daheim Juli August 2024

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DEUTSCHLANDS SCHÖNSTE SEITEN JULI/AUGUST 2024 JUNGER FLUSS ENTDECKUNGSREISE INS OBERE DONAUTAL SEITE 54 EXTRA SOMMER AN DER OSTSEE AB SEITE 16 TAGE ZWISCHEN SANDDORN UND SANDSTRAND, RAPSBLÜTE UND REGATTA, KRABBEN UND KREIDEFELSEN Altes Handwerk MANDOLINEN AUS DEM MUSIKWINKEL SEITE 48 Wirkt & schmeckt! Kapuzinerkresse in der Klostermedizin SEITE 88 Lieblingsort: Kulturgeschichte der Eisdiele S. 80 Welterbe: Die Bauten des Architekten Le Corbusier S. 64

Sommer an der Ostsee, das ist radeln und Segel setzen, Fischbrötchen essen, Schätze sammeln – und sich von einer Malerseele berühren lassen. Foto: Blick vom Königsstuhl auf Rügen

Die Kunst der süßen Verführung: Eis hat eine lange Kulturgeschichte

Titelbild: Sonnenaufgang am Strand von Baabe auf Rügen

Die Kunst des guten Tons: Brunhilde Jacob baut im vogtländischen Musikwinkel Mandolinen

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INHALT

WILLKOMMEN

UNSER LAND

LESERBRIEFE/IMPRESSUM

DAS LIEBEN WIR!

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RADELN MIT MEERBLICK

Unterwegs auf dem Ostseeküstenradweg

HART AM WIND

Die Kieler Woche ist ein riesiges Segelevent

KÜSTENPERLE

Matjes und Muße im Seebad Warnemünde

WOODSTOCK DES NORDENS

Erinnerungen an Jimi Hendrix auf Fehmarn

SCHÄTZE DER OSTSEE

MUSEEN: MEER UND MEHR

BILDER FÜR DIE SEELE

Auf den Spuren von Caspar David Friedrich

GEWUSST WO?

DA IST MUSIK DRIN!

Besuch bei einer Mandolinenbauerin

AN DER JUNGEN DONAU

Unterwegs im Naturpark Oberes Donautal

DER NACHTKRABB

Legende eines nachtaktiven Vogelwesens

ARCHITEKTUR DER MODERNE

Welterbe: Bauten und Ensembles von Le Corbusier

HAUS & HOF

MARKTFRISCH: TOMATEN UND PAPRIKA

GARTENTIPPS: MÄHEN MIT DER SENSE

ABER BITTE MIT SAHNE! Kulturgeschichte der Eisdiele

BASTELTIPP: KISSEN MIT MOTIV

NATUR

ALMRAUSCH: BLÜHENDE BERGWIESEN

KLOSTERHEILKUNDE Kapuzinerkresse hilft bei Infekten

LESER FÜR LESER

SELTENER ANBLICK

Wildtier: Schweinswal

FREIZEIT

KURZTRIPS

Auf nach ... München, Koblenz, Magdeburg

AUSZEIT: DRAUSSEN SPIELEN

FERIEN AUF DEM IMMENHOF Urlaub in einer Filmkulisse

GLANZLICHTER AM HIMMEL

Sommernächte mit Feuerwerken und Lichterfesten daheim-RÄTSEL

GRENZENLOS

ALLES AUSSER GEWÖHNLICH

Rotterdam ist schrill und aufregend

GUT ZU FUSS

Birkenstock-Sandalen gehen um die Welt

GRÜSSE AUS GHANA

VORSCHAU

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LAND & LEUTE
INS KALTE WASSER GEWORFEN Buchdrucker-Tradition: Gautschen 3 6 10 11 15 16 24 26 30 32 38 40 45 48 54 62 64 72 74 78 80 82 84 88 91 92 96 102 104 108 112 114 120 122 123
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EXTRA OSTSEE

Die Segel majestätischer Schiffe blähen sich im Wind. Hightech-Boote flitzen bei Regatten um die Wette. Wenn Wind, Wasser und die Wellen der Ostsee zur ganz großen Bühne werden, dann ist die Kieler Woche in vollem Gange. 3,8 Millionen Gäste ließen sich vergan-

genes Jahr von dem maritimen Event begeistern – ein Besucherrekord.

