5 minute read
Helmut Kofler: Der Laibhaftige
Ahrntaler Graukäse ist das, was man einen echten Überlebenskünstler nennt. Über Jahrhunderte wurde er auf Höfen und Almen hergestellt. Seit Slow Food ihn 2005 zum Presidio, also zum schützenswerten Produkt ernannt hat, erlebt er eine Renaissance – in der Spitzengastronomie und bei den Bauern selbst. Helmut Kofler aus Prettau ist einer von ihnen: Seit Generationen versteht man sich in der Familie auf die Herstellung dieses ganz besonderen Produkts.
PZ: Wenn man einen Bauern nach seinem Graukäserezept fragt…
Helmut Kofler: … dann wird man herausfinden, dass zwar alle Bauern das gleiche System haben, aber dennoch anders tun. Vor Jahren ist ein Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Schule von Hof zu Hof gegangen, um die Rezepte aufzuschreiben. Er fand nicht einmal zwei identische Rezepturen. Viele arbeiten mit Lab, andere wie wir züchten die Säurekulturen selbst. Ich sage immer: Alle tun sie anders und am Ende wird es alles Käse.
Auf welche Machart vertrauen Sie?
Ich habe mein Rezept vom Vater übernommen, und der hat es wiederum von seinem Vater. Auch ich habe es an meinen Sohn und dieser wiederum an seine Kinder weitergegeben. Wir verarbeiten die Rohmilch unserer fünf Kühe. Die Milch stellen wir zur Seite, bis sie natursauer wird. Dann geben wir sie in den Kupferkessel, den wir über dem offenen Feuer erhitzen und wärmen sie. Einen Temperaturmesser brauche ich nicht. Ich fahre mit der Hand hinein und habe es im Gefühl, wenn es soweit ist.
Auf was muss ein Graukäseproduzent achten?
Helmut Kofler, Jahrgang 1954, ist Bauer in Prettau. Sein Sohn Alexander bewirtschaftet den Hof „ban Schnaida” mit seiner Frau Ingrid und den vier gemeinsamen Kindern mittlerweile in 5. Generation. Helmut Kofler und seine Frau Cilli helfen noch immer tatkräftig mit.
Die Graukäseproduktion ist das Steckenpferd von Helmut: Wenn die Familie die Kühe im Juni zuerst an die sogenannte Unterhitte an der Lobisau am Aufgang zum Windtal bringt, fängt er mit dem Käsen an. Ende Juli wechseln Mensch und Vieh auf die gegenüberliegende Talseite zur Oberhitte an der Fuchsalm. Graukäse ist bei den Koflers eine Familientradition: Der Kupferkessel, in dem die Milch erhitzt wird, ist fast 100 Jahre alt. 2019 wurde der Käse von Helmut Kofler bei der Vergleichsverkostung im Rahmen der Ahrntaler Graukäsetage mit dem 3. Platz ausgezeichnet. Auch heuer wird er teilnehmen. „Dabei sein ist alles“, sagt er. //
Zwei ganz gleiche Käselaibe zu machen, ist fast unmöglich. Mal ist die Luft trocken, mal nass. Man muss aufpassen, dass es keinen Schimmel gibt oder der Laib Klüfte aufreißt. Das gefällt mir daran: Sich jeden Tag neu darauf einstellen und das Gegenteil von einem normierten Käse herstellen. Mit diesen Laiben musst du umgehen wie mit legenden Hennen: vorsichtig.
Platz an der Sonne: Die Oberhitte von Familie Kofler auf der Fuchsalm oberhalb von Prettau ist ein Postkartenidyll. Hier entsteht ausgezeichneter Graukäse nach einem über Generationen überlieferten Rezept.
In Form gebracht: Graukäse ist mehr als ein bäuerliches Produkt. Für die Menschen im Tal ist er identitätsstiftend.
Stand für Sie nie zur Debatte, das Käsen aufzugeben?
