PRIDE Nr. 168/Feb. 2019

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168/Februar 2019

Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

Ehe für alle EP für alle Helmut Graupner – ein Anwalt, der Österreich verändert Ein Gemeinschaftsprojekt von

Preis 2,50 € | SP 02Z031968 S | Österreichische Post AG

Seite 12-23


Weil alle Respekt verdienen. AK Präsidentin Renate Anderl Sozialdemokratische GewerkschafterInnen

www.MehrRespekt.at

Weil Sie Respekt verdienen.


PRIDE

Editorial Ehe für alle?

L

ogischerweise haben wir die „Ehe für alle“ und was immer auch gerne vergessen wird, die Öffnung der Ein­getragenen Partnerschaft für heterosexuelle Paare als Titelgeschichte gewählt. Nach 40-jährigem K(r)ampf ist es in Österreich soweit, dass wir im Jetzt angekommen sind. Und das ist kein Verdienst der Politik, sondern ganz klar dem jahrelangen Kampf un­ zähliger Aktivist*innen der LGBTQBewegung und im Besonderen Rechtsanwalt Helmut Graupner zu verdanken. Ohne die jahrelangen (und kostenintensiven) Klags­ offensiven wäre Österreich noch immer eine kleine Insel der Unseligen. Denn nur die Entscheidungen diverser Gerichtshöfe haben die jeweilige Regierung gezwungen, hier dis-

kriminierungsfreie Gesetze zu verabschieden. Und gleichzeitig geht das Spiel wieder weiter, schlecht formulierte Gesetze machen es Paaren unmöglich zu heiraten, wenn sie aus Ländern kommen, in denen es keine entsprechende Regelungen gibt. Österreich diskriminiert unbeirrt weiter – es ist noch ein steiniger Weg. Österreich im Jahr 2019 bedeutet aber auch, dass im Juni die (queere) Welt auf Wien schaut, mit EUROPRIDE 2019 kann Österreich beweisen, dass es in Europa, in der Mitte der Welt, angekommen ist. Hoffen wir darauf und freuen uns mit allen Paaren, die jetzt ihre Liebe offiziell sichtbar besiegeln können. Mit bewegten Grüßen Gerhard Niederleuthner

Impressum Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin: „Verein zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und TransGender-Personen”, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz (Vorstand: Vorsitzender: Joe Niedermayer, Vorsitzender-Stellvertreterin: Isolde Messerklinger, Schrift­führer: Hans-Peter Weingand, Finanz­referent: Gernot Wartner) ZVR: 993540699 Zulassungsnummer: SP 02Z031968 S, „Sponsoring Post“ Eigentümer*innen: Homosexuelle Initiative Linz, Schiller­straße 49, 4020 Linz (Vorstand: Vereins­ sprecher: Mag. Richard Steinmetz, Finanz­ referent: Stefan Haider, Organisationsreferent: Wolfgang Zehetmayer, Jugend- und Communityreferentin: Alice Moe, Alex Handlbaur: Technikreferent; RosaLila PantherInnen (Vorstand: Vorsitzender: Joe Niedermayer, Stv. Vorsitzende: Caro Milinkovic, Kassier: Chris Skutelnik, Stv. Kassier: Michael Fuchs, Schriftführer: Andy Strick, Stv. Schriftführer: Peter Beck, Beirät*innen: Feiner-Wuthe Michaela, Christof Geramb, Monika Gratzer) und Stop Aids – Verein zur Förderung von sicherem Sex (Vorstand: Vorsitzender: Alex Steiner, stv. Vorsitzender: Peter Beck, Kassier: Joe Niedermayer, stv. Kassier: Sandro Nestelbacher, Schriftführer: Alex Groß, stv. Schriftführer: Stefan Schlöglb

Beirat - Olli Ingenillem) beide: Annenstr. 26, 8020 Graz Grundlegende Richtung: basierend auf den in den Vereinsstatuten des „Vereins zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und Trans-GenderPersonen” niedergeschriebenen Grundsätzen. Im Sinne der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 1998 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union will PRIDE mitwirken, dass die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben anerkannt wird, insbesondere durch eine rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, und will mitwirken, jedwede Diskriminierung abzuschaffen, unter der Schwule und Lesben vor allem im Bereich des Steuerrechts, des Vermögenrechts, der sozialen Rechte etc. immer noch zu leiden haben, und mit Hilfe von Information und Aufklärung dazu beitragen, gegen Vorurteile anzukämpfen, die in der Gesellschaft gegen Homosexuelle bestehen. Die Beiträge geben die Meinung der Verfasserin bzw. des Verfassers wider. Für unverlangt eingesandte Beiträge und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Ein Recht auf Abdruck besteht nicht. Leser*innenzuschriften sind uns willkommen; bei allen Beiträgen behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung

vor. Der anonyme Abdruck von Beiträgen ist möglich; Name und Anschrift des/der Verfasser*in müssen der Redaktion bekannt sein. Private Kontaktanzeigen sind gratis. Redaktionsleitung OÖ: Gerhard Niederleuthner Redaktionsleitung Stmk.: Hans-Peter Weingand Redaktionsanschrift: PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; Auflage: 2500 Stk. Redaktion: Web: pride.at, Mail: redaktion@pride.at, PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; PRIDE Nr. 168/ Februar 2018 / Cover: Helmut Graupner fotografiert von Andy Joe Layout: Isolde Messerklinger, Gerhard Niederleuthner Redaktion: Rainer Bartel, Isolde Messerklinger, Gerhard Nieder­leuthner, Heinz Schubert, Gernot Wartner, Hans-Peter Weingand Mitarbeiter*in­nen: (Redaktion Stmk) Andy Joe, Monika Gratzer, Helmut Graupner, Angela Milinkovic, Joe Niedermayer, Tamara Nikitser, Heinz Schubert, Chris Skutelnik, Hans-Peter Weingand; (Redaktion OÖ) Rainer Bartel, Mel Dafert, Isolde Messerklinger, Alice Moe, Gerhard Niederleuthner, Erik Pfefferkorn, Gernot Wartner Redaktionsschluss: PRIDE Nr. 169/2019: Sa., 02.03.2019 Spendenkonto: UniCredit Bank Austria AG; BIC: BKAUATWW; IBAN: AT69 1100 0049 2560 3500

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PRIDE

Inhalt 12

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PRIDE Nr. 168/Februar 2018

Steiermark

Editorial & Impressum

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How troubled is you gender? 28

Vor 2o Jahren

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„Geh ma Sterndal-schauen”

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Österreich

All you need is love

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Splitter 06

ganz normal anders

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Es geht um Respekt in Job und Arbeitswelt!

Ausland Queer India

Ehe für alle! EP für alle! 40 Jahre K(r)ampf! Der Anwalt, der die Republik verändert

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„2019 wird unser Hochzeitsjahr” 22

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Sollen sie doch heiraten, wenn sie wollen!

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Oberösterreich Splitter: Gedenkfeier in Maut­ hausen; Drag up your Life 24

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Schwul leben 1968

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Splitter: Schmusn!, SilvesterParty 26

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Splitter: Karaoke Party; Happy Birthday Dame Edith und Martin 27

04

Splitter 34 Gesellschaft

„Es gibt immer noch Unterschiede” 18 Ehe (doch nicht) für alle?

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Puritanismus 4.0

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Kultur „Ein absoluter Brainfuck”

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„La Vie est folle”

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Splitter: STRAIGHT; Radikaler Blick

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Termine & Kontakte Oberösterreich / HOSI Linz

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Stmk / RosaLila PantherInnen 43 Gesundheit HIV-positiv & nicht ansteckend

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Mondstein, flieg und sieg!

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PRIDE

Darüber berichtete PRIDE vor 20 Jahren ... PRIDE Nr. 48/Februar 1999

rosalila buschtrommel 1/1999

Text Gernot Wartner, HansPeter Weingand

Zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwankte die Ausgabe Nr. 48. Mit 1. Jänner war der Euro als Zahlungsmittel eingeführt worden und es standen Europawahlen an. Durch die rot-grüne Koalition in Deutschland war eine links-liberale Mehrheit im zukünftigen Parlament zu erwarten und damit neue Gleichstellungsinitiativen. Der Beitritt Österreichs zur EU hatte zwar gesellschafts- und gleichstellungspolitisch im Österreich der großen Koalition noch nichts bewirkt, doch klar war, wenn sich Österreich in diesen Fragen bewegen würde, dann nur durch stärkeren Druck aus Brüssel. Insofern galt der LGBTIQ*-Bewegung der Beitritt Österreichs als Meilenstein. Und immerhin hatte das EU-Parlament Mitte Dezember 1998 Österreich bereits zum vierten Mal auf Grund des diskriminierenden Mindestalters für schwule Beziehungen wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention kritisiert und die Aufhebung dieser Diskriminierung gefordert. Andererseits machte der bereits rund um das Lesben- und Schwulenforum 1996 einschlägig aufgefallene Dornbirner Bürgermeister Rudolf Sohm (ÖVP) einmal mehr von sich reden. Er verweigerte einer lesbisch-schwulen Jugendgruppe die Ankündigung ihrer Treffen im Gemeindeblatt. Dieses wäre nur für „amtliche Mitteilungen“. Allerdings gab es darin eine Rubrik „Vereine“, sodass ihn die SPÖ-Klubobfrau im Vorarlberger Landtag öffentlich „eindeutig rassistisch“ nannte. Er erhielt den Grottenolm dieser Ausgabe.

In der buschtrommel-Redaktion war layouttechnisch und personell einiges im Umbruch, weshalb das Heft verspätet erschien und auf dem Datenträger irgendwie die Grafik für das Cover vergessen worden war. Womit das Heft irgendwie ein schöner Beleg für ehrenamtliches Engagement ist – und für kleine Unzukömmlichkeiten, die passieren können. Unterschätzt wurden die Rosalila PantherInnen jedoch von der FPÖ. Damals wurden kritische Medien und kleine Vereine mit teuren Zivilklagen eingedeckt. So wurden die PantherIn­ nen geklagt, weil in einem Artikel zum Thema Surfen auf Pornoseiten die buschtrommel feststellte, dass in Wirklichkeit keine Partei so fleißig in PornoNetzen serfe wie die FPÖ und sie deshalb auch nicht den Sex-Saubermann spielen dürfe. Zum Gaudium der Medien und zum Entsetzen der FPÖ konnten die PantherInnen mit Zeugenaussagen und Computerausdrucken Zugriffszahlen belegen. Nach der Ablehnung der begehrten Einstweiligen Verfügung in zwei Instanzen zog die FPÖ im April 1999 schließlich ihre Klage zurück, um auch das Hauptverfahren zu beenden und sich Gerichtskosten zu sparen. Ein langer Artikel widmete sich der Homophobie in allen möglichen Bereichen. Interessant die Analyse, was man am besten dagegen tun könne: „Sich selber und andere Homosexuelle mögen, d. h., an Identität gewinnen und Solidarität üben. Integration anstreben, d. h., sich nicht als Lesbe oder Schwuler isolieren, und klar zu ihrer/seiner Homosexu­alität zu stehen.“

Fotos PRIDE-Archiv

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Österreich

Splitter

Flashmob „Ehe für ALLE” Texte Gernot Wartner Fotos SoHo, SPÖ Oberndorf

Mit einem Flashmob vor dem Bundeskanzleramt feierte die sozialdemokratische LGBTIQ*-Organisation SoHo, Anfang Jänner den Start der „Ehe für ALLE“. „Das Jahr 2019 beginnt mit einem historischen Schritt in Richtung echter Gleichberechtigung in Österreich“, freut sich SoHo-Vorsitzender und SPÖ-Gleichbehandlungssprecher NAbg. Mario Lindner. „Für uns ist klar, dass wir nicht nur die ‚Ehe für ALLE’ feiern, sondern der Start ins neue Jahr auch der Start für weitere Aktionen ist, um all die noch immer bestehenden Diskriminierungen ge-

gen die LGBTIQ-Community in unserem Land endlich zu überwinden!“ Die stv. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Brunner betonte: „Der Kampf für die ‚Ehe für ALLE’ wurde in den letzten Jahren nicht nur von politischen Parteien, sondern allen voran von der Zivilgesellschaft und Aktivist*innen in ganz Österreich getragen. Für uns steht fest, dass wir heute nicht nur an der Seite der Community feiern, sondern auch in Zukunft Tag für Tag gegen Diskriminierungen und Ausgrenzung kämpfen werden“, so Brunner.