Längst hat sich eines der größten Segelsportereignisse der Welt, das dieses Jahr vom 22. bis 30. Juni stattfindet, zu einem Sommerfest an der Hafenpromenade und in der Innenstadt ausgedehnt. Mit Hunderten Veranstaltungen, Konzerten, einem Jahrmarkt mit

MEER & MEHR

Fahrgeschäften, Spezialitäten aus aller Welt, Ballonglühen und Feuerwerk befindet sich Kiel in diesen Tagen im freudigen Ausnahmezustand, herrscht eine besondere Stimmung in der Stadt. Im Zentrum stehen aber noch immer die internationalen Segelwettbewerbe auf höchstem Niveau, die sich vom Ufer aus verfolgen lassen. Olympi-

HART AM WIND

Sportliche Segelregatten, Windjammerparade und ein großes Volksfest locken viele Besucher zur Kieler Woche

TEXT: DOROTHEE FAUTH

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sche Klassen kämpfen um Medaillen und den Einzug ins Finale. Und bereits seit 130 Jahren liefern sich Marinekutter Rennen. Absoluter Höhepunkt ist die Windjammerparade für alle am letzten Samstag der Festwoche. Traditionssegler, Dampfschiffe und private Boote tummeln sich dann in der Kieler Förde. Dieses vielfältige und bunte

Spektakel lassen sich selbst überzeugte Landratten nicht entgehen. Zumal dieses Jahr das berühmte Segelschulschiff „Gorch Fock“ die Parade anführen wird. Wer mittendrin sein will, segelt mit – ob auf einem Regatta-Begleitboot, bei der Windjammerparade oder einer Nachtfahrt zum „Sternenzauber über Kiel“. Die ganzen

neun Tage über können zudem Törns auf traditionellen Großseglern, Sonnenuntergänge auf Zweimastern, Fischbrötchenfahrten unter Segeln oder Touren mit dem Dampf-Eisbrecher „Stettin“ gebucht werden. Mit Wind im Gesicht und Wasser unterm Kiel wird das Event zu einem Erlebnis, das unter die Haut geht.

Wenn die stolzen Großsegler bei der Windjammerparade einlaufen, ist das ein Gänsehautmoment

EXTRA: OSTSEE [[2R]]

SEEBAD

KÜSTENPERLE

Drei Dinge sind ein Muss in Warnemünde: Schiffe gucken, Matjes schlemmen und im Strandkorb entspannen

TEXT: SILVIA TYBURSKI

Wo auch immer man in Warnemünde ein Fischbrötchen kauft – diesen guten Rat gibt es in der Regel kostenlos dazu: „Passen Sie auf die Möwen auf!“ Denn die hungrigen Vögel sind nicht nur schnell, sie

sind auch gewieft. Der Gastronom Robert Hosch nennt sie „das organisierte Verbrechen von Warnemünde“. Während die eine Möwe ablenkt, kommt die andere von hinten angeflogen und schnappt sich den Happen. Am besten verspeise man seinen Matjes geschützt unter der Markise seines Imbiss-

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wagens am Alten Strom, empfiehlt der Rostocker und Inhaber des Bistros „Hosch & Chips“.

Ob Mensch oder Möwe: Nahrung finden hier, im Fischereihafen des traditionsreichen Seebads, alle reichlich.

Die Möwen vor allem dann, wenn in der Hochsaison die Sommergäste vom

Bahnhof Warnemünde eintreffen oder von einem der Kreuzfahrtschiffe, die am Cruise Center anlegen. Beide Terminals befinden sich ganz in der Nähe von Hoschs blauem Wagen, der am Wochenende auf der Mittelmole steht. Auf dieser kleinen Insel kommen fast alle an, die nicht mit dem Auto anreisen. Gerahmt wird die Mittelmole vom Alten Strom, einst die Mündung der Warnow in die Ostsee und heute ein schmaler Kanal mit Fischerbooten, sowie vom Neuen Strom, dem neuen Unterlauf der Warnow.