Bei uns ist immer gekäst worden. Dieser Tradition fühle ich mich verpflichtet. Viele sind davon abgekommen, weil sie die Milch auch im Sommer lieber an die Sennerei verkaufen. Das lohnt sich, da der Auszahlungspreis im Sommer höher ist. Wir sind mit unseren Vieh auf der Alm und von dort könnten wir die Milch ohnehin nicht ins Tal liefern. Somit ist uns die Entscheidung, einmal nicht mehr zu käsen, auch abgenommen.
Was ist das Geheimnis eines guten
Graukäse?
Das Grundprodukt, die Milch. Wenn sie gut ist, schmeckt der Käse besser. Die Milch nimmt ja den Geschmack des Futters auf. Von Juni bis Mitte Oktober sind unsere Tiere auf der Alm. Sie fressen die Kräuter, die sie finden. Dementsprechend gut ist auch die Milch. Für einen Kilo Käse werden zehn Liter benötigt. Unsere Laibe wiegen am Ende zwischen drei und vier Kilo. Das ist eine ideale Größe. Wie viel Käse wir produzieren, ist von Tag zu Tag unterschiedlich, weil die Kühe nicht immer gleich viel Milch geben. gen 13 Euro pro Kilo, das halte ich für einen fairen Preis. Dass der Graukäse heute die Anerkennung bekommt, die er sich verdient, ist erfreulich.
Mit Essig und Zwiebeln, pur, jung oder reif: Graukäse wird in vielen Varianten genossen. Wie mögen Sie ihn am liebsten?
Ich mag ihn richtig zintig, wie wir im Tal sagen. Also ziemlich reif, was manche zum Davonlaufen finden (lacht).
Warum käst Familie Kofler nur auf der
Alm?
Die restliche Zeit des Jahres verkaufen wir unsere Milch an die Sennerei. Der Grund ist einfach: Ich möchte nicht mit Lab anfangen, sondern es nach unserem alten Rezept mit Säurekulturen machen. Und die könnte ich zuhause sicher nicht so hinbekommen wie hier oben.
2005 ist der Graukäse von Slow Food zum Presidio ernannt worden, also zum besonders schützenswerten Produkt. Seither erlebt er eine Aufwertung.
Wir waren damals einige der wenigen, die den Graukäse noch hergestellt haben, insofern hatten wir nie große Probleme mit dem Verkauf. Aber nun sind die Hofkäsereien tatsächlich im Aufschwung. Viele verstehen nicht, dass die Bauern im Tal mit den steilen Wiesen einfach viel schwierigere Bedingungen haben als andernorts. Wir verlan-
Am Kirchtagsamstag im Oktober geht es für gewöhnlich wieder nach unten. Wie ist das Leben oben am Berg?
Wenn ich um 5.30 Uhr aufstehe und hinter der Hütte sehe, dass der Rauchkofel eine Kappe aus Nebel trägt, dann weiß ich: Es kommt ein Wetter. Wir leben mit der Natur. Wenn das Heu im Stall und das Vieh gesund ist, bin ich zufrieden. Dann setze ich mich am Abend gerne hinaus auf die Bank und schaue hinüber ins Windtal. Es ist einfach hier oben – und schön. EIN ECHTER // Interview: Verena Duregger Bei den 4. Ahrntaler Graukäsetagen vom 18. - 26. September rückt das AHRNTALER Suchen Mitarbeiter Mitarbeiter bekannteste Produkt des Tauferer Ahrntals in den Mittelpunkt. Neben dem großen Eröffnungsfest mit Käse- und Bauernmarkt, einer Graukäsevergleichsverkostung und der Prämierung des besten Graukäses 2021 stehen Schauvorführungen in verschiedenen Käsereien auf dem Programm. Auch die Gastronomiebetriebe im Tal widmen sich in dieser Tel.: 0472 86 90 29 www.gruber-steinmetz.it Zeit dem Graukäse. // Handwerkerzone 2, 39030 Vintl - Südtirol