160/Oktober 2017
Das lesbisch/schwule Österreichmagazin
Vote queer? LGBTIQ-Themen im Wahlkampf
S. 06-17 Ein Gemeinschaftsprojekt von
Preis 2,50 € | SP 02Z031968 S | Österreichische Post AG
PRIDE
. R E E U Q VO T E . E K I R L U VO T E 7 1 0 2 R E b   1 5 . O K TO
Editorial
PRIDE
Gehen wir wählen!
S
o viele Parteien wie nie zuvor, kandidieren heuer für den Nationalrat. Manche sind auch nur Bewegungen oder geben vor, eine solche zu sein. Manche haben schnell noch das politische Personal ausgewechselt oder die Farbe. Der Wahlkampf ist schmutzig und untergriffig und die politischen BeobachterInnen schütteln den Kopf. So oder so: Am 15. Oktober wird gewählt und am 16. Oktober schaut diese Republik völlig anders aus. Ob es sich zum Besseren wendet ist nicht gewiss. Was die Lesben und Schwulen von diesen Wahlen zu halten haben und was sie von den KandidatInnen erhoffen dürfen, das hat PRIDE recherchiert. Das Ergebnis dieser Recherche inklusive einem Interview mit NochBundeskanzler Christian Kern gibt es auf den Seiten 6 bis 17. Und jedenfalls: Nehmen wir von unserem Recht Ge-
brauch und unsere Verantwortung für unser Land und seine Gesellschaft wahr! Gehen wir wählen! Aber genug von der Innenpolitik, denn PRIDE hat seinen Blick auch auf andere Themen gerichtet. Von Donald Trumps Transphobie (S. 37) bis zur Leider-nicht-Ehe-Öffnung in Nord irland (S. 38) reicht der Horizont in dieser Ausgabe. Auch die Kirche ist wieder einmal ebenso Thema unserer Berichterstattung (S. 39-41), wie das Wissen über den eigenen HIV-Status (S. 46). Und wir berichten auch über den Video-Blogger Michael Buchinger (S. 42), das neue Filmprojekt von Gregor Schmidinger (S. 45) und einen ent zückenden Animationskurzfilm (S. 44). Damit wünsche ich allen LeserInnen eine anregende Lektüre. Gerhard Niederleuthner
Impressum Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin: „Verein zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und TransGender-Personen”, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz (Vorstand: Vorsitzender: Joe Niedermayer, Vorsitzender-Stellvertreterin: Isolde Messerklinger, Schriftführer: Hans-Peter Weingand, Finanzreferent: Gernot Wartner) ZVR: 993540699 Zulassungsnummer: GZ 02Z031968 S, „Sponsoring Post“ EigentümerInnen: HomosexuelleInitiative Linz, Goethe straße 51, 4020 Linz (Vorstand: Vereinssprecher: Stefan Thuma, Finanzreferent: Björn Zahn, Organisationsreferentin: Lisa Linner, Jugend- & Communityreferent: Klaus Maschik); RosaLila PantherInnen (Vorstand: Vorsitzender: Johannes Niedermayer, stellv. Vorsitzende: Michaela Feiner, Kassier: Chris Skutelnik, stellv. Kassier: Alexander Groß, Schriftführer: Raphael Rainer, stellv. Schriftführer: Eberhard Feiner-Wuthe, Beiräte: Peter Beck, Michael Hammer, Andreas Strick, Mag. a Monika Gratzer) und Stop Aids – Verein zur Förderung von sicherem Sex (Vorstand: Vorsitzender: Chris Skutelnik, stellv. Vorsitzender: Peter Beck, Kassier: Johannes Niedermayer, Schriftführerin: Martina Weixler), beide: Annenstr. 26,
8020 Graz Grundlegende Richtung: basierend auf den in den Vereinsstatuten des „Vereins zur Förderung der Information über Schwule, Lesben und Trans-GenderPersonen” niedergeschriebenen Grundsätzen. Im Sinne der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 1998 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union will PRIDE mitwirken, dass die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben anerkannt wird, insbesondere durch eine rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, und will mitwirken, jedwede Diskriminierung abzuschaffen, unter der Schwule und Lesben vor allem im Bereich des Steuerrechts, des Vermögenrechts, der sozialen Rechte etc. immer noch zu leiden haben, und mit Hilfe von Information und Aufklärung dazu beitragen, gegen Vorurteile anzukämpfen, die in der Gesellschaft gegen Homosexuelle bestehen. Die Beiträge geben die Meinung der Verfasserin bzw. des Verfassers wider. Für unverlangt eingesandte Beiträge und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Ein Recht auf Abdruck besteht nicht. LeserInnenzuschriften sind uns willkommen; bei allen Beiträgen behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. Der anonyme Abdruck von Beiträgen
ist möglich; Name und Anschrift des/der VerfasserIn müssen der Redaktion bekannt sein. Private Kontaktanzeigen sind gratis. Redaktionsleitung OÖ: Gerhard Niederleuthner Redaktionsleitung Stmk.: Hans-Peter Weingand Redaktionsanschrift: PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; Auflage: 2500 Stk. Redaktion: Web: pride.at, Mail: redaktion@pride.at, PRIDE, Gerstnerstr. 13, 4040 Linz; PRIDE Nr. 160/Oktober 2017 Cover: Grafik: Gerhard Niederleuthner; Foto: istockphoto.com, PRIDE-Archiv Layout: Isolde Messerklinger, Gerhard Niederleuthner Redaktion: Rainer Bartel, Isolde Messerklinger, Gerhard Niederleuthner, Heinz Schubert, Gernot Wartner, HansPeter Weingand MitarbeiterInn en: (Redaktion Stmk) Michaela Feiner, Connie Hilber, Andy Joe, Joe Niederm ayer, Gabi Schiffer, Roman Schneeberger, Christoph Skutelnik, Hans-Peter Weingand; (Redaktion OÖ) Rainer Bartel, Isolde Messerklinger, Gerhard Niederleuthner, Gernot Wartner Redaktionsschluss: PRIDE Nr. 161/2017: Sa., 14.10.2017 Spendenkonto: UniCredit Bank Austria AG; BIC: BKAUATWW; IBAN: AT69 1100 0049 2560 3500
PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
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PRIDE
Inhalt 06-17
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PRIDE Nr. 160/Oktober 2017
„Schwuler” Unterricht
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Editorial & Impressum
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Let’s Play Tuntenball 2018!
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Vor 2o Jahren
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Stoperstein 32
Thema: Wahl 2017
Ausland
Wahlkampf 06
Eigene Interessen
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Die Richterin
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Trans* im Militär
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Die Spitzenkandidatin
08
Keine Ehe-Öffnung
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Die Gegner: FPÖ und ÖVP
09
Splitter 37
Der Bundeskanzler
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Kern: „Ihr steht in der Mitte der Gesellschaft”
12
Wir haben die Wahl
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Gedanken zum Wählen
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Modernes Familien(ge)recht 18 Splitter 20
Pink Danube
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Beachparty & Grillen im Sax 25
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Reaktionär 40 Sexvideo 41
Liebenswerter Grantler
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Splitter: „In a Heartbeat”
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Splitter: „Casting für Nevrland” 45 Oberösterreich
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Missbrauch 39
Kultur
Österreich
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Gesellschaft
Gaytic Beachparty
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Gesundheit Kennst Du Deinen HIV-Status? 46 Termine & Kontakte
NGO-Vernetzungstreffen 27
Oberösterreich / HOSI Linz
Steiermark
Stmk / RosaLila PantherInnen 49
Die „queerste” Baustelle im Land
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Kontakte 50
PRIDE
Darüber berichtete PRIDE vor 20 Jahren... PRIDE Nr. 40/Oktober 1997
rosalila buschtrommel 5/1997
Text Gernot Wartner, HansPeter Weingand
Die Ausgabe stand ebenfalls ganz im Zeichen von Wahlen, denn Oberösterreich wählte am 5. Oktober den Landtag und die Gemeinderäte neu. PRIDE richtete daher zehn Fragen an die SpitzenkandidatInnen, um deren Positionen zur Gleichstellung von Lesben und Schwulen zu erfahren. Fast alle SpitzenkandidatInnen übermittelten mehr oder weniger informative und ausführliche Antworten, alleine ÖVP-Spitzenkandidat Landeshauptmann Josef Pühringer und der Linzer SPÖ-Spitzenkandidat Bürgermeister Franz Dobusch verweigerten eine Antwort. Eine der zehn Fragen zielte auch auf die Haltung der PolitikerInnen zur Forderung nach einer Eingetragenen Partnerschaft ab, denn im Zuge des eher lauen Wahlkampfes 1997 kam es auch zu zwei symbolischen Hochzeiten. Einmal zog ein lesbisches Brautpaar mit großem Gefolge im Rahmen des Festivals der Regionen durch die Linzer Innenstadt, zum anderen wurde bei der Aktion „Denk-Mal-Garten“ im Linzer Schlosspark ein schwules Paar symbolisch getraut. Die Hochzeitstorte wurde dabei von Innenminister Caspar Einem und dem Linzer Bürgermeister Franz Dobusch angeschnitten. Ein Bericht war PRIDE auch das erste, von der Jugendgruppe der HOSI Linz veranstaltete, LesBiGay-TransGender-Jugendtreffen in Grünau wert. Das fünfjährige Bestehen des beliebten Szene lokals Coffee-Corner war Anlass für ein Interview mit Xandi, Betreiberin des Lokals und „Szenemutti“.
Die RosaLila PantherInnen feierten am 27.09.1997 das erste Jahr des Lesben- und Schwulenzentrums „feel free“ in der Rapoldgasse. Näher vorgestellt wurden die Arbeit am Beratungstelefon, die Gruppe „Silberfüchse“ für ältere schwule Männer und das Frauencafé. In der ÖH der Uni Graz gab es Lesbenberatung noch über das Frauenreferat und Schwulenberatung über das Alternativreferat. An der Uni existierte seit 1993/94 eine Unigruppe und seit 1995 wurden auch Tutorien für Lesben und Schwule angeboten.
Fotos PRIDE-Archiv
Kulturell war die deutsche Fernsehserie „Lindenstraße“ das Top-Thema, in der mit Carsten Flöter ein offen Schwuler vertreten war. 1990 sorgte der erste Mann-Mann-Kuss noch für Furore, sieben Jahre später schenkte Carsten seinem Boyfriend Theo einen Ring, und am 27. Juli 1997 gaben sich die beiden mit Segen eines Pfarrers das Ja-Wort. Solche Dinge sorgten damals für öffentliche Auseinandersetzung. Im Artikel „gay online“ war zu erfahren, dass die meisten Vereine schon im Internet erreichbar waren – allerdings noch mit komplizierten URLs. Es gab aber auch bereits Sammelseiten wiegay.at, von denen auf Organisationen in einzelnen Orten verlinkt wurde. Auch die ersten Möglichkeiten von Online-Kontaktanzeigen oder Chats gab es bereits, allerdings alles recht selbstgestrickt. Der Chat mit ca. 45.000 angemeldeten (meist heterosexuellen) Usern war z. B. eine Entwicklung des Instituts für Anglistik der Uni Innsbruck. PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
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Thema: Ehe Wahl für2017 alle
Wahlkampf Selten zuvor hatten Forderungen der GLBTI-Community so einen großen Stellenwert. Text Hans-Peter Weingand Fotos Council of Europe – Parliamentary Assembly; PRIDE Archiv; SoHo Foto oben: Lesbisch/ schwule Sichtbarkeit: Ulrike Lunacek (Die Grünen) und Mario Lindner (SPÖ)
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an merkt irgendwie, dass es in Österreich um eine Richtungsentscheidung geht. Parteien, denen die Gleichberechtigung queerer Menschen ein Anliegen ist, zeigen das deutlich und engagiert. Umgekehrt machen Vertreter rechter Parteien mit eben der Ablehnung solcher Forderungen offensiv Wahlkampf. Beim Einholen von Statements hat deshalb PRIDE auf ÖVP und FPÖ bewusst verzichtet. Warum diesen beiden Parteien Platz für ihre Propaganda einräumen? Sie sind es, die seit Jahren jede politische Entwicklung ver hindern. Trotzdem hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. So
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viel, dass sogar das Parteiprogramm der NEOS „Planen für ein neues Österreich“ vom Juni 2016 veraltet ist: „Vor allem im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gibt es keine Rechtfertigung dafür, dass nach aktueller österreichischer Rechtslage gleichgeschlechtliche Paare in vielen Belangen nach wie vor diskriminiert werden (Adoption, Familienname, Karenz).“ Tatsächlich waren 2016 alle drei genannten Punkte schon erledigt: Es waren die Höchstgerichte, die im Familienrecht für absolute Gleichstellung gesorgt haben. Politisch gab es dafür im Nationalrat keine Mehrheit.
