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Mühlviertler Teezeit

www.wagnergut.at

Im Gespräch mit Ing. Lydia Stumptner vom Wagnergut in Bad Leonfelden

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1533 erstmals urkundlich erwähnt, wird das Wagnergut im Mühlviertel von Familie Stumptner bewirtschaftet. Sie baut Kräuter an und verarbeitet sie zu Tees, Gewürzen, Salben oder Tinkturen.

Frau Stumptner, die Menschen haben Sehnsucht nach Entschleunigung und Entspannung, wollen die Natur genießen und vertrauen auf ihre Heilkräfte. Kann Tee diese Bedürfnisse erfüllen?

„Das kann er! Und es geht nicht nur um die Heilwirkung der Kräuter selbst, sondern es funktioniert auch, weil man sich einige Momente nehmen „muss“, um eine Tasse Tee zu genießen. Herunterzukommen. Und genau darum geht es doch in der heutigen Zeit. Kurz auszuschalten, weg von dem Stress, den Alltagssorgen. Die Freude und Gemütlichkeit, die in einer Tasse Tee stecken, sind spürbar, und das ist die wunderbare Fähigkeit dieses Getränks. Es ist das Gefühl von Urlaub. Ankommen im Jetzt. Einfach einmal alles gut sein zu lassen.“

Für die Herstellung von Tees braucht man ein großes Pflanzenwissen. Ist gegen jedes Wehwehchen ein Kraut gewachsen?

„Ich glaube wirklich, dass es für jedes Wehwehchen ein Kraut gibt. Manche helfen mehr, manche weniger. Viel kommt auf die Person selbst an. Sie werden jemanden, der keinen Salbei mag, nicht dazu bringen, genau diesen Sud tassenweise zu trinken. Aber es gibt immer Alternativen. Salbeizuckerl haben eine ähnliche Wirkung und sind dann vielleicht eine gute Option. Es hängt viel von Vorlieben ab, aber auch von anderen Faktoren wie etwa dem Alter oder der genauen Art der Beschwerden. Bei manchen Kräutern muss man aufgrund ihrer Kraft oder unerwünschter Nebenwirkungen auch vorsichtig sein. Meine Erfahrung zeigt mir jedenfalls: Ob Arnika, Baldrian oder Pfefferminze – sie alle haben eine Wirkung auf uns.“

Sie haben einen Hof übernommen, den es schon seit 1533 gibt. Tee-Anbau betreiben Sie aber erst seit einigen Jahren. Wo sehen Sie die Herausforderungen?

beieinander. Ich versuche, durch einen neutraleren Blickwinkel, ohne ein „so haben wir das immer gemacht“, Routinen aufzubrechen und neue Wege zu gehen. Manche führen in eine Sackgasse, aber durch meine Offenheit für Neues konnten wir meistens eine gute Ernte einfahren. Der Zeitpunkt beim Pflücken oder minimale Temperaturunterschiede beim Trocknungsvorgang können qualitativ extreme Unterschiede ergeben. Ich versuche, meine Produkte durch Interesse, Recherche und ein kleines feines Netzwerk mit gleichgesinnten Kräuterbauern zu perfektionieren.“

China, Indien oder Sri Lanka kennt man als klassische Tee-Anbauländer. Was die wenigsten wissen: Auch im Mühlviertel wird seit fast 200 Jahren Tee angebaut. Kaiser Franz Joseph ließ sich angeblich mit großen Pferdewägen die Kräuter anliefern. Welche Pflanzen, die man zu Tee verarbeiten kann, wachsen hier besonders gut?

„Gerade bei uns gedeiht eigentlich fast jedes Kräutlein gut. Wir haben einen so wunderbaren sandigen Boden, der wie geschaffen wurde, um die Kräuter optimal zu versorgen. Kräuter mögen es trocken, warm, und natürlich spielt die Klimaerwärmung eine große Rolle dabei. Manche brauchen etwas mehr Nährstoffe, andere wollen genau den Boden, den sie bekommen. Da ich versuche, dem Boden nichts zu rauben und ihn frei arbeiten zu lassen, gebe ich mich auch damit zufrieden, dass manche Kräuter halt etwas weniger Ertrag bringen. Dafür weiß ich, dass sie qualitativ sehr hochwertig sind und aus der Region kommen. Bei mir am Hof wachsen Kräuter, die man noch aus Omas Zeiten kennt. Arnika ist so eine Pflanze, die den Mühlviertler Boden besonders liebt. Aber auch Lavendel, dem es früher oft zu kalt war, gedeiht durch die warmen und trockenen Sommer mittlerweile fast genauso gut wie in den südlichen Ländern.“

schnittsösterreicher Tee hauptsächlich dann, wenn ihm kalt oder er krank ist. Haben Sie Tipps, wie eine Tasse Tee besonders gut gelingt?

„Nun, eigentlich kann man nicht viel falsch machen. Hört auf euren Körper. Einfach durch die Sinne leiten lassen – unser Bauchgefühl gibt uns die nötigen Hinweise, was man gerade benötigt. Und wenn kein Hinweis kommt, dann einfach den Tee trinken, nachdem einem gerade ist. Greift zu einer biologischen Mischung, süßt ihn vielleicht etwas mit Honig, und so kann beinahe jeder zum Teeholiker werden. Je länger ein Tee zieht, desto bitterer und intensiver wird er – also besser etwas weniger ziehen lassen. Als Alternative to go gibt es übrigens auch Kräutertropfen oder Kräutersäfte, die eine ähnliche Wirkung haben.“

Ein sorgfältiger Umgang mit unserer Natur und eine nachhaltige Wirtschaftsweise werden den Menschen auch beim Anlegen immer wichtiger. Handgepflückter Tee vom Biohof aus dem Mühlviertel – nachhaltiger geht es kaum. Warum sollte ein „Earl Grey“-Trinker auf Kräutertees aus dem Mühlviertel umsteigen?

„Die Menschen legen immer mehr Wert auf hochwertige Lebensmittel, am besten bio mit einem möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck. Wenn einem diese Werte wichtig sind, dann kann man nur regional einkaufen. Und ich denke doch, dass ein handgepflückter Kamillentee besser schmeckt, wenn ich weiß, dass dabei keine Kinderarbeit oder ähnliches dahintersteckt. Und, dass man genau das, die Liebe zu jeder einzelnen Blüte schmeckt und weiß, man tut sich damit auch selber Gutes. Wir arbeiten nachhaltig und im Einklang mit der Natur, da darf auch mal ein Beikraut dort wachsen, wo wir es eigentlich nicht haben wollten. Regionale Qualität ist auch durch einen Besuch überprüfbar –und dieser Eindruck ist meist wichtiger als alle Logos und Zertifikate.“

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