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Bäuerlicher Info-Tag erstmals online: Bauern lecken die Wunden

BÄUERLICHER INFO-TAG ERSTMALS ONLINE

Bauern lecken die Wunden

Die Pandemie hat niemand verschont. Auch die Bauern nicht. Die Direktvermarktung, das Geschäft mit den Urlaubern ging echt in die Hosen. Und Sorgen um den Milchpreis gehen um.

Der Kalender schrieb den zehnten April 2021. Es war Samstag, als Anton Tschurtschenthaler in seiner Eigenschaft als Pustertaler Bezirksbauer um neun Uhr das Netz auswarf, um die Bauersleut‘ seines Bezirks zur Videokonferenz einzufangen. Ob der Fische viele ihm in die Maschen gegangen waren, blieb während der dreistündigen Veranstaltung unaufgeklärt. Zum Abschluss zog der Bezirksobmann jedenfalls ein positives Resümee. Seiner Aussage Richtigkeit wurde durch die aufgehellten Gesichter der zugeschalteten Verbandsspitze mit Bundesobmann Umwelt: Die Landwirtschaft ist Problem und Lösung zugleich (Herbert Dorfmann). Leo Tiefenthaler und Direktor Siegfried Rinner beglaubigt. Ähnlich fro- Informationstages, strahlte hinterher über Kundenschwund bei der Direktvermarktung; hen Sinnes zappelten online die politischen alle Backen. Er war mit dem pannenlosen an die unbesetzten Ferienbetten auf den HöVertreter: EU-seitens aus Brüssel, Onorevole Verlauf der mehrstündigen Konferenz sehr fen; an die fehlenden Einnahmen in den BuHerbert Dorfmann; für die Provinzialregie- zufrieden. Schulterklopfen seitens der Ver- schenschänken und auf den Almhütten. rung die Assessoren Maria Magdalena Hoch- bandskollegen war angesagt. Trotzdem: Die Damit sprach der Bezirksobmann intergrupgruber-Kuenzer und Arnold Schuler. Zudem Bauern wollen zurück ins Michael-Pacher- pal den Handel, die Gastronomie, Hotellerie soll Regierungskollegin Waltraud Deeg am Haus zu Bruneck - spätesten im April des und das Beherbergungsgewerbe insgesamt Konferenztisch gesessen haben. Allerdings nächsten Jahres. Der letzte Informationstag an. All diese Sparten seien von den pandewurde sie nie ins Bild gesetzt und stumm dort fand am 13. April 2019 statt. miebedingten Kampfmaßnahmen sehr hart blieb sie die ganze Zeit auch. Sie war eben getroffen worden. Die Bauern hätten wenur dabei, ob in der Funktion als Assessorin KRISE TRITT DIE BAUERN HART nigsten immer arbeiten können, was Unterfür Soziales oder als Bäuerin vom Weiherhof Gleich zu Beginn der Online-Konferenz leg- nehmern und Beschäftigten anderer Wirtin Niederdorf, das war Tschurtschenthalers te Anton Tschurtschenthaler den Finger in schaftszeige die meiste Zeit versagt blieb. Die Worten nicht zu entnehmen. die Wunde: „Die Corona-Pandemie“, so sag- ausgefallene Wintersaison schrieb mit alWalter Hintner, SBB-Bezirksleiter und te er, „habe auch den bäuerlichen Betrie- lem, was an ihr hängt und von ihr abhängt, hauptverantwortlicher Organisator des ben arg zugesetzt!“ Der Obmann erinnerte zweifellos die düstersten Seiten dieser Chroerstmals über Kabel abgehaltenen Bezirks- an die ausgefallenen Bauernmärkte; an den nik, so man davon den Leidensweg der vie-

Der totale Saisonsausfall beraubte so manchen Bauern seiner doch so wichtigen Winterbeschäftigung. Familienbetriebe sind bis zum letzten Weiler von hohem Wert für Landschaft und Tourismus (Arnold Schuler).

len Erkrankten und den Verlust von weit über 1.000 Corona-Toten kurz ausblendet. Den Milchbauern stünde das Gröbste allerdings noch bevor. Verursacht durch die gesunkene Nachfrage, gilt ein niederer Milch-Auszahlungspreis im Vergleich zu „vorcoronen“ Jahren sozusagen als abgemacht. Zwar sei Südtirol ob der großen Kapazität und Vielfalt in der Produktveredelung gegen einen massiven Preissturz gut aufgestellt, trotzdem wird man diese Zeit der Absatzflaute nicht ohne Federlassens ausstehen können. Um den Schaden für die bäuerlichen Betriebe in Grenzen zu halten, warb der Bezirksobmann um die Gunst der Südtiroler Konsumenten.