Thema: Wahl 2017
Die Richterin
„W
ir glauben an gleiche Rechte und Pflichten für alle, egal welche Religion, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung sie haben“, sagen die NEOS im „Zukunftsmanifest“ und verbinden dies mit einer zentralen Forderung: „Wir werden dafür sorgen, dass auch gleichgeschlechtlichen Paaren der Weg zur Ehe am Standesamt offensteht. Wer sich binden, füreinander Verantwortung tragen und dieser Liebe Ausdruck verleihen will, ist gleich vor dem Gesetz.“ Diese Position vertrat auch Irmgard Griss (Platz eins auf der Steiermark-KandidatInnenli-
ste und bundesweit die Nummer zwei) am 10. August bei einer Round TableDiskussion der RosaLila PantherIn nen. Probleme haben die NEOS allerdings nach wie vor mit Diskriminierungsschutz im Bereich der Privatwirtschaft, da dies in die Vertragsfreiheit von z. B. VermieterInnen eingreife. Kein Verständnis gibt es jedoch bei der Verweigerung der Eheöffnung durch ÖVP und FPÖ: „Ich war schon immer dafür, dass gleichgeschlechtliche Paare ihre Verbindung auch Ehe nennen dürfen. Alles andere ist eine unnötige Kränkung, denn die rechtlichen Unterschiede sind doch mar ginal“, so Irmgard Griss zu PRIDE.
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Thema: Wahl 2017
Die Spitzenkandidatin
„’W
er kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren!’ heißt ein BrechtZitat, das für mich und Die Grünen gerade jetzt im Wahlkampf wieder aktuell ist. Dranbleiben und nicht nachgeben gilt natürlich auch für unseren und meinen Kampf für die Akzeptanz und völlige Gleichstellung unserer LGBTIQ*-Community“ ist das Credo der grünen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Selbst offen lesbisch lebend und Mitgründerin der Initiative „Grüne andersrum“ weiß die Vizepräsidentin des Europa parlaments nur zu gut, dass es jetzt darum geht, das Erreichte nachhaltig abzusichern:
„Vieles haben wir geschafft, vieles ist für uns in Österreich besser geworden: Wir sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und da werden wir auch bleiben. Das ist grün!“ Um das zu erreichen, plädieren die Grünen für die Übernahme von LGBTI-Forderungen in einen nationalen Aktionsplan für Menschenrechte: Eheöffnung, ein Gesetz, das vor Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen schützt, und die Erfassung von Hate Crimes und eine Strategie, dagegen vorzugehen. In der Außenpolitik solle Österreich verstärkt die Menschenrechtsver letzungen gegen Schwule und Lesben thematisieren. Zentral ist für die Grünen auch ein Ende der geschlechtszuweisenden Operationen an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen, die freie Namenswahl für trans*Menschen ohne pathologische Gutachten und grundsätzlich mehr Sichtbarkeit von LGBTI-Menschen in Medien und Gesellschaftspolitik. Forderungen, die bei VertreterInnen von FPÖ und ÖVP entweder Gekreische oder Kopfschütteln auslösen. Denn die FPÖ lehnt in ihrem Parteiprogramm und in ihrem „Handbuch freiheitlicher Politik“ die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare oder gar die Möglichkeit der Adoption scharf ab: Wäre die FPÖ an der Macht, sie würde die (durch Gerichtsurteile) erkämpften Fortschritte wieder rückgängig machen, die Eingetragene Partnerschaft beseitigen. Konsequenterweise ließ die FPÖ auch den Rosalila PantherInnen ausrichten, man werde sich am „Round Table“ nicht beteiligen.
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Die Gegner: FPÖ und ÖVP
G
ar nichts neu ist bei der „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“. Der konservative Flügel hat sich total durchgesetzt, die Versprechungen von ÖVP-Familienministerin Karmasin „Ehe für alle“ erwiesen sich als Propaganda einer nun wieder entfernten Quereinsteigerin. Sebastian Kurz muß sich um keine Gleichstellungsprobleme mehr kümmern, denn: „Es gibt aus meiner Sicht keine Diskriminierung mehr“, so im ORF-Sommergespräch. Für Heteros die Ehe, für Homos die Eingetragene Partnerschaft – und dabei solle es auch bleiben. Viele KandidatInnen auf der Kurz’schen Liste für den Nationalrat sehen sich auch als Garanten dieser Linie. So z. B. Markus Schimautz, der in Graz kandidiert und beim RoundTable der PantherInnen ganz offen erklärte, er sei im Parlament Garant da-
Thema: Wahl 2017
für, dass mit weiteren Rechten von Homosexuellen Schluss sei. Damit macht er auch Wahlkampf: „Die Ehe zwischen MANN und FRAU und die Familie mit Kindern waren immer das stabile Fundament und sozialer Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Das soll so bleiben und durch steuerliche Absetzbarkeit stärker gefördert werden.“ Eine Haltung, die Sebastian Bohrn Mena, Kandidat der Liste Pilz mit dem Motto „Für Menschenrechte & Tierschutz“, zornig macht: Es ist einfach unerträglich, dass in die Freiheit von Menschen, miteinander so zu leben und einander so zu lieben, wie sie wollen, noch irgendwo ein gegriffen und diskriminiert wird. Diese Diskriminierung ist eine der schäbigsten Relikte der öster reichischen Politik.” PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
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Thema: Wahl 2017
Der Bundeskanzler
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it den Forderungen der Community ist Christian Kern bestens vertraut, war er doch schon als ÖBB-Chef Mitglied des Kuratoriums des Rechtskomitee Lambda. Dieses Interesse spiegelt sich nicht nur in seinen Besuchen der Regenbogenparade, sondern auch im Programm der SPÖ: Der „Plan A für Austria“, das „Programm für Wohlstand, Sicherheit & gute Laune“, widmet Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen eine ganze Seite: „Niemand darf aufgrund des Umstands, wen er oder sie liebt, diskriminiert werden – nicht vor dem Gesetz oder dem Standesamt, nicht im Arbeitsleben oder am Wohnungsmarkt, nicht in Bildung und Freizeit. Erst dann schaffen wir die Grundlagen für echte Gleichstellung und Ak-
zeptanz.“ Auf rechtlicher Ebene wird konkret die Aufnahme von „sexueller Orientierung“ als Schutzgrund in die Bundesverfassung, die Eheöffnung und das Levelling-up des Gleichbehandlungsgesetzes z. B. bei Wohnungssuche und in der Freizeit gefordert. Betont werden jedoch auch die Diskriminierungsformen, die sich nicht so leicht durch ein Gesetz abstellen lassen. Aber auch die Tatsache, dass in Österreich die Politik der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung nachhinkt: „Wie in jedem Bereich gibt es Befürworter, aber auch Gegner. Unsere Herausforderung wird sein, Bewusstsein zu schaffen. Aufklärungsmaßnahmen wie Awareness-Kampagnen können einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis, zur Sensibilisierung und letztendlich zur Aufklärung in der Gesellschaft leisten.“ Mit Bundesrat Mario Lindner hat die SPÖ den Bundesvorsitzenden der SoHo als Schwergewicht auf die Bundesliste gesetzt: Wenn die SPÖ wieder in der Bundesregierung ist, dann wird Lindner auch im Nationalrat sein. Er betont deshalb auch, dass der 15. Oktober eine Richtungsentscheidung ist: „Ja, unsere Community hat schon eine ganze Menge erreicht. Aber gerade in den letzten Jahren waren es vor allem Gerichte und nicht die Politik, die für mehr Gleichstellung in unserem Land gesorgt haben. Am 15. Oktober haben wir die Chance, das zu ändern! Wir haben die Wahl: Zwischen einem Österreich, das fairer, offener und bunter wird – und einem Land, das sich genau in die andere Richtung bewegt. Unsere Community kann diesmal den Unterschied machen. Sorgen wir gemeinsam für gleiche Rechte in allen Lebensbereichen!“
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Thema: Wahl 2017
T S E F N E G O R EG E N B 0 0 : 1 2 | 7 1 0 2 . 0 1 . 3 1 . R F T N A F E L E R CHARMANTEIK ABR E) TABAKF KLUB K ANTIN INZ (EHEMALIGE S-PLATZ | BAU 1 | 4020 L EN PETER-BEHR S IK VO N : F E IN S T E M U
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L A ST BUT NOT LEAST.
Thema: Wahl 2017
„Ihr steht in der Mitte der Gesellschaft!“ Im Juni 2016 besuchte Christian Kern erstmals als Bundeskanzler die Wiener Regenbogenparade. Mehr als ein Jahr später spricht er im PRIDE-Interview über die aktuelle politische Situation in Österreich und die vielen offenen Fragen im Gleichstellungsbereich. Fragen Hans-Peter Weingand Foto Andy Wenzel/ BKA
PRIDE: „Das macht mir eine die bische Freude, dass ihr in der Mitte der Gesellschaft steht und das reprä sentiert, was Österreich ausmacht: Buntheit, Vielfalt und Offenheit.“ Herr Bundeskanzler, das waren Ihre Worte auf der Regenbogenparade im vergangenen Juni. Damals wurde am Wiener Rathausplatz gejubelt, aber zeigt nicht gerade der aktuelle Wahlkampf, dass die Realität leider oft anders aussieht? Man bekommt eher das Gefühl, dass der Grundtenor bei vielen auf das „wir“ gegen „die anderen“ setzt. Christian Kern: Dieses Gefühl habe ich auch. In der Politik wird ja leider nicht nur in Wahlkampfzeiten
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oft auf solche „Wir gegen sie“-Debatten gesetzt, um von den wirklichen Problemen abzulenken. Und das halte ich für wirklich gefährlich. Gerade deswegen war es mir so wichtig, zu betonen, dass ich nicht wie in den vergangenen Jahren schon oft als Privatperson auf der Regenbogenparade war, sondern ganz bewusst zum zweiten Mal als Kanzler. Gemeinsam mit den anderen PolitikerInnen wollte ich ein Zeichen für das setzen, was Österreich ausmacht: den Zusammenhalt. Denn es stimmt, die Community steht in der Mitte der Gesellschaft. Schwule, Lesben, Bisexelle, Inter- und Transpersonen gehören zu unserem Land, zu unserem Umfeld, zu unseren Familien. Und
Thema: Wahl 2017 genauso wie in jedem anderen Bereich halte ich es für wirklich wichtig, dass wir uns gemeinsam für Gleichberechtigung und Chancengleichheit einsetzen – egal, welche sexuelle Orientierung oder Identität man hat. Mir ist es gerade als heterosexueller Mann wichtig, in dieser Frage an der Seite der Community zu stehen! PRIDE: Und trotzdem wurden viele zentrale Gleichstellungsfragen in Österreich noch nicht oder nur von Gerichten geregelt, zum Beispiel das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. Warum hinkt Österreich in diesem Bereich so weit hinterher? Christian Kern: Ja, das finde ich beschämend. Deshalb habe ich schon 2016, kurz nachdem ich Bundeskanzler geworden bin, klargestellt, dass die Community in mir einen Bündnispartner hat, auf den sie setzen kann. Wir haben ja erst im Juni erlebt, was in Deutschland möglich war. Da hat die CDU-Kanzlerin die Abstimmung freigegeben und innerhalb einer Woche war die ‚Ehe für alle’ Realität. Das hätte ich mir auch für Österreich gewünscht. Deshalb hat die SPÖ gemeinsam mit zwei anderen Parteien einen Gesetzesantrag eingebracht. Leider hat sich vor allem die ÖVP trotz „neuen Stils“ geweigert, noch vor der Wahl für gleiche Rechte zu sorgen. PRIDE: Die „Ehe für alle” ist natür lich eine wichtige Frage. Es gibt aber auch noch zahlreiche andere Dis kriminierungen in Österreich. Christian Kern: Das ist wahr. Da geht’s zum Beispiel um’s ‚Levelling Up’. Ein Gesetz, das verhindert, dass LGBTI-Personen im Privatleben dis-
kriminiert werden – zum Beispiel in Lokalen, bei der Wohnungssuche oder anderen Dienstleistungen. Oder darum, dass wir die sexuelle Orien tierung endlich auch als Schutzgrund in der Bundesverfassung verankern. Die breite Mehrheit der Bevölkerung unterstützt diese Schritte. Und die Politik hat die Aufgabe, sie endlich umzusetzen. Vor allem die ÖVP sollte sich endlich der Realität in unserer Gesellschaft stellen und ihre Blockaden beenden. Denn egal, welche sexuelle Orientierung oder Identität jemand hat – niemand sollte in Österreich unter Diskriminierungen und Ausgrenzung leiden müssen! PRIDE: Am 15. Oktober wird ein neuer Nationalrat gewählt. Wie bewerten Sie die Chancen, dass all diese Punkte nach der Wahl gelöst werden? Christian Kern: Die letzten Jahre haben gezeigt, wie schnell man mit Prognosen und Umfragen falsch liegen kann – und gerade bei einer so wichtigen Wahl möchte ich mich nicht auf „Was wäre wenn“Spiele einlassen. Wir stehen vor einer der zentralsten Richtungsentscheidungen der letzten Jahrzehnte. Bei der Gleichstellung geht’s dabei genauso wie bei den Jobs, beim Wohnen und bei den Pensionen um eine Frage: In welchem Land wollen wir in Zukunft leben? In einem Österreich, das zusammenhält und in dem jede und jeder gleiche Rechte genießt? Oder in einem Land, das Gruppen gegeneinander ausspielt. Wir können endlich den nächsten Schritt hin zu echter Gleichbe rechtigung machen – oder fünf Jahre Stillstand akzeptieren. Darum geht’s am 15. Oktober.
