften/ transgender/ HOSI Linz hosilinz.at/beratung/

Der erste an diesem Themenabend gezeigte Film war die internationale Dokumentation „Herma XXY“ aus 2014. Manchen Menschen haben weder XX-Chromosomen wie Frauen noch XY-Chromosomen wie Männer, sondern eben XXY. Der Streifen zeigt die bedrückende Problematik und den erst beginnenden Aktivismus intersexueller Menschen in Südafrika, Kanada, Taiwan und Deutschland. Die zweite Vorführung war die Vorpremiere von „Mathias“, einem kurzen Spielfilm (51 Minuten), der das Ankommen von Magda in ihrer neuen Welt, nämlich als Mathias, beschreibt und seine Probleme als Mann, der noch nicht ganz der biologische Mann geworden ist, wie ihn sich seine berufliche Umwelt vorstellt. Regisseurin und Drehbuchautorin Clara Stern sowie Kameramann und Drehbuchautor Johannes Höß diskutierten angeregt mit dem sehr beeindruckten Publikum. 2017 wird „Mathias“, ihre Bachelor-Abschlussarbeit an der Wiener Filmakademie, Premiere feiern. n Text: Rainer Bartel

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Ich mache meine Arbeit gerne… Seit Juli 2014 ist die Grünpolitikerin Ulrike Lunacek Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (EP). PRIDE sprach mit ihr über ihre Arbeit. Kannst du uns einmal einen norma­ len Arbeitstag von dir schildern? So etwas wie einen typischen Arbeitstag gibt es nicht. Ich verbringe etwa zehn Tage des Monats in Brüssel an dem einen Sitz des EP, zehn in Österreich und die restlichen zehn auf Reisen – da gehören auch die Plenartagungen des EP in Straßburg dazu. Ich bin übrigens eine glühende Verfechterin eines einzigen Sitzes für das EP, und zwar in Brüssel – dort wo auch die politischen Entscheidungen der gesamten EU getroffen werden. Ein Parlament, das sich ernst nimmt, darf nicht hunderte Kilometer vom Machtzentrum entfernt seine Plena abhalten. Aber darüber dürfen wir im EP nicht einmal selbst entscheiden, sondern nur die RegierungsChefInnen aller 28 Mitgliedsstaaten, einstimmig! Aber zurück zur Frage: Ein Plenartag in Straßburg sieht ganz anders aus als ein Ausschusstag in Brüssel oder ein Tag in Öster­ reich, wo ich verschiedenste Veranstaltungen oder Termine habe. Grundsätzlich dauert meine Arbeitswoche meist sechs bis sieben Tage, von früh morgens bis spät abends. Du bist ja unter anderem auch noch für das Parlament im Kosovo aktiv. Ja, ich bin seit 2009 die Berichterstatterin für den Kosovo und begleite diesen jüngsten Staat Europas mit kritischer Solidarität auf seinem sehr oft sehr holprigen Weg der EUAnnäherung.

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Stehen die Beitrittsverhandlungen mit den Westbalkanstaaten nicht im Widerspruch zu den aktuellen Pro­ blemen der EU? Ich denke an Ungarn, Polen, den Brexit und den allgemei­ nen Vertrauensverlust der BürgerIn­ nen in die Institutionen der EU. Nein, im Gegenteil. Das europäische Friedensprojekt ist für mich erst abgeschlossen, wenn alle Westbalkan-Staaten Teile der EU sind. Die sechs Westbalkanstaaten sind doch von EU-Mitgliedstaaten umgeben! Gerade der Erweiterungsprozess bis zum damaligen Beitritt mittel-, ost-, aber auch süd- und west-europäischer Staaten ist ein eindrucksvoller Beweis für die Erfolgsgeschichte der EU-Erweiterung. Ich finde es in hohem Maße unsolidarisch und unfair, dass gerade einige dieser Länder jetzt ihren Beitrag zur Bewältigung der Solidaritätskrise rund um die Flüchtlingsaufnahme verweigern. Und bitte nicht zu vergessen: Mit der EU-Erweiterung erweitert sich auch der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Österreich ist dabei wieder in die Mitte des Kontinents gerückt und hat wirtschaftlich wie kein anderes Land davon profitiert. Das wird im Fall der Erweiterung auf den Westbalkan wieder so sein. Und gerade auch für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intersex-Personen und ihre Organisationen, die ganz stark grenzüberschreitend agieren, ist der Erweiterungsprozess die Chance, gesetzliche wie gesellschaftliche Verbesserungen zu erreichen.


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Die EU-Erweiterung ist keine Einbahnstraße, sondern die soziale, wirtschaftliche, politische wie ökologische Stabilität am Westbalkan ist im beiderseitigen Interesse der BürgerInnen, sowohl der EU als auch der Kandidatenländer. Natürlich hängt jeder Fortschritt im Beitrittsprozess von der Erfüllung der dafür vorgesehenen Kriterien ab. Entscheidend sind die Rechtsstaatlichkeit, Justizreformen, Medienfreiheit, Antidiskriminierungsmaßnahmen und Korruptionsbekämpfung.

Die EU ist kein Bankomat, bei der man nur zum Geld-Abheben dabei ist. Die EU ist eine Solidargemeinschaft.

FOTO: © EUROPEAN UNION 2013 EP

Gerade die Flüchtlingskrise hat ja das Versagen der EU deutlich gemacht. Ist das europäische Projekt am Ende, oder was könnte und müsste jetzt ge­ macht werden? Ich betone das immer wieder: Die Solidaritätskrise rund um die Flüchtlingsaufnahme hat nicht das Versagen „der EU“ gezeigt, sondern das Versagen einiger Mitgliedsstaaten, den Unionsgedanken wirklich ernst zu nehmen und ihren Beitrag zu leisten. Die EU ist eine Solidargemeinschaft und funktioniert, wenn alle bereit sind, ihren Beitrag zu leis­ ten. Den Unkenrufen über das baldige Ende der EU möchte ich entgegenhalten: Totgesagte leben länger. Was es jetzt braucht, ist nicht weniger, sondern mehr Europa zur Bewältigung der aktuellen Krisen. Um die EU tragfähig, zukunftsfähig und entscheidungsstark zu machen, braucht es einen neuen EUKonvent, der unter starker Einbeziehung der Zivilgesellschaft das Institutionengefüge der EU neu ordnet. Die destruktive, blockierende Macht des Europäischen Rats gehört geschwächt, das EP stärker gemacht; dann werden die BürgerInnen sehr schnell merken, dass die EU deren Probleme ernst nimmt und lösen kann, statt durch Querelen 

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 unter den Regierungs-Chefs aufgehalten zu werden. Beispiel Finanztransaktionssteuer – ginge es nach dem EP, gäbe es diese Steuer schon lange: mit ihren positiven Auswirkungen, also Ende hochriskanter Spekulationen und mehr Geld im EU-Budget und in nationalen Budgets! Wie noch können Fortschritte er­ zielt werden? Ein weiteres Beispiel: Seit 15 Jahren arbeiten Kommission und EP schon an einem gemeinsamen EU-Asyl- und -Migrationssystem und haben stets rasch Vorschläge gemacht, aber bis heute gibt es dieses unerlässliche Instrumentarium noch nicht. Wir müssen also die EU sozialer, demokratischer und ökologisch nachhaltiger machen, um unsere BürgerInnen wieder für das EU-Projekt zu gewinnen. Im EP gibt es die Mehrheit dafür. Deswegen bin ich, wie gesagt, für eine weitere Stärkung des EP und, damit einhergehend, die Etablierung eines Zweikammernsystems auf europäischer Ebene, in dem das föderale, bundesstaatliche Prinzip mit dem nationalstaatlichen koexistiert, der Rat zu einer Art Länderkammer umgebaut wird und mit dem Europaparlament gemeinsam die Legislative stellt.

mehr Europa die Lösung für die großen, europäischen wie globalen Herausforderungen, Stichwort Klimaschutz, Stichwort Friedenssicherung, Stichwort Verteilungsgerechtigkeit. Müssten die Grünen dafür in der tages­politischen Auseinander­ setzung nicht viel stärker wahr­ genommen werden? Mir fällt jetzt kein innen- oder europapolitisches Thema ein, bei dem die Grünen nicht in der ersten Reihe der politischen Debatte stehen: Asylrecht, Integration, Grundsicherung, Klimaschutz, Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit (2009 war es übrigens eine dänische grüne EP-Abgeordnete, die für die „Jugendgarantie“ initiativ wurde!) usw. Dass in Österreich der Dauerstreit in der Koalition viel überlagert, ist eine andere Sache, aber wenn es um die Substanz politischer Arbeit geht, bestimmen die Grünen die politische Debatte – übrigens auch und vor allem auf Bundesländerebene, zumal die Grünen in Wien, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg mit in der Regierung sind.

Was sollte die österreichische Poli­ tik dazu beitragen? Welche Rolle fällt den Grünen dabei zu?

Die Grünen feiern gerade ein ganz spezielles Jubiläum, nämlich 20 Jah­ re Grüne Andersrum. Als Bundes­ sprecherin der Grünen Andersrum warst du viele Jahre federführend dabei. Gibt es dabei etwas, an das du dich besonders gerne erinnerst?

Zuerst einmal sollte die österreichische Regierung nicht so wie auch andere Regierungen den „Schwarzen Peter“ ständig nach EU-Brüssel weiterschieben, die Erfolge aber als eigene Leistungen verkaufen. Leider haben einige Medien in Österreich die EU zu ihrem Hassobjekt Nr. 1 erkoren. Diese populistische Stimmungsmache gegen das Projekt, das Europa die längste Friedensperiode in der Geschichte dieses Kontinents beschert hat, darf nicht auch noch von der österreichischen Politik mit kurzfristigem Schielen auf eigene Popularitätswerte unterstützt werden. Die Rolle der Grünen ist klar: Wir sind die österreichische Europa-Partei, für uns ist

Ja, vor 20 Jahren war der erste Schritt zur mittlerweile größten und ob unserer vielen kreativen Leute beliebtesten Arbeitsgruppe der Grünen. Dann gab es die Aktion „Pink Sheep of the Family“ vor der ÖVP-Zentrale in Wien. Und sicherlich die Beschlussfassung über das Partnerschaftsgesetz im Plenum des Nationalrats. Ich war damals, im Herbst 2009, schon im EP und konnte die Abstimmung nur mehr von der Galerie mit beobachten (gemeinsam mit Günter Tolar von der SoHo übrigens): Das war schon bewegend, nach so vielen Jahren des Kämpfens dafür! Und auch wenn mehrere ÖVP-Bürgermeister, die gleichzeitig Abgeordnete zum

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Nationalrat sind, damals einen „Familiennamen“ für unsereins verhinderten und das JaWort auf jedem Standesamt: Es war ein ganz wichtiger Schritt vorwärts! Was sind die kommenden Herausfor­ derungen für die Grünen Andersrum und die LGBT Community?