„inter”, „offen” oder „divers”? Intersexuelle haben ein Recht auf eine eigene Geschlechtsbezeichnung im Personenstandsregister und in Urkunden. Das steht durch Entscheid des Verfassungsgerichtshofs seit Mitte 2018 fest. Eine Person des dritten Geschlechts hatte vor dem Landesverwaltungsgericht OÖ darum gekämpft, offiziell als „inter“, „anders“, „X“ oder „unbestimmt“ eingestuft zu werden. Das Gericht entschied für das primär beantragte „inter“ und berichtigte die Eintragung des Geschlechts. Das Innenministerium legte dagegen eine ausdrücklich zugelassene Revision ein, um Klarheit über die zu wählende Be-

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zeichnung zu erreichen. Ergebnis: Für den Verwaltungsgerichtshof bestehen keine Bedenken, wenn „inter“ als Ausdruck der dritten Geschlechtsidentität verwendet wird. Allerdings sind neben „inter“ auch „divers“, „offen“ und alle anderen Bezeichnungen zulässig, die einen realen Bezug zum sozialen Leben haben und nicht frei erfunden sind. Der Erlass des Innenministers, mit dem er „divers“ als einzig zulässige Bezeichnung festgelegt hat, ist mangels gehöriger Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt nach Meinung von Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner unwirksam.


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Österreich

Splitter Schwuler Bürgermeister? Bekommt die Stadtgemeinde Oberndorf mit Georg Djundja erstmals einen schwulen Bürgermeister? Das will der parteifreien Christoph Thür unbedingt verhindern, weswegen er sich bemüßigt sah, tief in den Schmutzkübel zu greifen. In einem Facebook-Kommentar schreibt die „Neue Oberndorfer Wählergemeinschaft – Initiative Zukunft Oberndorf“ (NOW), es mache für die Eignung als Bürgermeister einen Unterschied, ob jemand „seine Kinder in Oberndorf aufwachsen lässt, oder ob man diese Herausforderungen, die ein Familienleben mit sich bringt, gar nicht kennt.“ Es gebe „sehr viele Lebenssituationen, bei denen es eben nicht egal ist, was jemand ist“, spricht

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die Oppositionspartei dem SPÖKandidaten Georg Djundja die Eignung ab, auch Familienpolitik für Oberndorf zu machen. Als homophob möchte man diese Wortmeldung allerdings nicht verstanden wissen, aber „das wird hoffentlich noch erwähnt werden dürfen“, so NOW-BürgermeisterKandidat Christoph Thür. „Nur weil jemand im Moment die Lebenssituation mit Kind nicht kennt, heißt das nicht, dass er in Zukunft keine Kinder haben wird. Wenn das ein Argument für die fachliche Eignung als Bürgermeister sein soll, dann disqualifiziert sich Herr Thür mit dieser Aussage selbst. Allein die fachliche Qualifikation muss zählen, nicht das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung“, ärgert sich Josef Lindner, Obmann der HOSI Salzburg. Unterstützung erhält Djunda auch von Mario Lindner, Gleichbehandlungssprecher der SPÖ und Bundesvorsitzender der SoHo: „Wir können stolz darauf sein, dass engagierte Menschen wie Georg Djundja sich um ein öffentliches Amt bewerben“, so Lindner, der selbst Gemeinderat im obersteirischen Landl ist.


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Österreich

Es geht um Respekt in Job und Arbeitswelt! Warum die Arbeiterkammer-Wahl gerade für die LGBTIQ-Community entscheidend ist.

AK Wahlen: AK Vorarlberg 28.1.-7.2.2019 AK Tirol 28.1.-7.2.2019 AK Salzburg 28.1.-8.2.2019 AK Kärnten 4.3.-13.3.2019 AK OÖ 19.3.-1.4.2019 AK Burgenland 20.3.-2.4.2019 AK NÖ 20.3.-2.4.2019 AK Wien 20.3.-2.4.2019 AK Steiermark 28.3.-10.4.2019 Alle Infos: arbeiter kammer.at

PRIDE: In den nächsten Wochen findet österreichweit die AK-Wahl statt. Warum ist diese Wahl genau für die LGBTIQ-Community wichtig? Köpf: Unsere Community ist nicht von der Gesellschaft abgetrennt. LGBTIQ-Personen sind Mütter, Väter, LehrerInnen, Studierende, Angestellte und ArbeiterInnen, MieterInnen und vieles, vieles mehr. All diese Personen werden von der Arbeiterkammer vertreten und sind direkt vom Ergebnis der AK-Wahl betroffen. Es geht schlicht und einfach darum, welchen Stellenwert Respekt und Gerechtigkeit in unserem Arbeitsleben haben. Lindner: In Zeiten wie diesen ist eine starke Arbeiterkammer wichtiger denn je, das sehen wir leider Tag für Tag. Gerade mit Blick auf eine Re-

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gierung, die spaltet und Gruppen gegeneinander ausspielt, braucht unsere Community eine starke Stimme für Gleichberechtigung – das muss auch in Zukunft die AK sein! PRIDE: Sind nicht alle Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität im Arbeitsrecht längst gelöst? Lindner: Rein rechtlich darf es heute keine Diskriminierung gegen LGBTIQ-Personen am Arbeitsplatz mehr geben, das stimmt. Dass die Realität leider anders aussieht, hat genau die Arbeiterkammer vor wenigen Monaten gezeigt: Mit der ersten großen Studie zur Situation von LGBTIQs im Berufsleben hat die AK Wien klar gemacht, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, bis sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität im Job endlich keine Rolle mehr spielen. PRIDE: Welche Formen von Diskriminierung gibt es dann abseits von rechtlichen Fragen im Arbeitsleben? Köpf: LGBTIQ-Personen haben leider immer noch mit vielen Problemen

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n diesem Frühjahr geht die Arbeiter­k ammer-Wahl über die Bühne. Warum diese Wahl gerade für die LGBTIQ-Community wichtig ist und was sich für mehr Gleichberechtigung am Arbeits­platz noch verändern muss, dazu traf PRIDE die AK-Kandidatin Carina Köpf und den Abgeordneten Mario Lindner zum Interview.


Österreich

AK-WAHL 2019 zu kämpfen. Das reicht von Witzen und Ausgrenzung, bis hin zu Zwangs­ outing und Psychoterror am Arbeitsplatz. Die Studie der AK Wien macht klar, dass jede 5. LGBTIQ-Person im Job nicht geoutet ist, oft aus Angst vor Diskriminierung. Vergleicht man den Alltag dieser Menschen mit Er­ hebungen zum Durchschnitt aller ArbeitnehmerInnen, dann wird eines schnell klar: LGBTIQs ziehen sich viel öfter aus dem Arbeitsalltag zurück, sprechen nicht über ihr Privatleben. Das hat oft sehr reale Konsequenzen, die sogar die Gesundheit betreffen. Noch verheerender wird das Bild, wenn es um ganz konkrete Fragen von Diskriminierung geht: 39% der LGBTIQ-ArbeitnehmerInnen haben obszöne Witze erlebt, mehr als ein Viertel der Befragten war von Zwangs­outing betroffen und 13% wurden schon einmal Opfer von Psychoterror oder Erpressung.

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PRIDE: Solche Formen der Diskriminierung können auf rechtlichem Weg schwer bekämpft werden ... Lindner: Genau deshalb braucht es eine starke Arbeiterkammer. Die Studie der AK Wien ist wirklich bemerkenswert. Für mich bleibt das wichtigste Ergebnis aber ganz klar, dass die Arbeiterkammer in Zukunft noch stärker für die Rechte und den Schutz von LGBTIQ-ArbeitnehmerInnen kämpfen will. Damit hat unsere

Community eine starke und wichtige Verbündete im Kampf für Gleich­ berechtigung gewonnen! Köpf: Wir brauchen Zeichen der Vielfalt in jeder Lebenssituation – vor allem aber im Arbeits- und Berufs­ leben. Wir brauchen mutige Role Models, die sich in ihrem Job für Respekt und Akzeptanz einsetzen. So ein Role Model möchte ich sein: Genau deshalb trete ich ganz bewusst als lesbische Kandidatin für die FSG bei der Arbeiterkammer-Wahl an! PRIDE: Was ist für euch die entscheidende Frage bei der an­ stehenden Wahl zur Arbeiterkammer? Lindner: Für mich geht’s um eine Sache: Hingehen und mitentscheiden. Die Arbeiterkammer ist die Lobby für die Mehrheit in unserem Land. Damit das auch in Zukunft so bleibt braucht es die Stimme von jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer! Köpf: Die Reichen in unserem Land haben genug Vertreter, die für sie kämpfen – von der Industriellenvereinigung, über die Wirtschaftskammer bis zur Bundesregierung. Wir brauchen auch in Zukunft eine Stimme für die Mehrheit, damit weder sexuelle Orientierung oder Geschlecht, noch Wohlstand oder die Größe des Geldbörserls über unser Leben bestimmen. Es ist Zeit, den Menschen den Respekt zu geben, den sie verdienen! Genau deshalb kandidiere ich. PRIDE | Nr. 168 | Februar 2019 |

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Carina Köpf kandidiert bei der AK-Wahl 2019 in Wien & ist Vorsitzende der FSGJugend Wien. Mario Lindner ist Abgeordneter zum Nationalrat & Vorsitzender der SoHo Österreich.


Ehe für alle! EP für alle!

40 Jahre K(r)ampf! Die Eheöffnung als letzter großer Meilenstein auf einem langen Weg

Text Gernot Wartner Covers PRIDE-Archiv

PRIDE Titelgeschichten: HOSI Info: „Heiratsmarsch (Nr. 34/Okt. 96) „Traumpaare” (Nr. 40/Okt. 97) „Paare” (Nr. 51/Aug. 99)

S

chon mit der Gründung der ersten Lesben- und Schwulenrechtsorganisationen in Österreich am Beginn der 1980er-Jahre (1979: Wien, 1980: Salzburg, 1982: Oberösterreich) tauchte die Forderung nach der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare auf. Dennoch war diese Forderung immer schon umstritten, verstanden sich viele der damaligen Aktivist*innen doch in der Nachfolge der emanzipatorischen Bewegungen der 1970erJahre. Daraus folgte die begründete Auffassung, dass die Lesben- und Schwulendiskriminierung eine Folge der patriarchalen gesellschaftlichen Strukturen sei, die eine lesbischschwule Emanzipationsbewegung daher in allen Formen und Ausprägungen bekämpfen müsse, sollte sie erfolgreich sein. Dieser radikale

gesellschaftsreformerische Ansatz stand jedoch im Widerspruch zum Anspruch auf gesellschaftliche Relevanz, zumal viele Lesben und Schwule damals in ihrer inneren Werthaltung eher konservativ waren und dem bürgerlichen Lager zugeordnet werden mussten. Deswegen, aber auch aus Gründen der Dringlichkeit konzentrierte sich die gleichstellungspolitische Arbeit der ersten zwei Jahrzehnte auf die Frage der Ent­ kriminalisierung lesbisch-schwulen Lebens. Immerhin hatte auch die Strafrechtsreform unter Bundeskanzler Kreisky und dessen Justizminister Christian Broda 1971 noch vier Strafrechtsbestimmungen übrig gelassen, die besonders schwule Männer geradezu existentiell bedrohte: Mindest­ alter (§ 209 StGB „Schutzalterparagraf“), Prostitutions- (§ 210 StGB), Werbe(§ 220 StGB) und Vereinsverbot (§ 221 StGB). „PACS“ vs. „Homo-Ehe“ Mit der allmählich einsetzenden Gleichstellung (Aufhebung §210: 1989, §§220 u. 221: 1996, §209: 2002), die auch als Ergebnis des Erstarkens der österreichischen Lesben- und Schwulenbewegung in den 1990er-Jahren

Ehe International

In diesen Ländern ist die Ehe für gleichge­ schlechtliche Paare geöffnet worden: 26 Staaten, mehrere Gliedstaaten in Mexiko, einschließlich des Hauptstadt­distrikts Mexiko-Stadt* und zwei Indianerstämme**

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Niederlande

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2003 Belgien

2005

Spanien, Kanada


Ehe für alle! EP für alle! angesehen werden kann, nahm die Frage nach der „Homo-Ehe“ wieder Fahrt auf. 1999 führte Frankreich den pacte civil de solidarité ein, den Zivilpakt (auch „PACS“). Dieser ist unabhängig von der sexuellen Orientierung oder vom Geschlecht der Partner*innen und wird in 95 % der Fälle zwischen Partner*innen unterschiedlichen Geschlechts eingegangen. Im Unterschied zur Ehe wird der PACS nicht vor dem/der Bürgermeister*in, sondern vor dem Amtsgericht geschlossen. Der PACS verpflichtet zu gegenseitiger Hilfe, wobei den Partner*innen bei der Regelung dieser Hilfspflichten Freiheiten für die individuelle Ausgestaltung in Detailfragen offenstehen. Eine gemeinsame Kindesadoption war nicht erlaubt. Zivilpakt („Zip“) Das französische Modell war auch Vorbild für die österreichischen Grünen. Deren Parteiorganisation arbeitete in der Folge einen Entwurf aus, und im Juni 2004 wurde der Zivilpakt („Zip“) durch die Nationalratsabgeordnete und Bundessprecherin der Grünen Andersrum, Ulrike Lunacek, der Öffentlichkeit vorgestellt. Gleichzeitig brachten die Grünen dazu auch einen Entschließungsantrag im Parlament ein. Der Zivilpakt sollte eine rechtliche Absicherung lesbischer und schwuler Partnerschaften bringen, sollte aber wie in Frankreich sowohl gleichgeschlechtlichen, als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen ste-

