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Substanz oder Wachstum?
Fondsmanager im Gespräch
Aktie ist nicht gleich Aktie. Oftmals werden sie eingeteilt in dynamische Wachstumswerte (Growth) und Substanzwerte (Value). Lange Zeit und verstärkt durch die Pandemie haben Anleger den Fokus auf wachstumsstarke Unternehmen gelegt. Value-Investing blieb hingegen hinter den Erwartungen zurück. Wir sprechen darüber mit Gernot Schrotter, Aktienfondsmanager bei der KEPLER-FONDS KAG.
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Herr Schrotter, welche Strategie fahren Sie denn bei KEPLER in den ValueFonds?
Schrotter: „Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass es relevant ist, ob Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell Erträge erzielen. In der aktuellen Marktphase sehen wie aber vor allem Wachstum, Größe und Preis-Momentum im Vordergrund. Das belastet Value-Strategien, was sich auch in der Performance dieser Fonds niederschlägt. Performance-Differenzen, wie wir sie im Vergleich zu Growth in den letzten Monaten gesehen haben, sollten sich aber im Zeitablauf wieder angleichen.
Bis jetzt – und auch beschleunigt durch die Pandemie – ist diese Anpassung aber kaum eingetreten. Wir sind überzeugt, dass der Value-Stil ein Comeback feiern wird. In den letzten Wochen gab es dafür erste Anzeichen. Durch unseren Investmentprozess soll vermieden werden, dass sogenannte „Zombie-Firmen“ ins Portfolio kommen, da wir neben unseren quantitativen Kriterien final auch noch eine qualitative Überprüfung der Kaufkandidaten vornehmen.“
Warum performt Value-Investing schon länger nicht?
Schrotter: „Ein möglicher Grund ist, dass viele Investoren am Ende eines Konjunkturzyklus noch nach Wachstumschancen suchen und Value-Titel außen vor lassen. Daneben sind das niedrige Zinsniveau und rückläufige Zinserwartungen für Value-Titel eher hinderlich. Außerdem haben die Pandemie und die damit verbundenen politischen Interventionen den Fokus vor allem auf US-amerikanische IT- und Tech-Firmen gelenkt. Diese Firmen sind aufgrund ihrer fundamentalen Kennzahlen und Geschäftsmodelle in Value-Strategien tendenziell untergewichtet. Gerade dieses Marktsegment hat aber in der vergangenen Zeit eine deutliche Outperformance zum restlichen Markt geliefert. Daher erscheint die Underperformance der Value-Strategien nicht außergewöhnlich. Ungewöhnlich ist eher die lange Dauer der Phase, in der Growth deutlich besser läuft und nur von kurzen Gegenbewegungen unterbrochen wurde.“
Was bedeutet „Value“ für Sie heute? Sind KGV und Buchwert keine maßgebliche Kriterien mehr?
Schrotter: „Das sind auf jeden Fall noch maßgebliche Kriterien. Am Ende des Tages muss ein Unternehmen Gewinne schreiben, um nachhaltig Mehrwert für den Aktionär zu schaffen. Für diese Ertragskraft wird auch bezahlt. Wieviel, kann nicht irrelevant sein. Wir bei KEPLER beziehen in einer relativen Bewertung eines Unternehmens auch die Verschuldung mit ein. EnterpriseValue (Marktwert des Eigenkapitals und Wert der Netto-Schulden) zu einer Bilanzkennzahl wie EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände) ist eine unserer bevorzugten Kennzahlen in Bezug auf Value. Je billiger, desto attraktiver.“
Wie reagieren Sie darauf, dass Value gegenber Growth schon länger hinterherhinkt? Verändern Sie Ihre Anlagestrategie bzw. haben Sie die schon verändert?
Schrotter: „Unsere Strategie wird regelmäßig intern diskutiert, hinterfragt und bewertet. Obwohl Value schon einige Zeit hinter den Erwartungen zurückbleibt, sind wir weiterhin überzeugt, dass günstig bewertete Unternehmen mittel- bis langfristig outperformen werden. Gründe sind einerseits Investoren, die zu viel für Wachstumserwartungen bei Growth-Aktien bezahlen und andererseits zeigt die Vergangenheit, dass sich Bewertungsunterschiede von Value zu Growth bzw. auch von Value zur eigenen Historie immer wieder einem Durchschnitt annähern. Man wird unter anderem dafür belohnt, diese Phasen der Underperformance „durchzustehen“ - oder anders ausgedrückt, die Value-Risikoprämie einzunehmen. Am Wahrheitsgehalt dieser Aussage hat sich nichts verändert, erstaunlich ist nur die lange Dauer dieser Marktphase.“
Gernot Schrotter, Aktienfondsmanager KEPLER-FONDS KAG ?
Lexikon: Value und Growth
Sogenannte Value-Unternehmen weisen meist eine gute Marktposition, überdurchschnittliche Profitabilität und eine stabile Gewinnentwicklung auf. Unter den Value-Aktien werden diejenigen, die gegenwärtig an der Börse (verglichen mit ähnlichen Unternehmen) unterbewertet scheinen, herausgefiltert. Der Value-Investor spekuliert also darauf, dass der Markt den Wert der Firma – aus welchem Grund auch immer – aktuell unterschätzt.
Der Growth-Investor versucht hingegen, frühzeitig zukünftige Wachstumsmärkte zu erkennen und dann die Unternehmen mit der höchsten Wachstumsdynamik auszuwählen. Das sind oft die Firmen, die sich schon früh größere Anteile an einem boomenden Markt sichern konnten und von ihrer relativen Größe profitieren. Da der Growth-Investor versucht, Potenziale möglichst früh zu erkennen, beruhen seine Entscheidungen aber hauptsächlich auf Erwartungen – und weniger auf bereits bewährten Geschäftsmodellen wie bei Value-Titeln.