Nachdem er der Berg- und Landwirtschaft die ihr zustehende, große Bedeutung in der Lebensmittelproduktion beigemessen hatte, rückte er die Erzeugnisse samt deren Erstklassigkeit geschmackvoll in den Mittelpunkt. Darin stecke ungemein viel Arbeit, Fachkenntnis sowie große Sorgfalt und viel Fleiß. „Ein paar Cent mehr sollte den Verbrauchern derart Edles wohl Wert sein!“

ENORMER MEHRWERT

An dieser Stelle klinkte sich Arnold Schuler ein. Der Obstbauer aus dem unteren Vinschgau, in der Provinzialregierung u. a. für die Landwirtschaft zuständig, hob zunächst den hohen Stellenwert des ländlichen Raumes und der darin eingebetteten und zumeist im Familienverbund bearbeiteten Höfe hervor. Darin machte er einen enormen Mehrwert für die Land- und Tourismuswirtschaft aus. Das Leben und Wirtschaften in Bergregionen sei aber nur unter der Voraussetzung haltbar, sofern der Betreiber die Arbeit auch angemessen entlohnt bekämen. Diesem Ziel, so Schuler, könne man über Veränderungen in der Preis- und Kostenstruktur sowie im Schaffen günstiger Neben- und Zuerwerbsmöglichkeiten auf dem Hofe selbst oder davon nicht allzu weit entfernt ein ganzes Stück näherrücken. Das sei wichtig, denn langwieriges Pendeln führe über kurz oder lang zur Abwanderung. Wie Schon Tschurtschenthaler vor ihm, so lobte auch Schuler die hohe Qualität der Produkte aus heimischer Landwirtschaft. Den höheren Preis gegenüber der Industrieware tat er mit dem Satz ab: „Frisches und Gesundes von heimischen Kulturen und Ställen kostet nun mal mehr!“ Und auch Schuler lud die Südtiroler Bevölkerung ein, beim Einkaufen regionale Produkte zu bevorzugen. Damit würde man den Bauersleuten aus Ertragssicht unter die Arme greifen, dem Produkt die eigene Wertschätzung und dem Hersteller die verdiente Achtung zuteilwerden lassen.

KLEINE KREISLÄUFE

Damit immer mehr Hände nach hiesigen Waren ins Regal langten, empfahl Schuler, mehr auf die Gesellschaft zuzugehen und Aufklärungsarbeit zu betreiben, will heißen: den Dialog zu den Menschen suchen, Diskussionsrunden veranstalten und jede andere hierfür geeignete Gelegenheit nützen, um landwirtschaftlich unkundigen oder vordergründig desinteressierten Zeitgenossen, deren Anzahl größer ist, als man allgemein annimmt, einen Zugang zum bäuerlichen Leben, Wirken und Schaffen zu öffnen. Im Übrigen gewährte Arnold Schuler einen kurzen Einblick ins landwirtschaftliche Strategiepapier. Er listete diesbezüglich diverse Schwerpunkte auf: Erhalt des ländlichen Raumes und der Familienbetriebe bis in den letzten Weiler; Wasserversorgung und -nutzung; Tierwohl und Artenvielfalt; Gesundheit und Genuss; Forschung und Innovation; Nachhaltigkeit. In Sachen Nachhaltigkeit sprach der Europa-Parlamentarier Herbert Dorfmann vom „Green Deal“. Hierzu zitierte er die Präsidentin Ursula von der Leyen so: „Die Green-Deal-Wachstumsstrategie sei mit sehr hohen Kosten verbunden, doch um ein Vielfaches >>

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Wärmedämmung

höher würden diese sein, falls wir nichts täten!“ Die EU hat sich fürs Tun entschieden. Das hehre Ziel: Innerhalb 2050 soll Europa die Klimaneutralität erreichen; bis 2030 soll der Abgasausstoß um 55 Prozent reduziert werden. Die Landwirtschaft, so Dorfmann, sei zwar auch Teil des Problems, sie sei zugleich aber auch Teil der Lösung, denn Wiesen und Wälder binden Kohlendioxid und geben Sauerstoff an die Umwelt ab. Laut dem EU-Strategiepapier soll der Umweltverschmutzer künftig dafür zur Kassa gebeten werden, während all jene, welche zur Lösung des Problems durch schonendes Wirtschaften beitragen, mit Geld dafür belohnt werden sollen. Ein weiteres Papier befasse sich mit der Biodiversität; ein drittes zur Forstwirtschaft soll innerhalb Maies vorgestellt werden. Die Stimmung im Europaparlament gegenüber der Landwirtschaft und speziell gegenüber den Bergwirtschaft bezeichnete Dorfmann als durchaus positiv. Grobe Einschnitte in die künftige Förderung der Landwirtschaft befürchte er daher nicht.

RAUM UND LANDSCHAFT

Maria Magdalena Hochgruber-Kuenzer befasste sich abschließend mit dem Gesetz „Raum und Landschaft“ und in diesem Rahmen speziell mit dem die Höfe betreffenden Teil. Sie sprach über Ansiedlungs-, Aussiedlungs- und Erweiterungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der von den Gemeinden noch festzulegenden Siedlungsräume. Das wird seine Zeit in Anspruch nehmen, zumal die Assessorin die Empfehlung an die Gemeinden ausgegeben hat, die Planungsarbeiten womöglich unter Einbeziehung der Bürger/-innen voranzubringen. Das Gesetz für „Raum und Landschaft“ ist seit 1. Juli 2020 in Kraft. Demnach verbleiben den Gemeinden noch zwei Jahre, um das Gemeindeentwicklungsprogramm zu erstellen, welches dann seine unabänderliche Gültigkeit für zehn Jahre beibehält. Um so wichtiger ist es, dass jeder Schritt, bevor er getan wird, gut überlegt ist. „Nur ein gut gemachter Plan, macht alle zu Siegern“, sagte die für „Raum und Landschaft“ unmittelbar verantwortliche Politikerin.

