INNOVATOR by The Red Bulletin CD 2019 #2

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Start-up-Newcomer

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 02/2019

9 wegweisende Business-Ideen aus der Schweiz

02/19

How to Invest

So wirst du reich mit Start-ups – eine Anleitung in 17 Schritten

Der Raketenmann

Ein Brite hebt mit seinem Jet-Pack-Rucksack ab

AUSGABE SCHWEIZ CHF 7

LOVE, LIFE AND ROBOTS WIE UNS

INSPIRING PEOPLE AND IDEAS

MASCHINEN DAS FÜHLEN LEHREN

BETTER FUTURE EDITION

DIE SCHWEIZER ROBOTIKERIN KATE DARLING

« P L E O », DER SMARTESTE SPIELZEUGROBOTER DER W E LT


DIE BESTEN IDEEN HABE ICH OUT-OF-THE-BOX UND INSIDE-THE-CAR. EXKLUSIVE INHALTE FÃœR FRAUEN, DIE FAHRFREUDE LIEBEN: BMW.CH/WOMENWITHDRIVE


EDITORIAL CONTRIBUTORS

Pleo Beim Covershooting mit Robotics-­ Forscherin Kate Darling war der lebensechte Roboter ein Hauptdarsteller. Auch wenn Pleo die Session ohne seine Plastikhaut er­dulden musste – wegen der be­ eindruckenden Technik darunter. S EIT E 24

Oliver Jiszda

GIAN PAUL LOZZA (COVER)

Der Wiener fotografierte Grössen wie Cristiano Ronaldo oder Niki Lauda. Und doch be­eindruckte ihn das Shooting mit voest­alpine-­ CEO Wolfgang Eder: «Obwohl er 50.000 Leute unter sich hat, ­redet er stets auf Augenhöhe mit dir.» S EIT E 6 0

I N N O V AT O R

Rockets & Fuckups «Jede gute Erfindung beruht auf einer konse­quen­ten Missachtung konventioneller Annahmen», sagt Richard Browning. Dafür ist der Brite das beste Beispiel, oder genauer: sein selbst gebauter – mit Raketendüsen bestückter – Flug-Anzug. Denn damit realisierte Browning etwas, was bislang als unrealiserbar galt: den Menschheitstraum vom eigenständigen Fliegen. Brownings revolutionärer Grundgedanke: «Okay, Menschen sind zu schwer, um mit ihren Händen zu fliegen. Aber was, wenn man mit ein paar PS nachhilft?» «Senkrechtstarter» ab Seite 32. «Fuckup Nights» oder kurz «FUNs» – in denen ge­scheiterte Unternehmer ihre grössten Fehler vor Publikum zum Besten geben – erfreuen sich steigender Beliebtheit. Wir liessen den FUN‑Organisator Réginald Bien-Aimé in neun Schritten erklären, wie du dein Start-up garantiert an die Wand fährst (Seite 90). Nicht zum Nachmachen empfohlen – aber sehr wohl, um Lehren daraus zu ziehen. Viel Spass beim Lesen! Die Redaktion

INNOVATOR

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INHALT BULLEVARD 18 8 20 10 12 21 14 22 16 Frischzellenkur

Wie in der Formel 1

Dieses Start-up haucht dem 3D-Druck Leben ein. Echtes Leben.

Dieses E-Bike lädt sich mit KERS-Technik selbst.

Superfood

Pizzabote auf vier Rädern

Die modernste Algen­ fabrik der Welt steht in Österreich.

Lieferant der Zukunft: Cleveron, der selbst­ fahrende Roboter.

Flotter Test

Tippen ohne ­Tastatur

Mit dem Gadget löst du dein Allergie-Problem. In Sekundenschnelle.

Food-Robin-Hood Dieser Mann verwertet überschüssiges Essen mit einer genialen Idee.

Keyboard, ade! Hier kommt Tap Strap.

32 REPORTAGE

Senkrechtstarter Richard Browning träumte vom Fliegen – und ver­ baute eine Rakete in seinen Rucksack. Zu Besuch bei Englands «Rocket Man».

Cool Runnings Warum Kühlpads deine Performance beim Sport steigern können.

Strom aus dem All Die Pläne für ein Solarkraftwerk – im Weltall.

GUIDE 88

90 92 4

LABORBEFUND

Adlerauge Teflonband, Carbonrigg, Vogel – so funktioniert die perfekte Eagle Cam. FUCKUP NIGHTS

Heiter scheitern Lerne aus den Fehlern dieser Unternehmer.

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«Das gibt’s nicht»

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Das Laser-Labor

KO L U M N E

Innovations-Guru Andi Gall über die Möglichkeit des Unmöglichen T EC H - H I G H L I G H T

Mit Laserstrahlen nach neuen Antibiotika suchen.

S AV E T H E DAT E

Top-Events Diese Konferenzen solltest du nicht verpassen.

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I N N O V AT O R

FEATURES

GRAVITY INDUSTRIES

24 46 52 54 60 68 76 78 INNOVATOR

C OV ERS TO RY

Das Lächeln der Roboter Wie ausgerechnet Maschinen uns Gefühle neu erkennen lassen.

H OW TO M A K E M O N E Y

Crashkurs für Investoren Von null auf Erfolg in 17 Lektionen: So findest du die richtigen Start-ups für deine Geldanlage.

M EI N S TA R T- U P- M O M EN T

Wahnsinn als Chance Wie ein Ex-Sportler mit einer ­Diabetes-App Millionen machte: die unglaubliche mySugr-Story.

G A D G E T- G U I D E

Next-Level-Spass 3D-Sound-Generatoren, VR-Mikros und flotte Drohnen: Bei dieser Technik wird sogar die NASA neidisch.

P O R T R ÄT

Wie «wir» wirkt Der CEO des österreichischen ­Weltkonzerns voestalpine über ­Zusammenhalt als Erfolgsrezept.

SYS T EM -S TO RY

Lang lebe die Biene! Diese Start-ups könnten das Sterben der summenden Insekten beenden.

M EI N S TA R T- U P- M O M EN T

Die Mitmacher Wie alle vom sozialen E ­ ngagement des Zürchers profitieren.

S TA R T- U P-S EC T I O N

Schlaue Schweiz Hier kommen sieben verheissungsvolle Jungunternehmen.

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FLÜÜÜGEL FÜR IHREN SOMMER.

MIT FRUCHTIG-FRISCHEM GESCHMACK.

NEU

BELEBT GEIST UND KÖRPER.


I N N O V AT O R

BULLEVARD

JOHANNES LANG

IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

Das Wiener Start-up UpNano schrumpft die Welt auf Mikro-Format – und beschert ihr damit riesige Fortschritte.

Die Burg thront auf einer Bleistiftspitze. Sie ist so winzig, dass sie mit freiem Auge kaum erkennbar ist. Und trotzdem hat sie alles, was eine Burg braucht. Natürlich auch Türme. Zwei Türmchen, um genau zu sein. Einer erinnert an einen italienischen Glockenturm, der andere ­fasziniert mit hauchdünnen Säulen. Jeweils 16 ergeben ­eines von insgesamt zwei Stock­werken: «Die Säulen sind ­hundertmal dünner als ein menschliches Haar», sagt ­Denise Mandt. Die 27-Jährige ist Mit­ begründerin von UpNano. Das Wiener Start-up hat eine

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Maschine entwickelt, die es möglich macht, mikroskopisch kleine 3D-Drucke herzustellen. Diese 3D-Drucke über­ zeugen durch ihren Detailreichtum – wie die Zwei-­ Türmchen-Burg, die auf einer Grundfläche von 0,2 Quadratmillimetern ruht. Vor allem aber verfügen sie über eine einzigartige Eigenschaft: Sie enthalten lebende Zellen. «Vergrössert würde das aus­ sehen wie die Schokostückchen in einer Kugel Stracciatella-Eis», erklärt Mandt. Was es bringt, lebende ­Zellen in Photopolymere, also durch Licht aushärtbare Kunststoffe, zu packen? Diese Technik beflügelt die medizinische Forschung. «Damit lässt sich untersuchen, wie sich bestimmte Medikamente auf Zellen auswirken», sagt Mandt. Derzeit wird das in einer – zweidimensionalen – Petrischale getestet. «In ­einer dreidimensionalen Form reagieren die Zellen so wie im menschlichen Körper.» Und weil jedermanns Zellen ein­ gebracht werden können, ist diese Technik ein Riesenschritt in Richtung personali-

sierter Medizin. Ein gesunder Druck, sozusagen. Kein Wunder, dass UpNano mit dieser Entwicklung bei der #glaubandich-Challenge 2019 der Erste Bank zum «Start-up des Jahres» gekürt wurde. Der erste Drucker wurde bereits verkauft (um ca. CHF 570.000). Ziel ist, jedes Jahr 30 Stück auf den Markt zu bringen. Konkurrenz gibt es kaum. Vor allem deshalb, weil die UpNano-Lösung mit 70 bis 80 Kilogramm einem handelsüblichen Papierdrucker ähnelt. Die Burg wurde übrigens mit einem Exemplar der zweiten Generation gedruckt. Sechs Minuten hat das ge­ dauert. Ganz gut, aber es geht noch besser. Peter Gruber, UpNano-­Mitgründer und Head of Technology, hat weitergetüftelt: «Wir sind bereits deutlich schneller.» upnano.info

INNOVATOR

WOLFGANG WIESER

WIR DRUCKEN DICH GESUND

TU WIEN, UPNANO

MEDIZIN

JOHANNES LANG

Wer sich der Burg auf der Bleistiftspitze nähert, erkennt immer mehr ­Details. Die Säulen im rechten Turm sind hundertmal dünner als ein Haar.


I N N O V AT O R

«WIR BAUEN LEBENDE ZELLEN IN UNSERE 3D-DRUCKE EIN. DER FORSCHUNG WEGEN.» Denise Mandt, 27, ist Mitbegründerin des ausgezeichneten Wiener Start-ups UpNano.

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

ERNÄHRUNG

DIE ALGENANGLER

Die modernste Algenfabrik der Welt steht in Österreich: Hier produziert man Superfood – auf höchst nachhaltige Art und Weise.

In einem 10.000 Qua­drat­ meter grossen Glashaus erheben sich 43.000 durch­ sichtige Röhren, jede davon sechs Meter hoch und voller Leben. Im Inneren ­dieser Röh­ ren blubbert es, das Wasser strahlt grün. Die Szenerie wirkt wie aus einem Science-­ Fiction-Blockbuster von ­Ridley Scott. Aber das hier ist keine Fiction, sondern ­Science. Und wir sind nicht in Hollywood, sondern im nieder­ österreichischen Bruck an der Leitha. Hier produziert die Firma ecoduna jährlich bis zu 100 Tonnen Mikroalgen, Best­ seller sind die Arten Chlorella (wirkt auf uns entgiftend) und Spirulina (ist reich an ­Vitamin K und Vitamin A) in Kapselform – kurz: nähr­ stoffreiches Detox-Superfood. 10

Das Besondere daran: e­ coduna betreibt die weltweit modernste Algenproduktion. Statt auf offene Teichsysteme setzt man hier seit 2018 auf einen geschlossenen Produk­ tionskreislauf, der Verunreini­ gungen ebenso ausschliesst wie Wasserverlust durch ­Verdunstung. Im Fachjargon ­heissen diese sonnenlicht­ durchlässigen Glasröhren Photo-Bio-Reaktoren. Drinnen: ein Mix aus Stickstoff, CO² und Algennährstoffen. Der ­Effekt: Die Algen wachsen dort zehnmal schneller als Landpflanzen, ohne landwirt­ schaftliche Nutzflächen zu verbrauchen. Im Herbst 2019 will man in Bruck an der Leitha nun eine neue Mikroalge auf den Markt bringen: Aus heimischen ­Teichen wurde ein Stamm ­ein­zelliger Grünalgen isoliert, der ­einen besonders hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aufweist. Diese benötigt der menschliche Körper für die Entwicklung des Gehirns, sie sind Bestandteil der Netzhaut und unterstützen das Herz-­ Kreislauf-System. Omega-3 wird aktuell vor allem aus ­Fischen bezogen, obwohl diese es nicht selbst bilden, sondern über die Nahrungskette durch Algen aufnehmen. Die neue Alge ist deshalb nicht nur eine vegane Alternative, sondern auch eine direkt logische. ecoduna.com

Mikroalgen-Tabletten entgiften, liefern Vitamine und Protein.

MIKROALGEN WACHSEN ZEHNMAL SCHNELLER ALS LANDPFLANZEN.

INNOVATOR


WALTRAUD HABLE

JOHANNES LANG

I N N O V AT O R

ECODUNA

In diesen sechs Meter hohen Glasröhren pro­ duziert ecoduna in Bruck an der Leitha nährstoff­ reiche Algen.

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

Der Allergy Explorer des Wiener BiotechStart-ups Macro Array Diagnostics testet bis zu 300 Allergene gleichzeitig ab.

GESUNDHEIT

ALLERGIEN? MADMAX HILFT!

Der Madmax-Automat soll bis zu 150 Blutproben pro Tag auslesen.

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gebildet wird. In diesem Fall kann eine Hündin pro­blemlos gehalten werden. ALEX ist österreichweit in Allergie-Ambulatorien im Einsatz. Preis: rund 150 Euro. Derzeit tüftelt man an einem vollautomatisierten Gerät für die Blutproben: Madmax (Macro Array Diagnostics Multi Array Xplorer) soll 2020 an Labore geliefert werden und 150 Samples pro Tag auslesen. Eine kleine Revolution. Weiteres Plus: Über igevia. com ist nun auch ein HomeKit verfügbar, mit dem sich der Patient selbst Blut aus der Fingerkuppe entnimmt und dieses dann zur Auswertung an ein Labor schickt. macroarraydx.com

WALTRAUD HABLE

Oft sind zusätzlich Atem- bzw. Blutchecks nötig. Genau deshalb gilt der «ALEX – Allergy Explorer» des 2016 gegründeten Wiener Biotech-Start-ups Macro Array Diagnostics als revolutionär: Für das molekulare Diagnoseverfahren – das die bei Aller­gien auftretenden Antikörper misst – braucht es nur einen Tropfen Blut, um bis zu 300 Allergene zu testen. «Wir können die Ergebnisse genau auftrennen», erklärt CEO Christian Harwanegg. «Es kann zum Beispiel sein, dass man erhitztes Eiweiss verträgt, Eischnee aber nicht.» Auch bei der Tierhaarallergie ist genaues Hinschauen sinnvoll: M ­ itunter ist man nur auf männliche Hunde allergisch bzw. auf das Allergen Can f 5, das in der Prostata von Rüden

CHRISTIAN H A R WA N E G G C E O VO N M AC R O A R R AY D I AG N O S T I C S

Der Molekularbiologe ist selbst Allergiker und will die neue Diagnostik zu einem für jeden leist­ baren Preis verfügbar machen.

INNOVATOR

MADX, BRANDENSTEIN COMMUNICATIONS/MARTIN STEIGER

Die Haut juckt, die Nase läuft, die Schleimhäute schwellen an – reagiert man allergisch, merkt man das in der Regel sofort. Die Suche nach dem Auslöser für die ­Immunreaktion hingegen kann dauern: Denn Hauttests, bei denen unterschiedlichste Al­lergenextrakte aufgetragen werden, decken nur einen Bruchteil des Spektrums ab.

JOHANNES LANG

Ein Tropfen Blut klärt, wo’s hakt: Bist du auf Eiweiss oder Eigelb allergisch? Auf alle Hunde oder nur auf Rüden?


SWATCH.COM/BIGBOLD


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B U L L E VA R D

Kämpft mit Blockchain und Networking gegen Lebensmittelverschwendung: Dalibor Matijević

FOOD

ROBIN HOOD DES ESSENS

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zen hinaus gedachte Netzwerk unter der Marke «Robin Food» auch in Österreich und Deutschland Fuss fassen. Die Idee und der an­ steckende Enthusiasmus des Slowenen haben 2018 auch die Jury des European Youth Award überzeugt: Das Projekt räumte den Hauptpreis ab. Matijevićs Vorfahren stammen aus e­ inem kleinen Dorf in der Nähe von Banja Luka, Teile der Familie leben noch immer dort. Seine Herkunft ist Teil seiner Motivation: «Wenn du häufig in e­ inem Land bist, in dem viel Armut herrscht, ist es nur n ­ atürlich, dass du etwas verändern willst.» foodplusx.com

INNOVATOR

GÜNTHER KRALICEK

Matijevićs Mission war damit noch lange nicht zu Ende: 2016 ruft er das Sozialprojekt «Robin Food» ins Leben. Damit möchte er vor dem Wegwerfen gerettete Lebensmittel unter genau jene Leute bringen, die sie am nötigsten brauchen. Gelingen soll dies unter anderem auch mittels lokaler «Robin Food»-Läden, in denen Nahrungsmittel zu günstigen Preisen angeboten werden. Eine Herkulesaufgabe. Und doch stellen sich bald ­erste E ­ rfolge ein. In Ljubljana und Maribor wurden derartige Shops eröffnet. Eine eigene App fürs Smartphone, über die Bedürftige Zugang zu günstigen Produkten finden, ist kurz vor der Fertigstellung. Demnächst soll das über alle Gren-

CEED SLOVENIA

Dalibor Matijević ist ein umtriebiger junger Mann. Der Dreissigjährige hat ein Diplom als Maschinentechniker, spielte Basketball in der Profiliga und gründete bereits mehrere Start-ups. Sein bisher grösstes Ding liess er vor vier Jahren vom Stapel: «Food+x», eine Unternehmensplattform mit dem Ziel, überschüssige Lebens­ mittel entlang der Waren­kette aufzuspüren und ­potenzielle Verkäufer und Käufer zusammenzuführen. Eine Art B2B-­ Onlinebörse, dank Blockchain-Technologie transparent und sicher. Man kann sagen: Die Saat geht auf. «Food+x» kooperiert heute mit über 120 Unternehmen und ver­ mittelt zwischen Herstellern, Händlern, Hotel- und Restaurantketten in ganz Europa.

JOHANNES LANG

Dalibor Matijević will überschüssige Nahrungsmittel sinnvoll verwerten. Mit Blockchain, lokalen Shops, einer App und viel Enthusiasmus.


Renault ZOE

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Erleben Sie das meistgekaufte Elektroauto der Schweiz bei einer kostenlosen 24-Stunden-Probefahrt. Jetzt anmelden unter zoe-24stunden.ch ZOE Limited R110 Z.E. 40, 0 g CO2/km (in Betrieb ohne Energieproduktion), CO2-Emissionen aus der Stromproduktion 24 g/km, Energieverbrauch 17,2 kWh/100 km (Benzinäquivalent 1,9 l/100 km), Energieeffizienz-Kategorie A. Durchschnitt aller erstmals immatrikulierten Personenwagen 137 g CO2/km. Renault ZOE ist mit 908 Immatrikulationen das meistgekaufte Elektroauto in 2018 (CH und FL), Quelle ASTRA/MOFIS/auto-schweiz.

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B U L L E VA R D

DIE ERSTE SOLAR-­ TANKSTELLE IM ALL SOLL SCHON 2030 IN BETRIEB GEHEN.

ENERGIE

ALL- STROM FÜR ALLE

Chinesische Ingenieure wollen das erste Solarkraftwerk im Weltall bauen. Spoiler: Es wird deshalb kein Strom­ kabel vom Himmel baumeln.

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Solarstrom aus dem All gelangt per Mikro­ wellen oder Laserstrahlen auf die Erde.

INNOVATOR

GETTY IMAGES, IMAGE AND CONCEPT COURTESY JOHN C. MANKINS UNION WAGNER JOHANNES LANG

«Es gibt keine fundamen­ talen technischen Hinder­ nisse, die gegen die Errichtung von Solarkraftwerken im Welt­ all sprechen», befindet die ­International Academy of Astro­nautics in einer Studie. Die chinesische Regierung überlas optimistisch das Wort «fundamental». Und machte sich an die Arbeit. In Chongqing entsteht der­ zeit ein Prototyp mit quadrat­ kilometergrossen Kollektoren, der von 2021 bis 2025 in der Stratosphäre getestet werden soll. Ab 2030 könnte die extra­ terrestrische Photovoltaik­ anlage in 36.000 Meter Höhe in Betrieb gehen – und dort so viel Strom produzieren wie ein Kernkraftwerk. Denn die üblichen Nachteile von Solar­ energie – tages- und jahres­ zeitliche Produktionsschwan­


I N N O V AT O R

kungen und die störende Absorption des Sonnenlichts durch die Atmosphäre – sind im All kein Thema. Aber wie kommt der Strom auf die Erde? In Form von Mikro­wellen oder als Laser­ strahl und auf der Erde über ein Empfangsgerät rück­ gewandelt – die sogenannte Metamaterialantenne. «Solar­ strom aus dem Orbit ist eine INNOVATOR

unerschöpfliche Quelle saube­ rer Energie für die Menschheit, die all ­unsere Versorgungs­ probleme lösen kann», glaubt Pang Zhihao von der China Academy of Space Technology. Wissenschaftler wie er träumen schon vom nächsten Schritt: von Solarkraftwerken auf dem Planeten Merkur, ganz nahe an der Sonne und damit noch effi­zienter. Die Technolo­

gien dafür gäbe es schon: Mit 3D-Druckern könnten Roboter vor Ort aus Merkur-Rohstoffen Photovoltaikanlagen bauen. Im 3D-Drucker wird auch das erste All-Solarkraftwerk entstehen – anders wären ­Logistik und Transportkosten nicht zu stemmen. Denn es wird rund 1000 Tonnen wiegen, gut doppelt so viel wie die Raumstation ISS.