ZUR PERSON Die 1957 in Krems geborene Ulrike Lunacek ist diplomierte Englisch- und Spanischdolmetscherin. 1996-1998 war sie Bundesgeschäftsführerin der Grünen, 1999-2009 erste offen lesbische Nationalratsabgeordnete und Bundessprecherin der Grünen Andersrum. 2006 wurde sie zur Ko-Vorsitzenden der Europäischen Grünen gewählt, 2009 zog sie als Dele­ gationsleiterin der österreichischen Grünen ins Europäische Parlament (EP) ein. 2013 wurde Lunacek zur Vizepräsidentin der Grünen/EFA-Fraktion im EP gewählt. Seit 1. Juli 2014 ist sie eine der Vizepräsidentinnen des EP.  www.ulrike-lunacek.eu/

FOTO: DAVID MORRISON / FLICKR

Vieles ist in der Zeit, seit und weil es die Grünen Andersrum gibt, für uns LGBTI-Menschen in Österreich besser geworden: Wir sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und da werden wir auch bleiben! Auch wenn unsere homophoben politischen GegnerInnen uns lautstark zurück in die Heimlichtuerei und ins Verstecken schicken wollen, werden wir das nicht zulassen, we are here to stay, wir sind sichtbar und überall! Der Sieg von Conchita Wurst beim ESC 2014 war ein großartiges Zeichen

für Offenheit und Nicht-Diskriminierung – und hat gezeigt, dass die Menschen in Eu­ ropa schon längst weiter sind als die Politik. Wir müssen dranbleiben und die politischen Rahmenbedingungen schaffen, damit Leben und Lieben ohne Angst für uns Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intersexpersonen zur Selbstverständlichkeit wird – gerade um rechtspopulistischen Regierungen hier Schranken zu setzen. Was wir im EP von der Kommission fordern, sind systematische Initiativen zum Kampf gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität. Der so genannte Luna­cek-Bericht (ich war die Berichterstatterin) forderte die EU-Kommission 2014 auf, einen Plan gegen Homophobie vorzulegen. Diesem Auftrag ist die Kommission bisher nur halbherzig mit einer „Aktionsliste“ nachgekommen. Jetzt sind Taten gefragt. Unter der Europaflagge müssen alle LGBTI-Menschen überall in der EU geschützt sein! Auch in anderen Teilen der Welt muss die EU sich dafür einsetzen: öffentlich wie auch hinter verschlossenen Türen, vor allem bei massiv menschenrechtsverletzenden Regimen. Was macht eine Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments eigentlich in ihrer Freizeit? Kannst du über­ haupt noch anonym irgendwo Zeit verbringen? Ich mache meine Arbeit gerne, sie macht mir Spaß. Dennoch: Meine Lebensgefährtin und ich versuchen, einmal pro Monat ein gemeinsames Wochenende in Brüssel zu verbringen. Viel mehr an gemeinsamer Freizeit ist nicht drin. Und mein Hobby ist das Schwimmen. Dafür nehme ich mir die Zeit – etwa beim lesbischwulen Schwimmturnier Vienna Valentine am 11.2.2017 in WienFloridsdorf. Aber auch sonst finde ich schon immer noch Orte zum Untertauchen! n Danke für das Interview! Wir drücken dir für deine Wiederwahl 2017 ins Parlamentspräsidium die Daumen. Interview: Gernot Wartner

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Splitter Standesamt erobert

RECHT HABEN IST GUT – RECHT BEKOMMEN IST BESSER!

RECHTSANWALT DR. MICHAEL MAURER

Nachnamen tragen dürfen, sondern einen Familiennamen, der die beiden wie die verheirateten Heteropaare verbindet. Die österreichische Bischofskonferenz lehnte beides entschieden ab und verlangte, „in Anerkennung des substanziellen Unterschiedes auch unterschiedliche Rechtsfolgen an diese beiden Institute [Ehe und EP] zu knüpfen“, wie die OÖ. Nachrichten wussten. Immerhin fruchtete der geballte bischöfliche Protest nichts.

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WIEN. Die Novelle des Personenstandsgesetzes, das die Eintragung der PartnerInnenschaften für lesbische und schwule Paare nunmehr auf den Standesämtern zwingend vorsieht, hat kürzlich den Ministerrat passiert. Durch die Zustimmung der Regierung sind der politische Weg ins Parlament und der praktische Schritt zur Gleichbehandlung geöffnet. Dasselbe gilt für die Reform des Namensrechts. Verpartnerte Menschen werden künftig nicht nur einen gemeinsamen

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ÖSTERREICH

FOTO: VSG

Appetit auf die Welt LINZ. Schon seit 2004 gibt es den pädagogischen Mittagstisch als fixen Bestandteil bei VSG (Verein für Sozial- und Gemeinwesenprojekte). Im Projekt „MOVE – Die Kinder- und Jugendhilfe“ unterstützen seit 2015 SozialpädagogInnen die Jugendlichen beim Kochen. Sie kochen für und mit den Jugendlichen Gerichte aus ihren Herkunftsländern. So ist die Idee entstanden, diese gekochten Gerichte zu sammeln und die Mahlzeiten zu fotografieren, um ein Kochbuch zu gestalten. Dabei haben die Jugendlichen von Anfang an mitgearbeitet. Auf über 100 Seiten ist eine Sammlung an Speisen aus aller Welt entstanden. Neben den Rezepten wird auch darüber informiert, woher die Gerichte kommen, wie lange die Zubereitung dauert und wie schwierig sie sind. Außerdem sind Ge-

schichten enthalten, die die KöchInnen mit den Speisen verbinden. Perfekt als besonderes, nachhaltiges Geschenk geeignet. Bereichert Herz und Gaumen! Vielfältige Speisen genießen 79 Rezepte | 28 Länder | 4 Kontinente Das Kochbuch anlässlich 20 Jahre VSG Bestellung unter: kochbuch@vsg.or.at Preis: 18 € | www.vsg.or.at

FOTO: WAST - WIENER ANTIDISKRIMINIERUNGSSTELLE

Auszeichnungen WIEN. Die Wiener Landesregierung verlieh Auszeichnungen zum ersten Mal ausschließlich für den Einsatz gegen die Diskriminierung lesbischer, schwuler, trans­ identer und intersexueller Menschen. Das Goldene Verdienstzeichen ging an Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner, Präsident des Rechtskomitee Lambda, das heuer sein 25-Jahre-Jubiläum feiert, und Träger des Gay and Lesbian Award (G.A.L.A.) der HOSI Linz aus dem Jahr 2001. Das Silberne Verdienstzeichen erhielt Mag. Andreas Brunner, Leiter des Forschungszentrums QWien für schwul/lesbische Geschichte und Mitbegründer der Wiener Regenbogenparade. Sandra Frauen­ berger (SPÖ), Stadträtin für Integration, Frauen und Jugend, hielt beim Festakt im Großen Wappensaal des Wiener Rathauses die Lobreden auf die beiden Ausgezeichneten. In ihren Dankesreden versprachen die geehrten Aktivisten, sich auch weiterhin so engagiert für die Gleichstel-

lung von Menschen unkonventioneller Sexualität mit Heterosexuellen einzusetzen. Die beiden Verdienstzeichenträger sind Beispiele für die gelungene Verbindung wissenschaftlicher Arbeit mit praktischem Aktivismus im Dienst von sozialem Fortschritt und gesellschaftlicher Integration. PRIDE beglückwünscht Helmut Graupner und Andreas Brunner herzlich und wünscht ihnen weiterhin viel Kraft und Erfolg. Danke schon heute! n

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LINZ. Das Landesverwaltungsgericht (LVG) Oberösterreich hat den Antrag von Alex J., vertreten durch Rechtsanwalt Helmut Graupner, auf Eintragung eines dritten Geschlechts für seine intersexuelle Person in das Personenstandsregister abgelehnt. Alex lebt nach seinem Selbstverständnis intersexuell; seine Dokumente weisen in unterschiedliche Richtungen, einmal Frau, einmal Mann. Keines trifft auf ihn als Hermaphrodit zu, also will er mit einer logischen Alternative – einem dritten Geschlecht abseits von Mann oder Frau allein – von der Behörde registriert werden. Der Standard berichtete dazu: „Das LVG kam zu dem Schluss, dass die Eintragung eines dritten Geschlechts

vom Gesetzgeber nicht vorgesehen sei und die österreichische Gesamtrechtsordnung vom Prinzip ausgehe, dass jeder Mensch entweder weiblichen oder männlichen Geschlechts ist. Das Gericht hatte auch keine begründeten Bedenken an der Verfassungskonformität der Bestimmungen des Per­ sonenstandsgesetzes. Denn‚ der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass ein Gesetz nicht schon dann gleichheitswidrig ist, wenn seine Anwendung nicht in allen Fällen zu einem befriedigenden Ergebnis führt‘, heißt es in der Entscheidung. Die Beschwerde wurde daher als unbegründet abgewiesen.“ Alex wurde mit dem Dokufilm „Tintenfischalarm” von Elisabeth Scharang bekannt.

FOTO: WEGA-FILM

Kein drittes Geschlecht

Hoppala

Das Unverständnis seiner eigenen Partei folgte ebenso auf dem Fuß wie eine Entschuldigung tags darauf: „In der Eile und in der Verknappung auf einen Satz (ich saß mit Freunden im Lokal) habe ich sowohl die falsche Wortwahl als auch einen falschen historischen Bezug gewählt. Ich habe damit viele Menschen verletzt, ganz besonders schwule und lesbische Neos-Mit­ streiterInnen und -BürgerInnen. Das tut mir aufrichtig leid.“ Dennoch gibt es eine Konsequenz: Nächstes Mal wird Vavrik nicht mehr für die Neos kandidieren. n

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FOTO: NEOS

WIEN. Christoph Vavrik, Abgeordneter der NEOS zum Nationalrat, war bis vor kurzem ziemlich unbekannt – und schaffte den Sprung in die Bekanntheit nun blitzartig. Laut ORF und Der Standard twitterte der Parlamentarier anlässlich der ersten (Fremdkind-)Adoption durch ein gleich­geschlechtliches Paar in Wien folgenden philosophischen Erguss: „O tempora, o mores! [Deutsch: Oh Zeiten, oh Sitten!] Künftige Zivilisationen werden auf solche gesellschaftliche Abartigkeiten mit demselben Unverständnis blicken wie wir heute auf die Sklaverei …“.


