PRIDE Nr. 156/Februar 2017

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Das lesbisch/schwule Österreichmagazin

Am Ball Oliver Egger – geoutet im Fußballverein FC Gratkorn

S. 30-33

Ein Gemeinschaftsprojekt von

Preis 2,50 € | GZ 02Z031968 S | Österreichische Post AG | Sponsoring Post


hosilinz.at | aec/maindeck

LI N Z PR I D.1E7 24.06

Linz Pride 2017 sucht die Heroes von Morgen Werde Teil des größten und erfolg­ reichsten LGBT Events in Ober­ österreich. Um den Linzer PRIDE noch vielfältiger und bunter gestalten zu können, wollen wir unser Team vergrößern. Bringe dein Talent ein. Infos unter: hosilinz.at/csd

Z N I L : D E WA N T H E R O E S PR I D E

6. Christopher Street Day in Linz Sa, 24.06.2017 AEC/Maindeck hosilinz.at/csd


PRIDE

Editorial Coming Out

W

ie ein rosa Faden zieht sich ein Thema durch diese Ausgabe – Coming Out. Warum ist es immer noch so schwer, das eigene Leben so zu leben wie man will? Warum braucht die Gesetzgebung immer noch so lange (in Österreich), um endlich Diskriminierung gesetzlich zu verbieten und um echte Gleichstellung zu ermöglichen. Warum nimmt homophobe Gewalt auch bei uns wieder zu? Warum ist das Coming Out – egal ob als Fußballer, als Schwuler, der am Abend ausgeht, als Schwarzer in den Armenviertel von Miami oder als PopMusiker – immer mit so viel Energie und auch Kampf verbunden?

Wir zeigen auf, dass durch solidarisches Miteinander und durch selbstbewusstes Leben Vorbildwirkung geschaffen wird. Aber auch lustvolle Themen haben in der ersten Ausgabe 2017 Platz: Drag Race – die Vorentscheidung zur Miss Tuntenball, 20 Jahre Szenelokal Blue Heaven oder Frauen beim Fuß- und Volleyballspielen. Wir leben in einem Land „der unbegrenzten Möglichkeiten“ (Zitat Alexander Van der Bellen), nutzen wir sie! Bleiben wir mutig. Gerhard Niederleuthner

IMPRESSUM Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin: „Verein zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und TransGender-Personen”, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz (Vorstand: Vorsitzender: Joe Niedermayer, VorsitzenderStellvertreterin: Isolde Messerklinger, Schrift­führer: Hans-Peter Weingand, Finanz­referent: Gernot Wartner) ZVR: 993540699 Zulassungsnummer: GZ 02Z031968 S, „Sponsoring Post“ EigentümerInnen: HomosexuelleInitiative Linz, Goethe­straße 51, 4020 Linz (Vorstand: Vereinssprecher: Stefan Thuma, Finanzreferent: Björn Zahn, Organisationsreferentin: Elisabeth Landl); RosaLila PantherInnen (Vorstand: Vorsitzender: Johannes Niedermayer, stellv. Vorsitzende: Michaela Feiner, Kassier: Chris Skutelnik, stellv. Kassier: Alexander Groß, Schriftführer: Raphael Rainer, stellv. Schriftführer: Eberhard FeinerWuthe, Beiräte: Peter Beck, Michael Hammer, Andreas Strick, Mag. a Monika Gratzer und Stop Aids – Verein zur Förderung von sicherem Sex (Vorstand: Vorsitzender: Chris Skutelnik, stellv. Vorsitzender: Peter Beck, Kassier: Johannes Niedermayer, Schriftführerin: Martina Weixler), beide: Annenstr. 26, 8020 Graz

Grundlegende Richtung: basierend auf den in den Vereinsstatuten des „Vereins zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und Trans-Gender-Personen” niedergeschriebenen Grundsätzen. Im Sinne der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 1998 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union will PRIDE mitwirken, dass die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben anerkannt wird, insbesondere durch eine rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, und will mitwirken, jedwede Diskriminierung abzuschaffen, unter der Schwule und Lesben vor allem im Bereich des Steuerrechts, des Vermögenrechts, der sozialen Rechte etc. immer noch zu leiden haben, und mit Hilfe von Information und Aufklärung dazu beitragen, gegen Vorurteile anzukämpfen, die in der Gesellschaft gegen Homosexuelle bestehen. Die Beiträge geben die Meinung der Verfasserin bzw. des Verfassers wider. Für unverlangt eingesandte Beiträge und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Ein Recht auf Abdruck besteht nicht. LeserInnenzuschriften sind uns willkommen; bei allen Beiträgen behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. Der anonyme

Abdruck von Beiträgen ist möglich; Name und Anschrift des/der VerfasserIn müssen der Redaktion bekannt sein. Private Kontaktanzeigen sind gratis. Redaktionsleitung OÖ: Gerhard Niederleuthner Redaktionsleitung Stmk.: Hans-Peter Weingand Redaktionsanschrift: PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; Auflage: 2500 Stk. Redaktion: Web: pride.at, Mail: redaktion@pride.at, PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; PRIDE Nr. 156/Februar 2017 Cover: Oliver Egger / Foto: © Andy Joe Layout: Isolde Messerklinger, Gerhard Niederleuthner Redaktion: Rainer Bartel, Isolde Messerklinger, Gerhard Nieder­leuthner, Heinz Schubert, Gernot Wartner, Hans-Peter Weingand MitarbeiterIn­n en: Rainer Bartel, Andy Joe, Kathrin Löffel, Gerhard Niederleuthner, Markus Tritremmel, Gernot Wartner, Hans-Peter Weingand Redaktionsschluss: PRIDE Nr. 157/April 2017: Sa., 04.03.2017 Spendenkonto: UniCredit Bank Austria AG; BIC: BKAUATWW; IBAN: AT69 1100 0049 2560 3500 n

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Inhalt Österreich Vor 20 Jahren 05 Kein Aprilscherz 06 Kommentar: Gesellschaftspolitische Bedeutungslosigkeit 07 Neuerliche Kapitulation 08 Zitiert: A. Van der Bellen 09 Spaßdemo Regenbogenparade? 10 „Weil ich schwul bin.” 11 Verkehrte Leidenschaft 12 Splitter 14

Oberösterreich Jubiläum: 20 Jahre Blue Heaven 18 Karaoke & Punsch 19 X-Mas Party & Wärmepol 20 Fasching & Gedenkfeier 22

Steiermark Netzwerken 24 Ehrenamtspreis verliehen 25 Menschenrechtsbericht 25 Drag Race 2017 26

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Ausland Minderheitsrecht vor Religionsfreiheit 28 Splitter 29

Gesellschaft Titel: Oliver Egger Verein ohne Vorurteile 30 Kick it! 2017 34 Frauen-Volleyball im Queerformat 35

Kultur „Moonlight” 36 Queer Faith? 39 Splitter 40 Termine & Kontakte Kontakte 41 Oberösterreich / HOSI Linz 42 Stmk / RosaLila PantherInnen 43 Gesundheit „ChemSex” 44

FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER, ANDY JOE (3), © ALLSTAR/A24

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HTETE DARÜBER BERIC HREN... PRIDE VOR 20 JA HOSI Info Nr. 36/Feb. 1997 Nach der Aufregung über die Strafrechtsreform 1996 war die Februarausgabe des Jahre 1997 eher mit leichten Themen gefüllt. Dennoch wurde über die Medienberichte zur Strafrechtsreform berichtet und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kampf um die Abschaffung des Zwangsalter-Paragrafen (§ 209 StGB) ohne Kompromisse und ohne Unterlass weitergehen müsse. Auch die Diskussionen im Österreichischen Lesben- und Schwulenforum (ÖLSF) waren von diesem Thema dominiert und spielten selbst in die Vorstandswahl hinein. Bei der Generalversammlung in Klagenfurt kandidierten zwei Listen gegeneinander und die Frage, wie in der Sache §209 weiter verfahren werden sollte, war heftig umstritten. Letztlich wurde der Vorstand um Christian Michelides mit nur drei Stimmen Mehrheit abgewählt. Auch in der internationalen Dachorganisation ILGA gab es Veränderungen. Auf der Jahrestagung in Madrid wurde die Aufspaltung in Regionalorganisationen beschlossen. Mit der Konstituierung von ILGA Europe wurde auch gleich fixiert, die erste Regionalkonferenz in Bukarest zu veranstalten, die zweite wurde dann für Herbst 1998 nach Linz vergeben.

buschtrommel 1/1997 Die buschtrommel berichtete in ihrer Februarausgabe über „schwarz-blaue Rundumschläge“ und zeigte auf, wie in parlamentarischen Anfragen FPÖ- und ÖVPAbgeordnete sich auf so ziemlich alles einschossen, was irgendwie schul/lesbisch war. Ein Wiener FPÖ-ler wollte vom Justizminister wissen, ob das Comic von Ralph König „Kondom des Grauens“ das noch bestehende Werbeverbot für Homosexualität

verletze. ÖVP-Klubobmann Andres Khol forderte die Streichung der Publizistikförderung für die Lambda-Nachrichten der HOSI Wien wegen Pornographie, Verunglimpfung eines Bischofs bzw. des Bundespräsidenten usw. Vier ÖVP-Abgeordnete hatten Wort gebrochen und im Nationalrat bei der Abstimmung über die Homosexuellenparagraphen doch für einen Verbleib der diskriminierenden Bestimmungen gestimmt. Alle vier bekamen von den PantherInnen Post: Sie erhielten riesige Weihnachtspostkarten mit der Karikatur eines Wetterhahnes, der sich im Wind dreht, welche die braven Postler den EmpfängerInnen an ihre Haustüren lehnten. Die Frauen der PantherInnen präsentierten mit Film- und Diskussionsabenden und einer Schreibwerkstatt ein umfangreiches Programm. Die Gruppe Homosexualität und Glaube (HuG) begann mit den Vorbereitungen zur Teilnahme an der internationalen „Europäischen Ökumenischen Versammlung“ im Sommer 1997 in Graz. Neu war auch ein Stammtisch der „Silberfüchse“, eine Gruppe für Männer über 35 – was auch einiges über Jugendkult aussagt. Und berichtet wurde über das Fest „5 Jahre BANG“, welches am 16. November 1996 stattgefunden hatte. Belletristisch behauptete Hans-Peter Weingand die Auffindung einer Handschrift, welche einen homosexuellen Kontext des Märchens „Hänsel und Gretel“ belege. Der Text wurde an der Uni Graz als Lehrbehelf zum Thema Quellenkritik verwendet, und polnische Germanisten wollten eine Kopie der Handschrift haben… n

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Österreich

Kein Aprilscherz Die Eingetragene Partnerschaft ist ab 1. April am Standesamt möglich, damit wurden symbolische Diskriminierungen endlich abgeschafft.