Solarpanels auf der Raumstation ISS, mit 450 Tonnen ein Leichtgewicht gegen das geplante ­Sonnenkraftwerk

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B U L L E VA R D

«E-BIKES MACHEN NICHT FAULER. SIE NEHMEN NUR DAS SCHWITZEN WEG.» Mobilität der Zukunft: Zug, Auto, U-Bahn – und zwischendurch immer wieder aufs faltbare Elektrovelo umsteigen

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INNOVATOR


I N N O V AT O R

M O B I L I TÄT

DAS IST DIE NEUE FORMEL E

VA L E R I E W O L F F U N D VA L E N T I N VO D E V GRÜNDER VELLO BIKE

Privat und ge­ schäftlich ein Team: Vodev ist verantwortlich für Technik und Design der Ve­ los, Wolff für die Unternehmens­ entwicklung.

VELLO/LEONARDO RAMIREZ CASTILLO

GÜNTHER KRALICEK

JOHANNES LANG

Ein E-Faltvelo mit ungewöhnlichem Energie­ management: Dank Formel-1-Technologie lädt sich der Akku während der Fahrt von selbst wieder auf.

INNOVATOR

Stell dir vor, es ist Rush­ hour und dir ist das so was von egal. Innerhalb von neun Sekunden machst du dein E-Faltvelo startklar, und ab geht die Post. Das Akku-­ Display zeigt 50 Prozent. Du fliegst vorbei an hupenden Blechkolonnen und hast dein Ziel in zwölf Minuten erreicht. Neuer Akku-Stand: 53 Prozent. Klingt unmöglich, ist aber ­Tatsache beim neuen VELLO Bike+. Während der Fahrt lädt sich der Akku nämlich von selbst wieder auf. KERS (Kine­ tic Energy Recovery System) heisst die Technologie, die ­Formel-1-Fans von den Boliden der Königsklasse kennen. Aufs Velo übertragen bedeutet das: Energierückgewinnung beim Bremsen und Bergabfahren ­sowie bei Rückenwind. Damit wirbelt VELLO Bike in der Szene aktuell gehörig Staub auf. Die Idee dahinter hat ihren Ursprung im Jahr 2009. Für eine Velotour durch Kuba baute Gründer Valentin Vodev für seine Partnerin Valerie Wolff und sich Falt­ velos, um damit notfalls rasch in Zug, Bus oder einen der bunten Retro-Cadillacs um­ steigen zu können. Inspiriert von der R ­ eise, tüftelt der gebürtige Bulgare weiter an seinen Prototypen. Vier Jahre

später gehen die ersten Falt­ velos in Serien­produktion. Doch Vodev denkt noch einen Schritt weiter, an ein Faltvelo mit E-Antrieb. Zwei Parameter stecken sein Ziel ab: Effizienz und Leichtigkeit. Der gelernte Produktdesigner (Angewandte, Wien; Royal College of Art, London) hört vom KERS-System aus der For­ mel 1, das ihm wie geschaffen für seine Zwecke scheint. Ein sich selbst speisender Akku, der als Zwischenspeicher funktioniert – so lassen sich Platz und Gewicht sparen. Vier Sensoren messen während

der Fahrt Neigung, Rücktritt, Beschleunigung und Drehmo­ ment. So kann der Motorschub optimal dosiert werden: beein­ druckend effizient. Nach drei Jahren Entwicklungsarbeit ist das Baby serienreif. Es wiegt schlanke 12,9 Kilo und ist ab CHF 2950 zu haben. Vodev hat nicht das Velo neu erfunden, sondern auf bestehende technische Lösun­ gen zurückgegriffen und diese ­clever zusammenfügt. «Manch­ mal wundere ich mich selbst, warum das noch kein anderer so umgesetzt hat.» vello.bike

Mit den Massen eines Reisetrolleys passt das VELLO Bike+ auch in den Kofferraum eines Smart.

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B U L L E VA R D

Sonntags nie wieder Hosen anziehen? Ist durchaus legitim, weil künftig ein Lieferroboter die Pizza bringt. Die Greifarme legen die Lieferung direkt in den Haus-Paketautomat.

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Interessiert an neuen Mobilitätskonzepten? Am 28. und 29. September finden in Spielberg wieder die Krone E-Mobility Play Days statt. Das ganze Programm und alle Infos findest du unter: projekt-spielberg.com

INNOVATOR

UNION WAGNER

MIT KÄSE, ABER OHNE SMALLTALK

­Tages- und Nachtzeit.» Voraussetzung dafür ist eine eigene Cleveron-Gepäckstation vor dem Haus, der s­ ogenannte CleverPod. (Nur per App zu öffnen, Miete: CHF 17 pro Monat.) Sobald Lotte am Ziel­ ort angekommen ist, schiebt sie die Lieferung per Greifarm in den CleverPod, in dem Speisen zwei Stunden lang warm bleiben. Ist die Lieferung ­sicher verstaut, gibt die App Bescheid – fertig. 2020 soll Lotte in Estland in Probebetrieb gehen. Doch warum eigentlich Lotte? Weil Cleveron jeden Prototyp nach estnischen Kinderbuchklassikern benennt. Und das Buch «Lotte im Dorf der Erfinder» als Zeichentrickfilm weltweiten E ­ rfolg hatte. Ein Omen? cleveron.com

CLEVERON

M O B I L I TÄT

Lotte ist die Pizza-Botin unserer Träume: pünktlich, schweigsam, an Trinkgeld desinteressiert – und um drei Uhr morgens genauso flink wie mittags um zwölf. Denn Lotte ist ein voll autonomer Lieferroboter. 100 Kilogramm leicht, vierrädrig, elektrisch motorisiert. Und der neueste Wurf des estnischen Logistik-­ Start-ups Cleveron. «Lotte spart den Unternehmen Geld», sagt Cleveron-­CEO Arno Kütt, «und den Kunden Stress. Sie kann ja nicht nur Pizza zustellen, sondern Pakete jeder Art. Und das zu jeder

JOHANNES LANG

Ab nächstem Jahr auf Estlands Strassen unterwegs: der selbstfahrende Lieferroboter «Lotte»


I N N O V AT O R

FÜNFFINGERSYSTEM

TIPPEN OHNE TASTATUR

JOHANNES LANG

Der Anfang vom Ende von ASDF JKLÖ: Mit dem Tap Strap geht das Schreiben wirklich leicht von der Hand.

Es soll ja Menschen geben, die technologischen Neuerungen eher reserviert begegnen. Und in diesem Fall kann man niemandem seine skeptischen Blicke übel­ nehmen: Denn Tap Strap, das futuristische Eingabegerät für die Hand, sieht auf den ersten Blick wie ein Schlagring aus. Dabei ist die Intention der US-Erfindung eine erheblich friedliebendere: Tap Strap soll Kommunikation vereinfachen, ortsunabhängig machen und irgendwann Tastatur und Maus ersetzen. Wer das 199-Dollar-Gadget anlegt, trägt an jedem Finger einen Ring mit einem Sensor, der via Bluetooth mit PCs, Smartphones und Smart­ watches sowie allen gängigen Betriebssystemen kommuniziert. Getippt wird mit den Fingern, und zwar auf jeder verfügbaren Oberfläche: Einmal mit dem Daumen tippen bedeutet «A», einmal mit dem Zeigefinger «E», Daumen und Zeigefinger gemeinsam «N». Alle fünf Finger auf der Oberfläche sind ein Leerzeichen. Klingt kompliziert? Laut dem

Mit dem Tap Strap kann man auf jeder Oberfläche tippen. Das Gadget­ aus Pasadena, Kalifornien, kostet 199 US‑Dollar.

Hersteller beherrscht man das Alphabet mit der TagGeniusApp in zwei Stunden. Wozu die Kombi aus Tap Strap, Mensch und Training in der Lage ist, zeigt ein You­Tube-­ Video mit flotten 62 Wörtern pro Minute. Das reicht zwar nicht ganz für den Zehn­finger-­ Schreib­maschinen­rekord (der liegt jenseits der 100), aber egal: Sein wahres Potenzial entfaltet der Tap Strap überall, wo die klassische Tastatur nur bedingt sinnvoll ist – etwa beim Tippen auf Smartphones und Smart­watches oder in VR‑Anwendungen, deren virtu­elle Keyboards ja ohnehin verboten gehören. tapwithus.com

UNION WAGNER

G R Ü N D E R VO N TA P W I T H U S : SABRINA KEMENY UND D OV I D S C H I C K

TAPWITHUS.COM

Das Etui ist Transport- und Ladecase in einem. Der integrierte Akku bietet Saft für acht Ladevorgänge.

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B U L L E VA R D

Muskelkühlung ist vor, während und nach dem Training sinnvoll.

SPORT

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Oberkörper geben. Tests mit Spitzensportlern brachten vielversprechende Ergebnisse. Österreichs Tennisprofi Jürgen Melzer kühlte sich mit den Pads zwischen den Spielsätzen ab: «Sie halfen, meine Leistung abzurufen.» Je nach ­Bedarf kann man emcools vor der Belastung («Pre-Cooling»), danach («Post-Cooling») sowie währenddessen («Per-Cooling») tragen. emcools.com JOHANNES LANG

Das mit der Körpertemperatur ist eine gefinkelte Sache – und für den Organismus Schwerstarbeit: Zwischen 36,3 und 37,4 Grad C ­ elsius laufen alle Organe im Normalbetrieb. Ab 42 Grad droht ein Kreislaufkollaps, ab 44 Grad der Tod. Warum dieser medizinische Schnellexkurs? Weil er verstehen hilft, dass bei sportlicher Aktivität – wenn die Körpertemperatur ansteigt – das Herz-Kreislauf-System vor allem mit der Wärme­ regulation beschäftigt ist. Und das kostet Energie. Systemische Kühlung bietet Entlastung. Sie hilft, die Ausdauer- oder Kraftleistung län-

ger aufrechtzuerhalten. Und sorgt nach dem Training für eine schnellere Regeneration, weil sie etwa Muskel­kater ­entgegenwirkt. emcools, ein Start-up aus Traiskirchen in Niederösterreich, hat nun Kühlpads mit patentierter HypoCarbon-­ Technologie auf den Markt ­gebracht. Ursprünglich für die Intensiv­medizin entwickelt, werden sie dort seit zehn ­Jahren für bessere Über­ lebenschancen nach einem Herz­stillstand eingesetzt. Das Besondere: Die Pads weisen nur eine sehr geringe Kondenswasserbildung auf und sorgen so für eine konstante Kühltemperatur von ­sieben bis neun Grad – ein ­Bereich, in dem die Haut ­keine Erfrierungen erleidet, die Kühlung aber trotzdem in t­ iefere Ge­webeschichten vordringen kann. emcools bietet Wear­ ables für Unter-, Oberschenkel und Kopf, im nächsten Schritt soll es sie auch für Arme und

WALTRAUD HABLE

Ein Start-up aus Österreich steigert mit Kühlpads aus der Notfallmedizin die Leistung von (Top-)Sportlern.

Anschnallen und los: emcools-Wearables sind derzeit für Ober- und Unterschenkel sowie den Kopf erhältlich.

INNOVATOR

EMCOOLS

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ROBO-SCIENTIST «Durch Maschinen lernen wir Über­ raschendes – über uns selbst», sagt Kate Darling vom ­renommierten Mas­ sachusetts Institute of Technology (MIT).

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INNOVATOR


MISTRESS OF MACHINES TEXT Arek Piatek

FOTOS Gian Paul Lozza

STYLING Robyn V. Fernandes

DIE SCHWEIZERIN KATE DARLING ERFORSCHT DIE INTERAKTION ZWISCHEN MENSCH UND MASCHINE  –  AUF DER EMOTIONALEN EBENE. IHRE ERKENNTNIS: ROBOTER KÖNNEN IN UNS ECHTE GEFÜHLE WECKEN. UND UNS DAMIT ZU BESSEREN MENSCHEN MACHEN. INNOVATOR

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Frau Darling, ein typischer Wissen­ schaftler sind Sie ja nicht gerade. kate darling: Wieso? Sie sind am Arm tätowiert, Sie forschten einst in der Pornobranche – und ­aktuell lassen Sie Probanden mit einem ­Hammer die Köpfe von Spielzeug­ robotern einschlagen. Haha! Letztgenanntes aber zum Zwecke der Forschung, ja. Was für einen wissenschaftlichen Mehrwert hat das Zerkloppen von Robotern? Ich untersuche so die emotionale Ebene zwischen Mensch und Maschine. Anhand derartiger Studien sehen wir etwa, inwiefern Menschen in der Lage sind, Gefühle für Tier-Roboter zu entwickeln. Beispiel: Wenn jemand kein Problem damit hat, ein Plastikauto zu zerstören, aber bei ­einem Roboter plötzlich zögert, ist das ein Indiz für Mitgefühl dem Roboter gegen­ über. Ein Indiz für Mitgefühl an sich – weil er ihn als etwas Lebendiges sieht. Ich untersuche, wie weit diese Gefühle gehen. Und welche Konsequenzen eine emotionale Beziehung zwischen Mensch und Maschine in der Welt haben könnte.

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ROBO-ETHIKERIN «Ich bin gelernte ­Juristin, war aber ­immer schon von ­Robotern fasziniert. Ich erforsche, wie Technologie unsere Ethik positiv be­ einflussen kann.»

Wie kann man sich Letzteres konkret vorstellen? Das ist bereits konkret. Und sogar Realität. Nehmen wir zum Beispiel den Roboter Paro: ein interaktives Robbenbaby, das auf Demenzstationen in Spitälern bereits eingesetzt wird. Die Ergebnisse sind auch hier unglaublich: Patienten, die jahrelang mit niemandem gesprochen haben, sagen plötzlich: «Ja, wer bist denn du?», wenn man ihnen Paro in die Hand drückt. Sie beginnen, ihn zu streicheln und mit ihm zu reden – und der Roboter reagiert mit Bewegungen und Geräuschen. Es ist, als würde er die Menschen ins Leben zurückholen – als emotionaler Türöffner. Und man sieht hier wieder das Potenzial von Robotics: Paro und seine Kollegen könnten in Zukunft etwa die Tiertherapie er­ setzen, die in Spitälern ja unmöglich ist. Und was bringt uns Ihr Dinosaurier­ baby Pleo? Forscher machen zurzeit einige Studien am Laufen, etwa mit Pleo und autistischen Kindern. Die ersten Erkenntnisse sind schon atemberaubend, denn wir merken: autistische Kinder öffnen sich dem Roboter signifikant mehr als Menschen. Das ist eine kleine Sensation. Aber es geht noch weiter: Die Studien ergaben, dass sich ­autistische Kinder den Menschen viel mehr öffnen, wenn ein Roboter im Raum ist: Sie haben plötzlich mehr Augen­ kontakt zu den Personen und geben ­bereitwilliger Antworten  …

«WENN SICH EIN ROBOTER EIGENSTÄNDIG BEWEGT UND AUF UNS REAGIERT, BEGINNEN WIR, IHN ALS ETWAS LEBENDIGES ZU BETRACHTEN.»

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Hat man eine Erklärung dafür? Noch nicht. Wir vermuten aber, dass ­Roboter in den Augen der Kinder un­ beschwerter sind als Menschen. Kinder könnten das spüren … Wichtiger scheint aber: Roboter könnten in Zukunft die horrenden Therapiekosten für Autisten drastisch senken. Aber wie geht das überhaupt, dass leblose Roboter in uns Gefühle auslösen? Unser Hirn lässt sich leicht austricksen. Denn wir haben bestimmte biologische Trigger. Babys etwa reagieren auf Men­ schen, die sie anlachen – und sie lächeln zurück, sie freuen sich. Doch zeigen Sie dem Baby eine Zeichnung von einem ­lachenden Gesicht, reagiert es genauso.

HAIR AND MAKEUP: ERICA GOMES/ENNIS INC

KATE DARLING, 37 — ROBOTICS RESEARCH SPECIALIST  Kate Darling ist eine der weltweit führenden Experten in der Wissenschaft der Roboter-Ethik. Ihre bemerkenswerte Kar­ riere in Meilensteinen: — ETH  Darling wächst in Basel auf, wo sie Jus studiert. Es folgt ein Doktorat an der ETH Zürich. In dieser Zeit publiziert Darling Studien über geistiges Eigentum – in der Pornobranche. — MIT  Weil sie sich auf Twitter als Roboter-Fan ­outet, wird im Jahr 2011 das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston (Mass., USA) auf sie aufmerk-

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sam. Seither forscht Darling dort an der Interaktion zwischen Menschen und Robotern –und sich daraus er­ gebenden Rechtsfragen. — AWARD  2017 wird Darling vom juristischen Berufsverband, der American Bar Association, mit dem Mark T. Banner Award ausgezeichnet – für beruf­liche Exzellenz und Respekt vor dem Recht. — PRESSE  Ihre ­Arbeiten wurden schon in «The New Yorker», «The Guardian», auf BBC, im «Forbes», der «Zeit» und «The Japan Times» pu­ bliziert. Sie tritt in Fernseh­ shows und TED-Talks auf.

Na gut, das sind ja noch Babys. Das gilt auch für Sie. Menschen haben die Tendenz, die eigenen Gefühle und Eigen­ schaften auf alles zu projizieren: andere Menschen, Tiere, Objekte und so weiter. Haben Sie schon mal einen Hund lächeln gesehen? Wahrscheinlich haben Sie sich gedacht, er freut sich. In Wirklichkeit ­wissen Sie nicht, was er fühlt. Als soziale Kreaturen versuchen wir ständig, unsere Umgebung zu interpretieren. Vor allem, wenn sich etwas bewegt. Pleo löst aber bei Menschen nicht nur Emotionen aus, man hält ihn für ­lebendig. Wie ist das möglich? Es gibt verschiedene Schlüsselreize, da­ mit man ein O ­ bjekt nicht mehr als Objekt sieht, es «humanisiert», wie wir sagen: Der Roboter kann ein Gesicht haben, sich autonom b ­ ewegen oder auf irgendeine Weise auf uns reagieren. So wie eben Pleo. Dann löste er bei Ihnen beim ersten Mal auch Gefühle aus? Na klar! Ich erinnere mich noch genau, als ich ihn das erste Mal in der Hand hielt. Ich liess ihn spasshalber kopfüber in der

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«MENSCHEN DIE JAHRELANG KEIN WORT SPRACHEN, SAGEN PLÖTZLICH: ‹JA, WER BIST DENN DU?›, WENN MAN IHNEN PARO IN DIE HAND DRÜCKT.» sondern ein Empathie-Workshop. Wir liessen zunächst eine Gruppe mit den Pleos spielen, sich mit ihnen anfreunden. Der Pleo bewegt sich ja recht eigenständig im Raum, zugleich ist er aber sehr zu­ traulich. Sodass man ihn gleich knuddeln will. Und beschützen. Die Gruppe liebte ihre Robos sofort und hatte anfangs ­grossen Spass

Luft baumeln. Pleo mag das aber nicht, so ist er nun mal programmiert. Er begann zu jammern und den Kopf hin und her zu bewegen, als hätte er Schmerzen. Ich war erschrocken, wie sehr mich das berührte. Er tat mir richtig leid. Und bis heute lässt mich diese Reaktion nicht kalt. Darf ich eine provokante Frage stellen? Ja.

Und dann? Wir gaben den Probanden die Werkzeuge und verlangten von ihnen, alle Pleos zu zerschlagen.

Das ist doch alles Selbstbetrug. Selbst demente Menschen wissen, dass der Paro in ihren Armen ein nicht lebendes Ding ist. Und Selbstbetrug ist schlecht. Schauen Sie gerne Filme? Ja. Dann sympathisieren Sie mit den Hauptdarstellern und leiden mit ihnen mit. Sie sehen: Sie betrügen sich genauso. Aber Sie machen sich damit eine Freude, tun sich etwas Gutes! Was soll daran schlecht sein? Und apropos Film: Tom Hanks hat in «Cast Away» einen Volleyball zu seinem Freund gemacht, ihm den Namen Wilson gegeben und mit ihm gesprochen. Warum? Weil er sonst an der Einsamkeit zugrunde gegangen wäre. Hier war der Selbstbetrug sogar überlebenswichtig. Wissenschaftlich gesehen übrigens ein ­rationales und menschliches Verhalten. Menschliches Verhalten untersuchten Sie im eingangs erwähnten «HammerExperiment» mit Probanden und Pleos. Das war keine wissenschaftliche Studie,

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VORDENKERIN «Künftig sollten wir Roboter rechtlich schützen. Um uns selbst zu schützen. Denn wer Gewalt an ihnen ausübt, könnte auch für uns zur Gefahr werden.»