ÖSTERREICH

AKTION Kuss gegen Homophobie

FOTO: PRIVAT

Der Präsident des österreichischen Bundesrats, Mario Lindner (SPÖ), setzte am Wochenende vor der Bundespräsiden­ tenwahl auf seine Art ein Zeichen für Offenheit und Toleranz. Er veröffentlichte auf seinem Facebook-Profil ein Foto, das ihn beim Kuss mit einem Mann zeigt. Das Bild ist die Re­aktion auf eine homophobe Gewalttat gegen einen Freund. Im Posting zeigt er sich kämpferisch: „Ich hab mich immer gegen Gewalt, egal wo sie passiert, ausgesprochen. Wenn einem ganz lieben Freund heute Nacht die Fresse poliert wurde, nur weil er einen Mann geküsst hat, dann hört sich für mich jeglicher Spaß auf. Ich will ein friedliches Land, ein gewaltfreies Land, ein Land in dem sich gegenseitig geholfen wird und

Solidarität gezeigt wird. #loveislove #solifoto Bin gespannt, wer mir die Fresse wegen diesem Foto poliert. Und ja, ich poste das ganz bewusst als Präsident des Öster­reichischen Bundesrates.“ Mario Lindner hatte sein offizielles Coming Out bei der Abschlusskund­ gebung der diesjährigen Regenbogen­ parade in Wien. (Siehe dazu PRIDE Nr. 153/August 2016 – Seite 6/7)

FOTO: AGPRO

agpro-Forschungspreise 2016 WIEN. Zum zehnten Mal vergaben die „austrian gay professionals“ (agpro) heuer Preisgelder für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit Homosexualität und Homosexuellen in Wirtschaft, Recht und Gesellschaft befassen. Heuer wurden Preisgelder von insgesamt 13.000 Euro sowohl für abgeschlossene als auch für geplante Forschungen vergeben; es gab darunter auch Sonderpreise für Technik und Medizin. Aus den 42 Einreichungen wählten die JurorIn­nen die acht preiswür-

digsten Arbeiten aus. Die diesjährigen PreisträgerInnen sind Mag. David Egger (Homosexuality and School in Austria), Mag. Perry Baumgartinger-Seiringer (Staatliche Regulierung von Geschlecht als Zweigeschlechterkonstrukt), Dr. Igor Grabovac (Are Patients Ready for Lesbian, Gay and Bisexual Family Physicians), Dr. in Hanna Hacker (Frauen* und Freund_innen), Laura Kuhn, MA (Homosexualitäten als Thema in der Schule), Werner Müller-Schell, BA (Schwaches Zuspiel oder schwuler Pass? Siehe den Beitrag auf Seite 42), Dr. in Bärbel Susanne Traunsteiner (Gleichgeschlechtlich l(i)ebende Frauen im Alter), Norman Wolf, B.Sc. (Somewhere Over The Rainbow). Sprecherin des Wissenschaftlichen Beirats (Jury) war Vizerektorin Mag. a Andrea Steiger (TU Wien). agpro führte den Forschungspreis bereits im Jahr 2004 ein.  agpro.at/forschungspreis/

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Halloween 5 YEAR

POPOLÄR

FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

25.10.2016: #popolär #5year #celebration #djmart.i #djanes.stereo @spielplatz

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OBERÖSTERREICH

TOBERFEST OK Halloween 15.10.2016: #lederhosn #dirndl #geburtstagskinder @hosilinz

HMUSENPARTY SC Halloween

FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

5.11.2016: #queerparty #crackstreetgirls @solaris

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OBERÖSTERREICH

Halloween HALLOWEEN

FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

31.10.2016: #strictly80ies #vol.2 #nightmare @goethestreet

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OBERÖSTERREICH

Halloween RED RIBBON

CLUB NIGHT

FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

03.12.2016: #charity #Welt-Aids-Tag2016 #AidshilfeOberösterreich #DJJoe-Joe & #DJJoWeiser #DJJerryJ.Kriz #TamaraMascara #Beatboxerfii&friends #JulianF.M.Stoeckel #Tombola @spielplatz

Halloween SONNTAG

OFFEN!

Im Jänner 2017 wird die HOSI Linz testweise jeden Sonntag ab 21:00 geöffnet haben, das Barteam freut sich auf jeden Besuch. Alle die das Wochenende noch gemütlich ausklingen lassen wollen oder am Montag frei haben, sind herzlich willkommen. HOSI Linz, Goethestr. 51, 4020 Linz  hosilinz.at

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Österreich Termine Sa., 17.12.2016/21:00 HoHoHomalo Weihnachtsparty Kulturhauskeller, 8262 Ilz, Ilz 2 Homalo feiert Weihnachten, feiere mit! House and Classics Beats von Djane S. Stereo (Linz/Graz), Weihnachtsüberraschung; Eintritt Frei – Women only Veranstaltet von homalo.lol Tour: Wallis Birds neues Album „Home“ Fr., 10.02.2017 / Linz: Posthof Sa., 11.02.2017 / Salzburg: Rockhouse Mo., 13.02.2017 / Wien: Flex Di., 14.02.2017 / Graz: ppc  wallisbird.com (Siehe Bericht auf Seite 46/47)

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WIR SIND Q IMMER UND ÜBERALL

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Die Goldene Panthera Bunt! Extravagant! Glitzer und Glamour! Unter dem Motto „Night of Stars – Come out, get out!” wird am Tuntenball 2017 gefeiert.

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in besonderer Preis, der am Tunten­­ball an Menschen vergeben wird, die Courage gezeigt und sich herausragend für die Rechte von Homo-, Bi- und Transsexuellen eingesetzt haben, ist die Goldene Panthera. Dies unterstreicht den diesjährigen politischen Themenschwerpunkt des Tuntenballs: das Coming Out.

Liebe kann man nicht verstecken. Aber wir mussten sie verstecken. Adam

Nach der Familie Dunkel mit ihrem beispiellosen Umgang mit Homosexualität in der eigenen Familie und Familie Mayr, die sich für die Öffnung der Ehe ein­setzt, wird die ehrenvolle Goldene Panthera beim Tuntenball 2017 zum dritten Mal vergeben. 2017 geht die Ehrung an Adam. Adam ist aus dem Irak und musste aufgrund seiner Homo­ sexualität aus seinem Heimatland flüchten. Im Irak hatte seine Liebe keinen Platz, in Österreich hat er nun Zuflucht gefunden. Ein besonderer junger Mann, der aller Gegenwehr zum Trotz nun offen zu seiner Liebe steht. Nach einer langen und lebensgefährlichen Flucht, die ihn über die Türkei

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nach Griechenland, weiter über Bulgarien und Serbien bis nach Wien brachte, fand er in Österreich Akzeptanz für seine sexuelle Orientierung und damit ein neues Lebensgefühl. Für sein Engagement und den wahrhaftig mutigen Schritt, für seine Liebe einzu­stehen, sind wir stolz, ihm nun die Goldene Panthera zu verleihen und ein Zeichen für die Toleranz und Akzeptanz aller L(i)ebensformen zu setzen! „Coming-Outs fallen nicht immer leicht, sie kosten manchmal sehr große Überwindung, vor allem wenn es um intime Themen wie die eigene sexuelle Orientierung geht. Flüchtlinge sind hier doppelt benachteiligt – so wird in Flüchtlingsheimen zwar versucht, Menschen aus gleichen Ländern zusammen zu beherbergen, doch da die Landesgenossen oft homophobe Tendenzen zeigen, stellt dies


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Hier habe ich Liebe gefunden. Ich kann diese Liebe zeigen. Ich kann sagen, ich liebe einen Mann und es ist ok. Adam

Adam

für schwule oder lesbische Flüchtlinge meist ein großes Problem dar. So haben sie erst wieder Angst ein offenes Leben zu führen,“ weiß Joe Nieder­mayer, Organisator des Tuntenballs. Adam bekommt diesen Preis deshalb stellvertretend für alle Menschen dieser Welt, die ein schwieriges Coming Out vor oder hinter sich haben. Als schwuler Flüchtling hat er besonderen Mut und Courage gezeigt – das will der Tuntenball anerkennen! n

Miss Desmond & Adam

FOTOS: ® ANDY JOE (3)

SAVE THE DATES Nicht nur der Ball am 11.03.2017 wird ein Event der Extraklasse – auch im Vorfeld erwarten die Tuntenball-Community besondere Veranstaltungen. Alle, die es kaum bis zum Ball aushalten, haben die schon bald die Möglichkeit, TuntenballLuft zu schnuppern.

dem Laufsteg und der Bühne mit ihren Talenten an den Start gehen. Eine prominente Jury bestimmt die FinalistInnen, aus denen am Ballabend die neue Miss Tuntenball als Shooting Star hervorgeht. Anmeldung für Drag Queens und Drag Kings unter dragrace@tuntenball.at

Shooting Star: das Tuntenball Clubbing mit Drag Race

Sektpräsentation: So prickelnd schmeckt der Tuntenball.

21.01.2017, 1st floor Postgarage

24.02.2017, Merano Graz

Party all night long und mittendrin das Rennen um den heißbegehrten Titel der Miss Tuntenball. Das Tuntenball-Clubbing sorgt für fette Beats, während die AnwärterInnen für den Tuntenball-Titel auf

Das Beste ist gerade gut genug – eine Verkostung im Herzen des Grazer Univiertels. Traditionellerweise wird kurz vor dem Ball wieder der eigene Tuntenballsekt präsentiert.

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Überall PantherInnen Familie – das sind nicht nur Vater-MutterKind! Um zum Bewußtsein beizutragen, dass es auch andere Familienformen gibt, beteiligten sich die PantherInnen und querfeldKLEIN am 22./23. Oktober beim „Familienkongress” im Grazer Bildungszentrum Steiermarkhof. Hier ging es vor allem um MultiplikatorInnen, die mit Familie viel zu tun haben. Und es schadet nicht, wenn in der Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht wird, dass es z. B. auch gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern gibt. Am Nationalfeiertag präsentierten sich die PantherInnen und die ÖH der Uni Graz auf Einladung der Stadträte Kurt Hohensinner (ÖVP) und Michael Ehmann (SPÖ) bei der großen Leistungsschau des Ehrenamts im Grazer Rathaus. 54 ausstellende Organisationen zeigten die Vielfältigkeit von freiwilliger Arbeit und machten deren enormen Stellenwert für die Zivilgesellschaft sichtbar. Rund

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400 BesucherInnen nutzten die Möglichkeit, sich vom großartigen ehrenamtlichen Engagement in der steirischen Landeshauptstadt zu überzeugen – gerade auch im schwullesbischen bzw. queeren Bereichen.


