Das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktiengesellschaft
NR. 1 / 2020
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LERNEN AUS DER KRISE SCHWERPUNKT CORONA 06 Zukunft der Arbeit // 22 Logistik auf dem Prüfstand // 28 Die schlaue Fabrik
Unternehmen Sicherheit. Im Wirtschaftsleben lassen sich manche unliebsamen Ereignisse einfach nicht ausschließen. Daher ist ein Partner an Ihrer Seite besonders wichtig, der diese Gefahrenquellen kennt und mit einem durchdachten System abfedert. Die RVM Versicherungsmakler betrachten Ihre Risikosituation ganzheitlich und entwickeln zukunftsweisende Lösungen. So schützen Sie Ihr Unternehmen rechtzeitig vor dem Fall der (Zu-)Fälle. Kontaktieren Sie uns einfach. Wir informieren Sie gerne, wie Sie auch Ihr Unternehmen wirksam absichern können! Tel.: +43 732 65 96-25651 E-Mail: office@rvm.at
Unsere Kernkompetenzen: All Risk Lösungen Internationale Versicherungsprogramme Betriebliche Altersvorsorge Kreditversicherungen Lösungen im Haftpflichtbereich Absicherung von Bauprojekten Transport- und Fuhrparklösungen Financial Lines
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VORWORT
CORONA HINTERLÄSST NACHHALTIGE SPUREN: NEUE ARBEITSWELT UND BESCHLEUNIGTE DIGITALISIERUNG
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ie Bewältigung der Corona-Pandemie ist eine enorme Herausforderung. Die Raiffeisenlandesbank OÖ setzt in der Krise alle Hebel in Bewegung, um Unternehmen schnelle, unbürokratische Unterstützung anzubieten, Überbrückungsfinanzierungen zu ermöglichen oder mit Stundungen Engpässe zu verhindern. Die Aufgabe der Banken ist es nicht nur, für Stabilität zu sorgen und die Unternehmen mit Liquidität zu versorgen, sondern ihnen als Finanzpartner Mut zu machen und mit Kunden gemeinsam an individuellen Lösungen zu arbeiten. Die Raiffeisenlandesbank OÖ und die Raiffeisenbanken in Oberösterreich übernehmen Verantwortung: Mit mehr als 12.300 Kreditstundungen und rund 1,2 Milliarden Euro an Überbrückungshilfen für ihre Kunden und damit auch für den gesamten Wirtschaftsstandort hat die Raiffeisenbankengruppe OÖ bislang enorm viel geleistet. Erfolgsgeschichten trotz Corona Die Hoffnung, dass es wirtschaftlich möglichst bald wieder bergauf geht, bestärken jene heimischen Unternehmen, die der Krise mit großer Flexibilität und Agilität begegnen. Sie schaffen es, mit kreativen Lösungen und Produkten Antworten auf neue Kundenbedürfnisse, Trends und Herausforderungen zu geben. In dieser Ausgabe möchten wir deshalb den Blick auf einige Beispiele werfen, die durch schlaue Geschäftsstrategien und rasche Reaktion in den letzten Monaten profitiert haben. So waren etwa E-Bikes von Pexco ein absoluter Verkaufsschlager, auch die Umsätze im Onlineshop des Elektro händlers e-tec sind seit dem Lockdown rasant gestiegen. Digitale Vertriebskanäle könnten auch Antworten auf die starke Nachfrage nach regionalen Produkten geben. Wie sich heimische Produzenten im Netz positionieren sollten und worauf es dabei ankommt, darüber diskutierte eine hochkarätige Expertenrunde bei der Onlineveranstaltung „New Industry Meetup“, Näheres dazu lesen Sie auf den Seiten 14 bis 17. Die Erfolgsbeispiele zeigen: Auch in dieser unsicheren Phase gilt es, den Blick nach vorne zu richten und bereits für die Zeit nach Corona zu planen. Strategisches Handeln bedeutet in diesem Zusammenhang
Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ.
auch, über Investitionen nachzudenken. Die Raiffeisenlandesbank OÖ bietet ein breites Netzwerk und begleitet ihre Kunden bei allen Vorhaben mit umfassendem Know-how und persönlicher Beratung. Maßgeschneiderte Finanzierungslösungen sind entscheidend, um neue Geschäfte und erfolgreiche Projekte am Auslandsmarkt zu realisieren. Im Export geschäft ist zudem Planungssicherheit ein zentraler Erfolgsfaktor. Unsere Experten unterstützen Kunden bei der Optimierung des Zahlungsverkehrs und minimieren Risikofaktoren, etwa mit Zahlungs- und Leistungs absicherungen. Staatliche Förderungen helfen, dass Mut belohnt wird. Homeoffice bringt Kulturwandel Die letzten Monate haben in vielen Branchen wesentliche Veränderungsprozesse angestoßen und die Digitalisierung weiter beschleunigt. Am sichtbarsten werden diese Veränderungen im Arbeitsalltag, etwa durch Videokonferenzen im Homeoffice. Während des Lockdowns waren auch in der Raiffeisenlandesbank OÖ nur noch rund 15 Prozent unserer Mitarbeiter vor Ort. Die Umstellung hat hervorragend funktioniert, auch deshalb, weil wir bereits in der Vergangenheit in eine entsprechende technische Infrastruktur investiert haben. Zukunftsforscher Tristan Horx ist überzeugt, dass Homeoffice einen weitreichenden Kulturwandel ins Rollen bringt, der in Zukunft Individualisierung, Technologien und ein neues Führungsverständnis sowie die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten werden, beeinflusst. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre und einen erfolg reichen Herbst! Ihr
© RLB OÖ/Erwin Wimmer
UNSERE EXPERTEN HELFEN, RISKEN IM EXPORTGESCHÄFT ZU MINIMIEREN.
Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ Aktiengesellschaft.
Ihr schnellster Weg zum Erfolg: QR-Code scannen und die aktuelle business-Ausgabe mit vertiefenden Storys, Interviews und Videos online auf unserem Blog weiterlesen: https://business-channel.rlbooe.at/ business 03
INHALT/IMPRESSUM
3 VORWORT
Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender.
6 DIE NEUE ARBEITSWELT
Homeoffice, Video-Conferencing und flexible Arbeitszeit: Wie die Coronakrise den Wandel der Arbeit beschleunigt.
10 DIE ZUKUNFT DER ARBEIT
Trendforscher und Futurist Tristan Horx analysiert die wichtigsten Trends für den Arbeitsalltag aus der Sicht der Millennials.
12 LEHREN AUS DER KRISE
Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten der jüngsten Krisen.
14 BAUERNMÄRKTE IM INTERNET
Corona macht’s möglich: Immer mehr regionale Anbieter setzen auf Onlineshops – und lösen damit einen Boom regionaler Produkte aus.
18 CHANCEN IN DER KRISE
Nicht alle Unternehmen leiden unter den Folgen der Corona-Pandemie. Manche haben nach Ende des Lockdowns sogar neue Umsatzrekorde erzielt.
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22 LOGISTIK AUF DEM PRÜFSTAND
Das Virus hat auch die Wertschöpfungskette infiziert. Die Wege aus der Logistikkrise führen über Innovation und frische Ideen.
26 VON LINZ AN DIE WALLSTREET
Die oberösterreichische Softwareschmiede FireStart ist auf Prozessautomatisierung spezialisiert und erobert gerade neue Märkte.
28 DIE SCHLAUE FABRIK
Denkende Maschinen, clevere Roboter, smarte Geräte: Die Zukunft der Produktion ist digital – und eröffnet ungeahnte Möglichkeiten.
32 FÜR SIE GELESEN
Buchempfehlungen für den Businessalltag.
Impressum/Offenlegung Medieninhaber und Herausgeber: Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktiengesellschaft, Europaplatz 1a, 4020 Linz. Aktionäre der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktiengesellschaft sind zu rund 98,92 Prozent die RLB Verbund registrierte G enossenschaft und zu rund 1,08 Prozent die RLB Holding registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung OÖ. Nähere Details sind im Internet unter www.rlbooe.at/impressum a brufbar. • Vorstand: Dr. Heinrich Schaller, Mag. Michaela Keplinger-Mitterlehner, Dr. Michael Glaser, Mag. Stefan Sandberger, Mag. Reinhard Schwendtbauer • Konzept und Produktion: PG The C orporate Publishing Group GmbH (CPG), Lavaterstraße 1, RH 3, 1220 Wien, Tel.: +43/1/405 46 40-762, s.wagner@cpg.at • Für den Inhalt verantwortlich/Chefredaktion: Wolfgang Aschenwald (Corporates) und Johannes Grüner (Public Relations) • Bestellung oder Abbestellung des M agazins: business@rlbooe.at • Beratung: Mag. Stefan Schatz/CPG • Autoren dieser Ausgabe: Luisa Graber, Susanne Mayer, Robert Prazak, Christian Prenger, Stefan Schatz • Layoutkonzept: CPG • Artdirection: Gerald Fröhlich/CPG • Lektorat: Mag. Charlotte Babits • Redaktionsmanagement: Silvia Wagner/CPG • Geschäftsführung CPG: Markus Wagner, Tel.: +43/1/405 46 40-768, m.wagner@cpg.at; Stefan Schatz, Tel: +43/1/405 46 40-760, s.schatz@cpg.at • Coverbild: stock.adobe.com / pressmaster • Druck: oha-druck Gmbh, 4050 Traun Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: R aiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktiengesellschaft, Europaplatz 1a, 4020 Linz. Grundlegende Richtung und Blattlinie: business ist das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank OÖ und beleuchtet wichtige Finanz- und W irtschaftsthemen. Das Magazin informiert über interessante Chancen und Entwicklungen, nützliche Services und zahlreiche Best-Practice-Beispiele. Es ist politisch unabhängig und b ekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft und zur Integration in Europa. Im Sinne leichterer Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen meist nur in ihrer männlichen Form angeführt. Satz- und Druckfehler v orbehalten.
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© adobe.stock.com / baranq,
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HEIMARBEIT
Die Coronakrise beschleunigt den Wandel der Arbeitswelt: Homeoffice und flexibles Arbeiten werden selbstverständlich – das hat Folgen. Text: Robert Prazak • Foto: stock.adobe.com / baranq
HOMEOFFICE
FÜHRUNGSKRÄFTE MÜSSEN AUF ERGEBNISSE STATT ANWESENHEIT ACHTEN. BARBARA KELLNER, DELOITTE HUMAN CAPITAL
Barbara Kellner berät bei Deloitte Österreich Kunden zu Personal management-Themen.
