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Albert Mellauner: „Die Farbe ist mir das Wichtigste

ALBERT MELLAUNER „Die Farbe ist mir das Wichtigste“

Albert Mellauner war 20 Jahre lang Kunstlehrer und ist heute für seine Farbkompositionen bekannt. Der Künstler hat schon als Kind gerne gezeichnet. Zuerst Tiere und Landschaft, später entdeckte der gebürtige Gadertaler die abstrakte Kunst. Im PZ-Interview erzählt er, was ein Schnitzel mit Salat damit zu tun hat, warum die Künstlerin Milli Schmalzl ihn geprägt hat und was der Blick auf seine frühen Werke bei ihm selbst auslöst.

Ein typischer Arbeitstag beginnt für Albert Mellauner um acht Uhr morgens. Dann zieht er sich bis zum späten Vormittag in seine zum Atelier umfunktionierte ehemalige Wohnung in St. Georgen zurück. „Hier fühle ich mich zuhause”, sagt er, „auch wenn dem Raum die Höhe fehlt.” Aus großen Farbeimern ragen Pinsel in verschiedenen Größen. Daneben Tücher, Terpentin, Zeitungen, Blätter. Bilder mit den für ihn typischen Farbkompositionen lehnen an der Wand. Ganz Künstler eben.

Albert Mellauner, Jahrgang 1947, wächst in Welschellen im Gadertal auf. Schon in der Volksschule zeichnet er gerne. Seine Lehrer wissen sein Talent zu schätzen und empfehlen, den Buben auf die Kunstschule nach Gröden zu schicken. Mit gerade einmal zwölf Jahren packt er

PZ: Herr Mellauner, Sie sind im Gadertal aufgewachsen, wo Sie eine kleine Bergschule besucht haben. Ein passendes Umfeld für einen zukünftigen Künstler?

einen Koffer auf seine Kraxe und steigt in Zwischenwasser in den Bus nach Gröden. „Als Maler und Zeichner konnte ich mich unter den Grödnern gut verteidigen”, sagt er. 1966 macht er die Matura und anschließend zieht es in nach Italien. In Venedig und Florenz besucht er den Magistero d’Arte, den er 1968 mit ausgezeichnetem Erfolg abschließt. Mit gerade einmal 21 Jahren macht er die Lehrbefähigung für Mittel- und Oberschulen und unterrichtet 20 Jahre lang Kunsterziehung an der Meusburger in Bruneck. Seither ist er freischaffend tätig und hat sich vor allem durch seine Farbkompositionen einen Namen gemacht. Ab 17. April 2020 ist eine Ausstellung Mellauners zum 30-jährigen Bestehen des Museumsvereins im Stadtmuseum Bruneck geplant. Bei Redaktionsschluss war nicht klar, ob dieser Termin eingehalten werden kann.

www.albertmellauner.it

Albert Mellauner: Ja, durchaus. Mein Weg zur Kunst nahm damals in Untermoi seinen Anfang. Ich habe immer gerne Tiere und die Umgebung gezeichnet. Und meine Lehrer? Die lobten mich dafür. Ich sehe es noch heute vor mir, wie ich an Ostern hinaus an die Tafel gerufen wurde und für die ganze Klasse vorzeichnen durfte. Hasilan, Eier, Palmkätzchen. Das war eine Ehre für mich. Wegen meiner Deutschkenntnisse bin ich nicht so oft nach vorne geholt worden. Die Sprache liegt mir einfach nicht und fällt mir bis heute schwer.

Zeichnen ging Ihnen viel leichter von der Hand. Wie kam’s? Von meinen Eltern habe ich es nicht. Mama war Schneiderin, Papa ein guter Handwerker. Er hat nie am Papier gespart, auch Holzfarben und Bleistifte habe ich immer bekommen. Später dann gab es die erste Packung Aquarellfarben, eine gebrauchte. Die Farben waren schon bis zur Hälfte fertig, aber für mich war es trotzdem ein Fest. Zeichnen war einfach meine Welt, ich habe es immer schon gerne gemacht.