2006

Südafrika

2008

Coquille**

hen. Es ging den Grünen dabei darum, das Familienrecht an die Bedürfnisse der heute lebenden Paare anzupassen, beispielsweise Wahl- und Patchworkfamilien, zumal nur in den seltensten Fällen mehr ein „Bund fürs Leben“ geschlossen wird. Der Zivilpakt sollte daher leichter zu schließen aber auch leichter zu beenden sein als die Ehe. Eingetragene Partnerschaft Die SPÖ reagierte darauf mit dem Entwurf für eine Eingetragene Partnerschaft. Der SPÖ-Entwurf unterschied sich auch nur wenig vom grünen Entwurf, sah die Partnerschaft aber auf gleicher Bindungshöhe wie die Ehe vor. Beiden Reformvorschlägen, Zip wie EP, liegt ein radikal konstruktivistischer Denkansatz zugrunde, der davon ausging, dass es sich bei Ehe und Familie nicht um von der menschlichen Natur vorgegebene bzw. den Bedürfnissen des Menschen angepasste Gestaltung des Zusammenlebens handelt, sondern um bloße Konstrukte, um willkürliche Erfindungen eines historischen Gesetzgebers, die durch andere Konstrukte heutiger Gesetzgeber jederzeit nach Belieben ersetzt werden können, sofern dabei nur die notwendigen Prozeduren beachtet und die erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten erreicht werden. Formaljuristischen Gründe Auch in der Community war dieser Ansatz im Grunde genommen Common Sense. Unterschiedliche

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Norwegen, Schweden

2010

2011

Portugal, Island Suquamish ** Argentinien, Teile von Mexiko*

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Ehe für alle! EP für alle!

PRIDE Titelgeschichten: „Ja, ich will” (Nr. 132/Feb. 13 Sondernummer: „Eingetragene Partnerschaft” (Nr. 150a/Jän. 10)

Positionen gab es eher im Zugang zu diesem Konstrukt. Rechtskomitee Lambda, SoHo und z.B. die RosaLila PantherInnen – später auch die grünen Andersrum – waren für die Öffnung der Ehe aus formaljuristischen Gründen. Wenn ein Gesetz für einen Teil der Bevölkerung gelte, müsse es auch für den anderen gelten. Andere Organisationen wie die HOSIs in Wien, Innsbruck und Linz hatten grundsätzlichere Bedenken. In ihrer emanzipatorischen Tradition wollten sie nicht eine akzeptable, weil kaum normierte Freiheit durch ein veraltetes Rechtsinstitut eintauschen. Immerhin gehen Teile des Ehe- und Familienrechts auf Kaiserin Maria Theresia zurück; die Zivilehe in der heutigen Form ist ein Erbe des Anschlusses Österreichs an Hitler-Deutschland.

132/ Feb. 2013

Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

Bürger*inneninitiative

Ja, ich will PartnerInnenschaften: Weitere Ungleichbehandlungen aufgehoben

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10.02.2013 21:18:52

Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

Eingetragene Partnerschaft Alle Informationen für lesbische und schwule Paare

Von Dr. Helmut Graupner Infos: www.partnerschaftsgesetz.at

Gefördert von:

Eine Initiative von:

Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

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Nr. 150A

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2.

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„Die HOSI Linz will daher auch eine Öffnung des bestehenden Rechtsinstituts Ehe nur nach einer grundlegenden Reform des Eherechts. Es hat in Österreich keinen Sinn, solange die Ehegesetze nicht entsprechend reformiert werden, wie in den Niederlanden oder in Belgien die Öffnung der bestehenden standesamtlichen Ehe (Zivilehe) für gleichgeschlechtliche Paare zu verlangen. Auf eine solche Gleichstellung können Lesben und Schwule verzichten. Gleichzeitig fordert die HOSI Linz daher die zügige rechtliche Fortentwicklung von Ehe und Lebensgemeinschaften an den Grundsätzen der persönlichen

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Dänemark

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2013

Brasilien, Frankreich, Uruguay, Neuseeland

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Selbstbestimmung, der PartnerInnenschaftlichkeit und der Gleichbehandlung”, hieß es in einer Resolution der HOSI Linz an die Bundesregierung vom 24. August 2004. Dennoch unterstützten alle Organisationen gemeinsam eine Bürger*inneninitiative unter dem Titel „Gleich viel Recht für gleich viel Liebe”. Regierung macht Arbeitsgruppe Die Regierungskoalition zwischen SPÖ und ÖVP richtete daraufhin eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Justizministeriums unter Bundesministerin Maria Berger (SPÖ) ein, in der neben Vertreter*innen der Ministerien auch alle österreichischen Homosexuellenorganisationen eingeladen waren. Allerdings schickte das Justizministerium am 24. April 2008 einen Gesetzesentwurf in die Begutachtung, der nur den im Bereich des Justizministeriums angesiedelten Teil des Zivilrechts umfasst. Alle anderen Bereiche, wie Fremdenrecht, Steuerrecht, Erbrecht, Sozialversicherungsrecht usw. waren dabei nicht umfasst. Seitens der Bewegungsorganisationen wurde der Gesetzesentwurf daher in dieser Form größtenteils abgelehnt. Durch die Auflösung des Parlaments im Zuge der Neuwahlen am 10. Juli 2008 ist der Gesetzesentwurf dann hinfällig geworden. Letzte Rückzugsgefechte Mittlerweile hatte auch die ÖVP als Folge ihrer Perspektivengruppe und

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Vereinigtes Königreich

2015

Luxemburg, USA, Irland


Ehe für alle! EP für alle!

2009: Eingetragene Partnerschaft

in Kraft. Die Reaktion der Bewegungsorganisationen auf dieses Gesetz viel verhalten bis ablehnend aus. Seither haben die österreichischen und europäischen Höchstgerichte viel Zeit damit verbracht, die weit über hundert diskriminierenden Sonder­ bestimmungen, die die ÖVP in dieses Gesetz hineinreklamiert hatte, sukzessive aufzuheben. Zuletzt entschied am 5. Dezember 2017 der Verfassungsgerichtshof, dass gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe bzw. verschiedengeschlechtlichen Paaren die Eingetragene Partnerschaft zum 1. Jänner 2019 offensteht – nicht zuletzt ein Verdienst des Rechtskomittee Lambda und seines Vorsitzenden Helmut Graupner. Vierzig Jahre nach Gründung der ersten Homosexuellenorganisation ist ein letzter großer Meilenstein gesetzt. Für die LGBTIQ*-Community ist allerdings noch einiges zu tun – sei es das dringend notwendige Levelling Up im Antidiskriminierungsrecht oder das weite Feld der Rechte von transund intergeschlechtlichen Personen. Es wird noch dauern – der Kampf geht weiter.

Dieses Eingetragene PartnerschaftGesetz (EPG) wurde vom Nationalrat in Wien am 10. Dezember 2009 mit den Stimmen der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sowie einzelner Abgeordneter der Grünen und des BZÖ beschlossen, vom Bundesrat am 18. Dezember 2009 bestätigt und trat nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt planmäßig am 1. Jänner 2010

2016

Kolumbien

2017

Finnland, Malta, Deutschland

PRIDE Titelgeschichten: „Eine Bilderbuch-Hochzeit” (Nr. 58/Okt. 00) „Just zipped?” (Nr. 81/Aug. 04) „Keine Familie?” (Nr. 113/Dez. 09)

PRIDE

Nr. 113/Dez. 2009

nicht zuletzt wegen anhaltender Kritik durch EU und Europarat die Notwendigkeit einer EP eingesehen, sodass deren Einwände immer mehr einem Rückzugsgefecht glichen. Im November 2009 einigte sich die Regierungskoalition im Ministerrat darauf, ab 2010 eingetragene Partnerschaften zu erlauben; lesbische und schwule Paare durften sich aber weiterhin nicht auf dem Standesamt trauen lassen. Im Steuerrecht, bei Renten- und Pensionsansprüchen wurden sie heterosexuellen Paaren gleichgestellt, auch wurde die Möglichkeit geschaffen, einen gemeinsamen Namen zu tragen. Der gemeinsame Name hatte sich jedoch vom gemeinsamen Namen in der Ehe zu unterscheiden und sollte nicht als „Familienname“ geführt werden, sondern als „Nachname“. Doppelnamen sollten, sofern nicht bereits bei Dokumenten-Einreichung dezidiert um die Schreibweise mit einem Bindestrich angesucht wird, im Gegensatz zum Namensrecht in der Ehe ohne diesen geschrieben werden.

Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

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Keine Familie?

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2018

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2019

Österreich, Taiwan (Umsetzungsfrist bis 2019)

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PartnerInnenschaftsgesetz: Verspätet und diskriminierend S. 8 - 18

Nr. 113/Dez.09 PRIDE / 1

01.12.2009 11:03:06


Ehe für alle! EP für alle!

Text Gernot Wartner Fotos Gerhard Niederleuthner

G.A.L.A Helmut Graupner bei der Über­ reichung des „Gay and Lesbian Award” im Oktober 2001

Der Anwalt, der die Republik verändert Helmut Graupner bekämpfte die diskriminierenden Bestimmungen des Partnerschaftsgesetzes und erreichte die Öffnung von Ehe und Partnerschaft für alle.

H

elmut Graupner wurde am 26. Jänner 1965 in Tullnerbach in der Nähe von Wien geboren, maturierte am BRG Wien 14 und studierte anschließend Rechtswissenschaften an der Universität Wien, wo er 1989 den Titel Magister erlangte. 1985 wurde er Mitglied der HOSI Wien und war von 1985 bis 1991 Vorsitzender der Rechtsgruppe und Vorstandsmitglied. Zusammen mit Kurt Krickler arbeitete er Diskussionsgrundlagen und Dokumente zur Homosexualität im österreichischen Strafrecht für die HOSI Wien aus. 1989 wurde er in den Vorstand der International Lesbian and Gay Youth Organisation (IGLYO) gewählt, dem er bis 1990 angehörte. Plattform gegen § 209 1991 kam es im Vorstand der HOSI Wien zu Meinungsverschiedenheiten über die weitere Strategie gegen die drei verbliebenen anti-

homosexuellen Sonderstrafgesetze, insbesondere aber gegen § 209 des Strafgesetzbuches (StGB). Da sich Graupner nicht durchsetzen konnte, trat er aus der HOSI Wien aus und gründete zusammen mit anderen das Rechtskomitee Lambda (RKL), eine „Vereinigung zur Wahrung der Rechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer“, dessen Präsident er seither ist. In dieser Funktion wurde Graupner auch zum Sprecher der Plattform gegen § 209 gewählt, einer überparteilichen Vereinigung von mehr als 30 österreichischen Organisationen, welche sich für die ersatzlose Streichung des Paragrafen einsetzten. Er brachte noch im selben Jahr für das Rechtskomitee Lambda die Übersicht „Homosexualität und Strafrecht in Österreich“ heraus, die mehrfach überarbeitet und neu aufgelegt wurde. Seit der ersten Ausgabe 1992 schreibt er auch regelmäßig für die vereinseigene Publikation „Jus Amandi“, welche in regelmäßigen Abständen Informationen über die aktuellen Entwicklungen bietet. Sexuelle Selbstbestimmung 1992 wurde er zum Co-Präsidenten der 1979 von Ernest Borneman gegründeten Österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS) gewählt. 1996 promovierte Graupner

