DEUTSCHLAND JANUAR/FEBRUAR 2021 € 2,50
ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN
HANDSTAND AM ABGRUND WIE EXTREM-ARTISTIN STEFANIE MILLINGER IHR TALENT LEBT
ABFAHRT VOM VULKAN
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BENE MAYRS FREERIDE-ABENTEUER IN KAMTSCHATKA
DIESER MANN VERBINDET WELTEN
Wie MoTrip mit Empathie die Grenzen des Deutsch-Rap sprengt und damit Millionen berührt
E D I TO R I A L
WILLKOMMEN
WAS UNS VERBINDET
BERLIN CALLING …
EMIL LEVY(COVER), ANTHONY DICKENS
Für das Shooting unserer Coverstory trafen sich Fotograf Emil Levy und Rapper MoTrip in einem Studio in Kreuzberg. Das Ergebnis des gemeinsamen Nach mittags: ab Seite 40
Kaum eine Stärke bringt uns weiter als Empathie. Wer das nicht glaubt, dem sei unser Interview mit MoTrip, 32, ans Herz gelegt. Darin erzählt der deutsche Rapper mit libanesischen Wurzeln, warum aus gerechnet Einfühlungsvermögen seinen Erfolg ermöglichte – im Hip-Hop und weit darüber hinaus. „Wenn du offenherzig durchs Leben gehst, ziehst du Menschen an, die ähnlich denken“, sagt MoTrip. Wie es ihm mit dieser Philosophie außerdem gelingt, mit Rappern aus verfeindeten Lagern zusammenzu arbeiten und wie wir alle Empa thie zu unserem Vorteil nutzen können, liest du ab Seite 40. Menschenkenntnis brauchten auch die Freerider Bene Mayr, 31, und Sven Küenle, 37, als sie ins ferne Kamtschatka aufbrachen. Wie sie den Einwohnern im Osten Russlands begegneten und, vor allem, wie sie ihre Vulkan-Abfahrt meisterten, erfährst du ab Seite 48. Viel Spaß mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion
KUNSTSTÜCK? KUNSTWERK!
Der britische Fotograf Rick Guest hat ExtremAkrobatin Stefanie Millinger für uns in Szene gesetzt. Das Ergebnis: Körperkunst vom Allerfeinsten. Ab Seite 62
„ Vor der Haustür warten ungeahnte Abenteuer.“ Downhill-Skaterin Jenny Schauerte über die Faszination ihres Sports. Ab Seite 32
DIE GITARRE, NEXT GENERATION
Sieht aus wie eine Klampfe, klingt aber ganz anders. Mehr auf Seite 61
THE RED BULLETIN
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I N H A LT The Red Bulletin im Januar/Februar 2021
28 COVERSTORY
FREESKI
40 ICH SEH DICH!
Wie MoTrip dank seiner Empathie zu einem der erfolgreichsten Rapper Deutschlands wurde – und damit andere inspiriert.
ANSICHTEN / EINSICHTEN
6 B EST OF 2020
13 besondere Bilder als Hoffnungsträger dieses Jahres: Unsere Welt ist aufregend, schön und faszinierend – trotz allem.
SKATEBOARD
32 DAS BRETT, DAS IHRE WELT BEDEUTET
Wie die Entdeckung des Downhill-Skatings das Leben der Rosenheimerin Jenny Schauerte umkrempelte.
TV-SERIE
36 DANK INTUITION ZUM HAPPY END
Schauspielerin Natalia Avelon schildert, wie sie lernte, ihrem Bauchgefühl zu vertrauen.
WINGS FOR LIFE
38 DER SCHRITTMACHER
Wie der Niederländer Gert-Jan Oskam nach seiner Quer schnittslähmung am „Wings for Life World Run“ wächst.
24 ZAHLEN, BITTE! 26 FUNDSTÜCK
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48 FEUER UND SCHNEE
AUF DER PLAYLIST Musikgenie Chilly Gon zales verrät seine etwas anderen Advent-Hits.
Wie es der Münchner Free rider Bene Mayr in Kamtschatka mit einem Vulkan aufnahm.
INNOVATION
60 SO KLINGT ZUKUNFT
Die Gitarre von übermorgen, ein Offroad-Rollstuhl, zwei Start-ups für gute Vorsätze.
KÖRPERKUNST
62 H ALS ÜBER KOPF
Extrem-Artistin Stefanie Millinger über das Abenteuer, seinem Talent zu folgen.
GUIDE
48 AUF DEM VULKAN Freeski-Pro Bene Mayr und seine Abenteuerreise nach Kamtschatka
Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen 75 TRAVEL. Klettern im größten künstlichen Eispark Österreichs. ANKA, RICHARD WALCH, SUZY HOLZGREVE, RICK GUEST
80 F ITNESS. Wie das neue Personal Training deine Gene berücksichtigt. 82 G AMING. Das neue Spiel „Cyberpunk 2077“ im Realitäts-Check. 84 L ESESTOFF. Tierarzt James Rollins schreibt sauspannende Thriller. 86 KALENDER. Wichtige Termine und ein Vierschanzentournee-Spezial. 90 W INTER GEAR. Outdoor-Aus rüstung für jede Könnerstufe.
2 8 PLAYLIST 96 IMPRESSUM 3 0 CLUB DER TOTEN DENKER 98 PERFEKTER ABGANG
36 AUF KURS Schauspielerin Natalia Avelon fand ihren Weg, indem sie ganz auf ihren Bauch hörte.
THE RED BULLETIN
62 AUF DIE SPITZE Extrem-Akrobatin Stefanie Millinger verschiebt die Grenzen des Möglichen.
THE RED BULLETIN
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DAS BESTE DES JAHRES
2020 Eines steht fest: Es war ein … ähh, mühsames Jahr – voll mit Herausforderungen und Hindernissen. Doch wir beschlossen, daran zu wachsen. Text ANDREAS WOLLINGER
POWER OF LIFE
BEN THOUARD
Unser wilder Ritt
Plötzlich war nichts mehr wie vorher: Wir wechselten ins Homeoffice und kom munizierten nur noch via Videokonferenz. In dieser Situation zu beschließen, das Red Bulletin völlig neu zu erfinden, war zwar kühn, machte aber dann unerwartet viel Spaß. Sozusagen in Heimarbeit entstand ein ganz besonderes Heft: die „Power of Life“-Ausgabe, in der hundert Menschen – von Formel-1- Pilot Max Verstappen bis zu den Astronauten der ISS – mit persönlichen Botschaften Mut machten. Im Bild: das Coverfoto aus Tahiti. Das Astronauten-Interview gibt’s auf redbull.com/iss 7
SAMSTAG, 4. JULI
EIN FAST UNABHÄN
GIGES FORMEL-1
2020
-MAGAZIN FRIDAY,
AN ALM
OST IND
EPE NDE
NT Mot
oGP NEW
21 AUGUST , 2020
SPAPER
Doppelsieger Verstappen ist heiß aufs Spielberg-Triple.
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X! MA
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FULL THROTTLE!
IGER
MotoGP ROARS BACK TO THE
SPIE DAILY. LBERG.
RING
01.07.2020 13:58:11
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PREMIERE IN SPIELBERG
20.08.202
0 15:31:52
Die ganze Welt schaute im Sommer nach Spielberg in der Steiermark: Nicht nur, dass der Start der Formel-1-Saison Anfang Juli mit zwei Grands Prix statt in Australien in Austria über die Bühne ging, war im August auch die M otoGP für zwei Rennen hier zu Gast. Dafür war ein angemessenes Medium unverzichtbar: Also feierte „The Red Bulletin Daily“ sein Comeback – als täglich erscheinendes Magazin für Fans und Fahrerlager. Motto: Es gibt nur ein Gas – Vollgas! Zum Nachlesen: redbull.com/theredbulletinspielberg 8
PHILIP PLATZER/KTM
Täglich ein Magazin!
WINGS FOR LIFE WORLD RUN
Super gelaufen
CIMBALY/MARATHON DES SABLES
Ein großes Sport-Event wie der Wings for Life World Run Anfang Mai? Undenkbar. Aber Absagen war auch keine Option. Der globale Lauf fand dann eben virtuell per App statt. Jeder der 77.103 Teilnehmer lief für sich allein zur gleichen Zeit an einem völlig frei wählbaren Ort (theoretisch hätte man, wie der Herr im Bild, auch in der Wüste von Marokko teilnehmen können). Das war fast der gleiche Spaß wie sonst, und am Ende blieben 2,8 Millionen Euro für die Rückenmarksforschung. Mitmachen 2021: wingsforlifeworldrun.com
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„Ich tanzte, um mich aus dem Ärger rauszuhalten.“ Viel schlechtere Voraussetzungen als Angela „Angyil“ McNeal, 28, kann man wohl für den Start ins Leben nicht haben: Sie kam 1992 in Kansas City als jüngstes von acht Kindern einer Allein erzieherin zur Welt und wuchs in einer berüchtigten Gegend der Stadt auf. Mit zehn kam sie durch Ballett zum Tanzen, heute ist sie eine der besten Freestyle- Tänzerinnen der Welt. Eine inspirierende Frau, eine berührende Geschichte in unserer US-Ausgabe. Angyil auf Instagram folgen: @angyil
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THE RED BULLETIN
ATIBA JEFFERSON, JILL HEINERTH
ANGYIL
JILL HEINERTH
Lockruf der Tiefe Die Kanadierin Jill Heinerth, 56, hat vor mehr als 25 Jahren ihren Job als Grafikerin hingeschmissen, um fortan ihre Leidenschaft fürs Höhlentauchen zu leben. Und weil sie nicht nur ziemlich unerschrocken ist, sondern auch eine fantastische Unterwasser-Fotografin, kamen wir in den Genuss, Orte zu sehen, die Menschen seltener besucht haben als den Mond. Hier zum Beispiel „The Pit“, eine Höhle unterhalb der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Mit Jill abtauchen: intotheplanet.com
„Was mich bis heute zum Tanzen hinzieht? Es macht mich einfach glücklich. Punkt.“ JILOU RASUL
„Niemand kann alles. Darum konzentriere dich auf etwas, bei dem du gut bist, und werde Weltklasse.“ FANNY SMITH Als weltbeste Ski-Crosserin beherrscht Fanny Smith, 28, die Konkurrenz auf der Piste nach Belieben. Andererseits scheitert die Schweizerin an der Beantwortung einer E-Mail, weil sie eine angeborene Leseschwäche hat. Ihr Erfolgsgeheimnis: „Lieber an etwas arbeiten, was Freude macht, als sich ein Leben lang mit seinen Schwächen abzuplagen.“ Das inspirierende Interview auf: redbull.com/fanny-smith 14
THE RED BULLETIN
GIAN PAUL LOZZA, EVA BERTEN, RYAN BORNE/CORAL GARDENERS
B-Girl Jilou Rasul, 28, aus Freiburg, porträtiert in unserer November-Ausgabe, hat ein Tattoo am Oberarm, das unter anderem eine mathematische Formel zeigt: eine Funktion, die immer positiv bleibt und gegen unendlich geht. Das ist ihr Lebensmotto: Egal was rundherum passiert – wer weiß, was er will, und dazu positiv denkt, dem gehört die Zukunft. Jills Mission auf Instagram: @bgirljilou
„Wir wollen die Aufmerksamkeit der Welt auf die Bedeutung der Meere lenken.“ GUILLAUME NÉRY Eine Gruppe junger Südsee-Franzosen um den 21-jährigen Titouan Bernicot verfolgt seit 2017 das ehrgeizige Ziel, die Korallenriffe der Erde zu retten. Inzwischen haben sie mit dem legendären ApnoeTaucher Guillaume Néry (im Bild oben) prominente Unterstützung erhalten. Eine beeindruckende Reportage aus einem bedrohten Paradies. Unterstütze das Projekt: Instagram @coralgardeners
THE RED BULLETIN
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FRED MORTAGNE
Welcome on Board
FRED MORTAGNE
Der Fotograf, den sie in der Szene nur „French Fred“ nennen, hat nicht nur ein perfektes Verständnis für die Lebenswelt der Skateboarder, er besitzt auch die Gabe, ihr einen würdigen Rahmen zu verleihen. Seine Bilder sind plakative Kunstwerke, die spannende Geschichten über all die ungewöhnlichen Orte erzählen, die Skateboarder so gern für ihre Erfahrungen nützen – wie hier die Rohre vor einer Kesselfabrik bei Lyon. Freds Bilder: frenchfredstudio.com
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HANNES BERGER
FABIO WIBMER
Abenteuer vor der Tür Während viele Menschen im Frühling 2020 wegen der ungewohnten Umstände Trübsal bliesen, drehte der Wahl-Innsbrucker Fabio Wibmer, 25, ein YouTube-Video mit dem Titel „Home Office“, in dem er mit seinem Trial-Bike daheim eine Menge kreativen Unfug anstellte. Ergebnis: Wibmer hat nun 80 Millionen Follower. Sein verblüffendes Credo: „Manchmal hast du sogar bessere Ideen, wenn du limitiert bist.“ Uns zeigte der Sonnyboy, wie sich die Welt in einen Abenteuerspielplatz verwandeln lässt: Man muss nur genau hinschauen. Alle Videos gibt’s auf Fabios YouTube-Kanal.
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WILL GADD
Der kanadische Eiskletterer Will Gadd, 53, hat sich einer Herausforderung gestellt, die vor ihm noch niemand gewagt hatte: Er kletterte in Gletschermühlen, die tief in den Eisschild Grönlands führen. Sie entstehen, wenn Schmelzwasser von der Oberfläche nach unten sickert. Das Abenteuer hatte aber auch einen wissenschaftlichen Zweck: Die Beschaffenheit der Gletschermühlen soll der Klimaforschung etwas über die globale Erwärmung erzählen. Will Gadd als Speaker erleben: willgadd.com 20
CHRISTIAN PONDELLA
Im Bauch Grönlands
„Ich brauche die Nervosität, um fokussiert und wachsam zu sein.“ ANNA SEIDEL Die 22-Jährige aus Dresden gehört zu den Besten in einer beinharten Sportart: Beim Short Track geht es darum, auf einer Eisbahn mit engen Kurven im direkten Kampf gegen die Konkurrenz ganz vorn zu sein. Dabei sind nicht nur eisläuferische Fähigkeiten wichtig, sondern auch die Schnelligkeit im Kopf. Anna Seidel auf Instagram: @darkredgrape
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THE RED BULLETIN
„Ich will keine Leute tolerieren, die mich oder andere respektlos behandeln.“ ANNE MUNITION
FELIX KRÜGER, JOSH CAMPBELL, DAVID FISCHER
Seit 2015 ist Anne Munition (ihren wahren Namen verrät sie nicht) Vollzeit-Gamerin auf Twitch. Das sei alles andere als leicht verdientes Geld, sagt die 30-jährige Kalifornierin, „wer das glaubt, sieht nicht den ganzen Hass, dem du dabei ausgesetzt bist“. Deshalb ist sie jetzt konsequent: „Wenn jemand anfängt, garstig zu sein, fliegt er raus.“ Annes Streams auf: twitch.tv/annemunition
„Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, ziehe ich das durch. Komme, was wolle!“ LUDWIG TREPTE Mit 12 stand er das erste Mal vor der Kamera, mit 23 gründete er eine Familie. Und voriges Jahr machte der heute 32-Jährige den Flugschein. Im Interview verriet der Berliner, einer der meist beschäftigten Schauspieler Deutschlands, wie er sich seine Lebensträume erfüllt. Und dass er noch viel vorhat, zum Beispiel eine Weltumsegelung. Das Interview auf: redbull.com/ludwig-trepte THE RED BULLETIN
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Z AHL EN, BI T T E!
25 JAHRE eBAY
Per Klick zum Glück Vom kaputten Laserpointer zur 168-Millionen-Dollar-Yacht: Seit einem Vierteljahrhundert ist eBay das wichtigste Auktionshaus im Internet. Hier die höchsten Gebote, die kuriosesten Käufe und mehr.
182.000.000
Menschen in 190 Ländern bieten regelmäßig auf eBay. Im zweiten Quartal 2020 gaben sie dort 27,1 Milliarden Dollar aus.
8086
ist die Typen-Nr. jener IntelChips von 1976, die die NASA 2002 auf eBay kaufte, um alte Spaceshuttles funktionstüchtig halten zu können.
168
Millionen Dollar ließ sich Roman Abramowitsch 2006 eine 123-Meter- Yacht kosten, es war die teuerste eBay-Transaktion aller Zeiten.
1.500.000.000 Versteigerungsobjekte finden sich im Schnitt auf der Seite.
24
81
Prozent aller Verkaufsobjekte auf eBay sind neu, entgegen dem Ruf der Seite als Gebrauchtwaren-Plattform.
16,4
Prozent aller Verkäufe fallen in die Kategorie „Elektronik“, am öftesten g esucht: „iPhone“.
529,99
Dollar bezahlte jemand für ein Glas Luft. Inhalt: angeblich der Atem von Angelina Jolie und Brad Pitt, eingefangen bei einer Filmpremiere am roten Teppich.
18.30–22.30 Uhr ist statistisch gesehen die beste Zeit, um auf eBay einen Artikel zu verkaufen, da zu dieser Zeit die meisten Leute (= Käufer) online sind.
1997
wollte Software-Entwickler Pierre Omidyar seine Website AuctionWeb in EchoBay umbenennen. Weil der Name aber schon vergeben war, kürzte er ihn ab: eBay.
THE RED BULLETIN
CLAUDIA MEITERT
Dollar kostete der erste eBay- Artikel: ein kaputter Laserpointer. CEO Pierre Omidyar machte den Käufer auf den Defekt aufmerksam, doch der beschwichtigte: Er sammle kaputte Laserpointer.
Jahre nach Firmengründung war Gründer Omidyar bereits Milliardär – mit 31 Jahren.