Besonderer Gast: Bei der Eröffnung einer Ausstellung von Mellauner in der Athesia-Gallerie 1977 trägt Norbert C. Kaser einige Gedichte vor.

Haben Sie sich deshalb mit gerade einmal zwölf Jahren an der Kunstschule in St. Ulrich eingeschrieben? Nein, eigentlich hätte ich gerne das Vinzentinum besucht. Aber durch mein Benehmen bin ich als dafür nicht geeignet erachtet worden und mein Volksschullehrer empfahl, mich nach Gröden zu schicken. Ich habe also einen Koffer in meine Kraxe gepackt und bin mit dem Bus dorthin gefahren. Es war nicht ganz einfach für mich zwischen den ganzen Grödnern. Aber mit der Zeit wurde das Heimweh weniger. Was hat Sie in der Zeit in Gröden besonders geprägt? Meine Lehrerin Milli Schmalzl. Sie hat Malerei unterrichtet. Schmalzl war damals eine der wenigen Künstlerinnen in Südtirol, eine Pionierin auf dem Gebiet. Sie hat viele Südtiroler Künstler ausgebildet und hat mich durch ihre starke Persönlichkeit geprägt.

Sie sind heute in der Malerei zuhause. Gab es keine Ausflüge in die Plastik? Wir haben auch modelliert, aber das hat mich eigentlich nie besonders interessiert.

Nachdenklicher Ort, fröhliche Farben: Mellauners Werk am Friedhof in St. Sigmund.

Mellauners Interpretation einer Taufnische in St. Georgen. Auch abstrakt zu arbeiten, habe ich erst später gelernt. Nach dem Abschluss der Kunstschule bin ich nach Venedig und Florenz und habe dort den „Magistero d’Arte“ besucht, eine Sonderschule für die zukünftigen Kunsterzieher. Eines Tages sagte Professore Pornaro zu mir: Albert, was malst du da? Er meinte, heute Mittag habe er ein Schnitzel mit grünem Salat gegessen. Das fand er nicht nur gut, sondern es schmeckte auch seinen Augen ganz wunderbar. Dieses Braun, dieses Grün! Willst du nicht etwas mit diesen Farben probieren?, fragte er mich. Seine mittägliche Speisekarte führte mich zum abstrakten Denken. Es war meine erste Berührung mit der Farbe und der Bauhaus-Schule, was in den 60er-Jahren für Italien ganz und gar ungewöhnlich war.

Heute ist das Spiel mit Farben ja Mittelpunkt Ihrer Arbeit. Die Farbe ist mir das Wichtigste. Man kann alle Emotionen mit ihr ausdrücken. Das geschieht bei mir aber nicht aus dem Bauch heraus. Ich bin ein rationaler Mensch, ich will die Farben in Ordnung bringen. Es gibt keine Bauchkunst bei mir.

Welcher Schule fühlen Sie sich zugehörig? Da ist bei mir wohl sehr viel Bauhaus drin. Die Expressionisten wären mein Gegenpol. Die Aufteilung in Flächen ist mir oft zu reduziert, ich möchte sie mehr bewegen. Die europäische abstrakte Kunst ist mir viel zu wenig tragisch.

Weil Tragik zur Kunst gehört? Ich brauche einen Hauch von Barock. Die Barockkunst trägt auch eine abstrakte Idee in sich. Das Deckenfresko von Paul Troger im Brixner Dom hat diese Bewegung in den Figuren. In vielen meiner Bilder sieht man, dass sie bewegt sind und einen Hauch Tragik in sich tragen.

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36 Ein italienischer Professor brachte Mellauner zur abstrakten Kunst. Seither zeichnet das Spiel mit Farbe seine Werke aus.

Braun wie ein Schnitzel, grün wie Salat: Haben Sie eine Lieblingsfarbe? Ein Künstler muss in der Lage sein, mit allen Farben die richtige Stimmung zu erzeugen. Aber für Blau schlägt mein Herz besonders laut.