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m 14. Dezember hat der Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos gegen jene der FPÖ und des Teams Stronach die Öffnung der Standesämter und die Beendigung der Namensdiskriminierung beschlossen. Ab dem 1. April 2017 werden Eingetragene Partnerschaften (wie Zivilehen) auf den Standesämtern geschlossen. Der seinerzeit eingeführte „Nachname“ für Personen in Eingetragener Partnerschaft verschwindet: Ab diesem Tag haben alle Menschen einen „Familiennamen“. Die nun abgeschafften diskriminierenden

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Regelungen waren 2009 auf dem Mist der ÖVP gewachsen, um Lesben und Schwule zu schikanieren. Nun wird in den Erläuterungen zum Gesetz festgestellt: „Bisher wurde die Begründung von eingetragenen Partnerschaften bei den Bezirksverwaltungsbehörden vorgenommen. Die Standesämter haben die erforderlichen behördlichen Strukturen und Kompetenz, diese Aufgabe zu übernehmen. […] Die unterschiedlichen Namenskategorien für die Namensbestimmung bei Ehe und eingetragener Partnerschaft (Familien- bzw. Nachname) haben allgemein zu einem erhöhten Verwaltungs-


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KOMMENTAR Gesellschaftspolitische Bedeutungslosigkeit Ein Kommentar von Gernot Wartner

FOTO: PRIDE-ARCHIV

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n Norwegen hat die evangelische Kirche bei ihrer diesjährigen Synode die Öffnung der Ehe für schwule und lesbische Paare endgültig beschlossen. Andere evangelische Kirchen in Skandinavien haben die Ehe bereits seit etlichen Jahren für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. In Schweden ist eine kirchliche Trauung seit 2009 möglich, in Dänemark seit 2012. Das erhöhte jetzt auch den Druck in Norwegen. Aber an so etwas ist in Österreich noch nicht einmal zu den-

aufwand und im Speziellen zu entbehrlichen Verwaltungsverfahren (nach dem Namensänderungsgesetz) geführt.“ Politische Reaktionen FPÖ-Abgeordnete bezeichneten den Schritt zum Standesamt als Tabubruch und als Schlag gegen die klassische Familie. Dagegen zeigte sich NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak über das pragmatische Umdenken bei der ÖVP erfreut. Besser wäre es seiner Auffassung nach gewesen, gleich die Ehe für alle zu öffnen. Er sei aber guten Mutes, dass sich auch hier die Meinung der ÖVP in den nächsten Jahren ändere. Ähnlich sah das auch SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger. Seitens der Grünen erklärte Harald Walser, dass es für gleichgeschlechtliche Paare künftig „ein Stück mehr Gleichberechtigung“ gebe.

ken, verweigert sich doch die ÖVP selbst den allerkleinsten Gleichstellungsschritten schon im staatlichen Recht hartnäckig. Selbst die am 1. April kommenden Verbesserungen sind lediglich dem Erfordernis der Verwaltungsvereinfachung geschuldet und keineswegs einer ehrlichen Überzeugung. Mit dieser Haltung aber versinkt die ÖVP über kurz oder lang von selbst in der gesellschaftspolitischen Bedeutungslosigkeit. n

tragenen Partnerschaft kann bei jeder Per­ sonenstandsbehörde (Standesamt) in ganz Österreich vorgenommen werden. Man kann z. B. das Ermittlungsverfahren mit der Vorlage diverser Dokumente am Wohnsitzstandesamt erledigen und sich für die Partnerschaftsschließung ein anderes Standesamt aussuchen, welches die Zeremonie z. B. auf einem Schiff auf einem See ermöglicht. Die neue Regelung ist natürlich ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung, doch die Zivilehe bleibt gleichgeschlechtlichen Paaren in Österreich, anders als in mittlerweile zwölf europäischen Staaten, weiterhin verwehrt. Die Forderungen der parlamentarische Bürgerinitiative „Ehe Gleich!“, die auch online noch immer unterstützt werden kann, bleiben aktuell! n Text: Hans-Peter Weingand

Was ist neu Sowohl die Ermittlung der Fähigkeit, eine eingetragene Partnerschaft begründen zu können, als auch die Begründung der einge-

WEBTIPP www.ehe-gleich.at

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ÖSTERREICH

Neuerliche Kapitulation Die rot-schwarze Koalition hat das Regierungsprogramm neu verhandelt, um vorzeitige Wahlen zu vermeiden. Lesben- und Schwulenrechte kommen einmal mehr nicht vor.

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ei der Regenbogenparade 2016 hat Bundeskanzler Christian Kern zugesichert, dass er sich für die Öffnung der Ehe einsetzen werde, und auch in seinem „Plan A“ bekräftigte der Bundeskanzler Mitte Jänner erneut diese Forderung und sprach sich auch für das „Levelling-Up“ beim Diskriminierungsschutz aus. Nach mehrtätigen Verhandlungen hat die SPÖ-ÖVP-Koalition nun ihr neu ausverhandeltes Arbeitsprogramm für die restliche Legislaturperiode bis 2018 verkündet. Die Hoffnung war gegeben, dass nach Jahren des Kapitulierens der SPÖ vor der ÖVP sich die Partei bei den noch offenen Gleichstellungsfragen gegen die ÖVP endlich durchsetzen kann. Dass die SPÖ die ÖVP für die Öffnung der Ehe hätte gewinnen können, war zwar unwahrscheinlich, aber zumindest beim längst fälligen „Levelling-Up“ beim Diskriminierungsschutz wäre ein Erfolg möglich gewesen. In dem 36-seitigen Arbeitsübereinkommen finden sich zahlreiche ÖVP-Positionen, wo die SPÖ der ÖVP nachgegeben hat, und kaum SPÖ-Kernthemen; Lesben- und Schwulenrechte werden mit keinem einzigen Wort erwähnt! Mit der Vorstellung des Programms zeigte sich also, dass Bundeskanzler Christian Kern gegenüber dem homophoben Bollwerk ÖVP genauso kapi­tuliert wie schon seine Vorgänger. So viel also zu Kerns vollmundig verkündetem „Plan A“ für ein modernes Österreich. Das überfällige „Levelling-Up“, das bereits mehr-

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mals im Ministerrat hätte beschlossen werden sollen, dann aber von der ÖVP wieder rausgestrichen wurde, und die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurden wohl – wieder – dem Machterhalt geopfert. Lesben und Schwule sind ein weiteres Mal Opfer rotschwarzer Machtspiele geworden. Christian Kern und seine SPÖ machen auch 2017 das, was sie seit Jahren unter verschiedenen Vorsitzenden tun: Sie paradieren auf den alljährlichen CSD-Veranstaltungen in Österreich und halten schöne Reden, denen dann aber keine Taten folgen. Wieso bringt aber die ÖVP ständig ihre Fundamentalpositionen bei der SPÖ durch? Diese Frage ist und bleibt unbeantwortet. Fast alle Gleichstellungsschritte mussten um teures Geld bislang vor Gerichten erkämpft werden. Die ÖVP-„Gemeinheit“ des Verbotes der Schließung der Eingetragenen Partnerschaft am Standesamt wird erst mit heurigem Jahr, satte sieben Jahre nach Einführung der Eingetragenen Partnerschaft, beseitigt werden. Die VeranstalterInnen der diversen PrideEvents zum CSD wären gut beraten, heuer und in den kommenden Jahren auf die Anwesenheit von SPÖ-PolitikerInnen zu verzichten und der Community damit die leeren Reden zu ersparen. Davon hat die Community in den letzten Jahren schon viel zu viele gehört. Die Bankrotterklärung der Sozialdemokratie und ihrer Werte geht auch ohne Kanzlerreden weiter. n Text: Gernot Wartner


FOT O: © CARINA KARLOV

ITS/HBF

ÖSTERREICH

ZITIERT „Über unbegrenzte Möglichkeiten und Smartphones“

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eit 26. Jänner 2017 hat Österreich mit Alexander Van der Bellen nach dem längsten Wahlkampf in der Geschichte der Republik ein neues Staatsoberhaupt. Bereits bei der Angelobungsrede von Van der Bellen wurde klar, an der Spitze des Staates steht ein Mann, der für die Vielfalt im Land, gegen Nationalismus und Kleinstaaterei und der für ein gemeinsames Europa einsteht. Die Rede war keine Kampfansage, sondern ein Brückenschlag zwischen der Liebe zur Heimat (die er auch ganz persönlich definierte)

und Weltoffenheit. Neben seinem eigenen Schicksal als Flüchtling zeichnete Van der Bellen ein positives Bild von Österreich und zeigte in subtiler Art, wie andere Positionen klar angesprochen werden können, ohne dabei polemisch oder angriffig zu werden. Denn wenn das Bild eines Landes „der unbegrenzten Möglichkeiten“ auf Österreich gemünzt ist, zeigt Van der Bellen, dass er ein guter Präsident sein wird. Lassen wir Van der Bellen selber für sich sprechen:

„Dieses Gerede von der Spaltung halte ich für maßlos übertrieben. Österreich, das sind einfach wir alle. Alle Bewohner und Bewohnerinnen dieses schönen Landes, ganz gleich, woher sie kommen – aus Wien, aus Graz, aus Salzburg, dem Kaunertal, aus Pinkafeld zum Beispiel und anderen Ecken unserer schönen Heimat. Es ist auch gleich, wen diese Bewohner und Bewohnerinnen lieben – hoffentlich sich selbst – aber, ob sie Mann oder Frau lieben, gleichgültig, ob sie nun Männer oder Frauen sind. Ob sie die Städte lieben oder das flache Land, oder ihr Smartphone oder alles zusammen.“ (Zitat aus der Angelobungsrede von Alexander Van der Bellen am 26. Jänner 2017)

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ÖSTERREICH

Spaßdemo Regenbogenparade? Innenminister Wolfgang Sobotka von der ÖVP will das Demonstrationsrecht deutlich einschränken.

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o soll es etwa bei jeder Demonstration künftig ein „Versammlungs­ leiter“ benannt werden, der für Sachbeschädigungen während der Demonstration haftbar gemacht werden könne. Geht es nach Sobotka, soll der Innenminister auch festlegen können, wann und wo nicht demonstriert werden darf: Gründe dafür könnten unter anderem Verkehrsbehinderungen oder Umsatzeinbußen der betroffenen Geschäfte sein. Auch „Spaßdemos“ sollen nach Sobotkas Willen verboten werden – welche Demonstrationen darunter fallen, wollte der Innen­ minister aber nicht verraten. Sollten Sobotkas Vorstellungen so umgesetzt werden, könnte unter einer konservativen Regierung rein theoretisch zukünftig die Regenbogenparade über die Ringstraße aus zwei Gründen verboten werden: Eine Behörde stuft die Veranstaltung als „Spaßdemo“ ein, obwohl sie klare politische Ziele hat. Oder eine Gruppe homophober GeschäftsinhaberInnen beklagt sich über zu erwartende Umsatzeinbußen. Außerdem wäre der „Versammlungsleiter“ haftbar, wenn Zaungäste der Parade beispielsweise ein Verkehrsschild beschädigen.

Initiative (HOSI) Wien, welche die Regen­ bogenparade organisiert. Die HOSI Wien wehrt sich „entschieden gegen die Pläne Sobotkas, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken“, so Fidelsberger weiter. Dessen Vorschlag sei „ein massiver Anschlag auf Grund- und Menschenrechte, die er als Innenminister eigentlich schützen und verteidigen müsste“, ergänzte Kurt Krickler, General­ sekretär der HOSI Wien, der auch gleich den Rücktritt des Innenministers forderte. Und auch sonst stoßen Sobotkas Vorschläge auf herbe Kritik. Heinz Patzelt von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) kritisierte im Ö1-Morgenjournal „serienweise schwerst menschenrechtswidrige, verfassungsrechtlich undenkbare Vorschläge“ Sobotkas. Er nehme lieber eine „Spaßdemo“ in Kauf, „als einen Innenminister und eine Regierung zu haben, die entscheidet, wer gegen sie demonstrieren darf und wer nicht“. Die Menschenrechtsorganisation SOS-Mitmensch hat bereits eine Online-Petition gegen die Beschränkung des Demonstrationsrechts gestartet. n Text: Gernot Wartner

„Das ist außerdem geradezu eine Einladung an Demo-Gegner, sich als agents provo­ cateurs unter eine unerwünschte Demo zu mischen und deren Veranstalter durch Randale und Vandalismus in den finanziellen Ruin zu treiben“, ärgerte sich auch Lui Fidelsberger, Obfrau der Homosexuellen

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Onlinepetition: sosmitmensch.at/ site/petition/ petition/16.html


IS FOT OS: AKTIONSBÜNDN

ÖSTERREICH

Protestaktion gegen homophobe Gewalt

„Weil ich schwul bin.” Homophobes Hassverbrechen – ein junger Schwuler wurde in der Linzer Altstadt brutal zusammengeschlagen.