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„Bis 1971 wurde Homosexualität als ‚widernatürliche Unzucht‘ mit Kerker bestraft. Schon damals gab es in der Reitschulgasse 20 ein Lokal vorwiegend für schwule Männer. Geführt von Werner und Peter war 1979–1997 das Club Café Werner fixer Bestandteil schwul-lesbischer Subkultur“, erzählt Historiker Hans-Peter Weingand: „Noch Ende der 1980er-Jahre stand man

FO TO: ANDY

In der am 19. Oktober neu eröffneten Dauerausstellung „360 GRAZ | Eine Geschichte der Stadt“ geht es auch um die Geschichte schwul/lesbischer Emanzipation. Und Werner Oberbayer alias Vera de Vienne staunte nicht schlecht, als er „seine“ Tür unter den ca. 35 Objekten fand, die nun die Geschichte der steirischen Landeshauptstadt nach 1945 thematisieren. Doch warum der Eingang zum „Club Café Werner“, das nach der Schließung Kurt Zernig von den RosaLila PantherInnen ersteigert und dem Museum geschenkt hat?

JOE

Schwul/lesbische Geschichte

vor dieser versperrten Tür und wurde erst nach dem Klingeln persönlich eingelassen. Erst 2002 verschwand Homosexualität als Sonderbestimmung aus dem Strafrecht (Mindest­alter für Männer 18). Eine Anerkennung und teilweise Gleichstellung der PartnerInnenschaften erfolgte 2010.“ Und Werner freut sich schon, alte Freunde in das Grazmuseum zu führen – und sie vor der Lokaltür mit Erinnerungen zu überraschen.

glaubwürdig bunt & sozial

Elke Kahr.

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Steirische AktivistIn­ nen im Parlament

FOTOS: ANDY JOE, MICHI FEINER

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ür einen Tag lang färbte sich das österreichische Parlament RosaLila. Die steirische Homo-Interessensvertretung RosaLila PantherInnen hatte die einmalige Gelegenheit, sich die Räumlichkeiten des Parlaments ganz genau anzusehen. Es war eine äußerst interessante Führung, die damit endete, dass die steirischen AktivistInnen vom Präsidenten des Bundesrates Mario Lindner (SPÖ) persönlich empfangen wurden. Ein Bundesratspräsident „zum Angreifen“. „So einen gemütlichen und persönlichen Empfang hätten wir uns nicht erwartet“, so Joe Niedermayer, Vorsitzender der RosaLila PantherInnen. Durch diesen lockeren Rahmen konnten die Vereinsmitglieder einen guten Einblick in den Parlamentarischen Alltag der Politikerinnen und Politiker gewinnen.

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In spontanen Impulsreden wurde dem Verein RosaLila PantherInnen zum 25-jährigen Bestehen gratuliert und für das großartige Engagement gedankt. Lindner wurde für sein Outing im Sommer und für die PRUnterstützung als Model auf dem aktuellen Tuntenball-Plakat als Vorbild gelobt, das er zweifelsohne für viele ist. Es hat wieder einmal zeigt, dass ein Outing kein Hindernis für eine Karriere sein muss. Weiter hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, gute Kontakte zu pflegen – sowohl zur Politik als auch zu anderen Mitmenschen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Denn ein schwuler Politiker kann mehr als nur Schwulenpolitik machen, bzw. auch ein Mann kann sich für Frauenrechte einsetzen. n Text: Joe Niedermayer


N I E R Ü F T FES Z A R G S E N OFFE F e s t f ü r e in in e n r ie e f W ir e s G ra z – t n a r le o t d n offenes u r e m it ! ie e f d n u i e b ko m m vo r

HR U 0 2 , 7 1 0 2 ER SA 2 1 . JÄ N N AZ R G M U E H P OR E LISTE GRAZ ALTERNATIV TSKLUB GEMEINDERA


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HALLOWEEN EDITION

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FOTOS: ANDY JOE

Volles Haus in der Postgarage bot das FAGtory special am 31. Oktober. Noch nie waren so viele schaurig schÜne Wesen auf einem Fleck anzutreffen. Zum Musik-Management von DJ Mart.i (KEN / Porntrash, Vienna) zuckten zittrige Zombies, vibrierten verfaulte Vampire neben grausig geilen Ge­ spenstern. PRIDE gratuliert zur gelungenen Nacht.


STEIERMARK

FOTOS: MIKE MACBI

HOMO ELECTRUS HOMO ELECTRUS war heuer am 25. November das Motto des Queeren Unifests. Da die Hauptgebäude für Feste nicht mehr verwendet werden dürfen, waberten die electro Beats by DJ Buscapé partymäßig in den Inffeldgründen. Die Queeren Referate sorgen jedenfalls in bewährter Weise für Spaß an kalten, nebeligen Herbsttagen.

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FOTO: © GAGE SKIDMORE / FLICKR

Ausland

Die Neue Rechte in den USA und wir Als „alt-right“ oder „alternative right“ bezeichnen sich gegenwärtig politisch extrem rechte Kreise im Land der – hoffentlich nicht ganz – unbegrenzten Möglichkeiten.

D

ie „alt-rights“ zeichnen sich besonders als PropagandistInnen der Überlegenheit der weißen Rasse und eines äußersten Nationalismus der Weißen in den USA (unrühmlich) aus. Ansonsten sind die Neuen Rechten genauso revisionistisch wie die üblichen Ultrakonservativen, d.h., sie wollen das Rad der Geschichte zurückdrehen und liberale wie

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sozialstaatliche Fortschritte wieder rückgängig machen: Sie wollen einen Minimalstaat, der – durch seinen Rückzug aus gesellschaftspolitisch wichtigen Bereichen – dem Recht des Stärkeren Platz macht und sich dabei auf die Durchsetzung gesellschaftlicher Regeln beschränkt, welche die Toleranz und Akzeptanz, die persönlichen Freiheiten und Rechte von sozial schwächeren Minderheiten einschränken.


E-ARCHIV (2) FO TOS: PRID

AUSLAND

Die Neue Rechte ist also Ultrakonservatisheben. Damit würde die Würde angetastet mus plus Rassismus, Nationalismus und Faund die Entmenschlichung begonnen. Derschismus, sucht sich der Faschismus doch art motivierte Übergriffe sind seit Trumps aus, welche Teile der Gesellschaft als staatsWahlsieg an der Tagesordnung. tragend gelten dürfen und die Politik mittragen sollen. Die anderen sind volksschädlich. Europäisches Gegenbeispiel In den USA wird das Prinzip der Meinungsfreiheit weit überzogen ausgelegt, so weit, Europa hat faschistische Regime von den dass es den Mächtigen nahezu uneinge1930er-Jahren bis Kriegsende leidvoll erfahschränkt erlaubt ist, ihre Macht zum Nachren. Auf der Grundlage dieser historischen teil jener, die ihnen nicht zu Gesicht stehen, Erfahrungen kommt der politischen Kultur, mit verbaler Brutalität einzusetzen. Nicht als Korrektiv insbesondere den zivilgesellumsonst ist es in den USA möglich zu verschaftlichen Organisationen wie nicht zuhetzen, beispielsweise für die Tötung von letzt etwa den homosexuellen Initiativen, Schwulen und Lesben zu werben. Unter eine sehr hohe Bedeutung für ein respektsolchen Voraussetzungen droht der Faschismus stark, dort wieder salonfähig zu werden. Wir sollten uns nicht davon täuschen lassen, Wie lange noch friedlich?

wenn Trump ankündigt, die Homo-Ehe unangetastet zu lassen. Das ist der bekannte Trick, Minderheiten für sich zu gewinnen, solange sie gebraucht werden – und sie dann fallen zu lassen.

Wie lange wird die von der Neuen Rechten geplante ethnische Säuberung „friedlich“ bleiben, wie ihr Anführer Richard Spencer sagt? Wir sollten uns nicht davon täuschen lassen, wenn Trump ankündigt, die Homo-Ehe unangetastet zu lassen. Das ist der bekannte Trick, Minderheiten für sich zu gewinnen, solange sie gebraucht werden – und sie dann fallen zu lassen. Ist Trump Trumpf? Sein engster Berater, Steve Bannon, will das Wahlrecht „unwürdiger“ schwarzen US-AmerikanerInnen auf-

volles und faires Miteinander in der Gesellschaft zu. Wir sollen ein Gegenbeispiel zu den USA unter Trump und seinen Unter­ stützerInnen bilden und dieses Beispiel als die ungleich bessere Lösung vorleben – auch uns selbst vorleben, gibt es doch selbst in dem historisch erfahrenen Europa ähnlich beängstigende politische Tendenzen. n Text: Rainer Bartel

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Splitter Es wird schlechter ST. PETERSBURG. Vor drei Jahren begleitete ein Vertreter der international tätigen US-amerikanischen Schwulen- und Lesbenorganisation „All Out“ einige AktivistInnen bei deren Engagement für eine Regenbogenparade (Gay Pride Parade). Damals konnte eine bescheidene Parade gerade noch durchgeführt werden. Doch Rauchbomben und Steine hagelten auf die TeilnehmerInnen an Gay Pride. Es gab Verletzte und Festnahmen – aber die Festgenommenen waren nicht die Angreifer, sondern die schwulen und lesbischen AktivistInnen! Mittlerweile ist die Situation noch schwieriger geworden, berichtet All Out. Denn

zusätzlich zur brutalen Unterdrückung von jeglichem Aktionismus zur Verbesserung des Lebens für homosexuelle RussInnen gibt es nun das Verbot für nichtrussische Organisationen, die russische Schwulen- und Lesbenbewegung, wie etwa durch das „Emergency Help Program“ (Nothilfeprogramm), zu unterstützen. Gleichwohl gehen die Bemühungen von All Out weiter. Bewerbungen um Unterstützung gab es zuletzt 100, doch aus Geldmangel konnte nur ein Fünftel Berücksichtigung finden. Übernommen werden die Kosten für Schutz vor und Behandlung nach Übergriffen, für Rechtshilfe und Strafzahlungen bei Konflikten mit dem Anti-Propaganda-Gesetz.

Parlament gegen Homo-Ehe MEXIKO-STADT. Bislang ist die Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare in Mexiko nur in der Hauptstadt und in acht der 32 Bundesländer rechtlich möglich. Präsident Enrique Pena Nieto wollte die Öffnung der Ehe für alle Paare nun auf dem ganzen Staatsgebiet einführen. Dazu wäre allerdings eine Verfassungsänderung nötig. Im Verfassungsausschuss des Abgeordnetenhauses fand dieses Reformvorhaben jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Selbst in der PRI, der Partei des diesbezüglich initiativen Staatspräsidenten, regte sich Widerstand dagegen. Der weitere Verlauf ist unklar, zumal der Oberste Gerichtshof erkannt hat, dass das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen der Verfassung des katholischen Mexiko widerspreche.