Die erste Online-Infoveranstaltung beendete Bundesobmann Leo Tiefenthaler. Er verwies in seinen Schlussworten auf die großen Herausforderungen, denen der Bauernbund und dessen Mitglieder sich in nächster Zeit zu stellen haben werden. Den geplanten Bettenstopp, den Bereich „Ferien auf dem Bauernhof“ betreffend, lehnte der Obmann mit der Begründung ab, dass Zu- und Nebenerwerbsmöglichkeiten den Bauern auch in Zukunft angeboten werden müssten. Arnold Schuler schlug an anderer Stelle dieses Beitrags in dieselbe Kerbe, wo er ein adäquates Einkommen als Bremse gegen die Abwanderungsgefahr sah. // Willy Pöder

CITY NATURE CHALLENGE IN BRUNECK

DIE NATUR UNTER DIE LUPE NEHMEN

Auch heuer beteiligt sich Südtirol wieder an der weltweiten Initiative „City Nature Challenge“, bei der Naturbegeisterte die urbane Biodiversität dokumentieren. Einer der beiden Schauplätze für diese Aktion ist heuer Bruneck. Die Erhebungen beginnen am 30. April und laufen bis 3. Mai 2021.

Welche Tiere, Pflanzen und Pilze leben im Stadtgebiet von Bruneck? Darum geht es von Freitag, 30. April bis Montag, 3. Mai 2021 bei der „City Nature Challenge“, die auch heuer wieder vom Naturmuseum Südtirol mit Unterstützung von Eurac Research und dem Landesamt für Natur organisiert wird. Neben der Landeshauptstadt steht heuer Bruneck im Fokus der Aufmerksamkeit. Unterstützt wird die Aktion vor Ort von der Gemeindeverwaltung Bruneck, in Person des Bürgermeisters Roland Griessmair und des Stadtrates Hannes Niederkofler. Wer daran teilnehmen möchte, hält an den genannten Tagen in und rund um die Stadt Bruneck Ausschau nach wildlebenden Pflanzen, Tieren und Pilzen und fotografiert sie mit Smartphone oder Tablet über die App iNaturalist (kostenlos auf Google Play Store und App Store). Mit der hier integrierten künstlichen Intelligenz kann die beobachtete Art ausgewählt und das Ergebnis an die Plattform iNaturalist geschickt werden. Die Südtiroler Erhebungen werden von Fachleuten von Eurac Research, des Naturmuseums und des Landesamtes für Natur ausgewertet und anschließend vorgestellt.

DIE CHALLENGE

Beim global ausgetragenen Wettbewerb „City Nature Challenge“ sind alle Bürgerinnen und Bürger dazu aufgefordert, innerhalb weniger Tage so viele Tier- und Pflanzenarten wie möglich in der eigenen Stadt zu fotografieren und zu dokumentieren. Es handelt sich um ein Paradebeispiel einer „Bürgerwissenschaft“ (Citizen Science), die zum ersten Mal im Jahr 2016 zwischen den Städten Los Angeles und San Francisco ausgetragen wurde und voriges Jahr folgende Ergebnisse melden konnte: 41.000 Menschen fanden innerhalb eines verlängerten Wochenendes in 244 Städten insgesamt 32.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, darunter 1.300 seltene, gefährdete und bedrohte Arten. In Südtirol, wo die Veranstaltung zum ersten Mal stattfand, kamen die rund 150 Teilnehmenden auf 3.246 Beobachtungen von über 900 Arten. Die Ausgabe nannte sich pandemiebedingt „Corona Nature Challenge“ und wurde über die Stadtgrenzen hinaus auf ganz Südtirol ausgeweitet. Dieses Jahr kehrt man in Südtirol wieder zum herkömmlichen Format zurück: Die Aktion konzentriert sich auf das unmittelbare Stadtgebiet sowie auf die Fraktionen der Gemeinde Bruneck. Falls es die CoronaSituation zulässt, wird am Wochenende ein Stand am Graben mit Naturexpertinnen und Experten aufgebaut, an dem die Brunecker Bevölkerung aus erster Hand Informationen zur städtischen Tier- und Pflanzenwelt erhält. Die Expertinnen stehen natürlich auch bereit, wenn es darum geht Arten vor Ort zu bestimmen. // pez

MEHR WISSEN?

Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Naturmuseums Südtirol natura. museum sowie auf den Webseiten der City Nature Challenge: https://www.inaturalist.org/projects/city-nature-challenge-2021-bolzano-bozen und https://www.inaturalist.org/projects/city-nature-challenge-2021-brunico-bruneck

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