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n der Neujahrsnacht wurde der 26-jährige A. von einem Mann angepöbelt, der ihm später zusammen mit einer Gruppe aufgelauerte und ihn schwerstens verprügelte. A. musste im Krankenhaus behandelt werden. Es war gegen 7:00 Uhr, als der junge Schwule in der Linzer Altstadt vor einem Lokal von einem Burschen österreichischer Herkunft zunächst homophob beleidigt wurde. „Er sagte mir, ich dürfe nicht mit ihm reden, sonst bricht er mir das Gesicht“, erinnert sich A. im Gespräch mit GGG.at. Durch den Mut des Opfers, der damit an die Öffentlichkeit ging, bekam dieser schockierende Vorfall einige Medien­aufmerksamkeit. Ein persönliches Facebook-Posting, ein Bericht auf Community-Portalen und die Pressearbeit der HOSI Linz erfuhren viel Resonanz. Doch dieser Vorfall ist nur die tragische Spitze eines Eisbergs. Homophobe Gewalt häuft sich in letzter Zeit wieder, vor allem seit der Bundespräsidentschaftswahl, wie

etliche Betroffene berichten. „Das war absolut dumm, niederträchtig und letztklassig“, zeigte sich Stefan Thuma, Vereinssprecher der HOSI Linz, empört. Ein spontan gegründetes Aktionsbündnis aus HOSI Linz, Sozialistischer LinksPartei (SLP), SoHo-Ober­ österreich und den Grünen Andersrum OÖ organisierte eine Protestaktion gegen homo­ phobe Gewalt am 11. Jänner 2017 auf dem Linzer Taubenmarkt. Es braucht jetzt die Solidarität und Stimme all jener, denen an einem friedlichen Zusammenleben gelegen ist. Gewaltakte wie dieser feige Hinterhalt sind absolut und kategorisch abzulehnen und gemeinsam muss dem Hass und den Hassverbrechen Menschlichkeit entgegengestellt werden. Im Aufruf zur Protestaktion hieß es daher: „Zeigen wir weiteren Betroffenen, dass sie nicht alleine sind, und geben wir ihnen Mut, sich zu wehren.“ n Text: Gerhard Niederleuthner

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ÖSTERREICH

Verkehrte Leidenschaft Elisabeth Greif (JKU Linz) über juristische Geschlechterforschung, Einfluss von „nicht juristischem Wissen“ und Schutz sexueller Minderheiten Herzlichen Glückwunsch zu deiner Habilitation und Ernennung zur assoziierten Professorin. Wie kamst du zu deinen Forschungsgebieten und was fasziniert dich daran besonders? Greif: Ich habe mich schon in meiner Diplomarbeit mit der Rechtsgeschichte des Schwangerschaftsabbruchs beschäftigt, also einem Thema, das auch einen Gender-Aspekt hat. In meiner Dissertation habe ich dann Rechtsfragen im Zusammenhang mit Transgender näher untersucht. Mich interessieren vor allem Fragen der juristischen Konstruktion von „Identitäten“ und auch der juristische Umgang mit Sexualität. FOTO: PRIVAT

Du arbeitest am „Institut für Legal Gen­der Studies“ (juristische Geschlech­terforschung), engagierst dich aber in deinem beruflichen Umfeld auch anderweitig. Erzähle uns davon.

ZUR PERSON Mit ihrer Habilitationsschrift „Verkehrte Leidenschaft. Verfahren wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht vor dem Landesgericht Linz 1918-1938” erhielt Dr.in Elisabeth Greif an der Johannes Kepler Universität Linz die Lehrbefugnis für „Legal Gender Studies“ und „Rechtsgeschichte“. PRIDE sprach mit der früheren HOSIVorstandsfrau über ihre Forschung.

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Greif: In den Legal Gender Studies befasse ich mich nicht nur mit historischen Aspekten der Geschlechterverhältnisse, sondern auch mit ganz aktuellen Rechtsfragen wie etwa unterschiedlichen Regelungsregimen von Sexarbeit in Europa aber auch Fragen des österreichischen Antidiskriminierungsrechts. Im Bereich der Rechtsgeschichte liegt mein Forschungsschwerpunkt zur Zeit besonders im Bereich der Strafrechtsgeschichte. Im Rechtsunterricht in Österreich spielt das leider eine untergeordnete Rolle.


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Die Studierenden lernen eher die Geschichte des österreichischen Verfassungsrechts und des Privatrechts kennen. Wenn wir den Untersuchungszeitraum deiner Habilitation (1918-1938) hernehmen, so ist das Erste Republik, angefangen mit einer sozialdemokratisch geführten Regierung, Austrofaschismus und Nationalsozialismus bis zum Anschluss ans Hitler-Reich. Gibt es hier besonders markante Phasen und schlagende Ergebnisse aus deiner Forschung? Greif: In den ersten Jahren nach Kriegsende wurde gleichgeschlechtliche Sexualität strafrechtlich kaum verfolgt. Vor die Gerichte gelangten damals vor allem Eigentumsdelikte, die im Zusammenhang mit der schlechten Versorgungslage nach Kriegsende standen. Ein Verfahren wegen „gleichgeschlechtlicher Unzucht“ fand vor dem Landesgericht Linz erst wieder 1920 statt. Im Austrofaschismus lassen sich gleich zwei wesentliche Änderungen in der Strafverfolgung feststellen: Die polizeiliche Überwachung wird insgesamt stärker. Es ging dabei zwar eigentlich um die Ausforschung verbotener politischer Tätigkeiten, dabei wurden aber immer wieder auch Kommunikationsnetzwerke von „gleichgeschlechtlich Interessierten“ entdeckt und diese dann verfolgt. Außerdem stieg die Dauer der verhängten Strafen ab 1933/34 an und es wurden häufiger unbedingte Haftstrafen verhängt. Diese Entwicklung trifft aber nicht nur auf den Straftatbestand der „gleichgeschlechtlichen Unzucht“ zu, sondern betraf alle Straftaten. Inwieweit sind die historischen Ergebnisse aus einer Zeit vor bald 100 Jahren für unsere heutige Zeit wichtig? Greif: Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht die Frage nach unterschiedlichen Sprechsituationen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren. Also wer sagt was zu wem und weshalb. Außerdem habe ich unter-

sucht, welchen Einfluss „nicht juristisches Wissen“ in Unzuchtsprozessen entfalten konnte. Hier hat vor allem die Sexualwissenschaft eine Rolle gespielt, die um 1900 im deutschsprachigen Raum entstanden ist. Die Frage, wie außerjuristisches Wissen zu juristischem Wissen wird, spielt auch heute noch eine Rolle, etwa bei Diskussionen um die eingetragene Partnerschaft oder das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Heute wird befürchtet, dass die Errungenschaften der lesbisch/schwulen Bewegung im anbrechenden Zeitalter der Neuen Rechten wieder verloren gehen? Was lehrt uns die Geschichte dazu? Greif: In dem von mir untersuchten Zeitraum beginnt sich eine lesbisch/schwule Bewegung gerade erst zu etablieren. Das war vor allem in Deutschland der Fall, für Österreich gibt es nur wenige Belege, die auf eine organisierte Bewegung hindeuten. Sofern in meinen Akten überhaupt Netzwerke eine Rolle spielten, dienten sie eher der Vermittlung persönlicher Kontakte. Das wurde einigen Personen ab 1933 zum Verhängnis, als ihr umfangreicher Briefwechsel als (politisch) verdächtig galt. Ganz allgemein kam es in dieser Zeit im Bereich des Strafverfahrensrechts zu erheblichen Rückschritten, zum Beispiel durch die Einführung eines vereinfachten Verfahrens eine Rolle, durch das die Beschuldigtenrechte stark eingeschränkt wurden. Was sind deine wissenschaftlichen Vorhaben für die nächste Zukunft? Greif: Zur Zeit beschäftige ich mich mit Fragen des Menschenrechtsschutzes für LGBTIPersonen. Hier fehlt es nach wie vor an einer verbindlichen Rechtsgrundlage. Ich untersuche, ob und wie gut sich bestehende Menschenrechtsinstrumente für den Schutz sexueller Minderheiten eignen. Danke für das Interview und alles Gute für deine wissenschaftliche Arbeit! n

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Splitter Zukunftsprojekt: Haus für LGBTI-Geflüchtete

Neo-Geschäftsführer Paul Haller war zuletzt im Flüchtlingswerk in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen tätig. Der 27-Jährige bringt jahrelange Erfahrung im

LGBTI-Bereich mit. In Wien engagiert er sich seit 2012 im Bildungsprojekt „queerconnexion“, mit dem die HOSI Salzburg in Zukunft noch enger zusammenarbeiten möchte. Zuletzt organisierte er mit einem Team eine internationale Fachkon­ferenz zum Thema Intersex. Ein Zukunftsprojekt der HOSI Salzburg ist die Etablierung einer spezialisierten Wohneinrichtung für geflüchtete Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender- und Intersex-Personen (LGBTI). Diese Personengruppe ist nicht nur in ihren Herkunfts­ ländern, sondern auch in der Unterbringung in Österreich besonderen Gefahren ausgesetzt.  hosi.or.at

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2.

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MITEE

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FOTO: HOSI SALZBURG

SALZBURG. Die HOSI Salzburg setzt einen weiteren Schritt in Richtung Professionalisierung und weitet die bisherige Bürostelle zur Geschäftsführung aus. Auf Bernhard Damoser (Foto rechts), der bisher für das Office Management und das Bildungsprojekt „Schule der Vielfalt“ zuständig war, folgte mit Dezember 2016 Paul Haller (Foto, 2.v.l.) als Geschäftsführer der HOSI Salzburg. Bernhard Damoser bleibt der Menschenrechtsinitiative allerdings als Vorstandsmitglied und Leiter des Interkulturellen Referats erhalten.


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RECHT HABEN IST GUT – RECHT BEKOMMEN IST BESSER!

RECHTSANWALT DR. MICHAEL MAURER

men und auch ein paneuropäisches Zeichen der Solidarität und der Forderung nach gleichen Rechten für alle zu setzen. 2019 findet die EuroPride – zum zweiten Mal nach 2001 – unter dem Motto „Visions for Pride“ wieder in der Donaumetropole statt. Zu dieser Veranstaltung werden eine Million Be­ sucherInnen in Wien erwartet.  europride2019.at

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WIEN. Am Samstag, dem 28. Jänner 2017, zelebrierte die Wiener Community mit dem 20. Wiener Regenbogenball im Parkhotel Schönbrunn wieder ein Fest der Akzeptanz und Vielfalt. Und heuer gab es für die BallgästInnen einen weiteren Grund zum Feiern: Der offizielle Countdown für die „EuroPride Vienna“, die vom 19. Mai bis 19. Juni 2019 stattfinden wird, ist gestartet worden. „EuroPride“ ist Europas größtes Pride-Festival, das jedes Jahr in einer anderen europäischen Stadt veranstaltet wird und regelmäßig hunderttausende lesbische, schwule, bisexuelle, Transgender-, intersexuelle und queere (LSBTIQ) Menschen sowie alle (heterosexuellen) UnterstützerInnen aus ganz Europa anzieht, um an einem großen Fest voll von kulturellen, politischen und Unterhaltungs-Veranstaltungen teilzuneh-

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FOTO: HOSI WIEN

EuroPride 2019


ÖSTERREICH

„Willendorf” wieder offen WIEN. Das Café Willendorf in der Villa in Wien hat wieder geöffnet. Nachdem sich die vorherigen BesitzerInnen finanziell übernommen hatten, musste der wichtige Treffpunkt der queeren Gemeinschaft im März 2016 zusperren.