GETTY IMAGES (3), ALAMY, REUTERS
14,83
3
P OWE R E D BY N AT URE C RA F T E D FOR YO U
T I S S OT WATC H E S . C O M TISSOT, INNOVATORS BY TRADITION
F U ND ST Ü CK
GERLINDE KALTENBRUNNER
Auf Messers Schneide Das Werkzeug, das der österreichischen Profi-Bergsteigerin am Dhaulagiri 2007 das Leben rettete. Vor fast zehn Jahren schrieb Gerlinde Kaltenbrunner Geschichte: Sie war die erste Frau, die alle vierzehn Achttausender-Gipfel der Welt ohne zusätzlichen Sauerstoff erreichte. Vier Jahre davor, beim Versuch, den 8.167 Meter hohen Dhaulagiri zu besteigen, wäre die Mission um ein Haar tragisch gescheitert: Ein Schneebrett überraschte Kaltenbrunner eines Morgens in Lager 2. Zum Glück hatte sie eine Hand frei und ein Messer am Klettergurt, mit dem sie sich aus dem Zelt schneiden konnte.
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THE RED BULLETIN
CRAIG DILLON, ARCHIV GERLINDE KALTENBRUNNER/FOTO MATTHIAS PESCHTA
Bergsteiger-Legende: Die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner, 49, erreichte als erste Frau alle vierzehn Achttausender ohne zusätzlichen Sauerstoff.
THE FASTEST IN THE GAME Get the high-speed gaming performance of the world’s best desktop processor.
Artistic product rendering. Testing by AMD performance labs as of 9/2/2020 based on the average FPS of 40 PC games at 1920x1080 with the High image quality preset. R5K-002 Š2020 Advanced Micro Devices, Inc. All rights reserved. AMD, the AMD Arrow logo, Ryzen, and combinations thereof, are trademarks of Advanced Micro Devices, Inc. PID# 20616559-I
PL AY L IST
CHILLY GONZALES
So klingt mein Advent
Eine weihnachtliche Playlist von Musik-Chamäleon und Kreativ-Genie Chilly Gonzales.
Snow Is Falling in Manhattan (2019)
„Mir gefällt an dieser Nummer – die David Berman von der Gruppe Silver Jews geschrieben hat –, dass sie nicht für Weihnachten geplant war. Erst Jarvis Cocker erkannte ihr diesbezügliches Potenzial. Der Text dieses Songs strahlt eine getragene Weihnachtslied-Energie aus – so wie ,Stirb langsam‘ ja auch ein Weihnachtsfilm ist, obwohl er keines der typischen Merkmale aufweist.“ 28
David Bowie und Bing Crosby
Unbekannt
Chilly Gonzales feat. Feist The Banister Bough (2020)
Little Drummer Boy (1982)
Maria durch ein Dornwald ging (vermutlich 16. Jahrhundert)
„David Bowie hat die Grenzen der Popmusik ausgelotet, war aber auch ein Bewunderer Bing Crosbys. Der soll angeblich k eine Ahnung gehabt haben, wer dieser androgyne Junge im DandyAnzug war, der zum Videodreh auftauchte. Man sieht es an den Bildern: Kaum macht Bowie den Mund auf, dämmert es Crosby. Sein Gesicht sagt: ,Der Junge ist unglaublich, ich muss mein Bestes geben!‘“
„Dieses Lied ist nur im deutschsprachigen Raum bekannt. Es ist eines der düstersten Weihnachtslieder überhaupt. Normalerweise nötigen Weihnachtslieder den Zuhörer, froh zu sein. Ich aber wollte der Erste sein, der mit einem Weihnachtsalbum gemischte Ge fühle hervorruft, denn das entspricht eher meiner Erfahrung mit diesem Fest. Dafür ist diese Vorlage perfekt.“
„Sorry, dass ich einen Song auswähle, an dem ich selbst mitgeschrieben habe, aber das ist sowieso alles der kanadischen Musikerin Feist zu verdanken. Die will nicht jedes Jahr einen Baum killen, sondern sammelt alte Zweige, verflicht sie miteinander und bindet sie an ihr Treppengeländer. Damit hat sie eine umweltfreundliche Weihnachtstradition begründet – den Text kann man als Bastelanleitung lesen.“ THE RED BULLETIN
ANKA
Purple Mountains
FLORIAN OBKIRCHER
Der kanadische Musiker Chilly Gonzales lässt sich nicht in eine Schublade stecken: Anfang des Jahrtausends veröffentlichte er noch Rap-Alben, später brillierte der heute 48-Jährige am Flügel mit „Solo Piano“-Stücken und gab Konzerte in Morgenrock und Pantoffeln. Er taucht als Autor eines Fanbuchs über die Singer-Songwriterin Enya auf – und im Guinness-Buch der Rekorde: Einer seiner Auftritte dauerte 27 Stunden und drei Minuten. Weiters leitet er eine Musikschule („The Gonzervatory“) und hat schon für Drake, Feist oder Daft Punk gearbeitet. Zum Erscheinen seines Weihnachtsalbums „A Very Chilly Christmas“ verriet uns der viel seitige Pianist seine Lieblingslieder für den Advent. chillygonzales.com
FLÜÜÜGEL FÜR DEN WINTER.
MIT DEM GESCHMACK VON GLETSCHEREIS-HIMBEERE.
NEU R
NUR FÜ EIT Z KURZE
BELEBT GEIST UND KÖRPER®.
D ER CLU B DER TOT EN DEN K ER
IMMANUEL KANT
Sind Lügen wirklich immer böse? Die größten Denker aller Zeiten beantworten Fragen unserer Gegenwart, übermittelt durch den Philosophen Christoph Quarch. Diesmal: der preußische Meisterdenker Immanuel Kant über die Gründe, warum Fake News in jedem Fall unmoralisch sind. Die Antwort auf Ihre Frage, Verehrteste(r), liegt auf der Hand: weil Lügen unter keinen Umständen mora lisch akzeptabel sind. Das gilt, wie ich weiland in meinem Essay „Über ein vermeintes Recht aus Men schenliebe zu lügen“ gezeigt habe, nicht bloß für absichtlich in die Welt gesetzte Lügen, mittels derer ihr Urheber sich Vorteile zu verschaffen trachtet; nein, es gilt für jede Lüge – selbst für eine solche, die aus bestem Antriebe getätigt wurde. In dem erwähnten Text befasste ich mich mit der Frage, ob es moralisch zu vertreten sei, wenn ich einen ge dungenen Mörder, der danach fragte, ob er meinen Freund, der sich bei mir versteckt halte und den er zu töten beabsichtige, sprechen könne, mit einer Notlüge abwimmelte, um durch einen solchen Fake das Leben mei nes Freundes zu bewahren. Zu der Antwort stehe ich noch immer ohne jedes Wenn und Aber: „Es ist ein hei liges, unbedingt gebietendes, durch keine Konvenienzen einzuschränken des Vernunftgebot; in allen Erklärungen wahrhaft (ehrlich) zu sein“ – also nicht zu lügen. Gewiss, schon damals – es war wohl im Jahre 1797 – erntete ich reichlich Kritik für diesen Standpunkt. Wie kann der Kant jemanden tadeln, der durch eine Notlüge das Leben seines Freundes retten will? Wäre es nicht umgekehrt ein Zeichen äußerster Verderbt heit, wenn ein Mensch das Leben seines Freundes aufs Spiel setzte, nur weil er partout moralisch sauber bleiben möchte? So in etwa lautete die Kritik, der ich mich zu erwehren hatte. Aber ich blieb standhaft, war ich mir doch sicher: Die Vernunft diktiert mir die un bedingte Pflicht zur Wahrhaftigkeit – völlig ungeachtet der Umstände. Deshalb, Verehrteste(r), sind Fake News immer unmoralisch, selbst wenn ihr Urheber die mora lisch besten Intentionen damit verfolgt … was freilich von den Großmeistern der Fake News nicht behauptet
werden kann. Da schwant mir aber, was Sie nun von mir erwarten: eine Begründung meiner Behauptung, es gebe jene unbedingte, ausnahmslose Pflicht zur Wahrhaftigkeit. Lassen Sie mich Ihnen dies ersparen, müsste ich Ihnen dafür doch meine Herleitung des Kategorischen Imperativ aus der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ referieren. Schon mancher sogenannte ProfiPhilosoph ist dabei aus der Kurve geflogen. Lassen Sie mich eine einfache Überlegung vortra gen: Was, so möchte ich Sie fragen, wird dem wider fahren, dessen Worte man der Unwahrhaftigkeit zu überführen weiß – und dies nicht nur einmal, sondern zweimal oder gar ein drittes Mal? Der Volksmund weiß: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht. Das heißt: Wer lügt – egal mit welcher Absicht –, verliert das Vertrau en seiner Mitmenschen. Damit nicht genug: Wenn das Lügen um sich greift und als Mittel der Meinungsoder Stimmungsmache genutzt wird – wie dies dem Vernehmen nach selbst in demokrati schen Staaten dieser Welt geschieht –, dann erodiert das Vertrauen einer ganzen Gesellschaft. Das aber kann niemand wollen, weil so die Basis des Miteinander zerbricht. Kein Vertrags schluss ist mehr möglich, wenn man sich nicht mehr darauf verlassen kann, dass der Vertragspartner die Wahrheit sagt. Keine Politik ist mehr möglich, keine Geschäfte und keinerlei Bezie hung. Das aber kann niemand wollen. Und deshalb gibt es die Pflicht zur Wahrhaftigkeit. Wer lügt, widerspricht seinen eigentlichen Intentionen. Und das ist nicht nur trump – äh, dumm –, sondern auch unmoralisch. Daher: Hände weg von Fake News. So ein Schuss geht, wenn auch manchmal über Ecken, zuletzt immer ins eigene Knie.
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war seinen Zeitgenossen schon zu Lebzeiten als „der Königsberger“ bekannt. Das liegt daran, dass er seine Heimatstadt in Ostpreußen nicht ein einziges Mal verlassen hat. M anche haben das als Symptom einer Weltflucht oder sogar Weltfremdheit dieses wohl bedeutendsten Philosophen des 18. Jahrhunderts gesehen – was aber nicht zutrifft, weil Kant ein sehr geselliger Mensch war, der gerne mit Freunden und Gästen t afelte. Er verband Lebensart mit preußischer Strenge: eine brisante Mischung, die sich auch auf seine Philosophie erstreckt, wobei jedoch die Strenge meistens dominierte.
THE RED BULLETIN
DR. CHRISTOPH QUARCH
IMMANUEL KANT (1724–1804)
BENE ROHLMANN
„ Wenn das Lügen um sich greift, erodiert das Vertrauen einer ganzen Gesellschaft.“
IMMANUEL KANT
„Es ist ein heiliges, unbedingt gebietendes, durch keine Konvenienzen einzuschränkendes Vernunftgebot; in allen Erklärungen wahrhaft (ehrlich) zu sein.“ THE RED BULLETIN
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Jenny Schauerte
Jenny Schauerte, 32, ist Vize-Weltmeisterin im Downhill-Skaten. Mit ihren Woolf Women lebt sie ihren rasanten Traum von Freiheit. Interview RUTH McLEOD
Erst vor sechs Jahren fing die Rosenheimerin Jenny Schauerte, 32, mit dem Downhill-Skateboarding an, heute zählt sie in diesem Sport zu den Besten der Welt. „Dieser Sport“ heißt: auf einem Brett mit bis zu 100 Sachen die steilsten Straßen hinunterbrettern, nicht selten mit Gegenverkehr. Das Skaten hat ihr Freundinnen fürs Leben und viele Reisen beschert. Die Begeisterung für all das führte nun zu einem Film: Die Doku „Woolf Women“ ist ihrer Downhill-Clique gewidmet, dank der sie nun keine einsame Wölfin mehr ist, sondern Alphatier in einem rasenden Rudel. the red bulletin: London ist nicht gerade hügelig. Warum haben Sie ausgerechnet dort mit dem Downhill-Skaten angefangen? jenny schauerte: Ich komme aus Bayern, habe aber in London meinen Bachelor in Grafikdesign gemacht, dann den Master in Kommunikationsdesign. In meiner Masterarbeit ging es darum, wie Adre nalin unsere Emotionen beeinflusst. Ich habe recherchiert und Sport arten gesucht, die wirklich viel Adrenalin produzieren – so bin ich aufs Downhill-Skaten gekommen.
Vorher sind Sie also nie Skateboard gefahren? Woher dann das Interesse für Adrenalin? Ein bisschen Erfahrung hatte ich schon. Mit drei Jahren habe ich Skifahren gelernt, mit neun Snowboarden. Als ich bei der Recherche das Downhill-Skaten fand, dachte ich: Das ist ja wie Snowboardfahren im Sommer! Also wollte ich unbedingt wissen, wie sich das anfühlt. Mein erstes Mal auf dem Longboard war im Crystal Palace Park. Was haben Sie erwartet, über das Adrenalin herauszufinden? Am Anfang war ich mir nicht sicher. Es hat wirklich viel gebracht, es am eigenen Leib auszuprobieren. Ich wusste ja, wie das beim Snowboardfahren ist: Man denkt an nichts anderes als daran, was man gerade tut, man muss sich konzentrieren. Auf dem Skateboard braucht es noch mehr Konzentration, weil man oft stürzt, vor allem am Anfang. Dieser singuläre Fokus auf die Vorgänge im eigenen Körper im Moment, das war bewusstseinserweiternd für mich. Es hat meinen Blick aufs Leben in mehrerlei Hinsicht verändert. Ich litt gerade an einer Depression, und das Skaten hat mich da rausgeholt. Regelmäßige Adrenalinschübe sind meiner Ansicht nach der Schlüssel für innere Zufriedenheit. Wo hat Sie das Skateboard mittlerweile schon hingebracht?
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Solche Verletzungen scheinen recht häufig vorzukommen. Wie schnell fahren Sie denn? Mein höchstes je gemessenes Tempo hatte ich auf einer Rennpiste in Vermont, als die Polizei zum Spaß ihre Radarpistole einsetzte: Da waren es 99,7 km/h. Das ist irre. Wenn es dich da hinhaut, ist nicht mehr viel von dir übrig. Was hat Ihnen daran gefallen? Das Adrenalin, was sonst? Im Wettbewerb will ich im Prinzip einfach Spaß haben. Beim Skaten geht es natürlich auch ums Reisen mit den anderen, um die Gleichgesinntheit, die Gespräche über Straßen und Berge. Man nimmt die Welt ganz anders wahr. In London habe ich einen Freund gefunden, Russ aus Litauen. Wir sind in meinem Van nach Wales gefahren. Man entwickelt nicht nur eine Freundschaft, man muss dem anderen sein Leben anvertrauen. Zum Beispiel müssen wir füreinander Schmiere stehen: Auf einer befahrenen Straße steht an jeder Kurve eine Person. Einer gibt das Zeichen, dass man losfahren kann, und wenn jemand ein Auto sieht, verschränkt er die Arme als
THE RED BULLETIN
CRAIG BLAKE JONES
Alphatier im Wölfinnenrudel
Überallhin! Für mein allererstes Rennen habe ich mich bei einem kleineren Wettbewerb in Österreich angemeldet und bin Vierte geworden! Dann will man immer weiter. So habe ich die Community kennen gelernt: eine große Familie. Sich wo zugehörig zu fühlen, das hat mich richtig glücklich gemacht. Seitdem skate ich durch die Welt: Ich war viel in Asien, Südamerika, fast überall in Europa, in den USA, Südkorea, China. Richtig mit dem Skaten an gefangen habe ich 2014, und bereits 2016 wurde ich Zweite bei der Weltmeisterschaft. 2017 war ich Dritte und 2018 wieder Zweite. Voriges Jahr hatte ich dann eine Knieverletzung und konnte nicht mitmachen.
„Adrenalin schübe sind der Schlüssel zur inneren Zufriedenheit.“ Jenny Schauerte und ihr Geheimrezept
THE RED BULLETIN
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Jenny Schauerte
„Vor der Haus tür warten ungeahnte Abenteuer.“
Zeichen für „Stopp!“. So hat dieses Wolfsrudelgefühl begonnen. Es gibt nicht viele Downhill-Skater, und die Leute haben in der Regel keine Ahnung von diesem Sport. Also wollte ich mit einem Film über uns mehr Leute auf uns aufmerksam machen. Wer sind die Woolf Women? Bei meinen Wettbewerben in ganz Europa habe ich eine Reihe von fantastischen Frauen kennengelernt. Dass es noch andere Mädels gibt, die so drauf sind wie ich, fand ich einfach unglaublich. So haben wir über das Skateboarden zusammengefunden. Als Jugendliche habe ich immer davon geträumt, so eine Clique zu haben, aber damals war ich immer allein. Jetzt gehöre ich zu einer Gruppe, die offen für Neues ist, wir lieben die Natur und die Umwelt. Die meisten Leute reden viel – wenn
Die Woolf Women (v. li.): Jenny Schauerte, geboren in Boston, USA, aufgewachsen in Bayern, Jasmijn „Jas“ Hanegraef aus Belgien, Lisa Peters aus den Niederlanden, Anna Pixner aus Österreich und Alejandra Gutierrez, Kolumbien
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wir eine Idee haben, setzen wir sie einfach um. Wir verlassen gerne unsere Komfortzone und lassen das Adrenalin einfahren. Wir sind furchtlos, aber auch neugierig – und cool. Also habe ich angefangen, alles mit der GoPro zu filmen. Ich habe einen Clip mit dem Titel „Woolf Women“ gepostet, der richtig gut ankam, also haben wir fünf entschieden, einen ganzen Film zu machen. Und das kam offenbar auch für Sie zur richtigen Zeit … Ja, vor drei Jahren habe ich meinen Vater verloren, das war ein echter Schock, und es ging mir psychisch schlecht. Aber mit diesen Frauen zu skaten ist wie Medizin. Ich wusste, es würde mir bei der Verarbeitung helfen. Der Film ist eine Art Pilgerfahrt, um auf einem Berg eine Kerze für meinen Vater anzuzünden. Und die Mädels kommen mit und helfen mir da durch. Es ging also nicht nur darum, crazy zu skaten, wir hatten auch eine Geschichte zu erzählen. Also haben wir irgendwann eine riesige Karte vor uns ausgebreitet und überlegt, wo wir hinfahren könnten. Wir entschieden uns für Sumela, ein wunderschönes Kloster im Gebirge in der Nordosttürkei, und ich bin mir sicher, dass mein Vater da auch gern hingefahren wäre. Dort ist noch nie jemand runtergeskatet. Also haben wir Bimbo – meinen Van – vollgepackt und haben uns auf die Reise gemacht. 10.000 Kilometer hin und wieder zurück.
