The Red Bulletin April 2013 - CH

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DAS MAGAZIN ABSEITS DES ALLTĂ„GLICHEN

APRIL 2013

ExtremAbenteurer Stefan Glowacz

AM ENDE DER WELT

Die Eroberung des Berg-Mythos Roraima

ROBBY NAISH Der Mann, der das Windsurfen neu erfand

QUESTLOVE Der 70-MinutenMultikultiMusik-Guru


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DIE WELT VON RED BULL

April 56

REVOLUTION AUF SEE

Talent und Schweiß statt guter Beziehungen: Beim Red Bull Youth America’s Cup kämpfen Nachwuchssegler um ein Ticket zur elitärsten Regatta der Welt.

Man kann ruhig sagen: Stefan Glowacz trat den Stein los, der sich zum aktuellen Kletter-Hype ausgewachsen hat; der Bayer war in den achtziger Jahren der erste Popstar der modernen Sportkletterei. In den Neunzigern verlegte er sich dann auf großformatig angelegte Abenteuer, Expeditionen, exotische Erstbegehungen – Antarktis, Vietnam, Patagonien. Nun findet Glowacz’ Leben und Werk die passende Aufbereitung: „Jäger des Augenblicks – Ein Abenteuer am Mount Roraima“ kommt Ende des Monats in die Kinos, zugleich atemberaubende alpinistische Doku, fein gezeichnetes Porträt eines Pioniers und berührende Geschichte einer großen Freundscha . Die Story hinter dem Film, die spektakulärsten Bilder, das GlowaczInterview: ab Seite 24. Viel Vergnügen! Die Redaktion 4

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GOTT AUF DER WELLE

Zum 50. Geburtstag der WindsurfLegende: Robby Naish über Rivalität, Liebe und Freiheit am Wasser. THE RED BULLETIN

COVERBILD: KLAUS FENGLER. BILDER: BALAZS GARDI, MICHAEL MULLER

WILLKOMMEN!



DIE WELT VON RED BULL

April AUF EINEN BLICK BULLEVARD

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14 18 20 21 22

NEWS Das Wichtigste in Kurzform MEIN KÖRPER Hürden-Star Dai Greene GLÜCKSZAHLEN Star Trek MEINE WELT Leonardo DiCaprio FORMEL Gewichtheben mit vier PS

Giftschlangen, Steilwände, ein Sturzbach vom Himmel: wie Abenteurer Stefan Glowacz einen Berg am Ende der Welt bezwang.

24 Berg-Mythos Roraima Stefan Glowacz’ Mission zu einem Gipfel im Urwald Südamerikas.

38 Robby Naish

Was der Windsurf-Hohepriester in vier Jahrzehnten am Wasser lernte.

50 Questlove

Ahmir Thompsons Kunst: Er vereint Erfolg und musikalische Relevanz.

56 Red Bull Youth America’s Cup

18 91 EISBÄDER MIT DAI GREENE

Harter Hund: Der 400-Meter-HürdenWeltmeister über seine Rezepte gegen Knie- und Muskelschmerzen.

IN DRACULAS DISCO

Eine Brotfabrik in Transsilvanien beherbergt Osteuropas Club-Flaggschiff. Der Club Midi im Schnell-Check.

Der Kampf ums America’s-Cup-Ticket.

68 Blechgitarren-Meister

Der Brite Jon Free baut Gitarren aus Abfall – Rockstars lieben ihn dafür.

72 Land der Denker

Zu Gast bei Armeniens Schachgenies.

80 Sternwarte München Auf Kometenjagd in den Alpen.

MORE BODY & MIND

50 EIN MANN FÜR 70 MINUTEN

Vom Garderobengehilfen zum LateNight-Superstar: der famose Aufstieg des Ahmir „Questlove“ Thompson. 6

72 TRAUMBERUF BRETTSPIELER

Wie sich der verarmte Kleinstaat Armenien an die Spitze der Schachwelt kämpfte. Besuch im Land der Denker.

84 86 88 89 90 94 95 96 98 98

REISETIPP Musik-Kultstätten in NYC GET THE GEAR MX-Star Ryan Dungey UHR-ZEIT Edles fürs Handgelenk TRAINING Kletter-Ass Angela Eiter NIGHTLIFE Die Macht der Nacht SAVE THE DATE Nationale Top-Events CARTOON Kainraths spitze Feder FERNSEHEN Red Bulls TV-Fenster KOLUMNE Ankowitschs Welt IMPRESSUM

THE RED BULLETIN

BILDER: KLAUS FENGLER/RED BULL CONTENT POOL, RUTGER PAUW/RED BULL CONTENT POOL, CLUB MIDI, PICTUREDESK.COM, DANIEL GEBHART DE KOEKKOEK

FEATURES

TITELSTORY: GIPFELSIEG AM RORAIMA




S E AHAM , E N G L AN D

HOCHWASSER

„Die wildeste See, die ich je gesehen habe“, sagt Fotograf Owen Humphreys über die Gischtsäulen im Hafen der nordostenglischen Stadt Seaham (bei Newcastle). Heftiger Nordwind hatte die Wellen gegen die Mole gepeitscht – Humphreys drückte sofort ab. Dank seiner Aufnahme lässt sich das Ausmaß der gigantischen Wassersäulen abschätzen: Der 1905 errichtete Leuchtturm von Seaham (im Hintergrund) ragt zehn Meter in den Himmel. twitter.com/owenhumphreys1 Bild: Owen Humphreys

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SAHAR A , MARO KKO

DURSTSTRECKE

Der Marathon des Sables ist das härteste Wüstenrennen der Welt: 246 Kilometer verläuft die Strecke quer durch die marokkanische Sahara. Die Teilnehmer müssen ihre Ausrüstung selbst schleppen, ein Tipp der Veranstalter lautet: zwölf Liter täglich trinken. Insgesamt 2700 Blasenpflaster klebten Sanitäter 2012 an die wunden Füße von 849 Wüstenläufern. Der Jordanier Salameh Al Aqra beendete die Tortur nach 19 Stunden und 59 Minuten als Sieger. Sein Resümee: „Jeder, der hier durchkommt, ist ein Champion.“ Infos zum Wüstenrennen: www.darbaroud.com Bild: Erik Sampers