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Thema: Wahl 2017
Wir haben die Wahl Die HOSI Linz erfragte lesbisch/schwule Perspektiven für die nächste Regierungsperiode.
Text Rainer Bartel Fotos Gerhard Niederleuthner
A
ngesichts der bevorstehenden Nationalratswahl lud die HOSI Linz die SpitzenkandidatInnen der in Ober österreich kandidierenden und bereits im Nationalrat vertretenen Parteien zu einer moderierten Podiumsund Publikumsdiskussion ins Alte Linzer Rathaus. Allein die Spitzenkandidatinnen der Grünen und der NEOS traten persönlich auf: die Nationalratsabgeordneten Ruperta Lichtenecker (Grüne) und Karin Doppelbauer (NEOS). Ruperta Lichtenecker dokumentierte das stete Eintreten der Grünen, angeführt von der Ersten auf ihrer Bundesliste, der offen lesbisch lebenden EU-Parlamentarierin Ulrike Lunacek, für die bedingungslose Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Menschen und Paaren. Ruperta
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Lichtenecker sprach auch konkret an, wie schön und gut ein offenes Leben für Lesben, Schwule und ihr soziales Umfeld sein kann. Das Programm und die Politik der Grünen würden als Ganzes den Aspekt persönlicher Freiheit atmen. Karin Doppelbauer legte dar, wie selbstverständlich Lesbisch- oder Schwulsein bei den NEOS sei und wie unverständlich ihnen Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung seien. Von der Programmatik und Politpraxis der Grünen unterscheide sie fast nichts, der Unterschied zwischen ihnen liege vielmehr in der Auffassung von der Wirtschaftspolitik. In Vertretung des oberösterreichischen Spitzenkandidaten, Bundesminister Alois Stöger, diskutierte die Listen zweite, Eva-Maria Holzleitner für die SPÖ. Für sie selbst sei völlige
Thema: Wahl 2017
Antidiskriminierung aufgrund sexueller Ausrichtung eine Selbstverständlichkeit, aber auch ein politisches Versäumnis, das es so schnell wie möglich nachzuholen gelte. Dass Christian Kern der erste Kanzler auf einer Regenbogenparade war, sei schön, zeige aber, wie verspätet die Bewusstseinsbildung in der Politik insgesamt erfolge. Elisabeth Spitzenberger kam als Kandidatin der ÖVP, sie selbst allerdings ohne reelle Chance auf den Einzug in den Nationalrat. Ihre ehrliche Art sprach sehr für sie, indem sie zugab, in der Thematik nicht sattelfest zu sein. Sie persönlich lehne Diskriminierung aufgrund geschlechtlicher Ausrichtung ab, erkenne aber sehr wohl die katholisch-konservative Haltung in ihrer Partei und könne sich nur, wie sie mehrfach beteuerte, für den Unbill entschuldigen.
Bundesrat Michael Raml vertrat den Spitzenkandidaten der FPÖ und bekannte sich und seine Partei offenherzig gegen die Ehe für alle, zumal die Ehe der Zeugung von Kindern diene. Ansonsten solle jedeR so leben, wie er oder sie es will. Was Diskriminierung in der Wirtschaft betrifft, solle der Markt das Problem lösen, nicht der Staat. Auch der Subventionierung der Lesben- und Schwulenbewegung stehe er skeptisch gegenüber; die FPÖ sei eher am Durforsten als am Ausweiten. Angesprochen auf eine Subventionierung der HOSI Linz für ein geeignetes Vereinszentrum, beteuerten alle ihre politische Unterstützung dafür – mit Ausnahme des FPÖ-Vertreters. Aus dem Publikum kamen ausschließlich kritische Stimmen zur mangelnden finanziellen Unterstützung und rechtlichen Gleichstellung der Community durch die Politik.
PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
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Livestream: facebook.com/ hosilinz/videos/ 712191292303024/
Thema: Wahl 2017
Text Gernot Wartner Foto PRIDEArchiv
Gedanken zum Wählen
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er Stimmzettel zur Nationalratswahl ist so lang wie nie. In diesem Jahr treten insgesamt 16 Parteien (nicht alle in allen Wahlkreisen!) an, 1999 waren es noch 9. Auf den ersten Blick sieht das wie eine Bereicherung aus, aber dahinter steckt auch eine Entwicklung, die sich mit der Demokratie nur schwer verträgt. Immer mehr Parteien oder Listen treten zur Wahl an, und manche dieser Kleinparteien sind kein unbedeutendes Phänomen. Ihr Stimmenanteil wächst – und damit auch der Anteil an Stimmen, die im Parlament womöglich kein Gehör finden. Denn alle, welche Parteien und Listen ihre Stimme geben, die den Einzug nicht schaffen, bleiben dann ungehört, sind nicht vertreten. Fliegende Yogis Viele der neuen Parteien und Listen vertreten die Weltsicht eines kleinen Milieus: Zum Beispiel „Die Weissen – Das Recht geht vom Volk aus. Wir alle entscheiden in Österreich. Die Volks bewegung.“ Oder die „Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell“ und in Wien die Liste „Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt“ – Listen die inhaltlich der FPÖ ähneln. Oder die „Liste Roland Düringer – Meine Stimme Gilt“ und die Liste „Obdachlose in der Politik“, die den vermeintlichen WutbürgerInnen eine Stimme geben will und bei denen die Grenzen zur Satire verschwimmen. Oder die KPÖ und die Sozialistische LinksPartei, die sich um die WählerInnen im linken politischen Spek-
16 | PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017
trum matchen. Oder die „Christliche Partei Österreichs“ oder die „Män nerpartei – für ein faires Miteinan der“, bei denen schon der Name klar macht, auf welches WählerInnenSegment sie abzielen. Und vor einiger Zeit kandidierten auch schon mal fliegende Yogis. Und kaum eine dieser Parteien dürfte den Einzug in den nächsten Nationalrat schaffen. Fitnessstudio statt Sportverein Die Individualisierung der Gesellschaft schlägt sich mittlerweile also auch in der Politik nieder. YouTube und NetFlix statt Fernsehen, Spotify statt Radio und Fitnessstudio statt Sportverein bieten ein individuell zugeschnittenes Programm – da war es nur eine Frage der Zeit, bis sich das auch in der Parteienlandschaft widerspiegelt. Zum Problem wird das, wenn IndividualistInnen keine Parteien mehr wählen wollen, die nicht zu 100 Prozent ihre Meinungen vertreten. Sie stimmen zwar mit einem Großteil des Programms einer der Parteien überein, sind sie jedoch in dem einen oder anderen Punkt anderer Meinung, sträuben sie sich dagegen, der Partei ihre Stimme zu geben. „Ich würde ja die SPÖ wählen, will aber keine Erbschaftssteuer“ und „Ich würde ja die Grünen wählen, aber die wollen ja nur noch mehr Flüchtlinge ins Land holen“ sind Sätze, die man so oder so immer öfter hört. Ein Viertel NichtwählerInnen Aber auch an der Wahlbeteiligung lässt sich die Individualisierung unserer Gesellschaft ablesen. Waren es
Thema: Wahl 2017
1999 noch 80,42 Prozent der Wahlberechtigten, die auch zur Wahl gegangen sind, waren es 2013 nur noch 74,91 Prozent. Also rund ein Viertel der Wahlberechtigten waren im letzten Nationalrat mit ihrer Stimme nicht vertreten. Gedanken, wie nicht wählen gehen zu müssen, wenn es einen gerade nicht freut oder weil das Wetter so schön ist, sind auch mit Wahlkarten und Briefwahl nicht hintan zu halten. Da stellt sich dann schon irgendwann auch die Frage, wie repräsentativ unsere Demokratie denn noch ist. Andererseits führt gerade unter diesem Aspekt auch die Forderung nach mehr plebiszitärer also direkter Demokratie mittels Volksabstimmungen in eine Sackgasse. Je öfter gewählt oder abgestimmt wird, desto geringer die Beteiligung. Und damit sinkt die Repräsentativität einer solchen Abstimmung weiter. Demokratie à la carte? Viele Menschen werfen der Politik außerdem vor, Versprechen nicht einzuhalten – als säßen sie in einem Restaurant und der Kellner hätte ihnen nicht das gebracht, was sie bestellt haben. Dabei funktioniert Demokratie nicht à la carte. Sie ist eher ein Buffet, das die Regierung zusammenstellt und das möglichst viele Menschen satt und zufrieden machen soll. Auf individuelle Wünsche kann sie dabei nur begrenzt eingehen. Und das Wichtigste: Demokratie lebt von Kompromissen. Schließlich geht es darum, ein Land mit rund neun Millionen Menschen zu regieren, die teilweise gegensätzliche Interessen haben. Da kann nicht jeder
Wunsch in Erfüllung gehen, nicht in den Wahlprogrammen und schon gar nicht bei der Gesetzgebung. Parteien können ihre Programme nicht auf jedeN WählerIn individuell zuschreiben. Auch können sie ihre Ziele nie einfach so umsetzen, sondern müssen mit anderen Parteien Kompromisse eingehen. Und das ist auch gut so, denn nur so werden die verschiedenen Interessen berücksichtigt, die es in unserer Gesellschaft gibt. Also: Wählen gehen und damit leben lernen, dass weder das Wahlergebnis noch die täglich Politik zwischen den Wahlen einem unbedingt immer gefallen muss! Denn besser eine halbwegs funktionierende Demokratie denn eine autokratische Regierung oder gar eine Diktatur. Man muss für diese Einsicht gar nicht unsere eigene Geschichte bemühen – ein Blick über unsere Grenzen hinaus reicht da durchaus.