Die Hanse Sail ist ein Erlebnis für Einheimische und Gäste Diese Schifffahrtsstraße ist um ein Vielfaches breiter. Auf ihr sind die Fähren ins schwedische Trelleborg und däni-

sche Gedser unterwegs. Und jedes Jahr am zweiten Augustwochenende Traditionssegler aus aller Welt, die zur Hanse Sail in Warnemünde festmachen oder in den Hafen der Rostocker Altstadt fahren. Imposante Riesen sind das, darunter Dreimaster mit geblähten Segeln. Manche stammen aus dem 19. Jahrhundert. „Vor ein paar Jahren kam eins der Schiffe sogar aus Mexiko“, erzählt Robert Hosch. Selbst für ihn als Einheimischen ist die Hanse Sail noch immer ein Erlebnis – vor allem, wenn man sie auf einem Fahrgastschiff vom Wasser aus erlebt.

Wer nicht seefest ist, kann das Spektakel an mehreren Orten aus der Vogelperspektive beobachten. Das fast 60 Meter hohe Riesenrad auf der Mittelmole ist so ein Ort, genau wie die

An der Restaurantmuschel „Teepott“ neben dem Alten Leuchtturm beginnt der breiteste Strand von Mecklenburg-Vorpommern

EXTRA: OSTSEE [[2R]]

KOSTBARKEITEN

Schätze der Ostsee

Die Zitrone des Nordens, Brücken übers Wasser, Schmuckstücke, die Millionen Jahre alt sind – das alles und noch viel mehr ist typisch für die Küste

TEXT: JENS BEY

Rot leuchten die Fahnen auf den Fischerbooten (1) im Licht der aufgehenden Sonne am Strand von Baabe auf Rügen. Mit ihnen markieren die Fischer ihre Netze im Wasser. Ein seltener Anblick, denn in der Ostsee wird immer weniger gefangen. Ein Teil der Ausbeute landet aber nach wie vor in einer der vielen Räuchereien (2) Im würzigen Buchenholzrauch werden Hering, Dorsch & Co. zur klassischen, herrlich duftenden Delikatesse der Küste.

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[[2R]] EXTRA: OSTSEE

Die riesigen Becken im Stralsunder Ozeaneum sind besser als jede TV-Serie. Man kann sich am Gewimmel darin kaum sattsehen

AUSFLUGSTIPPS

Meer und mehr

Schmuddelwetter? Kein Problem an der Ostsee. Eine Reihe maritimer Museen lädt ein zu Entdeckungen im Trockenen

TEXT: DOROTHEE FAUTH

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Bernsteinmuseum: Im Kloster Ribnitz schimmert es honigfarben. In dem ehemaligen Klarissenkonvent in Ribnitz-Damgarten lässt das Gold der Ostsee die Augen seiner Besucher leuchten. 1600 Exponate des fossilen Harzes sind dort ausgestellt. Zu den großen Attraktionen zählen das neue Bernsteinzimmer, Bernsteinkunstwerke des 16. und 17. Jahrhunderts sowie magische Einschlüsse, darunter ein Reptil. www.deutsches-bernsteinmuseum.de

Kreidemuseum: 70 Millionen Jahre alt ist der marine Kalkstein auf Rügen. Im historischen Kreidewerk erfährt man alles über den geologischen Entstehungsprozess der Kreideküste, den Abbau des Rohstoffs und seine Verwendung. Auf dem Freigelände gibt es zudem einen Kreidebruch, einen Naturlehrpfad und eine Plattform mit Aussicht auf den Kleinen Königsstuhl. www.kreidemuseum.de

Ozeaneum: 50 Aquarien laden auf der Stralsunder Hafeninsel zu einem Tauchgang durch die nördlichen Meere. Trockenen Fußes lernt man die Vielfalt ihres Lebens kennen. Im Becken „Offener Atlantik“ (Foto), das 2,6 Millionen Liter fasst, schwimmen Haie, Rochen und Makrelenschwärme um ein Schiffswrak. Zu den Publikumslieblingen gehören auch die Humboldt-Pinguine auf der Dachterrasse. www.deutssches-meeresmuseum.de