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eto findet kein

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AUSLAND

Alles klar, Herr Kommissar? HAMBURG. Der CDU-Politiker Günther Oettinger, EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, plauderte bei einer Vortagsveranstaltung locker vom Hocker und bot dabei unerwartet Einblick in die tiefsten Gründe seiner Geisteswelt. Winfuture berichtet launig über Oettingers allzu launige Worte: „Hierzulande ginge es uns im Grunde viel zu gut, so dass Ideen wie ein früherer Renteneintritt mit 62 oder 63 Jahren diskutiert würden. Das würde irgendwann noch so weit gehen, dass eine ‚PflichtHomoehe‘ eingeführt wird. Das sei laut Oettinger keine deutsche Tagesordnung, die einer deutschen Verantwortung entspreche. Stattdessen solle man eher dafür Sorge tragen, dass von uns nicht nur die S-Klasse, sondern auch unsere Werte und unser Menschenbild exportiert würden. Hoffentlich nicht seines, könnte man dem Rest der Welt wünschen“ (winfuture. de/news,94671.html). Natürlich wollte der Kommissar niemanden verletzen – und daher wird er auch nicht in die politische Wüste geschickt.

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Aktualisierte Auflage Sondernummer: „Eingetragene Partnerschaft” Alle Informationen für lesbische und schwule Paare (2., aktualisierte Auflage, Rechtslage: 01.01.2016) Bestellung: www.pride.at

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Gesellschaft Offenheit – eine Frage von …? Wie steht es bei der Heterobevölkerung um die Be­fürwortung der gleich­ geschlechtliche Ehe? Stirbt der Widerstand dagegen mit den neuen, jungen Generationen aus?

Überhaupt hat sich selbst die niederländische Entwicklung lang hingezogen. Schon 1811 waren gleichgeschlechtliche Sexualhandlungen entkriminalisiert worden. Aber erst 1971 (als in Österreich das Verbot homosexueller Handlungen gerade aufgehoben wurde) glichen die Niederlande das Mindestalter für Homos an das der Heteros an. 1993 folgten Antidiskriminierungsgesetze zur weitgehendsten Gleichstellung, 2001 durften Homo-Ehepaare adoptieren (neun Jahre, bevor österreichische

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Homopaare ihre PartnerInnenschaft überhaupt erst eintragen durften). Gewöhnungs- und Lerneffekte Es gibt zwar einen Gewöhnungseffekt an Gesetze, die den Lesben und Schwulen dieselben Rechte wie den Heteros einräumen (die Welt geht dadurch offenbar nicht unter), und Gleichstellung kann selbst bei der Ehe wohl nicht so schlimm sein, wenn sogar eher konservative Parteien und ansonsten radikale Politiker wie zuletzt Donald Trump in den USA die gleichgeschlechtliche Ehe nicht mehr zu Fall bringen wollen. Auf der anderen Seite kann das bloße Verstreichenlassen von Zeit Offenheit und Akzeptanz nicht mit sich bringen; es muss etwas dafür getan werden. Studien (z.B. von Lubbers u.a. 2009) zeigen nämlich, dass die Einstellung der Eltern zur gleichgeschlechtlichen Ehe die Auffassung ihrer

FOTOS: RLP

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ogar in den vergleichsweise sehr liberalen Niederlanden war die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe am 1. April 2000 (nach zwei Jahren geübter Praxis mit eingetragener PartnerInnenschaft) keine konfliktfreie Angelegenheit. Trotz einer Vier-Fünftel-Mehrheit dafür regte sich heftiger Widerstand dagegen, insbesondere in den überseeischen Gebieten der Niederlande.


GESELLSCHAFT

Kinder zu dieser Thematik bestimmt. Am stärksten wirkt sich diesbezüglich die religiöse Erziehung aus. Aber auch der Bildungsgrad entscheidet signifikant mit darüber, da geringere Bildung mit geringerer Zustimmung zur Homo-Ehe einhergehe. Das bedeutet, dass die lesbisch/schwule Community und Bewegung einen Auftrag haben, und zwar relevante Informationen beizubringen und konstruktive Auseinandersetzungen zu fördern.

„Die Ergebnisse dieses Entwicklungsprozesses zeigen, dass diese jungen Menschen weniger religiös werden, zunehmend an uneheliche Beziehungen denken und somit auch der Eheöffnung eher zustimmen.“

Die neueste Studie durch Jonathan Smith (2016) von der Monash University in Melbourne bestätigt mittels einer Paneluntersuchung im Rahmen des Jugendbefragungsprojekts „Social Futures and Life Pathways“ mit 1861 AustralierInnen die bisherigen Ergebnisse. Neben dem erwähnten „Gewöhnungseffekt“ an die fortschrittliche Gesetzeslage ist es die Entwicklung der eigenen Pläne für Paarbildung oder Familiengründung zwischen 14/15 Jahren und 19/20 Jahren, die die Einstellung erwachsen werdender Menschen zur Homosexualität wesentlich bestimmt.

Polarisierung und Information Die Ergebnisse dieses Entwicklungsprozesses zeigen, dass diese jungen Menschen weniger religiös werden, zunehmend an uneheliche Beziehungen denken und somit auch der Eheöffnung eher zustimmen. Im Einzelnen lehnen die Jugendlichen die Homo-Ehe umso mehr ab, je eher sie männlichen Geschlechts sind (Machismus und Patriarchat lassen grüßen), je mehr sie außerhalb von Großstädten leben und je eher sie mit nur einem Elternteil aufwachsen. Insofern ist eine Polarisierung der Einstellung je nach dem Lebensumständen festzustellen. Also sollte das Zeitalter von Information und Aufklärung wohl noch nicht ganz zu Ende gehen. Allerdings wurde in Österreich diese Debatte bereits wiederholt geführt, sind die Inhalte bekannt und die Argumente durchgekaut, ist eine Mehrheit für die Eheöffnung längst erreicht. In einer solchen Situation empfiehlt die Sozialwissenschaft, einfach die Entscheidung politisch zu treffen und die neuen legalen Verhältnisse zur gesellschaftlichen Normalität werden zu lassen (vgl. Lewis schon 2001). In Australien wurde eben erst eine Volksabstimmung über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtlich Liebende abgeblasen, weil ohnehin offensichtlich ist, dass eine große absolute Mehrheit dafür ist; das Projekt wird nun einfach umgesetzt. n Text: Rainer Bartel

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GESELLSCHAFT

Schwaches Zuspiel oder schwuler Pass? Vor drei Jahren hat sich der ExFußballprofi Thomas Hitzlsperger als schwul geoutet. Was hat sich seitdem geändert?

„Ich äußere mich zu meiner Homosexualität. Ich möchte gern eine öffentliche Diskussion voranbringen – die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern.“

Gesellschaftliches Tabu Schwule Fußballer sind ein gesellschaftliches Tabu. Noch immer. Sportler gelten als perfekt diszipliniert, hart und hypermännlich. Homosexuelle dagegen werden als

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FOTO: WEBSITE HITZLSPERGER

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rei Jahre sind nun vergangen, dass sich der deutsche Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger im Interview mit der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ mit jenen Worten zu seiner Homosexualität bekannte. Hitzlsperger war der erste prominente deutsche Profifußballspieler, der öffentlich erklärte, homosexuell zu sein – was folgte, war ein riesiges Medienecho: Weltweit wurde mit großer Resonanz über das Outing berichtet, tagelang bestimmte die Meldung die Schlagzeilen. Mit seinem Coming-out sorgte der Fußballer allerdings nicht nur für einen medialen Wirbelsturm – vielmehr brachte er ein Thema in den gesellschaftlichen Fokus, das seit vielen Jahren polarisiert: Homosexualität im Fußball.

Hitzlsperger: Große Medienresonanz und Zustimmung fürs Coming-out zickig, weich, sensibel oder gar schwach charakterisiert. „‚Schwul‘ ist als Schimpfwort im Fußball immer noch verbreitet. Man sagt sogar manchmal ‚schwuler Pass‘ nach einem schwachen Zuspiel“, erklärte auch Hitzlsperger in der Zeit. Egal ob Spieler, Trainer oder Fans – dass Homophobie im Sport keinen Seltenheitscharakter hat, zeigen tatsächlich zahlreiche Äußerungen im Umfeld des Profifußballs: „Meine Spieler müssen echte Kerle sein. Also können


GESELLSCHAFT

Homosexuelle bei mir nicht spielen, höchstens gegen mich“, sagte etwa 2004 der ehemalige Nationaltrainer der österreichischen Mannschaft, Otto Baric, im Interview mit dem Schweizer „Blick“. Der Fußballmanager Uli Hoeneß erklärte einst: „Schlimm ist nur, wenn er auf ein Doppelzimmer besteht.“ Und der deutsche Ex-Bundesliga-Torhüter Frank Rost meinte in einem Interview unverblümt, dass er im Falle eines schwulen Mitspielers vorsichtshalber „mit dem Arsch zur Wand“ dusche. Pflichtsexualität Es sind Aussagen wie diese, die zeigen, wie notwendig die Diskussion um Homosexualität im Fußball ist. Hitzlspergers Outing sollte ein Anlass zu jenem Diskurs sein. Ein Diskurs, der die Situation von Homosexuellen im Fußball verbessern sollte – und möglicherweise sogar andere schwule Sportler ebenfalls zum Coming-out animieren. „Es gibt in der Gesellschaft auch heute noch immer so etwas wie eine Pflichtsexualität. Wer sich darüber hinwegsetzt, wird belächelt“, sagte der deutsche Ex-Nationalspieler nicht umsonst. Doch drei Jahre später scheint all das bereits wieder vergessen, der Fußball hat seinen teilweise homophoben Alltagstrott wieder aufgenommen, große Initiativen fehlen bis heute. Erst im Oktober 2016 zeigte eine Studie der BBC, dass jeder zwölfte Fußballfan in England keine Spiele seines Lieblingsvereins mehr schauen würde, wäre einer der Spieler schwul. Eine bedenkliche Situation, an der auch die Verbände schuld sind. Im Rahmen der Weltmeisterschaft 2014 nahm eine Disziplinarkommission der FIFA Ermittlungen gegen vier teilnehmende Nationen auf: Brasilien, Kroatien, Mexiko und Russland. Der Grund: Fans fielen auf den Tribünen mit homophoben Sprechchören und Bannern auf – die Ermittlungen wurden jedoch später eingestellt. Die FIFA hatte sich entschieden, wegzusehen. Hitzlsperger kommentierte die

damaligen Vorgänge zynisch: Als ihn ARDReporter Alexander Bommes im Rahmen einer TV-Sendung fragte, ob die Weltmeisterschaft die richtige Bühne für ein Coming-out sei, antwortete er: „So, wie ich die FIFA kenne, hat die das verboten.“ Wenige Veränderungen Damit drückte der Ex-Profi sehr deutlich aus, dass sein Gang an die Öffentlichkeit zwar die Diskussion über Homosexualität im Fußball ins Rollen brachte, vor allem aber in der Fußballwelt selbst bisher wenige Veränderungen bewirkte. In der Tat hat sich seit Hitzlsperger kein bekannter Spieler mehr geoutet. Dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland stattfindet, einem Land, in dem Homosexualität in großen Teilen der Gesellschaft noch immer tabuisiert wird, ist ein weiteres Zeichen, dass der Fußball noch einen langen Weg vor sich hat. Einen Weg zu einem neuen Fußball, einem liberalen und weltoffenen Sport. Im Rahmen seines Coming-out sagte Hitzlsperger einen zukunftsträchtigen Satz: „Der moderne Fußball ist kein Lebensraum für Gestrige und Leute mit angestaubten Vorurteilen.“ Es war ein Wunsch. Drei Jahre später hat sich nichts geändert. n Text: Werner Müller-Schell

ZUM AUTOR Werner Müller-Schell ist 29 Jahre alt und studiert in Salzburg Kommunikationswissenschaft. Neben seinem Studium arbeitet er als freier Journalist und Fotograf. In seiner Bachelorarbeit befasste er sich mit Homosexualität im Fußball und dem Coming-out des Ex-Profis Thomas Hitzlsperger und erhielt einen agproForschungspreis 2016 dafür.