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LO FOTE N , N O RW EG E N

GIPFELTREFFEN Dass Aksel Lund Svindal nicht nur sauber gesteckte Weltcup-Pisten beherrscht, bewies das Abfahrts-Ass bei seiner Freeskiing-Tour auf den Lofoten. Drei Tage lang erkundete der Norweger die Gipfel der Inselgruppe im Nordatlantik. Hier auf dem Foto in Begleitung der Tiefschnee-Profis Henrik Windstedt, Asbjørn Eggebø Næss und Tor Olav Naalsund. Wer Svindals Reise miterleben möchte: Die DVD „Being There“ zeigt den Trip in beeindruckenden Bildern. DVD-Bestellungen: www.fieldproductions.com Bild: Mattias Fredriksson

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Bullevard Beflügelndes in kleinen Dosen

Wieder da! 2013 ist schon jetzt ein Jubeljahr für Musikfans: Große Helden kehren unerwartet mit neuen Platten und Reunion-Konzerten zurück. Hier die vier (bisher) aufregendsten Comebacks des Jahres:

1. DAVID BOWIE Nach zehnjähriger Absenz meldet sich Bowie mit beeindruckendem Album („The New Day“) zurück.

2. FLEETWOOD MAC Auf ihrer Comeback-Tour präsentieren die Rock-Giganten die ersten neuen Songs seit 2003.

MUSIK IM DACHSPELZ Der Künstler David Cranmer baut elektronische Klangerzeuger. Instrumente, die nicht nur seltsam klingen, sondern auch seltsam aussehen. Warum steckt man ein Elektronikinstrument in einen ausgestopften Dachs? Falsche Frage, findet David Cranmer: Warum nicht? Dem 30-jährigen Künstler sind die komischen Klänge seiner Synthesizer nicht genug. Deshalb verpasst er ihnen auch das entsprechende Outfit. Prachtstücke seiner Sammlung: eine rosa Metalltonne mit Schweinegesicht und 56 interaktiven Tasten am Rumpf, eine Lautsprecherpyramide mit eingebautem Klangerzeuger, ein trommelnder Blech-Pinguin, betrieben von einer Kettensäge. Wie man auf solche Ideen kommt? Der Londoner gibt ein Beispiel: „Ein Freund fragte mich, welches das beste Gehäuse für ein Theremin sei. Ich sagte im Scherz, eine Holzschalung – oder ein ausgestopfter Dachs. Er fand die Idee großartig!“ Viele von Cranmers Objekten findet man auf Kunstmusik-Festivals, einige auf der Bühne – wenn Cranmer und sein Musikschwein als Nine Owls in a Baguette Konzerte spielen.

Zwischen Kunst, Klang und britischer Schrulligkeit: David Cranmers Instrumente

www.nervoussquirrel.com

3. MY BLOODY VALENTINE 22 Jahre tüftelte die Band am Nachfolger des Indie-Klassikers „Loveless“, der kürzlich erschien.

4. BLACK FLAG Die Hardcore-Urväter raufen sich für eine Tour zusammen – allerdings ohne Sänger Henry Rollins.

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BILDER DES MONATS

MOMENT MAL!

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach per Mail an: phototicker@redbulletin.com Unter den Einsendern der veröffentlichten Fotos wird eine Trinkflasche des Schweizer Herstellers SIGG im speziellen Red Bulletin-Design verlost.

Los Angeles Die Punk-Rocker von Bad Religion spielten beim Red Bull Sound Space in den KROQ Studios auf. Gabriel Olsen THE RED BULLETIN


Umweltfit

Am 22. April ist Earth Day. So verbessern Sie Ihre CO²-Bilanz.

Frische Musik von Festivals wie dem Sónar in Barcelona gibt’s im Red Bull Music Academy Radio.

LOGITECH K750, 65 EURO Diese SchnurlosTastatur arbeitet mit Solarenergie statt mit Batterien. Akkuzeit: 3 Wochen.

BILDER: REX FEATURES, WARNER MUSIC, GETTY IMAGES, DAVID CRANMER/NATHAN PASK, RED BULL MUSIC ACADEMY, GETTY IMAGES/RED BULL CONTENT POOL, WWW.BEDOWHATSNEXT.COM

Zukunfts-Musik Wie war das London-Konzert von The xx letzten Monat? Mit welchem Track hat Questlove sein jüngstes DJ-Set beendet? Bei welchen legendären Bands saß Ginger Baker am Schlagzeug? Fragen, die sich mit der neuen App vom Online-Radio der Red Bull Music Academy schneller denn je beantworten – und auch gleich nachhören – lassen. Täglich gibt’s neue Mixes, Künstlerporträts, Interviews und Konzerte – aufgenommen in Clubs und auf Festivals weltweit. Seit kurzem ist die neue Version der Radio-App zum freien Download für Smartphones verfügbar. Damit hat man unterwegs Zugriff auf über tausend exklusive Sendungen – und mehr: Mit dem neuen Interface kann man sich einen eigenen Kanal aus Favoriten einrichten, der auf rbmaradio.com synchronisiert abrufbar ist. Dank Adaptive Bit Rate ist beste Soundqualität gewährleistet, und sämtliche Shows lassen sich auf Facebook und Twitter teilen. Die App ist für iPhone, Android, WindowsPhone und Symbian verfügbar: www.rbmaradio.com

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BEDOL-WECKER, ca. 15 EURO Salzwasser bringt diese Uhr zum Ticken. Mit einer Tankfüllung läuft sie ganze acht Wochen.