 Café Willendorf Linke Wienzeile 102; Tel.: 0676 9709011 facebook.com/cafewillendorf Die ereignisreiche Geschichte der „Rosa Lila Villa“ begann im Jahr 1982, als AktivistInnen der Lesben- und Schwulenszene den Altbau an der Linken Wienzeile besetzten. Das Haus sollte abgerissen werden.

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FOTO: DANIEL WEBER

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Nach langwierigen Verhandlungen mit der Stadt Wien – der Eigentümerin – wurde das Gebäude dem Trägerverein „Rosa Lila Tip“ übergeben. Neben der Beratungseinrichtung ist die Villa ein permanenter Treff für vielfältige Vereine und Gruppierungen für Lesben, Schwule und TransGender Personen und bietet Wohnmöglichkeiten und Angebote für Queer Refugees. Dementsprechend bezeichnet sich das Haus jetzt als „Die Villa – türkis rosa lila“.  dievilla.at

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Jubiläum Die bekannte Linzer Szene-Bar Blue Heaven feiert einen runden Geburtstag. Anlass genug für PRIDE, mit Besitzer Günter Reder folgendes Interview zu führen.

Günter Reder: Klar, es war ja mehr oder minder auch mein Stammlokal. Seinerzeit gab es einige Lokale in Linz – im Laufe der Zeit mehr als 20, die ich kannte. Vorher war es ein bekanntes In-Lokal und war sicher eines der ältesten Lokale in Linz. Als Szenelokal war es unter dem Namen „BAR WOHIN” bekannt. Die Bar wurde von Helga betrieben, die in der Szene damals jeder kannte. PRIDE: Was war der Beweggrund für dich, das Lokal zu übernehmen? Günter Reder: Den Beweggrund gab eigentlich die Vermieterin, denn das Lokal stand nach Schließung ein halbes Jahr leer. Leer im wahrsten Sinne des Wortes, denn

außer der Bar war nichts da. Die Vermieterin sagte, „macht doch das Lokal mit” – wir hatten ja oberhalb die Gösser Stub’n. Also wir stimmten zu und gingen auf die Suche nach Kellnern, die wir in Oliver und Herbert fanden. Wir renovierten und stylten das Lokal nach dem Namen. Wolkentapeten mit kleinen blauen Wölkchen überall, und das war Schwerstarbeit bei den seinerzeit feuchten Mauern. Im Diskoraum überall Sitz­gelegenheiten mit Sofas, gemütlichen Kuschel­gelegenheiten etc. PRIDE: An welche Highlights dieser 20 Jahre erinnerst du dich gerne? Günter Reder: Also da gibt es viele. Wir hatten permanente Shows (selbstgemacht!), und da machten auch alle mit, und das bei manchen kritischen Auftritten. Da erinnere ich mich z.B. an die Dessous-Show mit Fuffi. Apropos Fuffi, das war der DJ, und wenn der durchdrehte (das nicht so selten), flogen zig CDs durch die Gegend.

2000: 3 Jahre Blue He

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2001: Travestie

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aven

FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

PRIDE: Das Blue feiert heuer 20 Jahre – aber eigentlich gibt es das Lokal selbst als Community-Lokal ja schon länger. Weißt du da noch was darüber?


OBERÖSTERREICH

Halloween RAOKE & PUNSCH KA 2007: 10 Ja

hresfeier

10.12.2016: #karaoke #singstar #kekserparty #advent @hosilinz

PRIDE: Du hast ja auch recht viel umgebaut und erneuert? Günter Reder: Das stimmt, es wurde mehrmals umgebaut und geändert. Es passiert auch laufend, und nicht immer sichtbar für unsere Gäste. Dabei muss man auch bedenken, dass sich die Zeit und die Gesellschaft verändert haben.

Günter Reder: Ich hoffe auf viele schöne Abende. Dafür werden wir arbeiten und uns immer etwas einfallen lassen. PRIDE: Also jede Menge Gründe, das Jubiläum ordentlich zu feiern. Was hast du geplant?

16.12.2016: #jahresabschlussparty @hosilinz

Günter Reder: Feiern werden wir am 18. März 2017. Es ist noch nicht alles unter Dach, aber es wird GoGo Boys geben, eine Show, Artistik, Gewinnrätsel, Angebote und vieles andere mehr. PRIDE: Dann gratulieren wir schon mal ganz herzlich und wünschen dir alles Gute für die nächsten 20 Jahre. Danke für das Gespräch. n Interview: Gernot Wartner

Halloween 20 JAHRE Jubiläumsparty Blue Heaven Sa., 18.03.2017 GoGo Boys, Show, Artistik, Gewinnrätsel und Angebote  facebook.com/blueheaven.bar.5

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FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

PRIDE: Und auf was können wir uns da in der Zukunft noch freuen?


OBERÖSTERREICH

Halloween X-MAS PARTY 25.12.2016: #popolaer #xmas #gogos #djjerrykriz #djanes.stereo @spielplatz

Halloween WÄRMEPOL

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FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

10.12.2016: Wärmepol presents Wah China #waermepol #kunstunilinz #punsch


OBERÖSTERREICH

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Netzwerken Die PantherInnen schmieden Bündnisse in Sachfragen ÖVP-Gemeinderätin Martina Kaufmann musste etwas herumturnen und auf die Verdienste der steirischen ÖVP bei der Einführung der Eingetragenen Partnerschaft verweisen, um von der Gegnerschaft von ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl abzulenken. So hatte der Grazer Bürgermeister z. B. den Grazer Trauungssaal für gleichgeschlechtliche Paare erst nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Sommer 2013 geöffnet. FPÖ-Vertreterin Claudia Schönbacher überraschte durch ihre Ehrlichkeit. Angesprochen auf das FPÖ-Wahlprogramm sagte sie klipp und klar, die FPÖ würde die bestehende Ein­ getragene Partnerschaft abschaffen! Rechtsruck Mit deutlichen Gewinnen der BürgermeisterPartei ÖVP und dem durch die KPÖ nur schaumgebremsten Zulegen der FPÖ gab es in Kombination mit Verlusten der Grünen und einem Wahldebakel für die SPÖ einen deutlichen Rechtsruck. Für GLBTI-Anliegen ist das in Graz nicht günstig. Möglich ist eine schwarz-blaue Koalition oder eine Kooperation von ÖVP, Grünen und der SPÖ, die nicht einmal mehr in der Stadtregierung vertreten ist. Graz ist mit einer KPÖ mit über 20% und zwei Stadtratsmitgliedern bundesweit eine Ausnahmesituation. Die Hälfte der KPÖ-WählerInnen ist Protestpotential, FPÖ und KPÖ in Graz kommunizierende Gefäße. Die Grünen hatten gegen das Murkraftwerk gesetzt, was unbedankt blieb. n Text: Hans-Peter Weingand

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FOTOS: ANDY JOE

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nlässlich der Grazer Gemeinderatswahlen luden die RosaLila PantherInnen VertreterInnen aller Parteien zu einer Podiumsdiskussion – und alle sind gekommen. Auffallend war der hohe Grad der Beschäftigung mit Fragen rund um Antidiskriminierungspolitik speziell zu Homosexualität in der Menschenrechtsstadt Graz: KPÖSpitzenkandidatin Stadträtin Elke Kahr und die grüne Spitzenkandidatin Tina Wirnsberger beeindruckten durch solide Kenntnisse. Auch NEOS-Spitzenkandidat Niko Swatek und Peter Pöschl von den Piraten standen da nicht nach. Erfreulich auch, dass Vorschläge der queeren Jugendkandidatin der SPÖ Anno Robosch (Abschaffung der Lustbarkeitsabgabe für gemeinnützige Vereine bzw. Nutzung leerstehender Immobilien der Stadt) von den anderen VertreterInnen gleich positiv aufgegriffen wurden. Einig waren sich tatsächlich alle Vertreterinnen bei der Absurdität der derzeitigen Blut­ spendeverbote.


STEIERMARK

Ehrenamtspreis verliehen Erstmals vergab die Stadt Graz den „fee-Award" für Ehrenamtliche im Rahmen von Organisationen der Ehrenamtsbörse. Den Rosa­ lila PantherInnen kam dabei die Ehre zu, in der Fach­jury zu sitzen und mit PantherIn­ nen-Vorsitzendem Joe Nieder­mayer als Jurysprecher zu fungieren. Bei einer Preisverleihung gemeinsam mit Stadtrat Michael Ehmann (SPÖ) wurden 13 Personen namentlich hervorgehoben und eben zwei speziell durch die Jury geehrt. Die PantherInnen nominierten dabei die ehemalige grüne Gemeinderätin Daniela Grabe für ihr

jahrelanges Engagement im "Verein für Gedenkkultur" und ihre Initiative für die Verlegung von "Stolpersteinen" für Opfer der NS-Verfolgung.

Menschenrechtsbericht erschienen Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2015 ist da und widmet sich vor allem den Themen Jugendarbeit, Gewaltprävention, Rassismus, Extremismusprävention und Integration von Flüchtlingen. Als Vertretung der schwul-lesbischen Community wurden die RosaLila PantherInnen zur aktuellen Situation in Graz befragt. Aufgrund konkreter Beratungserfahrung ist es erfreulich, dass die Anregung aufgenommen worden ist, homound transsexuellen Flüchtlinge separat in Flüchtlingsheimen unterzubringen. Denn es passiert nicht selten, dass Flüchtlinge dort von Landsleuten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bzw. Identität diskriminiert werden, wobei auch körperliche Übergriffe nicht ausgeschlossen werden können. Ebenfalls sehr erfreulich ist die positive Empfehlung für die Präventions- und Aufklärungsarbeit im Bereich HIV/AIDS für MSM (Männer die Sex mit Männern haben). Noch immer stellt diese Gruppe beinahe 50% der HIV-Neuinfektionen in Österreich dar.

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Drag Race 2017 Vorentscheidung zur Miss Tuntenball

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as für eine Nacht! Das zweite Grazer Drag Race bot Samstag, 21. Jänner, einen schrillen Vorgeschmack auf den Tuntenball presented by T-Mobile! Fünf Dragqueens traten mit spektakulären Performances gegeneinander an, um zu beweisen, dass sie das Zeug zur nächsten Miss Tuntenball haben. In bewährter Manier führte die bezaubernde Tuntenballmutti Miss Alexandra Desmond durch den Abend. Gefeiert wurde bis in die frühen Morgenstunden in der Postgarage zu den Beats von Tamara Mascara und dem Wiener DJ Noisolepsy.