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Österreich
Modernes Familien(ge)recht Wir haben etwas geschafft! Ein persönlicher Bericht einer Regenbogenfamilie
Text Gabi Schiffer & Connie Hilber Foto RLP
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eit 1.4.2017 dürfen meine langjährige Partnerin und ich endlich ganz offiziell eine Familie sein. Man hat uns per Gesetz endlich unseren guten (Familien-) Namen wiedergegeben. Nicht, dass wir uns nicht schon längst als Familie gesehen hätten, aber es fühlt sich für uns trotzdem gut an – dieses kleine Wörtchen „Familie“. Schrittchen für Schrittchen erkämpft sich die Community im überparteilichen Schulterschluss Rechte, die ihr moralisch in einer modernen Gesellschaft schon lange zustehen. So sieht es auch ein Großteil der Gesellschaft. Nur – die Gesetzgebung hinkt weit hinterher! Im Jänner 2018 soll das 2016 novellierte System zum Kinderbetreuungs-
geld – kurz KBG genannt – evaluiert werden. Schon jetzt ist allerdings eine Gesetzeslücke aufgetaucht, die Menschen jeglicher sexueller Orientierung in einigen Fällen diskriminieren kann. Unbestritten kommen hier nur sehr wenige zu kurz – es ist einfach ungerecht! Anfang August dieses Jahres tauchte in den Medien eine Geschichte auf, die uns auf ein Problem beim Kinderbetreuungsgeld aufmerksam machte. ORF, Standard und Falter berichteten. FAmOs, SoHo und einige andere unterstützten und berichteten ebenfalls. Es folgten als Reaktion auf diese Veröffentlichungen auch etliche unschöne Anschuldigungen an die zwei persönlich betroffenen, unbestritten mutigen Mütter, die uns diese Lücke garniert mit ihrer persönlichen Geschichte aufzeigten. Durch ihren Gang an die Öffentlichkeit wollten sie erreichen, dass genügend Menschen auf das Problem aufmerksam werden und eine von ihnen initiierte Petition unterschreiben, deren Ziel es ist „diese Petition im Nationalrat zur Diskussion zu stellen. Des Weiteren soll das Bundesministerium für Familie und Jugend allen betroffenen Familien eine Lösung zur Verfügung stellen.“ (openpetition.eu/ !gleicherechte) Denn das Problem ist kompliziert und es scheint wohl dem Wunsch einer
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Österreich vereinfachten und daher für die breitere Gesellschaft nachvollziehbareren Darstellung geschuldet zu sein, dass es medial so beschrieben wurde, als beträfe diese Gesetzeslücke ausschließlich lesbische, in Eingetragener Partnerschaft lebende Paare. Selbst so kluge Köpfe wie der sonst so engagierte LAMBDA-Vorsitzende Graupner haben diese Vereinfachung unhinterfragt hingenommen. Wir von der SoHo tun dies hingegen nicht! Denn tatsächlich ist die ganze Geschichte viel komplexer! Einem verheirateten beziehungsweise in Eingetragener Partnerschaft lebenden Paar, welchem innerhalb eines Zeitraumes von weniger als 182 Tagen jeweils ein leibliches Kind geboren wird, kann für das zuerst geborene Kind das KBG je nach Auslegung der Gesetze ausbezahlt oder eingestellt werden. In einem solchen Fall bietet die gesetzliche Lage nämlich zwei gegensätzliche Möglichkeiten, über die Ausbezahlung des KBG zu entscheiden: 1)
In den gemeinsamen Haushalt werden innerhalb der Frist von mindestens 182 Kalendertagen zwischen den Geburten zwei Kin- der geboren. Dadurch erlischt der KBG-Anspruch für das erst- geborene Kind.
2) Die PartnerInnen stehen zum leiblichen Kind der/s jeweils an deren im Verhältnis der Stiefkind/ -elternschaft. Dadurch hätte je des der beiden Elternteile ganz unabhängig voneinan- der Anspruch auf eine Aus- bezahlung eines KBG für das leibliche Kind.
Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es derartige Fälle nicht nur im Falle homosexueller PartnerInnenschaft gibt oder geben kann. Es könnte zwei verpartnerte Frauen, die durch nicht medizinisch unterstützte Schwangerschaft je ein eigenes Kind innerhalb der 182-Tagefrist zur Welt bringen, betreffen. Genau solches gilt ebenfalls, wenn zwei verpartnerte schwule Männer mit jeweils einer eigenen Leihmutter ein Kind zeugen und diese innerhalb des genannten Zeitfensters zur Welt kommen. Es gilt aber auch für Familien, in denen ein Mann, der alleinerziehender Vater eines Säuglings ist, eine Frau ehelicht und dessen frisch Angetraute ebenfalls innerhalb der 182-Tagefrist ein Kind von ihrem Expartner bekommt. Zugegeben, eine solche Familienkonstellation entspricht mit Sicherheit nicht dem, was ich in meinem Gutmenschen-Lebenskonzept vorsehen würde. Jedoch verwehre ich mich dagegen, eine Gesetzeslücke mit dem moralisch erhobenen Zeigefinger schließen zu wollen! Hier von Seiten des Gesetzgebers eine sichere Brücke zu schlagen, darf natürlich keineswegs dermaßen angepackt werden, dass man dadurch eine neue Lücke entstehen lässt. Jene Familien, die derzeit schon durch die Gesetzeslage abgedeckt werden, sollen die Sicherheit haben, dass dies auch so bleibt. Wir sind aber auch der festen Überzeugung, dass es dem Gesetzgeber ein Leichtes sein wird, ein modernes und gerechtes Familiengesetz so zu gestalten, bin das eben auch diese Familienkonstellationen in das KBG-System miteingearbeitet werden..
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Österreich
Splitter Platz 1 für „Q Radio”
Fotos Qradio.cc, Phonostar.de
GRAZ. Der digitale Radiosender „Q Radio – das LGBT Radio”, der 2012 im Netz gestartet ist, wurde in der aktuellen Marktanalyse von Phonostar.de mit Platz 1 der meistgehörten Gay-Radios ausgewertet. Schon in den letzten Monaten konnte der lila Sender für die deutschsprachige Community stetig Plätze im Gay-Radio-Ranking von Phonostar.de zulegen. Zuletzt ganze sechs Plätze. „Das ist für uns ein gewaltiger Sprung” sagt André Brunner, der für die Programmplanung des Senders zuständig ist. Das Programm des Senders richtet sich vor allem an 17 bis 40-Jährige LGBTs in den deutschsprachigen Ländern. „Wir spielen maXXimum queer music als Soundtrack fürs Leben. Damit meinen wir nicht, dass wir ausschließlich schwule oder lesbische Musik spielen. Wir spielen genauso Tracks, die in den Szene Lokalen gehört werden, aber auch Hetero-Künstler, die die Community supporten” sagt Moderator Roland Hörmann, der
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im Euro Hitcountdown wöchentlich Europas meistverkaufte Tracks spielt. Und dass ein breitgefächertes PopFormat genau in die Herzen der LGBTHörer trifft, zeigen die aktuellen Zahlen von Phonostar.de, bestätigt André Brunner: „Wir produzieren ein durchhörbares, professionelles Programm. Wir wollen nicht wie ein typisches Aktivisten-Webradio klingen, wir wollen die Informationen kompakt, leicht verständlich und unterhaltsam an unsere Hörer bringen.“ Alle Empfangsmöglichkeiten unter: www.qradio.cc/empfang
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Text Gerhard Niederleuthner
Österreich
Gewalttätiger Übergriff SALZBURG. Beim Fest der HOSI Salzburg am 2. September 2017 in der ARGE Kultur Salzburg kam es zu einem bedauerlichen und höchst verurteilenswürdigen Vorfall. Ein Gast belästigte mehrere Personen bei der Veranstaltung. Mehrere Frauen beschwerten sich im Nachhinein über sein aufdringliches Verhalten. Nachdem eine Frau einschritt, um die Situation zu deeskalieren, schlug ihr der betreffende Mann ins Gesicht und in den Rücken. Nachdem MitarbeiterInnen der HOSI Salzburg und der ARGE Kultur über die Vorfälle informiert wurden, wurde umgehend die Polizei verständigt. Der Täter war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwesend, aber die Übergriffe wurden im polizeilichen Protokoll festgehalten, wobei die konstruk-
tive Zusammenarbeit mit der HOSI Salzburg erwähnt wurde. Die Verfolgung der strafrechtswidrigen Vorfälle liegt nun bei der Polizei. Von Seiten der HOSI Salzburg wurde der betreffenden Person ein klares Hausverbot im Zentrum der HOSI Salzburg sowie für die Teilnahme an Veranstaltungen der HOSI Salzburg – insbesondere an zukünftigen Festen und der Feminale – ausgesprochen.
Text Gerhard Niederleuthner
Die HOSI Salzburg bittet auch in Zukunft alle Beteiligten und Gäste auf Veranstaltungen Übergriffe sofort zu melden, damit hier entsprechende Handlungen eingeleitet werden können. Darüber hinaus werden die Opfer gebeten sich unter office@hosi.or.at zu melden.
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Österreich
Skandal Text Gernot Wartner
SALZBURG. In den Salzburger Nachrichten erschien in der Reihe „Test your English“ unter dem Titel „Choose your own Gender“ am 02.09.2017 ein Artikel, der eine Mischung aus Unwissenheit über die Lebensrealitäten von Transgender-Personen und blanke Transphobie war. In einer Medienaussendung bezog die HOSI Salzburg umgehend dagegen Stellung und bezeichnete den Beitrag als von blankem Hass auf TransGender-Personen getragen. „Besonders perfide ist, dass die Autorin Transgender-Personen mit Pädokriminialität und Übergriffen an Kindern in Verbindung bringt“, so Anton Wittmann, Transgender-Referent der HOSI Salzburg, „was eine gängige Vorgehensweise von rechten und reaktionären Kräften ist. Die Autorin be-
dient damit ein altes Vorurteil gegenüber schwulen Männern und in diesem Fall gegen Transgender-Personen. Es ist ein Skandal, dass die Salzburger Nachrichten diesem menschenverachtenden Weltbild eine Bühne bieten.“ Die HOSI Salzburg fordert eine Entschuldigung von den Salzburger Nachrichten und der betreffenden Autorin. „Wir sind gerne Ansprechstelle für Medien und Einzelpersonen, wenn es um Wissen über die Rechte und die Lebensrealitäten von TransgenderPersonen geht und helfen weiter, wenn inhaltliche Lücken oder Formulierungsunsicherheiten bestehen. Das aktuelle Beispiel zeigt, dass auch bei den Salzburger Nachrichten ein akuter Nachholbedarf besteht“, so Wittmann abschließend.
Satire WIEN. Eine gemeinsam von „ES WIRD BESSER ÖSTERREICH“ und dem Bündnis für Menschenrechte und Zivilcourage gestartete Wahlbewegung nimmt die Wahlplakate und Slogans der wahlwerbenden Gruppen und Parteien satirisch aufs Korn. „Es geht uns dabei nicht bloß um die Wahlen. Vielmehr geht es uns um die tagtägliche Positionierung gegen Rassismus, Faschismus, Sexismus, Homound Transphobie, Misogynie und alle ihre Unterarten. Auch das Umgreifen des Rechtspopulismus ist unserer Ansicht nach nicht nur gefährlich und gesellschaftlich fahrlässig, sondern zudem völlig unterschätzt,“ heißt es in einer Aussendung der DFÖ – Drag für Österreich, die sich als einzig echte & wahre, ultimative Wahlbewegung bezeichnet. „Dabei sprechen wir noch nicht mal über widersinnige Po-
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litprogramme diverser Parteien oder ‚Lügenpresse’- und ‚Wir sind das Volk’Parolen der Ewiggestrigen, der selbsternannten ‚Patrioten’. Es ist vielmehr die gesamte Stimmungsmache und Hetze, gegen die wir etwas tun wollen. Wir wollen gegen die Angstmacherei ankämpfen, die alles infrage stellt, was anders ist – Flüchtlinge, Homosexuelle, Alleinerziehende oder sogar Energiewende-BefürworterInnen. Das machen wir auf unsere satirische Art und Weise, indem wir die verkürzte Rhetorik des Wahlkampfes persiflieren, echte Wahlplakate und ihre Slogans – die die mündigen BürgerInnen für dumm verkaufen – auf unsere Art und Weise neu interpretieren. DFÖ – Drag für Österreich ist also ‚nur’ ein künstlerisches Satireprojekt. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Österreich
Strafe
Konkret ging es um einen Text, in dem ein Autor Schwule als „Homo-Unzüchtler“ bezeichnet hatte. Außerdem habe er angeführt, dass Syphilis eine „Strafe Gottes“ sei. Sein Anwalt betonte, die Aussagen seien pointiert, aber nicht strafbar. So sei „Gottes Strafe“ gemäß katholischer Moraltheologie die Konsequenz für schwere Sünden. Und im „katholischem Zusammenhang“ sei Unzucht „ein theologischer Begriff, der ein schweres sündhaftes Verhalten bedeutet, nämlich Geschlechtsverkehr außerhalb des Sakraments der Ehe“. „Homo“ sei dem Begriff „nur um zu präzisieren“ vorangestellt worden, ergänzte der Angeklagte. Richter Gerald Wagner sah in dem Text hingegen ein „entwürdigendes Herabmachen von homosexuellen Männern“. Zum Angeklagten meinte er: „Wenn Sie das nicht sehen, dass das herabwürdigend ist, und wenn Sie nicht verstehen, dass der Staat diese Gruppe davor schützen muss, bleibt nichts anderes übrig, als Sie zu verurteilten.“ Die Vorbildseite kreuz.net war zwischen 2004 und 2012 von Unbe-
Text Gernot Wartner
kannten betrieben worden und hetzte jahrelang gegen Homosexuelle, aber auch gegen Juden, Frauen und Christen, die nach Ansicht der Autoren zu weltlich waren. Im Jahr 2012 wurden schließlich auch Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen die anonymen Betreiber aufgenommen, worauf die Seite abgeschaltet wurde.
„
ein entwürdigendes Herabmachen von homosexuellen Männern
”
Richter Gerald Wagner
“
RECHT HABEN IST GUT – RECHT BEKOMMEN IST BESSER!