BEST OF 200 Jubiläum für Mark Webber: Der 36-jährige Australier startet am 21. April in Bahrain in seinen 200. Formel-1-Grand-Prix. Emotionen beim ersten Formel-1-Grand-Prix? Grenzenlose Freude. Mein Weg in die Formel 1 war steinig, 2002 durfte ich bei meinem Heimrennen in Melbourne dabei sein – und schaffte mit dem unterlegenen Minardi sensationell Platz fünf. Stärkstes Rennen? Deutschland 2009, zugleich mein erster Sieg. Trotz Durchfahrtsstrafe hatte ich am Ende neun Sekunden Vorsprung auf Sebastian Vettel. Spektakulärstes Überholmanöver? Spa 2011, Eau Rouge: Ich presste mich mit Tempo 270 an Fernando Alonso vorbei. Gefährlichster Moment? 2010 in Valencia. Ich krachte Heikki Kovalainen ins Heck,

mein Auto stieg auf und schlug einen Rückwärtssalto – ein wahres Wunder, dass ich unverletzt blieb. Lieblingsauto? Der RB6 aus der Saison 2010 – mit ihm gewann ich vier GPs! Lieblingsstrecke? Die „Ardennen-Achterbahn“ in Spa, Belgien. Obwohl ich dort noch nie gewinnen konnte. Größte Enttäuschung? 2010. Da hatte ich die große Chance auf den Weltmeistertitel, schaffte zehn Podestplätze, aber am Ende fehlten mir 14 Punkte auf meinen Teamkollegen Seb Vettel. Ab sofort für Apple und Android: die „Red Bull Racing Spy“-App mit Live-Ergebnissen und -Bildern

Schrecksekunde: Mark Webber hebt in Valencia 2010 spektakulär ab.

www.earthday.org

DAS GEWINNERBILD

Kapstadt

Susi Mai und Robby Naish präsentierten den wieder ins Leben gerufenen KiteContest Red Bull King of the Air. Craig Kolesky THE RED BULLETIN

Valparaíso

Stiegen runter … und rauf aufs Treppchen. Filip Polc holte beim Urban Downhill-Rennen in Chile Platz zwei. Fabio Piva

Nantes

Die Bewegungstalente Mufasa (li.) und Antoinette (re.) duellierten sich im B-Boy Battle Red Bull Beat It. Little Shao

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Bullevard

„Die Chinesen bestaunen dich“

Jost Arens

Denny Pham

DIE BESTE SKATE-STADT DEUTSCHLANDS? Berlin, weil dort meine Mein Home-Spot Kumpels am Start Münster wurde 2004 sind. Derzeit fahre ich zur lebenswertesten Stadt der Welt geoft Handrails, weil die wählt, da darf man bei Contests immer sich nicht beschweren. wichtiger werden. DAS BESTE SKATE-LAND DER WELT? Auf Zypern fühlst du China. Die Architektur dich wie ein Eroberer, ist ein Wahnsinn, weil weil dort viele Plätze vieles aus Marmor benoch nie befahren steht. Leute bestauwurden. Mein Traumnen dich, weil sie den ziel bleibt aber L. A. Sport nicht kennen. DIE MOTIVATIONS-MUSIK AUF DEINEM iPOD? „Winter Winds“ von Instrumentale NumMumford & Sons läuft mern mit feinen Beats bei mir rauf und runoder Hip-Hop. Mein ter. Ansonsten höre Lieblings-Album ist ich Old-School-Hip„Section.80“ von Hip aus den USA. Kendrick Lamar.

Dennys China-Reise: www.redbull.de/dennypham

Brandon Bay Die Windsurfer des Red Bull Storm Chase stellten sich den rauen irischen Böen. Sebastian Marko

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Einfach draufhalten: Lewis Holtby (li.) im LigaDerby gegen West Ham

LEWIS CHECKT DIE LIGA

Der Ex-Schalker und Neo-Tottenham-Legionär Lewis Holtby über bizarre Aufnahmerituale, heißblütige Fans und portugiesische Pässe in der stärksten Liga der Welt.

 : Seit Januar spielst Es wird viel auf Ballbesitz und flache du für Tottenham in der Premier Pässe hintrainiert – das ist der portuLeague. Wie lief der Umzug? giesische Stil unseres Trainers. Sein  : Ich wohne in schnelles Spiel kommt mir entHampstead, im Norden Longegen. So kann ich mich am dons, in einem Gebäude mit besten weiterentwickeln. acht Apartments. Der KühlTrotzdem stehst du nicht schrank ist schon voll, das immer in der Startelf. Bett fehlt noch (lacht). Ich habe gewusst, dass es Englische Teams sind für ein harter Kampf wird – ihre Aufnahmerituale beaber den wollte ich auch. Motiviert: Lewis Holtby Wir spielen um einen rühmt. Ist da was dran? Oh ja. Meine Mitspieler haben Champions-League-Platz, ein Spalier gebildet, und als ich durchund die Fans sind großartig. Ich will lief, gab’s von jedem einen Arschtritt. mit Tottenham viele Titel holen. Vor meinem ersten Spiel musste ich Was vermisst du an Deutschland? auf einen Stuhl steigen und „Swing Die Autobahn! Die Linksfahrregel Low, Sweet Chariot“ singen. hast du nach zwei Tagen drauf. Aber Du giltst als Wunschspieler von Tothier stehst du ständig im Stau, und tenham-Coach André Villas-Boas. ohne Navi wäre ich verloren. www.tottenhamhotspur.com Wie legt er sein Training an?

Sarajevo Für die Teilnehmer des Red Bull Jump and Freeze in Serbien gab es Erfrischungen der besonderen Art. Sulejman Omerbasic

St. Johann Mikkel B. Jensen (li.) und Franky Zorn beim Fachsimpeln nach einer gemeinsamen Eisspeedway-Trainingseinheit. David Robinson

THE RED BULLETIN

BILDER: DANIEL WAGNER/RED BULL CONTENT POOL, FLORIAN HOPFENSPERGER/RED BULL CONTENT POOL (2), GETTY IMAGES, RUTGER PAUW/RED BULL CONTENT POOL

Frühlingszeit ist Skateboard-Zeit. Aber wo lohnt sich eine Session, und was hört man dabei? Deutschlands Skate-Ästhet Denny Pham (23) und Senkrechtstarter Jost Arens (15) klären auf.


Bullevard

MEIN KÖRPER UND ICH

DAI GREENE

Operation, Reha, Schuheinlagen, Eisbäder: der beschwerliche Weg des 27-jährigen amtierenden Weltmeisters über 400 Meter Hürden an die Spitze.