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Ehe für alle! EP für alle! zum Doktor der Rechtswissenschaften mit der Arbeit zum Thema „Sexualität, Jugendschutz und Menschenrechte – Über das Recht von Kindern und Jugendlichen auf sexuelle Selbstbestimmung“ und wurde vom Bundesminister für Justiz in dessen Arbeitsgruppe für die Revision des österreichischen Sexualstrafrechtes berufen. Seit 1999 ist Graupner Mitglied der World Association for Sexual Health. Berufliche Aktivitäten Anfang 2000 erhielt Graupner seine Zulassung als Rechtsanwalt und ist auch in der Tschechischen Republik als Anwalt für österreichisches Recht zugelassen. Im selben Jahr wurde er Mitglied des Editorial Board des Journal of Homosexuality in New York und Vizepräsident für Europa der International Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender & Intersex Law Association (ILGLaw). „Gay and Lesbian Award" Im Oktober 2001 überreichte ihm die HOSI Linz den österreichischen „Gay and Lesbian Award (G.A.L.A.)“ für besondere Verdienste um die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Österreich. Allerdings kam der größte Erfolg erst 2002: Graupner war nämlich auch in jenem Anlassfall Verteidiger, bei dem die Richterin des Oberlandesgerichtes Innsbruck auf seinen Antrag hin den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung des letzten österreichischen Sonderstrafgesetzes gegen Homosexuelle (§ 209 StGB) aufforderte, was am 21. Juni 2002 zur Aufhebung der Strafbestimmung durch den Verfassungsgerichtshof führte. Er war daraufhin Lektor an der Universität Innsbruck zum Thema Sexualität und Recht, bis ins Jahr 2005 Mit-

glied der von der Europäischen Kommission eingesetzten Expertengruppe zur Bekämpfung der Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung und ist in der 2005 gegründeten European Commission on Sexual Orientation Law (ECSOL) ist er der österreichische Vertreter. In Deutschland fungierte Graupner als Gutachter der Grünen, der Linken und der SPD zur Untermauerung eines Antrags zur Änderung des Grundgesetzes, der allerdings vom Rechtsausschuss abgelehnt wurde. Klagsoffensive Auch in zwei Fällen, in denen die Republik Österreich im Jahre 2003 erstmals vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen des diskriminierenden § 209 zur Revision und zu Schadenersatzzahlung verurteilt wurde, war er der vertretende Anwalt, ebenso bei darauffolgenden Entscheidungen gleicher Art. Vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof erkämpfte Graupner die Grundsatzerkenntnisse zur Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare in der Krankensozialversicherung, zur Löschung der nach den vormaligen anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzen gesammelten Polizeidaten und schließlich zur Aufhebung des Transsexuellenerlasses wegen des darin statuierten Scheidungszwangs für (nach geschlechtsanpassender Operation eines der Partner*innen) gleichgeschlechtliche Ehepartner*innen. Mit der von ihm initiierten „Klagsoffensive“ des Rechtskomitee Lambda bekämpfte er erfolgreich die über 100 diskriminierenden Einzelbestimmungen des 2010 in Kraft getretenen Partnerschaftsgesetzes und erreichte 2017 die Öffnung von Ehe und Partnerschaft für alle durch den Verfassungsgerichtshof.

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02/2017 Zeitschrift für gleichgeschlechtliche Liebe und Recht

historischer akt

Bundespräsident verlieh Orden an RKL-Präsident Graupner

Goldenes Ehrenzeichen 2017: Bundespräsident Heinz Fischer verleiht RKL-Präsident Helmut Graupner Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik


Ehe für alle! EP für alle!

„Es gibt immer noch Unterschiede” Top-Anwalt Helmut Graupner zu Besuch in Graz

Text Tamara Nikitser, Monika Gratzer Fotos Andy Joe

A

m 17.01.2019 veranstalteten die RosaLila PantherIn­ nen und das Rechtsko­mitee LAMBDA in Kooperation mit der Steiermärkischen Sparkasse den Rechtsinfoabend zum Thema „Ehe für alle vs. Eingetragene Partnerschaft für alle“ mit anschließender Diskussion und Fragemöglichkeit in den Räumlichkeiten der Steiermärkischen Sparkasse.

Dr. Helmut Graupner eröffnete seinen Impulsvortrag mit der erschütternden Tatsache, dass vor 50 Jahren noch ein Totalverbot von Homosexualität im Gesetz verankert war. „Unzucht“ zwischen Personen des gleichen Geschlechts, damals sogar auch „widernatürliche Unzucht“ genannt, wurde mit ein bis fünf Jahren schwerem Kerkers, verschärft durch wöchentliche Fasttage, bestraft.

Ehe und EP für alle

Vor 17 Jahren, im Dezember 2002, starb der letzte Häftling aufgrund seiner homosexuellen Orientierung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Obwohl der österreichische Verfassungsgerichtshof das Totalverbot bereits im Sommer 2002 aufgeschoben hatte, wurde er nicht entlassen und starb während seines Entlassungsverfahrens. Anhand dieses geschichtlichen Rückblickes sieht man sehr gut, wie gravierend Österreich sich weiterentwickelt hat. 17 Jahre später dürfen gleichgeschlechtliche Paare heiraten und somit ist Österreich in der Rechtsentwicklung im LGBTI-Bereich nicht nur in Europa, sondern weltweit an der Spitze.

Der Wiener Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner ist Präsident des Rechtskomitees LAMBDA und europäischer Aktivist für die Rechte homo-, bisexueller, transgender und intergeschlechtlicher Menschen. Weiters ist er führendes Mitglied mehrerer europäischer Menschenrechtsorganisationen und hat wichtige Fälle vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Gerichtshof der Europäischen Union sowie vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof und Obersten Gerichtshof vertreten. Maria Wonisch MBA, zuständig für das Diversity Management der Steiermärkischen Sparkasse, eröffnete den Abend und begrüßte die rund 70 interessierten BesucherInnen. Joe Niedermayer als Vorsitzender und Caroline Milinkovic als stellver­ tretende Obfrau der RosaLila PantherInnen moderierten durch den Abend.

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In Österreich dürfen nun seit 01.01.2019 gleichgeschlechtliche Paare die Ehe schließen, genauso wie auch verschiedengeschlechtliche Paare die Eingetragene Partnerschaft eingehen können. Eindeutig wurde nun endlich auch die Frage geklärt, ob bei bestehender Eingetragener Partnerschaft diese zuerst auf-


Ehe für alle! EP für alle! gelöst werden müsse bevor man eine Ehe eingehen könne: Man kann die Ehe schließen, wenn man sich bereits vor dem 01.01.2019 in einer Eingetragenen Partnerschaft befand. Mit der Eheschließung geht die Eingetragene Partnerschaft nahtlos in eine Ehe über. Einzige Voraussetzung ist, dass es sich um dieselben Partner handeln muss. Umgekehrt gilt für verschiedengeschlechtliche Paare genau das Gleiche (Ehe wird zur EP). Beide Rechtsinstitute stehen nun grundsätzlich allen österreichischen Staatsbürger*innen zur Verfügung. Die wesentlichsten Unterschiede Eine weitere wichtige Frage des Abends war, worin die wesentlichsten Unterschiede zwischen den beiden Rechtsinstituten liegen: 1. Längere Scheidungsfristen bei der Ehe: Z.B. wenn sich der/die an der Zerrüttung schuldige Partner*in scheiden lassen will, jedoch der schuldlose Teil das nicht möchte, dann muss eine Wartefrist von drei Jahren in getrennten Haushalten eingehalten werden. Diese Frist kann in besonderen Härtefällen vom Richter auf sechs Jahre ausgedehnt werden. Dies ist dann der Fall, wenn der schuldlose Partner an der Ehe festhalten will, da ihn die Scheidung aufgrund einer schweren Krankheit oder der wirtschaftlichen Situation etc. besonders hart treffen würde. Diese Verlängerung auf sechs Jahre gibt es bei der EP nicht. 2. Treupflicht bei der Ehe: Bei der Ehe kann man keine offene Beziehung rechtmäßig ver-

einbaren. Im Gegensatz dazu gibt es in der Eingetragenen Partnerschaft keine unbedingte Treupflicht, sondern nur die Pflicht zur umfassenden Vertrauensbeziehung. Das heißt, dass man in der Eingetragenen Partnerschaft grundsätzlich auch eine nicht monogame Beziehung rechtmäßig vereinbaren kann. 3. Unterhaltspflicht bei der Ehe: Im Fall der Zerrüttungsscheidung hat der/die schuldlose Partner*in, der/die gegen seinen/ihren Willen nach den drei bzw. sechs Jahren geschieden wird, den gleichen Unterhaltsanspruch wie während aufrechter Ehe. Hat der schuldlose Teil beispielsweise nicht gearbeitet, muss er auch nach der Scheidung nicht arbeiten. Bei der Eingetragenen Partnerschaft wird immer geprüft, ob es dem/der schuldlosen Partner*in zumutbar ist, zu arbeiten bzw. mehr zu arbeiten, um seinen/ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die weiteren Unterschiede, die zwischen Ehe und Eingetragener Partnerschaft noch bestehen sind auf rklambda.at zu finden. Die LiveÜbertragung des Rechtsinfoabends kann auf der Facebook-Seite der RosaLila PantherInnen nachgeschaut werden. Trotz all der Zugeständnisse an gleichgeschlechtliche Paare gibt es immer noch Unterschiede, für die es sich zu kämpfen lohnt. Die Ziele von Dr. Graupner für die nahe Zukunft sind, unter anderem die Diskriminierungslücke zu schließen und die Ehegleichheit auch bei der privaten Samen­ spende herbeizuführen.

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Ehe für alle! EP für alle!

Ehe (doch nicht) für alle? Am 04. Dezember 2017 hat der Verfassungs­ gerichtshof eine historische Entscheidung gefällt. Seit 1. Jänner dieses Jahres dürfen alle gleichgeschlechtlichen Paare heiraten. Wirklich alle?

Text Helmut Graupner Foto Andy Joe

J

enes Paar, das gemeinsam mit mir das Eheverbot vor dem Verfassungsgerichtshof zu Fall gebracht hatte, heiratete am 12. Oktober des Vorjahres in Wien. Das zweite am 13. November in Oberösterreich und das dritte am 29. Dezember in Niederösterreich. Diese Paare lebten seit einigen Jahren in Eingetragener Partnerschaft und die gemeinsamen Kinder dieser Paare

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mussten bisher unehelich sein, weil Österreich – als einziges Land der Welt – gleichgeschlechtliche Paare bei der Elternschaft und Familiengründung zwar rechtlich völlig gleichgestellt hat, die Eltern dieser Kinder aber trotzdem nicht heiraten ließ. Deshalb haben wir den Verfassungsgerichtshof angerufen, und dieser hat die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einerseits und die Eingetragene Partnerschaft für ver-


Ehe für alle! EP für alle!

schiedengeschlechtliche Paare andererseits geöffnet (VfGH 04.12.2017, G 258/2017).

zugehen, auf das Heimatrecht, also auf das Recht des Landes, dessen Staatsangehörigkeit eine Person hat.

Fundamentales Menschenrecht

Ausländischen Recht nicht anwenden

Österreich ist damit das 16. Land Europas und das 26. weltweit, das die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnet. Und Österreich ist überdies das erste Land Europas, und das vierte weltweit, das das Recht gleichgeschlechtlicher Paare auf Schließung einer Zivilehe als fundamentales Menschenrecht anerkennt und die Ehegleichheit unter den Schutz der Verfassung stellt. Alle gleichgeschlechtlichen Paare dürfen jetzt heiraten. Wirklich alle?

Das österreichische Gesetz bestimmt aber auch, dass Bestimmungen des ausländischen Rechts nicht (!) anzuwenden sind, wenn sie grundlegende Wertungen der österreichischen Rechtsordnung (zum Beispiel Grundrechte) verletzen. Es ist dann österreichisches Recht anzuwenden. Ebendas ist bei Eheverboten der Fall, hat doch der Verfassungsgerichtshof unmissverständlich entschieden, dass es die Grund- und Menschenrechte gleichgeschlechtlicher Paare verletzt, wenn ihnen die Ehe verboten wird.

Eheverbot für binationale Paare? Besorgte Anfragen erreichen das RKL in letzter Zeit vermehrt von Paaren, bei denen ein Teil die Staatsangehörigkeit eines Landes hat, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe verboten ist. Standesämter beauskunften nämlich, dass solche Paare (beispielsweise aus einem Schweizer und einem Österreicher oder aus einer Italienerin und einer Österreicherin) nicht heiraten dürften, weil die betreffende Ehe im Heimatland des einen Teils verboten ist. Diese Auskunft von Standesämtern entspricht jedoch nicht dem Gesetz. Das österreichische Gesetz verweist zwar für die Fähigkeit, eine Ehe ein-

Zumindest Wien hat erklärt, dass es auch solche Paare verheiraten wird. Allerdings selbst in Wien mit einer Einschränkung. Nämlich nur dann, wenn sie ihren ständigen Aufenthalt in Österreich haben. Ein Österreicher also, der in der Schweiz lebt, darf seinen Schweizer Partner in seinem Heimatland weiterhin nicht heiraten, nicht einmal in Wien. Hingegen dürfen alle heterosexuellen Paare dieser Welt, gleich welche Staatsbürgerschaft sie haben, in Österreich heiraten, auch wenn sie nicht hier leben und nur zur Hochzeit hierher kommen. Der Kampf für die volle Ehegleichheit geht also (leider) weiter.