Was passierte? Sie konnten es nicht. Keiner. Keiner brachte es übers Herz. Erst als wir ihnen sagten, dass wir alle Pleos zerstören würden, falls nicht sie zumindest einen selbst kaputtmachten, taten sie es. Sie opferten ihn – um wenigstens die anderen zu retten. Was für eine Erkenntnis kam dabei heraus? Der Workshop hat meine spätere Studien am MIT inspiriert. Wir können über ­Roboter einen Zugang zur menschlichen Gefühlswelt finden, sie sind ein Spiegel unseres Ichs. Durch sie können wir unser Verhalten, unsere Art besser verstehen. Das ist neu. Und es eröffnet viele Möglichkeiten: Wie Sie sich denken können, ­zögerten empathische Menschen länger mit dem Zuschlagen als weniger empa­ thische … Wir können jetzt also mensch­

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… oder Aggression. Oder Aggression. Aber was bringt uns das überhaupt? Stellen Sie sich einen aggressiven Menschen vor, der eine Gefahr für andere darstellt. Wenn der Mensch nun seine Aggressivität an einem lebendig reagierenden Roboter auslässt, indem er ihn vermöbelt, und dadurch Dampf ablässt, könnte das für uns sehr wertvoll sein. Wir könnten so die Gesellschaft schützen, sie friedlicher und besser machen. Allerdings könnte, ganz im G ­ egenteil, Gewalt gegenüber ­Robotern die Gewalt normalisieren und diese Menschen noch aggressiver machen. Wir wissen nicht, in welche Richtung das geht. Deswegen ist in diesem Bereich die Forschung heute so immens wichtig. Vor dem MIT haben Sie in der Schweiz Recht studiert. Sie sagen: „Roboter sollten in Zukunft Rechte bekommen.“ Das ist verrückt. Das war provokant gesagt, es soll aber ­anregen. Denn: Was, wenn jemand einen lebensechten Roboter misshandelt – und selbst dabei abstumpft? Und zur Gefahr für Menschen wird? In dem Fall bräuchte der Roboter in Zukunft Rechte. Das Recht, nicht misshandelt zu werden. Man sollte ihn juristisch gegen Gewalt schützen. Jetzt verstehe ich: Mit den Rechten, die Sie einem Roboter geben würden, schützen wir letzten Endes uns, die Menschen selbst? Es geht also um uns? Genau. Die Roboter-Ethik wird ein grosses Thema werden. Aber es immer um den Menschen gehen. Auch in Zukunft.

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Sie therapieren dich, heben deine L aune und redu­ zieren das Gefühl von Einsamkeit – diese drei sozialen ­R obots sind bereits im Einsatz .

PARO In der interaktiven ­Kuschelrobbe stecken Licht-, Berührungs- sowie Geräuschsensoren. Zudem machen ihre Bewegungen und ein Fiepen unterschiedlicher Intensität sie besonders lebensecht. Kommt bei Demenz-Kranken erstaunlich gut an.

I-QUE Per App mit dem Internet verbunden, kann I-Que Kindern Spassfragen ­stellen, Mathe-Aufgaben lösen und gibt bereitwillig Antworten (denkt dabei aber oft lange nach). Zurzeit steht der Robo in der Kritik der Verbraucherschützer. Der Grund: eine Sicherheitslücke. Fremde könnten sich unbe­merkt per Bluetooth-Funk mit I-Que verbinden und so das Kind abhören und mit ihm reden.

ZORA Vom 56 Zentimeter grossen humanoiden Roboter sind weltweit schon 400 im Einsatz – vorwiegend in der Kranken- und Altenpflege. Zora kann Menschen gut aufmuntern und verrichtet auf Befehl Bringdienste.

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PICTUREDESK.COM, GETTY IMAGES

liches Mitgefühl konkret erforschen und vergleichen.

MASCHINELLE FREUNDE


NIEDLICHE TECHNIK Ein Pleo ohne Plastikhaut. Dank künst­ licher Intelligenz kann der Robo sogar von seiner Umgebung ­lernen – und sein ­Verhalten anpassen.

DER HIGH-END-DINOSAURIER PLEO gehört zur Klasse der «Life Form Robots» ­(lebensechten Roboter) und vollbringt Erstaunliches: Er kann hören, sehen, fühlen und Objekte erkennen. Er überlegt und handelt unabhängig wie ein echtes Tier – zudem orientiert er sich mühelos in seiner Umgebung. Kein Wunder: Im Inneren des 50-Zentimeter-Dino­

sauriers stecken schliesslich 14 Motoren, zwei Mikrofone, acht Sensoren im Kopf und vier in seinen Füssen. Dank 14 Bewegungsmeldern ­reagiert Pleo durchwegs ­realistisch auf menschliche Bewegungen. Schwäche: Nach nur einer Stunde Spielzeit macht er schlapp – und muss dann für vier Stunden ans Stromnetz.

«WIR KÖNNTEN UNS EINES TAGES WIRKLICH IN HUMANOIDE ROBOTER VERLIEBEN. DOCH ­U NSERE LIEBE ERWIDERN WERDEN SIE NIEMALS.» INNOVATOR

Ein Blick in die ferne Zukunft: Humanoide Roboter sind so hoch entwickelt, dass man sie von Menschen nicht unterscheiden kann. Werden wir in der Lage sein, sie zu lieben? So wie Harrison Ford im Klassiker «Blade Runner», als er sich als Detective Deckard in die ihn betörende Rachael verliebt – und ihm egal ist, dass sie eine Replikantin ist? Das ist Hollywood. Kennen Sie die Buchvorlage? (Philip K. Dick: «Träumen Androiden von elektrischen Schafen?»; Anm.) Nein. Die ist realistischer als der Film. Dort muss Deckard feststellen, dass Rachael seine Liebe nicht erwidert – weil sie es als Roboter gar nicht kann. Und das ist auch die Antwort: Wir werden uns vielleicht mal wirklich in Roboter verlieben können. Ist ja auch okay. Nur werden wir immer wissen müssen, dass uns die Maschine nie lieben wird. Denn sie hat keine Gefühle. Ein Roboter kann einen Menschen nicht ersetzen.

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Ri c h a r d B r o w n i n g ko m m t d e m Tr a u m vo m F l i e g e n n ä h e r a l s j e e i n M e n s c h d avo r.

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TEXT TOM GUISE FOTOS G R EG F U N N E L L , G R AV I T Y I N D U S T R I E S

SENKRECHTSTARTER

S e it h u n d e r t J a h re n s c h e ite r t die M e n s c h h e it d a r a n , e in J et- Pa c k zu b a u e n , mit d e m m a n e r s te n s vo m Bo d e n a b h e b e n , z we ite n s le b e n dig w ie d e r zu rü c kko m m e n u n d d rit te n s G e l d ve r die n e n ka n n . Da n n ka m d e r Brite Ric h a r d Brow nin g u n d ve rb a ute e in e Ra ke te in e in e n Ru c k s a c k .

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C h e f t e s t e r u n d M a s t e r m i n d . R i c h a r d B r o w n i n g i n s e i n e r We r k s t a t t k u r z v o r e i n e m Te s t f l u g .

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JET-SUIT FACTS 1050 PS

Power insgesamt

3,6 KM

maximale Flughöhe

51,5 KM/H

aktueller Geschwindigkeitsrekord

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pril 2017, San Mateo, Kalifornien. Venture-Capital-Geber Adam Draper steht auf dem Parkplatz der von seinem Vater Tim gegründeten Draper Uni­ versity. An einer Wand des Gebäudes prangen drei stockwerkhohe DC-­ Comics-Charaktere und ein Text: «Nicht alle Superhelden tragen Capes.» Auch Tim ist da, ein legendärer ­Investor, der früh auf Tesla, Skype und Twitch setzte und dem nach­gesagt wird, in den frühen Tagen von Hotmail virales Marketing erfunden zu haben. Ausserdem vor Ort: 150 handverlesene Venture-Capital-Geber von ­Silicon Valley. Sie sind Drapers Einladung gefolgt, gemeinsam ein ­potenziell lukratives Investment zu besichtigen. Etwas abseits schnallt sich ein ­britischer Wissenschaftler und Er­ finder einen eigenartig aussehenden Rucksack um, verbunden mit einer Reihe von Kanistern, die wiederum an seinen – für einen Wissenschaftler ziemlich athletischen – Unterarmen und Waden befestigt sind. Der Mann mit dem Rucksack heisst Richard Browning. Der Rucksack ist ein Jet-Pack. Später wird Browning gestehen, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, ob die Show, die über sein weiteres Leben entscheiden sollte, überhaupt klappen würde. «Ein Treibstofftank war undicht, die Elektronik

wackelig, nur vier der sechs Motoren funktionierten – zwei hatte ich überhaupt erst in letzter Minute gekauft, als ich in Amerika ankam.» Browning startet die Motoren, die heulen kurz auf, spucken ein wenig Feuer und schalten sich jaulend wieder ab, was die versammelten VentureCapital-Geber alles andere als beeindruckt. «Innerlich starb ich vor Angst, aber ich versuchte, eine absolut coole Miene zu machen und sagte: ‹Keine Sorge, er wärmt sich nur auf!›» Browning stemmt seine Beine breit in den Boden, richtet die Arme nach unten und macht einen zweiten Startversuch. Wieder heulen die Motoren auf, diesmal aber immer kräftiger. Das millionenschwere Publikum hält sich die Ohren zu, die Gesichter sind immer noch skeptisch, aber das Interesse steigt sichtlich, als Funken aus

«Das ist das Verrückteste, was wir hier je gesehen haben.» den Düsen an Brownings Armen und Beinen sprühen, sich zunächst in blaue, zapfenförmige Flammen verwandeln, dann in einen den Körper umgebenden, wabernden Hitze-Nebel. Was folgt, ist reines Erstaunen: Browning hebt ab, gleitet auf einem Meter Höhe über den Park­platz, steigt hinauf über die versammelte ­Investorenschar, bis er kurz darauf an jener Stelle wieder landet, von der er abgehoben ist, und dabei Staub zur Seite wirbelt. «Ich hatte grosse Angst davor, abzustürzen und das gesamte Equipment zu ruinieren», gibt Browning später zu, «das wäre ziemlich besch***en gewesen, weil geplant war, dass ich den Jet-Suit später bei einem TED-Talk vorführe.»

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AIR GEAR RICHTIG ABHEBEN

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eit er denken kann, glüht in ­Richard Browning eine Leidenschaft fürs Fliegen. «Mein Vater war Luftfahrt-Ingenieur und ­Erfinder. Sein Vater wiederum war im Krieg Pilot und Ausbildner beim Militär. Mein anderer Grossvater war Vorsitzender des britischen Luft- und Raumfahrtherstellers Westland Helicopters. Flug, Technik, PS – das liegt mir im Blut.» Mit achtzehn folgte Browning der Familientradition und begann ein Ingenieursstudium. «Aber es ging nur ums Rechnen und Mathematik, keine Werkzeuge, Maschinen oder sonst was mit Praxisbezug weit und breit.»

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Vom Head-up Display bis zu Bikerboots: diese Ausrüstung eignet sich für einen hohen Luf tstand.

Helm und Visier mit Head-upDisplay

Steuerplatine, die Treibstoffund Motordaten an das am Bein fixierte Smartphone liefert

LederFlugjacke

AluminiumArmeinheit mit Gashebel

Steuergerät und Starterbatterien

Smartphone zur Übertragung von Treibstoff- und Motordaten zum Helmdisplay

leichte Bikerboots

« D i e S c h w e r k r a f t i s t e i n e d e r w e n i g e n K r ä f te , d i e wir noch nicht in den Grif f gekrieg t haben. Wie c o o l w ä r e e s , d i e s e r M a c h t z u t r o t ze n? » D a r a u f b e r u h t B r o w n i n g s I d e e , d e m m e n s c h l i c h e n Kö r p e r P S h i n z u z u f ü g e n . U n d e r m e i n t , e r h a b e a l l e H e r a u sf o r d e r u n g e n d e r P h y s i k w i r k l i c h g e m e i s te r t : « E i n i g e L e u te kö n n e n l e r n e n , i n w e n i g e n M i n u te n z u f l i e g e n . Hast du das Gefühl mal raus, merkst du nicht, dass d i e Tr i e b w e r ke s c h w e r s i n d; d u   m e r k s t n u r d e n S c h u b u n d w i e g e n a u u n d s t a b i l d a s Sy s te m i s t , s e l b s t b e i s t a r ke m W i n d . »

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RUSSELL BELL

Tim Draper wendet sich einigen Männern auf dem Parkplatz zu, bespricht sich kurz mit ihnen, geht dann, ganz Pokerface, zu Browning und streckt ihm einen Hundertdollarschein entgegen. «Junge», brüllt er durch den Lärm der Motoren und lacht, «eine ziemlich coole Parkplatz-Reinigungsaktion war das!» Dann deutet er auf seine Investoren-Kollegen: «Die Typen sind fix und fertig. Absolut begeistert. Das ist das Verrückteste, was wir hier je ge­ sehen haben. Du hast gerade genau jenen Superhelden-Spirit gezeigt, den wir von einem Start-up erwarten. Da ­wollen wir dabei sein. Wie wäre es mit einer halben Million Dollar für zehn Prozent?» Browning erzählt: «Ich bemühte mich um das coolste Pokerface meines Lebens und antwortete: ‹Wie wäre es mit 650.000 Dollar?› Draper nickte, gleich auf dem Parkplatz unterzeichneten wir ein Agreement auf der Rückseite des Hundertdollarscheins. Dabei liefen die Motoren noch in ­ihrem Kühlkreislauf!» Browning, 40, hatte nicht einmal ein Jahr davor begonnen, an der Idee eines Jet-Suit zu basteln. Seit der Gründung seines Start-ups waren nicht einmal sechs Wochen vergangen.


A b l e g e n , a b h e b e n . Fü r o r d e n t l i c h B a r e s k a n n j e d e r m a n n B r o w n i n g s J e t-S u i t t e s t e n .

1919

WIE DIE ZEIT VERFLIEGT ... Meilensteine in der ­G eschichte der indivi­ dualisier ten Luf t fahr t

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Nur ein Patent Konzept eines ersten Jet-Packs vom russi­ schen Erfinder Alek­ sandr Andrejew – für den Raketenantrieb sollten Sauerstoff und Methan sorgen.

1940 Geheimprojekt In einem «Himmels­ stürmer» getauften Projekt arbeiten die Nationalsozialisten an einem Fluganzug, basierend auf dem Puls-Jet-Antrieb der V1-Flugbombe.

1947 Militärweste Nach Ende des Zwei­ ten Weltkriegs ent­ wickeln die USA mit­ hilfe des deutschen Wissenschaftlers Wernher von Braun eine Jet-betriebene Weste fürs Militär.

1961 Fluggürtel Der Ingenieur Harold Graham geht im Auf­ trag von Bell Ae­ rospace mit seinem Raketengürtel in die Luft – 13 Sekunden lang, 35 Meter weit.

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SUIT UP MIT DIESEM ANZUG LEBST DU HOCH Alles im Blick und Kraf t aus den Armen – die wichtigsten technischen Daten zu Richard Brownings Jet-Suit.

Lite r Kerosin

passen in den Jet-Suit. Der aktuelle Tankstand wird im Visier-Display angezeigt.

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Kilogramm Tr o c ke n g e w i c h t bringt der J e t-S u i t a u f d i e Wa a g e . O h n e Tr e i b s t o f f, wohlgemerkt.

5 Tu r b i n e n insgesamt braucht es, um eine perfekte Schubkraft zu gewährleisten.

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55 22 Kilogram m Sch ub kraf t

gehen von der am Rückenteil befestigten, modifizierten Hauptturbine aus.

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Kilogram m Sch ub kraf t

liefert jede der vier Antriebsdüsen für die Arme – bei nur 1,9 Kilogramm Eigengewicht.

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P i o n i e r g e i s t . « I c h a n a l y s i e r e , w a s j e m a n d a n d e r e r g e t a n h a t , u n d f r a g e : K a n n i c h d a s b e s s e r? »

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Er brach das Studium ab und begann zu jobben. Beim Ölriesen BP landete er einen Coup: «Ich entwickelte ein Frachtverfolgungssystem, das ­jeder zunächst für einen Witz hielt. Aber ich hatte den Mut, einen Prototyp zu bauen. Das Ding schlug ein wie eine Bombe. Es veränderte die globale Rohstoffindustrie und brachte Milliarden.» Andere hätten sich vielleicht auf den Lorbeeren ausgeruht, Browning stellte sich einer komplett neuen Herausforderung. «Ich ging zur ‹Royal Marines Reserve›. Zwei Jahre später hatte ich mein grünes Barett. Die zwei Jahre veränderten mich grundlegend. Die Ausbildner bei den Marines prügeln dich körperlich und geistig. Gnadenlos. Und damit bringen sie dich weiter, als du es je für möglich ge­ halten hättest», sagt er. Browning begann, Ultra-Marathons zu laufen. Er verwandelte seinen Körper mit Calisthenics in eine Fitness-Maschine. Und ebendiese Fitness brachte ihn auf die nächste Idee: «Ich war leicht und stark. Ich konnte mein Körpergewicht in den verrücktesten Positionen halten, Planches, Muscle-ups, Flags. Eines Tages bekam ich Spass an dem Gedanken, diese ­Fähigkeiten bis an die Grenzen des physikalisch Möglichen auszureizen. Es heisst ja, dass der Mensch zu schwach und zu schwer ist, um zu fliegen – okay, unsere Arme sind dafür vielleicht einfach nicht geeignet. Aber was, wenn man mit ein paar PS nachhilft?»

I

m Jahr 1919 wurde vom russischen Erfinder Aleksandr Andrejew das erste Jet-Pack konzipiert, ein mit Sauerstoff und Methan betriebenes Raketensystem, das patentiert, aber nie gebaut wurde. In den hundert Jahren seither ­haben sich viele andere nach dem Himmel gestreckt – mit bestenfalls ­gemischten Ergebnissen.

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«Jede Erfindung, die die Mensch­ heit weiter­ gebracht hat, entstammt der Missachtung konventioneller Annahmen.»

Basierend auf dem Puls-Jet-Antrieb ihrer V1-Flugbombe, versuchten sich die Nazis im Projekt «Himmelsstürmer». Nach Kriegsende entwickelte der deutsche Wissenschaftler Wernher von Braun eine Jet-betriebene Weste für die US-Armee. 1961 schickte Bell Aerospace im ersten Freiflug den Ingenieur Harold Graham mit einer Art Raketengürtel in die Luft, 13 Sekunden lang und 35 Meter weit, knapp ­einen Meter über dem Boden. Das Bell-Aerospace-Modell wurde durch zwei Auftritte weltberühmt, 1965 im Bond-Film «Thunderball» und 1984 bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Los Angeles. Keiner der Ansätze brachte die ­beiden Hauptprobleme auch nur annähernd in den Griff: Zu viel Gewicht bei zu geringem Kraftstoff-GewichtsVerhältnis limitierten die Flugzeit auf eine Handvoll Sekunden, und alle Modelle blieben dramatisch instabil. Und genau in diesen Hindernissen sah Browning seine Chance. «An ein neues Projekt gehe ich immer mit demselben System heran. Ich analysiere, was jemand anderer getan hat, und frage mich: Kann ich das besser machen?», sagt er. «Mein Plan war, ­jedes mögliche Gramm in meinem

Flugsystem wegzulassen – und meine Muskelkraft als Stabilisator gegen die Schwerkraft einzusetzen.» Historisch gesehen sind sogenannte Jet-Packs eigentlich Raketen-Packs: Der Treibstoff (oft Wasserstoff) erzeugt in einer chemischen Reaktion mit einem Oxidationsmittel einen ­heissen Gas-Stoss. «Aber es gab zuletzt einen ziemlichen Durchbruch bei leistungsstarken Mikro-Gasturbinen, die sich bei Modellflugzeugen bewährten», erzählt Browning, der den Begriff «Modellflugzeug» recht grosszügig einsetzt: Die angesprochenen mit Jet-Treibstoff betriebenen Turbinen sind miniaturisierte Flugzeugtriebwerke, die bei 1,9 Kilo Gewicht jeweils 22 Kilo Schub bei einer Temperatur von 700 Grad aus dem Auspuff drücken. «Ein irres Schub-Gewichts-Verhältnis», sagt er. «Dank der Ultra-Läufe war ich ziemlich leicht, also sollte ich abheben können, wie ich mir ausrechnete. ­Theoretisch sollte ich auch kräftig ­genug sein, aber ich grübelte hin und her, ob ich die Last auf meine Arme, Schultern oder Beine bringen sollte. Aber Zweifel gehört dazu. Der Weg zum Erfolg führt nur über Unsicherheiten. Jeder Unternehmer, der dir sagt, dass er immer wusste, dass ­irgendwas funktionieren würde, redet Schwachsinn. Wenn Dinge sicher sind, hat sie schon jemand zuvor getan.»