BALANCE

1

Kurz vor dem Start laufe ich jeden Meter des Rennens im Kopf. Aber die mentale Vorbereitung auf einen Wettkampf beginnt bereits zwei Wochen davor. Sie ist ein Balanceakt: Nur wenn man total abschalten kann, regeneriert man. Dafür muss man im richtigen Moment voll fokussiert sein.

www.twitter.com/DaiGreene

2 RUHEPAUSEN Als ich sechzehn war, wurde bei mir Epilepsie diagnostiziert. Bei Anstrengung oder Müdigkeit neigt mein Körper zu Krämpfen. Zum Glück ist bei Rennen noch nie etwas passiert. Aber ich muss streng auf meine Ruhepausen achten – was nicht einfach ist, wenn ich in intensiven Trainingsphasen bis 23 Uhr auf der Laufbahn bin.

SPANNUNGSVERLUST

TEXT: RUTH MORGAN. BILD: PHIL DUNLOP

LINKS ABBIEGEN

5 GUT BESOHLT Dass ich die Olympischen Spiele 2008 verpasste, hatte einen so banalen wie schmerzhaften Grund: Senkfüße. Die führten zu schlimmen Schmerzen am Ansatz des hinteren Schienbeinmuskels. Erst als ich spezielle Schuheinlagen verwendete und wieder richtig gehen lernte, kam alles wieder in Ordnung. THE RED BULLETIN

3

Wenn ich müde werde, lassen einzelne Muskeln, etwa in den Oberschenkeln, nach. Dann müssen andere Muskeln einspringen und werden überlastet. Um mich nach besonders harten Trainings oder Wettkämpfen besser zu erholen, helfen Physiotherapie und Bäder in acht Grad kaltem Wasser.

4

2011 war ein Jahr der Schmerzen: Mein linkes Knie war verletzt und tat bei jedem Schritt weh. Im Dezember wurde bei einer OP mein Meniskusknorpel abgeschabt. Monatelang konnte ich das Bein nicht einmal ganz abbiegen – nicht die besten Vorzeichen für die Olympischen Spiele 2012. (Greene wurde in London dennoch Vierter; Anm.)

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DIE SIEGER DES MONATS

Diese Athleten strahlten am Platz an der Sonne mit dieser um die Wette. Jungstar Marcel Hirscher, 24, sorgte mit der Goldmedaille im Slalom für einen perfekten Ausklang aus österreichischer Sicht bei der Ski-WM in Schladming.

„Athletisch top“: Olympiasieger Julius Brink (li.) mit Neo-Partner Sebastian Fuchs

„EINFACH GAS GEBEN“

Der Red Bull-Helm verlieh Fanny Smith offenbar Flügel. Bei ihrem ersten Antreten holte die 20-jährige Schweizerin in Oslo den WM-Titel im Skicross-Bewerb.

„Das ist mein erster Titel in Südafrika“, freute sich Richard Murray (RSA), nachdem er die South African Championship im Triathlon für sich hatte entscheiden können.

  : Dein Langzeit-Partner Jonas Reckermann musste im Januar verletzungsbedingt seine Karriere beenden. Gab es Motivationsprobleme, weil du mit Sebastian gewissermaßen wieder bei null anfangen musst?  : Nee, überhaupt nicht, meine Erfolge nimmt mir ja keiner weg. Klar: Sebastian ist ein komplett anderer Spielertyp als Jonas. Aber mit ihm beginnt 2013 eine neue Zeitrechnung. Was unterscheidet die beiden? Sebastians Athletik ist schon jetzt internationale Spitzenklasse. In diesem Bereich hatte Jonas in den letzten Jahren aufgrund von Verletzungen ständig zu kämpfen. (Reckermann litt an Rückenbeschwerden; Anm.) Dafür war er taktisch und technisch herausragend. Als Beachvolleyball-Duo auf Tour führt man ja eine Art ein Eheleben. In welchem Stadium befindet sich eure Beziehung? In der Kennenlernphase. Sebastian ist ein offener, äußerst lernwilliger Typ. Sein Ehrgeiz im Training ist sensationell. Man sieht, dass er Weltklasse werden will – die Anlagen dafür hat er. Zwischen dir und Jonas gab es „Dissonanzen“, weil er Fan des 1. FC Köln ist und du zum Lokalrivalen Bayer Leverkusen hältst … Das Thema Lieblingsmannschaft muss ich mit Sebastian noch klären (lacht). Ich find’s schon mal gut, dass er auch abseits von Beachvolleyball sportinteressiert ist. Da gibt’s immer was zu quatschen. Eure Ziele im ersten gemeinsamen Jahr? Platzierungswünsche erzeugen unnötigen Druck. Wenn wir im Training richtig Gas geben, werden wir auch bei Turnieren stark sein. www.redbull.de/juliusbrink; Beachvollyeball World Tour 2013: www.fivb.org

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THE RED BULLETIN

BILDER: KUNKEL/RED BULL CONTENT POOL, PICTUREDESK.COM, KTM/TAGLIONI S., GETTY IMAGES, CHERIE VALE/NEWSPORT MEDIA. ILLUSTRATION: DIETMAR KAINRATH

Der sechsfache Motocross-Weltmeister Antonio Cairoli (ITA), 27, dominierte mit seiner KTM das Rennwochenende bei der Italian International MX Championship.

Beachvolleyball-Olympiasieger Julius Brink über den Neustart mit Toptalent Sebastian Fuchs, 26, und das gemeinsame „Eheleben“ auf Tour.


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Bullevard

ZAHLEN DES MONATS

STAR TREK

Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2013. Seit fast 50 Jahren erforscht das Raumschiff „Enterprise“ fremde Galaxien. Das Zahlenuniversum der erfolgreichsten Science-Fiction-Serie der TV-Geschichte.

Am 8. September 1966 schwebte die „Enterprise“ zum ersten Mal über die USTV-Bildschirme. Mit fünf Ablegerserien ist „Star Trek“ die erfolgreichste Science-FictionSendung der TV-Geschichte. Insgesamt gibt es 726 Folgen. Schaute man sich alle am Stück an, säße man ganze drei Wochen vor dem Fernseher.