Was macht eine Wölfin, wenn sie nicht reisen darf? Eigentlich wollte ich dieses Jahr wieder von Wettbewerb zu Wett bewerb reisen, die Pandemie hat das natürlich verhindert. Ich habe die Gelegenheit dazu genutzt, mir wieder eine Basis aufzubauen – an einem Ort, an den ich nach zwei Jahren Vagabundenleben im Van zurückkehren konnte: Ich bin nach Innsbruck gezogen. Hier wohnen auch die meisten Woolf Women, und direkt vor der Tür sind Berge, auf die ich klettern kann. Jetzt ist die Zeit, die Gegend zu erkunden. Das ist mein Rat an alle: Entdeckt die ungeahnten kleinen Abenteuer vor der eigenen Haustür! Premiere von „Woolf Women“ war beim Raindance Film Festival 2020 in London. Kinostart: Frühling 2021. woolfwomen.com
THE RED BULLETIN
LAUREEN MAHIEU
Speed-Queens: Downhill-Skateboarderinnen in der Kurve
Hatte der Film die erhoffte heilende Wirkung? Es war so verdammt schön! Wir haben – erfolglos – versucht, Fische zu fangen, wir hätten es fast nicht aus Bulgarien in die Türkei geschafft, weil wir nicht die richtigen Papiere dabeihatten, und in Istanbul haben wir den einzigen Downhill-Skateboarder der Türkei getroffen und uns von ihm ein paar perfekte Stellen zeigen lassen. Und am Ende war der Anblick des Klosters jede Mühe wert. In der Google-Maps-Satellitenansicht hatte die Straße, die vom Kloster hinunterführte, nach Schotterpiste ausgesehen – aber als wir ankamen, war sie frisch asphaltiert! Es war wie eine göttliche Fügung. Der eigent liche Höhepunkt war, als wir vom Kloster ins Tal hinuntergeskatet sind.
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Natalia Avelon
Ihr Bauchgefühl rettete Schauspielerin Natalia Avelon, 40, schon aus gefährlichen Situationen. Hier erzählt sie, wie sie ihre Intuition für wichtige Entscheidungen bewusst einsetzt. Interview RÜDIGER STURM Foto SUZY HOLZGREVE
Natalia Avelon rauscht zum Interview durch die Tür des Büros ihrer Agentin in Berlin-Schöneberg, setzt sich auf einen Drehstuhl, ein Bein auf dem Boden, und dreht sich immer wieder hin und her. Die 40-Jährige wirkt, als stünde sie permanent unter Strom – dazu passt, dass sie eine Vorliebe für AC/DC hat. Dass sie viel Energie hat, zeigt die Schauspielerin („Das wilde Leben“) und Sängerin („Love Kills“) auch in der TV-Serie „Crews & Gangs“ auf der Plattform Joyn. the red bulletin: In „Crews & Gangs“ spielen Sie die Mutter eines Mädchens, das in die Hip-HopSzene eintaucht. Was wäre Ihr Rat an eine eigene Tochter? natalia avelon: Entspann dich und sauge alles im Leben mit allen Sinnen auf. Lern die Welt kennen und dadurch dich selbst. „Der Weg ist das Ziel“ ist ein schlauer Spruch. Wenn du auf dem Weg auf die Schnauze fällst, ist Aufstehen das Wichtigste. Und ich würde ihr raten, auf ihre Intuition zu vertrauen. Intuitiv reagierst du immer richtig. In 99,9 Prozent der Fälle höre ich auf mein Bauchgefühl. Die restlichen 0,01 Prozent gehen schief, weil ich mich dagegen entschieden habe.
Wie entwickelt man diese Gefühlssicherheit? Ich hatte immer eine starke Intuition. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt, verkrampft mein Körper und wird kalt. Wenn alles passt, wird er weich und warm. Das ist eine regelrecht animalische Energie, die mich schon vor Gefahren gerettet hat. Was ist passiert? Mit zwölf wurde ich in meinem Dorf auf dem Heimweg vom Schwimmbad von einem älteren Mann überfallen, er wurde übergriffig. Ich habe intuitiv gerufen, dass meine Mama gleich kommt und mit dem Finger Richtung Schwimmbad gezeigt – da ist er weggerannt. Als mich in München mal ein psychisch kranker Mann attackiert hat, hat mir meine Intuition geflüstert, still zu bleiben und auf Hilfe zu warten. In beiden Fällen hätte eine andere Reaktion fatal enden können. Nutzen Sie Ihre Intuition auch in weniger gefährlichen Situationen? Natürlich. Vor allem bei der Wahl meiner Projekte. Ich spüre gleich, wenn alles passt. Wenn ich mich fragen muss. „Ja oder nein?“, ist die Antwort meist: „Lass es.“
Doch man kann auch „auf die Schnauze fallen“, wie Sie vorhin sagten. Wie gehen Sie damit um? Ich habe in Polen aktuell an einer Musiksendung teilgenommen, in der die Teilnehmer vor einer Jury bekannte Sängerinnen imitieren. Kurz vor meinem ersten Auftritt als Donna Summer, die mehrfache Grammy-Gewinnerin ist, habe ich mich vor lauter Selbstzweifel so gestresst, dass ich total versagt habe – vor etwa einer Millionen Fernseh zuschauern. Aber genau solche Erfahrungen bringen uns weiter und machen uns stärker. Dieses Erlebnis hat mich sehr motiviert, an meiner Schwäche, mir selbst im Weg zu stehen, zu arbeiten. Ich habe ganz pragmatisch sofort einen Motiva tionscoach kontaktiert und Tag und Nacht gearbeitet. Mit Erfolg.
Viel Tanz, viel Drama: In der TV-Serie „Crews & Gangs“ (Regie: Neco Çelik, Drehbuch: Erhan Emre) geht’s um rivalisierende Dance-Crews. Avelon (links) spielt die Mutter einer Tänzerin. Fünf Folgen, auf joyn.de
Zuletzt haben Sie mit Musikern wie Bela B. und The BossHoss 36
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MAX PENZEL
„Ich spüre gleich, wenn alles passt“
Songs für Ihr Album „Love Kills“ aufgenommen. Wie haben Sie die Künstler überzeugt? Wenn man auf ein Ziel hinarbeitet, dann kommt die Energie, die man ins Universum schickt, irgendwann zurück. Ich habe Bela B. und die Jungs von Boss Hoss einfach angeschrieben: „Jungs, ich mache ein Album, hier sind die Songs. Sagt mir ehrlich eure Meinung.“ Sie fanden die Songs gut und hatten Lust zusammenzuarbeiten. Wenn man sich sympathisch ist und die Arbeit des anderen schätzt, funktioniert es meist auch kreativ miteinander.
„Lerne die Welt kennen und dadurch dich selbst.“ Natalia Avelons Lebensratschlag
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Gert-Jan Oskam
Ein Schritt nach dem anderen Nach seinem Unfall galt es schon als Erfolg, sich an der Nase kratzen zu können. Doch 2019 nahm der Niederländer am „Wings for Life World Run“ teil. Text FLORIAN OBKIRCHER Foto RUTGER PAUW
Gert-Jan Oskam weiß kaum noch etwas von seinem Radunfall im Jahr 2011. Da sind nur ein paar Erinnerungsfetzen: das Aufwachen im Krankenwagen unter schrecklichen Schmerzen; ein Arzt, der ihn fragt, ob er sich die Behandlung überhaupt leisten könne; der Moment, in dem er realisiert, dass er seine untere Körperhälfte nicht mehr spürt, dass er von der Hüfte an gelähmt ist. Auf dem Rückflug nach Holland – Oskam arbeitete damals als LogistikKoordinator in China – sprühte er noch vor Zuversicht. Die Ärzte daheim würden ihn schon wieder zusammenflicken. Wie ernst die Lage war, wurde ihm erst nach der OP klar. Dass er mit seinem Arm die Nase berühren konnte, wertete sein Chirurg als großen Erfolg. „Sie können sich die Nase kratzen. Das ist gut. Erwarten Sie keine Verbesserungen.“ Oskam wird diese Worte niemals vergessen. „Aber ich bin ein ziemlich sturer Typ“, sagt er. „Als die Ärzte sagten, dass ich nie wieder gehen können würde, beschloss ich, ihnen das Gegenteil zu beweisen.“ Die nächsten Jahre waren von knallhartem Training geprägt. Zusätzlich zur Physiotherapie ging Oskam ins Fitnessstudio und spielte mehrmals die Woche Rollstuhl- Rugby. „Als Querschnittsgelähmter musst du unaufhörlich trainieren,
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damit du in Schwung bleibst“, erklärt er, „weil schon so einfache Alltagsdinge wie das Anziehen unglaublich viel Zeit und Energie fressen.“ Dann wurde er auf die STIMO-Studie (Stimulation Movement Overground) in der Schweiz aufmerksam. „Die Teilnahme an einer klinischen Studie stachelte meinen Ehrgeiz neu an.“ 2017 verbrachte Oskam sieben Monate im Universitätsspital Lausanne, wo die Studie durchgeführt wurde. Zuerst implantierten ihm die Ärzte Elektroden auf das untere Rückenmark. Sie versorgen es mit elektrischen Impulsen und stimulieren so eine Bewegung von Hüft- und Beinmuskulatur. Die Stimulation wird während eines intensiven Bewegungstrainings angewandt. Das erleichtert den Bewegungsablauf und fördert eine Reorganisation von Nervenbahnen. Die Herausforderung für die Pa tienten ist es, die Impulse richtig zu koordinieren. Sie üben das zuerst in einem speziellen Aufhängesystem, dann mit einem Rollator. Heute ist der 37-Jährige schon sechsmal schneller unterwegs als vor seiner OP – und schafft wesentlich längere Distanzen. Hatte er damals nur über 20 Meter einen Fuß vor den anderen schieben können, ist er heute in der Lage, 100 Meter ohne allzu große Anstrengung zurückzulegen. „Das ist ein großer Erfolg für mich“, sagt Oskam. „Aber man muss realistisch bleiben: Der
Rollstuhl ist immer noch Teil meines Lebens und wird es auch bleiben.“ Um Bewusstsein für andere Menschen in seiner Lage zu schaffen, nahm Oskam 2019 am Wings for Life World Run teil – dem weltweiten Lauf-Event zugunsten der Stiftung für Rückenmarksforschung. In den vergangenen 16 Jahren hat Wings for Life mehr als 200 Forschungs projekte und klinische S tudien in 19 Ländern unterstützt und finanziert, darunter auch die STIMO- Studie. 100 Prozent aller Spendenund Startgelder des Wings for Life World Run fließen in die Rücken marksforschung. „Dieser Lauf ist mit keinem an deren vergleichbar – alle sind gut drauf und total entspannt“, beschreibt Oskam die Atmosphäre der Veranstaltung. „Im Vordergrund steht nicht der Wettbewerb, sondern die Charity und das Gemeinschaftsgefühl.“ Obwohl Oskam mit seiner Gehhilfe 100 Meter zurücklegte, war er mit seiner Leistung nicht ganz z ufrieden. „Ich habe 30 Minuten gebraucht. Daheim schaffe ich die gleiche Strecke problemlos in 15 Minuten.“ Dieses Jahr setzte der Niederländer wegen weiterer OPs aus, doch 2021 will er wieder am Start stehen. Sein neues Ziel: 250 Meter.
Wings for Life World Run Wer die Rückenmarksforschung unterstützen will, geht am 9. Mai 2021 gemeinsam mit zehntausenden Menschen auf der ganzen Welt an den Start – egal ob als erfahrener Läufer, Anfänger oder Rollstuhlfahrer. Das Besondere am Wings for Life World Run: Es gibt keine Ziellinie, stattdessen fährt 30 Minuten nach dem Start ein „Catcher Car“ los, holt nach und nach die Teilnehmer ein und beendet damit deren Rennen. Es ist aber auch möglich, die Wings for Life World Run App herunterzuladen und gegen ein virtuelles Catcher Car zu laufen – da spielt es keine Rolle, wo auf der Welt und welche Covid-19-bedingte Einschränkungen gerade gelten. Anmelden: wingsforlifeworldrun.com
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„Es hieß, ich würde nie wieder gehen können. Ich wollte das Gegenteil beweisen.“ Gert-Jan Oskam, 37, hat seine Zuversicht nie verloren.
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Text ALEXANDER NEUMANN-DELBARRE Fotos EMIL LEVY
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Dieser Mann verbindet Welten Er schreibt für Gangsta-Rapper und spricht frei über Gefühle. Er gibt Minderheiten eine Stimme und berührt mit seinen Songs Millionen: Hip-Hop-Star MoTrip, 32, erzählt, warum ihn Empathie stark macht – in der Musik und im Leben.
Keine halben Sachen: MoTrip identifiziert sich mit seiner Heimat Deutsch land genau wie mit seinen Wurzeln im Libanon. THE RED BULLETIN
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er noch Zweifel daran hat, dass Mohamed El Moussaoui, besser bekannt als MoTrip, nicht nur einer der erfolgreichsten, sondern auch einer der freundlichsten Rapper Deutschlands ist, muss ihn nur auf dem kurzen Weg zwischen den Red Bull Music Studios in Berlin-Kreuzberg und dem benachbarten Lokal erleben, in dem ein Tisch fürs Interview reserviert ist. Erst verabschiedet er sich im Studio von ausnahmslos jedem persönlich (und es sind viele), dann empfiehlt er auf der Brücke über den L andwehrkanal noch einem Kumpel, der in dieselbe Richtung muss, mit großer Fürsorge Wärmepflaster gegen die Rückenschmerzen. Dass MoTrip, der sich als „Mo“ vorstellt und seinen Künstlernamen von dem arabischen Wort für Sänger, „mutrib“, abgeleitet hat, während des Gesprächs schließlich anbietet, man möge doch mal von seinem wirklich guten Essen probieren, ist dann keine wirkliche Überraschung mehr. the red bulletin: Mo, fragt man Hip-HopFans, welche Skills ein erfolgreicher Rapper braucht, wird man wohl eher nicht hören: Empathie. Würdest du trotzdem der These zustimmen, dass sie auf deinem Karriereweg eine ganz e ntscheidende Fähigkeit war? motrip: Unbedingt. Es ist ein Skill, das dir in jedem Lebensbereich helfen kann. Mitfühlend zu sein, sich in andere hineinversetzen zu können: Das bringt dich mit Menschen zusammen und befähigt dich, sie abzuholen mit dem, was du tust. Gibt es Bereiche, in denen dir diese Fähigkeit besonders geholfen hat? Vor allem erst mal bei der Integration in diesem Land.
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Du bist als Zweijähriger mit deiner Familie aus dem Libanon nach Deutschland gekommen. Ich habe seit meiner Kindheit mit Menschen aus verschiedenen Nationen und mit unterschiedlichen Religionen zusammengelebt. Andere verstehen zu können, ihre Meinungen zuzulassen und nachvollziehen zu können ist da ein ganz wichtiges Skill. Wobei ich das Wort in diesem Zusammenhang unpassend finde. Ein Skill ist etwas, was man sich antrainiert. E mpathie ist hingegen eher etwas, was man zulassen muss. Sie steckt eigentlich in uns allen. Dass sich die Empathie bei dir ganz gut ent wickeln konnte: Hat das auch damit zu tun, wie du aufgewachsen bist? Vermutlich. Zum einen bin ich ja in zwei Kulturen gleichzeitig groß geworden. Da wird dir früh klar, dass Menschen sehr unterschiedliche Sichtweisen aufs Leben haben können. Das war sehr bereichernd, weil ich ein Verständnis für beide Welten entwickeln konnte. Ich habe mich nie halb arabisch und halb deutsch gefühlt, sondern ich bin definitiv beides ganz. Und zum anderen? Zum anderen bin ich mit drei Brüdern aufgewachsen, und wir haben uns ein Zimmer geteilt. Da lernst du bald, dass du dich mit den Bedürfnissen der anderen arrangieren musst. (Lacht.) Und dass letztlich alle mehr davon haben, wenn wir einander helfen. Auch Rap zu hören schult ja in gewisser Weise die Empathie: Jemand gibt dir Einblick in das, was er denkt, fühlt und erlebt, und gibt dir die Chance, das nachzuempfinden. Vielleicht war dieser Einblick einer der Gründe, dass ich so fasziniert davon war. Als ich in meinem Kinderzimmer Kool Savas gehört habe, fühlte sich das fast an, wie in einem Tagebuch mitzulesen. Er hatte ja auch ein paar ernstere Songs. Das hat viel für mich getan. Ich merkte: Ich verstehe, was der sagt, ich kann das nachempfinden, mich darin wiederfinden. Und es entsteht so eine Art Verbindung: Wow, da draußen gibt es jemanden, der ganz wo anders lebt, aber die Dinge genauso sieht wie du. Du selbst gehst in vielen deiner Songs sehr offen und ehrlich mit deinen Gefühlen, Schwächen, auch Fehlern um. War das eine bewusste Entscheidung? Nein. Ich habe nie darüber nachgedacht. Zum Glück. Sonst hätte ich mich vielleicht selbst limitiert oder zensiert. Ich habe früher darüber gelacht, wenn jemand gesagt hat, Rap sei Therapie. Heute weiß ich, das stimmt. Ich habe oft einfach drauflosgeschrieben, ohne zu wissen, worum es gehen soll, und erst am Ende erkannt: Okay, das beschäftigt dich anscheinend, das schlummerte heute in dir. – Du lernst dich dadurch selbst kennen. Und es ist Wahnsinn, was für Nachrichten dich von Menschen erreichen, wenn du dein Innerstes teilst.