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Unter die Lupe genommen wurden die Contestants von der hochkarätig besetzten Jury. Neben der begnadeten Soul-Sängerin Dorretta Carter und der amtierenden Miss Tuntenball Bubblegum Lecter beurteilten auch die Tuntenballpatronessen Ornella de Bakel und Tamara Mascara die Kandidatinnen. Outfit, Make-Up, Auftritt und Lipsync – manche Performances heimsten strenge Kritik ein, die meisten überzeugten jedoch. Chantall Cavalli zeigte viel Haut sang voller Überzeugung über ihr Haar, Fatalia Fatal Kajal performte mit ihrem sehr außergewöhnlichen Kostüm und ewig hohen Sky Heels zu Lady Gaga, Erika Empire hingegen


FOTOS: ANDY JOE

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kam mit Turnschuhen auf die Bühne und bekam für diese Entscheidung sowohl die höchste als auch die niedrigste Punktzahl von den Jurymitgliedern. Rachel Estrella Cloud motivierte bei der Vor­ entscheidung im Glitzerfummel die Menge, während Giselle Bordelle trotz Striptease und Spagat im Lipsync-Duell gegen ihre Konkurrentin ausschied. Die Finalistinnen waren damit gekürt: Chantall Cavalli, Fatalia Fatal Kajal, Erika Empire und Rachel Estrella Cloud treten im Finale gegeneinander an. Sie konkurrieren am Ballabend um den Titel „Miss Tuntenball“ – Spannung ist garantiert! Die Gewinnerin repräsentiert ein Jahr lang den Grazer Tuntenball. n

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Ausland Minderheitsrecht vor Religionsfreiheit Religiöse Menschen dürfen in Europa wegen ihres Glaubens sexuelle Minderheiten nicht mehr diskriminieren.

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ach dem Spruch des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte müssen gläubige Menschen Schwule und Lesben gleich behandeln, selbst wenn das ihrer Religion widerspricht. Das Straßburger Gericht hat damit das britische Antidiskriminierungsgesetz bestätigt, das auf EU-Vor­gaben beruht. Im ersten Fall ging es um die Standesbeamtin Lilian Ladele aus London. Sie hatte 2008 vor einem britischen Gericht das Recht erkämpft, gleichgeschlechtliche Paare nicht verpartnern zu müssen. Ladele argumentierte, dass ihre Religionsfreiheit eingeschränkt werden würde, wenn sie Schwule und Lesben gleich behandeln müsse. Diesem Argument folgten die Straßburger Richter nicht. Allerdings stimmten dem Urteil die Richter aus Montenegro und Malta nicht zu und veröffentlichten ein Minderheitenvotum. Sie erklärten, dass die Religions­ freiheit in diesem Fall über dem Minder­ heitenschutz stehen müsste. In einem zweiten Fall entschieden die Richter aber einstimmig: Hier ging es um den christlichen Partnerschaftsberater Gary McFarlane, der keine Schwulen und Lesben behandeln wollte – aus religiösen Grün-

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den. Das europäische Gericht sah das anders und hat einstimmig entschieden, dass es zu seinen Pflichten am Arbeitsplatz gehöre, Menschen diskriminierungsfrei zu behandeln. „Das britische Gesetz schützt Menschen vor Diskriminierung, und es gibt keine Ausnahmen für Gläubige”, zeigte sich der britische Europaabgeordnete Michael Cashman, der Co-Präsident der LGBTI-Intergroup im Europaparlament, erfreut. Religion und Glaube sind private und persönliche Angelegenheiten und sollte nie dazu genutzt werden, um die Rechte von anderen einzuschränken. Die Entscheidungen des Menschenrechtsgerichtshofs sind für alle 47 Mitgliedsstaaten des Europarates rechtlich bindend. Das betrifft alle europäischen Länder außer Weißrussland, Kasachstan und den Vatikanstaat. Gegen die Urteile kann aber Berufung eingelegt werden. n Text: Gerhard Niederleuthner


AUSLAND

Splitter Kirchliche Heirat in Norwegen TRONDHEIM. Schwule und Lesben können einander in Norwegen von nun an auch in der evangelisch-lutherischen Volkskirche das Jawort geben. Auf dem Standes­ amt ist das in Norwegen seit 2009 möglich. Bei der kirchlichen Trauung hinkte das Land bisher hinter den liberaleren Nachbarn hinterher: In Dänemark ist sie seit 2012 erlaubt, in Schweden schon seit 2009. Die Synode der Lutheranischen Kirche verabschiedete eine Liturgie, die die kirchliche Trauung von homosexuellen Paaren möglich macht.

89 von 112 Mitgliedern stimmten für den Vorschlag. Für die neue Liturgie musste der traditionelle Text leicht geändert werden. Die Formulierung „Braut und Bräutigam“ wurde entfernt und andere passende Bibelstellen zitiert. Auch gab es vereinzelte konkrete Proteste innerhalb der Kirche: Priester Oyvind Bard Benestad kündigte seinen Rückzug aus der norwegischen Kirche an, auch wenn Geistliche nicht gezwungen sind, Homosexuelle zu trauen. Die homosexuellen Paare haben aber das Recht, in der Kirche ihrer Wahl zu heiraten. n

Genereller Ausschluss beim Blutspenden aufgehoben BERN. Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic hat ein entsprechendes Gesuch der Dachorganisation Blutspende SRK Schweiz bewilligt. Anstelle des bisher geltenden unbefristeten Ausschlusses für „MSM“ (Männer, die Sex mit Männern haben) gilt künftig eine zwölfmonatige Rückweisung nach dem letzten Sexualkontakt. Es konnte ausreichend dargelegt werden, dass diese Anpassung nicht zu einem erhöhten Risiko für EmpfängerInnen von Bluttransfusionen führen wird. Die Blutspende SRK Schweiz AG wird damit die geänderten Spendekriterien für MSM in der Schweiz voraussichtlich ab Mitte 2017 in den regionalen Blutspendediensten einführen können. Der Entscheid von Swissmedic ist aber an Auflagen gebunden: So müssen die Blutspendedienste zusätzliche Daten zu den Auswirkungen der geänderten Spendekriterien erheben und die Risikoentwicklung eng überwachen.

Der Schweizer Dachverband der Schwulen „PINK CROSS“ ist erfreut über diesen Entscheid, fordert er seit Jahren die Einführung der risikobasierten Analyse des Sexualverhaltens, unabhängig der sexuellen Orientierung. Mit dieser Entscheidund kommt die Schweiz dieser gewünschten Situation nun einen wichtigen Schritt näher. „Es bleibt Aufgabe von Swissmedic, die unnötige und diskriminierende zwölf-MonatsHürde für Männer, die Sex mit Männern haben, nun gänzlich abzubauen“, sagt Bastian Baumann, Geschäftsleiter von PINK CROSS. „Da auch weiterhin der kompetenteste Player beim Blutspenden, der Blutspendedienst von SRK Schweiz, eine risikobasierte Ana­lyse des Sexualverhaltens als geeigneten Weg definiert, erachten wir die zwölfMonats-Hürde weiterhin als unnötig und kontra­produktiv“, so Baumann. n  pinkcross.ch

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Gesellschaft

Oliver Egger beim Aufwärmen am Platz

Verein ohne Vorurteile Oliver Egger spielt Fußball im Verein FC Gratkorn und hat sich geoutet. Eine Erfolgsstory

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omophobie im Sport ist leider immer noch keine Seltenheit. Daher ist es besonders schön, wenn sich Menschen trotzdem trauen, zu der eigenen Sexualität zu stehen. Noch schöner ist es dann, wenn die Mannschaft es so positiv aufnimmt, wie es bei Oliver Egger passierte. Der 24-jährige Oliver Egger ist seit seiner Jugend eine Sportkanone und in einer

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Fußball-verrückten Familie aufgewachsen. Seine Leidenschaft für den Ballsport wurde ihm also in die Wiege gelegt, sein Mut, zu sich und seiner L(i)ebensform zu stehen, kam erst etwas später. Mit 22 wurde ihm bewusst, dass er Jungs irgendwie besser findet als Mädchen. Er verheimlichte es aber noch etwas mehr als ein Jahr, bevor er es der Familie und den Vereinskollegen des FC Gratkorn verriet. Wie sein Outing war, erzählt der Grazer Lehramtstudent im Interview.


GESELLSCHAFT

Lieber Oliver, wie hast du dich in deinem Fußball-Verein geoutet? Oliver: Das war auf meiner Geburtstagsparty. Ein Mitspieler und ich haben gemeinsam gefeiert, also waren auch viele Freunde aus dem Verein auf der Party. Ich habe damals meinen damaligen Freund zur Party eingeladen. Als er in die Disko, in der wir feierten, kam, hat er mich geküsst. Ich habe vorher nicht viel darüber nachgedacht, aber ich wollte es definitiv nicht am Sportplatz vor der Mannschaft machen, sondern im privaten Umfeld meiner Feier. Ich war schon sehr gespannt, wie sie wohl reagieren. Ganz schön plakativ! Und wie haben sie reagiert? Oliver: Sie waren überrascht und haben ein bisschen getuschelt, aber alle waren und sind sehr positiv. Ich habe erst danach darüber nachgedacht, was ich gemacht hätte, wenn sie es nicht so gut aufgenommen hätten. Dann hätte ich vermutlich mit dem Sport aufgehört. Aber es ist so, dass der Trainer denjenigen, der mit mir ein Problem hat, aus der Mannschaft schmeißen würde, als dass ich gehen müsste. Das wusste ich natürlich damals nicht. Aber die Last, die von mir gefallen ist, war tausend Mal wichtiger als die Konsequenzen des Geheimhaltens.

FOTOS: ANDY JOE

Wieso hast du dann ein Jahr gewartet, bis du dich geoutet hast?  Der Vize-Kapitän des Vereins Oliver Egger hatte sein Outing im Verein vor rund einem Jahr.

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GESELLSCHAFT

 Oliver: Meinen Freunden habe ich es natürlich schon eher gesagt. Da war es irgendwie einfacher, weil sie vielleicht auch schon die eine oder andere Vermutung hatten, die ich gänzlich ignorierte. Bei meiner Familie war es dann doch schwerer, wobei ich heute sagen muss, dass ich damals ein ganz schöner Feigling war. Mein jüngerer Bruder wusste es schon, und ich saß oft stundenlang in meinem Zimmer und dachte darüber nach, wie ich es meinen Eltern sagen soll. Als es aber auch dort so super über die Bühne lief, war ich motiviert, es auch im Verein zu sagen.

Allerdings denke ich, dass in Sportarten, die als besonders männlich gelten – so wie Rugby, Fußball oder Basketball – schwieriger ist. Aber nicht für das Team, sondern für die Fans. Sie idealisieren die Spieler und lassen ihre Aggressionen an ihnen aus. Medien können wirklich zum Problem werden, so wie beim britischen Profi-Fußballer Justin Fashanu, der mit dem Druck aus der Öffentlichkeit nicht klar kam und sich acht Jahre nach seinem Outing das Leben nahm.

Was glaubst du: Sollte sich jeder im eigenen Verein outen?

Oliver: Besonders beeindruckt hat mich die Geschichte des deutschen Profis Thomas Hitzlsperger. Er redet offen darüber und versucht die Diskussion anzuregen. Auch der Vorsitzende der Football Association Greg Clarke sagte 2016, dass er sich für die Homophobie im Fußball schämt. Das ist super! Mittlerweile gibt es ja sogar queere Fangruppen in Deutschland.

Oliver: Eigentlich denke ich, dass sich keiner outen sollen muss. Es wäre schön, wenn es einfach genauso normal empfunden wird, wie es für uns normal ist.

Hast du dir noch andere Beispiele aus der Promi-Welt angeschaut?

In der Mannschaft muss man einander vertrauen können und gemeinsam kämpfen. Das geht nur, wenn man sich respektiert.