Die „Enterprise“ der Originalbesatzung

Mr. Spock & Captain Kirk heute … … und damals

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1964 schrieb Gene Roddenberry das erste „Star Trek“-Drehbuch. Sein Ex-Chef, ein gefühlsarmer Rationalist, hatte als Modell für Mr. Spock gedient. Bis zu seinem Tod 1991 im Alter von 70 Jahren wirkte Roddenberry an Folgeserien mit. 1997 wurde seine Asche per Rakete ins All geschickt. Damit gilt er als Pionier der Weltraumbestattung.

Keine TV-Serie hat mehr Fans. Allein 1994, zur Hoch-Zeit der „Star Trek“-Manie, gab es weltweit 130 „Trekkie“-Conventions mit über 400.000 Besuchern. Prominente Fans: Martin Luther King hatte Lieutenant Uhura als afroamerikanische Identifikationsfigur gelobt, Barack Obama veranlasste 2009 eine Vorstellung von „Star Trek“ im Weißen Haus.

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Die Raumstation Deep Space Nine

Die Klingonen sind ein Kriegervolk mit hoher Stirn – und eigener Sprache, entwickelt von Linguist Marc Okrand im Auftrag der „Star Trek“-Macher. Das außerirdische Wörterbuch listet 1960 Wortstämme, dem Guinness-Buch der Rekorde zufolge ist Klingonisch die verbreitetste fiktive Sprache.

47

Die Zahl 47 ist im „Star Trek“Kosmos allgegenwärtig. Meist taucht sie beiläufig auf, etwa als Bordcomputer-Anzeige. Der Grund: Drehbuchautor Joe Menosky war Anhänger und Unterstützer der These Professor Donald Bentleys, wonach die Zahl 47 im Universum öfter vorkomme als andere.

Trekkie in Blau

385.680.446

Lieutenant Worf, Klingone

Lieutenant Uhura

Gene Roddenberry

Insgesamt liefen seit 1979 elf „Star Trek“-Filme im Kino. Der letzte und bislang erfolgreichste, schlicht „Star Trek“ betitelt, spülte 385.680.446 Dollar in die Kassen. Und obwohl UrCaptain-Kirk William Shatner nicht ganz zufrieden mit der Neuauflage durch Regisseur J. J. Abrams war – zu viel Action, zu wenig emotionale Tiefe –, wird dem Nachfolger „Star Trek Into Darkness“ ein neuerlicher Publikumsrekord prophezeit.

„Star Trek Into Darkness“ läuft ab Mai im Kino; www.startrekmovie.com THE RED BULLETIN

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: KOBAL COLLECTION, PICTUREDESK.COM (3), GETTY IMAGES (2), IMAGO, REX FEATURES, CORBIS

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Bullevard

MEINE WELT

LEONARDO DiCAPRIO

In „Titanic“ war er „der König der Welt“, nun schickt er sich an, sie – zumindest ein bisschen – zu retten: das rastlose Leben eines Öko-Vorkämpfers aus Hollywood.

Wer ist Lenny?

Leonardo Wilhelm DiCaprio wird am 11. November 1974 in Los Angeles geboren. Als Jungschauspieler rät ihm sein Agent, sich Lenny Williams zu nennen. Die Begründung: „Leonardo klingt zu ethnisch. So bekommst du nie einen Job.“

Gierig im Kino

Es war Hollywood-Legende Robert De Niro, der Regisseur Martin Scorsese einst „einen Jungen namens DiCaprio“ empfahl. 2013 bringt das Duo seinen bereits fünften Film in die Kinos. „The Wolf of Wall Street“ thematisiert Finanzbetrug in großem Stil.

Stilvoll sinken

1991 debütiert DiCaprio im Science-Fiction-Machwerk „Critters 3“. Zwei Jahre später erspielt er sich im Drama „Gilbert Grape“ eine OscarNominierung. Mit 21 wird DiCaprio für „Titanic“ gecastet. Eine Weltkarriere nimmt ihren Lauf.

TEXT: PAUL WILSON. ILLUSTRATION: LIE-INS AND TIGERS

Ein Ring für Kate

Mit „Titanic“-Co-Star Kate Winslet verbindet DiCaprio eine innige Freundschaft. Bis heute trägt die Britin einen gravierten Ring, den ihr DiCaprio am Set von „Zeiten des Aufruhrs“ schenkte. Die Botschaft am Schmuckstück? „Wird nicht verraten!“

Öko-Eiland

Wer genug Bares mitbringt, darf bald auf DiCaprios Insel planschen. 2005 kauft der Schauspieler Blackadore Caye – ein 0,4-Quadratkilometer-Eiland im Archipel von Belize. Das Ziel: ein ÖkoHotel für Luxus-Urlauber. Baustatus: in Planung.

THE RED BULLETIN

Twittern für Dumbo

Eine Million Dollar spendet DiCaprio 2011 zum Schutz von Tigern. Aktuell bekämpft er den Handel mit Elfenbein. Wer sich für bedrohte Dickhäuter interessiert: Aktivist DiCaprio twittert regelmäßig Updates.

Teure Freunde

Dank neuester 3-D-Technik wird „Der große Gatsby“ zum teuersten Film-Event des Jahres 2013. DiCaprio mimt den dekadenten Helden an der Seite seines LangzeitKumpels Tobey Maguire. Der Chef am Set: „Romeo + Julia“Regisseur Baz Luhrmann.

Die grüne Rakete

Nach „Gatsby“ und „Wolf of Wall Street“ will sich DiCaprio eine Auszeit vom Film nehmen, um „die Welt ein Stück zu verbessern“. Spritverbrauch und Spaßfaktor hat er bereits im Griff: Er fährt einen Fisker Karma, eine Hybrid-Rakete mit 408 PS.

„The Great Gatsby 3D“ – ab 10. Mai weltweit im Kino thegreatgatsby.warnerbros.com

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Bullevard

FORMELSAMMLUNG

STARK WIE VIER PFERDE

Wie man die Leistung von Spitzen-Gewichthebern in PS misst, rechnet unser Physiker* hier vor.