Was stellen die Bilder von Albert Mellauner dar? Sie beginnen immer irgendwo in der Landschaft. Damit will ich meine Emotionen ausdrücken und die Betrachter begeistern. Früher waren die vier Jahreszeiten mein Thema, weil sie die ganze Palette an Stimmungen enthalten. 1990 hat mich ja die katholische

Kirche für sich entdeckt. Ich habe seither viele Wände von Friedhofskapellen gemalt. Das führe ich darauf zurück, dass in meiner Kunst eben auch Tragik enthalten ist. Aber Trauer muss nicht immer nur Schwarz sein. In St. Sigmund etwa habe ich für diesen nachdenklichen Ort ganz fröhliche Farben verwendet.

Sie haben lange unterrichtet. War das eine Entscheidung gegen das brotlose Künstlerdasein? Die Lehrbefähigung gleich nach meiner Ausbildung war für mich wie ein 13-er im Totocalcio. Mir war immer klar, dass es schwierig sein würde, nur als Künstler zu leben. Ich musste unterrichten. Es hätte nicht gereicht, wenn ich gesagt hätte: Schaut, da bin ich, ich möchte jetzt meine Forschung in der Farbenwelt beginnen. So konnte ich langsam in diese Welt eintauchen und trotzdem meine Familie ernähren. 20 Jahre in der Schule haben dann aber auch gereicht (lacht).

Was war Ihnen beim Unterrichten wichtig? Ehrlich? Ich war ein schlechter Lehrer, aber meine Schüler waren sehr fleißig und geschickt. Viele von ihnen wuchsen auf Bauernhöfen auf. Wir haben alle Preise gewonnen, die es zu gewinnen gab. Damals habe ich verstanden: Wer als Kind lernt, praktisch zu arbeiten, entwickelt besondere Fähigkeiten.

Was waren Ihre Meilensteine? Die Kapelle in der Landwirtschaftsschule in Dietenheim, die niemand kennt. Das war eine wichtige Arbeit. Irgendwie hat man bei den Planungen vergessen, eine Kapelle in das Projekt miteinzubeziehen. Am Ende wurden dann schnell zwei unterirdische Garagen dafür bereitgestellt. Es war schwierig, diese zu gestalten. Licht und Höhe fehlten. Aber irgendwie habe ich das gelöst. Und dann würde ich auch die Fassade der Regina-Pacis-Kirche in Bozen und die Wandmalerei der Villa Elsa in Bruneck dazuzählen.

Ab 17. April ist eine Ausstellung im Stadtmuseum geplant. In Zeiten von Corona weiß niemand so genau, ob sie denn stattfinden wird. Wie gehen Sie damit um? Ich hoffe vor allem, dass ich meine Ausstellung trotzdem früher oder später zeigen kann.

Was ist das Thema der Ausstellung? Es gibt keines. Man hat mich jetzt zum 30-jährigen Bestehen des Museumsvereins eingeladen, dessen Gründungsmitglied ich war. Vielleicht ist es auch, weil sie meinen 70. Geburtstag vergessen haben. Egal, ich bin begeistert, dass ich zu einem 30-Jährigen ausstellen darf, da fühle ich mich gleich viel jünger.

Der Betrachter wird ja auch den jungen Mellauner zu sehen bekommen? Es werden einige meiner frühen Bilder ausgestellt, aus den 70ern. Ich habe schon damals ähnliche Themen aufgegriffen und im Vergleich zu heute sieht man die Entwicklung. Das ist sicher spannend.

Was löst bei Ihnen selbst der Blick auf die frühen Werke aus? Da kommt sofort der Gedanke an schlechte Zeiten. Ich habe zehn Ausstellungen hintereinander gemacht ohne je ein Bild zu verkaufen. Diese Bilder habe ich alle im Keller gebunkert. Das waren wahrlich keine Erfolgsjahre, aber Lehrjahre allemal.

// Interview: Verena Duregger

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