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Offen für andere: Immer wieder kollaboriert MoTrip mit Künstlern, für manche arbeitet er auch als Ghostwriter.
„Wenn du offenherzig durchs Leben gehst, deine Umwelt gut behandelst, ziehst du Menschen an, die ähnlich denken.“ THE RED BULLETIN
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Rapper ohne Rüstung: MoTrip trägt seine ganze Persönlichkeit nach außen – inklusive seiner Schwächen.
Starker Start: 2012 schaffte MoTrip mit seinem Debüt album „Embryo“ den Durchbruch.
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Du hast erzählt, dass dich nach dem Auftritt in „Sing my Song“, bei dem du in deiner Cover version von Max Giesingers „80 Millionen“ die Fluchtgeschichte deiner Familie textlich ver arbeitet hast, sogar Menschen kontaktiert haben, die meinten, sie stünden politisch eher rechts, aber der Song hätte ihre Sichtweise verändert. Ja, es gab Menschen, die die Perspektive Flüchten der nicht so nachempfinden konnten oder wollten, aber es dann eben taten. Und bei manchen hat es offenbar einen Prozess angeregt. Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, schult vermutlich auch die Fähigkeit, Texte und Songs so zu schreiben, dass sie bei anderen Emotionen wecken. Wie lässt man diesen Zauber entstehen? Die Zauberformel habe ich auch nicht entdeckt. Aber was sicher stimmt: Du darfst nicht versuchen, alle zu erreichen, denn dann erreichst du nieman den. Weil: Niemand ist „alle“. Sprich von dir selbst, denn du bist einer – und jeder da draußen ist einer. Dann holst du diejenigen, die das anspricht, auch komplett ab. Sei ehrlich, schreib lieber über dieses eine Mädchen, das du getroffen hat, als über alle Mädchen da draußen, und erzähl über die großen Themen anhand des ganz Kleinen. Das macht es nachempfindbar. Bevor der große Erfolg kam, bist du als junger Mann – du warst noch ein Teenager – nach Berlin gegangen, hast deine Vorbilder wie Kool Savas kennengelernt und bist in die Welt des Rap
Ich traf e inen sehr erfolgreichen, aber auch sehr freundlichen und auf dem Boden gebliebenen Men schen. Ich denke, das hat mich noch mal geprägt. Mir wurde noch klarer: Wenn ich etwas reiße in der Musikbranche, dann werde ich deshalb nicht anders mit Leuten umgehen. Wurde über den freundlichen Mo in der RapSzene nicht auch gelästert? Ich weiß, dass ich von einigen belächelt und für naiv gehalten wurde – nach dem Motto: Du meinst, du kannst mit deinen Songs wirklich was verändern? Ich weiß auch, dass ich auch von, nennen wir es mal Straßenseite, belächelt wurde, weil manche Ehrlich keit mit Schwäche gleichgesetzt haben. Du machst dir nicht überall Freunde, wenn du zu allen freund lich sein willst. Aber du musst es ja auch nicht allen recht machen. Im Gegenteil! Wichtig ist vor allem eines: Du darfst dich selbst nicht verlieren, sonst funktionierst du nicht mehr. Und um mich nicht zu verlieren, habe ich mich im Grunde immer an den ganz alten Wahrheiten orientiert: Liebe dich selbst, um andere zu lieben. Behandle dein Umfeld so, wie du behandelt werden willst. Wie oft hört man den Satz „Sollen wir mal drüber reden?“ in der Rap-Welt? In meinem Kreis hört man den schon. Aber es ist wie überall: Es gibt nette Leute, es gibt Arschlöcher, es gibt welche, die meinen es gut dir, und es gibt an dere, die sind einfach opportunistisch. Die sind nur so lange freundlich zu dir, solange sie sich etwas da von versprechen.
„ Empathie ist etwas, was man zulassen muss. Sie steckt eigentlich in uns allen.“ ingetaucht. Da trifft also dieser junge, freund e liche, etwas unsichere, empathische Mensch auf die Typen in diesem Kosmos: Was passiert da? Da wird man erst mal aufgeklärt, dass nicht jeder Rapper ein Gangster ist oder böse. Aber davon ging ich natürlich ohnehin nicht aus. Ich war Fan von Kool Savas. Von außen betrachtet, macht der harte Songs, in denen er in alle Richtungen austeilt. Aber das ist Battle-Rap, eine Art Sportart: Wer kann den anderen kreativer, lustiger niedermachen? Meist ist das nicht so böse gemeint, wie es dann klingt. Und ich kannte ja auch Songs von ihm mit starker Message, deshalb hatte ich schon das Gefühl, ein bisschen zu wissen, wie der Typ tickt, den ich da treffen werde. Das hat sich dann auch bestätigt:
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Du hast in deiner Karriere viel mit anderen Künst lern kollaboriert, teilweise sogar aus verfeindeten Lagern. Das hat nicht jeder gern gesehen. Es gab Phasen, in denen mir nachgesagt wurde: Der arbeitet mit jedem, tanzt auf allen Hochzeiten. – Aber ich habe dieses Lagerdenken nie mitgemacht. Wenn ich Bock hatte, mit Leuten zusammenzuarbei ten, dann habe ich es gemacht. Was macht Kooperation für dich so reizvoll? Ganz einfach: Synergie. Ist doch bei allem so. Schau dir die Liebe an: Für mich ist ganz offensichtlich, dass aus zwei Energien, die sich zusammentun, mehr entspringen kann, als die Energien jeweils al lein hervorbringen. Und ich wurde auch immer wie der darin bestätigt. Da kamen Ideen zustande und Facetten in mir zum Vorschein, die ich allein nicht hätte wecken können.
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„ Lagerdenken hat mich nie interessiert. Wenn ich Bock habe, mit Leuten zu arbeiten, dann mache ich das auch.“ Du hast auch viel als Ghostwriter gearbeitet. Unter anderem für Bushido, der doch recht anders auftritt als du. Wie hast du dich in seinen Kopf hineingedacht? Ich habe als Jugendlicher seine Musik gehört, hatte also schon ein Bild von ihm. Und dann sitzt man zusammen, ähnlich wie wir jetzt, unterhält sich, gewinnt ein paar Erkenntnisse, und dann schreibe ich halt einen Song. Wenn wir zwei uns noch eine Stunde länger unterhalten, schreibe ich auch einen Song aus deiner Perspektive! (Lacht.) Mir hat das immer Spaß gemacht. Der Nachteil als Ghostwriter ist: Du bringst viel Energie dafür auf, die dir dann für deine eigenen Sachen fehlt. Du steckst ja doch auch immer eine Emotion, eine Message rein. Es ist wichtig, zu lernen, dass deine Energie begrenzt ist und du klug damit umgehen musst. Gab es Phasen oder Momente in deinem Leben, in denen dir die Empathie anderer besonders geholfen hat? Viele. Ich hatte zum Beispiel Lehrer, die mir gegen über sehr empathisch waren. Und auch sonst gab es neben all den Menschen, die meinen Vater schief angeschaut haben, weil er so aussieht, wie er eben aussieht, immer wieder auch solche, die anschei nend Gefallen daran fanden, uns beim Integrieren zu helfen. Die machten einfach die Tür ganz weit auf und sagten: Schau, komm rein, so ist es bei uns, lass mich dir helfen. – Das haben wir als Familie ganz früh erlebt. Mein Vater sagt bis heute, wir wären nir gendwo besser aufgehoben gewesen als hier, unter so vielen wirklich herzlichen, intelligenten und mit fühlenden Menschen. Wir haben das so erlebt. Und das lässt dich über die negativen Erfahrungen, die du auch machst, hinwegsehen. Wie empathisch bist du dir selbst gegenüber? Ich bin oft sehr unfair zu mir. Geißle mich oft, sehe bei mir selbst eher das Negative und die Schwächen. Wenn wir ein Konzert gegeben haben, bei dem alle glücklich sind, sehe ich nur die vier Sachen, die schiefgelaufen sind. Ich glaube, das macht einen
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besser – aber es macht es nicht leicht. Was hilft, ist, Familie und Freunde um dich herum zu haben, die dir die Realität spiegeln und deinen Kopf ein bisschen zurechtrücken. Wo hört die Empathie für dich auf, wo ziehst du die Grenze? Ich glaube, dass bei mir die Grenze eher spät kommt. Ich versuche lange, auch Meinungen, die mir nicht passen, zu verstehen und nachzuvollzie hen, wie sie entstanden sind. Wenn du aussiehst wie ich, erlebst du in deiner Jugend häufiger mal die Oma, die am Fenster lehnt, den Kopf schüttelt und es o ffensichtlich einfach nur scheiße findet, dass du da rumläufst. Selbst da versuche ich, zu sehen, wa rum das nachvollziehbar sein könnte: Vielleicht hat sie einen schlechten Tag, ihr Enkel war frech, oder wir waren zu laut im Hof. Aber die Empathie endet für mich dort, wo du – wenn wir beim Thema Ras sismus bleiben – merkst: Nee, es ist doch einfach deshalb, weil du aussiehst, wie du aussiehst. Wenn das Verhalten meines Gegenübers unfair ist, wenn ich einfach keine Rechtfertigung dafür finde, dann gebe ich Kontra. Das kann ich auch. Du bist im Grunde ja eine Art Vorbild für eine moderne Art von Männlichkeit. Ein Mann, der nicht kühl, nicht abgekapselt ist von seinen Gefühlen. War das eine bewusste Entscheidung, so eine Person sein zu wollen? Nein. Aber die schönste Lektion in meiner Karriere war, dass meine ernst gemeinte, ehrliche, vielleicht auch naive Herangehensweise zum Erfolg geführt hat. Weil es zeigt: Du kannst du selbst und auch nett sein und trotzdem Erfolg haben. Du musst nicht die Ellenbogen ausfahren, weil andere sie draußen haben. Du kannst auch gekonnt ausweichen. Das machen trotzdem viele anders. Dabei ist es so anstrengend, den ganzen Tag so eine Rüstung zu tragen. Was für eine Belastung! Das Schönste ist doch, mich selbst zuzulassen, meine Persönlichkeit auszuleben. Ich trage diese Rüstung einfach nicht mit mir herum. Das macht mich viel leicht angreifbarer – aber weißt du, was ich merke? Du wirst viel weniger angegriffen, wenn du ohne sie herumläufst. Wenn du offenherzig und empa thisch durchs Leben gehst, wenn du versuchst, deine Umwelt gut zu behandeln, ziehst du Menschen an, die ähnlich sind, und du bekommst das zurück.
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Auf Sendung: Gemeinsam mit Journalistin Aminata Belli moderiert MoTrip die NDRTalkshow „deep und deutlich“.
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Tanz auf dem Vulkan
Heli-Skiing in Russland – das klingt nach Wodka und wilden Kerlen. Genau das haben die Freeride-Skifahrer BENE MAYR, 31, und SVEN KÜENLE, 37, in Kamtschatka auch bekommen. Und dazu: rauchende Vulkane, sorglose Piloten, Abfahrten mit Strandblick und echte Wildnis. Ein Tagebuch. Text MARC BAUMANN Fotos RICHARD WALCH
From Russia with Love: Freeski-Ass Bene Mayr beim Nose Butter 360 im unberührten Schnee von Kamtschatka
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Sven Küenle (li.) und Bene Mayr in Kamtschatkas Hauptstadt Petropawlowsk: Plattenbauten und wilde Bergwelt
Russland Kamtschatka PetropawlowskKamtschatski
Japan China
Tokio Shanghai
Indonesien Jakarta
Schwarz-weiß-grau: In Kamtschatka ist der Ausblick selten bunt – man sieht endlose Weiten aus Schnee, Stein und Wasser.
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ie Reise beginnt mit lauter Fragezeichen: Wie nah kann man eigentlich auf Skiern an Vulkankrater heranfahren? Wie findet es ein 500 Kilo schwerer KamtschatkaBraunbär, wenn man aus Versehen durch sein Jagdrevier stapft? Wird man mit den Schneebedingungen hier so viele Pro bleme kriegen wie andere Crews zuletzt? Sind frühere russische Armeeflieger als Heli-Ski-Piloten geeignet? Und kriegt man Backflips über Felskanten als Immobilien unternehmer immer noch hin? Bene Mayr, 31, und Sven Küenle, 37, bauen sich in München gerade ihr zweites Leben nach mehr als einem Jahrzehnt als Szene-Nomaden auf. Aber die beiden sind noch genug Freerider, um sofort begeistert „Ja!“ zu rufen und Anfang dieses Jahres Platz im Kalender freizuschaufeln, wenn sie für ein Shooting auf einen zehntägigen Heli-Ski-Trip fahren können – zumal nach Kamtschatka: eine Halbinsel größer als Deutschland, zwischen Beringsee und Nordpazifik. Tiefstes Russland, wo man im harten Winter jagen geht, aber weder beheizte 6er- Sessellifte noch Skihüttengemütlichkeit kennt. Das Reiseziel ist selbst für erfahrene Freerider ein ungewohnter Zungenbrecher: Petropawlowsk-Kamtschatski in der Awatscha-Bucht.
TAG 1: RUPPIGES WILLKOMMEN
Nach zehn Stunden Flug über Moskau bis nach Petropawlowsk kriegt Sven zur Begrüßung einen Gepäckwagen in die Hacken – offenbar die russische Version von „Könnten Sie bitte kurz zur Seite gehen?“. Verstanden, in Petropawlowsk mag man es ein bisschen ruppiger, wie 50
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die Münchner am letzten Abend dieser Reise noch einmal merken werden. Sehr freundlich ist dagegen der örtliche Wetterbericht: Die letzten Tage hat es geschneit, die Bedingungen auf den Bergen müssten ideal sein, und die Vorhersage ist mit Sonne und kaum Wind ein Traum. Leicht humpelnd geht es vom Gepäckband Richtung Bett. Das Hotel heißt „Dolce Vita“.
TAG 2: MIT POLKA IN DIE BERGE
Der erste Eindruck bei Tageslicht: Was für eine irre hässliche Stadt! Und was für eine verdammt schöne Natur rundherum. Je nach Standort und Himmelsrichtung sieht man in Petropawlowsk entweder trostlose Plattenbauten und rostende Werften – oder schneebedeckte Berge und das in der Morgensonne glitzernde THE RED BULLETIN
Meer. Die 180.000-Einwohner-Stadt ist Stützpunkt der russischen Pazifikflotte. Mayr und Küenle kämpfen mit der un gewohnten Zeitzone und fiesem Jetlag. Sie steuern eine orthodoxe Kirche mit goldenen Dächern an und den Fischmarkt mit unglaublich günstigem Kaviar und Riesenkrabben. Dann geht es Richtung Berge, die einzige Straße dorthin schafft nur ein fettes, sechsrädriges Expeditionsmobil. Das hat auch noch Platz für eine Gruppe russischer Skifahrer, die wie der Rest der Stadt kein Problem mit der Erfüllung von Klischees hat: Sie hören laut Polka, trinken viel Wodka und fordern sechsmal einen Stopp für Klopausen. Es ist Nachmittag, als wir im Camp am Fuße der Berge ankommen. Weit verstreute Blockhäuser im Nirgendwo. Fürs Skifahren ist es schon zu spät, dafür planen wir die nächsten Tage.
Der erste Eindruck bei Tageslicht: Was für eine irre hässliche Stadt! Und was für eine verdammt schöne Natur rundherum.
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Nah am Wasser: Bene Mayr hat bei seiner Abfahrt Meerblick – und was für einen!
In Kamtschatka mag man es schon einmal etwas gröber: In diesem Gefährt ging es von der Haupt‑ stadt Richtung Wildnis.
30 bis 40 Zentimeter Neuschnee: Die beiden ziehen ihre ersten Spuren in den nicht enden wollenden Hang.
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Beste Freunde des Freeriders: Die Heli‑Ski-Crew wuchs den Münchnern schnell ans Herz – der wilde Husky auch.
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Blendende Aussichten: Bene Mayr genießt den Blick aus dem Hub schrauber auf Russlands schneeweiße Berge.
TAG 4: PLÖTZLICH HUSKYS
Rund 160 Vulkane gibt es in Kamtschatka, zuverlässig eingeschneit, oft mit perfekter 30- bis 40-Grad-Neigung und sehr langen Abfahrten. Strenge Vorschriften wie in Europa gibt es hier nicht, jeder kann machen, was er will. Der Wilde Osten des Heli-Skiing. Aber alles auf eigenes Risiko: Vor einigen Wochen wurde ein Fotograf von einer Lawine verschüttet. Als Tagesabschluss geht es in einen der Pools, in die Wasser aus natürlichen heißen Quellen umgeleitet wird. Luxusproblem: Im ganzen Camp gibt es nur warmes Wasser – und wer duscht, hat danach e inen Schwefelfilm auf der Haut.