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GESELLSCHAFT

Österreich ist da aber einfach noch nicht soweit. Blöde Witze, Schimpfwörter oder Beleidigungen kenne ich im Team auch – zwar ist das alles nicht wirklich ernst gemeint, aber im Sprachgebrauch verankert. Da schreit schon mal einer „Das war ein schwuler Pass“ und meint es negativ, aber nicht beleidigend gegenüber schwulen Menschen. Aber bei mir kommt es natürlich trotzdem beleidigend an. Wie reagierst du, wenn ein Mitspieler das Wort schwul in einem negativen Kontext verwendet? Oliver: Mit Humor! Ich antworte dann mit „Du spielst schon wieder so hetero“. Erst dann merken meine Mitspieler, dass sie – vermutlich unbewusst – das Wort negativ genutzt haben und werden sensibilisiert. Das ist wichtig, damit sie sich dessen be-

wusst werden und es nicht mehr nutzen. Welchen Rat würdest du Menschen geben, die überlegen, sich in ihrem Sportverein zu outen? Oliver: Man muss sich selbst treu bleiben und wenn es eine große Last ist, es zu verheimlichen, sollte man das Risiko eingehen. Erst wenn sich mehr Menschen outen, wird es für die kommenden Generationen einfacher. In einem heteronormativen Umfeld aufzuwachsen, ist schwer. Je mehr Menschen zu sich stehen, umso normaler wird das Anderssein. n Text: Kathrin Löffel

FOT OS: ANDY JOE

Für das erste Training im neuen Jahr mussten sich die Jungs des FC Gratkorn warm anziehen.

Oliver Egger ist seit 2012 im Verein FC Gratkorn.

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FOTOS: GERHARD NIEDERLEUTHNER

GESELLSCHAFT

Kick it! 2017 Die Stahlstadtkickerinnen und die HOSI Linz laden zum dritten Mal zum Hobbyturnier in der NMS Harbach Urfahr.

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iel Fußball, tolle Musik, gute Laune, eine Riesentribüne und eine feine Bar mit Getränken und Snacks zeichnet das Frauenfußball-Hallenturnier aus. Danach geht´s zur Afterparty FEM in der Linzer Innenstadt. Alle Fußballbegeisterten sind herzlich eingeladen zum Mitspielen, Mitfiebern und Anfeuern! Der Spielbetrieb Kleinfeldturnier: 5+1; maximal 8 Teams. Die Anmeldung Stahlstadt Kickerinnen, Veronika Kaineder:

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kick.it@gmx.at oder 0650 2011 844 Startgeld: 30,00 € KICK IT! 2017 Sa., 18.03.2017/ab 13:00 Frauenfußballturnier in der NMS Harbach, In der Aichwiesen 10, Linz-Urfahr FEM Frauenclubbing Sa., 18.03.2017/20:00 www.facebook.com/femevent Pre-Party Fr., 17.03.2017/21:00 Am Vorabend des Turniers lädt die HOSI Linz zur Pre-Party in der Goethestraße 51 ein! n


GESELLSCHAFT

Frauen-Volleyball im Queerformat Der Volleyballclub BallAS Athene stellt sich vor.

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FOTOS: BALLAS ATHENE

lles begann mit einem Wunsch, nämlich dem Wunsch, zu Gaygames, Eurogames oder ähnlichen Veranstaltungen zu reisen und als Frauen-Volleyballteam teilzunehmen. Dieses Ziel vor Augen gründete eine Handvoll Frauen 2007 den Volleyballclub BallAS Athene in Graz. Der Vereinsname soll an die griechische Göttin der Weisheit Pallas Athene erinnern und steht für Strategie und Kampfeskunst. Wir sind eine Gruppe lesbisch, bi- und heterosexuell lebender Frauen verschiedenen Alters, die sich jeden Mittwochabend zum gemeinsamen Training und Spielen trifft. Wie die Frauen des Vereins folgt auch das Training keinen Normen. Im Freistil oder „Queerformat“ wird gemeinsam aufgewärmt – die wenig Geübten und Einsteigerinnen schauen sich beim Spiel von den Veteraninnen etwas ab, die Erfahreneren teilen gerne ihr Wissen. Dreh- und Angelpunkt bleibt der Frauensport. Hinter uns liegen einige aufregende Hobbyturniere.

Besonders gerne denken wir an die Euro­ games in Rotterdam 2011, bei denen wir, mit einer Silbermedaille um den Hals, zu den Klängen von „Unbreakable“ von Conchita Wurst am Stockerl standen. Aber auch die erste Teilnahme an den Eurogames in Barcelona 2008 ist uns noch in bester Erinnerung, ebenso wie die Gaygames in Köln 2010 oder reine Volleyballturniere in Paris oder Berlin. Nach zehn Jahren sind wir immer noch aktiv. Im Zentrum steht nach wie vor das wöchentliche Training, bei dem wir versuchen, einerseits unser Können zu verbessern und andererseits Spaß an der Bewegung und am Spiel haben. Interessierte Frauen können jederzeit zu einem Schnuppertraining vorbeischauen bzw. bei uns einsteigen. Wir trainieren jeden Mittwoch in der Nähe der KFUniversität Graz. n

INFO Bei Interesse meldet euch bitte bei Gundi: 0650/9813773 VC_BallAS_Athene@gmx.at. Wir freuen uns auf euch!

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„Moonlight“ Bestes Drama bei den Golden Globe 2017 und acht Nominierungen für den Oscar – die schwule Coming OutGeschichte des Schwarzen Chiron hat das Potenzial zum besten Film des Jahres.

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as Spielfilmdebüt von Barry Jenkins, „Moonlight“, basiert auf dem autobiografisch geprägten Theaterstück „In Moonlight Black Boys Look Blue“ des schwulen Schriftstellers Tarell Alvin McCarthy. Der Film zeigt manchmal unaufgeregt, aber immer kraftvoll und emotional eine Coming Out-Geschichte im Armenviertel von Miami. Regisseur Barry Jenkins macht keinen herkömmlichen Film über das mühsame und schmerzvolle Finden der eigenen Identität als Mann, als Schwuler und als Schwarzer. Acht Nominierungen „Moonlight“ hat mit acht Nominierungen genau so viele wie „Brokeback Mountain” bekommen: Barry Jenkins als bester Regisseur, Mahershala Ali als bester Nebendarsteller, Naomie Harris als beste Nebendarstellerin, für die Musik, das beste adaptierte Drehbuch, Filmschnitt, Kamera und bester

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Film. Barry Jenkins darf sich als erster afroamerikanischer Filmemacher über drei Nominierungen im gleichen Jahrgang freuen. Der Regisseur zeigt sich bestätigt: „Ich teile gerade Chirons Geschichte auf einem ande­ ren Kontinent mit Menschen anderen Ur­ sprungs. Was die Nominierungen für mich verkörpern, ist eine Bestätigung dafür, dass Kino die Kraft hat, Grenzen zu überwinden und zu zeigen, was uns alle zu Menschen macht.“ Der Film ist in drei Kapitel strukturiert, benannt nach den jeweiligen Lebens­ abschnitten von Chiron. Die drei Kapitel bauen aufeinander auf und bilden zusammen ein Triptychon. Jedes einzelne Kapitel wird von KritikerInnen vielfach als eigenständiger Kurzfilm beschrieben und unabhängig von den anderen gezeigt werden könnte, doch zusammen sind die drei Teile um vieles größer als die einzelnen Kapitel.

FOTOS: © ALLSTAR/A24

Kultur


KULTUR

Kapitel 01: Little

Kapitel 02: Chiron

Der neunjährige Chiron (gespielt von Alex Hibbert) lebt in den 1980er Jahren in Miami, in einer Gegend, die von Gewalt geprägt ist und in der viele Menschen cracksüchtig sind. An der Schule wird der zurückhaltende Junge gemobbt, wegen der Art, wie er geht, und der Art, wie er spricht. Die Halbstarken nennen ihn auf dem Schulhof Little. Aus Chiron droht ein weiterer Afroamerikaner zu werden, der am System scheitert, aber der Junge ist trotz seiner schmächtigen Statur und seiner wortkargen Natur ein Kämpfer.

Sieben Jahre später ist Chiron (gespielt von Ashton Sanders) zwar um einiges größer, aber noch immer ist er dünn und wirkt ungelenk. Die Drogenprobleme seiner Mutter haben sich verstärkt, und ihm ist klar geworden, dass er die eigentlichen Kämpfe nicht auf der Straße austrägt, sondern in sich selbst.

Es ist Juan, ein kubanischer Einwanderer und Drogenhändler der Gegend, der eine Art Ersatzvater für ihn wird und ihm eine Art Führung und emotionale Unterstützung bietet, die Chiron zuvor nie erlebt hat. Während eines Ausflugs zum Strand gibt Juan dem Jungen einen rudimentären Schwimmunterricht und lässt Chiron dabei das Gefühl erleben, wie es ist, sich treiben zu lassen und sich einmal als Mittelpunkt der Welt zu fühlen. Es gibt aber auch noch Kevin (André Holland), der einzige Junge an seiner Schule, der Chiron dazu ermutigt, sich von den Mitschülern, die ihn dort tyrannisieren, nicht unterkriegen zu lassen. Er zeigt Chiron, wie man sich gegen andere Jungs zur Wehr setzt.

Die Highschool wird auch von Kevin besucht, der dort nunmehr vor den Jungs in seiner Clique prahlt und Umgang mit einigen Mädchen hat. Dennoch hat er Chiron immer im Auge, und auch wenn es so wirkt, als sei aus Kevin ein echter Draufgänger geworden, ist es sein alter Freund aus Kindertagen, mit dem er eine zarte Romanze beginnt. Als die beiden nachts gemeinsam am South Beach von Miami sitzen, wo sich sonst Schwule treffen, rauchen sie einen Joint. Dort erlebt Chiron mit Kevin seine erste körperliche Erfahrung. Die Intimität, die er mit Kevin in dieser Nacht am Strand erlebt, bleibt Chiron unvergesslich, und noch lange soll er über die komplizierte Liebesbeziehung zu seinem besten Freund nachdenken. 

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FOTOS: © ALLSTAR/A24 (2), FANDANGO (1)

KULTUR

 Kapitel 03: Black

Bestes Drama

Rund zehn Jahre später lebt Chiron (ge­spielt von Trevante Rhodes) in Atlanta, hier hat er seine Zeit in einer Jugendstrafanstalt abgesessen. Er sieht nun aus wie ein typischer Schlägertyp, trägt goldene Ketten, besitzt die gleichen Diamantohrringe und den gleichen muskulösen Körper wie Juan früher und hat sich den Namen Black gegeben. So hatte ihn auch Kevin früher immer genannt. Seine mühsam antrainierten Muskeln trägt er wie einen Panzer vor sich her, unter dem er nicht nur seine Homosexualität, sondern überhaupt sämtliche Gefühle versteckt.

Beim Golden Globe gewinnt „Moonlight” als bestes Drama – das ist ein gutes Vorzeichen für mehr Auszeichnungen beim Oscar. Am 26. Februar 2017 wird das im Dolby Theatre in Los Angeles hoffentlich sichtbar werden. In Europa ist „Moonlight“ ab März in den Kinos. n

Eines Tages erhält er einen unerwarteten Anruf von dem ebenfalls mittlerweile Erwachsenen Kevin. Die beiden haben sich seit ihrer High School nicht gesehen. Black kehrt zurück nach Miami und besucht dort auch seine Mutter, die in einer Entziehungsklinik untergebracht ist. Sie bittet ihn um Vergebung, doch das kann Chiron nicht. Kevin, der mittlerweile eine kleine Tochter hat aber frisch geschieden ist, ist von Chirons neuem Erscheinungsbild überrascht. Er kocht für ihn und sie fahren gemeinsam durch die nächtliche Stadt und in die Wohnung Kevins, die direkt am Strand liegt…

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Text: Gerhard Niederleuthner

Filmcrew

WEBTIPPS  moonlight.movie  facebook.com/MoonlightMov


KULTUR

Queer Faith? George Michael prägte eine ganze Generation und war gleichzeitig ein schwieriges Vorbild für Schwule.