”
RECHTSANWALT DR. MICHAEL MAURER 8010 Graz | Mandellstraße 22 Tel. 0316 821264 | Fax 0316 812768 Mail kanzlei@ra-maurer.com Web www.ra-maurer.com
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WIEN. Eine inoffizielle Nachfolgeseite des rechtskatholischen Hetzmagazins kreuz.net hat Anfang September zu einer Haftstrafe auf Bewährung geführt: Das Wiener Landgericht verurteilte den Betreiber in erster Instanz und noch nicht rechtskräftig zu einer viermonatigen ausgesetzten Haftstrafe mit einer Bewährungsfrist von drei Jahren. Der Burschenschaftler musste sich wegen Volksverhetzung verantworten, nachdem er ein in Optik und Stil an kreuz.net erinnerndes Portal unter den Adressen kreuz-net.at und kreuz-net.info betrieben hatte.
OberĂśsterreich
Splitter
Fotos Gerhard Niederleuthner
Pink Danube 16.09.2017: #party #donauatnight #dj_Imat #hosilinz #kapitän_Moe @msSissi
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Oberรถsterreich
Beachparty 09.09.2017: #party #sangria @sputnik
Fotos Gerhard Niederleuthner
Grillen im Sax 10.08.2017: #hosilinz #grillen #gastgarten @sax
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Oberรถsterreich
Gaytic-B_I_T_C_H(Beach)Party 19.08.2017: #gaytic #djGinoPerez #djJerryJ.Kriz #djaneS.Stereo #party @spielplatz
Fotos Gerhard Niederleuthner
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Oberösterreich
NGO-Vernetzungstreffen 23.09.2017: #NGOs #österreichweit #Gedankenaustausch #Koordinierung #AltesRathaus #hosilinz
Foto Gerhard Niederleuthner
15€
SAFE
OK
SEX FEMMES
LUST
ride.at zin /pride.maga
www.p Ein Gemeinschaftsprojekt von
sgaben 1 Jahr – 6 Au estellen b J e t z t o n l i ne
PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
Ein Gemeinschaftsprojekt von:
QUEER
PORNO
LOVE
PORNO
GLÜCK
EHE
LUST
C AMP
§§
SOFT
PRIDE SCHWUL QUEER PAARE
PRINZ
SPASS
CSD
1 Jahr:
LESBISCH
SEX
BUTCHES
LOVE
COMING OUT
GAY
MUT
EPG
TRANSGENDER
KINDERWUNSCH
EMOTION
PARTY
GOING PUBLIC
DJ
REGENBOGEN HETEROFREUNDLICH
L-WORD
Das lesbisch/schwule Österreichmagazin
PARADENNACKT EHE LANDLIEBE DIVERSITY
TUNTE
PARTNER/INNEN/SCHAFTEN
PRIDE
GLAMOUR COMING OUT
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Steiermark
Die „queerste” Baustelle im Land Text Joe Niedermayer Fotos Andy Joe
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as „feel free“ in der Annenstraße 26 ist seit zehn Jahren nicht nur Raum zum Arbeiten und Planen. Es wird dem Namen gerecht als geschützter Ort für persönliche Gespräche, zum Kennenlernen von Menschen, denen es gleich geht, und für Gruppentreffen, die einem Mut und Halt geben. Nun wurde es endlich Zeit für eine Sanierung im großen Stil. Diese beinhaltet eine von Boden über Fliesen bis zu den Lampen und Schränken komplett neue Küche sowie ein rundum erneuertes WC. Die E-Installation und die Beleuchtung mussten vollständig ersetzt werden und zusätzliche Steckdosen und Netzwerkanschlüsse wurden gesetzt. Ein Beamer inklusive Audio-
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System wurde ebenfalls auf neuestem Stand gebracht und alle Wände leuchten nun in einer schicken Kombination aus unseren Vereinsfarben. Baustellen sind ja nicht gerade dafür bekannt, Diversität groß zu schreiben. Wir haben es aber dennoch geschafft. In den letzten Wochen konnte man hinter der Bim-Haltestelle Roseggerhaus nicht nur schuftende Männer beobachten, denn bei uns rackerten sie genauso wie Frau. Heteros und Transgender arbeiteten gleichberechtigt wie Homos. Schwarze auch nicht anders als weiße, und auch politische Einstellungen waren Nebensache , denn es zählte nur, was man kann – sogar ungeschickt wurde toleriert und akzeptiert! Danke für eure Hilfe!
„Schwuler” Unterricht
Steiermark
Seit zehn Jahren tourt Liebeist.org durch Schulen
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ngagierte junge Erwachsene haben vor zehn Jahren ein Projekt ins Leben gerufen, das sich noch immer großer Beliebtheit erfreut. Weil offenbar Bedarf besteht. Der damals konzipierte Workshop im Talkshow-Format war bei Jugendlichen im Alter von 15 Jahren sehr beliebt: Heute werden wir von erwachsenen Personen angesprochen, die bereits 2007 sich mit dem Thema „andere Liebes- und Lebensformen“ beschäftigten. „Liebe_ ist“ im Klassenzimmer hat offenbar Eindruck gemacht: Diese neue Generation an vielleicht junger Eltern (in spe) sollten zumindest offener gegenüber einer nicht heterosexuellen Orientierung ihrer Kinder oder deren FreundInnen sein. Der kurz- und mittelfristige Zweck der Workshops an Schulen in der gesamten Steiermark ist in erster Linie, die Jugendlichen zu sensibilisieren und Vorurteile gegenüber anderen Liebesformen abzubauen. Galten Schwule zu Beginn des Projektes noch als pervers, kämpfen wir heute mit anderen Vorurteilen. Sei es die Lieblingsfarbe, der typische Beruf oder eine feminine bzw. maskuline Art, die Schwule und Lesben erfüllen müssen. Auch neue gesellschaftliche Entwicklungen waren vor zehn Jahren noch kein Thema. Die rechtliche Situation in Österreich hat sich mit der 2010 eingeführten Eingetragenen Partnerschaft oder dem 2016 geschaffenen Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare enorm verändert. In den Workshops
sind dies wesentliche Themen, für die sich die Schülerinnen und Schüler interessieren. Meist sind es Lehrkräfte an den Schulen, die den Workshop für ihre Klasse buchen. Sehr oft auch aus einem anlassbezogenen Grund: Sei es die Verwendung von „schwul“ als Schimpfwort in der Klasse, mediale Berichterstattung z.B. über Conchita oder die konkrete Betroffenheit einer Schülerin oder eines Schülers. Denn inzwischen outen sich Jugendliche immer früher – teilweise schon mit 14 Jahren. So sollen wir die Klasse erstmals an dieses Thema heranführen und gleichzeitig der betroffenen Person eine Unterstützung sein. Unsere eigenen Erfahrungen beim Coming-out fließen dabei mit in den Workshop ein. Und so wie Jugendliche oft sind, stellen sie uns auch sehr persönliche Fragen. Im Rahmen einer anonymen Frage-Antwort-Runde geht es um gleichgeschlechtlichen Sex, unsere Bedürfnisse vom Familienwunsch bis hin zu Pornografie und vor allem um Diskriminierungen, die wir bereits erfahren haben könnten. Mit den Workshops werden wir es leider nicht schaffen, die „schwule“ Hausübung aus allen Schulklassen zu bekommen, aber wir schaffen ein Bewusstsein für andere Liebes- und Lebensformen.
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Text Christoph Skutelnik
Steiermark
Let’s Play Tuntenball 2018! Text Roman Schneeberger Fotos © bergschaf, KANIZAJ Marija-M.
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ie österreichische Nationalmannschaft der Frauen spielt ausgezeichnet Fußball, wie spielen hervorragend Tuntenball! 2018 werden wir mit unserer Identität und mit unserer Sexualität spielen und auch spielerisch erkunden, was der Tuntenball alles darf. Am kommenden Ball wollen wir nämlich wieder einzementierte Grenzen der Gesellschaft bespielen und dadurch öffnen. Schon seit seiner Gründung macht der Tuntenball – allein mit seinem Namen – Gesellschaftspolitik mit Humor. Vordenker eigneten sich damals das Schimpfwort „Tunte“ an und entschärften es dadurch. Ähnliche Aspekte tun sich auf, wenn wir unser Publikum einladen, mit uns auf unserer Spielwiese im Congress zu feiern, und am Ballabend ein erstauntes „Was – ihr dürft noch immer nicht heiraten?“ hören. Aufklärung ist immer ein wichtiger Teil des Spiels, ob es die Spielanleitung oder der Sexualunterricht ist.
tät. Zahlreiche Gäste berichten von einer Horizonterweiterung durch diesen Abend, ohne sich in ihrer Sexualität verunsichert fühlen zu müssen. Alle dürfen hier miteinander spielen und Neues erkunden, und wie nach dem Schließen eines Computerspiels mit spannenden Erkenntnissen wieder in den Alltag zurückkehren. Manche stellen mit ihren Outfits Gendergrenzen auf die Probe und belassen es entweder bei einem Abend oder nehmen Anreize für sich mit.
Identität und Sexualität.
Während wieder ausgezeichnete Musik gespielt wird, werden wir uns kostümtechnisch 2018 zwischen Spielfiguren aller Art wiederfinden. Wir erkunden das Spannungsfeld zwischen Kindheitserinnerungen und fetischisierten Aspekten wie Puppen und Rollenspiele. Und wir halten die menschenverbindende Kraft der Spiele hoch: Der olympische Friede soll auch im Grazer Congress herrschen, während sich die Gäste bei schweißtreibenden Aktivitäten näherkommen und sich danach gegenseitig aus den nassen Trikots helfen.
Und damit sind wir beim Steckenpferd des Tuntenballs: Identität und Sexuali-
Bis dahin gibt es aber natürlich wieder viele Levels bei unserem Tunten-
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Steiermark Steiermark
ball-Game von der Themenverkündung über das Tuntenball-Clubbing in der Postgarage bis zum Ballabend. Tuntenball-Tauschbörse Eine neue Veranstaltung ist unsere Tuntenball-Tauschbörse. Ob es Stöckelschuhe in Übergröße oder Perücken sind: Wir haben sie mit voller Freude getragen und dennoch möchten wir sie nicht wiederverwenden.
Sind die Teile zu schade für den Müll, dann bring sie zu unserer Tauschbörse und nimm dafür ein anderes, für dich neues Teil mit. Dadurch fördern wir die gegenseitige Inspiration und möchten ein klares Statement gegen die Wegwerfgesellschaft machen. In diesem Sinne: Stay tuned, und bis spätestens zum 24. Februar 2018 im Grazer Congress, wenn es heißt „Let’s Play Tuntenball!“
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Steiermark
Stolperstein: Im Gedenken an Anton Zierler (geb. 1900)
Text HansPeter Weingand Fotos Andy Joe
Stolperstein
A
m 27. September wurden in Graz im Gedenken an 26 Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt, inhaftiert, vertrieben oder ermordet worden waren, sogenannte „Stolpersteine“ an deren Wohnort verlegt. Auch diesmal ist mit Anton Ziegler ein Grazer dabei, der wegen seiner Homosexualität ins KZ kam und dort zu Tode gekommen ist. „Die RosaLila PantherInnen sehen sich als ‚Familie‘ dieser NS-Opfer. Deshalb begleiten wir diese Stolpersteinverlegungen seit Jahren immer mit Regenbogenfahnen, um an die NS-Opfer zu erinnern“, so RLP-Vorsitzender Joe Niedermayer. Gedacht wurde diesmal dem 1900 geborenen Anton Zierler. Aufgewachsen als Halbwaise bei seiner Mutter gelang dem jungen Mann rasch
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der Aufstieg vom Lehrling zum Kaufmann und zum Prokuristen in Graz. 1926 kam Zierler wegen „Unzucht wider die Natur“ vor Gericht und wurde zu drei Monaten schweren Kerker verurteilt. Ab Juli 1942 lebte er in Graz und in Wien, dort gab ein jugendlicher Strichjunge an, mit ihm Sex im Römerbad gehabt zu haben. Bei der Polizei war er als Homosexueller bekannt, zumal 1936 in seiner Wiener Wohnung bei einer Hausdurchsuchung Bilder von nackten Männern gefunden worden waren. Er wurde im März 1943 zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt und anschließend als §175-Häftling (benannt nach der Bestimmung im deutschen Strafrecht) in das KZ Mauthausen gebracht. Dort starb Anton Zierler am 25. April 1945 im Zellenbau des Lagergefängnisses.