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Kultur

Mitten im Leben Im Gespräch mit dem Regisseur Jakob M. Erwa über seinen Film „Die Mitte der Welt“

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asst euch berühren: Das waren die Worte des Regisseurs Jakob M. Erwa zu Beginn des Films. Und genau das tut der Streifen, der am 10. November in Graz Premiere feierte: „Die Mitte der Welt“ berührt die Sinne und das Herz – und entführt in eine ergreifende Geschichte über die erste große Liebe, das Familienleben und die Freundschaft. Der Film beruht auf dem gleichnamigen Buch von Andreas Steinhöfel. Es ist eine Geschichte über die Liebe und ihre Schattenseiten, über Vertrauen und Misstrauen, über Distanz und Nähe. Die Mitte liegt irgendwo dazwischen. Genauso wie die Mitte der Welt für jeden woanders ist, je nachdem, wo er oder sie steht, wie es Glass (gespielt von Sabine Timoteo) so gut auf den Punkt bringt. Glass ist alleine mit 18 – schwanger mit Zwillingen – aus den USA in das Haus ihrer Tante gezogen. Unangepasst an die Nachbarschaft und unkonventionell zieht sie ihre Zwillinge im Haus „Visible“ auf – mit Höhen und Tiefen und unzähligen Männergeschichten. Im Film sind die Geschwister Phil (Louis Hofmann) und Diane (Ada Philine Stappenbeck) 17 Jahre alt. Phil kommt aus dem Französisch-Ferien-Camp zurück

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nach Hause, aber es ist nichts mehr wie es war: Seine Schwester Diane und seine Mutter Glass sprechen nicht mehr miteinander. Und dann kommt auch noch der neue Schüler Nicholas (Jannik Schümann) in die Schule, der Phil mit seiner geheimnisvollen Art ohne Umschweife auf Wolke sieben katapultiert. Ach ja, Phil ist schwul. Aber es geht nicht um Homosexualität, Outing-Dramen oder Diskriminierung, sondern um den ganz normalen Wahnsinn im Leben eines 17-Jährigen. Im Interview mit dem Regisseur Jakob M. Erwa erklärt der 35-jährige gebürtige Grazer, wieso es auch Filme geben muss, die sich der Dramatik der Homosexualität entziehen, und welche Opfer ein Regisseur gegenüber dem literarischen Original bringen muss. PRIDE: Wieso wolltest du gerade dieses Buch verfilmen? Jakob: Ich habe das Buch „Die Mitte der Welt“ von Andreas Steinhöfel mit zwanzig zum ersten Mal gelesen und in mein Herz geschlossen. Damals fragte ich sofort nach den Filmrechten, aber diese waren nicht verfügbar. Acht Jahre lang meldete ich mich wieder und wieder bei Andreas, bis ich die Rechte 2010 endlich bekam.


KULTUR

FOTOS: © 2015 TOM TRAMBOW/ UNIVERSUM FILM (4) ©SIMONMOESTL/ONLOPH (2)

Der Hauptcharakter Phil ist schwul, trotzdem macht der Film keine An­ stalten, die Homosexualität zu fo­ kussieren. Wieso? Jakob: Phil hat wichtigere Probleme als seine sexuelle Orientierung. Da ist der Streit zwischen Glass und Diane, die Unsicherheit gegenüber und die gleichzeitig starke Zuneigung zu Nicholas, und zusätzlich hat er keine Ahnung, wer sein Vater ist. Außerdem kann es nicht nur Filme geben, die die Sexualität als solche in den Vordergrund stellen. Das Buch hat 472 Seiten, beschreibt sieben Zeitebenen und beinhal­ tet sehr viel mehr Personen als der Film. Wie hast du es geschafft, das Buch in einen Film zu übersetzen? Jakob: Wenn du weißt, was die Seele, der Bauch der Geschichte ist, dann ist es einfach zu kürzen. Im Film haben wir nur zwei Zeitebenen untergebracht, die Gegenwart und eine aus der Vergangenheit, als Phil und Diane ungefähr zehn Jahre alt sind, damit man sie als Zuschauer besser kennenlernt. Im Buch spielt eine Art Zauber eine Rolle, der mich als Leser überrascht hat. Genau diese Überraschungsmomente sind mir im Film auch wichtig gewesen. Man muss nicht alles einordnen können, es dürfen Dinge offen bleiben, über die sich die Zusehenden ihre eigenen Gedanken machen dürfen. Genauso wie bei der ersten großen Liebe, die nicht realistisch sein muss. Sie ist über alle Maßen groß und genauso schmerzhaft. Für mich ist jede Person, die im Film vorkommt, wichtig. Gerade die Nebenrollen wie Thereza und Pascale (Anm. der Red.: Freundinnen von Glass), Katja (Anm. der Red.: beste Freundin von Phil) oder Michael (Anm.

der Red.: neuer Freund der Mutter) sind ausschlaggebend für die Richtungswechsel. Ich wollte, dass man nah an den Personen ist, sie kennenlernt, die Tiefe spürt, ohne dass die Opulenz des Kinos verloren geht. Der Film lebt von den Personen. Wie war es, die richtigen Schau­ spieler zu finden? Jakob: Wir haben uns sehr viel Zeit gelassen für das Casting, weil das Buch und der Film von den Charakteren abhängen. Wir haben 1200 Jugendliche gecastet. Besonders schwierig war es, Nicholas zu besetzen, weil er anziehend, abweisend, geheimnisvoll und tiefgründig auf einmal sein musste. Welche Szenen haben dich besonders berührt? Jakob: Ich habe den Film bestimmt 500 Mal gesehen. Allerdings vor der Premiere in Graz länger schon nicht mehr. Dann im Kino zu sitzen, mit einigen Filmkollegen, Jannik Schümann (Anm. der Red.: er spielt Nicholas), Freunden und meiner Familie war schon etwas Besonderes. Ich bin sowieso im Kino – und auch am Set – nah am Wasser gebaut, daher hatte ich bei einigen Szenen Tränen in den Augen, aber ich möchte nicht zu viel verraten. Schaut es euch lieber selber an! n Text: Kathrin Löffel

KURZBIO Jakob Moritz Erwa ist 1981 in Graz geboren, studierte in München an der Filmhochschule und lebt heute in Berlin.

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KULTUR

Angekommen Auf ihrem neuen Album „Home“ hören wir rührende Liebeserklärungen an Wallis Birds Freundin Tracey!

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uhause ist, wo mensch sich sicher fühlt, wo der/die PartnerIn zuhause ist. Wo sich alles ganz leicht und richtig anfühlt, auch wenn die Welt da draußen noch so tobt. Zuhause ist kein Ort. Wallis Bird hat ihr Zuhause gefunden. Ihr aktuelles Album „Home“ zeigt das auf, Wallis lässt uns an ihrem Leben, ihrer Liebe zur Berliner Künstlerin Tracey, mit der sie mittlerweile in Berlin lebt, teilhaben. Das ganze Album ist eine wunderbar einfühlsame Liebeserklärung an ihre Freundin. Unterwegs Ihr ganzes Leben lang war sie unterwegs, der Musik hinterher und ihrem hüpfenden Herzen, nirgendwo für immer. Von Irland aus, wo sie als Kind gegen den Rasenmäher antrat und gewann. Er behielt den linken kleinen Finger, sie die Liebe zur Musik, mit deren Hilfe sie sich beibrachte, die Rechtshändergitarre linksherum zu spielen. Nach Deutschland zurück, veröffentlichte sie zwei Alben bei einem große Label und ein drittes, das auf eigene Faust produziert wurde. Nach London. Musikpreise, unter anderem zweifache irische Musikpreis-Gewinnerin. 600 Shows in den letzten Jahren, immer mit dieser unfassbaren Energie. Nach Berlin schließlich, in die Clubs und um die Häuser, immer ruhelos, immer weiter, bis das Glück plötzlich im Raum stand. Es klopfte nicht, es kam einfach. Ständig weiterentwickeln Das neue Album „Home” zeigt eine andere Facette von Wallis, es ist das reifste Album, das Wallis je gemacht hat. Viele kennen sie durch ihre energetischen

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Songs und Live Performances. Die einzige Konstante in meiner Musik“, sagt Wallis, „ist, dass sie sich ständig weiterentwickelt.“ Kein Song klingt wie der andere, kein