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Zur Person Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt und Präsident des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) graupner.at rklambda.at


Ehe für alle! EP für alle!

„2019 wird unser Hochzeitsjahr” Nicole Kopaunik & Daniela Paier sind das erste gleichgeschlechtliche Ehepaar Österreichs

Text Gerhard Niederleuthner Fotos © walter elsner / www.riccio.at

Die Hochzeitsplanerinnen von „Pink Wedding Austria“ haben die „1. reguläre Ehe für Alle“ organisiert und unterstützen heiratsfreudigen, gleichgeschlechtlichen Pärchen bei der Hochzeits­planung und -durchführung.

N

icole Kopaunik & Daniela Paier aus der Steiermark gaben sich am 01.01.2019 kurz nach Mitternacht in Kärnten im Casino Velden das „JaWort“. Somit fand am Wörthersee die erste gleichgeschlechtliche Eheschließung in Österreich statt. Mit Ausklang der Pummerin und dem Beginn des Donauwalzers zog das Hochzeitspaar in die Wedding Chapel in der Seearena des Casinos Velden mit Blick auf die Veldener Bucht ein. Das Paar ist seit vier Jahren verlobt und hat damals beschlossen, mit der Eheschließung bis zur rechtlich gleichgestellten „Ehe für alle“ zu warten. Über die Entscheidung des Ver­ fassungsgerichtshofes waren sie daher sehr froh. Als dann im Herbst 2018 klar wurde, dass die „Ehe für alle“ ab 01.01.2019 wirklich kommt,

waren sie sich sicher: „2019 wird unser Hochzeitsjahr“, so die Braut Nicole Kopaunik. „Der Wörthersee als Lebensstil­bühne ist bereits seit über einem Jahrzehnt, durch das Pink Lake Festival, ein beliebtes Ziel der LGBTQ-Community und wir freuen uns sehr, dass es uns damit auch gelungen ist, den See und Kärnten noch etwas bunter und offener zu machen. Somit ist es fast logisch, dass auch die erste Hochzeit hier stattfindet,“ so Geschäftsführer Roland Sint von der Wörthersee Tourismus GmbH zu diesem Ereignis. Ferdinand Vouk, Bürgermeister der Marktgemeinde Velden, zeigt sich weltoffen und meinte zur ersten Eheschließung: „Der Wörthersee ist die erste Adresse, wenn es darum geht, Spaß und Lebensfreude mit Gleichgesinnten zu teilen. Velden und der Wörthersee präsentieren sich als Ort der Begegnung und Freundschaft und geben den perfekten Rahmen, sich das Ja-Wort zu geben“.

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Sollen sie doch heiraten, wenn sie wollen!

Ehe für alle! EP für alle!

Ganz im Zeichen der ersten gleigeschlechtlichen Hochzeit – endlich ein Ja zum vermeintlich schönsten aller Jas! – dürfen sich jetzt „Leute wie wir” trauen. Kommentar von Alice Moe

F

ür so manch ein Pärchen der LGBTQIA+* Szene erfüllt sich ein lang ersehnter Wunsch. Ein etwas emotionales Gedankenexperiment: Stell dir vor, du kommst noch aus einer ganz anderen Zeit. Du hast Kriege erlebt, Armut in Österreich und Strafparagraphen bis fast ins 21. Jahrhundert hinein. Du darfst nun endlich deinen Partner, deine Partnerin (das dritte Geschlecht wird es wohl noch länger nicht auch auf dem Papier geben) gleichwertig vor dem Gesetz und der Kirche zu deinem Mann, deiner Frau nehmen. Mich persönlich freut sowas. Ein klares Ja. Liebe ist gleichwertig und kann sichtbar sein, yes! Und wie auch unser Bundespräsident schon meinte: Wenn sie unbedingt meinen, den selben Fehler wie Heter* machen zu wollen, sollen sie doch bitte machen!

Mit meiner Geschichte als noch junge Person gehe ich da schon etwas anders heran. Der Gedanke eines schönen Rituals, in dem ich meinem Lebensmenschen vor allen meine Liebe zeigen und sie ehren darf, kann ich nachvollziehen. Dass ich dafür wo unterschreiben muss und es mit Kosten und nicht nur guten Pflichten einhergeht, schon eher weniger. Ich störe mich auch daran, dass das – wie in meinem Fall – hieße, ich müsste mir dann nur eine/n meiner Partner*innen aussuchen. Ja, ich bin poly. Was ist mit mir? Bin ich da „verwaltungstechnisch zu aufwändig“, obwohl das mit der EP zuvor noch das größte Kreuzchenchaos war? Ich soll mich dann weiters eintragen lassen. Ich bin gender­fluid. Wo bleibt mein richtiges Kästchen am Trauschein? Ich bin ohne Bekenntnis (aber gläubig), in welchem Gotteshaus das in unserem säkularen Staat denselben Stellenwert hat, könnte ich vor Gott* ja sagen, damit ich mich dabei auch wohlfühle und es offiziell „gilt“? Was ist, wenn ich mit meinen Partner*innen nicht zusammenleben, sie aber absichern möchte? Ist meine Beziehung erst dann gleichwertig, wenn ich mich à la Herr der Ringe rituell binde? Muss ich, um ein guter Elternteil zu sein, und staatlichen Support zu be-

kommen, diesen Vertrag schließen? Muss ich Kinder haben, um als vollwertige Familie zu gelten? Oder reicht meine Be­ ziehung auch so? So, nun rauchen wohl so einige Köpfe oder es wurde auch schon weitergeblättert. Ich probiere es im Austrian Slang nochmal: I wü jo ned sudern, OWA... Es ist viel erreicht, darüber können wir uns freuen oder auch mitfreuen. Der anderen Glück ist auch unseres. Wir dürfen, wir sollen uns feiern – und auch mal durchatmen. Bitte vergessen wir dabei nur eines nicht: Uns wurde das nicht „geschenkt“, es wurde gerichtlich erstritten. Und es gibt auch andere Menschen, die um ihre Rechte immer noch kämpfen müssen. Wie heißt es so schön: Erst, wenn der* die Letzte frei ist, sind wir es alle. Und Verbesserung ist nie schlecht, oder? Stoßen wir an, lassen wir es uns gut gehen! Gönnen wir es uns! Und dann auf, weiter – zeigen wir Solidarität und stützen wir mit unseren Siegen jene, die auf der Gleichberechtigungsleiter noch ein bis zwei Treppchen unter uns stehen! Den frischen Ehen­ paaren übrigens von Herzen alles Gute – spread the love! Und genießt euch.

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Oberรถsterreich

Gedenkfeier in Mauthausen 08.12.2018: #Gedenkfeier #Menschenrechtstag @ehemal.KZMauthausen

Drag up your Life! 12.01.2019: #Soliparty #Queeramnesty #Amnestyinternational #CandyLicious #Hosilinz @fortynine

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Oberösterreich

Schwul leben 1968 Persönliche Einblicke in das Leben im Jahr 1968

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ie homosexuellen Aspekte der 1968-Bewegung wurden in der Ausstellung „Wer war 1968“ im Linzer Stadtmuseum Nordico zwar angerissen, blieben aber beiläufig. Also entschloss sich die HOSI Linz, im Anschluss an einen gemeinsamen Ausstellungsbesuch ein Zeitzeugengespräch im forty nine zu organisieren. Mit Ernst Strohmeyer, der 1968 bereits 28 Jahre alt war und später Gründungsobmann der HOSI Linz werden sollte, und Alfred Roland, damals 18 Jahre alt, standen zwei Männer den Interessierten 90 Minuten lang Rede und Antwort. Parks und Mundpropaganda Über das Lebensgefühl der 1960er-Jahre wurde ebenso gesprochen wie über das damalige Aufwachsen als Schwuler auf dem Land. Interessante Parallelen zu heute, aber auch was sich seither verändert hat, wurden angeregt diskutiert. Wie hat man einander damals kennengelernt – immerhin eine Zeit ohne Internet und Dating-Apps. Für die Jüngeren im Publikum war es geradezu unverständlich, dass damals nur jeder zehnte Haushalt ein eigenes Telefon hatte und selbst dann zumeist nur einen Viertelanschluss (was bedeutete, dass man nur dann telefonieren konnte, wenn keiner der anderen drei Mitbenutzer der Telefonleitung selbst telefonierte).

Vom Treiben in verschwiegenen Ecken öffentlicher Parks, Treffpunkten auf Autobahnparkplätzen, die man durch Mundpropaganda erfuhr, und öffentliche Bedürfnisanstalten als unauffällige Möglichkeit anonym jemanden kennen zu lernen, erfuhren die Zuhörer*innen ebenso wie über die bedrohliche rechtliche Situation in einer Zeit, wo Homosexualität – vornehmlich die männliche – vollständig verboten war. Über die teilweise Entkriminalisierung durch die Strafrechtsreform der SPÖ-Alleinregierung 1971 spannte sich dann der Bogen bis zur Gründung der HOSIs als eigentlich verbotener Akt (es war eigentlich bis 1996 verboten, Vereinigungen zu gründen, die Homosexualität begünstigen oder propagieren wollten) und dem Ende der letzten strafrechtlichen Diskriminierung im Jahr 2002. Und auch welche persönlichen, beruflichen wie gesellschaftlichen Konsequenzen es hatte, wenn man in dieser Zeit strafrechtlich nur deswegen verurteilt wurde, weil man schwul war, und der Freund vielleicht ein paar Monate zu jung – Erfahrungen und Lebensschicksale unzähliger schwuler Männer, die heutigen Heranwachsenden fremd sind. Und das ist eigentlich gut so. Jedenfalls ein interessanter Abend, der bei angeregten Gesprächen erst spät zu Ende ging. PRIDE | Nr. 168 | Februar 2019 |

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Text Gernot Wartner Fotos Gerhard Niederleuthner


OberĂśsterreich

Schmusn! 4.12.2018: #Queerparty #Jean&Pierre #J’aimeJulien @Solaris

Silversterparty 31.12.2018: #Firework #Hosilinz #Silvester #DjBeatpatrol #DJane VanIce @fortynine Fotos Gerhard Niederleuthner,

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Karaoke Party

Oberรถsterreich

8.12.2018: #Karaoke #Voicebattle @fortynine

Fotos Gerhard Niederleuthner

Happy Birthday Dame Edith & Martin 18.1.2019: #Birthday #DameEdithMegastar #Martin @fortynine

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Steiermark

Text und Foto Andy Joe

How troubled is your gender? Wenn die Geschlechter ineinander fließen, wie weit fließt die Identität mit?

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m Salon Gender, einer öffent­ lichen Diskussionsrunde des Instituts für Genderforschung an der Kunstuniversität Graz, welche im Dezember erstmals in Kooperation mit den RosaLila PantherInnen stattgefunden hat, werden Fragen zur Geschlechteridentität diskutiert. Das letztmalige Thema „Gender Trouble“ widmete sich dem Spiel mit den Geschlechtern in einem künstlerischen Rahmen und warf die Frage auf, inwiefern die Wahrnehmung von Geschlecht dadurch beeinflusst werden kann. Das Podium war mit Personen besetzt, die unterschiedlichste Zugänge zu diesem Thema gefunden haben. Der prominenteste Gast war der Wiener Aktionist Günther Brus, der bereits Ende der 60er-Jahre mit öffent­ lichen Auftritten in Frauenkleidern inklusive Selbstverstümmelung, psychischen Zusammenbrüchen und Aktionskunst schockierte. Neben ihm berichtete Miss Alexandra Desmond (Schauspielerin, Moderatorin und Tuntenball-Mutti), wie sie Inspiration für ihre Kunstfigur im alten Glamour Hollywoods gefunden

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hatte. Aus Berlin eigens eingeflogen war Bridge Markland, die durch ihre Performancekunst bisweilen als Drag-King bezeichnet wird, obwohl diese Bezeichnung allein ihrem breiten künstlerischem Schaffen nicht gerecht wird. Der vierte Teilnehmer war Patrick Weber, der unter den Namen „Crazy Bitch in a Cave“ und „Infinite Palace“ musikalisch und visuell gekonnt die Grenzen zwischen Geschlecht und Identität zerfließen lässt. Die Diskussion unter Leitung von Rosemarie Brucher (Leiterin des Instituts für Genderforschung) eröffnete dem Publikum spannende Einblicke in die Arbeit der vielseitigen Künstler*innen und bot die Gelegenheit, die eigene Wahrnehmung von Geschlecht zu hinterfragen und neue Zugangsweisen zur eigenen Identität zu finden. Es zeigte sich, dass die Antwort auf die Frage: „Was ist Geschlecht?“ in Hinblick auf Gesellschaft, Wahrnehmung und Herangehensweise immer vage bleibt und keine eindeutige Antwort zulässt. Die Geschlechter fließen. Die Identität fließt mit. Hinterfragen ist nie verkehrt.