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m März 2016 begann Browning mit Tests auf einem Bauernhof in der Nähe seines Hauses in Salis­ bury. «Keine Strassen weit und breit, nicht einmal ein Fussweg», sagt er. «Wir hielten es absolut geheim.» Alles begann mit einer am Arm ­befestigten Düse. «Ich feuerte sie ab, wow, da steckte irre Power drin! Aber dennoch nicht genug, das war klar. Wir brauchten weitere Motoren.» Als Nächstes befestigte er an jedem Arm eine Düse. Irgendwann zwischendurch versuchte er drei auf jedem Arm zu befestigen, 66 Kilo Schub pro Handgelenk. «Das war dann doch zu viel»,

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sagt Browning. «Wir experimentierten weiter, scheiterten jedes Mal, aber lernten bei jedem Scheitern.» «Die grossen Luftfahrtfirmen ­könnten ein halbes Dutzend Gründe nennen, warum das nie funktionieren kann», sagt er. «Du seist nie in der Lage, genug Treibstoff zu transportieren, würden sie sagen, du könnest nie genug Energie erzeugen, und wenn doch, würdest du sie niemals bändigen können. Die Rotationskräfte würden deinen Arm jedes Mal abreissen, wenn du ihn bewegst. Und die Hitze wäre unkontrollierbar – du würdest in einem Feuerball verglühen. Am Ende bräuchte man, wenn es nach herkömmlichen Vorstellungen geht, ein riesiges traditionelles Jet-Pack mit Armlehnen, Kreiselinstrument und was auch immer. Aber das wäre vom Leistungsgewicht her nicht machbar.» Seine Lösung war, alle Stimmen der Experten zu ignorieren. «Jede Erfindung, die die Menschheit je weitergebracht hat, entstammt der Missachtung konventioneller Annahmen», sagt er. «Natürlich haben die zu 99 Prozent recht. Aber ich jage das eine ­Prozent. Das ist der Platz, in dem man die Welt verändert.» Im November 2016 fand er dieses eine Prozent. Mit sechs Düsen, die an seinem Körper befestigt waren – eine pro Bein, zwei pro Arm –, flog Browning sechs Sekunden lang über den Hof. «Mein rechtes Bein hatte ich nicht unter Kontrolle. Es ist schwierig genug zu steuern, wohin deine Arme zeigen, aber stell dir vor, dass du bei all der Power auch deine Beine stabilisieren musst. Die Auspuffe waren ein paar Zentimeter vom Boden entfernt, liessen den Beton zersplittern und wirbelten Staub in die Motoren. Ich bekam Angst. Ich wollte nicht auf die allzu harte Tour lernen.» Aber als er sicher gelandet war, trug er ein breites Grinsen im Gesicht. «Ich dachte mir: Mein Gott, wir haben soeben die Tür zu etwas Grossartigem geöffnet.»

Fünf Monate später und um 650.000 Dollar reicher steht Browning vor dem TED-Talk-Publikum im kanadischen Vancouver und fliegt. Die Menge gerät aus dem Häuschen.

O

ktober 2018, ein Flugplatz ausserhalb von Ipswich in England, in jeder Hinsicht weit entfernt vom Bauernhof-Test­ gelände. Im Inneren eines kathedralen­ artigen Hangars, verziert mit dem Logo von Brownings Unternehmens Gravity Industries, wirbelt am Ende eines pechschwarzen Tunnels ein riesiger Ventilator – eine streng geheime Versuchsanlage für Triebwerke. In der Mitte des Hangars kann jeder den Jet-Suit testen, mit e­ inem Sicherheitsgurt an einem Kran befestigt. Das Abenteuer ist kein Schnäppchen

Q u e r d e n ke r. « J e d e g u t e E r f i n d u n g w a r e i n e M i s s a c h t u n g ko n v e n t i o n e l l e r A n n a h m e n . »

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B a c k s t a g e . « J e t-S u i t-St u l p e n ( i m B i l d ) u n d R u c k s a c k p r o d u z i e r e n w i r i m 3 D - D r u c ke r. »

«Zweifel gehört dazu. Der Weg zum Erfolg führt immer über Unsicher­h eiten.»

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(über den Preis wird nicht gern gere­ det), aber darum geht es nicht: Es ist der erste Schritt zur Verwirklichung von Brownings Vision der massentaug­ lichen individualisierten Fliegerei. Seit der Vorführung auf Drapers Parkplatz in Kalifornien ist viel pas­ siert: mehr als 60 Auftritte auf der ganzen Welt – darunter vier TEDTalks –, eine Show mit Tom Cruise und der Guinness-Geschwindigkeits­ weltrekord für den Flug in einem

­ örpergesteuerten Anzug mit Strahl­ k triebwerk: 51,53 km/h. Inoffiziell ist er längst schneller. «Auf der Bournemouth Air Show erreichten wir 74 km/h», erzählt Browning und lacht auf, «allerdings ver­sehentlich!» Es war nicht der einzige Fehler, der dort passierte: Sowohl er als auch sein Kollege Angelo Grubisic beendeten ihre Vorführung mit einem Sturz ins Wasser, Browning schätzt den Schaden

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Über flieger Richard Browning über die drei anderen globalen Wegbereiter individuellen Abhebens.

FRANKY ZAPATA Frankreich Erfinder des Flyboard Air, des düsenbetriebenen Nachfolgers seines wassergetriebenen ­Hoverboards. Im April 2016 schraubte Franky den Guinness-Rekord für den weitesten Schwebeflug auf 2,25 Kilometer. «Zapata ist sehr gut, aber sehr riskant. Wenn er nur einen Fehler macht, reisst er sich die Beine ab.»

YVES ROSSY Schweiz Der «Jet-Man» startet aus grosser Höhe mit ­einem starren Flügelsystem, das die US-Luftfahrtbehörden als Flugzeug eingestuft haben. «Ich liebe ihn sehr, aber er muss aus einem Hubschrauber springen, seine Triebwerke starten, fliegen, bis ihm der Treibstoff ausgeht, und dann den Fallschirm auslösen.»

DAVID MAYMAN Australien Fliegt mit traditionellen Jet-Pack-Triebwerken. «Netter Kerl, aber das Ding sieht aus wie von Olympia 1984 – ein riesiges Jet-Pack mit Joysticks. Das funktioniert meiner Meinung nach nie. Aber weltweit ar­ beiten nur vier Typen an ernsthaften Fluganzug-Projekten – da gibt es genug Platz für alle.»

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auf rund 18.000 Euro. Glücklicherweise kann er es sich leisten: Einen Tag zuvor hatte er einen Jet-Suit für knapp 380.000 Euro verkauft. Das Londoner Kaufhaus Selfridges bietet den Jet-Suit übrigens online an. Brownings Sinn für Inszenierung lässt sich am Event anlässlich des Verkaufsstarts erkennen: Er landete einen Flug auf der belebten Strasse davor. Wenn er von Medien als «wahrer Iron Man» gefeiert wird, gefällt ihm das. «Ich liebe den ersten ‹Iron Man›Film», lächelt er. «Die Idee, dass Tony Stark im Business Erfolg hat, aber dass ihm das nicht reicht und er in seiner Freizeit etwas Aussergewöhnliches macht – damit kann ich mich identi­ fizieren.» Robert Downey Jr.s Leute haben Browning übrigens kontaktiert: Der Hollywoodstar hat um einen ­Termin zum persönlichen Kennen­ lernen gebeten.

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rowning denkt währenddessen sehr konkret weiter, und zwar an eine Formel-1-ähnliche Rennserie: Private Teams sollen seine Jet-Anzüge lizenzieren und ihre Piloten um die Wette übers Wasser jagen. «Wie das Red Bull Air Race, aber auf einer intimeren Ebene», sagt er. «Wir reisen um die Welt – der Hafen von Singapur, Kaliforniens Bay Area, der Hudson River, die Themse.» In seiner Trainingsanlage rekrutiert er bereits Piloten für die Rennserie. Längst ist der Jet-Suit gegenüber dem ersten Modell weiter verbessert. Er verfügt nun über einen einzigen Rückstrahl mit 55 Kilo Schub und je zwei Turbinen an den Armen. «Wenn man aus jedem Motor eine gerade Linie zieht, ist es wie ein India­ ner-Tipi mit fünf Stangen, deshalb ist das System so stabil.» Es gibt Brillen mit Head-up-Display, «und der Computer schaltet automatisch nach ein paar Minuten den Schub zurück, denn dann hast du fünf bis sechs Kilo weniger Treibstoff dabei.» Für den Fall einer unfreiwilligen Wasserlandung gibt es eine automatisch aktivierte Rettungsweste. Der Anzug ist für Höhen bis zu 6000 Metern ausgelegt, die Flughöhe wird nur durch die Düsen begrenzt,

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GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM

DER EXKLUSIVE MILE HIGH CLUB


Todeszone von 10 bis 200 Metern. Zu hoch für einen glimpflichen Sturz , zu niedrig für den Fallschirm.

die sich bei zu dünner Luft ausschalten. Am gefährlichsten ist der Flug, so Browning, im Korridor zwischen etwa 10 und 200 Metern über dem Boden. «Zu hoch für einen glimpflichen Sturz und zu niedrig für den Einsatz eines Fallschirms», sagt er. Technisch wäre sogar das Brechen der Schallgeschwindigkeit möglich, aber dabei gibt es eine Sollbruchstelle.

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Der Anzug ist für Höhen bis zu 6000 Metern ausgelegt.

«Stell dir vor, was passiert, wenn du deinen Kopf aus dem Fenster eines Überschalljägers steckst», sagt einer aus Brownings Team von Gravity ­Industries. «Aber wer weiss, vielleicht fällt uns auch dazu was ein.»

Mehr über den Anzug selbst, Test- und Kaufmöglichkeit sowie die Bewerbung für die Rennserie: gravity.co

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INN OVATOR WIS SEN

HOW  TO I  NVEST EINE ANLEITUNG SCHRIT TEN

IN

Wer mit einem Start-up Erfolg haben möchte, braucht keine eigene geniale Geschäftsidee. Eine fremde reicht – wenn man sein Geld in sie investiert. Wie man Business-Durchstarter von Rohrkrepierern unterscheidet, erklärt die Zürcher Investment-Expertin Barbara Fischer.

Aufgezeichnet von Reiner Kapeller

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Denk daran: Es ist nur Geld Du brauchst kein Vermögen … Investor oder Investorin kannst du schon ab ein paar tausend Franken werden. Mit 5000 bis 10.000 kannst du etwa Crowdfunding-Projekte unterstützen oder mit nachhaltigen Impact-­ Investments wie yova.ch etwas bewirken – und dreifach profitieren: Du unterstützt eine Firma, die deine Werte teilt, bekommst langfristig Erträge und lernst das Investment-Business kennen.

… aber es hilft natürlich Ab 100.000 Franken werden ­Investment-Plattformen wie ­investiere.ch oder die Mitgliedschaft bei einem Business-Angel-­ Club wie sictic.ch interessant. In der Regel erledigen die Platt­ formen und Clubs erste Startup- und Finanzchecks und zum Teil auch Rechtliches für dich. Du kannst dich also voll auf die Start-ups konzentrieren. Ab 500.000 Franken kannst du über eine eigene Holdingstruktur nachdenken oder Geld in einen sogenannten VC-Fonds (Wagnis­ kapital-Fonds) investieren.

«50 Prozent aller Start‑ups versanden, 30 Prozent ­w erden profita‑ bel, nur 10 bis 20 Prozent starten durch. Anstatt alles auf eine Karte zu setzen, ver‑ teilen erfahrene ­Business-Angels ihr Geld auf zehn oder mehr Start-ups.»

Es besteht immer die Möglichkeit, dass ein Start-up versandet und du dein Geld verlierst. Das solltest du – auch wenn’s wehtut – verschmerzen können. Darum niemals Alters- oder Vorsorgegeld in Start-ups investieren, die Risiken sind einfach zu hoch. Ganz vernünftiger Richtwert für Kleinanleger: Investiere nie mehr als zehn Prozent deiner gesamten Geldanlage in Start-ups.

Begib dich zur Quelle Start-ups spriessen an allen Ecken aus dem Boden. Du findest sie bei Start-up-Events und Business-­ Angel-Clubs, auf Investment-Platt­ formen, Universitäten und Messen. Mein Geheimtipp: meetup.com, eine Online-Plattform für Leute mit gleichen Interessen. Such nach deiner Stadt, tritt drei oder vier Start-up-Gruppen bei, gehe zu deren V ­ eranstaltungen und ­verschaff dir vor Ort ­einen SzeneÜberblick.

Werde Experte (oder hol dir einen) Wer richtige Entscheidungen treffen möchte, muss selbst Experte werden – und dafür musst du zunächst mal Zeit investieren. Besuche jeden Monat mindestens

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Rede mit dem CEO ... Fünf Fragen zum Vorfühlen, die dir jeder CEO problemlos und überzeugend beantworten sollte, damit er oder sie eine Chance auf dein Geld hat: 1. Welches Problem löst dein Start-up mit seinem Produkt oder seiner Dienstleistung? 2. Wie kannst du mir beweisen, dass es sich bei deinem Produkt oder Service nicht nur um einen

BARBARA FISCHER Inhaberin Arena Ventures AG

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schnelllebigen Trend handelt? 3. Welche Anfangserfolge könnt ihr schon vorweisen? 4. Womit verdient ihr Geld? Und 5. Was ist eure Vision? Start-ups, die ein grosses Ziel vor Augen haben, kommen eher durch. Wer nur ein Jahr vorausdenkt, verliert sich viel leichter in Details.

... und frage, wann er Urlaub macht Das Gründerteam eines Start-ups muss zäh sein, mehr arbeiten als der Durchschnitt, oft auch an Wochenenden. Auf Dauer ist das nicht gesund. Wenn ein CEO ausgebrannt wirkt und in den nächsten sechs Monaten gar keinen Urlaub geplant hat, ist das kein gutes Zeichen. Das gilt auch für seine Mitarbeiter: Wirken sie m ­ otiviert? Ist das interne Klima angenehm? Wenn nein, lass es sein. Ein Besuch im Startup-Office ist ratsam. Sehr oft ein Eye-Opener, in die eine oder in die andere Richtung.

Gründer schlägt Idee Die Start-up-Idee ist keine Revolution? Egal – voraus­gesetzt, die Gründer und ihr Team überzeugen dich. Viele Start-ups haben eine einzigartige Techno­logie, können ihre Idee aber nicht richtig kommunizieren. Sie werden weniger oft finanziert als Start-ups, die bereits Konkurrenz haben, aber auf ein erfahrenes, kommunikationsstarkes Führungs­ team vertrauen können.

Achte auf diese zwei Zeichen Erfolg oder Misserfolg eines Startups liegen nah beieinander. Besonders diese zwei Zeichen können das Zünglein an der Waage sein: 1. Im Gründer­team gibt es einen Serial Founder, der schon ein- oder zweimal erfolgreich eine Firma ­gegründet und weiterverkauft hat. 2. Das Start-up besitzt geistiges Eigen­tum auf eine Idee, ein Produkt oder eine Dienstleistung.

Barbara Fischer ist Expertin in Sachen Start-ups und Wagniskapital. Sie hat selbst ein Start-up-Unternehmen erfolgreich aufgebaut und verkauft, spricht fünf Sprachen und war für das kalifornische Software-Unternehmen Lithium Technologies sowie für den internationalen Schmuckhersteller Swarovski tätig. Seit 2016 ist sie ­Inhaberin der Arena Ventures AG in Zürich und bringt Investoren und Start-ups an einen Tisch. In ihrer monatlichen Masterclass lernt man, wie man gute Deals macht.

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ZORAN BOZANIC

ein Start-up-Event. Sieh dir für zwei bis drei Stunden Start-ups an, rede mit Investorinnen und Investoren, lern die Basics: etwa wie ein Term-Sheet aussieht (Ar­ beitspapier mit Vertragsbestand­ teilen, Anm.). Keinen Bock drauf? Dann musst du zumindest auf Expertenwissen zurückgreifen können. Investment-Plattformen und Angel-Clubs übernehmen meist die Due Diligence (sorgfäl­ tige Prüfung; Anm.) der Start-ups. Und Insider, zum Beispiel Experten aus der Lebensmittelindustrie, werden dir mit einer bezahlten Marktanalyse sagen, ob das mit dem fleischlosen Burger in den nächsten Jahren etwas wird und welche rechtlichen Hürden potenziell im Weg stehen.


Keinen Plan, in welche Start-ups du investieren sollst? Diese Tools helfen bei der Entscheidung und geben ein Gefühl dafür, was du noch beachten musst.

Madame Moneypenny

Meetup

seedinvest.com

Natascha Wegelin mit einem grossartigen, breit gefächerten Podcast über den Weg in die ­finanzielle Selbstbestimmtheit.

Die App für den Szene-Überblick in deiner Stadt: Entdecke lokale Events und Gruppen und lern die heissesten Start-ups kennen.

New-York-basierte Crowdfunding-­ Plattform. Hier treffen potenzielle Investoren und sorgfältig aus­ gesuchte Start-ups aufeinander.

Folge der Herde (aber nur zu Beginn)

Reduziere es weiter

Der Wagniskapital-Markt ist ein bisschen wie ein Herdenmarkt. Kaum sind ein, zwei etablierte Investoren an Bord, springen alle auf den Zug auf. Das ist nicht immer schlau, aber zumindest am Anfang ein vertretbarer Weg. Und wenn es doch in die Hose geht, kannst du wenigstens gemeinsam mit erfahrenen Investorenexperten Wunden lecken.

Business-Angels können nicht auf jedem Gebiet Experte sein, und gerade zu Beginn ist die Spezialisierung auf einen Fachbereich sinnvoll. Das so entstehende Risiko kannst du einfach streuen: Entscheide dich für einen Sektor (z. B. Food-Technologie) und investiere in der DACH-Region. Oder investiere ausschliesslich in der Schweiz (z. B. in Software), aber dafür branchenunabhängig von Fintech- über Insur­ tech- bis Proptech-Unternehmen. Auch der Zeitpunkt entscheidet: Wer ganz früh in der Pre-Seed-Phase einsteigt, hat volles Risiko und die Chance auf höchste Renditen. Wer spätere Finanzierungsrunden abwartet, ist eher safe.

Reduziere dein Risiko 50 Prozent aller Start-ups versanden innerhalb der ersten Jahre, 30 Prozent werden mehr oder weniger profitabel, nur 10 bis 20 Prozent starten richtig durch. Anstatt alles auf eine Karte zu setzen, verteilen erfahrene Business-Angels ihr Geld daher auf zehn oder mehr Start-ups. Denn wer beim Roulette ständig auf Schwarz setzt, schaut irgendwann auch durch die Finger.

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Sei hungrig, nicht gierig Investorinnen und Investoren möchten nicht nur Geldgeber sein, sie möchten auch Mitspracherechte. Ein 5-Prozent-Anteil eines

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Unter­nehmens interessieren niemanden, da sind Zeitaufwand und Anwaltskosten bei den Verhandlungen oft zu gross. Typischerweise erwarten sich Investoren in einer Finanzierungsrunde 15 bis 20 Prozent eines Start-ups.

Höre immer auf dein Bauchgefühl

brauchen meist drei bis vier Jahre bis zum Break-even; in anderen Bereichen wie Life Sciences und MedTech, in denen viel Geld in Entwicklung und Forschung fliesst, dauert es manchmal sogar erheblich länger.

Selbst wenn alle Fakten dafür sprechen: Wenn dir dein Bauch­ gefühl davon abrät, mach es nicht. Das ist mit allen anderen Dingen im Leben genauso.

Übe dich in Geduld

Halt nach Meilensteinen Ausschau

Auch im schnelllebigen Start-up-­ Business geht nichts von heute auf morgen. Rechne mit fünf bis zehn Jahren, bis sich der Erfolg einstellt. Klar, im Idealfall geht dein Start-up nach fünf Jahren an die Börse und wird wie WhatsApp für 19 Milliarden Dollar an Facebook verkauft. Die meisten brauchen aber eher sieben Jahre bis zum Exit, etwa einen Kauf durch ein anderes Unternehmen. Eine Firma solide aufzubauen erfordert Zeit. Das Gras wächst ja auch nicht schneller, wenn man dran zieht.

Die meisten Start-ups orientieren sich an klaren Meilensteinen mit Zielen für die nächsten 18 bis 24 Monate – etwa einer Umsatzsteigerung. Wenn das Start-up diese Ziele erreicht, ist alles im grünen Bereich. Darüber hinaus dürfen Investoren dem Verwaltungsrat (auch unangenehme) Fragen stellen. Typischerweise werden Start-ups, die bestimmte Meilensteine nicht erreichen, nach eineinhalb bis zwei J­ ahren nicht mehr weiterfinanziert und müssen sich schlussendlich zur Liquidation anmelden.

Akzeptiere Verluste Rote Zahlen sind bei Start-ups ­völlig normal und sollten nicht verunsichern. Warum? Im Kern geht es um das Potenzial des Start-ups, in den kommenden Jahren den Markt nachhaltig aufzuwirbeln und sein Geschäftsmodell auf andere Märkte zu übertragen. Verluste gehören zum Geschäft: Software-Start-ups

Wer sein Geld erfolgreich in Start-ups investieren möchte, sollte unbedingt auch in Lesezeit investieren. Drei Bücher für einen gelungenen Einstieg.