Sandskulpturen: Mythen & Sagen sind das diesjährige Thema der überdachten SandkastenSchau bis zum 3. November. Aus 10 000 Kubikmetern Spezialsand haben Künstler mehr als 110 Skulpturen mit bis zu sieben Meter Höhe erschaffen. Dort tummeln sich Göttervater Zeus, Till Eulenspiegel, Graf Dracula, Elfen, Meerjungfrauen – und eine Handvoll Dinosaurier. www.sandskulpturen-travemuende.de

U-Boot U-461: Das Unterseeboot heißt Juliett. Klingt süß für einen Giganten von den Ausmaßen eines sechsstöckigen Hauses. Der russische Stahlkoloss liegt im Hafen von Peenemünde auf Usedom und ist als größtes begehbares U-Boot ein Besuchermagnet. 86 Meter lang ist es – und nichts für schwache Nerven, denn zwei Drittel befinden sich unter Wasser. Während man sich durch Gänge und Kammern schlängelt, wird man von Tauchgeräuschen sowie Lichtsignalen begleitet. www.u-461.de

[[2R]] EXTRA: OSTSEE
[[1L]] daheim LAND & LEUTE

An der jungen Donau

Schroffe Felsen in urtümlicher Natur, ein Kloster voller Leben und die Kapriolen eines jungen Flusses: Der Naturpark Oberes Donautal ist ein Juwel im Süden Baden-Württembergs

TEXT: ANDREAS STEIDEL

Leise plätschert die Obere Donau durchs satte Grün der Sommernatur bei Thiergarten, einem Ortsteil von Beuron

LANDSCHAFT
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Pralles Rot, saftiges

Grün: Tomaten und Paprika aus dem eigenen Garten sind die Essenz des Sommers

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MARKTFRISCH

ERNTEGLÜCK

Tomaten und Paprika schmecken köstlich, sind gesund und bringen Farbe auf den Teller

TEXT: JENS BEY

[[2R]] HAUS & HOF

GLANZLICHTER AM HIMMEL

Feuerwerke und Lichterfeste verleihen

Sommernächten einen ganz besonderen Flair

TEXT: JENS BEY

Mal scheint es, als würde sich einem der blaue Nachthimmel glitzernd entgegenwölben. Dann wieder regnen Funken aus großer Höhe auf den Bodensee hinab, Überbleibsel riesiger dreidimensionaler Blüten aus gleißendem Weiß und

leuchtendem Lila. Die Schiffe und Boote auf dem Wasser: nur Silhouetten. Darauf folgen Explosionen im Sekundentakt, flirrender Flitter dank Pyrotechnik, der Rauch über dem Wasser pulsiert dramatisch rot wie die darin gezündeten Raketen. Die Musik nimmt Fahrt auf – erkennen Sie die Melodie? –,

das Feuerwerk folgt, goldene, rote Fontänen sprühen. Drama pur in Kunstwerken aus Licht, Schall und Rauch.

Strahlender, funkelnder Ausdruck von Lebensfreude

Es ist Hochsommer am Bodensee, und das Seenachtfest in Konstanz neigt sich

FREIZEIT [[1L]] daheim

dem Ende zu. Einem wie immer spektakulären Ende aus Chemikalien und Schwarzpulver, voller Spannung und Lebensfreude, Funkeln und Strahlen, Blitzen und Glühen. Wer von weither zuschaut, für den klingt das Explodieren der Raketen wie das zeitversetzte Ploppen von Champagnerkorken.

Etwa eine halbe Stunde dauert das Spektakel am Himmel. Die Konstanzer zünden es mit ihren Nachbarn zusammen, den Kreuzlingern. Die feiern nämlich jenseits der Grenze die Schweizer Version des Seenachtfests, das Fantastical. Und so malen die beiden Städte gemeinsam strahlend und knallend

Das große Feuerwerk beim Seenachtfest wird in der Konstanzer Bucht von Lastkähnen aus gezündet

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Seltener Anblick

Die einzige Walart in der deutschen Ost- und Nordsee ist der Schweinswal. Wer ihn zu Gesicht bekommt, darf sich glücklich schätzen

[[1L]] daheim NATUR

Den ersten Schweinswal vergisst man nicht. So geht es zumindest der Biologin Anja Gallus, die am Deutschen Meeresmuseum in Stralsund zu Meeressäugern forscht. Vor 20 Jahren, als Studentin auf einem Forschungsboot, starrte sie konzentriert aufs Meer. „Ich wollte unbedingt meinen ersten Schweinswal sehen“, erzählt sie. Plötzlich machte es direkt hinter ihr „puff!“. Eines der Tiere war zum Luftholen aufgetaucht. Ein zweiter Atemzug folgte. Endlich hatte sich ihr Wunsch erfüllt.