„Geh ma Sterndal-schauen”

Steiermark

fem* zu Besuch im Observatorium Lustbühel

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ie Frauengruppe fem* nahm das Sternchen im Namen zum Anlass, sich einmal die Sterne genauer anzusehen. Auf Einladung von Manuela Temmer, Mitveranstalterin von „LeZ Dance“ sowie Dozentin an der Karl-Franzens-Universität im Fach Astrophysik, wurde am 14. Dezember das Observatorium Lustbühel besucht. Das Wetter spielte leider nicht mit, sodass durch den bewölkten Himmel der erwartete Komet 46P/ Wirtanen nicht beobachtet werden konnte. Als Alternative gab es jedoch eine spannende Führung durch das Observatorium inklusive Crashkurs über das Planetensystem. Mitten in Graz versteckt hinter Wald und Wiese befindet sich das Observatorium Lustbühel. Bereits beim Durchschreiten der Eingangstür erwartete uns unser Sonnensystem im darstellerischen Sinn. Entlang des zweistöckigen Treppengeländes hängten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn und Uranus von den Decken. Beginnend bei unserem größten aktiven Stern, der Sonne, startete die Führung mit Manuela, die uns ihre Studienobjekte näher erklärte, wie etwa was sind Sonnenflecken oder -stürme, und wie beeinflusst die Sonne unseren und andere Planeten. Fun Fact: Der Studiengang Astrophysik der Karl-Franzens-Universität in Graz ist österreichweit der einzige, der sich auf die Sonne spezialisiert hat. Monitore mit NASA-Bildern und kurzen Videose-

quenzen aus dem Weltraum veranschaulichten das Aussehen der inneren festen Planeten (Merkur bis Mars) und der äußeren Gasplaneten (Jupiter bis Uranus). Im obersten Stock angekommen, bot sich uns von der Dachterrasse ein schöner Überblick über Graz, aber leider nur ein nebeliger Ausblick gen Himmel. Weiters zeigte uns Manuela die Teleskope, mit denen Himmelskörper beobachtet werden können. Zwei vereinfachte, kleine Experimente erklärten uns, wie das Sonnensystem untersucht werden kann: mittels spektraler Aufspaltung des Lichtes und der Messung bzw. Aufnahme von Erschütterungen. Abschließend erhielten wir einen Einblick in die Büroarbeit der Astrophysiker*innen inklusive Nerdfaktor wie Bürostühle mit abgebildeten Planeten. Begeistert verabschiedeten sich die fem* Teilnehmer*innen von Manuela mit dem Versprechen, im Frühjahr 2019 bei klarer Sicht vorhandene Himmelskörper zu beobachten. PRIDE | Nr. 168 | Februar 2019 |

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Text und Fotos Angela Milinkovic


Steiermark

Text Heinz Schubert

All you need is love Ökumenischer Gottesdienst für alle Liebenden

14. Februar 18.15 Uhr

Ökumenischer Gottesdienst für alle Liebenden

am Valentinstag

in der Stadtpfarrkirche Herrengasse 23 • www.kath-kirche-graz.at

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ie Katholische Stadtkirche Graz lädt am Valentinstag gemeinsam mit der Evangelischen Kirche und der HuG (Homosexuelle und Glaube) zum Gottesdienst für Liebende in die Grazer Stadtpfarrkirche, Herrengasse 23, ein. Unter dem Motto „All you need is love“ sind alle Liebenden eingeladen, aber auch Menschen, die von ihrem Partner*innen getrennt sind oder die auf der Suche nach einem/einer Partner*in sind. Der Gottesdienst wird zum ersten Mal ökumenisch gefeiert, und auch die Kooperation mit der HuG ist 2019 ein Novum. Alle Paare sind eingeladen, einander während des Gottesdienstes segnen zu lassen, auch Einzelpersonen können einen Segen empfangen. „Wir wollen Gott, der Beziehungen stiftet, danken und ihn um seine Kraft und seinen Geist bitten, um Beziehungen gut leben zu können”, meint die HuG.


ganz normal anders

Steiermark

Tunten stürmen das GrazMuseum Text Andy Joe

2018

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er Tuntenball hat allen Grund zu feiern. Wenn sich die Tore des Grazer Congress am 23. Februar öffnen, dann markiert das ein rundes Jubi­ läum: 30 Jahre Grazer Tuntenball. Das verlangt nicht nur nach einer ausschweifenden Feier, es bietet auch die Möglichkeit, auf die vergangenen drei Jahrzehnte zurückzublicken. Diese Zeitspanne bezeichnet nicht nur die Entwicklung eines kleinen Kostümfestes in der Uni-Mensa bis zum schrillen und bunten Highlight der Ballsaison im prunkvollen Grazer Congress, sondern geht auch Hand in Hand mit der Geschichte der Rosa Lila-PantherInnen, sowie deren Kampf für gesellschaftliche Aner­ kennung und Gleichberechtigung.

Tuntenball“ werden die buntesten Momente, die markantesten Umbrüche und die Botschaft gelebter Diversität und Vielfalt präsentiert. Gezeigt werden verschiedenste Exponate von den prunkvollen und pompösen Kos­tümen des Ballabends bis hin zur Urkunde der allerersten Partnerschaftseintragung in der Steiermark. Die Ausstellung wird dabei in Ko­ operation der RosaLila PantherInnen mit dem GrazMuseum inszeniert und vom Ausstellungsdesign Kollektiv Kontrastvoll gestaltet.

Anlässlich dieses großen Jubiläums wird dem Tuntenball, dem gesellschaftlichen Wandel, den er repräsentiert, und den politischen Zielen, die in der Zeit seines Bestehens erreicht wurden, eine Ausstellung im GrazMuseum gewidmet. Unter dem Titel „ganz normal anders – 30 Jahre

Die Eröffnung wird am 12. Februar um 18:00 Uhr im Zuge eines Festakts mit Auftritten von Miss Alexandra Desmond und DJ Mama Feelgood stattfinden. Die Ausstellung ist im Anschluss bis zum 7. April zu sehen. Auch ein umfangreiches Rahmen­ programm ist in diesem Zeitraum vorgesehen, mit Spezialführungen unter anderem von Kurt Zernig, dem Organisator des allerersten Tuntenballs, und einem Schminkworkshop für Drag Kings und Queens. Ein Besuch lohnt sich!

1993

2002

1995

2010

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Fotos RLP-Archiv (2), fotoma (4), Marija Kanizaj (1), Ralph König (1), Roland Marx (1) 2007

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Ausland

Queer India Mumbais erste Pride-Parade Text Gerhard Niederleuthner Fotos @Keshav SuriFoundation, @whyhatelove podcast, @anxious_being

E

rstmals seit Indien Homosexualität entkriminalisiert hat, nutzten ParadeBesucher*innen den Mumbai-PRIDE, um die Gleichstellung von LGBTI zu fordern. In Mumbais Straßen standen Tausende von Menschen, die das LGBTI-Festival der Stadt und die erste Pride-Parade seit der Entkriminalisierung der Homosexualität feierten. Das „Queer Azaadi Mumbai Pride Festival“ startete dieses Jahr mit einer „Hug Me“-Veranstaltung, bei der die Menschen kostenlos umarmt wurden. Weitere Besonderheiten des einmonatigen Festivals waren Vorträge, Filmvorführungen, Modeveranstaltungen, Sportwettkämpfe und Speed

Datings. Queer Azaadi wurde mit einer farbenfrohen Pride-Parade abgeschlossen, gefolgt von drei offi­ ziellen After-Parties. Das Festival war das erste seit der Entkriminalisierung der Homosexualität in Indien im Jahr 2018. Während die Parade in Mumbai Pride im vergangenen Jahr die Aufhebung dieses Kolonialgesetzes forderte, nutzten die Teilnehmer*innen dieses Jahr die Gelegenheit, mehr Gleichberechtigung für LGBTI zu fordern wie konkret das Recht auf Adoption und Heirat.

Webtipps facebook.com/ qam.mumbaipride/ @queerazaadi mumbai

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Ausland

Splitter Aktivist*innen zu Tode gefoltert

Text Gerhard Niederleuthner Fotos facebook. com/Kevinfret Official

GROSNY. In der russischen Teil­ region Tschetschenien sind Mitte Jänner offenbar mindestens zwei Mitglieder der LGBT-Gemeinde zu Tode gefoltert worden. Igor Kochetkov leitet das LGBT-Netzwerk in St. Petersburg und sagte gegenüber der Moscow Times: „Ich kann bestä­tigen, dass zwei Menschen getötet wurden." Neben den getöteten Menschen seien darüber hinaus noch etwa 40 Menschen in Haft, sagte

Kotchetkov. Das sei das Resultat einer neuen Verhaftungswelle. Offenbar werden die Menschen im selben Gefängnis festgehalten, in dem es bereits 2017 Berichte über Folter und Morde an sexuellen Minderheiten gab. Die Führung der unter Präsident Ramsan Kadyrow autokratisch geführten russischen Teilregion bestritt die Vorwürfe damals. Manche der Betroffenen werden aber bis heute vermisst.

Schwuler Rapper Kevin Fret ermordet SAN JUAN. Der 24-jährige schwule Rapper Kevin Fret wurde im Jänner dieses Jahres in der puerto-ricani­ schen Hauptstadt San Juan ermordet. Fret war gegen 5.30 Uhr auf seinem Motorrad unterwegs, als er von acht Kugeln angeschossen wurde. Er wurde in eine nahe gelegene Klinik gebracht, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Erpressung im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einem

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anderen Künstler, ein Hassverbrechen wurde bisher nicht ausgeschlossen, setzte sich Fret für die Rechte der LGBTIQ-Community ein. Frets Manager Eduardo Rodriguez bestätigte in der Zwischenzeit den Tod des Künstlers. Frets Song „Soy Asi“ (= Ich bin so) wurde im April 2018 veröffentlicht und war sein musikalischer Durchbruch. Fret galt als der erste offen schwule Vertreter des Latin Trap. Er kämpfte gegen Homophobie und Mobbing.


forty nine

Ausland

QUEER BAR | HOSI LINZ

hightlights märz

les girls: „plan b“ LesGirls

Sa. 16.3.2019 | 21:00

LesGirls geht in die 2. Runde! Live Dj | Live Act | Live Guitar

fetish party Sa. 30.3.2019 | 21:00 Strikter Dresscode Men only | Eintritt frei

Queer Bar forty nine Jeden Fr. und Sa. ab 21:00 Schillerstraße 49 | 4020 Linz PRIDE | Nr. 168 | Februar 2019 | fortynine.at

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Gesellschaft

Puritanismus 4.0 FOSTA, Pornos und der Tumblr-Ban – konserative Kräfte verdrängen immer mehr Minderheiten aus dem Netz Text Mel Dafert Fotos Snapshots tumblr.com

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m Jahr 2012 wurde das Internet vor der Zensur gerettet. PIPA und SOPA (Protect IP Act und Stop Online Piracy Act), zwei neue Gesetze, die in den USA zur Diskussion standen und weitreichende Folgen auf die Freiheit im Internet gehabt hätten – der Plan war besserer Urheberrechtsschutz im Internet, die Ausführung hätte aber extreme Nebeneffekte gehabt und viele Plattformen in Gefahr gebracht, vom Netz genommen zu werden. Nach Protesten sowohl online als auch offline wurden beide verworfen. Verheerende Effekte Sechs Jahre später ist die Situation eine andere. Während die EU über eine neue Urheberrechtsrichtlinie diskutiert, die PIPA und SOPA in nichts außer der fehlenden medialen Aufmerksamkeit nachsteht, wurde in den USA still und heimlich eine neue

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Regelung eingeführt: FOSTA (Fight Online Sex Trafficking Act, auch SESTA). Die Motivation ist nobel: Viele Pornos werden unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt, Menschen, oft minderjährig, in Not­ lagen ausgenutzt oder erpresst. Die Regelung zieht, ähnlich wie die Urheberrechtsrichtlinien, die Plattformen, auf denen der Inhalt zur Verfügung gestellt wird, zur Verantwortung. Die Effekte sind verheerender als es PIPA/ SOPA je sein hätten können. Um FOSTA gerecht zu werden, blockieren viele Plattformen jede Art von sexuellem Inhalt. Der Aufschrei ist ein leiser, denn viele konservative Strömungen begrüßen diese Puritanisierung des Internets. Doch während PIPA/SOPA alle gleichermaßen eingeschränkt hätten, trifft FOSTA die Minderheiten: die queere Community und Sexarbeiter*innen. Als hätten die nicht schon genug Probleme.


