PZ18_16.9.2021

Page 18

MENSCHEN IM PORTRAIT

HELMUT KOFLER

Der Laibhaftige Ahrntaler Graukäse ist das, was man einen echten Überlebenskünstler nennt. Über Jahrhunderte wurde er auf Höfen und Almen hergestellt. Seit Slow Food ihn 2005 zum Presidio, also zum schützenswerten Produkt ernannt hat, erlebt er eine Renaissance – in der Spitzengastronomie und bei den Bauern selbst. Helmut Kofler aus Prettau ist einer von ihnen: Seit Generationen versteht man sich in der Familie auf die Herstellung dieses ganz besonderen Produkts. PZ: Wenn man einen Bauern nach seinem Graukäserezept fragt… Helmut Kofler: … dann wird man herausfinden, dass zwar alle Bauern das gleiche System haben, aber dennoch anders tun. Vor Jahren ist ein Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Schule von Hof zu Hof gegangen, um die Rezepte aufzuschreiben. Er fand nicht einmal zwei identische Rezepturen. Viele arbeiten mit Lab, andere wie wir züchten die Säurekulturen selbst. Ich sage immer: Alle tun sie anders und am Ende wird es alles Käse. Auf welche Machart vertrauen Sie? Ich habe mein Rezept vom Vater übernommen, und der hat es wiederum von seinem Vater. Auch ich habe es an meinen Sohn und dieser wiederum an seine Kinder weitergegeben. Wir verarbeiten die Rohmilch unserer fünf Kühe. Die Milch stellen wir zur Seite, bis sie natursauer wird. Dann geben wir sie in den Kupferkessel, den wir über dem offenen Feuer erhitzen und wärmen sie. Einen Temperaturmesser brauche ich nicht. Ich fahre mit der Hand hinein und habe es im Gefühl, wenn es soweit ist.

Die Graukäseproduktion ist das Steckenpferd von Helmut: Wenn die Familie die Kühe im Juni zuerst an die sogenannte Unterhitte an der Lobisau am Aufgang zum Windtal bringt, fängt er mit dem Käsen an. Ende Juli wechseln Mensch und Vieh auf die gegenüberliegende Talseite zur Oberhitte an der Fuchsalm. Graukäse ist bei den Koflers eine Familientradition: Der Kupferkessel, in dem die Milch erhitzt wird, ist fast 100 Jahre alt. 2019 wurde der Käse von Helmut Kofler bei der Vergleichsverkostung im Rahmen der Ahrntaler Graukäsetage mit dem 3. Platz // ausgezeichnet. Auch heuer wird er teilnehmen. „Dabei sein ist alles“, sagt er.

Zwei ganz gleiche Käselaibe zu machen, ist fast unmöglich. Mal ist die Luft trocken, mal nass. Man muss aufpassen, dass es keinen Schimmel gibt oder der Laib Klüfte aufreißt. Das gefällt mir daran: Sich jeden Tag neu da-

rauf einstellen und das Gegenteil von einem normierten Käse herstellen. Mit diesen Laiben musst du umgehen wie mit legenden Hennen: vorsichtig.

Alle Fotos: Verena Duregger

Auf was muss ein Graukäseproduzent achten?

Helmut Kofler, Jahrgang 1954, ist Bauer in Prettau. Sein Sohn Alexander bewirtschaftet den Hof „ban Schnaida” mit seiner Frau Ingrid und den vier gemeinsamen Kindern mittlerweile in 5. Generation. Helmut Kofler und seine Frau Cilli helfen noch immer tatkräftig mit.

Reifeprüfung: In einem Holzschrank lässt Helmut Kofler (l.) seinen Graukäse auf der Alm reifen. Zwei identische Laibe zu machen: unmöglich. 18

PZ 18 | 16. SE P T E M B E R 2021


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.