APP IN DEN HERBST Wien
DER MUSIKHERBST AUF EUREM GAYRADIO PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 | 33
Ausland
Eigene Interessen Laut einer Studie der Uni Gießen wählten Lesben, Schwule und Transsexuelle in Deutschland zum Großteil Grüne, Linke oder SPD. Text Hans-Peter Weingand Fotos „Travestie für Deutschland”
D
ie Angaben von über 5300 LGBTIs mit deutscher Staatsbürgerschaft, davon 65 % Männer, konnten aus einer groß angelegten Internet-Umfrage berücksichtigt werden. Das Ergebnis entspricht bei SPD und Liberalen in der Größenordnung dem deutschen Wahlergebnis: die CDU/ CSU und die rechtsextreme AfD ist deutlich unter-, die Grünen und die Linkspartei deutlich überrepräsentiert: Die Grünen führten in der Befragung mit 29 %, gefolgt von der Linkspartei mit rund 23%. Rund 22 % der Befragten gaben an, die SPD zu wählen. Die FDP erreichte 9,5, die Union rund 7 Prozent. Deutliches Schlusslicht war die AfD: nur 2,7 % der TeilnehmerInnen an der Um frage präferierten diese Partei. Die Studie dokumentierte dabei ein eigenes Wahlverhalten schwuler Männer: So war der Zuspruch zu Union, FDP und AfD unter den befragten
Plakataktion von „Travestie für Deutschland”: Keine Angst vor Trans* und keine Stimme für Rechts populisten.
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Schwulen stärker als etwa im Vergleich bei den befragten lesbischen Frauen oder trans-Personen. Die Zahlen unterscheiden sich dras tisch von einer Umfrage des DatingPortals PlanetRomeo zum Wahlverhalten der User des Portals: Dort kam die Union auf 22 % und die AfD auf 12 %. Der Unterschied lässt sich wohl auf eine andere Art der Datenerhebung und die unterschiedliche Breite der Zielgruppen zurückführen, da das Dating-Portal fast ausschließlich schwule Single-Männer anspricht. Die Studie zeige, dass sich LGBTIs von einer „lesbischen Spitzenkandi datin nicht täuschen“ ließen, sagte Henny Engels, Sprecherin des Lesbenund Schwulenverband Deutschlands mit Blick auf Alice Weidel von der AfD. Die Befragten hätten „der homophoben und diskriminierenden AfDPolitik mit 2,7% eine deutliche Ab sage“ erteilt.
Ausland
Trans* im Militär US-Präsident Donald Trump will Transsexuelle in den US-Streitkräften verbieten lassen
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S-Präsident Donald Trump hat Ende Juli via Twitter die Wiedereinführung des von der Obama-Regierung aufgehoben Trans-Verbots in der Armee angekündigt. Er warf Trans-Soldaten vor, „enorme medizinische Kosten und Störungen” im Militär zu verursachen. Das Verbot ist allerdings noch nicht offiziell vom Militär verkündet worden und würde nach Angaben von LGBTI-Organisationen tausende SoldatInnen betreffen, die sich nach der Aufhebung des Verbots unter Obama geoutet hatten – ihnen droht dann die sofortige Entlassung und beispielsweise der Verlust ihrer Krankenversicherung, die an ihre Tätigkeit in den Streitkräften gebunden ist. Am 10. August bei einer Pressekonferenz auf einem seiner Golfplätze in Bedminster, New Jersey, hat Trump dieses angekündigte Trans-Verbot im US-Militär verteidigt. Auf das Thema angesprochen, erklärte Trump, er habe großen Respekt vor der LGBTICommunity. Dann verstieg sich der Präsident zu der Aussage: „Ich glaube, ich habe viel Unterstützung von dieser Community, und ich hatte viel Unterstützung von dieser Community. Ich habe viele Stimmen erhalten. Aber die Transgender … Das Militär arbeitet gerade daran.“ Der US-Präsident hatte allerdings laut einer Wahltagsbefragung nur 16 Prozent der Stimmen von Homo- und Transsexuellen erhalten – und schnitt damit noch einmal sechs Prozent-
Text Gernot Wartner Foto Jill Webb
punkte schlechter ab als vier Jahre zuvor der gescheiterte republikanische Obama-Herausforderer Mitt Romney. Weiter führte Trump zum Trans-Verbot aus: „Es war eine sehr schwierige Situation und ich denke, ich tue vielen Leuten einen Gefallen, indem ich es einfach sage. Wie Sie wissen, war die Sache für das Militär sehr kompliziert. Es war ein sehr verwirrendes Thema für das Militär, und ich denke, ich tue dem Militär einen großen Gefallen." Unterdessen sind am Mittwoch bei einem Gericht in der Hauptstadt Washington D.C. die Klagen von fünf nicht namentlich genannten transsexuellen Mitgliedern des USMilitärs eingegangen. In der Klageschrift heißt es, dass Trumps Ankündigung gegen das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechtes verstoßen würde. Weitere Klagen sind angekündigt, falls Trump das Verbot tatsächlich umsetzt: So planen die LGBTI-Organisation „Lambda Legal“ und die Bürgerrechtsorganisation ACLU, vor Gericht zu ziehen. PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
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Ausland
Keine Ehe-Öffnung Entscheidung des High Court in Belfast Text Gernot Wartner Foto flickr.com/ Robert Paul Young
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er Oberste Gerichtshof von Nordirland hat Mitte August die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben abgelehnt. Das Gericht hatte über Klagen von zwei verpartnerten Paaren zu entscheiden, die in dem britischen Landesteil heiraten wollten. Außerdem hat ein schwules Paar geklagt, das in England geheiratet hatte, dessen Ehe in Nordirland aber nicht anerkannt wurde. Die Anwälte der Paare hatten unter anderem argumentiert, das Ehe-Verbot für gleichgeschlechtliche Paare in Nordirland verstoße gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf Achtung des Privatund Familienlebens garantiert. Die nordirische Verwaltung hatte aber dagegengehalten, dass das Recht auf Eingehen einer Lebenspartnerschaft bereits diese Voraussetzungen erfülle. Der Gerichthof in Belfast erklärte in seiner Urteilsbegründung, es sei Sache des nordirischen Parlaments, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Zwar sei es wegen der historischen Diskriminierung von Homosexuellen verständlich, dass diese das Ehe-Recht erhalten wollten. Rechtlich gesehen sei die Lebenspartnerschaft aber ausreichend. Zwar hat das Parlament von Nordirland bereits im Jahr 2015 mehrheitlich
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für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht gestimmt – mit 53 zu 51 Stimmen. Allerdings verhinderte die radikal-protestantische Partei Democratic Unionist Party (DUP), die größte Partei im Parlament, mit einer sogenannten „Petition of Concern“ die Gleichstellung. Mit der „Petition of Concern“, die nur im nordirischen Parlament angewendet werden kann, sind eine Supermehrheit von 60 Prozent sowie Stimmen aus allen Parteien für die Verabschiedung eines Gesetzes notwendig. Diese Regelung war eingeführt worden, damit die Minderheit bei kontroversen Auseinandersetzungen zwischen protestantischen Unionisten und katholischen Republikanern nicht andauernd überstimmt wird. Mit den letzten britischen Unterhauswahlen im Mai dieses Jahres ist die DUP noch mächtiger geworden: Die homophobe Partei toleriert mit ihren zehn Unterhausabgeordneten in London die konservative Minderheitsregierung von Premierministerin Theresa May. Damit bleibt Nordirland der einzige Landesteil des Vereinigten Königreichs, in dem das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben aufrecht bleibt. England, Wales und Schottland öffneten die Ehe bereits im Jahr 2014. Die Republik Irland folgte ein Jahr später.
Splitter
Ausland
Verfolgungswelle LAGOS. Die nigerianische Polizei hat Ende Juli erneut eine Gruppe von Männern wegen angeblicher Homosexualität festgenommen. Regionalen Medienberichten zufolge stürmte die Polizei ein Hotel in Weigh Bridge im Bezirk Owode Onirin in Lagos und nahm 42 Männer fest. Den Männern wird Homosexualität vorgeworfen, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Sie seien während entsprechender Aktivitäten erwischt worden und sollten nun angeklagt und vor Gericht gebracht werden. Medien zitierten AnrainerInnen, wonach das Hotel ein häufiger Treffpunkt für schwule Männer gewesen sein soll. Die Polizei hatte das Hotel offenbar nach Hinweisen oder Beschwerden aus der Bevölkerung observiert. Homosexuelle Handlungen können in Nigeria nach einem „Unzuchts”-Paragrafen aus britischer Kolonialzeit mit bis zu 14 Jahren Haft belegt werden, nach einer u.a. von der katholischen Kirche eingeforderten Strafverschärfung aus dem Jahr 2014 können auch gleichgeschlechtliche Küsse, die Teilnahme an einer gleichgeschlechtlichen Hochzeitszeremonie oder die Arbeit für LGBTI-Organisationen ent-
sprechend bestraft werden. In mehreren muslimisch dominierten Regionen des Landes drohen zudem Peitschenhiebe und die Todesstrafe nach Scharia-Recht. Zuletzt hatte es immer häufiger Berichte über eine Verfolgung durch staatliche Organe gegeben: In der Hauptstadt Lagos mussten sich kürzlich zwei Männer vor Gericht verantworten, weil sie in einem Hotel (einvernehmlichen) Sex gehabt haben sollen. Der Prozess wird ebenso fortgesetzt wie ein Verfahren gegen 53 Männer, die im April in einem Hotel in der nordnigerianischen Stadt Zaria an einer gleichgeschlechtlichen "Hochzeit" teilgenommen haben sollen. Nigeria ist mit fast 190 Millionen EinwohnerInnen der bevölkerungsreichste Staat in Afrika. Das Volk unterstützt dabei mehrheitlich die homophobe Politik der Regierung: Bei einer Mitte 2013 durchgeführten Umfrage sprachen sich 92 Prozent der Nigerianer für eine Gesetzesverschärfung gegen Schwule und Lesben aus. In jenem Jahr bekannten sich 58 Prozent der Einwohner zum Christentum und 41 Prozent zum Islam.
Roland Emmerich & Omar de Soto Regisseur Roland Emmerich („Independence Day” oder „The Day After Tomorrow”) hat aus seiner Homosexualität schon lange kein Geheimnis mehr gemacht. Seit Sommer ist der gebürtige Stuttgarter nun auch ganz offiziell mit einem
Mann verheiratet. In Los Angeles heiratete er in einer intimen Zeremonie im engsten Freundes- und Familienkreis seinen 28-Jährigen Freund Omar de Soto, mit dem er seit mehr als acht Jahren zu sammen ist.
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Texte Gernot Wartner Foto PRIDEArchiv, Te Tiare Association Inc.
Ausland
Fortschritt AVARUA. Auf den im Südpazifik liegenden Cook-Inseln soll nach Angaben der Zeitung „Cook Island News” das schon seit Jahren nicht mehr angewandte Verbot männlicher Homosexualität nun abgeschafft werden. Nach dem Entwurf des neuen Strafgesetzbuches würden die Paragrafen 154 („Unanständigkeit zwischen Männern”) und 155 („Unzucht”) ersatzlos gestrichen werden. Die beiden Gesetze sehen langjährige Haftstrafen für männliche Homosexualität vor. Bei den Cook-Inseln handelt es sich um 15 von der Außenwelt weitgehend isolierte Inseln im Südpazifik, die zwischen Neuseeland und Südamerika liegen. Gemeinsam verfügen sie über eine Fläche von gerade einmal 260 km². Derzeit leben knapp 20.000 Menschen auf der Inselgruppe, die meisten von ihnen sind Maori. Haupteinnahmequelle ist der Tourismus, das Land machte sich aber in den letzten Jahrzehnten auch als Offshore-Finanzplatz einen Namen. Die
homophoben Gesetze basieren noch auf dem britischen Kolonialrecht. Die Cook-Inseln erlangten 1965 ihre Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich. Das Land ist heute „frei assoziiert” mit Neuseeland. Das bedeutet unter anderem, dass die Bewohner die neuseeländische Staatsbürgerschaft besitzen und der Cook-InselDollar an den Neuseeland-Dollar gekoppelt ist. Die BürgerInnen der Inselkette dürfen unabhängig von Neuseeland frei über ihre Gesetze entscheiden. Die einzige LGBTI-Organisation des Landes, die Te Tiare Association, hat die Gesetzesänderung begrüßt. Zwar gebe es auf den Cook-Inseln keine extreme Gewalt gegen Lesben und Schwule mehr, allerdings lebten viele wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität noch immer in Angst, weil sie von ihrer Familie oder ihren Nachbarn gemieden werden würden. Man hoffe daher, dass die Abschaffung des Homo-Verbots die Akzeptanz erhöhen werde.