Schweinswale sind die einzige Walart, die auch vor den deutschen Küsten

der Ost- und Nordsee heimisch ist. Sie zu entdecken, erweist sich allerdings meist als knifflig. Sie sind eng mit Delfinen verwandt und ähneln diesen äußerlich. Doch während viele Delfinarten gerne Luftsprünge vollführen und neugierig an Boote heranschwimmen, geben sich Schweinswale eher scheu. Sie halten Abstand zum Menschen und tauchen oft nur zum Atmen auf.

Zunächst sieht man ihre abgerundete, dreieckige Rückenflosse aus dem

Wasser ragen, dann folgt der Kopf. Die Tiere öffnen ihr Blasloch und pusten Wasser heraus, das wie feiner Sprühnebel über den Wellen herabregnet. Dann atmen sie ein und verschwinden wieder. Der ganze Vorgang dauert kaum zwei Sekunden. Schweinswalsichtungen sind also nicht nur selten, sondern meist auch kurz.

Anja Gallus, die bis heute zu den Tieren forscht, hat Tipps parat, wie man dem Glück einer Sichtung auf die

Schweinswale ähneln Delfinen. Sie sind aber viel scheuer als ihre Verwandten, und ihre kürzeren Schnauzen haben eine runde Form

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NACHBARLAND

ALLES AUSSER GEWÖHNLICH

Wer futuristische Architektur, meisterliche Kunst und einen Hafen der Superlative sucht, wird Rotterdam lieben

TEXT: CHRISTIAN PARTH

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Das Museumsdepot verwahrt nicht nur Kunstschätze, es ist mit seiner Spiegelfassade selbst ein Architekturkunstwerk

Die Außerirdischen sind gelandet! Und zwar mitten im Museumspark von Rotterdam. Dort steht eine gigantische Salatschüssel, ummantelt von einer silbernen Spiegelfassade. Das Gebäude, so zumindest suggeriert es die Skulptur mit dem Alienkopf davor, soll an ein Ufo erinnern. Es gehört zu den Attraktionen der verrückten Metropole im Südwesten der Niederlande.

Eigentlich handelt es sich dabei nur um ein Depot, das errichtet wurde, um die mehr als 150 000 Exponate des angrenzenden Boijmans­Van­BeuningenMuseums vorübergehend unterzubringen. Das berühmteste Museum der Stadt wird noch bis 2030 renoviert und ist geschlossen. Aber wenn in Rotterdam gebaut wird, kommt am Ende selten etwas Gewöhnliches dabei heraus.

Das rebellische Rotterdam tanzt gerne aus der Reihe

Man sollte es beim Bestaunen der Außenfassade des Lagers für meisterliche Kunst nicht belassen. Auf einigen der sechs Etagen im Inneren sind Kunstschätze aus verschiedenen Epochen sowie begehbare Installationen ausgestellt, andere öffnen den Blick hinter die Kulissen eines Museumsbetriebs: Restaurationssäle und Kammern mit unterschiedlichen Druck­ und Feuchtigkeitsverhältnissen. „Wir sind das einzige Museumslager der Welt, das für die Öffentlichkeit zugänglich ist“, schwärmt Videokünstler Dylan, der die Gäste am Empfang begrüßt.

Dylan ist 28 Jahre alt und in Rotterdam aufgewachsen. Über seine Heimatstadt sagt er: „Wir schauen immer nach vorne und sind dabei kreativ.“

Das kann man sehen. Begreift man die Städte der Niederlande als eine Familie, wäre Rotterdam die rebellische Schwester, die mit Vorliebe aus der Reihe tanzt.

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GRENZENLOS

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