ER LEBE HOCH! Den Olympiasieg 2008 widmete Steiner seiner im Jahr davor tödlich verunglückten Frau. 2012 in London musste er aufgeben, nachdem ihm eine 196-Kilo-Hantel in den Nacken gekracht war. Steiner: „Stoßen ist der spannendere Teilbewerb. Er entscheidet über den Sieg, und die Gewichte sind schwerer.“ www.matthiassteiner.com *Mag. DDr. Martin Apolin, 48, Physiker und Sportwissenschaftler, arbeitet als AHS-Lehrer und Lektor an der Fakultät für Physik in Wien und ist mehrfacher Buchautor.

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ILLUSTRATION: MANDY FISCHER. BILD: IMAGO

ER HEBE HOCH! Mit seinem Sieg in der Superschwergewichtsklasse (über 105 kg Körpermasse) bei den Olympischen Spielen in Peking krönte Matthias Steiner 2008 seine Profi-Karriere. Bei Olympia werden die Bestleistungen im Reißen und Stoßen addiert. Steiners Siegesleistung lag im letzteren der beiden Teilbewerbe bei imposanten 258 Kilogramm. Aber welche Leistung ist dafür nötig? In Phase eins, dem Umsetzen, wird das Gewicht vom Boden zu den Schultern gebracht (Abb. 1 bis 4). Wir werden Steiners Leistung in der Beschleunigungsphase der Hantel abschätzen (Abb. 1 und 2; Datenquelle: Bundesverband Deutscher Gewichtheber/Institut für Angewandte Trainingswissenschaft Leipzig). Leistung ist allgemein Arbeit pro Zeit: P = W/t. Die Arbeit setzt sich in unserem Fall aus Hebe- (WH) und Beschleunigungsarbeit (WB) zusammen. Die Hebearbeit berechnet man mit WH = m g h, wobei m die Masse in kg ist, g die Erdbeschleunigung (9,81 m/s²) und h die Hebehöhe des Körperschwerpunkts (KSP) in m. Matthias Steiner hebt aber zwei „Dinge“: die Hantel und den eigenen Körper. Es gilt also WH = m¹ g h¹ + m² g h². Die Beschleunigungsarbeit der Hantel berechnet man mit WB = m¹v²⁄ 2, wobei v die Endgeschwindigkeit in m/s ist. Alles zusammengefügt, erhält man für die gesuchte Leistung P = (m¹ g h¹ + m² g h² + m¹v²⁄ 2)/t. Die maximale Aufwärtsgeschwindigkeit der Hantel beträgt 1,41 m/s und wird 0,93 s nach Beginn der Aufwärtsbewegung erreicht (Abb. 2). Die Hantel wurde in diesem Zeitraum um 0,72 m gehoben. Zur Hebung des KSP von Steiners Körper (146 kg) in diesem Zeitraum stehen keine exakten Daten zur Verfügung. Man kann vereinfacht annehmen, dass sich Steiners KSP auf Nabelhöhe im Körperinneren befindet, und die Hebung mit 0,6 m abschätzen. Am Ende der Beschleunigungsphase der Hantel (Abb. 2) hat Steiners Körper-KSP seine höchste Stelle erreicht und die Geschwindigkeit null. Anders ist das bei der Hantel, die sich noch zügig nach oben bewegt. Daher muss man auch die Beschleunigungsarbeit berücksichtigen, die in der Hantel steckt. Setzt man alles in die Formel ein, erhält man für die Leistung P = (1822 J + 859 J + 256 J)/0,92 s = 3194 W ≈ 4,3 PS. Bedenkt man, dass eine gemächliche Dauerfahrt auf dem Fahrradergometer rund 100 W (0,14 PS) entspricht, dann leistet Steiner in der ersten Phase des Umsetzens mehr als das 30fache, also 4,3 PS.


4 PS: der Deutsche Matthias Steiner beim StoĂ&#x;en von 258 Kilogramm im SuperschwergewichtsOlympia-Finale 2008


AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN

WELT „Jäger des Augenblicks – Ein Abenteuer am Mount Roraima“ hätte ein Film übers Bergsteigen werden sollen, über die Eroberung einer mythischen Wand durch drei Männer. Dann wurde es mehr, nämlich ein Film über Leben und Tod, und dann noch mehr, einer über Freundschaft.

Text: Stefan Wagner, Bilder: Klaus Fengler

Der Tafelberg Roraima im südamerikanischen Dschungel, 2810 Meter hoch, ist eine eigene Welt: 80 Prozent seiner Tier- und Pflanzenarten sind nirgendwo sonst auf der Welt zu finden. Die 600 Meter hohe Wand „La Proa“ war Ziel von Stefan Glowacz, Holger Heuber und Kurt Albert.

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us dem Dschungeldickicht im Dreiländereck von Brasilien, Venezuela und Guyana ragen 115 Tafelberge wie Inseln aus einem tiefgrünen Meer. Diese sogenannten Tepuis sind bis zu 3000 Meter hohe, in bizarren Geometrien geformte Felsbrocken: An den Rändern quadratkilometergroßer, tischplattenflacher Plateaus stürzen Wände hunderte Meter weit senkrecht in den nebeldampfenden Dschungel. Es ist „The Lost World“, wie Arthur Conan Doyle 1912 seinen berühmten Roman nannte, er beschrieb darin eine vergessene Welt voller Saurier und urzeitlicher Pflanzen. Tatsächlich wurden viele der unter dicken Wolkendecken steckenden Tepuis erst in den letzten Jahrzehnten entdeckt, vom Helikopter aus, sichtbar nur für Wärmebildkameras. Einer dieser Tepuis ist der Roraima. Zur venezolanischen Seite hin fällt er gutmütig genug ab für geführte Trekkingtouren, Guyana hingegen stemmt er La Proa entgegen, eine vier Kilometer breite, 600 Meter hohe, überhängende Wand bis in den zehnten Schwierigkeitsgrad. Die Expedition der deutschen Abenteurer Stefan Glowacz, Kurt Albert und Holger Heuber hatte das Ziel, diese Wand erstmals zu durchsteigen, frei und nach den speziellen Regeln der drei: „By fair means“ bedeutet, dass technische Hilfsmittel lediglich bei Gefahr für Leib und Leben eingesetzt werden, dass die Besteigung nur Teil der Aufgabe ist, gleichberechtigt mit An- und Abreise, Extremalpinismus auf leisen Sohlen.