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Inga Höltmann, Journalistin, Keynote- Speakerin, Expertin für New Work und Digital Leadership.
80 % der österreichischen Unternehmen erwarten laut einer Studie von D eloitte, Universität Wien und Universität Graz einen steigenden Einsatz von Homeoffice.
sation anstatt mehr Gehalt gefordert. Flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice passen gut zusammen, wenn Unternehmen das Potenzial der Flexibilität voll ausnutzen möchten, bestätigt Kellner. Ein Trend, der übrigens nicht unbedingt auf jüngere Generationen beschränkt ist – inzwischen wird flexibles Arbeiten auch von älteren Mitarbeitern eingefordert. Dazu kommt: Bei der Suche nach Mitarbeitern spielen Angebote zum flexiblen Arbeiten eine größere Rolle; das gilt vor allem in Bereichen, in denen eine Ausweitung des Bewerbermarkts – Stichwort Fachkräftemangel – gewünscht ist. Neue Raumkonzepte Auch auf die Büros selbst hat das Auswirkungen. „Büros werden stärker zu Begegnungsräumen, aber Mitarbeiter sollten autonom entscheiden können, was sie möchten“, meint Inga Höltmann. Generell ist ihrer Ansicht nach das Schaffen von Begegnungs- und Austauschräumen für Unternehmen ein zentraler Punkt, aber auch auf virtueller Ebene. In Städten wie London, Paris oder auch Wien wird indes bereits mit gravierenden Auswirkungen der neuen Arbeitswelten auf den Immobilienmarkt gerechnet: Einerseits werden weiter entfernt liegende Wohngegenden für Pendler interessanter, wenn sie nur ein- oder zweimal wöchentlich ins Büro kommen müssen. Andererseits könnten Büromärkte unter Druck geraten, wenn kleinere Flächen benötigt werden. Büros, die individuell und rasch adaptiert werden können, werden stärker nachgefragt.
WIR HABEN JETZT EINEN AUSBLICK, WIE WIR IN ZUKUNFT ARBEITEN WERDEN. INGA HÖLTMANN, NEW-WORK-EXPERTIN
© Deloitte, Axel Kuhlmann, Blende11 FOtografen, Newsadoo , adobe.stock.com / sira anamwong
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ogginghose statt Zweireiher, T-Shirt statt Bluse, Schlabberlook statt Krawatte: Im Homeoffice spielt die Kleidung eine untergeordnete Rolle – und selbst bei einer Videokonferenz muss man nur bis zur Körpermitte einigermaßen geschäftlich gekleidet sein. Lockere Kleidungsvorschriften sind aber nur ein Effekt der steigenden Popularität des Arbeitens zu Hause. „Bisher waren die Vorbehalte gegenüber Homeoffice hoch: Viele Unternehmen hatten es prinzipiell angeboten, aber nutzen durften es nur wenige“, sagt Barbara Kellner vom Beratungsunternehmen Deloitte. Oder es war erlaubt, wurde aber von Mitarbeitern wenig genutzt – aus technischen Gründen oder weil Nachteile im Job befürchtet wurden. Das hat sich drastisch geändert: Laut einer Studie von Deloitte, die gemeinsam mit den Universitäten Wien und Graz durchgeführt wurde, wird Homeoffice auch in Zukunft populär bleiben. Die große Mehrheit erwartet sogar, dass Arbeiten außerhalb des Büros stark ausgeweitet wird. Die deutsche New-Work-Expertin Inga Höltmann ist sicher: „Wir haben jetzt einen Ausblick darauf, wie wir in Zukunft arbeiten werden – nämlich flexibler und nicht mehr jeden Tag im Büro.“ Welche Auswirkungen hat das auf die Strukturen im Unternehmen? „Homeoffice bewegt sich stets im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle“, sagt Barbara Kellner. In dieser Hinsicht müssten Unternehmen klar definieren, wo sie stehen und welche Spielregeln es gibt. Vertrauen wird überhaupt zum zentralen Schlagwort. „Führungskräfte werden mehr auf Ergebnisse statt auf reine Anwesenheit achten müssen.“ Auch Inga Höltmann meint, dass sich gerade ein neues Führungsverständnis herauskristallisiert, bei dem das Ergebnis im Vordergrund steht. Die Popularität von Homeoffice ist das Startsignal für einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelten. Flexibles Arbeiten wird zur Norm, ein Mehr an Freiheit zur Selbstverständlichkeit, die richtige Balance zwischen Job und Freizeit noch wichtiger. Höltmann: „Neben der räumlichen Flexibilität ist auch eine zeitliche gefordert, dabei muss auf die Wünsche der Mitarbeiter Rücksicht genommen werden.“ So könne es sein, dass Vollzeitjobs nicht mehr im Mittelpunkt stehen, oder es wird Zeitkompen-
HOMEOFFICE
50 % der Führungskräfte im deutschsprachigen Raum sind laut Umfrage von Odgers Berndtson der Meinung, dass sie im Homeoffice effizienter als im Büro arbeiten. Martin Mathlouthi, E-Mail-Security-Spezialist beim Cloud-Dienstleister R etarus.
UNTERNEHMEN MÜSSEN FÜR DIE NUTZUNG PRIVATER IT KLARE REGELN AUFSTELLEN. MARTIN MATHLOUTHI, RETARUS
Ein zentraler Aspekt ist zudem die technische Ausstattung und vor allem die IT-Sicherheit im Homeoffice. Derzeit seien viele Firmen nicht ausreichend auf die Homeoffice-Situation vorbereitet, warnt Martin Mathlouthi, Product Manager Secure Email Platform beim Cloud-Dienstleister Retarus. „Mitarbeiter greifen dann aus der Not heraus auf private Endgeräte zu, die nicht genügend gegen Angreifer abgesichert sind.“ Zur Präven tion empfiehlt es sich, neben der entsprechenden Hardware ein Augenmerk auf Netzwerksicherheit und die Aufklärung der Mitarbeiter zu den potenziellen Gefahren zu legen. „Unternehmen müssen dabei klare Verhaltensregeln aufstellen“, sagt Mathlouthi. Für das Arbeiten im Home office bietet sein Unternehmen unter anderem E-Mail-Security-Services über die Cloud an – und zwar unabhängig vom Endgerät. Nachrichtensammler Ein Unternehmen, das von der steigenden Popularität vom Homeoffice profitiert, ist das Linzer Start-up Newsadoo: Es stellt mithilfe künstlicher Intelligenz aus unterschiedlichen Nachrichtenquellen für User jene Artikel zusammen, die relevant sind. Auch international hat das oberösterreichische Unternehmen, das als Netflix für (Fach-)Medien bezeichnet wird, schon viel Beachtung bekommen. Eigentlich wendet sich Newsadoo primär an Privatkunden, doch im Zuge der Coronakrise wurde eine B2BLösung entwickelt. Der Hintergrund: Die übliche Praxis in Unternehmen, Mitarbeiter via Rundlauf von Magazinen und Zeitungen mit fachspezifi-
David Böhm, Geschäftsführer des S tart-ups Newsadoo, des „Netflix für Fachmedien“.
schen Nachrichten zu versorgen, funktioniert im Homeoffice nicht – und war schon davor mühsam. Nun haben Unternehmen erkannt, dass eine digitale Zustellung nicht nur effizienter, sondern auch günstiger sein kann. „Bei unserer Business-Lösung können Unternehmen jene Quellen auswählen, die beruflich relevant sind. Und es kann nach bestimmten Fachwörtern in Fachmedien gesucht werden“, berichtet Newsadoo-Geschäftsführer David Böhm. Das Interesse seitens der Unternehmen und auch seitens der Fachmedien sei groß, daher werde die Lösung nun ausgebaut. „Über den digitalen Zugriff die richtigen Artikel zu den richtigen Leuten zu bringen, bedeutet mehr Effizienz, weniger Kosten und einen besseren Informationsfluss.“ Das Geschäftsmodell von Newsadoo sieht eine Zusammenarbeit mit Verlagen vor. „Unsere Konkurrenten sind technologisch fortgeschrittene News-Aggregatoren wie Google News“, sagt Böhm. Das Unternehmen verdient an Abos für Premium-Content und über Werbung – dabei wird das UserVerhalten analysiert und aufgrund dieser Profile kann zielgerichtet Werbung gezeigt werden. Die Coronakrise habe das Umdenken bei den Verlagen beschleunigt. „Sie haben gesehen, dass viel mehr Traffic bei programmatischer Werbung nicht u nbedingt mehr Umsatz bedeutet und dass sie sehr abhängig sind.“ ••
QR-Code scannen und mehr über newsadoo erfahren.
Recht & Arbeit Beim Arbeiten im Homeoffice sorgen die rechtlichen Grundlagen bisweilen für Verwirrung. So gelten Unfälle, die im Homeoffice passieren, noch bis Ende des Jahres als Arbeitsunfälle; Gewerkschaften und Arbeiterkammer drängen bereits auf eine Verlängerung dieser Bestimmung, die wegen des Corona-Lockdowns eingeführt wurde. In anderen Ländern gibt es solche Verordnungen bereits. U nsicherheit besteht bisweilen auch wegen der Arbeitszeitregelungen: Im Homeoffice gelten prinzipiell dieselben Bedingungen wie im Büro; flexible Arbeitszeiten sind zwar oft erlaubt, aber rechtlich eigentlich nicht gedeckt.
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NEW WORK
D IE KRAFT DES VERTRAUENS Wie sieht der Arbeitsalltag von übermorgen aus? Trendforscher, Keynote-Speaker, Kolumnist und Consulter Tristan Horx analysiert im Interview die wichtigsten Entwicklungen aus Sicht der Millennials. Interview: Stefan Schatz
Zur Person
© Klaus Vyhnalek
Tristan Horx ist Junior-Futurist und v ertritt die Sichtweise der jungen Trend- und Z ukunftsforschung. Seine Themen kreisen um die Generationsfrage (X/Y/Z, Millennials), New Work, Individualisierung, Lebensstile und Megatrends. Er hat Kulturanthropologie studiert, schreibt Zeitungskolumnen und Bücher („Generation Global“), produziert Filme, einen Podcast mit Zukunftsmenschen (Treffpunkt Zukunft) und arbeitet im Zukunftsinstitut seines Vaters Matthias Horx mit, obendrein lehrt er als Dozent Trendforschung an der SRH Hochschule Heidelberg und an der FH Wieselburg.