«Business Angel Hansi Hansmann» Ein höchst inspirierendes Buch von einem der erfolgreichsten Business-Angels Europas.

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«Das Crowdfunding-­ Handbuch» Perfekt für Investment-Einsteiger: «Das Crowdfunding-Handbuch» mit praxisnahen Tipps.

«Angel Investing» Der Bestseller von Business-­ Angel David S. Rose erklärt, wie man zu den besten Deals kommt.

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Autonome Fahrzeuge benötigen Batterien mit Dauerleistung.

Visualisierung des Temperaturprofils in einem fluidgekühlten Lithium-Ionen-Akkupack. Alterung und Degradation einer Batteriezellewerden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter Lastzyklus, Potenzial, lokale Konzentration, Temperatur und Stromrichtung. Bei der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen ist das Wissen über diese Prozesse essentiell. Ingenieure greifen auf Simulationen zurück, um Batterien langlebiger und leistungsfähiger zumachen damit wir für die Mobilität von morgen gerüstet sind. Die Software COMSOL Multiphysics® wird zur Simulation von Designs, Geräten und Prozessen in allen Ingenieurdisziplinen, der Fertigung und der wissenschaftlichen Forschung eingesetzt. Erfahren Sie, wie Sie mit COMSOL effizient das Batteriedesign für selbstfahrende Autos optimieren können. comsol.blog/autonomous-vehicle-batteries


SUSANNE EINZENBERGER

Vereinfacht das Diabetes-Manage­ ment: Gerald Stangl, 39, ­Design ­Director und Co-Founder von mySugr

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MEIN S TA RT-UP-MOMENT

VERTRAUTER WAHNSINN Vom Judoka zum Co-Founder der erfolg­ reichen Diabetes-Management-App mySugr: Gerald Stangl erzählt, wieso Sportler ideale Gründer sind und welcher Fehler die beiden Gruppen verbindet. innovator: Euer Start-up wurde 2017 an den Schweizer Pharma-Riesen Roche verkauft (um kolportierte­200 Millionen Euro; Anm.). War diese Entwicklung bei der Gründung für dich absehbar? gerald stangl: Ich habe 2009 Begriffe wie Start-up und Exit noch gar nicht gekannt. Und auch von Diabetes verstand ich wenig. Nicht gerade die besten Voraussetzungen. Mit Frank Westermann, meinem Co-Founder, habe ich gerade am Design einer Preisvergleichsplattform für Pflegeprodukte gearbeitet. Dann kam der App Store auf. Und Frank zu mir: «Ich glaube, dass dieses Smartphone viele Probleme für mich als Diabetiker lösen könnte.» Also begann ich mich damit zu beschäftigen. Mit dem Smartphone? Ich habe mir verschiedenstes bestellt: Smartphones, Kindles, das erste iPad aus Amerika. Damit habe ich dann herumexperimentiert. Und ich wurde aufmerk­ samer im Alltag, habe immer mehr Diabetiker erkannt und darauf ­geachtet, welche Tools sie verwenden. Dann wurde es mir klar. Was? Dass wir nicht nur Franks Problem lösen können. Durch ihn wusste

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ich, dass die stark datengetriebene Diabetes-Therapie mit einer App einfacher wäre. Und ich hatte eine konkrete Vorstellung davon, wie die aussehen könnte. Wie hat dein Umfeld auf eure Idee reagiert? Ich war 30, beruflich erfolgreich, hatte eine grosse Wohnung. Natürlich wirst du komisch angeschaut, wenn du alles für ein Projekt auf­ gibst, das zu der Zeit wenige verstanden. Aber viele meiner Freunde kennen mich vom Judo, wo ich jahrelang Wettkämpfe bestritten habe. Im Sport ist es normal, schräg zu denken und für wahnsinnige Ideen alles aufzugeben. Wie bei Olympia zu starten? Genau. Sportler verstehen verrückte Träume. Sie wissen, dass Verzicht dazugehört. Du kannst nicht Olympiasieger werden und gleichzeitig in Saus und Braus ­leben. Du musst zurückschrauben. Was bedeutete das für dich? Ich bin in eine Substandard­ wohnung gezogen. Ohne Heizung, mit Aussenklo. Das war mir aber wurscht und meinen Freunden auch. Genügsamkeit ist uns ­Gründern leichtgefallen. Was war im Gegenzug die ­g rösste Herausforderung? Ein gutes Technik-Team aufzubauen. App-Entwickler, UX-Designer – die Berufe hat es damals noch nicht gegeben. Und damit Leute

sich in ein risikoreiches Start-up begeben, müssen sie etwas spüren. Die Idee ist dabei nur ein Prozent. Sie müssen vielmehr spüren, dass die Gründer nicht nur leidenschaftlich, sondern auch zäh sind. Zäh? Zäh bedeutet, sich selbst um ein Problem zu kümmern, bis es gelöst ist. Ich habe alles über die ­nötige Technik gelernt, um dann die richtigen Fragen zu stellen und die richtigen Leute zu finden. Du musst dir jeden Mitarbeiter verdienen. Er muss sehen, wie die Founder sich reinhängen und dabei von nichts entmutigen lassen. Das ist uns gelungen, weil wir, getrieben von der Idee, unglaublich viel Energie zum Arbeiten hatten. Sich voll reinhängen, härter arbeiten als die anderen – eine ­weitere Lehre aus dem Sport. Und zum Teil ein Trugschluss. Wie bitte? Nicht der, der am härtesten trainiert, schafft es, sondern der­ jenige, der am smartesten trainiert. Der Körper und Geist nicht überbelastet. Das haben leider auch wir nicht in dem Ausmass respektiert. Aber genau deshalb passieren viele Fehler, die du dann Jahre mitträgst. Fehler, die du hättest vermeiden können, wenn du dir einen Tag Auszeit gegönnt hättest. Der Tipp an Gründer wäre ­demnach: Mach mal Urlaub! Hart arbeiten bleibt essentieller Bestandteil. Aber lass dich nicht stressen! Hör auf deinen Körper! Heute denke ich mir öfter: Ist es so wichtig, die Entscheidung gleich zu treffen? Wird mich das in drei Jahren noch beschäftigen? Oder nehme ich mich besser zwei Tage zurück und entscheide dann mit ausgeruhtem Geist. mySugr bietet Diabetikern heute Rundumversorgung mit App, Teststreifen, Messgeräten und Beratung und hat 1,7 Millionen User. MYSUGR.COM

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360-GRAD-KAMERAS, VIRTUAL-REALITY-MIKROFONE, RASANTE DROHNEN ODER EINE WÄRMEBILDKAMERA, DIE SELBST DIE NASA BENUTZEN KÖNNTE – DIESE GADGETS WOLLEN MEHR ALS NUR SPIELEN. FOTOGRAFIE KLAUS PICHLER TEXT MARC BAUMANN

DER NEXT LEVEL GADGET GUIDE


DROHNE MAVIC 2 PRO

DAS FLIEGENDE AUGE Rookies verkauft man vorzugsweise Produkte, die «leicht zu bedienen» sind – was frei übersetzt nichts anderes heisst als: wenige Funktionen. Die Mavic Pro 2 macht es besser: Sie hilft dem unerfahrenen Piloten mit erstklassiger Tech­ nologie dabei, nicht gleich gegen die nächste Hauswand zu krachen. Sensoren messen die Abstände nicht nur zum Boden, sondern auch

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zur Seite und sogar nach oben, wodurch die Drohne unter Brücken oder in geschlossenen Räumen fliegen kann. Kommt sie einem Hinder­ nis zu nahe, schlägt sie Alarm, stoppt selb­ ständig und umfliegt es notfalls. Für das Landen in der Dämmerung gibt es einen Spot, der den Boden ausleuchtet. Dazu eine wertvolle Hassel­blad-L1D-20c-­ Kamera und einen kräf­ tigen Motor mit bis zu 72  Stunden­kilometer Highspeed. Und dass man sie zusammen­ falten und in einer Trag­ tasche verstauen kann, macht die Mavic 2 Pro zum perfekten Flie­ ger-Handgepäck. DJI.COM

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VARIOCAM HD

SIE MACHT HEISSE BILDER Gadgets werden gerne als «technische Spiele­ reien» abgetan, aber diese thermografische Kamera lässt sich – ­n eben aller Freude an der Technik – auch hochprofessionell ein­ setzen: von der Sicher­ heits­kontrolle in der Raumfahrt über die Automobilindustrie bis hin zur medizinischen Diagnose bei der Krebs­ früherkennung. Denn die hochsensible Vario­ CAM ® HD research 900

kann kleinste Tempe­ ratur­unterschiede darstellen – und das in einem extrem grossen Messfenster von minus 40 bis plus 2000 Grad. Aber man darf die ­Ka­m era natürlich auch einfach nur aus Neugier und ­Ausprobierfreude benutzen, etwa bei der Verfolgung ­schneller Tiere im Wald in der Dunkelheit oder bei der Darstellung von Körper­ temperaturen im Freien. Serious Fun, sozusagen. INFRATEC-INFRARED.COM


QUS SMART-TEXTIL

HÖR AUF DEIN HEMD

T-Shirts waren bislang nicht besonders klug – das ist kein Vorwurf, sind ja nur T-Shirts. Smart-Textil von Qus ­definiert den Begriff Funktionswäsche allerdings komplett neu: Sie wird zum Arzt (misst Herzrate und Atemfrequenz), zum Sportwissenschaftler (misst Kalorienverbrauch und g-Kräfte) und zum Pfadfinder (zeigt Geo-Daten an). Wie das geht? Ins Gewebe des Qus-Shirts eingearbeitete Sensoren

(Bild) zeichnen alle relevanten Daten auf und speichern sie in einer Cloud – ganz ohne störenden Brustgurt. Die Qus-Shirt-Hersteller haben neben dem Sportsektor auch den Gesund­h eits­b ereich im Auge: für das Live­­ Moni­toring von Patien­ ten im Krankenbett. Und waschbar ist das Hemd natürlich auch. Technik soll ja nicht zum Himmel stinken. QUS-SPORTS.COM

GOPRO FUSION

VOLLER AKTIONSRADIUS Bevor Nick Woodman die GoPro, die Mutter ­aller Action-Cams, erfand, schnallte er sich beim Wellenreiten eine Einwegkamera mit Gummi­bändern an den Körper. Die Kamera sah er nie wieder, dafür wurde er zum Milliardär. Sein Traum eines perfekten Surf-Videos hat sich aber erst fünfzehn Jahre später erfüllt: mit der GoPro Fusion 360. Denn anders als alle ­G oPros zuvor filmt sie den Surfer nicht nur von

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einer Seite, sondern in seiner Gesamtheit. Und dank der OverCapture-Funktion und der 5.2K-Auflösung kann man in der Postproduktion selbst den per­ fekten Blickwinkel aus­ wählen. Das alles in bewährter GoPro-Qualität – dazu einige Stichworte: wasser­dicht bis fünf ­Meter, Ultra-HD-­ Videos, Slo-Mo, 360Grad-Tonaufnahme, 18-Mega­pixel-Kamera und Sprachsteuerung in zehn Sprachen. GOPRO.COM/FUSION

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RYLO

THE NEW KID ON THE BLOCK

360-Grad-Kameras sind immer noch eine recht kleine Nische im Kamera-­G eschäft – dar­ um ist es erstaunlich, wie hochwertig die Geräte bereits sind und wie hart namhafte Firmen wie GoPro, Samsung oder Garmin um das doch nur langsam wachsende Kunden­segment kämpfen. Dass ein kleines Start-up wie Rylo aus dem Stand in diesem Wettkampf mithalten kann, erstaunt – umso mehr, als die Rylo-Videokamera gerade bei der Bildstabilisie-

rung ganz vorn dabei ist. Die App gehört ebenfalls zum Besten, was der Markt hergibt – aber mit Software kennen sich die Gründer, die zuvor bei Facebook und Instagram waren und die vielbeachtete Hyperlapse-App für Instagram geschaffen haben, natür­ lich aus. Viel Ahnung haben sie offenbar auch von Design, die kleine, handliche Rylo-Cam sieht schlicht super ­elegant aus. Bei so viel inneren Werten darf man das ja auch mal sagen. RYLO.COM

AMBEO VR MICROPHONE

REVOLUTION IM OHR Seinen ersten Kinofilm mit Dolby Surround vergisst man nicht («Jurassic Park», 1993). Bei Immersive Audio kommt zur Breite und Tiefe des Tons noch eine zusätzliche Dimension dazu: die Höhe. Bei Ambeo VR Mic von Sennheiser verstecken sich in den Kopfhörern vier Aufnahmekapseln, die Klänge aus allen Richtungen aufnehmen. Das Resultat: unfassbar realistischer 3D-Sound. Anwendungsgebiete für solche 360-GradTon­aufnahmen: Film­ aufnahmen, Video­spiele,

Sportübertragungen, Konzerte – in all diesen Bereichen wird Immersive Audio den Erlebnisfaktor heben. Für den Privatgebrauch bieten diese In-Ears die per­fek­ te Einstiegsdroge, um Sound-Erlebnisse rundum zu revolutionieren. SENNHEISER.COM


OSMO POCKET

HOLLYWOOD IN DER HOSENTASCHE Die DJI Osmo Pocket ist klein wie ein Schoko­ riegel, hat aber alles, um damit einen grossen Kinofilm in 4K ­Ultra HD zu drehen. Drei beweg­ liche Achsen stabili­ sieren in Echtzeit jede

Verfolgungsjagd, und die Handheld-Kamera (übrigens mit Gesichts­ erkennungs­funktion) folgt problemlos sich bewegenden Objekten. Die Auswahl der Dreh­ orte? Man kann sich einfach von den unzäh­ ligen Kamera-Optionen inspirieren lassen: Epische Landschafts­ aufnahmen gibt es im Panorama-Modus, zudem ist auch das Filmen bei Nacht im Gangsterhauptquartier problemlos möglich. Wer eine Tierdoku drehen will, kann mit einem wasserdichten Gehäuse abtauchen. Und der Showdown des Films lässt sich – Dra­ matiker, aufgepasst – in Vierfach-Zeitlupe auf­n ehmen. DJI.COM

MIKME MICROPHONE

DER RAUSCH HAT EIN ENDE INNOVATOR

«Made in Germany» liest man heutzutage eher mit Skepsis. Das kabellose Smart­phoneMikrofon Mikme hält aber dagegen: Erdacht wurde es in Österreich, gefertigt wird es in Deutschland. Das digi­ tale Aufnahmegerät nimmt jedes Gespräch, jeden Podcast, jedes ­Video, jeden Song oder sonstige Geräusche – in Studioqualität – auf. Die dazugehörige App syn­ chronisiert auf Wunsch den Ton mit p ­ arallel ge­ drehten ­iPhone-Videos (die ­Android-App fehlt leider noch). Es kann

aber auch als USBMikro­fon mit dem Mac oder PC verwendet ­werden. Mittels Mikme-­ App steuert man Auf­ nahmen aus der F ­ erne und ­s treamt sie ­b equem ans iPhone. MIKME.COM

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Die Konstante, die jeden Wandel übersteht: voestalpine-CEO W O L FGA N G E D E R über Werte, die in der Existenzkrise ebenso ­z ählen wie an der Weltspitze.

WIE WIR WIRKT FOTO : Oliver Jiszda H A I R & M A K E- U P : Sandra Landwer th

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Wolfgang Eder, geboren 1952 am Attersee, beendete sein Jus-Studium in Salzburg 1976, begann 1978 bei der VOEST. Und blieb dort bis heute.

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Hightech-Weltmarktführer: In Linz schlägt das Herz des globalen Konzerns voestalpine. Rund 500 Konzerngesellschaften in über 50 Ländern, über 50.000 Mitarbeiter, knapp 13 Milliarden Euro Umsatz. 62

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Wolfgang Eder wurde in 40 Jahren vom Jung juristen eines bleischweren österreichischen Staatskonzerns zum CEO eines Hightech-Weltmarktführers mit Star t‑up-Spirit – ohne das Unternehmen zu wechseln. Im Sommer dankt er als voestalpine-Vorstand ab. Ein Gespräch über und

GEMEINSAMKEIT

V E RT R AU E N , V E R A N T W O RT U N G

als zeitlose unternehmerische

Grundwer te.

H Herr Eder, wir wollen darüber reden, was die Kultur eines Unter­nehmens mit seinem Erfolg zu tun hat. wolfgang eder: Gut. Da haben wir viel zu besprechen.

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Als Sie 1978 zur VÖEST gekommen sind, wie hat da die Unternehmens­ kultur ausgesehen? Es war ein von der Politik kontrolliertes Unternehmen, die Unternehmenskultur war de facto eine Politkultur und damit eine ausgeprägte Misstrauenskultur. ­Hinter jedem Entscheidungsträger gab es eine politische Back-up-Organisation der jeweiligen Parteizentralen, ohne die keine wesentliche Entscheidung getroffen wurde. Wieso hat das dennoch halbwegs funk­ tioniert? Die VÖEST war in den 50ern, 60ern und 70ern ziemlich erfolgreich. Da gab es zum einen die Erfindung des Linz-Donawitz-Verfahrens in den 1950ern, das war ja wirklich eine revolutionäre Technologie in der Stahlerzeugung, die über 15, 20 Jahre für einen wirtschaft­ lichen Höhenflug gesorgt hat. Und zum anderen, als der Niedergang evident wurde, INNOVATOR

die berühmte Erklärung des damaligen Finanzministers Herbert Salcher, der sinngemäss sagte, für die verstaatlichte ­Industrie werde es immer genug Geld ­geben, wodurch die unternehmerischen Schwächen relativiert wurden. Das hat bei den 80.000 Mitarbeitern nicht unbedingt den Biss gefördert. Rund 85.000 waren es am Ende, und ­natürlich dachten viele: «Was soll uns da schon passieren?» Damit wurde der früher so positive «VÖEST-Geist» endgültig durch Überheblichkeit und Realitäts­ verweigerung abgelöst. Realistische Wirtschaftlichkeits-Rechnungen, ein kritisches Durchleuchten von Projekten – die unternehmerischen Basics –, all das spielte eine immer geringere Rolle. Noch in den 70ern begann der Abstieg, und am 29. November 1985 waren wir de facto pleite. Dann kam das bittere Tal der Tränen. Acht Jahre später hatte die VÖEST ­gerade noch 15.000 Mitarbeiter. Es war eine furchtbare Zeit. Wir hatten 1986, 1987 ständig Listen vor uns mit ­Betrieben, die verkauft oder – noch viel schlimmer – zugesperrt werden mussten, mit Namen von Menschen, deren Job gefährdet oder von vorherein nicht zu halten war. Sie sehen diese Listen und wissen: Hinter den Namen stehen Familien, stehen Schicksale. Glauben Sie mir, so was vergisst man nie. Da lernt man, was es heisst, Verantwortung übernehmen zu müssen, und wie bedrückend das sein kann. Damals waren Sie Anfang 30. Bis 35, 40 kreiste mein Berufsleben ­praktisch ausschliesslich um diesen Über­ lebenskampf. Man kämpft um die Zukunft und fragt sich am Ende immer wieder, warum das so kommen musste. Das ging so bis …? Bis 1993. Erst nach acht Jahren wussten wir: Ja, neben einigen positiven Assets, die aus Finanzierungsgründen aber ab­  63


VOESTALPINE GLOBAL Das Unternehmen mit Hauptsitz in Linz ist mit 500 Konzerngesellschaften und -standorten in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten vertreten. Die Zahl der Mitarbeiter weltweit: 51.600 (Stand: 2017/18).