Moderner Hochleistungsalpinismus zieht alle technischen Register. Die Athleten werden mit dem Hubschrauber zum Einstieg in die Route gebracht, per GPS hinaufgelotst, am Gipfel wieder abgeholt. „By fair means“ bedeutet weitgehenden Verzicht auf Hightech. Also kämpften sich Stefan Glowacz, Kurt Albert (hinten mit dem weißen Kopftuch) und Holger Heuber (vorne) gemeinsam mit Indio-Trägern per Einbaum durch den Dschungel zum Fuß des Roraima.

Eines der Hindernisse: Südamerikas giftigste Schlange. Glowacz: „Ein Biss, und nach drei Minuten, maximal, ist Ende.“

Der erste Versuch der Expedition, im Frühjahr 2010, scheiterte nach einem Unfall von Glowacz, erst der zweite Versuch fünf Monate später brachte den Erfolg. Glowacz und Heuber mussten die gemeinsame Mission zu zweit vollenden: Kurt Albert war verunglückt. Der Erfinder der weltweit anerkannten „Rotpunkt“Technik des Freikletterns war Ende September an einer ironisch anspruchslosen Stelle eines nordbayrischen Klettersteigs in den Tod gestürzt.


Stefan Glowacz, Bayer, 48 Jahre alt, war in den 1980ern Deutschlands erster Kletterprofi, dreifacher Sieger des „Rock Master“ in Arco am Gardasee, der inoffiziellen Sportkletter-Weltmeisterschaft. Seit zwei Jahrzehnten ist Glowacz einer der weltweit renommiertesten Extrembergsteiger, „in erster Linie bin ich Hochleistungssportler, in zweiter Linie Hochleistungsabenteurer“.

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Albert (oben) und Glowacz (u.) im Dschungel. Dauer­ regen machte Kleidung und Gepäck triefend nass, den Grund schlammig und die Griffe glitschig. Jeden Meter Weges ließ sich der Dschungel zäh abtrotzen. Nach einer Woche kehrten die Träger um, „zu gefährlich für uns“. Glowacz, ­Albert und Heuber mussten die 400 Kilogramm ­Gepäck und Proviant tagelang alleine durch den Dschungel an den Fuß der Wand schleppen.


In der Wand ist unter der Wand: La Proa hängt in weiten Teilen so stark über, dass der Kletterer beim Abseilen meterweit von der Wand entfernt in der Luft pendelt.

„Es kann dir passieren, dass du in der einfach ersäufst.“

Wand


Kein Nachteil ohne Vorteil: Die überhängende Wand bietet Schutz vor Steinschlag und Unwettern. Glowacz: „Wenn es regnet, klettert man wie hinter einem Wasserfall. Wählst du die Route aber falsch, an einer zu wenig überhängenden Stelle, kann dir passieren, dass du beim Biwakieren in der Wand oder beim Klettern einfach ersäufst.“

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„Wenn du weisst, dass dich jeden Moment etwas

erschlagen kann …“


„… popelst du den Stich auf, liegt eine Made drin“ Stefan Glowacz im RoraimaInterview über die Sehnsucht nach weißen Flecken, Luxus in der Wand und den Auftrag des verstorbenen Freundes.

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  : „Jäger des Augenblicks – Ein Abenteuer am Mount Roraima“ beginnt mit der berühmten Szene eines anderen Films, Werner Herzogs „Schrei aus Stein“ von 1991: Sie baumeln offensichtlich ungesichert an einer Hand unter einem fast waagrechten Überhang, hoch über einer panoramaweiten australischen Ebene. Sie waren damals Mitte zwanzig und spielten einen respektlosen, vor Ehrgeiz berstenden Sportkletterer im Konflikt mit traditionellen Bergsteigern …  : … da brauchte ich ja damals nicht allzu viel zu spielen. Hätte der Stefan Glowacz von damals die Roraima-Expedition geschafft? Wahrscheinlich nicht. Der wäre zu ungestüm gewesen. Die Gelassenheit hätte gefehlt, die Beharrlichkeit. Er hätte zu viel gewollt, zu viel zu schnell. Und vielleicht wäre er einfach ersoffen. Ersoffen? Du hast dort Regen, jeden Tag, brutale Gewitter, wie wir sie bei uns gar nicht kennen. Wenn es losgeht, öffnet sich die Hölle, schießen Wasserfälle über die Wand – solche Wasserfälle, dass du absäufst,

wenn du die falsche Route wählst oder an der falschen Stelle biwakierst. Ganz einfach. Also bleibt dir nichts anderes übrig, als vor dem Aufstieg die Wand akribisch zu beobachten: wo sie so stark überhängt, dass du dort trocken klettern kannst, hinter dem Wasserfall. Man vermutet: Der dreifache Rock Master war keiner, der die natürliche Drainagierung einer Wand studierte … Hahaha, im Warten war der ganz schlecht. Vor allem im Warten im Dschungel, im Schlamm, in klatschnassen Klamotten, nach einer Nacht im klatschnassen Schlafsack. Damals gab es für mich nur: Zackbumm, wo ist es am steilsten, wo am schwierigsten?, da gehen wir hoch! Ziemlich zu Beginn des Films sitzt ihr zusammen, Kurt Albert, Holger Heuber und Sie, und wählt den Roraima als Ziel aus. Da fällt der Satz „Ich hab keine Lust, ein unnötiges Risiko einzugehen“. Der klingt so vordergründig unsexy, dass ihr ihn wohl absichtlich nicht rausgeschnitten habt – warum denn? Man muss ihn im Kontext verstehen. Wir reden da über Wände. Es gibt Wände, in denen liegt die Wahrscheinlichkeit