KULTUR

Album ist einfach nur Vorgänger oder Nachfolger eines anderen, aber alle klingen sie kompromisslos nach ihr, die angekommen ist. In einem musikalischen Zuhause muss man sich frei bewegen können. Ein Dankeschön Von der Wohnung aus, in der Wallis lebt, kann man weit über Berlin sehen. Die Fenster reichen bis zum Boden, es gibt viel Platz für Instrumente und Ideen, und Nachbarn, die sich davon nicht stören lassen. Wallis hat ihr fünftes Album zu Hause geschrieben. Nachdem sie auf der Tour zu „Architect”, die sie durch Europa und Asien führte, über 30.000 Leute live gesehen hatten, zog sie sich zurück, in aller Ruhe. Nahm sich zum ersten Mal seit Jahren Zeit, um nicht unterwegs schreiben zu müssen. Schloss sich einen Sommer lang in ihrem eigenen kleinen Studio ein, dann den Winter über und den nächsten Frühling, immer weiter, nahm ihr Glück auf. „Es gibt ja dieses Klischee des leidenden Künstlers. Oder das Gerücht, dass man, wenn man glücklich ist, gar keine Zeit mehr hat, daraus Musik zu machen. Aber ich war so glücklich, dass es mir leichtgefallen ist. Jedes Mal, wenn ich nicht weitergekommen bin, habe ich mich daran erinnert, einfach über das zu schreiben, was mich so glücklich macht. Das Album ist ein Dankeschön daran.“

wieder gut war. Mehr als gut. Am Ende wollte sie gar nicht mehr aufhören und kam noch zu zwei Zugaben auf die Bühne. Wer macht so etwas? Jemand, der die Energie dafür hat. Wahrscheinlich beschreibt diese Geschichte am besten, warum Wallis Bird so speziell ist. Eine, die weiß, dass ein Zuhause so viel mehr wert ist, wenn man es mitnehmen kann. In die kleinen Clubs. Aber auch auf die große Releasetour mit über 60 Shows, die sie durch Europa, Japan und Australien führen wird. In der Musik zuhause Man hört HOME dieses Vertrauen an. Diese Ruhe und Ausgeglichenheit, die eine enorme Kraft erzeugt. Ihr Wurzeln stecken im Folk, dessen ewige Wahrheiten schon immer durch ihre Songs fließen. In den unwiderstehlichen Popmelodien und im Rock, an dem sie sich so gerne slappt und heiser schreit. Ein Album, das vor lauter Glück ganz bei sich ist. In ihrer Musik war Wallis schon immer zuhause. Im September geht Wallis Bird gemeinsam mit ihrer Band auf eine Tour durch die heimeligsten Clubs Europas. „Die Art von Läden, in der man sich gegenseitig riechen kann, so wie alles angefangen hat vor vielen Jahren, dorthin zurückzukehren, um zu wissen, wo man herkommt und angefangen hat“, beschreibt sie das. n

Zwölf Stunden spielen Viel zu lange war sie im Albumprozess für sich ge­ wesen, hatte keinen ihrer neuen Songs je vor Publikum gespielt und war sich zum ersten Mal ein wenig unsicher. Also tat sie das einzig Logische: ein Konzert ansetzen, das längste von allen. Um halb zwei Nachmittags betrat sie am 9. Januar 2016 die Bühne und spielte zwölf Stunden, bis alles

Text: Gerhard Niederleuthner und Rockhouse Salzburg

ÖSTERREICHTOUR Konzerte in Österreich: Fr., 10.02.2017 / Linz: Posthof Sa., 11.02.2017 / Salzburg: Rockhouse Mo., 13.02.2017 / Wien: Flex Di., 14.02.2017 / Graz: ppc wallisbird.com

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KULTUR

Splitter „Supay“

Sonia Ortiz‘s Kurzfilm „Supay“, kopro­ duziert von Berlinale-Teilnehmer Diego Sarmiento, wurde in Cusco, Peru, gedreht. Es ist der erste Film über ein lesbisches Paar, der jemals in Peru realisisert wurde. Die Erfahrungen von Mitgliedern der peruanischen Frauenrechtsbewegung Kachkaniraqmi waren Inspiration für die Geschichte von Valya und Paz. Homosexuelle sind immer noch brutalen und meist strafrechtlich nicht verfolgten Anfeindungen und Attacken ausgesetzt. Sogenannte „korrektive Vergewaltigungen”, mit denen lesbische Frauen für ihr vermeintliches Fehlverhalten bestraft werden, sind an der Tagesordnung. Es gibt keinen Zugang zu legalen und sicheren Abtreibungen für Vergewaltigungsopfer. Durch die mystische Symbolwelt der Anden folgt der Film dem Weg von Valya, die nach einem Jahr unschuldig in Haft ziellos durch die Straßen der Inkastadt

FO TO: SUPAY

Kurzfilm über lesbische Liebe in Peru

Cusco irrt, von den unerbittlichen Schatten der Vergangenheit verfolgt, die sie jedoch bald einholen. Aber das Leben im Gefängnis hat Valya zu einer unerbittlichen Verteidigerin ihrer Liebe zu Paz gemacht, einer jungen Einheimischen, die inzwischen eine Scheinehe eingegangen ist, um die Wogen zu glätten, die der vermeintliche Dämon Valya bei ihrer erzkonservativen Familie aufgebracht hatte. Nur noch die Magie der Anden kann helfen, einen drastischen Ausweg zu finden… n Der Film sucht noch Unter­stützung über die Crowdfundingplattform:  kickstarter.com  Projekt: Supay

„Dirty Little Drawings“

FO TOS: © COUR

Der perfekte Platz in Salzburg bot die Cruising-Bar Dark Eagle, in denen erotisch/pornografische Arbeiten gezeigt wurden. Als besondere Aktion konnten sich Gäste freiwillig melden, die für zehn Minute als Aktmodell zur Ver­fügung standen und dann ihre vor Ort entstandene Aktzeichnung mitnehmen konnten.

T WATSON

Court Watson lebt und arbeitet als Künstler in New York City und kommt hin und wieder nach Salzburg, um für die Festspiele die Kostüme zur Oper „Hänsel und Gretel“ zu gestalten. Seine gewagteren, weil erotischen Arbeiten waren bereits in der Ausstellung „101 Dirty Little Drawings“ in den Leslie-Lohan Studios in NYC zu sehen.

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Watsons Arbeiten gibt es auch auf Polster, Tassen oder T-Shirts bedruckt im Onlineshop rageon.com.  courtwatson.com  rageon.com/a/users/sehnsuchtinc  dark-eagle.at


FO TOS: G. NIED ERLEUTHNER

KULTUR

Authentisch und heftig

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m Rahmen des „Transition International Queer Minorities Film Festival“ Anfang November in Wien wurden spannende und berührende Filme zum Thema Queer Refugees gezeigt, die neue Denkansätze herausforderten. Im Pressegespäch mit Ulrike Lunacek, Co-Vorsitzende der LGBTI-Intergroup im Europaparlament, wurde die Wichtigkeit von einklagbaren und konkreten Rahmenbedingungen gegen jede Form der Diskriminierung deutlich. Adam, queerer Flüchtling aus dem Irak, betonte dabei die konkreten Probleme, wenn zum Beispiel homophobe ÜbersetzerInnen kontraproduktiv agieren und so den Flüchtlingen wenig Chance auf Bleiberecht geben. Heftige und authentische Schicksale zeigte der Dokufilm „My Refugee Story“ von Nour Metwally. Er porträtiert die Geschichten von lesbischen, schwulen, Inter*- und Trans*-Menschen aus Syrien, die in den Libanon geflüchtet sind. Der Film ist das Ergebnis von Workshops und ist besonders für Betreuungspersonal und Menschen in der Verwaltung aufbereitet, um die echten Geschichten und traumatisierenden Erfahrungen von queeren Flüchtlingen aufzuzeigen. In der Doku „Atmosphere“ wird Lebenslust und Überlebenswille lustvoll und auch mit viel Humor aufgezeigt. Khusen

Khaydarov war bereits in seiner Heimat Tadschikistan als Schneider und Designer tätig. Er musste mit seinem Partner Komil Radzhabov – Aktivist in der LGBT-Com­ munity – flüchten. Markus Neubauer und Lorin Canaj dokumentierten und filmten die Planung und Vorführung der Fashion Show, in der mit traditioneller Handwerkstechnik kreative neue Modelle geschaffen werden, die erotisch, aufregend und geschlechterübergreifend sind. Der Kurzfilm „Balcony“ von Toby FellHolden zeigt das Liebeswerben der jungen Tina um die aus Afghanistan geflüchtete Dana. Im Film gibt es einige überraschende Wendungen, die immer wieder dazu zwingen, neue Perspektiven einzunehmen. Die Frage, was Wahrheit ist und was Gerücht, wird nicht beantwortet. Vorurteile auf beiden Seiten werden immer wieder aufs Neue aufgezeigt. Ein Film, der die eigenen Vorurteile sichtbar macht und der das Publikum ein paar Mal lautstark schnaufen ließ. Yavuz Kurtulmus und sein Team haben mit dem Festival hochwertige Filme und spannende Filmschaffende zusammen­ bringen können und auch genug Zeit für Gespräche, Gedankenaustausch und zum Feiern gelassen.  www.iqmf.at Text: Gerhard Niederleuthner

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bis 30.04.2017 SKANDAL NORMAL? Die große Ausstellung der Kunstskandale Ob ungewollt oder als gezielte Provokation: Immer wieder rufen Kunstwerke erregte Debatten hervor. Mit der Ausstellung „Skandal Normal?“ widmet sich das OK den Mechanismen öffentlicher Em­ pörung und zeigt dabei auch eine Chronologie der meist diskutierten Kunst-Skandale in Österreich. Von 1960 bis heute.  ok-centrum.at

Fr., 16.12.2016/19:00 Jahresabschlussparty 2016 Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wir möchten mit euch von 19:00– 21:00 beim letzten HOSITreff im Jahr 2016 und ab 21:00 mit einer Party feiern! Djane Nini sorgt für Stimmung. Ort: HOSI Linz Feiertage 2016 – Wir haben geöffnet Die HOSI Linz hat ab 21:00 geöffnet. Unsere Feiertagsöffnungszeiten:  Sa., 24.12.16  So., 25.12.16  Mo., 26.12.16  Sa., 31.12.16

Fr., 10.02.2017 Konzert: Wallis Bird Albumpräsentation: „Home“ Ort: Posthof Linz  wallisbird.com (Siehe Bericht auf Seite 46/47)

SONNTAGS Im Jänner 2017 wird die HOSI Linz testweise jeden Sonntag ab 21:00 geöffnet haben, das Barteam freut sich auf jeden Besuch. Alle die das Wochenende noch gemütlich ausklingen lassen wollen oder am Montag frei haben, sind herzlich willkommen.  HOSI Linz

HOSI LINZ HOSI Linz – Die Lesben- & Schwulenbewegung in OÖ Goethestraße 51, 4020 Linz Jeden Fr. und Sa. ab 21:00

HOSI-Treff Der gemütliche Treff ab 19:00, jeden 2. Fr. HOSI Linz

W hosilinz.at T 0732/60 98 98 E ooe@hosilinz.at facebook.com/hosilinz

Lesbentreff „Lesbresso – what schall‘s“ am 1. Fr. / Eine Kooperation von aFZ Linz & HOSI Linz W hosilinz.at/frauen