Gesellschaft Online Ort der Selbstfindung Tumblr war für viele ein Ort der Selbstfindung. In der gefühlten Anonymität der Blogging-Plattform wurden Memes geteilt, über beliebte Serien gesprochen und über sexuelle Identität nachgedacht. Nicht alle auf der Plattform waren queer, die Userschaft war groß und zersplittert, aber in vielen Kreisen wurde Aufklärung betrieben und konnten Menschen sich von den gesellschaftlichen Zwängen der binären Cis-Weltanschauung befreien und gleichzeitig auch auf einer Plattform sein, auf der die reine Anwesenheit nicht schon ein Outing war. Solche Orte sind wichtig, besonders wenn das Umfeld, wie oft im ländlichen Österreich, nicht immer unterstützend ist und der Zugang zu anderen queeren Gemeinschaften, offline wie online, fehlt. Und dank FOSTA haben wir Tumblr verloren.

Natürlich, Tumblr existiert immer noch, genauso existieren die Menschen, die darauf gepostet haben, und können in der Theorie auf andere Seiten wechseln. Doch die Community, die entstanden ist, wurde zerschlagen, und diese wird nicht so schnell auf einer neuen Seite wiederaufgebaut werden. Und das nächste, und vielleicht größere Problem ist: Tumblr ist nicht allein. Viele populäre Webseiten haben ihren Sitz in den USA, oder ihre größte Userschaft, und müssen daher FOSTA gerecht werden. Und je weiter die queere Community aus dem Mainstream gedrängt wird, desto schwerer wird es für junge Leute, diese Seiten zu finden und zu benutzen – irgendwann sind es nur mehr fragwürdige Seiten, die FOSTA nicht umsetzen, und dann kann Homosexualität wieder in einem Atemzug mit Auftragsmord genannt werden. Keine explizite Sprache Dass das keine Übertreibung ist, zeigt Facebook mit seinen neuen Community-Richtlinien. Expliziter Inhalt war auf Facebook zwar vorher schon verboten, jetzt wurde die Blockierung aber ausgeweitet: Sexueller Kontakt darf auf der Plattform nicht mehr angeboten werden, explizite Sprache in diese Richtung ist ebenfalls verboten. Das beschränkt sich nicht auf Sex­arbeit, auch der Flirt mit dem OneNight-Stand vom letzten Wochenende könnte dadurch zensiert werden. Ist das das Internet, das wir wollen? Dass puritanische, konservative Strömungen in den USA die Safe Spaces der queeren Community der ganzen Welt zerstören und jede Art von Sexarbeit oder explizitem Inhalt in die Illegalität drängen?

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Kultur

Text Gerhard Niederleuthner Fotos Edition Salzgeber (12), ffmop / Sebastian Woithe (1)

„Ein absoluter Brainfuck” Gregor Schmidingers erster Langfilm NEVRLAND erhielt den Preis der Jugendjury und einen Preis für den Nachwuchsschauspieler Simon Frühwirth beim Filmfestival Max Ophüls in Saarbrücken.

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ie Geschichte des Films ist kurz erzählt, wie sich der Film aber entwickelt, ist eine fantastische Mischung aus Alltagssituationen, Traumsequenzen und Angstphantasien mit verstörend schönen Bildern in kräftigen Farben und dröhnend stampfenden Beats. Der 17-jährige Jakob (fantastisch gespielt von Simon Frühwirth) wohnt mit seinem Vater (ein wortkarger und grantiger Josef Hader) und Großvater (Wolfgang Hübsch) in einer kleinen Wohnung in Wien. Um sich etwas Geld für das Studium zu verdienen, jobbt er als Aushilfe in dem Schlachthof, in dem auch sein Vater arbeitet. Doch eine zu­ nehmende Angststörung macht ihm das Leben immer schwerer... Post-Gay-Perspektive Schmidinger selbst litt jahrelang unter Angststörungen, so ist für ihn NEVRLAND eine Möglichkeit, sich auch auf eine künstlerische Art mit dem Thema Angst zu beschäftigen und zugleich das Thema der Selbstwerdung darzustellen. Er bezieht sich auf den österreichische Psychoanalytiker Wilhelm Reich, der die Angst als den das Leben schützenden und die

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Sexualität als den dem Leben zugewandten Impuls beschrieb. „Mir war es wichtig, Sexualität zeitgenössisch darzustellen, also auch den starken Einfluss von Pornografie und der digitalen Medien zu zeigen“ meint der oberösterreichische Jungregisseur im Regiekommentar beim Filmfestival. Er erzählt die Geschichte aus einer Post-Gay-Perspektive, das heißt, die Homosexualität der Hauptfigur Jakob steht nicht im Mittelpunkt. „NEVRLAND von Gregor Schmidinger ist ein faszinierender Film wie aus einem Guss, wie man ihn, wenn man Glück hat, vielleicht alle zehn oder 20 Jahre mal sieht“, schreibt dazu die Saarbrückner Zeitung. Der Film macht neugierig, zuerst werden in ruhigen Einstellungen die Mühen des Alltags und die Monotonie und auch Langeweile im Leben eines jungen Menschen gezeigt. Immer schnellere


Kultur

Schnitte und überraschende Szenenwiederholungen verwirren und machen die Vermischung aus Realität, Angstzuständen und das Wieder-zusich-Finden sichtbar. Jakob lernt in einem Sex-Chat den selbstbewussten 26-jährigen Kristian (Paul Forman) kennen und beide treffen sich persönlich. Ungekünstelt wird das Erwachsenwerden, das Selbstfinden dargestellt, aber immer stärker entwickelt sich der Film zu einem Trip, aus dem das Erwachen immer wieder scheinbar gelingt, bei dem aber wieder eine überraschende Wendung stattfindet.

sich die Kritik in der Saarbrückner Zeitung euphorisch. Viel Begeisterung kommt auch von Kollegen, wie Regisseur Arash T. Riahi, der auf Facebook kommentiert: „Der Film ist unglaublich intensiv und nicht nur visuell radikal. Definitiv ein Meilenstein in der österreichischen (Queer) Kinogeschichte, weil er wie ein klassisches, österreichisches Sozialdrama beginnt und sich zusehends zu einem emotionalen und visuellen Sturm entwickelt, der alle dramaturgischen Konventionen mutig hinter sich lässt!“

Parallele Welten

Porno, Sex, Psychose

In kurzen Sequenzen ist auch der Regisseur selbst sichtbar. Er hat auch ein tolles Gespür, Ähnlichkeiten zusammen zu bringen: der reale Blutschwamm auf Simon/Jakobs Brust und die Tätowierung von Krisitan; die Unfähigkeit des erfahreneren Kristian, Liebe/Nähe zuzulassen wird aufgenommen, wenn Jakob ein Jackett mit den tätowierten Mustern wie auf Kristians Körper trägt; die zentrale Perspektive in den Videogames, in die sich Jakob „hineinzieht“ und die Zentralperspektive in vielen der Angst­sequenzen fließen ineinander.

Die Jugendjury fasst es in der Begründung zu NEVRLAND so zusammen: „Das Gefühl, dass die eigene Wahrnehmung eins wird mit der des Protagonisten eines Films, ist selten. Und genau das ist uns passiert. Die Grenzen zwischen Realität und Rausch verschwimmen. Der Film nimmt uns mit in ein Labyrinth der Gefühle, in welchem die Hauptfigur gefangen ist. Er handelt vom Älterwerden, vom Entdecken der eigenen Sexualität und von den Ängsten eines Jugendlichen, die auch uns nicht fern sind. Eine atmosphärische Lichtführung kreiert eine bedrückende Atmosphäre. Dabei scheut Schmidinger auch nicht tabuisierten Themen: Porno, Sex, Psychose. Kurz: Ein absoluter Brainfuck.“

Filmografie

Der Film kommt im Herbst in die Kinos. Wir bleiben dran.

facebook.com/ nevrlandfilm/

„Schmidinger und sein Team inszenieren das Ganze sehr flüssig, mit bestechenden, wuchtigen Bildern und pulsierender elektronischer Musik – auch stilistisch ist das ein absoluter Höhepunkt im Wettbewerb", zeigt

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2008 THE BOY NEXT DOOR 2012 HOMOPHOBIA 2019 NEVRLAND Webtipp


Kultur

„La Vie est folle” Das Leben ist verrückt – 45 Jahre nach der Premiere von „La Cage aux Folles“ überzeugt Regisseur Ethem Saygieder-Fischer mit einem tollen Team.

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as Stück „Ein Käfig voller Narren“ von Jean Poiret verwandelt das charmante Theater Maestro in ein lustvolles, lebensnahes und unterhaltsames Narrenschiff. Tom Pohl ist Albin. Er spielt sym­ pathisch mürrisch und zickig im Alltagskrieg mit George – und ist souverän und sexy auf der Bühne in perfektem Kostüm von Jürgen Christian Hoerl. Pohl spielt mit den Bruchstellen, die eine große Diva so auf der Bühne auch zeigen kann, ist elegant, charmant und stets schlagkräftig humorvoll. Joachim Rathke verkörpert den Nachtclubbesitzer George und geduldigen Lebensfreund. Er schöpft aus dem Vollen und weiß mit welchen charmanten Tricks er seinen Freund nach mehr als 25 Jahren glaubt umgarnen zu können, dass dann alles nicht so funktioniert, ist auch bekannt. Wie das Leben halt so spielt. Text Gerhard Niederleuthner Fotos Martin Gaisbauer maestro-linz.com buntkariert ungeniert.com Noch sieben Aufführungen bis Ende März

Mit Liebe zum Detail verwandelt das Bühnenbild von Roman Krenn­ müller die Maestro-Bühne schnell und überraschend vom Wohnzimmer in die Garderobe des La Cage. Und was wäre ein Musical ohne Band und Tänzer*innen. Hermann Erber und seine Bandkollegen sitzen wie auf einem Balkon über der Bühne und kommentieren von oben das ganze Geschehen musikalisch rockig und fetzig. Gänzlich hemmungslos zeigen

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sich die Tänzer des Linzer Theater Maestro – verspielt, ausgelassen und voller Lebensfreunde ist ihnen der Spaß an der Verkleidung anzusehen. Und auch Jacob, die kleine Hausdiva die mehr als nur Personal sein will, wird köstlich gespielt von Paul Heimel, der darf viel Haut zeigen, ist liebenswürdig anhänglich und überdreht, sexy tuntig und immer mit einem Hauch zu viel Rosa… Nicht zu vergessen ist Georges Sohn Laurent, sehr natürlich gespielt von Stefan Parzer. Er ist immer leicht aufgeregt, weiß seine Figur nie ganz genau, wie sie aus der verfahrenen Situation wieder herauskommen soll. Umso entspannter darf er dann am Ende gemeinsam mit dem Publikum ausgelassen Singen und Tanzen. Regisseur Ethem Saygieder-Fischer versucht auch nicht mehr in der Stück hinein zu interpretieren sondern verlässt sich auf den Wortwitz, die Situationskomik und die Vielfalt des Teams – eine überdrehte, köstliche Komödie mit Tiefgang, tiefen Einsichten und schrägen Gags. Bei einer der Aufführungen fand in der gleichen Straße nicht einmal 400 Meter entfernt der Burschenschaftsball im Vereinshaus statt. Trotz der Straßensperren – das Theater liegt in der Sperrmeile der Polizei – war die Aufführung besonders stimmungsvoll und großartig. Wo waren da jetzt wirklich die Narren?


Kultur

Splitter

(1) Nan Goldin; Jimmy Paulette and Tabboo! in the bathroom, New York City 1991; © Nan Goldin (2) Lisette Model; Fashion Show, New York City 1940; © Estate of Lisette Model (3) Diane Arbus; Blaze Starr Backstage, Baltimore, Md. 1964; © The Estate of Diane Arbus

STRAIGHT Das Stück STRAIGHT sorgte am OffBroadway für Furore. In Wien erlebt das Stück nun in der Regie von Robert G. Neumayr im März 2019 seine Europapremiere. Der Investmentbanker Ben ist seit frühester Collegezeit mit seiner Freundin Emily zusammen. Das Leben scheint fest geplant zu sein: Uni-Abschluss – Heiratsantrag – Familie gründen – inklusive Hund,… Ben lebt noch in seiner eigenen Wohnung. Eines Tages lernt Ben über eine Online-Plattform den jungen Geschichts-Studenten Chris kennen. Die beiden finden einander anziehend und begin-

nen eine Affäre. Allerdings kann sich Ben ein Leben ohne Emily auch nicht mehr vorstellen. Ebenso nerven ihn die Grundsatzdiskussionen darüber, ob er jetzt eigentlich „straight” oder „gay” sei. Im Rahmen der Auf­ führung wird mit der Kampagne #LivingALabel nicht nur auf Bens, Chris’ und Emilys Geschichte aufmerksam gemacht. Vielmehr soll ein Raum für Diskussionen entstehen. Warum ist es ein Label, ein Stigma, wenn man jemanden liebt? Warum verschwindet hinter einer sexuellen Orientierung jede andere Eigenschaft eines Menschen?