TAG 3: FREUDENSCHREIE
Die russischen Guides haben einen Berg ausgesucht, sie sind allesamt Snow boarder, die schon mit Freeride-Legenden wie Travis Rice unterwegs waren – und alle extrem gut fahren, wie sich zeigt. Ein kleiner und zwei riesige ExMilitär-Hubschrauber stehen im Camp bereit. Die großen Helikopter brauchen drei Mann Besatzung, um fliegen zu können, alles ehemalige Soldaten. Wer die umsichtigen, filigranen Flugmanöver von Schweizer oder nordamerikanischen Heli-Ski-Piloten gewohnt ist, erschrickt zuerst einmal, wie furchtlos Russen die Gipfel anfliegen. Es geht extrem hektisch und laut zu. Bene Mayr macht uns Mut: Wenn die in echt anspruchsvollen Ge bieten so rasant landen, müssen sie wissen, was sie tun. Was beim Heli-Skiing in Russland nicht anders ist als in Alaska
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Strenge Vorschriften wie in Europa gibt es hier nicht, jeder kann machen, was er will.
oder Japan: das erhebende Gefühl nach dem Absetzen, wenn der Hubschrauber Richtung Tal verschwindet. Unberührte, einschüchternde Natur. Die letzten Filmcrews in Kamtschatka mussten bis zu 100 Kilometer weit fliegen, um halbwegs fahrbare Abfahrten zu finden, aber diese Woche ist der Schnee so reichlich und frisch, dass die Auswahl eher zu groß ist. Oben angekommen, verhalten sich Bene und Sven wie Windhunde vor dem Start – aufgedreht, ungeduldig. Der Foto graf lässt sie von der Leine: die erste Fahrt ist zum Reinkommen, Motivsuche dann später. Er hört die Freudenschreie der beiden langsam leiser werden: 30 bis 40 Zentimeter Neuschnee, die beiden ziehen ihre ersten Spuren in den nicht enden wollenden Hang, springen über kleine Felsen, schießen enge, aber nie zu steile Rinnen hinab, ziehen Turns in Schneewechten. Erstes Fazit unten: Wow! Euphorie kommt auf: Selbst wenn das Wetter noch drehen sollte, sind drei perfekte Tage mindestens drin.
Das Tagesziel: Freeriden mit dem Blick aufs Meer und dem Gefühl, direkt ins Wasser zu carven. Der Hang, den die Tour guides empfehlen, ist für Kamtschatka ziemlich steil und wohl die längste durchgängige Abfahrt, die Bene und Sven je gefahren sind. Unten angekommen, rufen sie den Hubschrauber per Funk gerät, Handys haben hier keinen Empfang. Dann steht man da im Schnee im Nirgendwo und muss unweigerlich an die Braunbären denken. Plötzlich bellt es. Aus dem Nichts tauchen zwei Huskys auf, kein Halsband, kein Besitzer weit und breit. Bis der Helikopter kommt, streicheln wir sie und spielen mit ihnen – so ein dickes Fell ha t kein deutscher Hund. Der Helikopter landet. Die anfängliche Skepsis über die stürmischen Piloten ist tiefer Zuneigung gewichen – das liegt auch an der heißen Suppe, die es an Bord gibt. Wir bauen einen großen Holztisch im Schnee auf, dann gibt es Borschtsch, die klassische russische Suppe mit roter Bete, Dill und Schmand. Unschlagbar nach langen kalten Abfahrten!
TAG 5: MOBIL IM SCHNEE
Der Helikopter hebt nicht ab, heute sind alle mit Schneemobilen unterwegs, es geht zu einem zugefrorenen Wasserfall in der Nähe. Wie sich zeigt: einer der absoluten Höhepunkte der Reise. Gashebel durchdrücken und den Berg hoch, dann mit Skiern wieder runter. Die Hänge sind nahe am Camp, dahinter öffnet sich noch einmal ein anderes Gebiet und noch eins – endloses Kamtschatka. Sven und Bene beschließen, dass sie noch einmal nach Kamtschatka reisen möchten, aber dann im Sommer. Wenn es blüht und die Wildnis hier, die sie so begeistert, wieder ganz anders aussieht.
Für diesen XXL- Hubschrauber braucht es ganze drei Mann Besatzung, um überhaupt abheben zu können. THE RED BULLETIN
Gedrängel auf Abfahrten? Nicht in Kamtschatka. Hier ist man froh, überhaupt einmal jemanden auf dem Berg zu treffen.
Heiße Nebel-Show: Hinter Bene Mayr und Sven Küenle steigt heißer Schwefeldampf aus dem Vulkankrater auf.
Es kommt nur alle fünf Jahre einmal vor, dass man die Vulkane bis zum Krater hin befahren kann – und heute ist so ein seltener Tag.
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Kann auch saubere Lines in den Tiefschnee carven: der Ski-Doo, das zweitliebste Fortbewegungsmittel der Münchner
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Kopfüber ins Glück: Wo andere nur einen Fels vorsprung wahrnehmen, sieht Sven die nächste Chance zum Abheben.
Einfach laufen lassen, an die 100 Sachen schnell, um plötzlich zu bemerken: Eisige Stellen ziehen sich durch den Schnee. 58
TAG 6: SCHRITTE AM KRATER
Himmel und Hölle. Vom Vulkankrater bis runter zum Strand. Es kommt nur alle fünf Jahre einmal vor, erzählt man uns, dass man die Vulkane bis zum Krater hin befahren kann – und heute ist so ein seltener Tag. Der Hubschrauber setzt das Team am Gipfel ab, diesmal merklich mit Ehrfurcht, dann geht es mit Skiern runter. Dorthin, wo vor Jahrtausenden der Berg im Lavadruck explodierte und tiefe Krater-Narben blieben. Die Vulkane hier sind immer noch aktiv, aber nicht mehr die Feuerschlunde von einst. Heißer Dampf schmilzt heute runde Löcher in die Schneedecke: Rundherum gelber Schwefel, aus dem Erdinneren steigen Dampfwolken auf. Es zischt wie die Turbinen eines Flugzeugs. Ein bedrückender Schwefelgeruch begleitet jeden Atemzug, die Erde ist fast gummiartig, die Schritte in Skistiefeln fühlen sich an wie auf einer aufgeblasenen Hüpfburg. Wie Skifahren in Mordor. Als unten alles verstaut ist, fliegt der Hubschrauber nur wenige Kilometer weiter – es gibt Mittagessen am Meer. Mit Skischuhen
stapfen Sven und Bene durch den nassen Sand, laufen wie Kinder lachend vor den ans Ufer schwappenden Wellen davon. Der Heli steigt nach dem Essen wieder auf und fliegt über das Meer davon, mit geöffneten Seitentüren – freier Blick und Fahrtwind über hellgrünem Wasser, das sich immer dunkler und blauer färbt.
TAG 7: ENDLICH NETZ
Ein Tag Pause. Die Ski bleiben im Abstellraum, draußen ist es erstmals bewölkt, und die Beine sind müde. Im Camp im Nirgendwo gibt es WLAN, Arbeitsmails statt Abfahrt. Diese Reise fühlt sich anders an als früher, merken Sven und Bene. Die Wertschätzung, das alles hier erleben zu können, ist in den Dreißigern viel größer als früher, wo sich ein Skitrip an den nächsten reihte, die Länder am Bewusstsein vorbeiflogen. Kamtschatka ist der Höhepunkt des Jahres. Was die beiden noch nicht wissen können: Es ist der letzte richtige Skitrip für beide – der Lockdown legt nach der Rückkehr alles lahm. THE RED BULLETIN
TAG 8: NUR NICHT FALLEN!
Der sportlich härteste Tag. Backflips über Felsen, weiter mit Flat Spins – klappt alles noch gut. Location-Suche, neue Kicker bauen – wie damals. Es geht noch einmal die Rückseite eines Vulkans hinunter, ziemlich steil. Leichter Übermut kommt auf: einfach laufen lassen, an die 100 Stundenkilometer schnell. Dann plötzlich, und viel zu spät zu sehen: eisige Stellen durchziehen den Schnee. Die beiden rasen drüber, jetzt nur nicht stürzen, scharfkantige Vulkanfelsen links und rechts, die Knie werden hart durchgeschüttelt. Später wird hier ein schwedischer Freerider hart stürzen und sich schwer am Knie verletzen. Die beiden Münchner brauchen alle Erfahrung, die ihnen dreißig Jahre auf Skiern geschenkt haben, dann wird der Schnee wieder weicher und kontrollierbar. Es kommt, was immer kommt: der letzte Run der Reise. Gefühlt 2000 Höhenmeter bei Sonnenuntergang, sensationelles Licht, der Schnee glitzert dunkelorange, das Meer in der Ferne dunkelblau. Stilles, glückliches Dahingleiten, nur der Schnee und der Fahrtwind machen Geräusche. Unten angekommen, umarmen sie sich, breitestes Grinsen. Besser kann eine letzte Fahrt nicht sein. Dann aber los, der Heli muss spätestens eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang zurück im Camp sein, die Nacht bricht herein.
Sie kommen wieder: Die Ex-Skiprofis wollen noch einmal im Sommer nach Kamtschatka kommen. Dann mit Surfbrettern
TAG 9: AUFTRITT DES RIESEN
Rückreise nach Petropawlowsk, abends Königskrabben essen, das beste Essen der Reise. Außer man ist Vegetarier wie Sven. Abends noch etwas Nachtleben, die Frauen tragen bei Minusgraden zu kurze Röcke, die Männer oft Camouflage, Wodka trinken alle zu viel. Seltsam aggressive Stimmung. Ein betrunkener Riese hat grundlos ein Problem mit Bene. Er wankt auf ihn zu, wird aber, unmittelbar bevor er zuschlägt, von einem anderen Einheimischen ohne Anlass umgerammt – ein Schlag, und der Typ geht k. o. Keiner hebt ihn auf, keiner wundert sich. Zeit zu gehen.
TAG 10: LANDUNG DAHOAM
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Landung in München. Sven und Bene fällt es schwer, die Reise unter all ihren früheren Skitouren einzuordnen. Sie sind bewusst ohne große Erwartungen hingefahren, doch dann hat Kamtschatka jede Erwartung übertroffen. Günstig war es und unberührt, dazu skifahrtechnisch absolut machbar. Klassischer Geheimtipp. Aber eben auch wild und damit nicht ungefährlich. Kurz: alles, was ein Abenteuer braucht. Bretter, Buddies, Business: Auf Instagram gibt Bene Mayr Einblick in seinen Alltag: @benemayr
THE RED BULLETIN
WARM LIGHT SOFT
INSTORE UND ONLINE: JACK-WOLFSKIN.DE/MICROGUARD
INNOVATOR
IDEEN FÜR EINE B ES S E R ZUKUNFTE
Cambry auf ihrem Spezial-Rollstuhl. Damit schafft sie es auch durch den Schnee.
Neue Freiheit I
Liebesbeweis Zack Nelson baute für seine Frau einen Offroad-Rollstuhl – jetzt gibt es „The Rig“ für alle, die Lust auf Abenteuer haben.
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ieht fast wie ein Dünen buggy aus, ist aber ein Rollstuhl, zugegeben: ein besonders geländegängi ger Rollstuhl. Die Geschichte beginnt 2005. Springreiterin Cambry Kaylor verletzt sich bei einem Sturz vom Pferd so schwer,
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dass sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Sie zweifelt daran, jemals einen Partner zu finden. Doch dann lernt sie Zack Nelson, 32, kennen. Er betreibt einen YouTube-Tech no-Kanal mit 6,5 Millionen Abonnenten. Er sucht s ofort nach einer kostengünstigen
Lösung, um Cambry zu neuer Bewegungsfreiheit zu ver helfen. Die Idee: Zwei Elektro- Bikes werden zu einem Roll stuhl mit zehn Zentimeter dicken Reifen. Es klappt, „The Rig“ schafft 19 km/h, hat eine Reichweite von 56 km und meistert Kies und selbst Schnee pro blemlos. Vor einem Jahr haben Cambry und Zack übrigens geheira tet. Den Ring hat Zack aus Cambrys erstem Rollstuhl geschmiedet.
Zack und Cambry: Mit dem Rollstuhl sind jetzt auch OffroadAusflüge möglich.
notawheelchair.com
THE RED BULLETIN
IN ALLER KÜRZE VORSATZBOOSTER Diese Gründer helfen dir, deine Ziele für 2021 zu erreichen – bei Umweltschutz und Ernährung.
Neue Freiheit II
Die Gitarre fürs 21. Jahrhundert Der britische Designer Anthony Dickens, 45, hat die Gitarre neu erfunden – als ein Ringelspiel für Musikpioniere.
F GOOD TO GO Clevere Lösung, um deinen Plastikverbrauch zu senken: Die beiden Gründer Sven Witthöft (li.) und Tim Breker haben ein Mehrwegsystem für Take-away- und Liefer essen entwickelt. Via App findest du teilnehmende Lokale in deiner Stadt. vytal.org
INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 02/2020
Der Sinn-Stifter: Ex-Mönch und Internet-Star Jay Shetty verrät, wie du mehr Erfüllung findest
Der Optimierer: Biohacker Andreas Breitfeld erklärt, wie Technik deinen Körper stärken kann
Die Saiten können wie bei einer normalen Gitarre gespielt werden.
Jedes Saiten-Signal lässt sich unterschiedlich verarbeiten.
Mit diesen Knöpfen werden Töne gespielt.
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Die Klima-Retter: wie zwei Gründer CO² aus unserer Luft filtern wollen
02/20
Sieht aus wie eine Gitarre, schafft aber völlig neue Klangwelten.
AUSGABE DEUTSCHLAND EURO 2,50
Dieser Mann entlarvt unsere Klischees – und trifft einen Nerv: Tedros „Teddy“ Teclebrhan, 37
Alle lieben Teddy
IDEAS FOR A BETTER FUTURE
ANTHONY DICKENS, VYTAL, SNICS
LOU BOYD, DAVID MAYER
SCHLAUER ESSEN So hackst du deine Ernährung: Mit der App von Gründer Gerd Sumah kannst du dein Essen analysieren, indem du es fotografierst. Eine Künstliche Intelligenz wertet das Bild aus. Anschließend begleiten dich Wissenschaftler bei der Umstellung. snics.at
ür alle, die mit Gitarren nichts am Hut haben: Üblicherweise greift, drückt oder zerrt man mit der linken Hand am Hals herum – das ergibt im besten Fall grandiose Soli oder unvergessliche Akkorde. Mit der rechten Hand bringt man mit den Fingern oder einem Plättchen (Plektrum genannt) die sechs Saiten zum Schwingen. Bei der „Circle Guitar“ ist das ähnlich – und doch völlig anders. Die linke Hand agiert gleich wie bisher, die rechte beschäftigt sich mit einer Art Karussell. Denn dort, wo sich bei akustischen Gitarren üblicherweise das (Schall-)Loch befindet, sitzt ein mechanischer Sequenzer, der sich unter den Saiten dreht und mit Stäbchen programmiert werden kann. Wer sich die „Circle“-Videos auf YouTube ansieht, ist fasziniert von den unendlichen Möglichkeiten der Soundgestaltung. Erfinder Dickens: „Eigentlich ist es ein neues Instrument.“ Und Radiohead-Gitarrist Ed O’Brien sagt: „Es ist, als würdest du eine neue Sprache lernen.“
Wie der deutsche YouTube-Star Millionen Menschen mit seinem Humor vereint
BETTER FUTURE EDITION
Mehr Inspiration für ukunftsmacher gibt es Z im aktuellen INNOVATOR. Infos und Abo unter: redbulletininnovator.com
THE RED BULLETIN
In diese Scheibe schiebt man die Programmier-Stäbchen.
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„Ich mache keine halben Sachen“
Handstand einer Schlangenfrau – der Hinterkopf berührt den Po.
Sie kann ihren Körper auf groteske Weise verbiegen, macht ungesichert Handstände über aller hand A bgründen und stellt unfassbare Weltrekorde auf: Handstand-Artistin und Extremsportlerin STEFANIE MILLINGER, 28, wächst permanent über sich hinaus. Ein Gespräch über die Kunst, bei sich zu bleiben, vermeidbare Fehler und den Mut, unser Talent zu leben. Text PAULINE LUISA KRÄTZIG Fotos RICK GUEST
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Stefanie macht einen Handstand auf dem Hotel Daniel hoch über dem Wiener Gürtel.
„Ich habe das Körpergefühl genossen, die Minuten gesteigert, die ich auf Händen balancieren konnte.“
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tefanie sitzt in der Maske und lässt sich das dicke Haar, das fast bis zu ihren Kniekehlen reicht, zu kleinen Locken aufdrehen. Auch wenn das 1,54 Meter große Energiebündel dabei kaum still sitzen mag, wird rasch klar, dass wir hier eine junge Frau vor uns haben, die weiß, was sie will – und die weiß, was sie kann: Die Salzburger Handstand-Artistin ist für ihre atemberaubenden Stunts in großen Höhen bekannt. Ihr Körper ist ein Gesamtkunstwerk, den sie in stundenlangem, täglichem Training geformt hat. Sie verbiegt ihn derart beherrscht und geschmeidig, dass es Zuschauern, darunter über 426.000 Instagram-Fans, die Sprache ver schlägt. Außerdem hält sie den Weltrekord in der besonders kräfteraubenden Version des Schweizer Handstands. (Millinger stützt sich auf den Händen ab und drückt sich aus dem L-Sitz in den Handstand. Das Video gibt’s auf YouTube.) In 52 Minuten und 7 Sekunden hat sie unglaub liche 342 Wiederholungen geschafft. the red bulletin: Bist du immer so zappelig? stefanie millinger: Da kann meine Mama ein Lied davon singen. Ich bin schon als Kind ständig durch die Gegend geturnt und habe mich von Ästen und allem, was hoch oben ist, baumeln lassen. Oft eifert man ja seinen Eltern nach. Was machen deine beruflich? Mein Papa ist Bestatter, meine Mutter Angestellte bei der Telekom. Aber auch sonst ist keiner in meiner Familie Akrobat oder Turner. Wie hast du denn dann deine Liebe zur Verrenkung entdeckt?
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THE RED BULLETIN
Der sanfte Blick täuscht: Stefanie Millinger ist eine Frau mit definierten Muskeln.
Stefanie noch einmal auf dem Dach des Hotel Daniel: Das Segelboot ist ein Werk des öster reichischen Künstlers Erwin Wurm.
Mit 13 habe ich angefangen zu voltigieren. Da macht man gymnastische Übungen auf dem Rücken eines Pferds, auch aus dem Handstand. Ich mochte diese Position und den Bewegungsradius und habe daheim in meinem Zimmer herumexperimentiert. Das wurde irgendwann zur Sucht – wie beim Tätowieren, da wollte ich auch beim zehnten Tattoo aufhören, und seit zwei Wochen sind es zwölf.