Länder mit Standorten der voestalpine

gegeben werden mussten, gibt es einen überlebensfähigen Kern. Wie kann man als Führungspersönlichkeit Leute in einer Phase mitnehmen, in der es nur nackte Überlebensangst gibt? Da gibt es nur einen Treiber, nur eine Basis, und das ist Vertrauen, wechselseitiges Ver­ trauen – und damit Vertrauen darauf, dass man es gemeinsam schafft, schaffen muss, das verbindet mehr als alles andere. Aber ich vertraue doch nicht dem, der mich morgen vielleicht feuert. Und doch ist es uns letztlich gelungen, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen, weil sie nicht uns, sondern das Umfeld vor unserer Zeit für das Desaster verant­ wortlich gemacht haben – und weil sie wussten, dass wir alles tun, um mög­ lichst viele zu halten. Entscheidend war aber auch das Vertrauen innerhalb der Führungsmannschaft. Keine politischen Spielchen mehr, sondern nur ein gemein­ sames unternehmerisches Ziel: zu über­ leben. Das war ein 180-Grad-Kultur­ wechsel. Den mussten wir schaffen. Und wie haben Sie den 80.000, 70.000, 60.000, 50.000 Leuten gesagt, was Sie vorhaben? Überhaupt nicht. Für solche Diskussionen 64

blieb zum einen keine Zeit, wir wussten aber einfach auch viel zu wenig über ­unsere eigene Lage, so schnell war letztlich das Ende gekommen. Wir mussten erst einmal den politischen und wirtschaft­ lichen Schutt wegräumen, wir mussten überhaupt erst herausfinden, wo wir noch Geld verdienen und wo wir das meiste Geld verlieren. Wir hätten in dieser Phase seriöserweise niemandem in die Augen schauen und sagen können: «Vertrau uns, du hast auf Dauer eine Zukunft.» Sie durften sich die eigene Hilflosigkeit nicht anmerken lassen? Das hätte die Verunsicherung nur erhöht. Heute würde man sagen, es war einfach Leadership angesagt. Und es gab einen fundamentalen, sehr kritischen Unter­ schied zu späteren Krisenjahren, etwa zu 2008/09: Die Mitarbeiter waren in den 80er- und 90er-Jahren noch nicht unmittel­ bar, persönlich ins unternehmerische Ge­ schehen eingebunden, das geschah erst ab 2000 durch die Mitarbeiterbeteiligung. Ab da entwickelten sie sich zu unserer zweitgrössten Aktionärsgruppe, und es gab eine permanente, immer professioneller werdende Gesprächsbasis. Da konnte man fast im Monatstakt riesige Informations­ veranstaltungen machen, wie es steht, was Sache ist, ungeschminkt, weil sie es einfach auch aus unternehmerischer Sicht verstanden haben. Das wäre heute immer noch so? Ja. Denn dieses Wir-Gefühl ist heute fixer Teil der Kultur, des Unternehmens­ verständnisses. Das ist die Stärke der voest­alpine heute. Wenn ich vor 20 Jahren durch den Betrieb ging, fragten mich die Leute: «Wie lange gibt’s uns noch, wie ­sicher sind unsere Arbeitsplätze?» Heute lauten die Fragen: «Wie schaut es mit der Dividende aus?» oder «Wo geht der Kurs hin?» Oder jemand sagt: «Ich weiss, was ich meinen Enkeln einmal vererbe, näm­ lich meine voestalpine-Aktien.» Gleich­ zeitig verstehen die Mitarbeiter unsere Ziele, unsere Strategie h ­ eute viel besser. Das ist entscheidend. So entsteht in einem Unternehmen ganz von selbst jene Ener­ gie, die den Unterschied zwischen Spitze und Durchschnitt ausmacht. Ich bin jedes Mal wieder begeistert, was in dieser ­Riesenmannschaft an Energie steckt. Wäre ich Gründer, würden Sie mir als Erstes raten, meine Mitarbeiter zu beteiligen?

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UMSATZ NACH BRANCHEN Leichter, fester, schneller: Den grössten Umsatz beschert voestalpine die Automobilindustrie – wobei die Leichtbau-Platinen des Unternehmens weltweit am gefragtesten sind. Ebenso Weltmarkt­ führer ist das Unternehmen im Spezialschienenbereich.

15  %

9  %

Energieindustrie

Bauindustrie

3  % Luftfahrt

11  % Bahnsysteme

5  % Haushaltsgeräte / Konsumgüter

34  % Automobilindustrie

9  % Maschinenund Stahlbau

14  % Sonstige

Ich würde Ihnen raten, alles zu versuchen, dass Ihre Mitarbeiter auch jenen unternehmerischen Geist entwickeln, der sie selbst treibt. Die Grundprinzipien des ­Unternehmertums, Freiheit im Denken, Engagement und Vertrauensfähigkeit, die müssen verankert sein. Wie Sie das machen, ist Ihnen überlassen. Was macht einen Designer zu einem besseren Designer, wenn er unter­ nehmerisch denkt? Er soll doch ­designerisch denken! Er kann noch so ein Genie sein. Wenn er sagt: «Mir ist egal, ob mein Design in die Strategie passt, wie hoch die Kosten sind und ob es den Kunden gefällt», dann funktioniert das nicht. Design um des ­Designs willen wäre wie Forschung um der Forschung willen. INNOVATOR

Sie sagen: «Ein Unternehmen braucht die richtigen Leute und eine Vertrauens­ kultur.» Wie sucht man die richtigen Leute, und wie findet man sie? Die Zeit ist zu schnelllebig, um sich nur auf das zu verlassen, was das Unternehmen aus eigenem schafft. Aber die Basis, die muss das sein, was aus der eigenen Kultur, dem eigenen Verständnis entsteht. Im ­Übrigen braucht es auch die permanente personelle Anreicherung von aussen. Unter Ihren rund 50.000 Mitarbeitern sind über 800 Forscher. Diese 800 Leute kosten erst mal nur sehr viel Geld. Sie haben an die 200 Millionen Euro Budget pro Jahr. Was antworten Sie, wenn jemand fragt: «Was bringen die überhaupt?»  65


Em deliciatur am nemodig enimossimus eum intint omnimpor sini atendior si dolore, si berrum veliquiam, is es illam.

«Wer nur das S I C H E R E macht, schwimmt hintennach.»

Der wichtigste Rat des voestalpine-CEO an Gründer? «Versuchen Sie alles, damit Ihre Mitarbeiter unternehmerischen Geist entwickeln. Die Grundprinzipien des Unternehmertums, die müssen in jedem verankert sein.» 66

INNOVATOR


Dann sage ich: Die bringen die Zukunft. Und wir achten schon drauf, dass das nicht l’art pour l’art wird. Projekte, die nicht den erwarteten Nutzen, unzureichende Fortschritte bringen, vom Markt nicht angenommen werden, werden eingestellt. Wir haben da sehr klare Roadmaps, wir wissen genau, was wir im nächsten und übernächsten Jahr, im ­kommenden Jahrzehnt machen, was wir erreichen wollen. Aber, zurück zu den ­Basics, die Forschung ist bei uns völlig ­unumstritten. Und das hat tatsächlich mit dem LD-Verfahren zu tun, mit 1952. Die Menschen in diesem Unternehmen sind seit diesem Erfolgserlebnis beseelt davon, technisch besser zu sein als die Konkurrenz. Das ist unser Erbe. Jetzt sind wir wieder bei der Kultur. Mut zur Veränderung und Vertrauen in die eigene Stärke sind es, die uns in vielen Bereichen neue Wege gehen lassen, bis hin zur Komplettdigitalisierung von Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecken, gesteuert allein von Sensoren und Messpunkten, Stichwort «Internet der Dinge». Die Forschung ist bei uns auch Teil der Aussenmannschaft. Das heisst, wenn wir mit Airbus oder der Deutschen Bahn, Autoherstellern oder ­Ölgesellschaften über Grundsätzliches ­reden, sitzen die Forscher mit den übrigen Technikern und den Verkäufern am Tisch.

800 Forscher im Unternehmen, Budget: rund 200 Millionen Euro. Eder: «Fragt mich jemand, was diese 800 Leute bringen, dann sage ich: Die bringen die Zukunft.»

Sie sagen sogar: «Wir machen nur Produkte, mit denen wir unter den Top-drei der Welt reüssieren können.» Sie formulieren damit den Spirit eines Start-ups. Ja, wenn man von vornherein «unter ­ferner liefen» ist, sollte man es gar nicht versuchen. Wie soll das bei 50.000 Leuten gelingen? Es gelingt. Aber das ging nicht von heute auf morgen. Vom Börsengang 1995 bis 2005 haben wir genau dafür die Weichen gestellt. Da haben wir geschaut, in welchen Bereichen wir auf Dauer global unter den Top-drei sein können. Wo wir die Mannschaft dafür haben, die Möglichkeiten. Wo das nicht der Fall war, haben wir – in sozial verträglicher Form – entsprechende Anpassungen auch über Unternehmensverkäufe vorgenommen. Jetzt sind wir top fokussiert auf Zukunftsbereiche wie Hochgeschwindigkeitsstrecken für 350-km/h-Züge, mit bis zu 350 Meter langen Weichenkonstruktionen, die bis zu eine Million Euro kosten, wobei der Stahlanteil weniger als zehn Prozent des Wertes ­beträgt, der Rest sind Elektronik, Mecha­ tronik, Digitalisierung, künstliche Intelligenz – das machen wir aber alles selbst. Innovation bedeutet immer auch Risiko. Wie schätzen Sie das ab? Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wo Sie wie viel investieren und wo nicht? Ein Beispiel: 2004 bin ich mit unserem damaligen Forschungschef zusammen­ gesessen, und er hat gemeint: «Wir haben da etwas ganz Neues, etwas, das alles in den Schatten stellen könnte, was es bisher gab. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es funktioniert, ist zehn bis fünfzehn Prozent.» Er sprach von phs-ultraform, ­einer Technik, bei der sehr dünnes, sehr festes verzinktes Stahlband aufgeheizt wird, um es dann über Umformverfahren in die endgültige Form zu bringen, etwa als Karosserieteil. Der Haken: Damit es funktioniert, muss man das Ganze auf 850 Grad erhitzen, bei 500 Grad verdampft allerdings Zink. Also physikalisch ist es nicht möglich. Eigentlich. Oh. Im Vertrauen auf unsere Forscher haben wir rund 30 Millionen Euro in die Entwicklung investiert. Und seit 2010 schaffen wir das. Wer nur das Sichere macht, schwimmt hintennach – oder umgekehrt: Will man einen Schritt voraus sein, sollte man sich vorher des damit untrennbar verbundenen Risikos bewusst werden.

INNOVATOR

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AUFTRIEB FÜR DIE BIENEN  Das s die H o nigb ie n e b e d ro h t is t , b e d ro h t u n s a lle .

D o c h a n ih re r Ret t u n g w ir d fle is sig gea rb e ite t .

Wir p r äs e n tie re n a c h t in n ov ati ve I d e e n ,

die un s e r alle r Fo r t b e s te h e n sic h e rn . T E X T: W E R N E R J E S S N E R

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INNOVATOR


GEFÄHRDETE SPEZIES

JOAO PAULO BURINI/GETTY IMAGES

Die Honigbiene hat viele Feinde – vom Schädling bis zum Menschen. Letzterer macht sich aber ­daran, mit neuen Ideen alte Fehler zu korrigieren.

INNOVATOR

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ABER ICH ESSE DOCH KEINEN HONIG! Warum trotzdem jeder Bienen braucht.

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Von den weltweit wichtigsten 100 Nutzpflanzen, die 90 Pro­ zent der globalen Nahrungsmittelver­ sorgung sicherstellen, brauchen 71 Bienen zur Bestäubung.

30 Prozent unseres ­Nahrungsangebots hängen unmittelbar mit der Bestäubung durch Bienen zu­ sammen, noch viel mehr auf Umwegen.

60 Prozent aller ­Regale blieben leer, als ein Supermarkt von Bienen abhängige Produkte verbannte – darunter zahlreiche Pflegeprodukte und Baumwollkleidung.

INNOVATOR


V

BUSINESS DER BIENEN

INGO ARNDT

Hinter Rind und Schwein ist die Biene das wichtigste Nutz­ tier. Weltweit sorgt sie für einen jähr­ lichen Umsatz von 300 Milliarden Franken.

INNOVATOR

Vor dem Supermarktregal vergessen wir gern, wie abhängig wir von der Biene sind. Unzählige Lebensmittel und Alltagsprodukte sind auf Bienen­ bestäubung angewiesen – bedrohlich viele. Was vielen allzu melodrama­ tisch klingt, wird auf einen Blick klar. Die Liste reicht dabei von Obst und Gemüse über Kakao, Kosmetika und Gummibärchen bis hin zu Tofu und ­T-Shirts aus Baumwolle. Bei den ver­ bleibenden Milchprodukten müsste auch hinterfragt werden, wie gut wohl ­Joghurt oder Käse von Kühen schmecken würden, die ihr Leben lang auf Golfplatzrasen ohne Kräuter und Blüten grasen müssten. Ihre Bestäubungsleistung macht die Bienen zum Big Player der Wirt­ schaft – global betrachtet auf einem Niveau mit dem Technologiekonzern Apple: 300 Milliarden Franken Umsatz (auf die Summe beläuft sich der Wert

der Bestäubung) s­ tehen 267 Milli­ arden Franken des iPhone-Herstellers (Geschäftsjahr 2018) gegenüber. Man muss kein Umweltschützer sein, um von den Zahlen der letzten Jahre alarmiert zu sein. Weltweit ­verloren Imker in den Wintern regel­ mässig 30 Prozent und mehr ihrer ­Völker, weil diese erfroren oder ver­ hungert waren – hervorgerufen durch systematische Schwächung der einzel­ nen Bienen infolge des Einsatzes von Insektiziden, zusätzlich zu bekannten Gegnern wie veränderten klimati­ schen Bedingungen und dem Befall durch die V ­ arroamilbe. Es war, als ob in einem Schweinestall eines von drei Tieren tot am Boden läge. Diese Botschaft kam an, auch bei einer Generation von jungen Entre­ preneuren, die sich den zunehmenden Herausforderungen stellten: mit neu­ en, zum Teil innovativen Antworten. So wie Mark und Martin Poreda, zwei Brüder aus Wien, die bereits mit der Gründung der ArbeitgeberBewertungsplattform kununu – und dem Verkauf an Xing – Geschäftssinn bewiesen haben. Ihr neues Start-up heisst «Hektar Nektar» und ist ein ­Online-Marktplatz, über den Imker Bienen und Zubehör handeln können. «Uns war das Bienensterben bis vor kurzem gar kein Begriff», sagt Martin ­Poreda. «Als uns ein Imker um Hilfe für seinen Web-Auftritt bat, haben wir das Problem erkannt – und in uns zugleich neuen Unternehmergeist gespürt.» Neben einer eigenen Ver­ sandbox für Lebendbienen zeichnet sich Hektar Nektar auch durch die ­Initiative «Projekt 2028» aus. Hierbei können Unternehmen Imker mit dem Kauf e­ ines Startersets (Bienen plus

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Die wichtigsten Gründe für das Bienensterben

MONOKULTUREN

Maisacker und Co sind Bienenwüsten. ­Ungemähte und ­un­kultivierte Grün­ streifen verschwinden. Zierrasen: wertlos.

KLIMAWECHSEL

Wärmephasen im Winter lassen Bienen früher aufwachen. Sie brauchen mehr Energie und verhungern.

PESTIZIDE

Permanenter Drogen­ rausch – Bienen sind desorientiert, kränkeln und vernachlässigen den Nachwuchs.

SCHÄDLINGE

2019 gibt es in Europa kein Bienenvolk ohne Varroa-Befall. Globali­ sierte Krankheit: Ame­ rikanische Faulbrut.

INTENSIVE LANDWIRTSCHAFT

Riesige Flächen werden binnen kürzester Zeit maschinell geerntet. ­Sumsis Supermarkt ist somit schlagartig leer.

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Zubehör kosten knapp 1100 Franken) unterstützen und so ihren Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit leisten. Martin Poreda: «Die Rechnung ist ganz ­einfach: Mehr Imker bedeuten mehr Bienen.» Ein weiteres Beispiel für das neue Engagement ist Johannes Jank, Mitt­ zwanziger, Snowboard-Coach, stu­ dierter Produktdesigner – und Imker. Seine Diplomarbeit bei der Design­ agentur Kiska galt der Entwicklung ­eines mobilen Bienenstocks, der sich auch im urbanen Raum überall auf­ stellen lässt. Der gebürtige Nürnberger ist – gemeinsam mit Daniel Pfeifen­ berger – die treibende Kraft hinter «Bienenhof Salzburg», einem BienenKompetenzzentrum, das g ­ erade mit­ ten in der Stadt entsteht. Hier sollen Bienen und Menschen sehr nieder­ schwellig miteinander in Kontakt kommen. Das Wissen über Bienen sei oft sehr lückenhaft, kritisiert Daniel Pfeifenberger: «Sticht, sammelt Honig, ist in Gefahr.» Dem begegnen die bei­ den Jungimker mit der mächtigsten Waffe der Zivilisation – mit Bildung. Und sie haben genau da angesetzt, wo es am nachhaltigsten ist: bei der Jugend. «Wer als Kind Bienen erlebt hat, ­bekommt einen a ­ nderen Zugang zu ihnen als jemand, der sie nur aus dem Internet kennt», meint Pfeifen­ berger und baut darauf, dass der ­Samen auch bei der nächsten Gene­ ration auf fruchtbaren Boden fällt. Das Schwierige und gleichzeitig Schöne an der Natur: Man kann keinen Algorithmus schreiben, keinen Roboter bauen, der alles wiedergutmacht (selbst wenn Entwickler in ­Harvard mit ihren RoboBees, Bienenrobotern zur Bestäubung, ebendas versuchen). Es braucht viele brillante Ideen, um zu retten, was der Mensch in Gefahr bringt. Das Gute: Es gibt sie.

HIGHTECH FÜR DIE «MAJA KULTUR»

Acht unkonventionelle Ideen, Projekte und Konzepte, die der Biene das Leben e ­ rleichtern – von Social Media über Wellness bis Forschung.

GESUNDES «SCHWITZEN»

Kernstück der Bienen­ sauna ist das Heiz­ modul, das direkt unter der Beute platziert wird. Die Heizplatten erwärmen den Stock auf 41 bis 42 Grad. Das tötet die Varroamilbe – und hilft den Bienen.

BIENENSAUNA

WARUM GEHT ES DEN BIENEN SCHLECHT?


IDEE: MIT HITZE GEGEN DIE MILBE

BIENENSAUNA

D

ie Varroamilbe, Haupt­ feindin der Honigbiene, ist temperatursensibel. Daraus ergibt sich die Idee: Man heizt die Brut mehr­ mals pro Jahr auf 41 bis 42 Grad auf, sodass die Schädlinge ­sterben, die Bienen aber nicht. Diese können durch das Schla­ gen ihrer Flügel für Wärme­ ausgleich sorgen. Hauptvorteil: Auf den – ohnehin fragwürdi­ gen – Einsatz von Chemie kann verzichtet werden. Seit 2017 werden die ­sensiblen High­ tech-Geräte in Bayern produ­ ziert, anfänglich mit finanziel­ ler H ­ ilfe von 300 Imkern und Bienenfreunden. bienensauna . de

IDEE: MEHR DATEN FÜR MEHR ERTRAG

B.TREE

D

er Steirer Hannes Oberreiter ist Hobby­ imker und Hobby­ programmierer. Was dabei herauskommt, wenn er seine beiden Leidenschaften miteinander verbindet: eine geniale App fürs Management der Bienenvölker. Imker behal­ ten dank der übersichtlichen Oberfläche stets den Überblick: Welches Volk steht wo? Wel­ ches war das fleissigste? Wann wurde zum letzten Mal kon­ trolliert, behandelt oder ge­ füttert? Die vielen statistischen Auswertungen ermöglichen ­effizienteres Arbeiten. Und in der Cloud kann man die Daten auch mit anderen teilen. info . btree . at

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HIVE MANAGER

N

IDEE: BAUMHÖHLE ZUM SELBERBAUEN

SCHIFFER-TREE

D

IDEE: DAS IMKEREIKOMPETENZZENTRUM

BIENENLIEB

W

ach Abschluss des Sportstudiums an der ETH Zürich widmete sich Pascal Brunner der Umsetzung der Ideen seines Vaters, eines seit Jahrzehnten passionierten Imkers. Gemeinsam gründeten die beiden in Winterthur das Start-up Vatorex und entwickelten unter diesem ­Namen den Hive Manager, ein digitales Kompen­dium für jeden Bienenstock inklusive Karte und Kalender mit Reminder-Funktion. Die App bietet eine einfache Übersicht über anfallende Tätigkeiten für (Hobby-)Imker, die auch offline funk­tioniert – nicht un­ wesentlich bei exponierten Standorten.

er ursprüngliche ­Lebensraum von ­Bienen sind Baum­ höhlen. Dort benötigen sie w ­ eniger Honig, um zu über­ leben, und können mit Parasiten wie der Varroamilbe ohne Hilfe des I­ mkers umgehen. Der Schiffer-Tree ist ein Nachbau eben­dieser Baumhöhle: Dabei werden Massivholz­ platten mittels Stahlbändern und Spannschrauben ähnlich wie bei F ­ ässern zu Wänden verzurrt und von Baumscheiben ab­geschlossen – die Bau­ anleitung gibt’s online. Wem das Selberbauen zu kompliziert erscheint, der kann sich auch einen fertigen Tree um etwa 680 Franken kaufen.

as in anderen Be­ reichen längst eta­ bliert ist, entsteht in der I­ mkerei erst: geballte Zentren zur Wissensvermittlung und Weitergabe, in denen Amateure wie Profis gleichermassen willkommen sind. Ein Leuchtturmprojekt ist der B ­ ienenhof Salzburg des Vereins Bienenlieb. «Wir wollen die Welt der Biene ­erlebbar machen, Menschen ­begeistern und ihnen einen besseren U ­ mgang mit der ­Natur auf den Weg geben», so Obmann D ­ aniel Pfeifenberger. Das Gewissen schärfen sollen auch Patenschaften für Bienen, die Privatpersonen ebenso wie ­Firmen übernehmen können.

vatore x . ch

beenature - proj ect. com

bienenlieb . at

DER MIT DEN BIENEN TANZT

Daniel Pfeifen­ berger unterstützt mit seinem Verein Bienenlieb seit ­Jahren diverse Pro­ jekte. Sein grösstes ist das Kompetenz­ zentrum Bienenhof Salzburg.