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chon vor Corona geisterte „New Work“ als wichtiges Schlagwort durch die Medien. Die These: Die nächste Generation wird Unternehmen neu denken und den Arbeitsalltag revolutionieren. Aber welche Megatrends stecken hinter dem verheißungsvollen Begriff? Und welche Entwicklungen haben nach Corona noch Bestand? Junior-Futurist Tristan Horx spricht im Interview über die wichtigsten Veränderungen. business: Wie viel werden wir übermorgen arbeiten: 60 Stunden die Woche oder nur vier Tage? Tristan Horx: Starre Arbeitszeiten wird es in Zukunft gar nicht mehr geben. Egal ob 35, 40 oder 60 Wochenstunden: Das basiert auf der selben – von der Industrialisierung geprägten – Grundidee der Anwesenheitspflicht und des kontrollierten Abdienens. Am Fließband hat dieses Modell auch perfekt funktioniert. Aber wozu Technologie und Fortschritt, die Menschen ermöglichen, sich komplexeren Aufgaben zu widmen, wenn man diese Herausforderungen in einem starr bleibenden Zeitrahmen erledigen muss? Viele Studien belegen, dass die Pro duktivität mit zunehmender Arbeitsdauer sinkt. Natürlich wird es aus arbeitsrechtlicher Sicht einen gesetzlichen Mindestrahmen geben. Aber der kann nicht mehr gleichzeitig für Lkw-Fahrer, Supermarktmitarbeiter oder Kreative am Computer gelten. Es kommt die Individualisierung. business: Mit Corona kamen neue Technologien wie Zoom in den Berufsalltag. Verschwindet der physische Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen? Horx: Videoconferencing war längst im Kommen, nur die alte Anwesenheitspflicht hat den Durchbruch verhindert. Jetzt, im Homeoffice, merken wir die Grenzen dieser Technologie. Nur 15 bis 20 Prozent der menschlichen Kommunikation erfolgt verbal. Deshalb wird sich auch der Einsatz von Virtual-Reality-Brillen nur auf bestimmte, genau definierte Bereiche beschränken. Was kommen wird, ist eine neue Zeitzuteilung. Homeoffice wird bleiben, schon allein deshalb, weil es viele und lange Anreisewege erspart. Dort erledigt man alles, wobei man konzentriert und zurückgezogen arbeiten muss. Aber ein- oder zweimal die Woche wird man auch in ein Büro fahren, um sich mit anderen intensiv auszutauschen. business: Verändert sich dadurch auch das Büro der Zukunft, also die Räumlichkeit? Horx: Die gebauten Bürostrukturen funktionieren jetzt schon nicht: Open-Office-Großraumlösungen ebenso wenig wie die kleinen EinMann-Zellen. Die Mischform mit Rückzugsorten wird wegen Home office obsolet. Die Unternehmen werden also Sozialfläche aufbauen und Bürofläche reduzieren. Die Ära, wo die Belegschaft gemeinsam Zeit absitzen muss, ist vorbei und war auch dem Teambuilding nicht hilfreich. Wenn man in Hinkunft ins Büro fährt, ist man sozial gelaunt. Wenn man ungestört arbeiten will, bleibt man zu Hause. Die spannende Frage ist jene der Finanzierung von Homeoffices. Ich empfehle Unternehmen, ihre Arbeitnehmer bei der Beschaffung einer größeren Wohnung mit eigenem Arbeitsbereich zu unterstützen. Erstens, weil auch der Chef nicht will, dass die Angestellten beim Arbeiten am Bett sitzen, und zweitens, weil ein geeigneter Raum die Produktivität steigert. business: Wie organisiert man Prozesse im Unternehmen der Zukunft, das über viele Homeoffices verteilt ist? Horx: Unternehmen sind organische Gebilde, die man mit rigiden Mustern niederzupressen versuchte. In unserer Beratung zeigt sich: Hierarchische Strukturen sind am Anfang gut, um Abläufe zu schaffen
STARRE ARBEITSZEITEN WIRD ES IN ZUKUNFT GAR NICHT MEHR GEBEN. DAS BASIERT AUF DERSELBEN – VON DER INDUSTRIALISIERUNG GEPRÄGTEN – GRUNDIDEE DER ANWESENHEITSPFLICHT.“
und die Umsatzfähigkeit zu erhöhen. Aber: Es folgt schnell ein Peak, dann wird die Hierarchie von der zunehmenden Komplexität überholt. Die Antwort darauf sind Netzwerkstrukturen, wie sie bei Global Playern schon im Entstehen sind. Nehmen Sie etwa Tesla-Gründer Elon Musk. Sein Credo in Meetings: Wenn ein Teilnehmer nach zehn Minuten merkt, dass er nichts beitragen oder lernen kann, soll er gehen. Das wäre im DACH-Raum derzeit völlig unvorstellbar. Aber auch hierzulande braucht es eine neue Form von Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ein beiderseitiges Vertrauen. Man muss nicht auf strikte Regeln pochen, wenn die Mitarbeiter merken, dass Abläufe und Strukturen Sinn haben und funktionieren und sie dadurch mehr berufliches, aber auch privates Glück haben. business: Was wird die größte Umstellung auf dem Weg zur Arbeit der Zukunft? Horx: Alle sprechen von Digitalisierung, aber der eigentliche Sieger der Coronakrise ist die Nachhaltigkeit. Das Thema zieht sich bei großen Unternehmen wie Daimler hinkünftig durch alle Strukturen und Prozesse, BMW setzt eine ähnliche Strategie um. Wobei Nachhaltigkeit breiter gefasst wird: Einerseits beinhaltet es die ökologische Komponente mit Emissionen und Klimawandel, andererseits aber auch das Thema Resi lienz. Nachhaltigkeit heißt auch, dass ein Unternehmen selbst bei einer unvorhersehbaren Störung nicht gleich untergeht, sondern möglichst lange weiterfunktioniert. Die dritte Facette ist: Man will Mitarbeiter nachhaltig im Unternehmen halten. Bisher wurde die junge Generation kritisiert, sie zeige keine Loyalität zum Arbeitgeber. Nur: Die Unternehmen haben ihnen auch keinen Anlass geboten, um loyal zu sein. Es gab kein Vertrauen, kein Verständnis für ihre Bedürfnisse. Corona hat die Karten neu gemischt, das wird jetzt anders. Deshalb meine ich: Die Schlacht um die Nachhaltigkeit ist gewonnen. ••
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LEHREN AUS DER KRISE
DIE NEUE STABILITÄT Die Pandemie hat die Weltwirtschaft hart getroffen – und den Alltag für immer verändert. Auch für Unternehmen. Schon die letzte Krise hat gezeigt: Nach fundamentalen Verwerfungen kann man nicht weitermachen wie zuvor. Für den Umsatzzuwachs der Zukunft braucht es neue Lösungen. Text: Stefan Schatz
Innovationen fördern Als fünftgrößte Bank Österreichs hilft die Raiffeisenlandesbank OÖ Unternehmen natürlich nicht nur in der Defensive. Auch jene finden Unterstützung, die eine der wichtigsten Lehren aus der Krise 2008 gezogen haben: Gegen den Abschwung hilft nur Innovation. Denn: Alte Erfolgsrezepte funktionieren nicht mehr, die Krisenerfahrung hat das
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Konsumentenverhalten beeinflusst. Schaller verweist etwa auf das veränderte Zahlverhalten: „Als Folge des Coronavirus nutzen immer mehr Menschen die Möglichkeit, bargeldlos zu bezahlen. Vor allem das kontaktlose Bezahlen am Point of Sale wird immer beliebter, 80 Prozent unserer Kunden nutzen diese Möglichkeit. Handy und andere Geräte wie Smartwatches werden in diesem Zusammenhang immer wichtiger, deren Funktionen werden aber in weiterer Folge über das Bezahlen hinausgehen.“ Gerade in den ersten Tagen des Lockdowns sah das Bild aber noch ganz anders aus: Menschen stellten sich vor Bankomaten an, kurzfristig gab es einen regelrechten Run auf das Bargeld. Raiffeisen OÖ war als Betreiber von rund 700 Bankomaten, dem mit Abstand größten Versorgungsnetz im Bundesland, dabei besonders gefordert. „Eine aktuelle Spectra-Umfrage zeigt: Unser Engagement für Unternehmen, regionale Initiativen und Vereine, aber auch als verlässlicher Ansprechpartner für die Menschen vor Ort, hat sich sehr positiv auf das Image und die Vertrauenswerte von Raiffeisen OÖ ausgewirkt“, so Schaller. 300 Millionen Euro an Investitionen Für Produzenten gilt es, die Suche nach frischen Bestsellern zu intensivieren. Viele haben bereits damit begonnen: Tatsächlich wurden in der Raiffeisenbankengruppe OÖ im ersten Halbjahr mehr als 301 Millionen Euro via aws ERP-Kredite (für Unternehmensgründung, Expansions pläne und Investitionsvorhaben) an investitionsfreudige Unternehmen vergeben. „Unsere Unternehmen tätigen auch während der Coronakrise Neuinvestitionen – das zeigt, wie innovativ und mutig sie sind“, ist der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenlandesbank OÖ zufrieden. Was ihn besonders stolz macht: Österreichweit wurden mehr als ein Viertel dieser Kredite über die Raiffeisenbankengruppe OÖ abgewickelt. Sie bleibt damit die wichtigste Förderbank für Unternehmen – und der erste Ansprechpartner für alle, die heute den Grundstein für den Erfolg von morgen legen wollen. ••
© Sabine Klimt/RZ
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rst platzte die Immobilienblase in den USA, dann gerieten große US-Finanzinstitute in Schieflage, schließlich brach der Welthandel dramatisch ein. Was 2008 mit der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Inc. begann, sollte sich zur größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren auswachsen. Erleben wir gerade eine Kopie dieser Krise? Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, verneint: „Mit 2008 kann man die aktuelle Situation nicht vergleichen. Damals ging die Krise vom Finanzsektor aus. Heute ist die gesamte Realwirtschaft davon betroffen.“ Aber er hat auch eine gute Nachricht: „Der Bankensektor hat seit 2008 deutlich an Stabilität gewonnen, Banken verfügen heute über mehr Eigenkapital zur Absicherung“, so Schaller. Von dieser Stärke können Unternehmen profitieren. Schaller: „Unsere Aufgabe ist, jetzt für Stabilität zu sorgen. In erster Linie sichern wir die Liquidität der Unternehmen und damit Arbeitsplätze.“ Tatsächlich hat die Raiffeisenbankengruppe OÖ im Kontext von Covid-19 bislang mehr als 13.200 Kreditstundungen mit einem Volumen von rund 104 Millionen Euro abgewickelt, 40 Prozent der Anträge betreffen Firmenkunden. Auch bei den Überbrückungshilfen der staatlichen Förderstellen wie aws, ÖHT oder OeKB war die Raiffeisenbankengruppe OÖ ein wichtiger Partner: Mehr als 2.300 Anträge wurden via Raiffeisenlandesbank OÖ gestellt, das Gesamtvolumen beträgt dabei 1,2 Milliarden Euro. „Wir setzten alle Hebel in Bewegung, um unsere Kunden zu unterstützen und sie bestmöglich durch diese herausfordernde Zeit zu begleiten“, so der Chef der Raiffeisenlandesbank OÖ.