Verfolgung SANSIBAR STADT. Die Polizei auf der zu Tansania gehörenden Urlaubsinsel Sansibar will Homosexuelle „jagen und vor Gericht bringen“, kündigte Polizeikommandeur Hassan Alli Nasri Mitte September an. Die Polizei hatte erst in der Woche davor 20 Teilnehmer eines Gesundheitsworkshops wegen angeblicher Homosexualität festgenommen. Sie seien allerdings inzwischen auf Kaution freigekommen, sagte Nasri. Homosexu-
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alität ist in Tansania illegal, wird jedoch in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt. Zuletzt wurden Homosexuelle der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge jedoch vermehrt zum Ziel der Behörden. Sansibar ist eine auch bei europäischen Touristen beliebte Insel im Indischen Ozean. Die Mehrheit der Inselbewohner sind Muslime, weswegen Sansibar als gesellschaftlich konservativer als das Festland gilt.
Gesellschaft
Missbrauch Fast 550 Kinder der Regensburger Domspatzen wurden Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt.
A
ls „Hölle“ und „Konzentra tionslager“ beschrieben ehemalige Mitglieder der Regensburger Domspatzen ihre Zeit in dem Chor, wie der zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals eingesetzte Anwalt Ulrich Weber bei der Vorlage seines Abschlussberichts sagte. Weber arbeitete in den vergangenen zwei Jahren als unabhängiger Gutachter den schon 2010 bekanntgewordenen Missbrauchsskandal auf. Dass die unabhängige Aufarbeitung nicht schon früher erfolgte, lastete der Rechtsanwalt auch dem ehemaligen Regensburger Bischof und jetzigen Kardinal Gerhard Ludwig Müller an. Müller sei für die Schwächen der Aufarbeitung, etwa einen fehlenden Dialog mit den Opfern, verantwortlich, sagte Weber. Gegen den langjährigen Chorleiter und Bruder von Papst Benedikt XVI., Georg Ratzinger, hätten sich aber keine Erkenntnisse ergeben, dass dieser von sexueller Gewalt gewusst habe. Ratzinger sei von den für die Untersuchung befragten ehemaligen Domspatzen sehr unterschiedlich, positiv wie negativ, beschrieben worden. Der von 1964 bis 1994 an der Spitze des Chors stehende Ratzinger sei „sehr ehrgeizig“ gewesen hinsichtlich der Leistung des Chors und habe darüber wohl den Blick für die Gesamtverantwortung für die Kinder verloren.
547 Kinder Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt. Demnach wurden 500 Kinder Opfer körperlicher Gewalt, 67 Kinder auch Opfer sexueller Gewalt. Da einige Kinder sowohl körperliche wie auch sexuelle Gewalt erlitten, liegt die Zahl der Fälle laut Weber über den insgesamt betroffenen 547 Fällen. Es gebe aber eine Dunkelziffer, er gehe von mindestens 700 Opfern aus. Die Opfer beschrieben die Zeiten bei den Regensburger Domspatzen im Nachhinein als „Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager“ oder als schlimmste Zeit ihres Lebens. Besonders in der Vorschule des Chors seien die Übergriffe umfassend gewesen. Laut Weber wurden 49 Beschuldigte identifiziert, die für die Taten verantwortlich gemacht werden könnten. Demnach waren fast alle Vorfälle zu jeder Zeit nach der jeweils gültigen Gesetzgebung strafbar. Es seien inzwischen aber alle Taten nach dem Strafrecht verjährt, so dass keine Strafverfolgung mehr möglich sei. Weber sprach von einer „Kultur des Schweigens“, um die Regensburger Domspatzen als Institution vor einer Rufschädigung zu schützen. So habe auch eine frühe kritische Medienberichterstattung zu keinen Konsequenzen geführt.
Text Gernot Wartner
547
Dem Abschlussbericht zufolge wurden über die Jahrzehnte insgesamt
Verantwortliche des Bistums teilten mit: „Wir haben alle Fehler gemacht und haben viel gelernt“. Das Bistum könne nur um Entschuldigung bitten. PRIDE | Nr. 160 | Oktober 2017 |
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Gesellschaft
Reaktionär Text Gernot Wartner Foto Quelle: rochuskirche.at
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ueere Gottesdienste in katholischen Kirchen. Pfarrer, die sich bereit erklären, Lesben zu trauen, und selbst der Papst zeigt sich tolerant. „Wer sind wir zu urteilen?“, ließ Franziskus seinen Klerus wissen. Öffnet sich die Kirche? Erlebt sie ihre sexuelle Revolution? Die Antwort lautet wohl: eher nein. Die Lehre der Kirche schließt die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare kategorisch aus. Der kanonisch festgelegte Ritus definiert das Sakrament der Ehe ausschließlich als Gemeinschaft von Mann und Frau. Und dann gibt es auch noch die Priester und Pfarrgemeinden der strikten Observanz. Gerhard Maria Wagner und die Pfarre Windischgarsten fallen einem da ein. Oder P. Florian Calice CO und die Pfarre der Oratorianer St. Rochus in Wien-Landstraße. Vier Mal im Jahr bringt sie das Magazin „Rochus“ heraus. Die aktuelle Ausgabe beschäftigt sich mit der Frage „Ehe für alle?“.
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Eine Doppelseite ist der Lesbe Ursula gewidmet. Im Interview schildert sie ihren Weg der „Heilung“. Jesus habe sie von ihrer homosexuellen „Neigung geheilt“, heißt es da etwa. Homosexualität als Krankheit? Wie Grippe oder Krebs? Anscheinend, denn die Homosexualität Ursulas sei die „Konsequenz“ von „traumatischen Erlebnissen“ gewesen. Im Narrativ eines trockenen Alkoholikers schildert sie ihren Leidensweg weiter: „Von Jahr zu Jahr rutschte ich tiefer in den Sumpf der Homosexualität.“ Fast bis zum Selbstmord. Schließlich „heilte“ sie Jesus. Sie fand einen „Weg aus der Homosexualität“, erkannte den „Irrweg“. Homosexualität als Krankheit zu definieren ist ebenso diskriminierend wie gefährlich. Denn logisch zu Ende gedacht, führt das in die Psychiatrie. Und dort waren wir ja schon einmal. Immerhin wurde Homosexualität bis noch vor gerade einmal 25 Jahren als Krankheit gesehen. Erst 1992 strich die WHO sie aus ihrem
Gesellschaft
Diagnosek atalog. Sexuelle Vorlieben zum Leiden zu erklären stigmatisiert Menschen. Sie sind kein „Irrweg“ und schon gar keine Krankheit. In St. Rochus hinkt man dem zeitgemäßen Diskurs über Gleichberechtigung meilenweit hinterher. So bedenklich die privaten Ansichten Ursulas auch sein mögen, sie sind nicht das Problem, sondern dass sie als Argument gegen die Ehe für alle missbraucht werden. P. Florian Calice CO kommt dann nämlich auf einer weiteren Doppelseite zum Schluss: „All das widerspricht nicht nur dem Glauben, es wi-
derspricht vor allem der Natur des Menschen, den Gesetzen der Biologie und der Evolution. Gäbe es nicht die Möglichkeit der Spende von Samen- bzw. Eizellen (ein Luxus, den sich übrigens nur einige Menschen in den wohlhabendsten Ländern leisten können), wäre es noch offensichtlicher, dass einzig die Heterosexualität die Zukunft der Menschheit sichern kann. Und das sollten auch die Gesetze des Staates zum Ausdruck bringen.“ So weit, so reaktionär. Das frische Lüftchen aus dem Vatikans reicht jedenfalls noch nicht bis in den dritten Wiener Gemeindebezirk.
Sexvideo
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ber auch in der orthodoxen Kirche geht es nicht viel besser zu als in der römisch-katholischen Kirche. In Rumänien ist im August ein Bischof der rumänisch-orthodoxen Kirche wegen eines Sexvideos zurückgetreten. In dem seit Mitte Juli im Internet kursierenden Film soll Bischof Corneliu Barladeanu, der 2009 zum Bischof der ostrumänischen Stadt Hus‚ i gewählt wurde, beim Sex mit einem 17-jährigen Schüler zu sehen sein. Der 51-Jährige erklärte in einer knappen Stellungnahme, er sei unschuldig, ziehe sich aber zurück, um Schaden von der Kirche abzuwenden. Zuvor hatte die Synode der rumänisch-orthodoxen Kirche zwei Tage über den Fall beraten – zum er-
sten Mal in ihrer 92-jährigen Geschichte stand ein Sexskandal auf der Tagesordnung. Die Kirchenspitze begrüßte den Rücktritt Barladeanus. Eine offizielle Untersuchung hätte Monate gedauert und die „Situation der Ungewissheit“ verlängert, hieß es in einer Stellungnahme. Der ehemalige Bischof bleibe als Mönch willkommen, dürfe aber keine Messe mehr leiten. Das Sexvideo war bereits der zweite „Homo-Skandal“ in der rumänischen Kirche innerhalb weniger Wochen. Erst Ende Juli war ein Priester aus dem Nordwesten Rumäniens exkommuniziert worden, weil er ebenfalls eine sexuelle Beziehung mit einem 17-Jährigen gehabt haben soll.
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Kultur
Liebenswerter Grantler Text Hans-Peter Weingand Foto Dominik Pichler
Michael Buchinger: Der Letzte macht den Mund zu. Selbstgemachte Gemeinheiten und extrafrische Bösartigkeiten. Ullstein Taschenbuch, 240 Seiten; ISBN10: 3548376789; 10,27 Euro
I
m Jahr 2010 berichtete ein Finanzmagazin über einen Matu ranten aus dem Burgenland und bezeichnete den damals 18-jährigen als „der bekennend homosexuelle Youtuber“ Michael Buchinger. Das hält der erfolgreiche Blogger (www.michaelbuchinger.at) und Video-Macher als alleiniges Einstellungsmerkmal für blöd: „’Der bekennend exzentrische Youtuber’, ‚der bekennend alkoholabhängige Youtuber’, ja, von mir aus sogar ‚der bekennend in der Damenabteilung einkaufende Youtuber’ wäre mir lieber gewesen, als diese für den Artikel völlig irrelevante Beschreibung meiner Person.“ Für die Lektüre ist das nicht ganz irrelevant. Eine böse kleine Schwester hat ein Buch geschrieben: „Die Geschichten kreisen allesamt um Dinge und Situationen, die ich fürchterlich anstrengend und falsch finde.“ Und das ist bei Michael eine ganze Menge. Familie, Beziehungen beginnen und beenden, studentisches Dasein, shoppen gehen, Hypochonder-Leben, Schwanzbilder und One-NightStands, gutes Benehmen und natürliche alles Mögliche rund ums Internet. Das sind so die Bereiche, an denen uns Michael seine Erfahrungen mitteilt, uns an seinen Gedanken teilhaben lässt und am Schluss des Kapitels mit „Buchingers Goldene Regeln“ Tipps für ein besseres Leben gibt. Für Michael Buchinger, 1992 in Wien geboren, ist es sein erstes Buch. Sonst
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schreibt er für Vice, Miss und Die Welt. Er hat Anglistik studiert und erhielt 2015 den Deutschen Webvideo preis in der Kategorie Lifestyle für das Format „Michaels Hass-Liste“. Das Buch kam auf die Spiegel-Bestseller liste aber dass das deutsche Publikum auf das Buch abfährt, soll für Michael in Österreich kein Nachteil sein. Er schreibt eben in einer liebenswert grantelnden Art und Weise, dass es einem schwerfällt, das Buch wieder wegzulegen. Wer also eine längere Wartezeit am Gate zu erwarten hat oder eine längere Bahnfahrt, gerne am Klo liest oder noch nicht schlafen will: Das Buch ist für solche Sit uationen ideal. Die Kapitel mit Michaels Lebensbetrachtungen plätschern vor sich hin, will dieses Buch doch einfach nur unterhalten. Dabei wird auch kaum etwas aus gelassen: „Was alles nervt – von A bis vegan bis Z wie Blumenkränze“ verspricht der Klappentext.
Kultur
Regenbogen-Shop
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Alle Artikel sind erhältlich bei: HOSI Linz, Goethestraße 51, 4020 Linz oder bei den RosaLila PantherInnen, Annenstraße 26, 8020 Graz – oder www.pride.at/regenbogenshop Bei Bestellung: Alle Artikel sind inklusive der Versandkosten im Voraus zu bezahlen!