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JOHANNES JANK, HEKTAR NEKTAR

IDEE: MANAGING TOOL FÜR ÜBERALL


DIE IMKERFÖRDERER

Mark und Martin Poreda, selbst keine Imker, ver­ netzen diese aber auf ihrer Plattform Hektar Nektar mit Bienenfreunden und Unternehmen.

IDEE: FORSCHUNG SPANNEND MACHEN

WE4BEE

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IDEE: EIN BIENENSTOCK, DER MIT DIR SPRICHT

BEESAVER

D

IDEE: MEHR IMKER HEISST MEHR BIENEN

HEKTAR NEKTAR

E

ürgen Tautz, der legen­ däre Bienenexperte, Verhaltensforscher und Soziobiologe von der Universität Würzburg, meint: «Gäbe es die Honigbiene nicht – man müsste sie erfinden.» Um diese Faszination auch bei der Generation Smartphone zu ­wecken, hat der emeritierte Professor das Projekt We4Bee initiiert. Dabei sollen Schüler anhand von bereitgestellten Hightech-Bienenstöcken das Verhalten der Bienen erfor­ schen, als Teil eines weltweiten Netzwerks für Datensammlung und -analyse. Die von der Uni Würzburg aufbereiteten Daten werden dann generationen­ gerecht via App zur allgemei­ nen Verfügung gestellt.

as Kärntner Start-up um die beiden Gründer Karl Maier und Tadej Čertov macht den Arbeits­fortschritt von Bienen­ völkern auf einer App sichtbar. Somit können Imker ihre ­Bienen häufiger kontrollieren, ohne sie dabei zu stören. ­Möglich macht das ein Mess­ system, b ­ estehend aus Waage, Mikrofonen, Temperaturund Luftfeuchtesensoren im Stock. Das so gewonnene Big Data wird der Bienen-­ Community zur Verfügung ­gestellt – für Forschungs­ zwecke und weitere Imker­ praxis. Und bei drastischen Veränderungen – oder Dieb­ stahl – warnt die App mit Alarmfunktion via SMS.

ine Biene ist allein genauso verloren wie ein einzelner Imker. Hektar Nektar schliesst aktuell 5700 Bienenfreunde unkompliziert und direkt kurz, vom Tierfreund zum Umwelt­ schützer, vom Landwirt zum ­Professor, vom Imker zum Kon­ sumenten. Via Online-Markt­ platz werden zudem Imkerei­ zubehör und Bienenvölker gehandelt, Letztere sogar in speziellen Kartonboxen für den Lebendversand. Und damit die ­Community noch weiter­ wächst, haben die Gründer Mark und Martin Poreda das «Projekt 2028» ins Leben ­ge­rufen, wo Unternehmen die Kosten der (Neo-)Imker übernehmen können.

we 4bee . de

beesaver . at

hek tarnek tar . com

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Volunty-Co-Founder Marco Meister, 24: «Das Interesse der Menschen, sich freiwillig zu engagieren, ist enorm.»

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MEIN S TA RT-UP-MOMENT

DIE MITMACHER Eine Neunzigjährige veränderte sein Leben: Mit dem Start-up Volunty hebt Marco Meister soziales Engagement auf eine professionelle Ebene, von der alle Beteiligten profitieren.

innovator: Laut eurer Homepage stand am Anfang die Begegnung mit einer Frau … marco meister: Ja, aber nicht, was du meinst. Ich war Student im dritten Semester und belegte den Kurs «Soziales Engagement». So begegnete ich Maria, einer neunzigjährigen Frau. Sie lebte in einer winzigen Wohnung, fast vergessen von der Umwelt. Ich begriff schnell: Meine privilegierte Welt bildet nicht die Realität ab. Viele Menschen kämpfen täglich mit existenziellen Problemen. Das hat meine Sicht der Dinge völlig verändert. Wir brauchen Freiwillige, die mithelfen, dass es anderen Menschen bessergeht. Und dann hat du Philipp Blumer getroffen. Ihn kannte ich schon vorher. Er war einige Semester weiter und betrieb die Nachhilfe-Plattform Youknow.ch für Studierende. Wir redeten häufig über meine Begegnung mit Maria und die Wichtigkeit von Freiwilligen­ arbeit. So entstand unser Verein Volunty International zur Vermittlung von Schülern und Studierenden an soziale Organisationen.

VOLUNTY

Wie bringt man Leute dazu, sich freiwillig zu engagieren? Es gibt viel mehr Interesse, als

INNOVATOR

man annehmen würde. Bei Capco leitete Philipp den Bereich Corporate Social Responsibility, wo er die Resonanz auf Volun­teering sah – auch in der Wirtschaft. So entstand unsere Geschäftsidee: Unterstützung von Mitarbeiter­ aktivitäten wie Corporate Volunteering zur Förderung von Employee Engagement. Anfang 2018 war Startschuss. Wir eröffneten unser Büro in Zürich. Kleines Atelier mit grossem Arbeitstisch, Sitzungs- und Denkecke – und einer Dusche. Praktisch, denn wir arbeiteten oft Tag und Nacht. Inzwischen sind wir umgezogen. Die Ateliers sind dreimal so gross, mit mittlerweile 15 Mitarbeitenden. Was macht ihr genau? Wir helfen Firmen, mit Employee­ Engagement ihren Erfolg zu steigern. Dafür organisieren wir Mitarbeiteraktivitäten in den Bereichen Corporate Volunteering, Sport, Kultur und Bildung. Erfolgreiches Employee Engagement führt dazu, dass sich Mit­ arbeitende den Unternehmens­ zielen und -werten emotional stärker verpflichtet fühlen und motivierter arbeiten. Ein Beispiel, bitte. Eine grosse Zürcher Firma stellt ihre Mitarbeiter fünf Tage im Jahr für ein soziales Engagement frei. Wir analysieren Bedingungen und Bedürfnisse, wählen Einsatz­

möglichkeiten aus und bauen ein komplettes Programm. Jeder hat bis zu zwanzig Einsätze zur Wahl: etwa in einem Tierheim, einer Betreuungseinrichtung oder einem Sportverein. Wir ­ko­ordinieren alles und werten es für die Firma aus. Hattet ihr Vorbilder? Wir hatten kein konkretes Vorbild, da unsere Dienstleistung viel weiter geht als die bestehenden Vermittler und Online-Platt­ formen. Wir bieten nun komplette indi­vidualisierte Programme mit Kommunikations-, Koordinationsund Reporting-Software. Gab es Zweifel und Ängste? Wir hatten die Erfahrungen mit unserer Non-Profit-Version. Und wir erkannten das Potenzial von Volunteering und unserem Businessmodell. Daran und an ­unseren Fähigkeiten haben wir nie gezweifelt. Doch es gab natürlich Rückschläge, die schmerzten. Etwa? Ein grosses Beratungshaus hat sich nach einem halben Jahr unerwartet zurückgezogen. Wir hatten intensiv gearbeitet und das Produkt kundennah entwickelt. Es gab zwar ein Honorar, doch das «No» tat weh. Trotzdem war es eine wertvolle Investition. Wir sind heute für die Lernerfahrung dankbar. Eure wichtigste Ressource? Unser Team. Es ist matchentscheidend. Wir arbeiten sehr hart und wählen jede Verstärkung nach den Kriterien Know-how, Identifikation und Leidenschaft aus. Wir brennen für unser Thema. Zum Glück hatten wir bisher ein goldenes Händchen bei der Mit­ arbeiterwahl. Die Fluktuations­ rate beträgt exakt null Prozent.

Die Website für massgeschneiderte und freiwillige Firmenaktivitäten:

volunty.com

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Einfach schön: CARU versteht Sprachbefehle, lässt sich aber auch durch Berührung des Deckels bedienen.

CA RU M ACHT DIE K A MER A ZUR ROB O -K A MER A

Thomas Helbling und Susanne Dröscher erfanden den weltweit ersten Smart Sensor für die Pflege.

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TOBIAS SIEBRECHT

Das mit dem technischen Fortschritt ist so eine Sache. Solange man mitkommt, ist alles gut. Aber wehe, man verliert den Anschluss. Wie sich Ausgrenzung anfühlt, kann CARU-­ Co-CEO Susanne Dröscher gut nachvollziehen: «Wir interviewten 200 Rentner, Pfleger und Angehörige, fragten, was alten oder kranken Menschen fehlt, was sie brauchen, was sie sich wünschen.» Spoiler: jemanden, der an sie denkt. Das Zürcher Start-up CARU stellt diese Verbindung her. Mit einem intelligenten Mitbewohner, der all jenen hilft, die von Smartphones überfordert sind. CARU ist Telefon (reduziert auf eine Nummer) und Anrufbeantworter, Notruf («Hilfe!») und Messstation, die Temperatur, Luftfeuchtig­ keit und -qualität trackt. Vor allem aber ist der Smart Sensor ein Brückenbauer, der analoge und digitale Gene­ rationen ­zusammenbringt.


SO SMART IST DIE SCHWEIZ MASCHINEN, DIE DICH VERSTEHEN, FLEISCH, DAS DIE

U M W E LT S C H Ü T Z T, U N D P A K E T E , D I E V O R D E I N E N F Ü S S E N L A N D E N : D I E S E S I E B E N S C H W E I Z E R S TA R T - U P S S T E L L E N D E N M A R K T M I T I H R E N I D E E N A U F D E N K O P F. T E X T: R E I N E R K A P E L L E R


Nicolas Gavillet, Thomas Verduyn und Ivan Jeannet (v. li.) vor dem Aquaponik-­ Gewächshaus

VETRI basiert auf BlockchainTechnologie und der Idee, dass deine Daten dir gehören.

VERTI, @THOMASVERDUYN, @ ARNAUDANDRIER

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V E TRI PRI VAT SPH Ä RE DANK BLOCKCH A IN Blockchain – das ist die schmerzliche Erinnerung, einen der wichtigsten Finanztrends der letzten Jahre verpennt zu haben. Jetzt könnte die supersichere Technologie für viele wieder aktuell werden, sagt zumindest die Zürcher VETRI Foundation. Deren ­Vision: In naher Zukunft erhält der User dank Blockchain die Kontrolle über seine Daten zurück und löst sich so von Datenkraken wie Google. VETRI-Trustee Yves-Alain Petitjean: «VETRI bedeutet Selbstbestimmung. Du entscheidest, mit wem du deine Daten teilst und wem du sie verkaufst.» Ein radikaler Ansatz, der Datenhändler in die Röhre gucken lässt und dem User sinnvolle Angebote beschert. Denn nun können Firmen gezielt User befragen­ und Angebote erstellen. ­Natürlich gegen Bezahlung in Form von Tokens, denn unsere Daten sind etwas wert. Und sehr, sehr gefragt. vetri.global/uber-uns

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E Y E WA RE S CH AU MIR IN DIE AUGEN, S OF T WA RE Wenn Menschen miteinander kommunizieren, dann bedarf es oft keiner grossen Worte. Oft reicht da schon ein blosser Blick. Dass es beim MenschMaschine-Dialog nicht anders sein muss, beweist das Startup Eyeware aus Martigny im Kanton Wallis. Ihre intelligente Software GazeSense trackt nicht nur Augenbewegungen, sondern das gesamte Gesicht und erkennt dank maschinellem Sehen, wohin der User


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L ÉGUME S PERCHÉ S GEMÜSE AUS DER S TA DT

Haben mit ihrer EyetrackingSoftware alles im Blick: Eye­ ware-COO ­Serban Mogos (o.) und -CEO Kenneth Funes

blickt. Eyeware-COO Serban Mogos: «Bisher brauchte man für Eyetracking teure Kameras, schwere Brillen und Menschen, die stillhielten.» GazeSense ist da eindeutig flexibler, trackt statt einer gleich mehrere Personen, selbst wenn die sich frei im Raum bewegen. Alles, was die Software dafür benötigt, ist ein handelsübliches Kamera­ system mit 3D-Sensor. Und das findet sich bereits in über 200 Millionen Smartphones (was die Bedienung mittels Blickgesten ordentlich pushen könnte) und bald auch in Premiumautos mit AutopilotFunktion. Denn in Zukunft darf der Fahrer das Steuer erst wieder übernehmen, wenn er auch wirklich auf die Strasse blickt. eyeware.tech

Der GrowbotHub zeigt, wie eine automatisierte Gemüsezucht auf dem Mond aussehen könnte.

Da soll mal einer sagen, die Jungen hätten keine Visio­ nen! 2018 machten sich die Stu­denten Mélodie Rey, 23, und Thomas Verduyn, 25, an die Verwirklichung ihres Traums: die Entwicklung und Erforschung von Konzepten für städtische Landwirtschaft. Ein Jahr später hat Légumes Perchés aus Lausanne 21 Mitarbeiter, die mit Bürgerbetei­ ligung laufend an neuen nachhaltigen Ideen arbeiten, damit irgendwann Gemüse hyperlokalen Ursprungs, also aus maximal drei Kilometer Umkreis, auf dem Teller landet. Kleiner Vorgeschmack? 2018 startete Légumes Perchés Gemüsegärten-Projekte an Schulen, baute den pflanzengiessenden Farmbot nach Open-SourceVorlage und realisierte ein sogenanntes Aquaponik-System, das Exkremente aus der BioFisch­zucht als Pflanzendünger nutzt. Und 2019? Geht es erst richtig los: mit einer Initiative, die leerstehende Flachdächer in der Stadt in Gemüsegärten verwandelt, und einer Koop mit dem Swiss Space Center, die den vollautomatischen Gemüseanbau am Mond simuliert. Für so viel Erfindergeist kann es nur einen grünen Daumen nach oben geben. legumesperches.ch  81


Zünden den Turbo bei 3D-Animationen: Olivier Barbeau (Crea­ tive Director), Olivier Morgan (COO) und Benoît Le Callennec (CEO).

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Besonders gut funktioniert die Mosketch-­Light-­ Software in Verbindung mit einem Wacom-­ Zeichentablett.

5 MOKA STUDIO, PLANTED.CH

MOK A S T UDIO 3D -A NIM ATIONEN MIT EINEM S TRICH Die 3D-Animation von Figuren ist so etwas wie der End­gegner im digitalen Workflow. Denn was in Film und Game so smooth aussieht, ist in echt ein Knochenjob. Man muss sich das so vorstellen: Jede Bewegung, die ein Mensch ausführt, muss in einem 3D-Programm nachgebaut werden. Jedes Gelenk, jeder Knochen mit der Präzision eines Puppenspielers immer wieder in Position gebracht werden. 30-mal in der Sekunde. Dank Moka Studio aus Martigny (VS) und deren Software geht diese Arbeit jetzt deutlich leichter von der Hand. Das Start-up hat mit der EPFL die NumIK-Technologie entwickelt, mit der man 3DCharakter-Animationen in Echtzeit erstellt. Wie einfach das geht, merken 3D-Artists ab dem ersten Strich. Denn sobald man auf dem Tablett eine Linie zieht, gleicht ein Algorithmus die Pose der 3D-Figur automatisch der Linie an. Alles danach ist Feintuning, gerade für einfache Animationen ein Zeitgewinn. Wenn es nach dem Sieger der MassChallenge 2017 geht, wird die NumIKTechnologie in Zukunft auch die Erschaffung von AR- und VR-Apps befeuern. mokastudio.com

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PL A N TED B IS S FÜR B IS S DIE   W ELT RE T TEN Fleischessen und Klimaschutz waren bisher zwei Dinge, die sich eher nicht so gut vereinen liessen. Bisher. Denn das Zürcher Start-up Planted entfacht mit seinem pflanzlichen Fleisch gerade eine kleine Essrevolution. Das Fleisch, das nicht geschlachtet werden muss, ist zart, saftig, fein, faserig und bietet all die gesundheitlichen Vorteile von Pflanzen. Wie das möglich ist? Mittels der Nassextrusion, bei der pflanzliche Proteine, Pflanzenfasern, Sonnenblumenöl, Salz und Wasser mit verschiedenen aufeinander abgestimmten Hitze-, Druckund Scherungsstufen in eine fleischartige Struktur gebracht werden. Das erste Produkt der Pflanzenzüchter, das Planted.chicken, gibt’s bereits in Restaurants in Zürich und Luzern, die auf den veganen Fleischtrend aufgesprungen sind. Übrigens: Facebook- und Instagram-Follower erfahren als Erste, wo die nächsten Planted-Gerichte aus dem ­Boden spriessen. planted.ch

Haben Tierfleisch satt: Pascal Bieri, Lukas Böni und Eric Stirnemann vom Planted-­ Gründerteam

Während andere Firmen Rindfleisch imitieren, setzt Planted auf pflanzliches Pouletfleisch.


7 Platz da: Dank patentiertem OrigamiKäfig ist die Drohne zusammengefaltet um 90 Prozent kleiner.

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D RONIS TICS DEIN DROHNEN-­ LIEFERDIENS T Kennst du das? Du bestellst ein Paket. Trackst via App den Standort und wartest, dass der Paketdienst klingelt. Irgendwann wird es komisch. Der Lieferant schreibt, du bist nicht da, obwohl du die Wohnung nicht verlassen hast. Nenn es Zeitdruck, nenn es Pech. Entscheidend ist: Auf den letzten Metern geht etwas schief. Dronistics aus Lausanne möchte unerfüllte Zustellungen mit Drohnen

in den Griff kriegen. «Wir liefern deine Bestellung im Umkreis von zwei Kilometern in zwanzig Minuten direkt vor deine Füsse», sagt DronisticsGründer Przemek Kornatowski. Wie das geht? Du kaufst ein dringend benötigtes Produkt, teilst via Smartphone deinen Standort mit und wartest auf die PackDrone. Die Drohne mit autonomer GPS-Navigation, 500 Gramm Traglast und patentiertem Käfig, der Mensch, Drohne und Paket schützt, hebt 2019 testweise ab. Wobei sich Dronistics als Komplettanbieter sieht, der mit Web-App und U-SpaceIntegration (Kooperation von Skyguide und dem Bundesamt für Zivilluftfahrt) einen sicheren Flugverkehr für Mensch und Drohne garantiert. dronistics.epfl.ch

INNOVATOR

2017 EPFL

PackDrone-Erfinder Przemek Kornatowski: «Pro Jahr müssen 85 Millionen Pakete in Europa noch am selben Tag ankommen. Sie alle sind ­kleiner als ein Schuhkarton.»


KURZE MEETINGS SIND DIE BESTEN.

Flügel für das ganze Team mit dem Red Bull Kühlschrank Abo bei BRACK.CH. Infos auf redbull.ch/abo



GUIDE

I N N O V AT O R

Infos und Events:

Heisse Tipps für Inspiration im Sommerloch // Die wichtigsten TechKonferenzen – in der Schweiz und weltweit // Prototyp im Check: die Adler-Kamera // Fuckup Night Special: So geht Fehlerkultur //

INNOVATOR

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CHECK IT OUT

HIGHTECHADLERAUGE

Erfolgsstory Eagle Cam: wie das «Red Bull Media House Wingslab» Filmaufnahmen buchstäblich Flügel verlieh.

DIE KAMERA Das Objektiv, hier in Rechtsauslage montiert, kann auch links oder oberhalb des Adlerkopfes positioniert werden. Gesamtgewicht der Kamera: 75 Gramm.

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DIE K AMER AF R AU Steinadler-Dame Fritzi, hier mit der oberhalb des Kopfes positionierten Eagle Cam, stammt aus Bayern. Ihre Hauptkunden sind Tourismusregionen, die einen Rundflug von ihr buchen.

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KLAUS PICHLER, RED BULL MEDIA HOUSE ARCHIV

A

m Anfang stand eine Frage: Kann ein Vogel filmen? Gestellt vom Team der Terra Mater Factual Studios in der Produktionsphase ihres 2016er-Kinohits «Wie Brüder im Wind». Die Antwort siehst du auf dem Bild. Es zeigt jene Kamera ­inklusive Halterung, mit der Steinadler-Dame Fritzi in die Luft gestiegen und zur ersten fliegenden Produzentin von Videoaufnahmen in Kinoqualität avanciert ist. Entwickelt wurde dieser Prototyp vom auf Bildsensoren spezia­ lisier­ten Fraunhofer-Institut in Berlin in monatelanger Forschung. «Die Herausforderung bestand in der Miniaturisierung einer fünf Kilo schweren Filmkamera», er­ innert Andi Gall, Chief Inno­vation Officer des Red Bull Media House, an die Zeit vor GoPro und Co. ­«Gemeistert haben wir sie, ­indem wir – einfach gesagt – einzelne Teile der zerlegten Kamera auf ­einer ­extra gefertigten CarbonAufhängung fixiert haben.» Die Lösung ist nur 75 Gramm schwer, liefert aber Ergebnisse in Full HD. Gall: «Nachdem wir die Bilder am Berg erstmals gesehen hatten, lagen wir uns vor Freude minutenlang in den Armen.» Die Aufnahmen begeisterten nicht nur im Film, sondern auch via Social Media, wo Videoclips mit dem signifikanten Adlerkopf viral gingen. Für das Wingslab ein Indiz, dranzubleiben. Und weiter zu experimentieren – zum Beispiel mit 360-Grad-Kameras aus GoPro-Linsen, dem neuesten Equipment von Kamerafrau Fritzi.