WIR SETZTEN ALLE HEBEL IN BEWEGUNG, UM UNSERE KUNDEN ZU UNTERSTÜTZEN. HEINRICH SCHALLER, VORSTANDSVORSITZENDER DER RAIFFEISENLANDESBANK OÖ
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BAUERNMARKT GOES INTERNET E-Commerce im Wandel: Auch im Internet kauft man jetzt lieber beim vertrauten Nachbarn aus der Region. Kleine Onlineshops heimischer Anbieter erleben einen Massenansturm. Aber wie nutzt man die Chancen digitaler Vertriebswege optimal? Text: Stefan Schatz • Foto: stock.adobe.com / exclusive-design
REGIONALISIERUNG
Supermarkt im Internet Wie etwa Unimarkt-Geschäftsführer Andreas Haider, Pionier im OnlineLebensmittelhandel. Schon 2015 konnte man bei ihm aus ganz Österreich via Internet einkaufen, bei der Zustellung von Tiefkühlwaren setzte Unimarkt Standards. Eine hohe Investition, die sich mit dem Lockdown zu rechnen begann: „Im Durchschnitt hatten wir mehr als 30.000 Unique User im Onlineshop und erhielten pro Tag 1.000 Bestellungen. Wir waren
WÄHREND DES LOCKDOWNS KAMEN 1.000 BESTELLUNGEN VIA INTERNET. PRO TAG. ANDREAS HAIDER, GESCHÄFTSFÜHRER UNIMARKT
Franz Spindler ist Gründer und Geschäftsführer von Variocube und DigitalerMarktplatz.com.
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Dominik Leitner, E-Commerce-Leiter bei U nimark, dem Onlinepionier für Lebensmittel-Shopping.
VIELE REGIONALE PRODU ZENTEN SIND FÜR LEBENS MITTELKONZERNE ZU KLEIN. THERESA IMRE, MARKTA.AT
innerhalb weniger Stunden für 21 Tage im Vorhinein ausgebucht, der durchschnittliche Warenkorb lag bei 350 bis 400 Euro“, erzählt Haider. Sein E-Commerce-Chef Dominik Leitner ist überzeugt, dass der digitale Vertriebsweg für den Lebensmittelhandel auch nach Corona wichtiger wird: „Die Bestellungen haben sich auf einem hohen Niveau stabilisiert“, plaudert er aus dem Nähkästchen. „Wir hatten im Onlineshop ca. 60 Prozent private Kunden und 40 Prozent Firmen und soziale Einrichtungen. Während des Lockdowns nahmen die Bestellungen von Privaten überhand.“ Der Grund für den Onlineshopping-Boom ist Leitner klar: „Es ist einfach, es funktioniert, man bekommt die Ware auf Wunsch kontaktund berührungslos nach Hause geliefert.“ Die Auswahl zwischen Markt und Onlineshop unterscheidet sich nur in Nischenbereichen. „Wirkliche Bestseller sind Obst, Gemüse, Eier und die vielen a nderen Produkte regionaler Produzenten.“ Luft nach oben gäbe es reichlich: „In Österreich liegt der Onlineanteil beim Lebensmittelkauf unter einem Prozent, in Großbritannien sind es über sechs Prozent und China ist auf dem Weg zu 11,1 Prozent.“ Nur die Last Mile, die Zustellung vom lokalen Zwischenlager zum Endkonsumenten, bereite noch Kopfzerbrechen. Deshalb wird bei Unimarkt weiter in digitale Vertriebswege investiert: „Wir revitalisieren den Onlineshop, bauen eine neue Website und optimieren die Logistik. Wir ent wickeln uns in diesem Bereich laufend weiter und haben noch viele Ideen für weitere Innovationen – man darf gespannt sein.“ Smarter Warenkorb Franz Spindler, CEO von Variocube, könnte mit seinen Smart Locker Systems helfen. Was das ist? „Webbasierte Schließfächer für drinnen und draußen“, erklärt der IT-Spezialist. Die Idee: Der Händler hinterlegt die gekaufte Ware in einem Variocube, der Konsument wird via Smartphone benachrichtigt und erhält einen Öffnungscode, um die Ware entnehmen zu können. „Unsere Systeme sind modular ausbaufähig und können etwa in Einkaufszentren, Wohnanlagen, Gemeindezentren oder anderen öffentlich zugänglichen Standorten installiert werden.“ 100 s olcher Sys teme sind bereits in Betrieb. Den Corona-Lockdown hat Spindler für die nächste Ausbaustufe genützt. In Kooperationen mit Gemeinden wie St. Florian bei Linz und mit Unterstützung von Partnern wie der Raiffeisenlandesbank Theresa Imre, OÖ gründete er www.digitalerGründerin von markta.at, marktplatz.com: Die Variocubes einem Onlineshop für funktionieren dabei als Superregionale Genüsse. markt für Greißlerware von regio-
© Anna Zora, Variocube, DigitalerMarktplatz.com, Unimarkt, Inge Prader / OTS
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ocus on the user and all else will follow.“ Wer mit digitalen Kommunikationskanälen Erfolg haben will, hält sich ans Motto von Google. Was das Credo des Suchmaschinen-Giganten im Alltag bedeutet, erklärt Christine Antlanger-Winter, Country D irector von Google Österreich: „Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht: Wie kann man für den User Mehrwert generieren?“ Eine Frage, die sich jetzt auch viele heimische KMU stellen sollten. Denn, so die Österreich-Chefin des Digitalkonzerns: „Viele Konsumenten legen den Fokus auf Regionalität.“ Was Unternehmen die Chance gibt, schon mit kleinen, aber spezifischen E-CommerceApps Großes zu bewirken. „Mit digitalen Kaufkanälen spricht man breitere Kundenschichten an, generiert mehr Umsatz und baut für potenzielle Konsumenten Hürden ab.“ Über Chancen und Hürden von Onlineshops regionaler Anbieter diskutierte die Google-Österreich-Chefin bei dem hochkarätig besetzten New Industry Meetup #4, einer vom Start-up-Spezialisten factory300 initiierten und von der Raiffeisenlandesbank OÖ unterstützten Veranstaltungsserie. Neben dem oberösterreichischen Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner, dem Vorsitzenden der Jungen Wirtschaft OÖ Bernhard Aichinger, Wolfgang Grausenburger, Marketingleiter der Paketabteilung der Österreichischen Post AG, Gerald Schauer von der Raiffeisenlandesbank OÖ und Moderator Bernhard Lehner, Chef der startup300 AG, kamen auch Unternehmer zu Wort, die Onlineshops betreiben und unterstützen.
REGIONALISIERUNG
nalen Nahversorgern. Spindler: „DigitalerMarktplatz.com e rspart Verbrauchern lange Anfahrtswege und den Anbietern fixe Öffnungszeiten und Logistikfragen.“ Das Interesse sei groß, weitere Gemeinden sind bereits Kooperationspartner, auch die Landeshauptstadt Linz will das System ausprobieren. „Mit der Wohnbaugesellschaft WAG sind wir ebenfalls im Gespräch und aus einer Kooperation mit dem Hightech-Unternehmen KEBA ergaben sich spannende Kontakte mit regionalen Verbänden im deutschen Schwarzwald-Gebiet.“ Weil sich in Variocubes nicht nur Lebensmittel, Postsendungen oder Kleider für die Reinigung hinterlegen lassen, sind auch einige Raiffeisenbanken interessiert. „Etwa, um Dokumente außerhalb der Öffnungszeiten zu übergeben“, so Spindler. Braucht die Bank das schlaue Schließfach nicht, können es andere Regionalversorger nutzen, sogar für temperatursensible Ware.
Internetshops werde noch steigen, entsprechende Vorhaben breite Unterstützung finden. Auch bei der Raiffeisenlandesbank OÖ, wie Manager Gerald Schauer betont: „Wir helfen, wo wir uns einbringen können. Und am liebsten helfen wir dort, wo wir selber leben.“ Die technischen Hürden sind sowieso überschaubar. „Bei Google finden alle Unternehmen Zugang zu den besten Technologien, wie spezifische Analysetools etwa zur Prüfung des Exportpotenzials mit dem Market Finder. Man kann auch seinen bestehenden Onlineshop auf Optimierung prüfen lassen (g.co/ GrowmyStore), um Kunden noch besser anzusprechen. Darüber hinaus bieten wir Zugang zu Studien, Best Cases und ein breites Angebot zur Fort- und Weiterbildung im Digitalbereich“, verspricht Antlanger-Winter. Beste Voraussetzungen also, um das Shoppingcenter der Zukunft in der Tasche zu haben. Nämlich am Smartphone.••
MIT DIGITALEN KAUFKANÄLEN GENERIERT MAN MEHR UMSATZ. CHRISTINE ANTLANGER-WINTER, COUNTRY DIRECTOR GOOGLE ÖSTERREICH
Der Hofladen-Supermarkt Eine Idee, die Theresa Imre gut gefällt. Ihr Start-up markta.at konzentriert sich auf den Handel mit klassischer Hofladen-Ware. Das Gründungs motiv: „Ich bin am Land aufgewachsen und kenne die Probleme der Bauern.“ Sie startete nach ihrem IBWL-Studium in einer Unternehmens beratung, die Sehnsucht nach sorgfältig hergestellten Köstlichkeiten aus Österreich lebte sie in einem vielfach prämierten Food-Blog aus. „Viele ländliche Produzenten haben mich daraufhin kontaktiert und um Unterstützung in Marketing und Vertrieb gebeten.“ Mit markta.at kommt sie dem großen Bedarf nach. Das Prinzip: Im markta-Webshop sucht sich der Kunde die gewünschten Gustostückerl aus, markta sammelt die Bestellung bei den Produzenten frisch ein, verpackt sie appetitlich, hygienisch und lebensmittelsicher und sorgt für die Zustellung zum Verbraucher. Die Nachfrage ist auf beiden Seiten groß: „Einerseits gibt es in Österreich 160.000 ländliche Lebensmittelproduzenten, andererseits ist vor allem in den urbanen Räumen der Wunsch nach regionaler Feinkost groß.“ Die Konkurrenz internationaler Handelsketten fürchtet sie nicht: „Dafür sind unsere Produzenten zu klein. Sie haben auch keine Lust, die hohen logistischen Anforderungen wie korrekte Etikettierung, Lieferscheinwesen, genormte Verpackungen etc. der Multis zu erfüllen.“ markta erlebte im Corona-Lockdown einen gewaltigen Aufschwung, Imre freut besonders, dass seitdem auch viele ältere und weniger web affine Konsumenten den Onlineservice gerne nutzen. Für sie ist es der Anfang einer „Revolution, die Services wie markta.at zu einer Alternative zum Einkauf im klassischen Supermarkt macht“. Ähnlich wie Dominik Leitner oder Franz Spindler prophezeit sie dem Einkauf regionaler Produkte eine rosige Onlinezukunft. Die Auswahl an
QR-Code scannen und mehr über „ digitale Marktplätze“ in Oberösterreich e rfahren.