Balance, Kraft, Körperbeherrschung: Stefanie hat dafür viele Jahre trainiert.
Hattest du dabei ein Vorbild oder eine konkrete Absicht? Weder noch – ich hab das zuerst einmal nur für mich gemacht, das Körpergefühl genossen, die Minuten gesteigert, die ich auf Händen balancieren konnte. Ich hab mir aus Stabilisations-, Kraft- und Dehnübungen einen Trainingsplan zusammen geschustert und bin jeden Tag um vier Uhr früh aufgestanden, um noch vor der Schule und dem Voltigieren zu üben.
© MISCONCEIVABLE BY ERWIN WURM/COURTESY OF HOTEL DANIEL VIENNA, AUSTRIA
Und wie kamst du dann auf die Idee, den Handstand zum Beruf zu machen? Ich war während und nach der Schule wie die meisten orientierungslos, was die Zukunft angeht. Bei diesen Berufsorientierungstests kam für mich „irgendwas mit Tieren“ raus. Als Kind habe ich oft Zirkus gespielt, eine Manege aus Stühlen gebaut, Popcorn gemacht und dann für mein Publikum alle Nummern gespielt – ich war Tier, Akrobat und Clown. Ich hab mir die Fakten und meine Voraussetzungen angesehen und etwas gefunden, was mir Spaß macht. Du warst 2014 drei Wochen in Kanada beim „Cirque du Soleil“. Wäre das für jemanden, der schon als Kind Zirkus gespielt hat, nicht das perfekte Ziel? Es gab bereits vier Anfragen vom „Cirque du Soleil“ – eine absolute Ehre für mich, aber ich habe eingesehen, dass das Show business nicht meine Welt ist. Ich sehe mich als Künstlerin. Ich brauche die Abwechslung, ich will mich jeden Tag neu erfinden. Warum nicht im Voltigieren? Du warst ja sehr erfolgreich und hast 2015 im Pas de deux mit deiner Partnerin die Bronzemedaille bei der EM gewonnen. Ich war 25, da musste ich mich entscheiden. Das Voltigieren ist eine Randsportart, da steckt man viel Geld rein, verdient aber nichts dran. Und als Hobby ging das nicht mehr. Ich mache keine halben Sachen. THE RED BULLETIN
„Als Kind habe ich oft Zirkus gespielt. Da war ich Tier, Akrobat und Clown.“ Dass Handstand-Artistik einträglicher sein würde, konntest du zu diesem Zeitpunkt aber nicht wissen. Stimmt. In den ersten Jahren habe ich mich mit Nebenjobs durchgebissen: Zeitungen austragen, Flyer verteilen. Was hat dir geholfen in den Momenten, in denen du gemerkt hast, dass es sich mit der Karriere als Artistin vielleicht nicht ausgeht?
Ich wollte nie Showeinlagen für meinen Lebensunterhalt machen, mein Ziel ist es, mich selbst zu verwirklichen und Menschen zu motivieren. Also musst du von deinem akroba tischen Talent komplett überzeugt gewesen sein … Die meisten Menschen denken, ich wäre so flexibel geboren. Das stimmt nicht. Ich war aber schon immer sehr ehrgeizig. Dass mein Körper sich für all die Ver renkungen eignet, ist gnadenloses Training – seit acht Jahren trainiere ich jeden Tag sechs bis zehn Stunden. Ohne Ausnahme. Auch im Urlaub. Welche Botschaft hast du für die Menschen, die ihr Talent trotz Widerständen leben wollen? 67
„Ich definiere mich als Artistin und Extrem sportlerin. Dazu gehört für mich auch der extreme Kick.“ In der Waagrechten: Stefanie an der Wehlnadel bei Rathen in der Sächsischen Schweiz.
Handstand auf der Spitze des Trolltunga in Norwegen.
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SEBASTIAN WEINGART, SEBASTIAN SCHEICHL(2), DOMINIK TAMEGGER, THOMAS WEBER
Stunt auf dem Dachstein in Österreich. Millinger sagt: „Ich mache das, was ich liebe.“
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Nur mit der rechten Hand hängt Stefanie an der Himmelsleiter am Großen Donner kogel im Dachstein gebirge (rechts). Ganz rechts: Stefanie auf dem Kjeragbolten, einem in einer Felsspalte über dem Lysefjord in Norwegen eingeklemmten Monolithen.
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Durchhalten und immer weitermachen – auch wenn es einmal nicht so läuft. Man muss alles geben und für das, was man macht, leben.
Jede Pose fest im Griff. „Viele glauben, ich sei so flexibel geboren. Das stimmt nicht.“
Apropos alles geben: Gewährst du Körper und Kopf auch Auszeiten? Wenn ich schlafe. Regeneration ist im Leistungssport aber doch essenziell. Mein Körper regeneriert schnell und verzeiht mir vieles. Das ist tatsächlich etwas ganz Besonderes. Es grenzt fast an ein Wunder, dass mein Körper sich so schnell erholt. Wissenschaftliche Tests haben das bestätigt, andere brauchen dafür viel länger. Du hast dir im Januar 2019 das Kahnbein am rechten Handgelenk gebrochen … … etwas Schlimmeres konnte mir als Handstand-Künstlerin kaum passieren. Aber ich habe so ein starkes Mindset, dass mein Geist mich weitertreibt. Ich schaffe es, Grenzen zu überschreiten. Das Unmögliche möglich zu machen macht mich aus. Ich kann die Schmerzen ausschalten. Wie geht’s deiner Hand heute? Ein halbes Jahr konnte ich nur in Schonhaltung – auf der Faust – im Handstand trainieren. Die Hand ist noch immer gebrochen, sie hat auch keine Chance mehr auf Heilung – und ein chronischer Schmerz ist geblieben. Aber die Ärzte meinten damals, ich könne nie wieder einen Handstand machen. Ich bin schon fünf Tage danach wieder aufgetreten. Du agierst über abartigen Abgründen. Warum so halsbrecherisch? Für viele Menschen ist das schwer zu verstehen, aber es ist ein kalkuliertes Risiko. Ich mache das, weil Extremsport mein Leben ist. Ich bin für die Höhe geboren. Ich habe schon als Kind Klimmzüge auf der Dachrinne meines Elternhauses gemacht – zehn Meter über dem Boden. Ich definiere mich als Artistin und Extremsportlerin. Als solche fordere ich mich ständig heraus, dazu gehört für mich auch der extreme Kick. Das Schlimmste ist Routine – die bringt einen nicht voran und macht unvorsichtig. Der erste Moment bei einem Stunt ist der r espektvollste. Wenn ich ihn danach, völlig high vom Adrenalin, zu oft 70
wiederhole, riskiere ich, das Gefühl für die Gefahr zu verlieren – wichtig ist mir, ganz klar festzuhalten, dass meine Stunts nicht zum Nachmachen geeignet sind. Ich habe dafür Jahre trainiert. Warum trittst du grundsätzlich ungesichert auf? Weil ich nur so dieses besondere Gefühl leben kann – dieses besondere Gefühl der Freiheit. Du bist in solchen Situatio nen in einer eigenen Welt, extrem fokus siert, die Sinne sind unendlich geschärft. Und du weißt, dass du dir keinen Fehler erlauben darfst. Wenn aber doch einmal etwas nicht so klappt, wie du willst? Wenn äußere Umstände verhindern, dass es vorangeht, kann ich damit leben.
Wenn ein Stunt an meinem Können scheitert, bleibe ich hartnäckig, bis er mir gelingt. Mein Ehrgeiz kippt oft in Sturheit, das ist meine große Schwäche. Ich will nicht einsehen, dass man nicht jeden Tag die gleiche Höchstleistung abrufen kann. Dann bin ich wütend auf mich, weil ich nicht Vollgas geben kann – und dann wütend, weil ich wütend bin. Daran muss ich noch arbeiten. Bist du eine schlechte Verliererin? Ich gönne anderen Menschen ihren Erfolg. Früher – beim Voltigieren – war das wichtig. Heute ist es das nicht mehr. Als Künstlerin geht es mir nicht darum, zu gewinnen. Es mit mir darum, mich selbst zu finden, meinen eigenen Stil zu pflegen. In der Kunst geht es nicht um Konkurrenzkampf, sondern darum, THE RED BULLETIN
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Erfolgsgeheimnis: „Ich stecke meine Ziele absichtlich hoch – das motiviert mich.“
etwas Besonderes zu schaffen. Aber na türlich will ich besser werden. Ich stecke mir meine Ziele absichtlich hoch, das motiviert mich. Früher war mein Ziel eine olympische Medaille, auch wenn Voltigieren nicht olympisch war, habe ich immer davon geträumt. Jedenfalls stand auf meiner Bucket List ein Weltrekord. Den hast du am 26. April aufgestellt: 342-mal in den Schweizer Handstand in 52 Minuten und 7 Sekunden, ohne mit den Füßen den Boden zu berühren. Respekt! Dafür habe ich viele Jahre trainiert. „Guinness World Records“ haben mich immer wieder abgelehnt, also habe ich beschlossen, es für mich selbst nach den Vorgaben für eine reguläre Bewerbung
zu filmen und das Video online zu stel len. Am Ende ist die „Record Holders Republic“ auf mich zugekommen und hat den Rekord anerkannt. Woher kommt dieser unbedingte Glaube an dich selbst? Ich vergleiche mich nicht mit anderen, das lenkt vom eigenen Weg ab oder zieht einen runter. Ich fokussiere mich auf das, was ich erreicht habe und noch erreichen will. Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, habe ich alles da für getan, es tatsächlich zu schaffen. Unterstützt deine Familie deinen außergewöhnlichen Weg? Viele in meiner Familie sagen immer noch, ich solle was Anständiges lernen. Nur meine Mama hat mich von Anfang an unterstützt. Sie ist die Beste, hat immer zu mir gestanden. Sie hat ver standen, dass ich hart an mir arbeite. Und sie hat mich immer so sein lassen, wie ich sein wollte. Bringt dich etwas ins Wanken? Ich würde lügen, wenn ich sage, dass mich Kritik nicht trifft. Es ist hart, sich von fremden Menschen beleidigen lassen zu müssen, weil sie meine Kunst oder mich nicht mögen. Bestätigung und Kraft geben mir Menschen wie meine Mutter, mein Freund Phil und mein Manager und guter Freund Dominik, die an mich glauben und mich unterstützen. Wenn dir aber in den sozialen Medien Hass entgegenschlägt, bringt dich das schon in Wanken. Wie gehst du damit um? Klar habe ich in solchen Situationen schon daran gedacht, mich aus den so zialen Medien zu verabschieden. Aber ich freue mich auch über meine 400.000 Follower, und es ist großartig, wenn ein Typ wie US-Comedian Joe Rogan auf Twitter postet, dass mein Account einer der inspirierendsten überhaupt sei. Die allercoolsten Momente sind aber immer noch die, in denen mir etwas Besonde res gelungen ist, sind die Augenblicke, in denen ich ganz bei mir war. Und in solchen Sekunden zählt nur, dass ich es geschafft habe. Und dass ich das weiß – zugesehen muss dabei niemand haben … Stefanie auf lnstagram: @stefaniemillinger Noch mehr Naturtalente: organicsbyredbull.com/talente
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THE RED BULLETIN
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„Durchhalten und nicht aufgeben, wenn es einmal nicht so läuft. Man muss alles geben und für das, was man macht, leben.“
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GUIDE Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen
HOL DIR DEIN EIS
RAMONA WALDNER
Mit Vittorio Messini unterwegs im größten künstlichen Eispark Österreichs bei Matrei in Osttirol
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GUIDE Reisen
„Ich checke die Farbe des Eises – je bläu licher sie ist, desto besser; je weißer, desto schlechter.“ Vittorio Messini, 32, Berg- und Skiführer aus Kals, Österreich
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Mit Pickel und Steigeisen im künstlichen Eis – das Wasser dafür kommt aus dem Tauernbach.
Schatten gibt, die leicht zugänglich ist und der der Föhn nichts anhaben kann. Hinter der Wohlgemuthalm im hinte ren Tauerntal hat alles gepasst. Ich habe die Wände bei einer Skitour entdeckt. Da waren zwei, drei kleinere natürliche Linien. Und ich habe gedacht, wenn man die größer machte, könnte man hier richtig klettern. Zuerst mussten wir den Platz her richten: Bäume und Sträucher entfernen, die Rohre montieren. 450 Meter Leitungen haben wir verlegt. Sie sind ummantelt und werden mit einer Regenrinnen heizung vor dem Einfrieren bewahrt. Mitte November fangen wir an zu bewässern. Das Wasser kommt aus dem
Tauernbach. Es dauert rund vier Wochen, bis das Eis 20 bis 30 Zentimeter dick ist, Erst dann lässt sich der Eisfall klettern. Bevor ich einsteige, suche ich mir einen Standplatz in sicherer Entfernung vom Eisfall, wo ich mich umziehe. Die richtige Kleidung ist wichtig. Wenn du zu dick angezogen bist, schwitzt du während des Kletterns, und wenn du dich dann abseilst, wird dir kalt. Ich sag immer: maximal zwei Schichten, dazu eine Hardshell-Jacke, damit man nicht nass wird – und natürlich gute Handschuhe. Dann checke ich das Eis: Entscheidend ist die Farbe. Je bläulicher es ist, desto besser; je weißer, desto schlechter. Ich THE RED BULLETIN
RAMONA WALDNER
enn du im Eis kletterst, darfst du nicht vergessen, dass jeder Eisfall lebt. Er reagiert sensibel auf Temperatur schwankungen. Zieht sich zusammen, dehnt sich, streckt sich. Dabei entstehen enorme Spannungen. Je fragiler seine Struktur ist, desto vorsichtiger musst du sein. Stell dir vor, dass er in drei, vier Wochen gewachsen ist. Erst kleinere Zapfen, dann größere. Mit jedem Tag rücken sie näher zuein ander. Wird es wärmer, schmelzen sie. Die freien Räume zwischen den Zapfen füllen sich mit Wasser. Sinken die Tempe raturen, dehnt das Eis sich aus. Und wenn es dann auch noch knackt, solltest du am Boden bleiben. Eisklettern ist komplex: Das Wetter ist wichtig, der Wind, die Feuchtigkeit, die Sonne. Außerdem musst du beim Zustieg auf Lawinen achten. Dafür gibt dir das Eis markante Linien vor. Unübersehbare Linien. Den Eispark bei Matrei gibt es seit 2015. Die Idee hatten wir, also der Mat thias Wurzer und ich, als wir zum Eisklet tern in Kanada waren. Dort gibt es kleine Schluchten, die leicht zugänglich sind und ideale Bedingungen bieten. Bei uns in Osttirol gibt es das nicht. Deshalb haben wir an einen künstlichen Eisfall gedacht. Wir haben eine Location gesucht, die hoch liegt, wo es viel
GUIDE Reisen
Wien
Österreich
Anreise Von Wien oder München aus am Autobahnkreuz Pongau/ Bischofshofen Richtung Bischofshofen fahren. Danach über Pinzgauer und Brucker Bundesstraße auf die Salzachtal-Bundesstraße und Felbertauern Straße bis Tauer (eine Fraktion von Matrei). Von dort 1,6 Kilo meter zum Matreier Tauernhaus (wo man erfährt, ob
Tauer
der Eispark offen ist). Auto am Parkplatz abstellen. Über einen Forstweg geht es ca. 30 Minuten zu Fuß Richtung Wohlgemuthalm. Jetzt musst du nur noch eine Fußgängerbrücke überqueren – und du bist angekommen.
Zwei Teilnehmer des Eiskletter-Festivals beim Anlegen der Steigeisen.
EiskletterFestival
Traumhaft schön: der nächtlich beleuchtete Eispark THE RED BULLETIN
Coaching, Materialtests und Workshops gibt es beim sechsten Eis kletterfestival im Eispark Osttirol, der vom Verein „Freunde des Eispark Osttirol“ betrieben wird. Fest steht, dass alle bisherigen Indoor-Aktivitäten (wie die Workshops) ins Freie verlegt werden. Eine Anmeldung ist bereits möglich – es gibt eine „All In“- und eine „Short Cut“-Variante. Während des Festivals, übrigens das größte seiner Art in Europa, wird auch der „Osttiroler Eismaster“ gekürt. Termin: 15. bis 17. Januar 2021. Infos: eispark-osttirol.at
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GUIDE Reisen
Auf dem Weg zum Eispark: Von der Hütte auf der Wohlgemuthalm sind es nur noch fünf Minuten.
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Mit besten Empfehlungen Von leicht bis herausfordernd: dreimal klettern rund um Matrei Schildalm Eisfall FÜR ANFÄNGER Ideal für Anfänger, liegt kurz vor dem Tauernhaus, gleich neben der Felbertauern Straße. Zustieg: von der Zufahrtsstraße zum Tauernhaus. Brühlfall FÜR KÖNNER Eines der besten Eisziele Osttirols mit einem bis zu 50 Meter breiten Eis panzer im unteren Teil. Zustieg: vom alten Zollhaus bei Seblas in Matrei.
„Bei uns im Eispark gibt es bis zu siebzig verschiedene Routen.“ Vittorio, Obmann der „Freunde des Eispark Osttirol“
Homozack FÜR PROFIS Eine steile Mixedline, hoch im Tauern tal – sie hat alles zu bieten, was das Klettererherz begehrt. Zustieg: von der Fraktion Raneburg bei Matrei. Mehr Tipps im „Eiskletterführer Ost tirol und Oberkärnten“, alpinverlag.at Eiskletterkurse gibt es bei den Osttiroler Iceguides, iceguides.at THE RED BULLETIN
RAMONA WALDNER
achte darauf, wie es über dem Eisfall aus sieht, ob es irgendwo gefährliche Zapfen gibt. Dann klettere ich los – mit Steig eisen und Pickel. Je nachdem wie ich mich fühle, setze ich alle zwei, drei Meter eine Eisschraube. Diese Schrauben sind 10 bis 22 Zenti meter lang. Sie werden mit einer Kurbel ins Eis gedreht. Daran befestigst du das Sicherungsseil. Bei uns im Eispark gibt es bis zu 70 ver schiedene Routen, die du klettern kannst. Sie sind zwischen 10 und 30 Meter lang. Die zugänglichste Linie befindet sich in der Mitte im ersten Sektor, eine mar kante Linie, die schon von weitem gut sichtbar ist. Links und rechts davon sind auch schöne Linien, die wachsen jedes Jahr annähernd gleich. Wenn du Erfahrung im Klettern hast, schaffst du nach zwei, drei Tagen auch steile Routen. Der große Unterschied zum Felsklettern ist nicht die Technik, sondern dass du clean kletterst, das heißt, du musst alle Sicherungen selbst legen. Das kostet Kraft. Und da spielt der Kopf eine große Rolle.