PROTOTYP

«NACHDEM WIR DIE BILDER ERSTMALS GESEHEN HATTEN, LAGEN WIR UNS VOR FREUDE MINUTENLANG IN DEN ARMEN.»

DAS CARBONRIGG Die Halterung wird mit Teflon-Bändern auf den Rücken des Adlers geschnallt. So wird dieser in seinen Bewegungs­abläufen kaum gestört.

RED BUL L ­M EDIA HOUSE WINGSL AB Andi Gall, Chief In­no­ vation Officer des Red Bull Media House, prüft mit seinem Team neue Gadgets und sucht gemeinsam mit den Entwicklern nach Einsatzmöglichkeiten. Hier stellt er immer je einen Prototyp genauer vor. Über eine kleine FlugRevolution liest du in Andi Galls Kolumne auf Seite 96.

INNOVATOR

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SCHÖNER SCHEITERN

9 Wege, wie du dein Start-up an die Wand fährst (nicht zur Nach­ ahmung empfohlen).

Eine Du hast keine Ahnung vom Markt, aber du in Anleitung hastSchritten: die Vision – die 9 ­innovative Idee – und glaubst, die Welt wartet darauf. Dann baust du deinen Glauben um diese Vision herum. Doch dein Start-up beruht auf Vermutungen, nicht auf Fakten und Erfahrung. Es ist nicht unmöglich, dass du ­Erfolg hast. Aber die Chance zu scheitern ist höher als das Matter­horn.

Réginald Bien-Aimé, 38, ist Business-Berater, ­Referent und Coach in Genf und in der Event-Szene für Startups bestens vernetzt. Er hat 2016 die Schweizer Fuckup Nights (FUN) initiiert, in denen gescheiterte Startup-Gründer ihre Misserfolgsgeschichte erzählen – und so andere aus den gemachten Fehlern lernen lassen.

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Du bist auf dein Produkt fixiert. Doch du kannst potenziellen Käufern kein Wert­ versprechen geben (Value Proposition). Anders gesagt: Du bringst Sinn und Mehrwert nicht auf den Punkt. Du redest und redest – doch keiner versteht, warum dein Produkt wirklich nützlich, ja nötig wäre.

2

Du bist ein Lonesome Cowboy

«Innovation braucht die Bereitschaft zum Scheitern. Scheitern bringt dich weiter.»

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Du bringst es nicht auf den Punkt

Du startest allein. Noch dazu in einer ­Industrie, die du nicht kennst. Das ist dir egal, denn du denkst, der Einzige, der deine Idee zu 100 Prozent um­ setzen kann, bist du. In Wahrheit kannst du bestenfalls 10 Prozent dazu beitragen: Du unter­schätzt die Bedeutung unterschied­ licher Skills von verschiedenen Partnern. Deshalb schiebst du die Entscheidung, solche an Bord zu holen, immer wieder hinaus – bis es zu spät ist.

3

Du denkst vom Ende her

Anstatt das Minimum deiner Idee (sagen wir: einen Smoothie) mit wenig Aufwand auf dem Markt zu testen, tüftelst du schon an Flasche, Label und Vertrieb. Du ignorierst den Grundsatz vom schlanken (lean) Start-up. Du bist fixiert auf Fine­ tuning, solltest aber erst einmal wissen, wie der Smoothie perfekt (und besser als alle ­anderen) gelingt und wie er den Leuten schmeckt.

INNOVATOR

BAPTISTE PRETRE, ETH ENTREPRENEUR CLUB

HOW TO FUCK UP

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Schaffe eine Vision von Vermutungen


I N N O V AT O R

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Alles zu jeder Zeit – keine Prioritäten Dein Start-up wächst. Dann kommen andere Leute dazu, alle ziehen in verschiedene Rich­ tungen. Doch du holst dir keine Hilfe. So be­ ginnst du langsam den Fokus auf deine Priori­ täten zu verlieren.

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Die Zeit hat dich im Griff und nicht umgekehrt

Du glaubst, Zeit kann man managen. Falsch! Das betrifft nur deine eigene Zeit, nicht aber die der anderen. Du verkennst, wie gewisse Abläufe oder sogar ganze Industrien zeit­ lich strukturiert sind. Das bringt dein eigenes Zeitmanagement ge­ hörig durcheinander.

HAVE FUN

Bühne frei für wahre (und lehrreiche) Storys über das Scheitern. Hier findest du die nächsten Fuckup-Events – in der Schweiz und weltweit. fuckupnights.com

Das Geld wird schnell knapp

Du glaubst, es gibt nur zwei Wege der Finan­ zierung: eigenes Geld (Boothtrapping) oder Fremdinvestment (Venture Capital). Da­ bei gibt es noch andere Quellen – etwa Stiftun­ gen oder staatliche ­Hilfen. Doch du weisst zu wenig davon – weil du dich nicht darüber informierst.

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Du verkaufst dich zu schlecht Du bist verliebt in dein tolles Produkt. Doch du kannst dich nicht verkaufen. Du müss­ test jedem – jedem! – in 20 Sekunden sagen, was du machst. Doch du bist kein aktiver Kommunikator. So überzeugst du weder den potenziellen CoGründer noch Investo­ ren oder Käufer …

INNOVATOR

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Dein Erfolg macht dich fertig 100 Kunden nach drei Monaten – super! Doch du bist auf das Volumen nicht vorbe­ reitet. Alles geht durch die Decke: Lieferzeiten, Überstunden, Fehler, E-Mails, Logistik, Orga­ nisation – Stress zum Quadrat! Du machst kein Update deiner ­Vision, Plan B und C versauern – du willst nur noch das Scheitern vermeiden. Und brennst dabei aus.

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Juni Fuckup Night Vienna Vol. XXV – powered by INNOVATOR Die Fuckup Nights Vienna in Österreichs Haupt­ stadt (Bild) erfreuen sich seit fünf Jahren grosser Beliebtheit. 2019 findet erstmals eine «Summer Edition» statt, in der mutige Macher öffentlich über Projekte erzählen, die gewaltig schief­ gelaufen sind. Volksgarten Club, Wien, Österreich; fuckupnights.at

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DO IT

21 August Finanz und Wirtschaft FORUM Health

Hier steht die Gesundheit der Zukunft im Vordergrund – und die Frage, wie wir den Boom an medizinischer Innovation weiter am Leben halten können. Denn so toll die Fähigkeiten moderner Medizin sein mögen: Sie wird auch immer teurer – sodass sich nur wenige Menschen deren Segnungen leisten können. Finden wir Lösungen für diese Herausforderung? Im GDI Gottlieb Duttweiler Institute gibt es im August die Ant­worten. GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Rüschlikon (ZH); fuw-forum.ch/health

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Was wird sich durch die unaufhaltsame Digitalisierung der Industrieproduktion alles ändern? In der Wirtschaft – und im Leben? Seit 2015 ist das Forum ­«Industrie 4.0» die Plattform zum ­Erfahrungs- und Wissensaustausch für Manager, Visionäre und Praktiker. Voriges Jahr trugen Persönlichkeiten wie Siegfried Gerlach (CEO Siemens Schweiz AG), Prof. Dr. Roland Siegwart (ETH Zürich) oder der CTO der Bühler AG, Ian Roberts (Bild), dazu bei, dass die Besucher spannende Denk­ anstösse mit auf den Weg bekamen. Gottlieb Duttweiler Institute, Rüsch­ likon (ZH); fuw-forum.ch/industrie

INNOVATOR

FUW-FORUM, IRIS C. RITTER

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Oktober Industrie 4.0


S A V E T H E D AT E S C H W E I Z

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September STARTUp Forum Thurgau Die Ostschweizer Start-up-Szene trifft sich zum Wissenstransfer mit Podiumsinterviews und InputReferaten, dazu gibt es Gelegenheit zum Networking. Die Anmeldung kostet nichts, ein Apéro und ein Gratis-Ticket für die zeitgleich stattfindende Thurgauer Messe sind ein interessantes Angebot. Weinfelden, startnetzwerk.ch

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bis 29. September Hackzurich Der 2014 gegründete Hackathon hat sich inzwischen zur grössten Ver­ anstaltung dieser Art in ganz Europa entwickelt. Bei der Programmiersession bilden 550 Teilnehmer aus über 60 Ländern Teams – und tüfteln an Apps für Web, Mobile und Desktop. Sieger 2018: Team Deepbusters mit einer App, die erkennen kann, welches Online-Video echt oder ein Fake ist. Zürich, hackzurich.com

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bis 29. 9. Digital Festival Unterschiedlichste Talente – vom CEO über den Start-upGründer bis zum Hacker – ­tauschen sich zum Thema Digitalisierung aus. Die Liste der  Key­note-Speaker-kann sich sehen lassen: On stage sprechen etwa der IT-Unter­ nehmer Daniel Gutenberg oder Valora-CEO Michael Müller. Zürich, digitalfestival.ch

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bis 29. September Red Bull Media World Academy Film & Music Camp In Biel zeigen dir Pros aus der Branche, wie Film und Musik zu einer Einheit werden: Workshop um Recording, Mixing und Mastering mit Top-Filmemachern und Schweizer Musikproduzenten. Und du mittendrin. Anmeldung: redbull.com/mediaworldacademy

KEVIN CONNERS/RED BULL CONTENT POOL, THIERRY SERMIER

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bis 10. September World Virtual Reality Forum (WVRF) In Crans-Montana dreht sich fünf Tage lang alles um die virtuelle Welt: Es geht etwa um die Einführung des Mobilfunkstandards 5G oder den Einsatz von künstlicher Intelligenz (AI). Auf dem Programm stehen aber auch jede Menge VR- und AR-Experiences (Bild), Fundraising-Strategien sowie der hoch ­spannende Bereich der Neurowissenschaften. Crans-Montana, wvrf19.com

INNOVATOR

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DO IT

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bis 19. 9. DLD Tel Aviv Innovation Festival Eine der wichtigsten digitalen Konferenzen weltweit: In Tel Aviv treffen auf einem Bahn­ hofsgelände Investoren, Startups und Busines-Angels auf­ einander – und diskutieren auf Augenhöhe. Speaker? Von Weltformat. Wie etwa: BurdaMedia-Chef Hubert Burda. dldtelaviv.com, Tel Aviv

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und 27. 9. Wirtschafts­ forum Velden Ausnahmsweise lassen sich im Casino alle in die Karten schauen: Wirtschaftsexperten aus Österreich, Ost- und Süd­ osteuropa diskutieren zu den Themen Export, Digitalisie­ rung und Industrie 4.0. Für Start-ups interessant: Der Pitch Call ist noch offen. Casino, Velden, Österreich forumvelden.at

bis 13. September Auf der Suche nach der besten Lösung

Auf der Fashiontech erklären Experten, wie die Digitalisierung die Mode verändert.

Der Name ist Programm: Bei der ­solutions.hamburg geht es darum, «echte Lösungen», wie die Organisa­ toren betonen, für unser Leben in der ­digitalen Welt zu finden. Zuletzt kamen mehr als 6000 Besucher, um gemein­ sam mit 500 Speakern genau das zu tun – in Vorträgen, Workshops und ­Gesprächsrunden. Angesichts der ­Rednerliste des Vorjahrs (mit StarBlogger Sascha Lobo oder Wissen­ schaftsjournalist Ranga Yogeshwar) darf man schon jetzt gespannt sein. Kulturfabrik, Hamburg; solutions.hamburg

Klar: Die Digitalisierung macht auch vor der Mode­ industrie nicht halt, aber wie wirkt sie sich konkret dar­auf aus? Fragen wie diese werden bei der Fashion­ tech diskutiert. Die Organisatoren sehen sich als Ent­ wicklungshelfer an der Schnittstelle von Mode und Technologie. Das Festival findet während der Fashion Week statt (zwischen 2. und 4. Juli; der genaue Termin stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest). Kraftwerk, Berlin; fashiontech.berlin

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INNOVATOR

SILPION, JOHANNES NEMECKY

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bis 4. Juli Was die Zukunft aus der Mode macht


S A V E T H E D AT E I N T E R N AT I O N A L

2 STEFAN WIELAND

bis 5. Juli Zukunft verstehen Das Tech Open Air (TOA) steht in diesem Jahr auf fünf Themensäulen: Diskutiert wird über New Communities und Pioneering Business, Deep Tech und Emotional Innovation sowie – und das ist wörtlich gemeint – Zukunftsmusik. Als Speaker u. a. mit dabei: Sam Parr, der mit «The Hustle» die am schnellsten wachsende Media-Brand in den USA betreibt, und Avid Larizadeh-­ Duggan, COO der Kobalt Music Group. The Haus of Tech, Berlin; toa.berlin

INNOVATOR

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READ IT

MOMENT MAL – DAS GEHT DOCH NICHT!

W

ie oft wurden wir schon mit Ideen konfrontiert, bei denen Bauch und Kopf gleichermassen gesagt ­haben: «Du hast gelernt, dass das nicht funktioniert, also lass es sein!» Wie oft erleben wir im beruf­ lichen Alltag, dass das geplante Vorhaben nicht dem Standard entspreche, zu unkonventionell sei – und deshalb keine ­Genehmigung bekommt.

Andreas Gall 54, spürt als Chief Innovation Officer im Red Bull Media House Neuerungen auf, die die Zukunft der Medien und der Consumer ­Technology gestalten.

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Als Innovator werde ich oft mit diesen Widersprüchen konfrontiert, bei denen die präsentierte Idee so überhaupt nicht in das Gelernte passt. Und natürlich gehört es auch zum Business, dass man gelernte Strukturen, Prozesse und Technologieanwendungen erst einmal verteidigt – also auf dem Bestehenden beharrt, anstatt sich offen einer anderen Sichtweise, Lösung oder Erneuerung zu stellen. Warum ist es wichtig, das aktuell Gelernte immer wieder zu hinterfragen? Weil der technologische Fortschritt nicht Halt

macht und das Unmögliche mitunter möglich wird. Die Physik ändert sich nicht. Die Rahmenbedingungen mitunter schon. Vor zwei Jahren bekam ich einen Anruf von einem netten Herrn, der schon am Telefon so klang, als wäre er nicht mehr im «Start-up-Alter». Er erzählte mir von einer Erfindung für den Luftfahrzeug­ bereich – ein Team von erfahrenen Ingenieuren habe es geschafft, ein Fluggerät zu entwickeln, das mit einem einzigen Rotor auskomme. «Moment mal – das geht doch nicht! Nur ein Hauptrotor ohne Drehmomentausgleich – das kann nicht funktionieren!»

Feldkirchen statt San Francisco

Skepsis und Neugierde müssen selbst am Telefon hörbar gewesen sein, und ich bekam eine Einladung, den flugfähigen Prototyp zu bestaunen. Nicht in San ­Francisco, Wien oder München, sondern in Feldkirchen, einer kleinen Stadt in Kärnten im Süden Österreichs. Der Besuch sollte mein Mindset nachhaltig ändern. Unsere Vorväter haben Dinge ersonnen, die auf Basis der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel noch nicht umsetzbar waren. Die Erfindungen und Ideen landeten in Schubladen oder Archiven. Doch es gibt Menschen, die dieses Wissen pflegen und durchforsten, um zu prüfen, ob vielleicht der Zeitpunkt gekommen ist, um aus der Vision eine funktionierende Realität zu machen. Diese Personen sitzen nicht nur in Bibliotheken, Universitäten und Forschungsanstalten, sondern auch in privaten Communitys von «Freizeitforschern». Alte Ideen werden aus dem Archiv geholt, mit höchstem Respekt vor dem damaligen

INNOVATOR

MICHAEL PRESCHL

Wenn ein Besuch in Kärnten alles auf den Kopf stellt: unser Wissen über Physik und Aerodynamik und das allgemeine Bild von Erfindern.


KOLUMNE

IMPRESSUM

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886

«DIE PHYSIK ÄNDERT SICH NICHT. DIE ­R A H M E N B E D I N G U N G E N MITUNTER SCHON.»

Chefredakteur The Red Bulletin Alexander Macheck Chefredakteur Innovator Arek Piatek Art Director Kasimir Reimann Photo Director Eva Kerschbaum Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza Freie Mitarbeiter Marc Baumann, Waltraud Hable, Jakob Hübner, Reiner Kapeller, Johannes Kornacher, Alexander Lisetz, Stefan Wagner, Wolfgang Wieser Grafik Miriam Bloching, Martina de CarvalhoHutter, Kevin Goll, Carita Najewitz, Antonia Uhlig Illustrationen Johannes Lang Fotoredaktion Marion Batty, Ellen Haas

Wissensstand. Eine nächste Generation übernimmt, und in manchen Fällen wird aus der «verrückten, unrealistischen Idee» ein erfolgreiches Produkt.

Innovation braucht Emotion

Damit das funktioniert, braucht es nicht nur den kühlen, analytischen Blick des Wissenschaftlers, sondern auch Begeis­ terung und Emotion – ein Feuer, das in ­einem lodert. Und diese Emotionalität kann ansteckend sein: Das Fluggerät, das eigentlich so nie fliegen dürfte, hob vor meinen Augen ab. Stellte auf den Kopf, was ich über Physik und Aerodynamik zu wis­ sen meinte. Ich hatte Tränen in den Augen vor Begeisterung, Freude und Respekt vor den alten Ingenieuren, die vor vierzig Jahren im ersten Anlauf gescheitert waren – nun war ihre grosse Stunde gekommen. Was das im Bewusstsein meines Teams geändert hat? Wir sind offener und moti­ vierter Erfindungen gegenüber, die auf den ersten Blick verrückt oder unmöglich erscheinen. Wir beflügeln bewusst auch Projekte, die aus der Vergangenheit zu uns gefunden haben und auf eine nächste Chance warten. Und wir haben gelernt: Innovation braucht gute Rahmenbedin­ gungen, Zeit und oft den richtigen Zeit­ punkt. Vor allem aber braucht Innovation eine über das Rationale hinausgehende Begeisterung – sie braucht Emotion! Die Story über das Kärntner Start-up und sein Fluggerät finden Sie in der nächsten Ausgabe des INNOVATOR-Magazins.

Global Project Management Melissa Stutz Global Head of Media Sales Gerhard Riedler Head of Publishing Development und Product Management Stefan Ebner

Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Melissa Stutz Anzeigenverkauf Marcel Bannwart, marcel.bannwart@redbull.com Abo- und Leserservice abo@ch.redbulletin.com

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258 Länderredaktion David Mayer Country Project Management Natascha Djodat Anzeigenverkauf Matej Anusic, matej.anusic@redbull.com Thomas Keihl, thomas.keihl@redbull.com

Publishing Management Sara Varming (Ltg.), Bernhard Schmied, Mia Wienerberger Head of Creative Markus Kietreiber Commercial Design Peter Knehtl (Ltg.), Sasha Bunch, Simone Fischer, Martina Maier

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838

Creative Solutions Eva Locker (Ltg.), Verena Schörkhuber, Edith Zöchling-Marchart

Länderredaktion Christian Eberle-Abasolo

Anzeigendisposition Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Produktion Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lektorat Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Josef Mühlbacher Herstellung Veronika Felder Office Management Yvonne Tremmel (Ltg.), Alexander Peham MIT-Experte Michael Thaler Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser ­( Vertrieb), ­Victoria Schwärzler, ­Yoldaş Yarar (Abo) General Manager und Publisher Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Strasse 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag und Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Strasse 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700

Country Project Management Bernhard Schmied Media Sales Innovator Österreich Gerald Daum Media Sales Vanessa Elwitschger, Franz Fellner, Mario Filipovic, Thomas Hutterer, Franz Kaiser, Alexander Kopellos, Stefanie Krallinger, Christopher Miesbauer, Nicole Okasek-Lang, Valentina Pierer, Jennifer Sabejew, Phillip Schleussner, Elisabeth Staber, Johannes Wahrmann-Schär anzeigen@at.redbulletin.com Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Offenlegung gemäss § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: www.redbulletin.at/impressum Redaktionsadresse Heinrich-Collin-Strasse 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0  Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier, Dietmar Otti, Christopher Reindl INNOVATOR

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TECH-HIGHLIGHT

«MIT DEM LASER ENTDECKEN WIR NEUE ANTIBIOTIKA TAUSENDMAL SCHNELLER.» Dr. Irene Wüthrich

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Winzige Lebensretter «Wir sitzen auf einer tickenden Zeit­bombe», sagt Dr. Irene Wüthrich, Forscherin an der ETH Zürich. Sie meint damit die wachsende Zahl antibiotikaresistenter Keime. Ihr Start-up SpheroBiotics soll die Bombe ent­schärfen. Mit Co-Founder Dr. Steven Schmitt lässt sie einen Laser nach neuen Antibiotikastämmen suchen – in mikro­ skopisch kleinen, natürlichen Gemeinschaften von Mikroorganismen. Die Chancen stehen gut: 99 Prozent der Mikroorganismen sind bislang unerforscht. Und ihre «Nano-­Fleming-Methode» kann pro Woche Millionen von ihnen scannen. Bei Erfolg wird die Bombe also nicht hochgehen. spherobiotics.com

INNOVATOR

SPHEROBIOTICS

Per Laser auf der Suche nach natürlichen Anti­ biotika: Schmitt und ­Wüthrich identifizierten schon 100 neue anti­ bakterielle Stoffe.



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