G

eorge Michael ist am 26. Dezember 2016 „friedlich zu Hause gestorben“, meldete der britische Sender BBC. Er wurde 53 Jahre alt. Als Grund wurde Herzversagen als Todes­ ursache angegeben. Alles fing bei ihm in den 1980ern als eine Hälfte des Duos „Wham!” an. Zahlreiche Hits wie „Wake Me Up Before You Go Go“ oder der Weihnachtsklassiker „Last Christmas“ prägten und prägen nicht nur die queere Diskowelt der 80er Jahre. Nach dem Aus von „Wham!“ verschwand sein musikalischer Partner Andrew Ridgeley aus der Öffentlichkeit und Michaels sorgte mehr mit Sex- und Drogenproblemen für Schlagzeilen. Mit seinem Soloalbum „Faith“ 1987 erreichte er Nummer-1-Hits und Grammys. Seine zweite Platte „Listen Without Prejudice“ hatte keinen wirklichen kommerziellen Erfolg. Die sanfte Ballade „Jesus To A Child“ wurde von vielen Insidern als Tribut für seinen Freund Anselmo Feleppa gesehen; dieser war zuvor an den Folden seiner AIDS-Erkrankung verstorben.

FOTOS: PRIDE-ARCHIV

Geboren als Georgios Kyriakos Panayiotou am 25. Juni 1963 in London, kämpfte George, dessen Vater zypriotischer Abstammung war, bis zum Tod seiner Eltern mit seiner Homosexualität und konnte diese nie gegenüber seinen Eltern zeigen. Erst mit dem unsanften Outing 1998, als er von einem Polizisten in einer öffentlichen Toilette in Los Angeles beim Cruisen festgenommen wurde, wurde endlich sichtbar, was vielen schon klar war: George Michael ist schwul. Selbstbewusst thematisierte er

daraufhin seine Homosexualität in Musikvideos. Mit der Best-Of-CD „Ladies & Gentlemen“ oder mit seiner autobiografischen Dokumentation „A Different Story“ (2005) erfolgte die zweite kommerzielle Erfolgsreihe. „Ich war nicht davon überzeugt, dass ich schwul bin, bis ich mich zum ersten Mal in einen Mann verliebt habe. Von da an war es klar. Es geht nicht darum, ob du mit einem Mann oder einer Frau ins Bett gehst, sondern in wen du dich verliebst“, sagte George Michael in einem Interview mit dem Spiegel 2004. George Michael war ein feinfühliger Musiker, der stets darunter gelitten hat, dass seine zum Teil musikalisch komplex aufgebauten Songs nicht wirklich honoriert wurden. Er war ein Mann, der nicht selbst aus den familiären Zwängen herausgefunden hat. Er entwickelte sich aber, auch nach vielen persönlichen Rückschlägen, zu einem selbstbewusste Mann. Er war ein öffentlicher Schwuler, der auch viele Vorurteile am eigenen Leben spüren musste, der aber auch stilprägend war. Viele schwule Disko-Coming-Out-Nächte wären ohne seine Hits undenkbar. n Text: Gerhard Niederleuthner

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Splitter

KULTUR

Jakob M. Erwa hat für seinen schwulen Coming-Out Spielfilm „Die Mitte der Welt“ den Bayerischen Filmpreis als bester Nachwuchsregisseur bekommen. (Siehe dazu PRIDE Nr. 155/Dezember 2016, S. 44/45)   facebook.com/jakob.m.erwa

Nominiert „Kater – der Film“ wurde in fünf Kategorien für den 7. Österreichischischen Filmpreis nominiert (Bester Spielfilm, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Beste Kamera, Bester Schnitt). Gewonnen hat schlussend­ lich das Kriegsreporterdrama „Thank You For Bombing” in den beiden Hauptkate­ gorien Bester Spielfilm und Beste Regie und zwei weiteren Kategorien. (Siehe dazu PRIDE Titelgeschichte Nr. 154/Oktober 2016)   facebook.com/kater.film/

Mark FRIDO „Der 43. Geburtstag“ Eine bewegende Biografie in klarer, einfacher Sprache und mit der richtigen Mischung aus Abstand und Nähe, die aus tief persönlicher Betroffenheit entsteht. (R.G. Fischer Verlag). Auffallend spielt der „Freitag, der 13.“ darin eine denkwürdige Rolle.

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FOTOS: © REINER RIEDLER // © 2015 TOM TRAMBOW/ UNIVERSUM FILM, ©SIMONMOESTL/ONLOPH

Bayerischer Filmpreis


Kontakte PRIDE bietet gratis eine Möglichkeit, Leute kennen zu lernen. Er sucht ihn Herr aus der Stmk., über 60 J., schlank, groß, sucht netten, schlanken, unbehaarten Freund von 21 bis 35 J., der gerne passiv ist. Du kannst auch aus Kärnten oder S-Burgenland sein. Dauerfreundschaft. Keine finanziellen Interessen. Nur Adresse/Tel. Nr. - vorerst SMS-Kontakt. Chiffre: 1091

Sie sucht sie Hallo. Ich bin 33, komme aus Gmunden und suche nette Kontakte. Am liebsten eine liebe Sie fürs Herz, aber auch gern zum Aufbau einer Freundschaft. Freu mich über jede Zuschrift. Lg Chiffre: 3921

ANTWORT Die Anonymität der InserentInnen der kostenlosen Kleinanzeigen wird auf Wunsch gewahrt; für Herkunft, Inhalt, Qualität und Wahrheitsgehalt der in den Anzeigen angebotenen, nicht kommerziellen Waren, Dienstleistungen oder Mitteilungen bzw. für die direkten und indirekten Folgen ist die Redaktion nicht verantwortlich. Inserate, die ausschließlich oder überwiegend kommerzielle Zwecke verfolgen, können wir nicht kostenlos abdrucken. Auf Anfrage übersenden wir aber gerne unsere aktuelle Anzeigenpreisliste. 0900-Nummern sind kostenpflichtig. Bei gewünschter Veröffentlichung der Telefonnummer muss der Redaktion eine Kopie der letzten Telefonrechnung vorliegen, bei Veröffentlichung der Adresse ist eine Kopie des Personalausweises/Reisepasses notwendig (per FAX: 0732/70 04 74-4 oder per Post: PRIDE, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz, Kennwort: „Kontakte“). Die Redaktion behält sich vor, die Veröffentlichung von Anzeigen ohne Angabe von Gründen abzulehnen sowie Kontakt­

Gibt es im Raum Murtal, kann aber auch ausserhalb sein, eine nette, aufgeschlossene Frau, die mich, 52 jährige Frau kennenlernen möchte!? Wenn ja würde ich mich sehr über eine Nachricht von dir freun. LG Chiffre: 1586

Hinweis: Die Redaktion behält sich vor, die Veröffentlichung von Anzeigen (z.B. mit unsafem oder rassistischem Inhalt) ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Die Texte der Anzeigen werden in der Form veröffentlicht, wie sie an die Redaktion geschickt werden. Es werden keine inhaltlichen oder grammatikalischen Änderungen vorgenommen.

anzeigen zu kürzen oder bei Platz­m angel in der folgenden Ausgabe zu veröffentlichen. Pro Person und Ausgabe wird nur eine Kontaktanzeige geschaltet. So antwortest Du auf ChiffreKleinanzeigen: 1. Antwortbrief in ein Kuvert stecken, zukleben und entsprechend frankieren. (Unterschiedliche Gebühren bei In- und Ausland!). Die Chiffre-Nummer mit Bleistift auf das Kuvert schreiben. 2. Das Kuvert steckst du nun in ein 2. Kuvert, klebst es ebenfalls zu, frankierst es und adressierst es an die Redaktion: PRIDE, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz Und nicht vergessen: Chiffre-Nummer unbedingt draufschreiben und Brief ausreichend frankieren! Nicht ausreichend frankierte Antwortbriefe können nicht weitergeleitet werden! Bei Zusendungen im Ausland höhere Portogebühren beachten!

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OÖ Termine Februar Fr., 24.02.2017/22:00 Schmusn-Party Es wird wieder geschmust! QUEER Party @ Solaris Mit J'aime Julien (MALEFIZ, SISTERS) und Jean et Pierre; Artwork by Miri & Stefan; Eintritt frei! Ort: Solaris, OK Platz 1, 4020 Linz

HOSI TREFF Der gemütliche Treff in der HOSI Linz für alle Interessierte; alle zwei Wochen; jeweils 19:00 Die nächsten Termine: Fr., 17.02., Fr., 03.03., Fr., 17.03., Fr., 31.03., Fr., 14.04.2017

März Sa., 04.03.2017/21:00 Karaoke Special Singstar Karaoke Party mit einfachem Auswählen der Songs – ohne Wartezeiten zwischen den Titeln. Gesungen kann über das Mikrofon oder mit der Handy App werden ( iOS / Android SingStar Mic.) Ort: HOSI Linz Fr., 17.03.2017/21:00 Pre-Party KICK IT! Am Vorabend des Frauenfußballturniers lädt die HOSI Linz zur Pre-Party in der Goethestraße 51 ein! Sa., 18.03.2017/ab 13:00 KICK IT! 2017 Frauenfußballturnier in der

NMS Harbach, In der Aich­ wiesen 10, Linz-Urfahr (Siehe dazu Bericht auf Seite 34) Sa., 18.03.2017/20:00 FEM Frauenclubbing www.facebook.com/femevent

Jubiläumsparty Blueheaven Sa., 18.03.2017 20 Jahre Blue Heaven GoGo Boys, Show, Artistik, Gewinnrätsel und Angebote (Siehe dazu Bericht auf Seite 18) Do., 23.03.2017 | 19:00 Podiumsdiskussion: Homosexualität und Flucht Altes Rathaus, Hauptplatz 1, 4020 Linz Diskussion mit Bundesrätin Ewa Dziedzic, Betroffenen und ExpertInnen; Veranstalterin: Grüne Andersrum OÖ

HOSI LINZ HOSI Linz – Die Lesben- & Schwulenbewegung in OÖ Goethestraße 51, 4020 Linz Jeden Fr. und Sa. ab 21:00

HOSI-Treff Der gemütliche Treff ab 19:00, jeden 2. Fr. HOSI Linz

W hosilinz.at T 0732/60 98 98 E ooe@hosilinz.at facebook.com/hosilinz

Lesbentreff „Lesbresso – what schall‘s“ am 1. Fr. / Eine Kooperation von aFZ Linz & HOSI Linz W hosilinz.at/frauen

Beratung Telefonisch & per Mail: Mo, Do 20:00 – 22:00 T 0732/60 98 98-4 E beratung@hosilinz.at W hosilinz.at/beratung (Persönlich: nach Vereinbarung)

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Regenbogenstammtisch Jeden Do. 19:00 im Restaurant Zur Brücke, Vorstadt 18, 4840 Vöcklabruck W hosilinz.at/voecklabruck