GUIDE Fitness
ANALYSE
Fitter leben
SpeichelChecker
Drei Arten, wie Gene unsere Leistung beeinflussen Das Sprinter-Gen
Der Blick in den Spiegel war gestern: Dieser persönliche DNA-Test zeigt, wie man am besten abnimmt und fit bleibt.
Seit 2013 entwickelt Grice mit zwei Kollegen Trainingspläne auf Basis von Genen. Für knapp 150 Euro bestellt man ein Testkit, gibt eine Speichelprobe ab und schickt sie an FitnessGenes. Dort wird die DNA analysiert. Wenige Tage später erhältst du über eine App Zugang zu der Analyse, Trainingsempfehlungen und einen Speiseplan. Die DNA-Analyse einer Radsportlerin habe etwa gezeigt, dass sie dazu neigt, zuzunehmen, sobald die Saison vorbei ist. „Sie wies viele der Genvarianten auf, die mit 80
Mit diesem Testkit wird die persönliche DNA analysiert.
Überernährung zusammenhängen. Wenn man trainiert, fällt das nicht ins Gewicht; erst wenn man pausiert. Also haben wir ihr ein Programm für die Zwischensaison ent wickelt. So konnten wir auch Vorwürfe ausräumen, sie sei faul und nehme deshalb zu.“
Den ganzen Körper im Blick behalten
Eine der großen Herausforderungen der Sportgenomik ist die Komplexität unseres Körpers. „Biologie ist kompliziert und widersprüchlich“, sagt Grice. „Wir brauchen Vitamin C fürs Immunsystem. Es ist ein Antioxidans, das aber in hohen Dosen Verbesserungen der Ausdauer bremsen kann.
Wir müssen daher unbedingt versuchen, bei der Analyse einen Menschen in seiner Gesamtheit zu verstehen.“
Die Suche nach den Schlüsselbauteilen
Zum Vergleich zieht Grice die Wirtschaft heran: Eine Verletzung sei wie eine Firma, die pleite geht. Obwohl wir alle Teile kennen, ist es schwierig, vorherzusagen, welche Veränderungen die Gesamtleistung beeinflussen können. „Hier liegt die Zukunft unserer Industrie: in wichtigen Vorhersagen über die Wirkung von Änderungen im System“, sagt er. „Wir haben noch jede Menge Arbeit vor uns.“
Unser Schlafrhythmus wird von einem inneren Vorgang bestimmt, den Proteine steuern. „Mutationen dieser Proteine bestimmen, wann man am besten essen oder Sport machen sollte“, so Grice. „Die ideale Leistung wird üblicherweise zwischen Mittag und 20 Uhr erbracht, weshalb viele Wettbewerbe am frühen Abend stattfinden. Für manche Sportler ist das aber gar nicht so günstig.“
Üben mit Rüben Die Gen-Konstellation kann den Transport von Sauerstoff durch die Blutgefäße in die Muskeln begünstigen. Wenn das nicht zu den Stärken eines Körpers gehört, gibt es ein fache, natürliche Arten, nachzuhelfen, so Grice. „Bei manchen Menschen kann etwa stickstoffhaltige Nahrung hilfreich sein. Das heißt zum Beispiel: viel Rote Bete essen.“
fitnessgenes.com THE RED BULLETIN
FLORIAN OBKIRCHER
DNA-Analyse, leicht gemacht
Die innere Uhr
ALEX AULD
Algorithmen eröffnen eine neue Dimension der Personalisierung: Netflix weiß, welche Filme wir sehen möchten; Amazon, was wir kaufen wollen – weil beide registrieren, was wir im Netz so treiben. „Wir lieben es, die Wahl zu haben“, sagt Stuart Grice, Biologe und ehemaliger Genomforscher an der Universität Oxford. „Es ist seltsam, dass wir ans Thema Gesundheit bis vor kurzem mit einer ‚One size fits all‘Mentalität herangegangen sind. Doch die bleibt an der Oberfläche: Nicht rauchen! Kalorien sparen! Keiner dieser Ratschläge berücksichtigt individuelle Unterschiede.“
„Es gibt ein Protein, das beeinflusst, wie rasch man sich von bestimmten Übungen erholt“, sagt Stuart Grice (o.). Es wird in Muskeln produziert und vom ACTN3-Gen reguliert, das auch das Geschwindigkeits-Gen genannt wird. „Nicht alle haben es, die meisten Top-Sprinter aber schon.“
3 TIPPS VON JEDEM GAST FÜR DEINEN ALLTAG
Pioniere unserer Zeit sprechen über die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg. Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt. Jetzt abonnieren und keine Session verpassen!
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GUIDE Gaming
NEUHEITEN
Bau dir ein neues Ich Das Spiel „Cyberpunk 2077“ folgt der Cyborg-Mode. Aber zeigt es auch ein realistisches Bild unserer Zukunft?
Ein Cyborg werden
„Es ist schön und gut, bionische Arme und Beine zu haben, aber wie transportierst du damit die Energie?“, fragt Cheesewright. „Und wie verhinderst du, dass diese riesigen Maschinen den Körper schädigen, an den sie angeschlossen sind?“ Leichte Bodmods, also modifizierte Körper, die bestehende Sinne verstärken, kann er sich aber vorstellen. „Etwa vibrierende Westen, Elektroden auf der Zunge, winzige Kameras in Kontaktlinsen.“ 82
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„Cyberpunk 2077“: Ein halbes Jahrhundert noch, dann sehen Schminktutorials auf YouTube so aus.
Künstliche Intelligenz
Der durch KI erweiterte Mensch ist ein heißes Thema in Science-Fiction-Erzählungen – und laut Cheesewright bald auch Wirklichkeit. „Ich glaube, in zehn Jahren werden die meisten von uns e inen persönlichen digitalen Assistenten haben und Aufgaben an die KI auslagern. Warum soll ich mich selbst um das Abschließen einer Kfz-Ver sicherung kümmern?“
Besser zielen
In „Cyberpunk 2077“ gibt es eine intelligente Pistole, die mit dem Gehirn des SpielerAvatars verknüpft ist. Optik und Gliedmaßen reagieren
Star-Cyborg: Keanu Reeves
mit übermenschlicher Ge schwindigkeit – und zielen nie daneben. „Ich habe Mecha tronik studiert, daher kann ich mir gut vorstellen, dass Oberflächen-Ringlaser die Treffsicherheit einer kleinen Schusswaffe korrigieren können“, so Cheesewright. Mit einer intelligenten Brille könnte ein Soldat reagieren, bevor er überhaupt realisiert, dass er ein Ziel vor Augen hat.
Gehacktes Hirn
Der Brite Tom Cheesewright ist Autor von „Future-Proof Your Business“ und berät Firmen und staatliche Einrichtungen in Sachen Zukunft und Veränderung. tomcheesewright.com
Wer erinnert sich nicht an Keanu Reeves, wie er sich in „Matrix“ ein Kabel in den Schädel steckt und KungFu auf sein Gehirn lädt? In Zukunft, so Cheesewright, würden Cyber-Hacks weniger invasiv ablaufen, sondern
ganz nebenbei. „Es gibt bereits Geräte, die elektrischen Strom durchs Hirn jagen, um die Konzentration zu steigern. So etwas könnte demnächst unter der Haut implantiert werden: Sie drücken einen Knopf an Ihrem Ohrläppchen, und schon sind Sie in einem Flow-Zustand, der Ihre Kreativität verbessert.“
Inmitten der Matrix
In seinem Roman „Neuromancer“ (1984) prophezeite William Gibson, „Großvater des Cyberpunk“, den Cyberspace als eine bewusste Halluzination, eine grafische Darstellung von Daten. Cheesewright glaubt, dass jede Interaktion des Menschen mit Computern in diese Richtung gehen wird – ein Prozess der Abstraktion. „Daten werden in eine ,körperliche‘ Form übersetzt, mit der man interagieren kann. Man könnte dann mit anderen Menschen im virtuellen Raum zusammentreffen, aber auch mit KI, die kaum von Menschen zu unterscheiden ist.“ „Cyberpunk 2077“ ist auf PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Windows und Stadia erhältlich. cyberpunk.net THE RED BULLETIN
MATT RAY
Der Transhumanismus, jene philosophische Strömung, wonach sich die Menschen durch technische Entwicklungen erweitern, ist ein bunter Mix aus Science-Fiction und – neuerdings – real vorstellbarer Forschung. Jetzt steht er im Zen trum des neuen Videospiels „Cyberpunk 2077“. Die Hauptrolle darin spielt „Matrix“-Star Keanu Reeves als Straßenpoet mit technisch erweiterten Körperfähigkeiten. Das Game spielt in einer dystopischen Zukunft, in der Menschen Körperteile durch „Upgrades“ ersetzen. Die Gamer schlüpfen in die Rolle eines Söldners namens V. Auch seine Fähigkeiten lassen sich mit Implantaten verbessern. Aber wie nah sind wir nun wirklich an einer Zukunft als Cyborgs? Hier präsentiert der Brite Tom Cheesewright, „angewandter Futurist“ und Videospielbesessener, seine Vision eines Cyberpunk der Zukunft.
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ACTION & ADRENALIN
Thriller-Instinkt Niemand schreibt so sauspannende Wissenschaftsthriller wie der US-Autor James Rollins. Kein Wunder: Der Mann ist schließlich Tierarzt. Text JAKOB HÜBNER
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in kleiner Warnhinweis an alle, die sich ein Buch von James Rollins zur Brust nehmen wollen: Wer große Helden will, sollte nicht kleinlich sein. Kein Mensch, dessen Synapsen halbwegs synchron laufen, glaubt zum Beispiel tatsäch lich, dass James Bond die Schaltpläne sämtlicher Atom sprengköpfe im Kopf hat. Oder jedes streng geheime Waffensystem bedienen kann wie eine handelsübliche Waschmaschine. Leise Zweifel sind auch angebracht, wenn
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Indiana Jones bei Bedarf locker in den Dialekt irgend eines südchinesischen Archi pels wechselt oder Ethan Hunt sich nach 100 Metern im freien Fall mit den Finger spitzen einer Hand an einer Fensterfuge abfängt. Wie viel intellektuellen Spielraum wir der Vernunft für derlei fantastische Eskapaden gönnen, hängt gemeinhin davon ab, was wir im Gegen zug geboten bekommen – im Fall von James Rollins ist das Action satt und Adrenalin pur. Das ist der Deal.
Schon seine ersten Roman erfolge („Sub Terra“, „Das Blut des Teufels“, „Operation Amazonas“) ließen erkennen, dass Rollins es meisterhaft versteht, fundierte wissen schaftliche Fakten und bemer kenswerte Technologiekennt nisse mit hemmungslosem Suspense zu kreuzen. So rich tig auf Betriebstemperatur kam der 1961 als James Paul Czajkowski in Chicago gebo rene Autor aber im Jahr 2004, als er erstmals seine „Sigma Force“ zum Einsatz brachte („Sandsturm“). Dabei handelt es sich um eine geheime Spezialeinheit, die sich aus ehemaligen Elitesoldaten und nobelpreisverdächtigen Wis senschaftlern zusammen setzt – vorzugsweise in Perso nalunion. Seit damals rückt diese verwegene Truppe rund THE RED BULLETIN
VINZ SCHWARZBAUER
GUIDE Lesestoff
GUIDE Lesestoff
Vorbemerkung zum wissenschaftlichen Hintergrund von „Der Flammenwall“ Lassen Sie uns über das Ende der Menschheit sprechen – zumal wir schon bald in dieser Angelegenheit vielleicht nicht mehr viel mitzureden haben werden. Am Horizont lauert eine große Gefahr, die vermutlich noch zu unseren Lebzeiten virulent wird. Der weltbekannte Physiker Stephen Hawking beschrieb die bevorstehende Krise als das „schlimmste Ereignis in der Geschichte der Zivilisation“. Tausendsassa Elon Musk (Tesla, X-Space) glaubt, dass es zum Dritten Weltkrieg führen wird. Und der russische Präsident Wladimir Putin erklärte, wer die Kontrolle darüber habe, werde die Welt beherrschen. Mit dem „Ereignis“ ist die erste wahrhaftig menschen ähnliche künstliche Intelligenz (KI) gemeint.
um die Protagonisten Painter Crowe und Grayson Pierce verlässlich einmal pro Jahr aus, um die Welt vor dunklen Mächten zu retten, gegen die jeder Bond-Bösewicht wie ein harmloser Kleinkrimineller wirkt. Der Mix aus Realität und Fiktion, mit dem Rollins seine Plots aufzieht, ist absolut einzigartig – und auf den ersten Blick völlig inkompatibel. Vermutlich spiegeln sich darin die beiden Seelen wider, die in seiner Brust wohnen. Auf der einen Seite der Wissenschaftler und Forscher Dr. Czajkowski (der nebenbei diplomierter Evolutions biologe ist), auf der anderen Seite der Technikfreak und Adrenalinjunkie Mr. Rollins (der nebenbei eine Leidenschaft fürs Höhlentauchen pflegt). Das Ganze hat was von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Formal vertraut Rollins in all seinen Sigma-Force-Thrillern – mittlerweile 14 Stück plus zwei Spin-offs („Tucker Wayne“) – einem bewährten Erfolgsrezept. In einer Art Ouvertüre tunkt er den Leser zunächst in akribisch recherchierte historische Begebenheiten, die er gekonnt mit mythologischen Themen und allerlei Verschwörungstheorien nachwürzt. Sie bilden quasi den Sud, den er dann nach allen Regeln der Spannungskunst zum Kochen bringt. Hochspekulativ und THE RED BULLETIN
hochspektakulär. Neben den starken Figuren, den exotischen Schauplätzen, den Hightech-Gadgets und martialisch choreografierten Kampfszenen setzt Rollins, der jahrelang als Tierarzt praktizierte, auch immer wieder auf sein profundes Wissen aus der Tier- und Pflanzenwelt – genmanipulierte Monsterwildschweine oder prähistorische Killerwespen inklusive. Und all das in einem Affentempo, dass es einem die Ohren anlegt. Fazit: Wem es Genugtuung verschafft, mit erhobenem Zeigefinger in jedem Logikloch herumzupopeln, sollte besser einen großen Bogen um James Rollins machen. Wer hingegen Spaß daran hat, die Zügel auch mal ordentlich schnalzen zu lassen, ist bei James Rollins genau in der richtigen Gasse. Wenn es um Action und Spannung zwischen zwei Buchdeckeln geht, ist der Mann eine Bank.
JAMES ROLLINS „DER FLAMMENWALL“ Deutsch von Norbert Stöbe Blanvalet (gebundene Ausgabe), Sigma Force 14 (Taschenbuch)
LESETIPPS
So spannend ist Wissenschaft Vier Science-Thriller, die der Realität nur einen kleinen Schritt voraus sind
MARC ELSBERG Was passiert, wenn jemand den Stecker im ganz großen Stil zieht? Der Sensations erfolg des 1967 in Wien geborenen Autors sorgte mit über einer Millionen verkauften Exemplaren für einen regelrechten Genre-Boom. Zu Recht: Elsbergs extrem realistische Story eines totalen Blackout entwickelt eine derart zwingende Eigendynamik, dass man sich glatt wundert, warum die Leselampe noch leuchtet. „Blackout. Morgen ist es zu spät“ (Blanvalet)
DANIEL SUAREZ Die internationalen Best seller „Daemon“ und „Darknet“ brachten ihm den Ruf eines „Jules Verne des digitalen Zeitalters“ (© Frank Schirrmacher). In diesem 2013 erschienen Buch setzt Daniel Suarez autonome Drohnen mit der Schwarmintelligenz einer extrem aggressiven afrikanischen Ameisenspezies frei. Beängstigend: ein rasanter Techno-Thriller, der sich liest wie ein Horrorroman. „Kill Decision“ (rororo)
KAZUAKI TAKANO „Extinction (engl. Aus löschung): das Aussterben von Arten und Gattungen. Bezeichnet das Ende evolutionärer Stammlinien durch den Tod aller Nachkommen. Eines der wenigen definitiv nicht umkehrbaren Ereignisse in der Natur.“ Wissenschaftlich sauber unterlegt, inszeniert Takano diesen mehrfach preisgekrönten Evo lutionsthriller als globalen Wettlauf gegen die Zeit. Großes Kino aus Japan. „Extinction“ (Penguin)
BLAKE CROUCH Für den wissenschaftlichen Laien bietet die Theoretische Quantenphysik ein probates Mittel, um sich nachhaltig das Gehirn zu verrenken. Umso erstaun licher, dass es US-Autor Blake Crouch gelungen ist, auf deren Grundlagen einen atemberaubenden Thriller aufzubauen, der den Leser durch ein Labyrinth aus mehreren Parallelwelten jagt. Ein Wahnsinnsbuch, im wahrsten Sinne der Wortes. „Dark Matter. Der Zeitenläufer“ (Goldmann)
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Endlich wieder hoch hinaus: Eine Verletzung kostete Andreas Wellinger die vergangene Saison. Jetzt will der Olympia- Sieger neu angreifen.