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VIER MIT GESPÜR Kurzarbeit, Umsatzeinbruch, Nothilfen: Der wochenlange Lockdown hat die Wirtschaft hart getroffen. Trotzdem gibt es einige Unternehmen, die sich ausgerechnet in der Coronakrise zu neuen Rekorden aufschwingen. Aber wie ist ihnen das gelungen? Text: Luisa Graber• Foto: PEXCO
ERFOLG TROTZ KRISE
Pexco: Marketing schafft Umsatz Pexco etwa, ein 2017 gegründetes Unternehmen aus Schweinfurt, erkannte schnell, dass Lockdowns den Hunger nach Bewegung steigern. Es vertreibt E-Bikes und Fahrräder an den Fachhandel und strebt danach, eine führende Rolle im Bereich E-Mobility einzunehmen. Derzeit bieten die 70 Mitarbeiter die Eigenmarke R Raymon und Husqvarna E-Bicycles an, seit Anfang des Jahres ist man eine hundertprozentige Tochter der österreichischen Pierer Mobility AG. Die beiden Gründer, Susanne und Felix Puello, sind in den Vorstand der neuen Organisation aufgerückt. „E-Bikes sind Gewinner der Krise“, konstatiert Susanne Puello. Dabei sah es zuerst gar nicht gut aus, der Lockdown verhinderte Umsatz. Nach Wiedereröffnung der Geschäfte folgte aber ein ungeahnter Ansturm: „Die Kunden sind bis zu vier Stunden für unsere Bikes angestanden. In den letzten Apriltagen haben wir den Umsatz des ganzen Monats aufgeholt.“ Besonders erfreulich: Der Trend, mit E-Motor-Unterstützung voranzukommen, zieht sich durch alle Altersgruppen. Gerade in urbanen Räumen war ein starker Nachfrageanstieg zu verzeichnen, sicher auch, weil das E-Bike eine hervorragende Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln darstellt. Das treibt das Geschäft: Im Mai konnte Pexco den Umsatz gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als vervierfachen. S usanne Puello prophezeit schon jetzt ein Plus von 40 Prozent beim Jahresumsatz gegenüber 2019. Eine Erfolgszutat: Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen hielten die Puellos trotz Lockdowns an Marketingausgaben fest und positionierten sich so als Alternative zum Lockdown-Frust. Voraussetzung
VIELE KUNDEN HATTEN IN DER KRISE DIE ERSTE BERÜHRUNG MIT ONLINESHOPPING. MARCO KRANKL, GESCHÄFTSFÜHRER E-TEC
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für den Aufschwung sei aber auch hier die gut funktionierende SupplyChain. Große Mengen an Rädern wurden schon vor dem Lockdown in den Fabriken in Bulgarien und Taiwan beauftragt. Versorgungslücken bis zur Wiederaufnahme der Produktion gab es dadurch kaum. e-tec: Feines Trendgespür Eine ähnliche Geschichte erzählt der österreichische Elektronik-Onlinehändler e-tec, der mehrheitlich im Eigentum der Raiffeisenlandesbank OÖ steht. Zunächst war der verordnete Geschäftsschluss eine gewaltige Herausforderung. Schließlich waren alle 18 Filialen des Unternehmens zu, sie sorgten bisher für den Großteil des Umsatzes. Gespannt blickte man auf die Internetumsätze des Onlineshops e-tec.at – und wurde positiv überrascht. Die Onlinenachfrage stieg rasant. Im März und April sogar so schnell, dass man via Reduktion von Marketingaktivitäten die Präsenz im Internet reduzierte – sonst hätte man bei der Qualität der Bestellabwicklung Abstriche machen müssen. Selbst im Mai, Juni und Juli blieb das Internet Umsatzt-Turbo. Firmenkunden orderten Geräte und Peripherie für die Arbeit im Homeoffice, Endkonsumenten Haarschneide- und Brotbackgeräte, Nähmaschinen und Fitnessuhren. Auch neue Smartphones waren begehrt, und je länger der Lockdown andauerte, desto mehr Gaming-Equipment ging über den virtuellen Ladentisch. Das zufriedene Fazit von Geschäftsführer Marco Krankl: „Wir haben von dieser Krise profitiert. Viele Kunden hatten den ersten Berührungspunkt mit Onlineshopping. Und wir merken, dass sie wiederkommen.“ Zehn Mitarbeiter der realen Filialen wurden in Kurzarbeit geschickt, der Rest mit Aufgaben betraut. Sogar neue, langfristige Arbeitsplätze entstanden. Dass es so gut lief, liegt an Krankls feinem Trendgespür. Schon Anfang J änner, als sich Corona in Fernost verbreitete, o rderte man mehr Ware als gewöhnlich – zunächst, weil man befürchtete, dass Produzenten nicht nachliefern könnten. Krankl: „Dass auch Lockdowns in Europa kommen würden, war damals noch nicht absehbar.“ Es freut ihn, dass die Transformation vom Einzelzum Onlinehandel jetzt beschleunigt wird. andmetics: Gute Kontakte nach Asien Eine Art sechster Sinn war es auch, der dem 2014 gegründeten Anbieter von Kaltwachs-Enthaarungsstreifen andmetics durch die Krise half. Vertrieben werden die Produkte des 11 Mitarbeiter zählenden Unternehmens über Drogeriemärkte und Friseure. Im Lockdown fielen die Einnahmen durch die Figaros wegen der Shop-Schließungen weg.
© Alois Humer, Martin Erd, Tobias Fetter, Anzhelika Kroiss
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ier Unternehmen, vier verschiedene Branchen und vier unterschiedliche Geschäftsmodelle: Pexco setzt auf E-Bikes, Franco Fresco produziert Tiefkühlpizzen, e-tec vertreibt Elektronik, andmetics ist auf Beauty spezialisiert. Was diese vier Betriebe eint: Sie konnten in der Coronakrise dank gutem Gespür und dem richtigen Geschäftsmodell profitieren und Erfolge verbuchen.
ERFOLG TROTZ KRISE
DIE KUNDEN SIND FÜR UNSERE E-BIKES BIS ZU VIER STUNDEN ANGESTANDEN. IN DEN LETZTEN APRILTAGEN HABEN WIR DEN UMSATZ DES GANZEN MONATS AUFGEHOLT. SUSANNE PUELLO, GRÜNDERIN UND VORSTAND PIERER E-BIKES GMBH
Statt Verzweiflung gab es einen Plan B: Geschäftsführer Hannes Freuden thaler importierte kurzerhand Mund-Nasen-Schutzmasken aus Fernost und später Kroatien. Er unterhält seit Jahren Geschäftsbeziehungen mit Asien und hat dort gute Kontakte – und er roch früh die Lunte: „Wir haben schon im Jänner verstanden: Wenn das Virus zu uns kommt, kommt auch die Maskenpflicht.“ Durch ein Darlehen seines Gesellschafters Raiffeisen KMU Beteiligungs AG wurde die Investition möglich. Freudenthaler: „Wir gehörten zu den Ersten, die Masken importiert haben.“ Insgesamt hat andmetics bisher mehr als 2,5 Millionen Masken verkauft – an seine Partner im Handel, an Flughäfen, Transport- und Logistikunternehmen in Österreich und Deutschland. Bei andmetics musste niemand entlassen oder in Kurzarbeit geschickt werden, auch Stundungen waren nicht nötig. Hannes Freudenthaler kann für ein positives 2020 bei andmetics garantieren:
WIR WOLLEN NEUE MÄRKTE ERSCHLIESSEN UND NEUE VERTRIEBSWEGE STARTEN. CHRISTOPH SCHRAMM, GRÜNDER & CEO VON FRANCO FRESCO
Christoph Schramm, Gründer und CEO von Franco Fresco, kämpft mit Kapazitätslimits.
Hannes Freudenthaler, Geschäftsführer von andmetics, bewies in der Krise Flexibilität.