Beratung Telefonisch & per Mail: Mo, Do 20:00 – 22:00 T 0732/60 98 98-4 E beratung@hosilinz.at W hosilinz.at/beratung (Persönlich: nach Vereinbarung)

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Regenbogenstammtisch Jeden Do. 19:00 im Restaurant Zur Brücke, Vorstadt 18, 4840 Vöcklabruck W hosilinz.at/voecklabruck

YOUnited Treffen jeden 1. und 3. Fr. im Monat für bis 25-Jährige W hosilinz.at/younited Queer Refugees welcome Informationen und Hilfe in fünf Sprachen: W hosilinz.at/category/refugees Spendenkonto (VKB Bank) Kto.-Nr. 10711174 / BLZ: 18600 IBAN: AT761860000010711174 BIC: VKBLAT2L lautend auf HOSI Linz find us on facebook:

/hosilinz

FOTO: GERHARD NIEDERLEUTHNER, PRIDE-ARCHIV, ROCKHOUSE SALZBURG

Termine


Stmk Mo., 12.12.2016/19:30 HuG – Adventgottesdienst und Weihnachtsfeier Evang. Heilandskirche (Mediationsraum) Mi., 14.12.2016/17:00 queer Referate Graz Schwule Stadtparkführung von und mit Alex Desmond Treffpunkt: Oper Fr., 16.12.2016/19:00 ausufern - Weihnachtsfeier feel free Sa., 17.12.2016/ 21:00 Homalo feiert Weihnachten Kulturhaus-Keller Ilz, 8262 Ilz 2 Di., 20.12.2016/19:00 Donna Lila - Weihnachtsmarktbesuch Treffpunkt: Mariahilferkirche

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Dezember

Jänner

So., 08.01.2017/17:00 Transgender-Selbsthilfegruppe Graz feel free Mo., 09.01.2017/19:30 HuG – Themenabend „Die Geschichte von Polizei und Gendarmerie in Österreich“ Evangelische Heilandskirche Fr., 13.01.2017/19:00 ausufern – Get-together feel free Sa., 21.01.2017/22:00 Tuntenball Clubbing „Shooting Star“ postgarage Mo., 23.01.2017/19:30 HuG – Themenabend „Der Islam in Österreich“ feel free

Februar

So., 05.02.2017/11:00 HuG – Rodlpartie Treffpunkt: Kaiser-Josef-Platz

BE ZAHLTE

Termine

Mo., 30. 01. 2017/20.00 SoHo – Kinoabend „Girltrash: All Night Long“ (OmU) Rechbauerkino SPÖ Graz und SoHo laden ein zu einem Kinoabend mit viel Musik. Eintritt frei! „Die ‚L WORD’-Macherinnen geben mit diesem Rock 'n' RollMusical die lesbische Antwort auf ‚Hangover’ und liefern eine in jeder Hinsicht umwerfend turbulente Komödie!” (Kino&Co) Mo., 13.02.2017/19:30 HuG – Plan- und Plauschabend Evangelische Heilandskirche Fr., 24.02.2017/19:30 Präsentation Tuntenballsekt Merano

ROSALIL A PANTHERINNEN RosaLila PantherInnen „feel free“ Annenstr. 26, 8020 Graz Kontakt T 0316/366601 E info@homo.at W www.homo.at

RLP-Teambesprechung Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat um 18:00 im feel free – JedeR ist willkommen mitzuarbeiten!

Homosexualität & Glaube (HuG) Jeden 2. Montag im Monat um 19:30 im EHG-Raum, Martin-Luther-Haus 1. OG, Kaiser-Josef-Plz. 9 u. jeden 4. Montag im feel free

Donna Lila Frauenabend Jeden 3. Dienstag im Monat um 19:00 im Sterz im Mohrenwirt

Transgender-Selbsthilfegruppe Jeden 2. Sonntag im Monat um 17:00 im feel free

Öffnungszeiten Montag 10:00 - 18:00 Mittwoch 13:00 - 17:00 Donnerstag 13:00 - 17:00

ElternStammtisch Jeden 2. Dienstag im Monat um 18:00 im LaMeskla

GAYvengers Programm und Details im RLP-Kalender sowie unter: facebook.com/thegayvengers

Beratung (nach Vereinbarung) T 0316/366601 E beratung@homo.at

Kultur- und Freizeitgruppe Programm und Details im RLP-Kalender sowie unter: facebook.com/RLP.Kultur

Alle Veranstaltungen findest du auch auf homo.at/kalender Am Handy abonnierbar!

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Gesundheit Eine Stimme geben Vor 30 Jahren wurde die AIDS-Hilfe Steiermark gegründet.

Am Freitag, 25.11.2016, fanden sich daher aktuelle und ehemalige MitarbeiterInnen, MitstreiterInnen, PartnerInnen und PolitikerIn­nen im Dom im Berg in Graz ein, um an 30 Jahre Prävention, Beratung und Betreuung zu erinnern, gemeinsam von einer Zukunft ohne AIDS zu träumen – und zu feiern. Claudia Gigler (Kleine Zeitung) führte durch den Abend mit mehreren spannenden Interviewrunden. VertreterInnen der Politik erzählten von ihren ersten Begegnungen mit dem Thema HIV/AIDS und betonten die Wichtigkeit von Aufklärung. AIDS-Hilfe Steiermark Vorstand OA Dr. Andreas Kapper und Life Ball Organisator Gery Keszler unterstrichen, dass man mit HIV heute gut leben kann. Dies führe jedoch auch zu einer trügerischen Sicherheit. Mitunter ein Grund, wieso es zu wiederkehrenden Rückschlägen kommt, was das Wissen über HIV/ AIDS betrifft und wofür es aktuell wieder Anzeichen gibt. Darum ist gezielte Information wichtig, um Neuinfektionen zu verhindern und der

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sozialen Stigmatisierung HIV-Positiver endlich ein Ende zu setzen. Wichtig für diese Herausforderungen ist auch der Zugang zu Test und Beratung für sexuell übertragbare Infektionen (STI). Das gesamte Team der AIDS-Hilfe Steiermark endete mit seinen Träumen für die Zukunft: Dass Menschen die Informationen zu sexueller Gesundheit auch umsetzen können, so mehr „Kondomfreudigkeit“ entwickeln und eine lustvolle Sexualität trotz AIDS und STI leben können. Dass verschiedene sexuelle Orientierungen selbstverständlich sind und Menschen ohne Urteil frei und geachtet lieben können. Dass eine HIV-Infektion kein gesellschaftliches Stigma ist, sondern ein Teil des facettenreichen Lebens betroffener Menschen. Dazu stellte das Team der AIDS-Hilfe Steiermark an diesem Abend das Magazin zum 30. Jubiläum vor: „Menschen mit HIV eine Stimme geben!“. Darin erzählen HIV-positive Menschen und ihre Angehörigen ihre Geschichten. Dieses kann auf aids-hilfe.at bestellt werden. Im Anschluss öffneten sich die Tore des Doms und die AIDS-Hilfe lud zum „WAT’s up? 30 Jahre AIDS-Hilfe Steiermark Clubbing“. Die Bands maneki nekocˇ und Mile me deaf stimmten ein, bevor um Mitternacht die DJ-Line loslegte unter dem Motto: Gemeinsam die Liebe und das Leben feiern. n

FOTOS: HEIMO BINDER

S

chon drei Jahre nach der Meldung des ersten offiziellen AIDS-Patienten in Österreich begannen einige couragierte Menschen rund um Dr. Walter Jehna anonyme Beratung und Testung anzubieten und HIV-positive Menschen zu unterstützen. Seitdem konnte die AIDS-Hilfe Steiermark viel erreichen: Die Präsenz an Schulen mit Workshops ist mittlerweile selbstverständlich, die „Testfreudigkeit“ gestiegen und die Betreuung HIV-positiver Menschen entwickelte sich von der Sterbe- zur Lebensbegleitung.


GESUNDHEIT

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GESUNDHEIT

#checkit nominiert Die Kampagne von AIDSHILFE OBERÖSTERREICH und HOSI Linz wurde für den renommierten oberöster­ reichischen Werbepreis „caesar2016” nominiert.

M

it der AIDSHILFE OBER­ ÖSTERREICH verbindet die HOSI Linz eine gute Zusammenarbeit, die bis zu den Anfängen der AIDSHILFE zurückreicht. Dieses Jahr lancierten AIDSHILFE und HOSI die gemeinsame Kampagne „#checkit. Kennst du deinen HIV-Status?“. Auf Videos und Fotos, die vor allem in den sozialen Netzwerken kursieren, zeigen sich Promis wie auch Alltagsmenschen mit der #checkit-Botschaft und drücken damit aus, dass und warum es für sie persönlich wichtig ist, über ihren HIV-Status Bescheid zu wissen. Die Kampagne war ein großer

Erfolg, wurde sie doch auch für den renommierten oberösterreichischen Werbepreis „caesar2016” in der Kategorie Kampagne nominiert. Das Projektteam, bestehend aus AIDSHILFE OBERÖSTERREICH und der HOSI Linz, hat bewiesen, ein komplexes Thema zeitgemäß umzusetzen und die aktuellen Kommunikationsformen besonders auf Socialmedia-Kanälen zu nutzen. Bei der Caesar-Gala Ende November im Linzer DesignCenter konnte das Projektteam die Urkunden entgegennehmen. „Nur wenn offen und ehrlich über die Problematik von HIV und AIDS gesprochen wird, können wir befriedigende Lösungen erzielen. Hysterie gegenüber mit HIV Infizierten und an AIDS Erkrankten ist keineswegs am Platz. Vielmehr ist es nötig, Safer Sex wiederholt zu thematisieren, beim Sex stets zu berücksichtigen und sich bei Infektion rasch einer Behandlung zu unterziehen“, zeigt sich Stefan Thuma, Vereinssprecher der HOSI Linz, optimistisch. n

INFOS FO TO: AID

REICH ERÖSTER SHILFE OB

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 facebook.com/kennstdudeinenhivstatus/  caesar-werbepreis.at


N I E K D N U ! E S I E L N E BISSCH

kriminierung is D n e g e g & gleiche Rechte r fü k mmunity ti o li C o P r e d  it m lt a & Zusammenh t tä ri a d li o S htbarkeit  ic S & lt a lf ie V Freiheit,  Kampf für IT EUCH!

FÜR EUCH & M

ERSRUM.AT GRUENE-AND ERSRUM GRUENE.AND


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Gemeinderatswahl 5. Februar 2017

Graz fĂźr alle lebenswerter

gestalten.

Das ist meine Vision. Michael Ehmann

PRIDE 56 154 Okt. 2016

FĂźr unser Graz.

Michael Ehmann (links) beim Stand der RosaLila PantherInnen am Tag des Ehrenamtes


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