28 DEZEMBER BIS 6. JANUAR
Fliegen mit den DSV-Adlern Nach dem Weihnachtsfest kommt die Vierschanzentournee: Skispringer Andreas Wellinger, 25, erzählt, wie er gewinnen will.
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DAVID MAYER
er sich geschlagen geben. 2020 feiert nun Olympiasieger Andreas Wellinger aus Weißbach sein Comeback nach einjähriger Verletzungspause. Hier erklärt er, worauf es bei den vier Schanzen ankommt.
GETTY IMAGES, PICTUREDESK(2)
Sie gehört zum Jahreswechsel wie die guten Vorsätze: Kaum sind die letzten Weihnachtsgeschenke verteilt, sitzen in Deutschland Millionen Menschen vor dem Fernseher und verfolgen die Vierschanzentournee der Skispringer. Wer hier gewinnt, schreibt Wintersport-Geschichte. Fast wäre es im vergangenen Jahr dem Oberstdorfer Karl Geiger, 27, gelungen – erst ganz am Ende musste
Auftaktspringen 28.–29. 12., OBERSTDORF „Hier liegt die größte Herausforderung im Kopf. Es kommt darauf an, nach Weihnachten den mentalen Schalter um
Erster Bewerb in Oberstdorf: Hier startet traditionell die Tournee. THE RED BULLETIN
GUIDE Kalender
zulegen und gleich voll da zu sein. Trotz dieses Drucks darfst du nicht verkrampfen. Um weit zu springen, brauchst du diese gewisse Leichtigkeit, die es dir erlaubt, im Flug mit der Luft zu spielen. Das ist nur möglich, wenn ich mich von Anfang an nur auf meine ‚Bauteile‘ konzentriere – so nennen wir die wichtigsten Elemente unseres Sprungs: Anlauf, Absprung, Landung.“
Neujahrsspringen 31. 12. – 1. 1., GARMISCH-PARTENKIRCHEN „Diese Schanze verzeiht keine Fehler. Durch ihren speziellen Radius spürst du beim Anlauf, wie sich der Druck auf deinen Körper aufbaut, der Absprung ist kurz und kompakt. Da heißt es: Immer in Position bleiben! Das schaffst du nur, wenn du deinen ganzen Fokus auf die Schanze richtest.“
Bergiselspringen 2.–3. 1., INNSBRUCK „Die kleinste Schanze der Tournee, aber sie hat es in sich. Gefühlt springst du hier mehr, als dass du fliegst. Dafür musst du auf dem Schanzentisch so viel Energie wie
Das Spektakel in Zahlen Du willst vorm TV mit Experten-Wissen punkten? Ein paar beeindruckende Tournee-Fakten:
145 Meter
weit ging der weiteste Sprung der Tournee- Geschichte – er gelang dem Polen Dawid Kubacki 2019 in Berchtesgaden.
Mehr als 90 km/h
So schnell sind die Athleten im Schnitt nach dem Anlauf beim Absprung.
5-mal
Treppchen-Typen: 2020 gewann der Pole Dawid Kubacki (Mi.), 30, vor dem Norweger Marius Lindvik (li.), 22, und Karl Geiger (re.), 27, aus Oberstdorf.
konnte der Finne Janne Ahonen die Tournee ge winnen. Bis heute Rekord!
möglich sammeln und in den Absprung stecken.“
7.080.000
TV-Zuschauer sahen das Finale 2020.
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deutsche Gesamtsieger gab es bereits (u. a. Jens Weißflog, Dieter Thoma, Sven Hannawald).
„Um weit zu springen, brauchst du diese gewisse Leichtigkeit, die dir erlaubt, mit der Luft zu spielen.“ Andreas Wellinger, Olympiasieger
Dreikönigsspringen 5.–6. 1., BISCHOFSHOFEN „Meine Lieblingsschanze auf der Tournee – sie hat einen ganz eigenen Charakter. Ihr Anlauf ist vergleichsweise flach – hier musst du eine Vorspannung aufbauen, denn der Flug danach wird lang – hoffentlich lang genug.“ Alle Infos unter: vierschanzentournee.com
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5
bis 7. Februar FASZINIERENDE KOMBINATION
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Dieser packende Wintersport verbindet zwei Disziplinen: In der Nordischen Kombination treten die Athleten im Skispringen und im Skilanglauf gegeneinander an. Weltweit beherrscht kaum ein Sportler beides auf so konstant hohem Niveau wie der Oberstdorfer Vinzenz Geiger. Beim FISWeltcup im sächsischen Klingenthal tritt er gegen die besten Athleten der Welt an. Sparkasse Vogtland Arena; weltcup-klingenthal.com
Januar GIPFELTREFFEN DER OFFENSIV-KÜNSTLER Wenn diese beiden Teams in der Fußball-Bundesliga aufeinandertreffen, stehen die Chancen gut für ein Spektakel: Borussia Dortmund gastiert zum Top-Spiel bei RB Leipzig. Sowohl Dortmunds Trainer Lucien Favre als auch Leipzigs Coach Julian Nagelsmann lieben das schnelle Spiel nach vorn. Neben Offensiv-Künstlern wie Borussia-Stürmer Erling Haaland und Leipzigs Emil Forsberg dürfen sich die Fans auch auf Zweikämpfe freuen – wie im Bild zwischen Emre Can (re.) und Christopher Nkunku. Red Bull Arena Leipzig; dierotenbullen.com
Dezember KEINE ANGST VOR GROSSEN WELLEN Er gilt als absoluter Star in der Big-Wave-Szene. Doch im Februar 2017 dachte der heute 37-jährige Mark Mathews an Rücktritt. Eine Welle hatte ihn zuvor gegen ein Riff geschleudert, er erlitt schwere Verletzungen. Die 58-minütige Doku „The Other Side of Fear“ zeigt, wie er sich ent schlossen zurückkämpfte. redbull.com 88
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Januar SIE WERFEN WIEDER Kaum beginnt das neue Jahr, startet schon die Handball-WM: In Ägypten kämpft die deutsche Mannschaft mit Top spieler Hendrik Pekeler vom THW Kiel (Bild) um den Titel. In der Gruppenphase müssen sich die Deutschen gegen die Teams aus Ungarn, Uruguay und Kap Verde behaupten. dhb.de THE RED BULLETIN
GETTY IMAGES (2), ANDREW CHISHOLM/RED BULL CONTENT POOL, BRIAN HALL/RED BULL CONTENT POOL, SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL
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bis 24. Januar STEILE HELDEN
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Dezember TEYANAS SUPERSHOW In der Doku „Behind the Scenes of House of Petunia“ zeigt Red Bull TV Einblicke rund um ein spektakuläres Konzert der Sängerin Teyana Taylor. redbull.com
Willkommen zur schwierigsten Ski-Abfahrt der Welt: Die Streif beim Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel verlangt den Athleten alles ab. Ihre Neigung beträgt bis zu kaum vorstellbaren 87 Prozent. Wer hier gewinnt, wird zum Helden. Nach seinem Sieg im Januar 2018 will der Garmisch-Partenkir chener Thomas Dreßen (Bild) auch 2021 an greifen. Kitzbühel, hahnenkamm.com
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© 2020 HARMAN International Industries, Incorporated. Alle Rechte vorbehalten. JBL ist eine Marke von HARMAN International Industries, Incorporated, die in den USA und/oder anderen Ländern eingetragen ist. Die Wortmarke Bluetooth® und ihre Logos sind eingetragene Marken von Bluetooth SIG, Inc. Jegliche Nutzung dieser Marken durch HARMAN International Industries, Incorporated erfolgt in Lizenz. Andere Marken oder Handelsbezeichnungen sind im Besitz der jeweiligen Eigentümer. Änderungen an Merkmalen, Spezikationen und Aussehen können ohne vorherige Ankündigung erfolgen.
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WARM UND GUT ZIENER GERMANOS PR LOBSTER GLOVE EX4 Für die Handschuhe der Ex4-Linie setzt Ziener nur recycelte und abbaubare Stoffe ein. An Bord: wärmendes PrimaLoft Fleece, hohe Atmungsaktivität, herausnehmbare Innenhandschuhe. Und zur Not macht’s der Repair-Service wieder gut. Etwa 120 Euro; ziener.com
Ab in die Berge! Winterzeit ist Draußenzeit (so es die Vorschriften zulassen). Hier kommt die passende Ausrüstung für drei Könnerstufen – von Sportlern bis Grenzgängern. Text WOLFGANG WESTERMEIER
GUIDE Winterausrüstung
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Diese Teile lieben Bewegung
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Next-Level-Wandern: Diese Schuhe sind mit einer Sohle ausgestattet, die durch eine spezielle Gummimischung im Schnee besonders griffig ist. Die gute Dämpfung wird mit einem komplexen Anspritz verfahren erreicht, das den Schaft direkt mit der Sohle verbindet. 230 Euro; lowa.com
Wenn die Skigebiete öffnen, werden wir auch dort nicht um Masken herum kommen. Mit diesen Modellen ist das halb so wild. Sie dienen als Nackenwärmer und lassen sich bei Bedarf über Mund und Nase z iehen. Dank Hightech-Material sind sie atmungsaktiv und feuchtigkeits abweisend. Etwa 15 Euro; uynsports.com
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Mit zweilagigem Nylon-Stretch als Hauptstoff hat man in dieser Skihose immer Bewegungsfreiheit. Sie ist wasserund winddicht, die Enden sind zusätzlich mit wasserabweisenden Gamaschen verstärkt. Für Wärme sorgt eine Isolierung mit Wolle vom Villnösser Brillenschaf. Etwa 599 Euro; luistrenker.com
Perfekte Begleiterin, wenn die Temperatur mal schneller fällt: Diese Daunenjacke ist ein Federgewicht und leicht zu verstauen. Zonierte Mikro- und Nanokammern liefern noch mehr Wärme am Rumpf. Außenmaterial, Isolation und Futter sind aus recycelten Materialien gefertigt. Etwa 230 Euro; rab.equipment
Seit 2016 fertigt Kevin Schlawer Snowboards, Ski und Longboards in der eigenen Werkstatt. Wer sich ein von ihm gefertigtes Sasaboard gönnt, liegt nicht nur optisch ganz vorn — denn Kevin passt auch Größe, Shape und Fahreigenschaften an dich an. Alles für die perfekte Line! Ab 600 Euro; sasaboards.de
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GUIDE Winterausrüstung
FÜR ABENTEURER
Begleiter auf dem Weg ins Unbekannte
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FÜR SCHWARZSEHER Mit der Birds Eye Vision Technologie erweitert das Modell 4D Mag das Sichtfeld deutlich. 280 Euro
Smith Altus Der neue Altus kombiniert eine ultraleichte Bauweise mit maximaler Sicherheit. In Größe M wiegt der Helm gerade einmal 450 Gramm, zylindrische Abschnitte sorgen für eine hervorragende Stoßdämpfung, und ein spezielles System wirkt gegen die winkligen Drehkräfte, die bei bestimmten Stürzen entstehen. 170 Euro; smithoptics.eu
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Gipfelstürmer mit Profil Specialized Turbo Levo
EXTRA-WUMMS Der Motor des E-Mountainbikes unterstützt den Fahrer bis 25 km/h, sein Drehmoment liegt bei 90 Nm.
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Fit für die Winterberge: Mit 565 Watt und mindestens 500-Wh-Akku ist das Turbo Levo ein extrem kraftvolles E-Mountainbike. Deine Leistung wird so mal eben ver vierfacht. Praktisch, wenn im Winter Matsch und Schnee an den Kräften zehren. Mit einer eigenen App kann man den Antrieb feintunen und etwa auf nasse und r utschige Bedingungen einstellen. Ab 5599 Euro; specialized.com
THE RED BULLETIN
GUIDE Winterausrüstung
POWER-DAUNEN
ALLES-KÖNNER
TROCKEN-TOURER
MOUNTAIN HARDWARE GHOST WHISPERER UL HOODY
SCOTT SUPERGUIDE FREETOUR SKI
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Dieser Tourenski vereint Widersprüche: Leicht und wendig ist er beim Aufstieg, stabil und dynamisch bei der Abfahrt. Dafür sorgen ein Paulownia-Buchen-Kern sowie Karbon-Aramid-Fasern, die dem Ski mehr Steifigkeit v erleihen, ohne Gewicht hinzuzufügen. Etwa 650 Euro; scott-sports.com
Wenn nicht alles täuscht, wird der Ski touren-Boom diesen Winter noch stärker. La Sportiva bietet dazu die ideale Hose mit IdroBreath-Membran. Das Material garantiert Komfort, gleichzeitig liegt seine Wassersäule bei 20.000 mm. Eine Hose für lange Tage und tiefen Powder! Etwa 229 Euro; lasportiva.com
Perfekt für Bergtouren, bei denen es auf jedes Gramm ankommt: Diese Winter jacke wiegt trotz Ausstattung mit Kapuze und zwei Reißverschlusstaschen nur 189 Gramm — und wärmt dank spezieller Daunen dennoch in jeder Lage. 425 Euro; mountainhardwear.eu
BINDUNG
Und es hat Klick gemacht K2 Clicker X HB
EASY EINSTIEG Dank sogenannter Metal Cleats steigen die Boarder ähnlich ein und wieder aus wie Radler in Klick-Pedale. THE RED BULLETIN
Während die anderen noch im Schnee sitzen, ist man mit dem neu entwickelten Step-in-Bindungssystem von K2 schon auf dem Weg nach unten. Clicker-Bindungen für Boards sind zwar nichts Neues, doch das hier sind die ersten, die mit einem Highback versehen wurden. Der Vorteil: vertrauter Halt und bessere Performance. Goodbye, kalter Hintern! Bindung/Schuhe je etwa 250 Euro; k2snow.com
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AUTOMATISCH BESSER ATK FRONT 12 Eine Weltpremiere: Wegen der neuen automatischen Frontstopper genügt nur ein Handgriff, um diese Bindung vom Aufstiegs- in den Abfahrtsmodus zu versetzen. Mit anderen Worten: Nach dem langen Weg nach oben kannst du umstandslos direkt in den Powder starten. 555 Euro; atkbindings.com THE RED BULLETIN
GUIDE Winterausrüstung
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Nächster Stopp: Wildnis. Mit diesem Geländewagen wird jede Fahrt zum Abenteuer – und das dank Hybrid- Antrieb so umweltverträglich wie nie. In der oben gezeigten Variante Trail hawk wird der 180 PS starke Verbrenner um einen 60-PS-Elektroantrieb e rgänzt. Ab etwa 37.500 Euro; jeep.de
BEYOND THE ORDINARY Erhältlich am Kiosk, im Abo, als E-Paper, auf theredbulletin.com oder als Beilage in einer Teilauflage von:
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IMPRESSUM
THE RED BULLETIN WELTWEIT
Aktuell erscheint The Red Bulletin in sechs Ländern. Auf dem Cover unserer britischen Ausgabe dieses Mal: Snowboard-Profi Katie Ormerod, 23, beim Trockentraining. Mehr Storys abseits des Alltäglichen gibt’s auf: redbulletin.com
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Gesamtleitung Alexander Müller-Macheck, Sara Varming (Stv.) Chefredaktion Andreas Rottenschlager, Andreas Wollinger (Stv.) Creative Direction Erik Turek, Kasimir Reimann (Stv.) Art Direction Marion Bernert-Thomann, Miles English, Tara Thompson Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Kevin Goll, Carita Najewitz Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör Digitalredaktion Christian Eberle-Abasolo (Ltg.), Elena Rodriguez Angelina, Benjamin Sullivan Special Projects Florian Obkircher, Arkadiusz Piatek Managing Editors Ulrich Corazza, Marion Lukas-Wildmann Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Melissa Stutz Managing Director Stefan Ebner Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger Projektmanagement Co-Publishing, B2B-Marketing & Communication Katrin Sigl (Ltg.), Mathias Blaha, Katrin Dollenz, Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B), Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner (Communication) Creative Services Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Management Co-Publishing Alexandra Ita Editorial Co-Publishing Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann, Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser Executive Creative Director Markus Kietreiber Projekt Management Elisabeth Kopanz Art Direction Co-Publishing Dominik Uhl (Ltg.), Stefanie Werth, Andreea Parvu Commercial Design Peter Knehtl (Ltg.), Simone Fischer, Martina Maier, Alexandra Schendl, Julia Schinzel, Florian Solly, Stephan Zenz Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Nicole Glaser (Vertrieb), Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar (Abo) Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung & Produktion Veronika Felder(Ltg.), Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailović, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher Finanzen Klaus Pleninger, Mariia Gerutska MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler Operations Melanie Grasserbauer, Alexander Peham, Yvonne Tremmel Projekt Management Gabriela-Teresa Humer Assistant to General Management Patricia Höreth Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber
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THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886 Länderredaktion Wolfgang Wieser Lektorat siehe entsprechenden Eintrag bei Deutschland Country Project Management Meike Koch Commercial & Brand Partnerships Manager Stefan Bruetsch Media Sales Marcel Bannwart (D-CH), marcel.bannwart@redbull.com Christian Bürgi (W-CH), christian.buergi@redbull.com Goldbach Publishing Marco Nicoli, marco.nicoli@goldbach.com
THE RED BULLETIN USA ISSN 2308-586X Länderredaktion Peter Flax (Ltg.), Nora O’Donnell Lektorat David Caplan Director of Publishing Cheryl Angelheart Country Project Management Laureen O’Brien Media Sales Todd Peters, todd.peters@redbull.com Dave Szych, dave.szych@redbull.com Tanya Foster, tanya.foster@redbull.com
THE RED BULLETIN
Perfekter Abgang
Auf einen Sprung nach Hamburg
Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 9. Februar 2021. 98
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Rutschpartien auf Dächern, Stunts mit Baggerschaufeln oder Sprünge auf fahrende Schiffe – in seinem neuen Video jagt der Frankfurter Freerunner Jason Paul, 29, durch Hamburg. Ziel: Er will sein versehentlich in der Tasche einer Passantin gelandetes Smartphone zurückhaben. Den Clip gibt’s auf: youtube.com/redbull
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