„Das Maskengeschäft hat uns das Jahr gerettet. So können wir unsere Pläne einhalten.“ Und jetzt springt schließlich auch das normale Geschäft wieder an. Franco Fresco: Regional schlägt global Das deutsche Unternehmen Franco Fresco stieß sogar an Kapazitätsgrenzen. „Wir gehören klar zu den Profiteuren der Krise“, sagt Gründer und CEO Christoph Schramm. Seit 2014 bietet er unter der Marke Gustavo Gusto Tiefkühlpizzen in Premiumqualität, die wie aus dem italienischen Ristorante schmecken sollen. Der Vertrieb erfolgt über Supermärkte im DACH-Raum, unter den Partnern finden sich etwa Rewe, Edeka, Merkur, Billa und Migros. Mehr als 100.000 der köstlich belegten Teigfladen werden derzeit täglich produziert – und auch verkauft. Dass der Umsatz während des Lockdowns nur marginal stieg, liegt nicht an fehlender Nachfrage – sondern am Platz in der Produktion. In einem Jahr sieht das anders aus: Dann wird es das neue, derzeit noch in Planung befindliche Werk geben. Weil, so Schramm: Gustavo Gusto hätte in der Lockdown-Zeit mindestens 50 Prozent mehr Pizzen verkaufen können. Andere Probleme, die Unternehmen während des Lockdowns lahmlegten, hat Schramm schon gelöst. Etwa jene der Supply-Chain: Sein Unternehmen kauft vor allem regional ein, Grenzschließungen während des Lockdowns spürte er kaum. Nur der Thunfisch, der auf den Malediven von Hand geangelt wird, schaffte es nicht bis Europa. Die Sorte „Tonno e Cipolla“ war eine Weile nicht im Sortiment. Was das Wachstum des 300 Mitarbeiter starken Unternehmens aber kaum hemmt: Lag der Umsatz 2019 bei rund 35 Millionen Euro, erwartet Schramm für 2020 zwischen 50 und 60 Millionen Euro. Die Financial Times führt Franco Fresco in der Liste „Europe’s Fastest Growing Companies 2020“ auf Platz 14. In der Kategorie „Food and Beverage“ führt es das Ranking sogar an. CEO Schramm hat große Pläne: „Wir wollen neue Märkte erschließen, neue Vertriebsschienen starten und unser Sortiment erweitern – zunächst um ein eigenes Eis.“ ••
WIR WUSSTEN: KOMMT DAS VIRUS ZU UNS, KOMMT AUCH DIE MASKENPFLICHT. HANNES FREUDENTHALER, GESCHÄFTSFÜHRER ANDMETICS
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KETTEN REAKTION Durch Corona ist Sand ins Getriebe der globalen Logistiker gekommen, Unternehmen und Spezialisten sind mit Problemen konfrontiert. Massive Herausforderungen w arten nicht zuletzt auf den boomenden Onlinehandel. Text: Christian Prenger • Foto: stock.adobe.com / sveta
LOGISTIK
ES WIRD BEIDES GEBEN: NOCH STÄRKERE GLOBALISIERUNG UND GLEICHZEITIG DEN TREND ZUR REGIONALISIERUNG. JÖRG SCHEITHAUER, CFO TGW LOGISTICS GROUP
ES IST MIT EINER BRANCHENKONZENTRATION UND EINEM STARKEN WACHSTUM GLOBALER PLAYER ZU RECHNEN. ALEXANDER KAINER, PARTNER DER UNTERNEHMENSBERATUNG DELOITTE ÖSTERREICH
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urch die Corona-Pandemie sind viele Transport- und Logistikunternehmen im Krisenmodus. Die Frage ist, wie schnell sich die Branche erholen kann.“ Die Suche nach probaten Antworten auf die Analyse von Ingo Bauer, Spezialist der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland, beschäftigt viele Führungskräfte. Die Bruttowertschöpfung im europäischen Frachtverkehr und in der Logistik wird laut einer Szenarioanalyse von PwC um 8,6 Prozent einbrechen – bei nur langsamer Regeneration. Auf den ersten Blick scheint nichts mehr wie früher zu sein. Sogar das Image des gepriesenen Business-Wundermittels Globalisierung hat angesichts der viralen Wucht leichte Kratzer abbekommen. Schon macht der Ruf nach mehr Regionalisierung als Prophylaxe gegen Alarmfälle aller Art die Runde. In den USA etwa wächst die Zahl von Micro-Fulfillment-Centern. Dabei werden stationäre Geschäfte ums Eck einfach zu Logistikzentren erweitert. So können Retailer ihre Produkte sogar dann online verkaufen, wenn Transportfahrzeuge krisenbedingt stillstehen. Flexibilität und Sicherheit Derartige Initiativen sind letztendlich aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Aus für weltweite Supply-Chains dürfte ohnehin nicht in Sicht sein. „Die Logistikvolumina nehmen generell zu. Allerdings steigt die Volatilität am Markt, während mehr Ansprüche an Flexibilität und Sicherheit gestellt werden. Solche Erwartungen können nur höchst effiziente Liefernetzwerke erfüllen. Deshalb ist mit einer Branchenkonzentration und einem starken Wachstum globaler Player zu rechnen“, sagt Alexander Kainer, Partner der Unternehmensberatung Deloitte Österreich. Zudem brauche es mehr Innovationsgeist. Realistisch ist eine Zweigleisigkeit als Reaktion auf die aktuellen Erfahrungen. „Es wird beides ge-
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ben: noch stärkere Globalisierung und gleichzeitig den Trend zur Regionalisierung. Wir erwarten, dass die Stadt der Zukunft vor großen Veränderungen steht und sich auch die Einkaufsgewohnheiten wandeln werden. Vernetzte Lösungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Nicht nur beim Bestellvorgang via Smartphone, auch in der Intralogistik“, sagt Jörg Scheithauer, CFO der TGW Logistics Group. Stresstest im Web An logistischen Herausforderungen knabbert auch der Onlinehandel. Hier warten sogar Mammutaufgaben, seit die Pandemie dem virusfreien E-Commerce ungeahnten Aufwind beschert hat. Laut der Technologiefirma Detail Online ist der Anteil von Nutzern, die 50 Prozent oder mehr ihrer Käufe via Netz tätigen, in Frankreich, Großbritannien und Deutschland signifikant gewachsen. Die Anzahl jener Verbraucher, die über die Hälfte ihrer Waren digital ordern, ist seit Krisenbeginn um bis zu 80 Prozent gestiegen. Der heimische Handelsverband wiederum ortet auch in Österreich eine stärkere Ausbreitung des E-Shoppings. Was etablierten Onlineshop-Betreibern Schweiß auf die Stirn treibt. Denn: Ihre Logistik ist schon durch Corona an Belastungsgrenzen gestoßen. Bestes Beispiel ist tectake. Das Unternehmen vertreibt ein breites Sortiment von Gartenmöbeln über Tierbedarf bis zu elektronischen Haushaltshelfern über Onlineshops in ganz Europa via Internet. Die Corona-Pandemie ließ die Nachfrage fast über Nacht explodieren – und auch die logistischen Probleme. In Italien etwa verhinderten Covid-Sperrzonen plötzlich die Paketzustellungen. Gefragt waren deshalb prompte Reaktionen wie Liefersperren oder die Verständigung wartender Kunden. Was den Druck jedoch kaum reduzierte. „Durch die Lockdowns in immer mehr Ländern hat der Absatz deutlich zugenommen. Unsere Lager stan-
LOGISTIK
ES SIND LÖSUNGEN GEFRAGT, DIE IN KRISENZEITEN SCHNELL SKALIERBAR UND WIDERSTANDSFÄHIG SIND. PETRA DOBROCKA, CO-GRÜNDERIN BYRD TECHNOLOGIES GMBH
DURCH DIE CORONA-PANDEMIE SIND VIELE UNTERNEHMEN AUS TRANSPORT UND LOGISTIK IM KRISENMODUS.
© TGW Logistics Group, Felicitas Matern, Byrd Technologies GmbH, PWC
INGO BAUER, LEITER TRANSPORT UND LOGISTIK BEI PWC DEUTSCHLAND
den aber nicht nur vor dem Problem, wie sie die schiere Masse an Paketsendungen überhaupt noch bewältigen können. Es ging gleichzeitig um die in großer Zahl eintreffenden neuen Produkte, die entladen, verräumt und in den Warenbestand eingebucht werden mussten“, erinnert sich tectake-Geschäftsführer Roland Kemmer. Der Stresstest für E-Commerce-Logistik wird wohl noch geraume Zeit anhalten. „Es gab Engpässe bei Versandfirmen und in Logistikzentren, verstärkt durch Corona-Sicherheitsvorkehrungen. Für den Onlinehandel ist in der zweiten Jahreshälfte, besonders vor Weihnachten, noch ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr zu erwarten. Deshalb sind Lösungen gefragt, die in Krisenzeiten schnell skalierbar und widerstandsfähig sind“, betont Petra Dobrocka, Co-Gründerin von byrd. Für die tägliche Praxis hinter solchen Ansprüchen offeriert ihr Start-up ein internationales virtuelles Logistiknetzwerk und verbindet als Plattform Händler mit Logistikdienstleistern. In Hinblick auf den dezentralen Ansatz mit Lagerung in verschiedenen Ländern verspricht byrd eine Variante, die auch im Ernstfall nicht in die Knie geht. Nicht einmal durch mögliche Restriktionen beim internationalen Paketversand, wecken die byrd-Gründer Hoffnungen auf resiliente Netzwerke. Wachstumstreiber E-Commerce Reibungslose Abläufe, speziell auf der letzten Meile zum Kunden, werden auch nötig sein angesichts der Popularität digitaler Shoppingzen tren. Auch TGW-CFO Scheithauer rüstet sich für den Ansturm im Netz: „E-Commerce ist ein klarer Wachstumstreiber. Der Trend zeichnet sich quer durch alle Bereiche ab, in einigen Branchen besonders intensiv. Corona hat die Entwicklung weiter beschleunigt. Viele Kunden haben die Vorteile einer Onlinebestellung schätzen gelernt und nutzen diese Mög-
lichkeit auch in Zukunft. Mit hoch automatisierten Systemen versetzen wir unsere Kunden in die Lage, flexible Lösungen anzubieten. Für den E-Commerce ebenso wie für klassisches Filialgeschäft.“ Scheithauer bringt den jüngsten Großauftrag als illustratives Beispiel: TGW wurde von der Lifestyle-Fashion-Kette Urban Outfitters mit der Errichtung einer Lösung für ihr britisches Distributionszentrum beauftragt. Als Herzstück konzipierten die Marchtrenker Intralogistik-Spezialisten ein „FlashPick“-System zur vollautomatischen Einzelstück-Kommissionierung. Gleich beim Wareneingang wird dabei der Inhalt sämtlicher eintreffenden Kartons in Behälter umgeladen und in ein automatisches Kleinteilelager eingelagert. Letzteres versorgt das Shuttle-System mit Nachschub. Von dort kommen die Bestellungen zu 15 HochleistungsGoods-to-Person-Arbeitsplätzen und anschließend zur Verpackung bzw. in den Versand. Die einzelnen Bereiche der Anlage sind mit energieeffizienter Fördertechnik verbunden, der von TGW selbst entwickelte smarte und selbstlernende Pickroboter namens „Rovolution“ hilft dabei, die richtigen Stücke an die Bestelladresse zu versenden. Das TGW Warehouse Control System sorgt dafür, dass nichts schiefgeht. Und dass die Logistik in Zukunft auch bei außergewöhnlichen Situationen reibungslos funktioniert. ••
QR-Code scannen und einen weiterführenden Artikel über die Auswirkungen der Coronakrise auf Fernfahrer lesen.
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START-UP
Die oberösterreichische Softwareschmiede FireStart hat kürzlich vier Millionen Euro von Investoren lukriert. Die Prozess automatisierer machen repetitive Arbeitsschritte obsolet und nebenbei einen großen Schritt Richtung Technologie-Olymp.