YOUnited Treffen jeden 1. und 3. Fr. im Monat für bis 25-Jährige W hosilinz.at/younited Queer Refugees welcome Informationen und Hilfe in fünf Sprachen: W hosilinz.at/category/refugees Spendenkonto (VKB Bank) Kto.-Nr. 10711174 / BLZ: 18600 IBAN: AT761860000010711174 BIC: VKBLAT2L lautend auf HOSI Linz find us on facebook:

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Stmk Termine Februar So., 12.02.2017/17:00 Transgender Selbsthilfegruppe Graz feel free Mo., 13.02.2017/19:30 HuG – Plan- und Plauschabend Evangelische Heilandskirche

April Sa., 01.04.2017/23:00 FAGtory Postgarage

Di., 17.02.2017/19:00 Donna Lila Frauenabend Sterz im Mohrenwirt Fr., 25.02.2017/20:00 Präsentation Tuntenballsekt Merano Mo., 27.02.2017/19:30 HuG – Offener Abend feel free

März Fr., 03.03.2017/19:00 ausufern – Werwolfabend feel free

Fr., 07.04.2017/19:00 ausufern – Singstar feel free Sa., 11.03.2017/19:00 Tuntenball Grazer Congress Di., 14.03.2017/18:00 Elternstammtisch La Meskla Fr., 17.03.2017/19:00 ausufern – Vortrag „Rechtsextremismus in Österreich“ feel free

So., 09.04.2017/17:00 Transgender Selbsthilfegruppe Graz feel free Fr., 21.04.2017/19:00 ausufern – Filmabend feel free Di., 11.04.2017/18:00 Elternstammtisch La Meskla

ROSALIL A PANTHERINNEN RosaLila PantherInnen „feel free“ Annenstr. 26, 8020 Graz Kontakt T 0316/366601 E info@homo.at W www.homo.at

RLP-Teambesprechung Jeden 2. u.4. Donnerstag im Monat um 18:00 im feel free – JedeR ist willkommen mitzuarbeiten! Donna Lila Frauenabend Jeden 3. Dienstag im Monat um 19:00 im Sterz im Mohrenwirt

Öffnungszeiten Montag 10:00 - 18:00 Mittwoch 13:00 - 17:00 Donnerstag 13:00 - 17:00

ElternStammtisch Jeden 2. Dienstag im Monat um 18:00 im LaMeskla

Beratung (nach Vereinbarung) T 0316/366601 E beratung@homo.at

Kultur- und Freizeitgruppe Programm und Details im RLP-Kalender sowie unter: facebook.com/RLP.Kultur

Homosexualität & Glaube (HuG) Jeden 2. Montag im Monat um 19:30 im EHG-Raum, MartinLuther-Haus 1. OG, KaiserJosef-Plz. 9 u. jeden 4. Montag im feel free Transgender-Selbsthilfegruppe Jeden 2. Sonntag im Monat um 17:00 im feel free

Alle Veranstaltungen findest du auch auf homo.at/kalender Am Handy abonnierbar!

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Gesundheit

„ChemSex” Hemmungslos, geil und die Folgen?

Vermehrt findet man in dafür vorgesehenen Internetportalen und Dating-Plattformen Userprofile, die verharmlosend von „Chems“, „chemsfriendly“ und dergleichen sprechen. Sexpartys scheint es in der ursprünglichen Form gar nicht mehr zu geben – viel zu dominant und selbstverständlich scheint der Gebrauch von Designerdrogen innerhalb der Schwulenszene geworden zu sein. Was ist CHEMSEX? Damit ist schlicht Sex unter Drogenkonsum gemeint, meist im Rahmen eigens dafür arrangierter Sexpartys (etwa via Social Media)

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– häufig in der öffentlichen Gay-Szene (Saunen, Darkrooms, ...), jedoch auch zu­sehends im rein privaten Rahmen. Konsumiert werden dabei überwiegend Stimulantien wie das Amphetamin Mephedron oder das „berüchtigte“ Crystal Meth: Beide Stoffe euphorisieren sehr stark und steigern die Herzfrequenz, den Blutdruck und die sexuelle Erregbarkeit. Crystal Meth wird geschnupft, geraucht, geschluckt oder gespritzt. Das Zerstörungspotenzial dieser Droge ist bedenklich – mit dramatischen Folgen für Psyche und Körper und einem extrem hohen Abhängigkeitspotenzial. Eine der beliebten „ChemSex“-Substanzen ist GHB (Gammahydroxybuttersäure), das in der Szene auch als „Liquid Ecstasy“ bekannt ist und angstlösend und euphorisierend wirkt. Niedrig dosiert wirkt es enthemmend und leicht betäubend. In höheren Dosierungen kommt eine sexuell stimulierende Wirkung hinzu. Die ebenfalls gängige Bezeichnung „Liquid Ecstasy“ führt eher in die Irre, weil es deutlich anders als Ecstasy wirkt. Zudem kann es zu enormen Gefahren für die Gesundheit kommen, vor allem bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol oder

FOTOS: © PRO-FUN MEDIA

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in neuer Begriff geistert stetig durch das Netz, aber vor allem durch die Schwulenszene: „ChemSex“, der Gebrauch von Drogen in Verbindung mit sexuellen Aktivitäten. Dieser sei, so heißt es näher, in Großbritannien, aber auch auf dem europäischen Festland zunehmend in der schwulen Community verbreitet, und eines ist gewiss: Er ist mitverantwortlich für zahlreiche HIV- aber auch Hepatitis-C-Infektionen (ganz zu schweigen von anderen sexuell übertragbaren Krankheiten).


GESUNDHEIT

anderen Substanzen. Bei Überdosierung kann es zu komatösen Zuständen, Atem­ stillstand und zum Tod führen. „Ecstasy“ (auch MDMA) führt ebenfalls zu einem starken Wunsch nach Nähe, Hemmungen werden dabei systematisch abgebaut, Körperwahrnehmungen hingegen intensiviert. Zusätzlich werden wichtige Körpersignale unterdrückt – wie etwa Müdigkeit oder Durst. Sexuell stimulierend wirken sogenannte Poppers, die ebenfalls zu den „Sexdrogen“ zu zählen sind. Sie werden geschnüffelt, die Wirkung setzt binnen Sekunden ein und hält circa zwei bis drei Minuten an. Auch hier ist eine Luststeigerung zu verzeichnen, die aber im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Drogen nur von geringer zeitlicher Wirkung ist. Nach dem Konsum folgt oft eine starke Blutdrucksenkung und der Sauerstoffmangel im Gehirn kann zu Kopfschmerzen führen. Auch zur Schmerzreduktion werden Drogen eingesetzt, bspw. Ketamin in Verwendung als Betäubungsmittel. „Slamming“ Eine weitere spezielle Subform des Drogenkonsums stellt das „slamming“ (übersetzt: drücken) dar, der intravenöse Konsum von Crystal Meth, aber auch anderer Drogen. Bemerkenswert ist hier die geringere Dosis, die der Organismus benötigt, um in den Rausch der Sexekstase zu geraten. Der zeitliche Aspekt spielt beim „slamming“ mitunter ebenfalls eine gewichtige Rolle, da die Wirkung beinahe zeitgleich mit dem intravenösen Konsum vonstattengeht und die Droge sofort wirkt. Mehrere in europäischen Großstädten durchgeführte Studien zeigen wie „ChemSex-Praktizierende” ihre Erlebnisse empfinden und deren sexuellen Horizont zumin-

dest für gewisse temporäre Perioden erweitert sehen. Viele Nutzer von „Chems“ berichten von „besserem Sex” unter Drogeneinfluss, Hemmungen würden zusehends fallen, die Lust sei größer, Selbstzweifel, Ver­ sagensängste und das Gefühl der Einsamkeit würden gar zur Gänze verschwinden. Im aktuellen Sexparty-Setting ist „ChemSex“ schon längst ein Bestandteil „schwuler Normalität“ geworden. Beruft man sich auf die Deutsche AIDS-Hilfe, so konsumierte in einem Beobachtungszeitraum von vier Wochen ein relativ hoher Anteil von Sexpartybesuchern sogenannte „ChemSex-Drogen“ (Amsterdam 60%, London 40%, Berlin 25% und Wien 20%). Nur ein wenig Spaß … oder? „Chems“-User sind auf den ersten Blick sicher nicht die typischen Drogen­kon­sumenten. Sehr oft sehen sie sich selber auch nicht als drogen­ abhängig – es geht ja offenbar nur um ein wenig Spaß an der Sache und um nicht viel mehr. 

FILMTIPP „Chemsex“ Dokumentarfilm von William Fairman, Max Gogarty, Großbritannien 2015; Verleih: PRO-FUN MEDIA Dieser beeindruckende Film erzählt die Geschichten von Männern, deren Leben von dieser Abhängigkeit betroffen sind; von bekennenden „Slammern” bis zu Betreuern in Beratungsstellen, von denen, die abstreiten, dass es ein Problem gibt, bis hin zu denen, die es gerade noch lebend aus dieser Hölle geschafft haben.  www.pro-fun.de

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GESUNDHEIT

Abgesehen vom Anstieg sexuell übertragbarer Krankheiten kann es durch den zunehmenden Drogengebrauch vermehrt zu psychischen Erkrankungen kommen. Depressionen, Psychosen aber auch plötzlich einsetzende Panikattacken sind oft als Folgeerscheinungen zu diagnostizieren. Des Weiteren sollte die Möglichkeit von Verletzungen bei sexuellen Handlungen, die durch „Chems“ entstehen, nicht außer Acht gelassen werden. Sexunfälle und Überbeanspruchung, die durch eine ausgetrocknete Darmschleimhaut ohne Verwendung von ausreichend Gleitgel entstehen können, stehen dabei an der Tagesordnung. Herausforderungen für die Prävention Ist „ChemSex“ vielleicht einfach nur ein reines Zeitgeistphänomen einer verzweifelt nach Ekstase hungernden Gesellschaft? Möglich wäre es, denn überall gilt heute der Anspruch: öfter,

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schneller, länger und besser. Da mag die Suche nach extremerem Sex einen weiteren Mosaikstein zu einem anderen, ja neuen Verständnis der eigenen Sexualität bilden. Auf der anderen Seite wurden seit jeher Drogen konsumiert – und das bestimmt auch in Kombination mit Sex. Eines ist klar: Nur die negativen Seiten aufzuzeigen, ist kontraproduktiv. Vielmehr ist eine eingehende Beschäftigung mit Motiven, physischen und psychischen Wirkungen der Drogen sowie Schutzmöglichkeiten nötig, um jedem einzelnen die Risiken und Folgen, die ein exzessiver, manchmal aber auch nur einmaliger Kontakt mit der ChemSex-Szene mit sich bringen kann. Als ein wirksames Mittel, um zumindest die HIV-Übertragungsrate beim praktizierten „ChemSex“ zu senken, wäre sicher an die PrEP (HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe) zu denken. In Frankreich wird seit kurzem die PrEP als probates Mittel kostenfrei für den Anwender erprobt. Bleibt abzuwarten, wie hoch die Erfolgsquote am Ende ist und wie viele Infektionen damit abgewehrt werden können. n Text: Markus Tritremmel MSM Prävention und Beratung der Steirischen AIDS-Hilfe

FOTOS: © PRO-FUN MEDIA (3), PRIVAT (1)

 Ein Risikobewusstsein ist daher oft nicht vorhanden und auch nur sehr schwer zu vermitteln, weil im Drogenrausch unbestritten eher auf Safer Sex verzichtet wird und sehr schnell die Illusion einer Vertrautheit entstehen kann, was wiederum zu einer Vielzahl an Sexualkontakten führt.


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