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Kultur
Splitter Film als Netz-Hit
Text Gernot Wartner Fotos In a Heartbeat
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er Kurzfilm „In a Heartbeat“ erzählt die Liebesgeschichte der Schulkollegen Sherwin und Jonathan. Ein neues Thema in der Computer-Animation, das weltweit Herzen höher schlagen lässt. Nachdem sich der schüchterne Sherwin nicht selbst traut, den Buben, in den er sich verliebt hat, anzusprechen, macht sich sein Herz selbst auf den Weg. Das ist die kurzgefasste Geschichte, wie sie „In a Heartbeat“ erzählt wird. Der vierminütige, dialogfreie Animationsfilm wurde von Esteban Bravo und Beth David am Ringling College of Art and Design in Sarasota im US-Bundesstaat Florida realisiert. Die Studenten finanzierten die Abschlussarbeit via
Youtube: > In a Heartbeat youtube.com/ watch?v= 2REkk9SCRn0
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Kickstarter. „Dieser Film ist nicht nur der Höhepunkt unserer vierjährigen Ausbildung (…), sondern auch Ausdruck eines Themas, das noch nie in der Computer-Animation behandelt wurde“, sagte das Regieduo gegenüber „Eonline.com“. 416 Personen spendeten 14.191 US-Dollar, um das Projekt zu finanzieren – mehr als dreimal so viel, wie die Studenten erhofft hatten. Der „Huffington Post“ sagten die jungen Filmemacher: „Wir hoffen, dass der Film jenen, die sich mit den Charakteren identifizieren, gefällt. Und dass alle anderen ein bisschen Verständnis bekommen für diese Erfahrungen.“ Und es scheint funktioniert zu haben. Auf Facebook und Youtube war der Film jedenfalls ein Klickhit!
Kultur
Casting für NEVRLAND Text Gerhard Niederleuthner Fotos Nevrland
Erstes MoodBild für Nevrland
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ür den Kinospielfilm NEVRLAND, gefördert durch ORF, Filminstitut und Filmfonds, unter der Regie von Gregor Schmidinger und mit Josef Hader, wird noch der 17-jährigen Hauptdarsteller gesucht. Gesucht werden schlanke Jungs zwischen 16 und 20 Jahren mit österreichischer Sprachfärbung. Individualität im Aussehen und Interesse an elektronischer Musik willkommen. Schauspielerfahrung ist nicht notwendig. Der Film wird teilweise auf Englisch gedreht, da der zweite Hauptdarsteller Amerikaner ist. Das Casting findet in Wien statt. NEVRLAND erzählt die Geschichte des 17-jährigen introvertierten Jakob, der sich nichts sehnlicher wünscht,
als sich lebendig zu fühlen. Angstattacken hindern ihn daran und zwingen ihn zur Flucht in virtuelle Welten. In einem Camchat lernt er den 26-jährigen Kristjan kennen. Rasch entwickelt sich eine intime OnlineFreundschaft, die bald zu einem ersten Treffen im realen Leben führt. Ohne es zu bemerken, tritt Jakob die Reise nach NEVRLAND an. Von da an gibt es nun kein Zurück mehr, und Jakob muss sich seiner größten Angst stellen. Regisseur Gregor Schmidinger wurde 1985 in Linz geboren und ist seit 2012 freischaffender Drehbuchautor und Regisseur. Seine ersten beiden Kurzfilme THE BOY NEXT DOOR (2007) und HOMOPHOBIA (2012) haben mehr als 15 Millionen Aufrufe auf YouTube.
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Infos: nevrland movie.com/ casting/
Gesundheit
Kennst Du Deinen HIV-Status? Das frühzeitige Wissen um eine Infektion ist wichtig für eine angemessene Therapie.
Text Hans-Peter Weingand Foto RLP
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ie Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass circa 2,3 Millionen Menschen in Europa mit HIV/AIDS leben. Erschreckenderweise muss man davon ausgehen, dass mindestens ein Drittel der HIV-Positiven keine Kenntnisse von ihrem Gesundheitsstatus haben. Das frühzeitige Wissen um die Infektion ist aber eine Voraussetzung für eine angemessene und rechtzeitige antiretrovirale Therapie, da diese die fortschreitende Verschlechterung des Immunstatus und somit des Gesundheitszustandes verhindert. Zudem wird angenommen, dass jene HIV- Positiven, die ihren Status nicht kennen, einen überproportionalen Anteil an den registrierten Neuinfektionen haben.
Ein sogenannter Late Presenter ist jemand, dessen HIV-Infektion erst zu einem Zeitpunkt festgestellt wird, an
dem er schon längst eine Therapie benötigt hätte. Dazu zählen HIV-Infizierte mit klinischen Symptomen und jene ohne Symptome, aber mit einer hohen Zahl an Viren im Blut. In manchen Fällen suchen Betroffene erst dann einen Arzt oder eine Ärztin auf, wenn sie schon eine der so genannten AIDS-definierenden Erkrankungen wie beispielsweise Tuberkulose entwickelt haben. Das Fortschreiten der HIV-Erkrankung kann heutzutage weitestgehend aufgehalten werden, unter der Voraussetzung eines frühzeitigen bzw. rechtzeitigen Therapiestarts. Einer Hochrechnung zufolge sind gut 50 Prozent der neu diagnostizierten HIV-Infizierten Late Presenter. In Österreich wie auch in anderen mitteleuropäischen Ländern werden viele HIV-Infektionen erst viel später als möglich festgestellt. Deswegen ist es wichtig, über den eigenen Status Bescheid zu wissen. Bei den Aidshilfen kann man sich anonym und kostenlos testen lassen.
U Wanna Play?
Ticket for free
Late Presenter
Anlässlich des Welt AIDS Tages veranstaltet Stop AIDS in Kooperation mit dem Lokal „Katze Katze“ und der AIDS-Hilfe Steiermark ein Clubbing. Speziell Männer, die Sex mit Männern haben, aber auch alle anderen können am Freitag, den 1. Dezember, in Graz für den guten Zweck feiern. Der Erlös geht dabei an die AIDS-Hilfe Steiermark.
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Spar dir den Eintritt und lass dich im November kostenlos und anonym testen. Denn mit jedem HIV-Test bekommst du bei der AIDS-Hilfe ein Ticket for free. Testzeiten sind Di, Mi und Do von 16:30 bis 19:30 Uhr. Alle weitern Infos zum Test findest du auf aids-hilfe.at
Gesundheit
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Oberösterreich Mach mit! Die HOSI Linz sucht für den ehrenamtlichen Bardienst neue MitarbeiterInnen. Bei Interesse: ooe@hosilinz.at
Termine HOSI Treff Fr., 13.10.2017/19:00 HOSI-Treff Der gemütliche und in formative Treff für Mitglieder und FreundInnen der HOSI Linz, alle zwei Wochen. 19:00 bis 21:00 in der HOSI Linz Fr., 24.10.2017/19:00 HOSI-Treff Der gemütliche und in formative Treff für Mitglieder und FreundInnen der HOSI Linz, alle zwei Wochen. 19:00 bis 21:00 in der HOSI Linz
Fr., 24.11.2017/19:00 HOSI-Treff Der gemütliche und in formative Treff für Mitglieder und FreundInnen der HOSI Linz, alle zwei Wochen. 19:00 bis 21:00 in der HOSI Linz
YOUnited YOUnited ist die queere Jugendgruppe für alle bis 25 Jahre. Egal ob schwul, lesbisch, bisexuell, transgender oder sonstige Lebens- und Liebensformen,
bei den Treffen ist Platz für jede und jeden. YOUnited will Jugendlichen eine Plattform bieten, bei der sie unbeschwert Gleichgesinnte kennen lernen und frei von Vorurteilen ein tolle Zeit mit vielen netten Leuten verbringen können. Die Treffen finden aktuell jede zweite Woche freitags statt. Die genauen Treffpunkte & das jeweilige Programm: hosilinz.at/younited/ oder facebook.com/ younitedlinz/
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Homosexuelle Initiative Linz HOSI Linz – Die Lesben& Schwulenbewegung in Oberösterreich Goethestraße 51, 4020 Linz Jeden Fr. und Sa. ab 21:00 W hosilinz.at T 0732/60 98 98 E ooe@hosilinz.at facebook.com/hosilinz
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Lesbentreff „Lesbresso – what shall‘s“ Ab 19:00 am 1. Fr. Eine Kooperation von aFZ Linz & HOSI Linz W hosilinz.at/frauen
Queer Refugees welcome Informationen und Hilfe in fünf Sprachen: W hosilinz.at/category/ refugees
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Termine Oktober Sa., 07.10.2017/10:00 L-Ways Herbstwanderung Treffpunkt: Brandlucken So., 08.10.2017/17:00 TransgenderSelbsthilfegruppe feel free Di., 10.10.2017/18:00 Elternstammtisch La Meskla Mi., 18.10.2017/18:00 Good Night Gay Pride? Präsentation der Forschungsergebnisse zu den CSD-Paraden in Wien und Graz; Ort: feel free Do., 19.10.2017/19:00 Donna Lila Frauentreffen La Meskla Do., 26.10.2017/18:00 RLP-Teammeeting feel free
Steiermark
Di., 31.10.2017/23:00 The FAGtory Club – Halloween Edition Postgarage
November Do., 09.11.2017/18:00 RLP-Teammeeting feel free Fr., 10.11.2017/18:00 Neueröffnung feel free feel free So., 12.11.2017/17:00 TransgenderSelbsthilfegruppe feel free Di., 14.11.2017/18:00 Elternstammtisch La Meskla Do., 16.11.2017/19:00 Donna Lila Frauentreffen La Meskla Do., 23.11.2017/18:00 RLP-Teammeeting feel free
Fr., 24.11.2017/20:00 queer Referate Graz – Queer Unifest Details auf Facebook Sa., 25.11.2017/18:00 Tuntenball Tauschbörse Noch immer kein Outfit für den Tuntenball? Einzige Spielregel: Es darf nur getauscht werden. Also bring dein Kostüm vom Vorjahr mit! Details auf Facebook
Dezember Sa., 02.12.2017 Tuntenball Vorverkaufsstart Infos: tuntenball.at Mo., 04.12.2017 Tuntenballkarte sichern: Glaub nicht an Gerüchte! Es gibt sicher noch Tuntenballkarten! Infos: tuntenball.at
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RLP-Teammeeting Jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat um 18:00 im feel free – alle sind willkommen mitzuarbeiten! Donna Lila Frauentreffen Jeden 3. Donnerstag im Monat um 19:00 im La Meskla ElternStammtisch Jeden 2. Dienstag im Monat um 18:00 im LaMeskla
Homosexualität & Glaube (HuG) Jeden 2. Montag im Monat um 19:30 im EHG-Raum, Martin-Luther-Haus 1. OG, Kaiser-Josef-Plz. 9 u. jeden 4. Montag im feel free TransgenderSelbsthilfegruppe Jeden 2. Sonntag im Monat um 17:00 im feel free
L-Ways Lesbenwanderungen Kultur- und Freizeitgruppe Programm und Details im Programm und Details im RLP-Kalender sowie unter: RLP-Kalender sowie unter: facebook.com/L_ways facebook.com/RLP.Kultur
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Antwort Die Anonymität der InserentInnen der kostenlosen Kleinanzeigen wird auf Wunsch gewahrt; für Herkunft, Inhalt, Qualität und Wahrheitsgehalt der in den Anzeigen angebotenen, nicht kommerziellen Waren, Dienstleistungen oder Mitteilungen bzw. für die direkten und indirekten Folgen ist die Redaktion nicht verantwortlich. Inserate, die ausschließlich oder überwiegend kommerzielle Zwecke verfolgen, können wir nicht kostenlos abdrucken. Auf Anfrage übersenden wir aber gerne unsere aktuelle Anzeigenpreisliste. 0900-Nummern sind kostenpflichtig. Bei gewünschter Veröffentlichung der Telefonnummer muss der Redaktion eine Kopie der letzten Telefonrechnung vorliegen, bei Veröffentlichung der Adresse ist eine Kopie des Personalausweises/Reisepasses notwendig (per FAX: 0732/70 04 74-4 oder per Post: PRIDE, Gerstnerstraße 13, 4040 Linz, Kennwort: „Kontakte“). Die Redaktion behält sich vor, die Veröffentlichung von Anzeigen ohne Angabe von Gründen abzulehnen sowie Kontakta nzeigen zu kürzen oder bei Platzm angel in der folgenden
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