OB DU IN ÖSTERREICH DER BESTE BIST, INTERESSIERT NIEMANDEN. OB DU IN DEN USA MIT DEN GROSSEN MITSCHWIMMEN KANNST – DAS IST DER GRADMESSER. ROBERT HUTTER, CEO FIRESTART
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© 2015 vonsteinbauer.at, stock.adobe.com / putilov denis
Text: Susi Mayer
START-UP
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as haben Manner-Schnitten, Premium-Motorräder von KTM und das Finanzamt auf den Bermudas gemeinsam? Sie alle wollen hinter den Kulissen nichts dem Zufall und dem manuellen Aufwand überlassen und arbeiten daher mit Prozessautomatisierung. Und sie alle schwören dabei auf die Firma eines Oberösterreichers: FireStart. Auf die Frage, wieso gerade die Coronakrise Unternehmen wie FireStart Auftrieb gibt, meint Mitgründer und CEO Robert Hutter: „In einer Zeit, in der Ressourcen plötzlich knapp werden, weil Menschen nicht mehr physisch anwesend sind, denken immer mehr Unternehmen über Prozessautomatisierung nach. Was früher ein Nice-to-have war, wird aufgrund der Krise überlebenswichtig.“ Das Ziel der FireStart-Plattform: „Sinnlose Tätigkeiten abschaffen, um jenen Arbeiten Raum zu geben, die Wertschöpfung kreieren.“ Prozessautomatisierung: klingt trocken, IT-lastig und irgendwie komplex. Dabei ist der Einsatzbereich von FireStarts BPM Suite (Business Process
das weltweite Business Development voranzutreiben, und in einen Produktgenerationssprung, der noch heuer über die Bühne gehen soll. Denn: Neue Entwicklungen im Bereich Enterprise-Software sollten international gedacht werden. Wer Erfolg haben will, muss den Blick aufs Ausland und den US-Markt richten. Hutter: „Ob du in Österreich der beste Anbieter bist, interessiert niemanden. Aber ob du in den USA mit den Großen mitschwimmen kannst – das ist ein wichtiger Gradmesser.“ Zudem sei die Anstrengung, sich in Österreich zu etablieren, oft genauso groß, wie sich am internationalen Markt zu behaupten. Rakete mit Startschwierigkeiten Heute steht FireStart mit seinen 50 Mitarbeitern gut da: Series-A-Finanzierung in der Tasche, ein ausgereiftes Produkt, ein Firmensitz an der Wallstreet. Doch der Weg war steinig. FireStart startete in der Wirtschaftskrise 2008. Budgets wurden gestrichen, Finanzierungsrunden
VON LINZ AN DIE WALLSTREET Management) faszinierend. Vom ersten „Hallo“ beim Portier bis zur Arbeitsfähigkeit am fertig konfigurierten Laptop mit allen Zugangsberechtigungen – FireStart automatisiert das Onboarding neuer Mitarbeiter genauso wie Logistikprozesse oder Rechnungserstellung. Dahinter steckt ein einfach zu konfigurierendes System, das „jeder Mitarbeiter ohne tiefgreifende IT-Kenntnisse bedienen kann. Es ist stabil, emotionsfrei und braucht keine Pausen“, so Hutter. Das bedeutet: kein Programmieraufwand, keine Abhängigkeiten von IT-Dienstleistern, dafür einfache Anwendungen über ein benutzerfreundliches Interface und saubere Datenverarbeitung. Prozesse, die vorher nur in den Köpfen der Mitarbeiter existiert haben, werden so vor den Vorhang geholt und mit Leben erfüllt. Was das bringt? Viel Zeit-/Kostenersparnis und unternehmerische Agilität. Internationales Denken Der bodenständige Linzer ist eine interessante Mischung. Ehrgeizig und selbstbewusst erzählt er über die ausgereiften firmeneigenen Produkte und Österreich als Technologieland, das sich international nicht zu verstecken brauche. Gleichzeitig zeigt er sich besonnen und hat ein Gefühl für Taktik und Kalkül. Schon 2011 hat die Raiffeisenlandesbank OÖ an sein Potenzial geglaubt, die damals als erster Investor mit ihrer Raiffeisen KMU Beteiligungs AG als Gesellschafter bei FireStart eingestiegen ist. Jetzt lukrierte FireStart soeben weitere Investitionen von vier Millionen Euro. Und diese werden proaktiv in Wachstum investiert: in internationalen Personalaufbau, um
bgeblasen: Die Ausgangssituation für einen Launch war denkbar a schlecht. Auch die Folgejahre haben CEO Hutter viel abverlangt. Persönliche Haftungen und der Kampf an vorderster Front setzen nicht nur unternehmerische und psychische Standhaftigkeit voraus, sondern auch großes Vertrauen in Team und Produkte des Unternehmens. Zudem entwickelt sich die Branche der Software- und Prozessautomatisierung rasend schnell. Alles ist in Bewegung, ständig tauchen neue Konkurrenten auf, verbünden sich, gehen wieder eigene Wege. Der Markt ist hart umkämpft. Deshalb weiß Hutter: „Unternehmerischer Erfolg ist, wenn du dem Mitbewerb nicht mehr egal bist.“ Der Oberösterreicher vergleicht die Branche mit einer Mischung aus dem Strategiespiel „Risiko“ und der opulenten Serie „Game of Thrones“. Es wird mit harten Bandagen gekämpft, es gibt viel Drama und Machtkämpfe und am Ende gewinnt der, der am besten taktiert und sich mit den Richtigen verbündet. Happy End? Nicht immer garantiert. Aber FireStart hat die besten Voraussetzungen dafür. ••
QR-Code scannen und FireStart kostenlos testen.
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INTELLIGENZ-
FABRIK Denkende Maschinen, clevere Roboter, optimaler Service: Die Zukunft der Produktion ist digital. Industrie 4.0. soll dabei auch für optimierte Kundenorientierung sorgen. Text: Christian Prenger • Foto: adobe.stock.com / Gorrilar Vector
FABRIK DER ZUKUNFT
ES GEHT DARUM, DURCH DIGITALISIERUNG ENTLANG DER WERTSCHÖPFUNGSKETTE HÖHEREN NUTZEN FÜR KUNDEN ZU ERZIELEN.
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ür Innovationen gibt es immer Geld. Auch in der Krise – und zumindest in der globalen Automobilindustrie. Dort wollen Entscheider für ehrgeizige Ziele sogar tief in die Tasche greifen. In den nächsten drei Jahren sollen die Ausgaben für ganz besondere Projekte um 60 Prozent steigen, vermerkt eine Studie der Unternehmensberatung Capgemini in Österreich. Welche Projekte das sind? Es geht um „Smart Factories“, die eine neue Dimension der Fertigung in Aussicht stellen. In der schlauen Fabrik schaffen intelligente Geräte vernetzt und eigenständig ein effizientes Arbeitsbiotop. Wenn Maschinen das Kommando übernehmen und mittels Chips und Sensoren in den Hallen Entscheidungen treffen, entwickeln die Betreiber naturgemäß überdurchschnittliche Erwartungen. Hoffnungen auf große wirtschaftliche Sprünge scheinen auch nicht aus der Luft gegriffen zu sein: „Hersteller und Zulieferer sind zu großen Investitionen bereit. Wir erwarten, dass sich diese Ausgaben bis 2023 rentieren und Firmen jährliche Steigerungen ihrer Produktivität von 2,8 bis 4,4 Prozent erreichen“, verkündet Capgemini-Expertin Jacqueline Wild. Was nicht allzu spektakulär klingt, aber riesige Summen bewegt: Das monetäre Potenzial umfasst über 160 Milliarden US-Dollar innerhalb der nächsten fünf Jahre. Kein W under, wenn derartige Zahlen die technologische Fantasie in vielen Chefetagen befeuert. Deshalb wird jetzt auch die Produktion immer digitaler, allerorts wird das elektronische Betriebsgelände kontinuierlich ausgebaut. Mit großen Hoffnungen auf gesenkte Kosten und optimierte Abläufe. Das Motto lautet: Wer auf der Datenautobahn bremst, dürfte sehr bald auf der Kriechspur des Wettbewerbs unterwegs sein. Beschleunigte Digitalisierung Als Turbo wirkt nun zusätzlich jene Ausnahmesituation, die den Planeten seit Monaten konstant in Atem hält. „Corona hat die Digitalisierung und wirtschaftliche Entwicklungen wesentlich beschleunigt. Praktisch über Nacht wurden viele berufliche Tätigkeiten in die virtuelle Welt verlagert, damit alles weiter funktioniert, so wie Homeoffice oder Videokonferenzen. Das Bewusstsein für den Mehrwert dieser Infrastruktur wurde geschärft“, erläutert Professor Herbert Jodlbauer, Studiengangsleiter Produktion und Management an der Fachhochschule Oberösterreich. Solche Erkenntnisse könnten auch der Verbreitung jenes trendigen Konzeptes dienen, das Experten als Techno-Schwergewicht werten: Industrie 4.0, die DNA einer goldenen Ära. Hinter jener vierten industriellen Revolution verbergen sich Anwendungen mit Science-Fiction-Potenzial. Schließlich wirkt es auf den ersten Blick verblüffend, wenn die Maschine
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weiß, wie viele Bauteile noch vorhanden sind, und ohne menschliches Zutun Bestellungen an Lieferanten sendet. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt: Sollte der Kunde für seine Hi-Fi-Anlage einen Sonderwunsch deponieren, bahnen sich Roboter ihre eigenen Wege durch die Hallen und produzieren ein maßgeschneidertes Gerät. Was Unternehmen reizvolle Perspektiven eröffnet. Denn es geht nicht nur um möglichst günstige Herstellung durch modernste Hardware. Sondern um die Chance, auf das veränderte Verhalten von Konsumenten mit Technologie reagieren zu können. Denn: Der Konsument von heute will nicht mehr wie früher bloß brauchbare Waren von der Stange erstehen. Gefragt sind Erzeugnisse und Dienstleistungen, die Probleme lösen, Aufgaben erfüllen oder ein gutes Gefühl vermitteln. In den Fertigungsstätten der Zukunft wird es Robotern wenig Mühe bereiten, derartige Verlangen für die Produktion konkurrenzfähiger Güter zu berücksichtigen. „Industrie 4.0. ist mehr als Automatisierung.