„STRAIGHT“ 9.–16.3.2019: straight-wien.at/ living-a-label Tickets: spektakel.wien

Radikaler Blick Mit Lisette Model, Diane Arbus und Nan Goldin präsentiert die Wiener Galerie WestLicht drei große amerikanische Fotografinnen, deren Bilder den Blick auf die menschliche Ge1

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sellschaft radikal erweiterten – um das Andere, das Außergewöhnliche, um soziale Randfiguren und exzentrische Persönlichkeiten. So wundert es nicht, dass die Drag Queens um Nan Goldin (*1953) die Transvestitenbilder von Diane Arbus als brutal und unglamourös ablehnten. Auch wenn sich Goldins Werk nicht ohne Arbus und Model denken lässt, unter­ scheidet es sich wesentlich durch die kompromisslose Insiderposition der Fotografin. Goldin war Teil der Szene – die New Yorker Subkultur und LGBTCommunity der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre. So ent­standen ungeschönte Porträts vor Spiegeln, in Bars und Badezimmern, beim Sex und Drogenkonsum, als Teil einer Kultur des Überschwangs und der Angst, der Obsession und Ab­hängigkeit.

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„MODEL ARBUS GOLDIN“ Bis 24.03.2019 WestLicht. Schauplatz für Fotografie Westbahnstraße 40, 1070 Wien westlicht.com


Oberösterreich HOSI Treff Der gemütliche und informative Vereinsabend für Mitglieder und Freund*innen der HOSI Linz im forty nine Termine: Fr., 22.2., Fr., 08.3., Fr., 22.3.2019

Termine Neue Location: Regenbogenstammtisch: Jeden Do ab 19:00 Wirtshaus „Dürnauerhof“ Dürnauer Straße 108, 4840 Vöcklabruck

März

Bis 30.3.2019 „La Cage aux Folles“ Theater Maestro, Ermäßigter Eintritt für HOSI-Linz Mitglieder! (Siehe Seite 40)

Sa., 2.3.2019/21:00 Karneval Party Infos: hosilinz.at forty nine

Februar Fr., 15.2.2019/18:00 Younited: Queer Movie Night ann and pat

Sa., 16.2.2019/21:00 Kick it - Afterparty Die Party nach dem Turnier! DJane VanIce forty nine

Fr., 1.3.2019/18:00 YOUnited: Spieleabend für Queers & Friends ann and pat

Fr., 15.3.2019 Das forty nine ist geschlossen! Geschlossene Gesellschaft Sa., 23.3.2019/21:00 Les Girls: „Plan B” Live Dj, Live Act, Live Guitar; forty nine

Mi., 6.3.2019/18:30 Lust auf einen Drink? Die Grünen Andersrum OÖ laden zur Wochen­ teiler*in! Der erste Drink ist frei. Ort wechselt: Musikcafé Sax

Fr., 29.3.2019/18:00 YOUnited Sing Star Night @ forty nine Für Teilnehmer*innen von YOUnited ab 21:00 Sing Star Night @ Queer Bar forty nine für alle Gäst*innen

Sa., 09.3.2019/ab 20:00 Schmusn! Queer Party & Diamantino Movie 20:00 „DIAMANTINO“ im Moviemento 22:00 Schmusn! Queer Party im Solaris Musik: Jean & Pierre, Adrian Grande & Nick Harder; Eintritt frei

Sa., 30.3.2019/21:00 Fetisch-Party Achtung: Men only und strikter Dresscode! Eintritt ist frei! Garderobe ist vorhanden. forty nine

Homosexuelle Initiative Linz

Spendenkonto Volkskreditbank AG (VKB) IBAN: AT76 1860 0000 1071 1174 BIC: VKBLAT2L lautend auf HOSI Linz

HOSI Linz – Die Lesben- & Schwulenbewegung in OÖ Schillerstr. 49, 4020 Linz W hosilinz.at T 0732/60 98 98 E ooe@hosilinz.at facebook.com/hosilinz

Beratung Telefonisch & per Mail: Mo., Do. 20:00 – 22:00 T 0732/60 98 98-4 E beratung@hosilinz.at W hosilinz.at/beratung (Persönlich: nach Vereinbarung)

Bar forty nine Schillerstr. 49, 4020 Linz Jeden Fr. und Sa. ab 21:00 W hosilinz.at/forty-nine E fortynine@hosilinz.at

Lesbentreff „Lesbresso – what shall‘s“ Ab 19:00 am 1. Fr. Eine Kooperation von aFZ Linz & HOSI Linz W hosilinz.at/frauen

HOSI-Treff Der gemütliche Treff ab 19:00, jeden 2. Fr. in der HOSI Linz

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Dürnauer Straße 108, 4840 Vöcklabruck W duernauerhof.asak.at W hosilinz.at/voecklabruck YOUnited Treffen jeden 1. und 3. Fr. im Monat für bis 25-Jährige W hosilinz.at/younited Queer Refugees welcome Informationen und Hilfe W hosilinz.at/category/ refugees

Regenbogenstammtisch find us on facebook: Jeden Do. ab 19:00 /hosilinz Wirtshaus „Dürnauerhof“,

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Termine Februar So., 10.2.2019/17:00 TransgenderSelbst­hilfegruppe feel free Teil' mit uns deine Erfahrungen! Mo., 11.2.2019/19:00 HuG – Homosexuelle und Glaube EHG-Raum; Plan- und Plauschabend Di., 12.2.2019 Ganz normal anders – 30 Jahre Tuntenball Graz Museum Start der Ausstellung Mi., 13.2.2019/18:00 RLP Teammeeting feel free Komm' vorbei und mach' mit! Do., 21.2.2019/19:00 Fem* Stammtisch La Meskla, Kaiserfeldgasse 19 Für alle Frauen* offen

Steiermark

Sa., 23.2.2019/19:30 30 Jahre Tuntenball: Scandal Messe Congress Graz Einlass: 19:30 Eröffnung: 21:00 Drag Race, Mitternachtsshow und rundherum jede Menge Skandale. Tickets unter tuntenball.at Mo., 25.2.2019/19:00 HuG – Homosexuelle und Glaube EHG-Raum Mi., 27.2.2019/18:00 RLP-Teammeeting feel free Alle sind willkommen!

März Fr., 01.3.2019/19:00 ausufern – Billiard Treffpunkt: feel free So., 10.3.2019/17:00 TransgenderSelbsthilfegruppe feel free

Mo., 11.3.2019/19:00 HuG – Homosexuelle und Glaube EHG-Raum Mi., 13.3.2019/18:00 RLP-Teammeeting feel free; Gerne lernen wir dich kennen. Fr., 15.3.2019/19:00 ausufern – Sing Star feel free Do., 21.3.2019/19:00 Fem* Stammtisch La Meskla, Kaiserfeldgasse 19 Für alle Frauen* offen

Events 2019 30 Jahre

am 23.2.2019 LGBTI Congress Graz vom 05. bis 07.04.2019 FAGtory am 06.04.2019

Mo., 25.3.2019/19:00 HuG – Homosexuelle und Glaube feel free

CSD Graz mit FAGtory am 22.06.2019

Mi., 27.3.2019/18:00 RLP-Teammeeting feel free Alle sind willkommen!

FAGtory am 31.10.2019

Fr., 29.3.2019/19:00 ausufern - Flippern Treffpunkt: feel free

RosaLila PantherInnen RosaLila PantherInnen „feel free“ Annenstr. 26, 8020 Graz Kontakt T 0316/366601 E info@homo.at W www.homo.at Öffnungszeiten Montag 09:00 - 15:00 Mittwoch 13:00 - 18:00 Donnerstag 13:00 - 18:00 Beratung (nach Vereinbarung) T 0316/366601 E beratung@homo.at

RLP-Teammeeting Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat um 18:00 im feel free – Schau vorbei und sprich mit! Es geht um die Vertretung deiner Rechte und Interessen in der Steiermark!

Homosexualität & Glaube (HuG) Jeden 2. Montag im Monat um 19:30 im EHG-Raum, Martin-Luther-Haus 1. OG, Kaiser-Josef-Plz. 9 u. jeden 4. Montag im feel free

ausufern Jugendgruppe Immer freitags alle zwei Wochen ab 19:00 im feel free. Alle Infos auf Facebook.

TransgenderSelbsthilfegruppe Jeden 2. Sonntag im Monat um 17:00 im feel free

FEM* Stammtisch Jeden 3. Donnerstag im Monat ab 19:00 Uhr im La Meskla, Kaiserfeldgasse 19

Queer in Motion Unser Programm ist Sport. Spontan im Stadtpark laufen oder schwimmen in der Auster. Infos unter: facebook/QueerInMotion

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Webtipp Alle Veranstal­ tungen findest du auch auf homo.at/ kalender Auf dem Handy abonnierbar!


Gesundheit

HIV-positiv & nicht ansteckend Eine erfolgreiche HIV-Therapie unterdrückt die Virenproduktion dermaßen, dass ein Virennachweis im Blut mit gängigen Methoden nicht mehr möglich ist. Text Erik Pfefferkorn Sujets AIDS Hilfen Österreich

Webtipps aidshilfe-ooe.at queer-hiv-info.at/ undetectable-untransmittable aidshilfe.de/ meldung/partner2-studie-hiv-therapie-schuetzt-sexpartnerinnen-hiv prevention access.org

N

icht Nachweisbar = Nicht Übertragbar (N=N) oder Undetectable = Untrans­ mittable (U=U) bedeutet, dass HIV-positive Menschen, die aufgrund der Therapie eine Virus­ last unter der Nachweisgrenze haben, HIV nicht übertragen können. Unter der Nachweisgrenze meint eine Viruslast von weniger als 50 Viruskopien/Milliliter.

77.000 Mal Sex ohne Kondom und es fand keine einzige HIV-Übertragung statt. Diese wichtige Botschaft stellt eine große Erleichterung für HIV-positive Menschen dar. Eine große Sorge vieler Betroffener ist, andere Personen zu infizieren. Heute geht die höchste Ansteckungsgefahr von jenen aus, die sich gerade erst selbst infiziert haben und noch gar nichts von ihrer HIV-Infektion wissen.

Voraussetzung für diesen Schutz durch die HIV-Therapie sind die tägliche Einnahme von HIVMedikamenten sowie regelmäßige medizinische Kontrollen.

Zum anderen ist N=N eine wichtige Botschaft zur Antidiskriminierung von Betroffenen. Die Angst vor einer HIV-Übertragung ist häufig ein Grund für Diskriminierungen. Eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Ende des vergangenen Jahres ergab, dass in Deutschland nur 10 Prozent der Bevölkerung diese wissenschaftliche Tatsache kennen. Aus diesen Gründen starten die AIDS-Hilfen Österreichs die Infoserie „Ich bin HIVpositiv. Ich bin nicht ansteckend“. Die ersten drei Sujets richten sich dabei an die Zielgruppe Männer, die Sex mit Männern haben.

Dass Personen unter der Nachweisgrenze das HI-Virus nicht übertragen können, untermauern zahlreiche Studien und Beobachtungen. Auf der Welt-AIDS-Konferenz 2018 in Amsterdam wurde die PARTNER-2-Studie vorgestellt. Fast 1000 schwule Paare nahmen in 75 europäischen Zentren von 2014 bis 2018 an der Studie teil. Ein Partner war HIV-positiv und der andere HIV-negativ. Die Paare hatten

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Gesundheit

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Gesundheit

Mondstein, flieg und sieg!

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Text & Fotos Andy Joe

ie neue Auflage der FAGtory, die erstmals im Jänner und unter dem Titel „Moonlight“ stattfand, holte das Partyvolk von Graz aus dem Winterschlaf und lud zu einer rauschenden Feier in die Postgarage. Sogar die Kriegerin für Liebe und Gerechtigkeit soll an diesem

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Abend gesichtet worden sein, wie sie Kondome unter den Gäst*innen verteilte. Damit das zahlreiche Publikum auf die heimische Heizung verzichten konnte, ließen DJ Gutti und Djane Katy Bähm die Hitze von den Turntables aufsteigen. Da bleibt uns bis zur nächsten Party nur zu sagen: „Mondstein, flieg und sieg!“


A Gesundheit

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P O S T G A R A G E 472 PRIDE | Nr. 168 | Februar 2019 |

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GraďŹ k: Sergey Kandakov / Freepik

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mei demokratie is ned deppat! damit du im betrieb gehรถrt wirst. www.auge.or.at


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