Es geht nicht nur um die Digitalisierung des Prozesses, sondern darum, dem Verbraucher Gutes zu tun. Durch Integration des Internets in Geschäftsmodelle entstehen neue Services. Auch bei Autos wird nicht das technisch beste Produkt Umsätze bringen, sondern die kundenorientierte Gesamtlösung. Eine Smart Factory muss ebenfalls auf Verbraucher zugeschnittene Wertangebote b erücksichtigen, wie mobiles Entertainment oder ein Road-Office für das Arbeiten im Fahrzeug“, betont Jodlbauer.
© Peter Regaud, Florian Stöllinger, Palfinger AG
ANDREAS KLAUSER, CEO PALFINGER AG
FABRIK DER ZUKUNFT
ROBOTER KÖNNEN IMMER EINFACHER IN BETRIEB GENOMMEN WERDEN UND SIND HEUTE SCHNELL UND INDIVIDUELL NUTZBAR. GERHARD LUFTENSTEINER, VORSTANDSVORSITZENDER KEBA AG
Effizientere Lösungen Für den weltweit führenden Anbieter innovativer Kran- und Hebelösungen PALFINGER gilt die Datenleitung deshalb als Direktverbindung zum Mehrwert für den Anwender. „Längst steht nicht mehr nur innovative t raditionelle Technologie im Zentrum. Es geht vielmehr darum, durch D igitalisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette höheren N utzen für Kunden zu erzielen, näher an ihre Bedürfnisse zu rücken und schnellere, effizientere sowie günstigere Lösungen zu bieten“, unterstreicht CEO Andreas Klauser. So wie durch den „Digital Twin“. Die digitale Abbildung eines Krans ermöglicht die laufende Erfassung und Überprüfung des Geräts. Dadurch kann der Verschleiß besser vorhergesehen und die Wartung optimiert werden. Dafür sind Sensorik am Gerät, T elematik, Data Analytics und ein vernetztes Ersatzteilwesen erforderlich. Die Digitalisierung liefert dem Flottenbetreiber auch laufende Information darüber, wie gut der Kran eingesetzt und genutzt wird. Durch Auswertung der Anwendungsda-
PALFINGER setzt bei seinen Kran- und Hebel ösungen auf digitale Zwillinge: Der Verschleiß wird am Computer in Echtzeit berechnet.
ten kann PALFINGER maßgeschneiderte Lösungen für Kunden offerieren und dessen Geschäft optimieren. Digitalisierung schafft aber auch eine Personalressource. Heute erfreut sich eine früher elitäre Gruppe steigender Beliebtheit „Roboter konnten bis vor wenigen Jahren nur Experten programmieren. Jetzt können diese immer einfacher in Betrieb genommen werden und sind schnell und individuell nutzbar“, konstatiert Gerhard Luftensteiner, Vorstandsvorsitzender des Technologieunternehmens KEBA AG. Auf solche nimmermüden Kollegen warten unterschiedlichste Jobs. Die Automaten-Belegschaft lässt sich problemlos und ohne langes Training für neue Arbeitsschritte anlernen. Das innovative Poten zial der künstlichen Intelligenz dürfte hier noch einige, bislang ungeahnte Dimensionen erschließen. Mensch und Maschine Die KEBA AG beschäftigt sich mit zahlreichen Facetten von Smart Robotics. So wie mit dem Einsatz der Maschinen als flexible Assistenten. Ein Beispiel ist die „Schwerlast-Mensch-Roboter-Kollaboration“. Dabei sollen Angestellte aus Fleisch und Blut und Hightech-Kollegen so kombiniert werden, dass sie im Job als Team funktionieren und die jeweils individuellen Stärken ausspielen. Dann sorgen Fachkräfte aus beiden Welten Hand in Hand für optimale Resultate. Die von kritischen Geistern befürchtete menschenleere Fabrik scheint es also doch nicht zu geben. Vielmehr bleibt der humane Faktor trotz aller Digitalisierungseuphorie entscheidend. Schließlich geht es auch um die wesentliche Lenkfunktion. Jodlbauer: „Mitarbeiter steuern, kontrollieren, entwickeln neue Programme und werten den bedeutenden Rohstoff Daten aus. Das wird von den Fachleuten jedoch mehr Know-how erfordern.“ In der Fabrik der Zukunft warten also noch viele neue Herausforderungen – für Mensch und Maschine. ••
QR-Code scannen und ein WKOÖ-Webseminar zum Thema „Disruptive G eschäftsm odelle“ mit FH-Professor Herbert Jodlbauer ansehen.
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DER CORONA-SCHOCK: WIE DIE WIRTSCHAFT ÜBERLEBT
GESCHÄFTSMODELLE ERARBEITEN
Die Coronakrise ist der tiefste wirtschaftliche Einbruch in Friedenszeiten seit der Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren. Dazu kommt, dass der ökonomische Schock auf eine ohnehin schwächelnde europäische Wirtschaft trifft. Aber wie erhalten wir unseren Wohlstand? Wie vermeiden wir einen ökonomischen Absturz mit Massenarbeitslosigkeit und Radikalisierung der Politik? Und gibt es einen Weg, den Kontinent zu alter Prosperität zurückzuführen und die Staaten politisch zu stabilisieren? Mit Hans-Werner Sinn äußert sich der bekannteste deutschsprachige Ökonom zu den Pandemiefolgen. Der einstige Leiter des renommierten ifo Instituts hatte zahlreiche Gastprofessuren an renommierten Universitäten wie Princeton inne. Mit seinem reichen Wissen skizziert er mit illustrativen Beispielen Wege, wie wir die Coronakrise nutzen können, um längst fällige Strukturprobleme der europäischen Wirtschaft und des Geldwesen anzupacken. Nur dann habe auch die europäische Idee, die im Augenblick gefährdet sei wie nie, eine Überlebenschance. Wesentlich weniger nachvollziehbar ist seine Kritik an Nachhaltigkeitsbemühungen. ••
Covid-19 hat die Welt verändert: Die Zukunftskarten in den Bereichen Digitalisierung, Globalisierung, Nachhaltigkeit bis hin zur Mobilität sind neu gemischt. Wie wir vorteilhaft die Zukunft gestalten und nachhaltig eine gewinnbringende sowie arbeitsplatzsichernde Produktion in Österreich halten können, zeigt Herbert Jodlbauer, FH-Professor und Leiter des Center of Excellence for Smart Production, in seinem neuen Buch. Der Autor vermittelt ein Vorgehensmodell zur digitalen Transformation der Wertschöpfung und zur Geschäftsmodellinnovation, das bereits in der Praxis erfolgreich getestet wurde. Es soll etablierten Unternehmen ermöglichen, mithilfe der Digitalisierung den Nutzen für Zielkunden zu erhöhen und den eigenen Unternehmenswert zu steigern. Das Vorgehensmodell und die Methoden sind branchenneutral einsetzbar und basieren auf den Erfahrungen aus zahlreichen Beratungsprojekten und Diskussionen. Viele Beispiele illustrieren die Konzepte und Methoden. Die Methoden sind dabei so aufbereitet, dass sie direkt für die Geschäftsmodellinnovation verwendet werden können. Ein Must-read für Entscheidungsträger in Unternehmen. ••
Autor: Hans-Werner Sinn Verlag: Herder Verlag ISBN: 978-3451388934
Autor: Herbert Jodlbauer Verlag: Springer Gabler ISBN: 978-3658304546
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BUCHTIPPS
BUCHTIPPS
UNSERE WELT NEU DENKEN: EINE EINLADUNG
CORONOMICS: NACH DEM CORONA-SCHOCK
Die Welt steht auf der Kippe – und wir spüren es. Unbestritten: Uns Europäern geht es so gut wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Andererseits zeigen sich Verwerfungen, Zerstörung und Krisen, wohin wir sehen. Ob Umwelt oder Gesellschaft – anscheinend gleichzeitig sind unsere Systeme unter Stress geraten. Wir ahnen: So, wie es ist, wird und kann es nicht bleiben. Aber wie finden wir zu einer Lebensweise, die das Wohlergehen des Planeten mit dem der Menschheit versöhnt? Wo liegt der Weg zwischen Verbotsregime und Schuldfragen auf der einen und Wachstumswahn und Technikversprechen auf der anderen Seite? Diese Zukunft neu und ganz anders in den Blick zu nehmen – darin besteht die Einladung, die Maja Göpel ausspricht. Die Autorin, Politöko nomin und Nachhaltigkeitsforscherin ist Generalsekretärin des wissenschaftlichen Beirats, der die deutsche Bundesregierung in Sachen globale Umweltveränderung berät. Wenig verwunderlich also, dass sie die Coronakrise auch als Chance zur Verhinderung klimatischer Katastrophenszenarien sieht – wenn entsprechende Lehren aus den Folgen der Krise gezogen werden. ••
Daniel Stelter ist kein Unbekannter. Der Berater großer Unternehmen und Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums „beyond the obvious“ hat in seinen Bestseller- büchern die Notenbanken schon oft kritisiert. Auch in seinem neuen Buch macht er keinen Hehl aus der Ablehnung der Geldschwemme. Auch wenn der Corona-Schock der größte ökonomische Crash der Weltgeschichte war. Noch mehr Geld würde nur Blasen aufpumpen und die Wirtschaft auf einen falschen Weg bringen. Seine Alternative heißt: Coronomics, das Fundament für die Zukunft der Wirtschaft. Seine Logik: Was zumacht, muss auch wieder aufmachen. Aber resistenter als zuvor! Stelter legt dar, wie wir uns jetzt für die Zukunft nach Corona aufstellen müssen. Das wirtschaftliche Umfeld wird ein anderes sein: aktive Notenbanken, aktive Staaten, Abkehr von der Globalisierung. Die Rückkehr der Inflation droht. Dies verlangt andere Prioritäten: Investition statt Konsum. Echte Reformen von Staat und Gesellschaft. So kann eine alttestamentarisch anmutende Katastrophe der Schlüssel zu einer prosperierenden Zukunft für uns alle werden. ••
Autor: Maja Göpel Verlag: Ullstein Hardcover ISBN: 978-3550200793
Autor: Daniel Stelter Verlag: Campus Verlag ISBN: 978-3593513218
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VORSCHAU
In der nächsten Ausgabe von business lesen Sie, an welchen Technologien für autonomes Fahren in Linz gearbeitet wird, welcher Treibstoff das Auto der Zukunft antreiben könnte, wie der Hyperloop den öffentlichen Verkehr revolutionieren könnte u. v. m.
Erscheinungstermin: Winter 2020
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KEPLER FONDS
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