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ziemlich nahe hundert Prozent, dass du ums Leben kommst. Einfach weil es dauernd rumpelt, Steinschlag, Eisschlag, alles. Dinge, die du nicht beeinflussen kannst, in einem Ausmaß jenseits jeder Kalkulierbarkeit. Klar sind die meisten dieser Wände noch unbestiegen. Die, die da trotzdem reingehen und die das überleben, sind dann die großen Helden, „Todeswand besiegt“, tätärä. Nur: Wenn sie dort umkommen, sind sie die Deppen. Aber ist nicht genau das der Reiz des Extrembergsteigens, dieses Herausfordern der Elemente? Das hat ja auch eine philosophische Ebene, frei nach: Macht euch die Erde untertan. Das ist nicht der Sinn des Bergsteigens. Die Kunst des Bergsteigens ist, als Bergsteiger alt zu werden. Und nicht zum Helden zu werden, weil man Riesenglück hatte, oder zum Depp, weil man dieses Glück nicht hatte. Extrembergsteigen ist immer noch arschgefährlich, auch wenn du alle unnötigen Risiken ausschaltest. Es bleiben ja noch die nötigen. Wieso habt ihr den Roraima gewählt? Es gäbe ja auch ausreichend spannende Ziele, was weiß ich, im Himalaya … … der mich gar nicht interessiert. Nicht wegen der Berge, die sind toll, aber dieser Himalaya-Bergtourismus, mit dem kann ich gar nichts anfangen. Uns interessiert was anderes: Regionen, wo normalerweise kein Kletterer hingeht. Wir wollen uns dort zurechtfinden, wo du nichts findest in den Fachmagazinen, nichts in den einschlägigen Internet-Foren. Wo Google keine 3-D-Bilder mehr hat, dort fängt es an, interessant zu werden. Raus aus der Zivilisation, aber wirklich. Da gibt es wahrscheinlich nichts, was besser geeignet wäre als diese „Lost World“ des Arthur Conan Doyle. Raus aus der Zivilisation, weil dann aus einer sportlichen Leistung ein Abenteuer wird? Es muss schon beides sein, sportliche Herausforderung und Abenteuer. Am Ende brauch ich dieses „Ich will da rauf“, ohne das geht’s nicht. Haben Sie keine moralischen Bedenken, wenn Sie sich weiße Flecken auf der Landkarte suchen, und dort hingehen? Weiße Flecken sind ja, wenn man so will, eine zur Neige gehende Ressource. In 20, 25 Jahren wird es keine weißen Flecken mehr geben, da geb ich Ihnen recht. Aber hingehen an sich ist ja nicht schlecht. Wichtig ist, wie man hingeht. Wir haben uns bei unseren Expeditionen diesem Gedanken verpflichtet, „by fair means“ sagen wir dazu: auf Hightech

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„Die Kunst des Bergsteigens ist, als Bergsteiger alt zu werden. Nicht, mit Glück zu überleben.“ weitestgehend verzichten, respektvoll mit der Welt umgehen, die wir uns erschließen, mit den Menschen, denen wir begegnen. Und auf eigene Faust von einem Punkt aufbrechen, den jeder Mensch erreichen kann. In unserem Fall war das Georgetown, Guyanas Hauptstadt. Das hieß ganz praktisch: drei Leute, 400 Kilo Gepäck und Proviant – und 350 Kilometer Dschungel zwischen Ihnen und der Wand. Wir haben uns im Dschungel Träger organisiert, Indios. Passt das in die „by fair means“-Regeln? Ja, wenn du sie integrierst in die Expedition. Das haben die auch verstanden, die haben uns vertraut, sonst hätten sie auch gar nicht mitgemacht. „By fair means“ heißt auch Vorbild sein, vorleben, wie man sich diesen Gebieten nähert, mit welcher Behutsamkeit, und wie man den Leuten begegnet. Es würde niemandem was bringen, auf Träger zu verzichten, nur um partout auf Hilfe zu verzichten. Außerdem wäre es blöd gewesen, weil nämlich lebensgefährlich. Ohne die Einheimischen hätte sicher der Buschmeister 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6

Biwakplatz 5 4 3 2 1

In 16 Seillängen durch die 600 Meter hohe Wand, durchwegs frei geklettert nach der von Kurt Albert 1975 begründeten Rotpunkt-Methode.

einen von uns geholt, Südamerikas gefährlichste Schlange. Die flieht nicht, sondern verteidigt ihr Gebiet aktiv, verfolgt also ihre Opfer auch, und kann bis zu eineinhalb, zwei Meter hoch springen. Die kommt also an jede ungeschützte Stelle. Ein Biss, und nach drei Minuten, maximal, ist Ende. Die Einheimischen wissen, wo die stecken und wie man ihnen ausweicht. Die Träger sind früher als vereinbart umgekehrt, weil es ihnen schon im Dschungel zu gefährlich wurde. Es waren da einige verwachsene, glitschige Anstiege zu klettern … … die waren auch wirklich gefährlich. Das konnten sie nicht klettern, und das haben wir auch verstanden, das konnten wir nicht verantworten. So etwas passiert dir nur in einer Gegend ohne Erfahrungswerte. Also mussten wir das Gepäck das letzte Stück zur Wand tragen, das hat uns Tage gekostet. Das waren so Täglich-grüßtdas-Murmeltier-Tage: jeden Tag dieselben Wege, jeden Tag Regen, aber Regenwaldregen, so, dass nichts mehr trocken wurde. Das war schon brutal unangenehm. Und wohl nicht nur unangenehm, allein weil die durchnässte Haut sich ja auch irgendwann aufreibt, entzündet, alles Mögliche, denkt man. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Irgendwann sagst du, okay, shit happens, ziehst halt in der Früh deine nassen Schuhe wieder an, das nasse T-Shirt, die nasse Hose und gehst einfach. Natürlich hast du dauernd irgendwelche Entzündungen, hast irgendwelche Stiche im Fuß, die popelst du dann auf, liegt eine Made drin. Aber was soll’s … dass das unangenehm wird, auf das stimmst du dich mental ein. Wie, bitte schön, stimmt man sich auf Maden in offenen Wunden ein? Du musst dir eine Gelassenheit antrainieren, so kann man’s vielleicht ausdrücken. Du stellst dir die Hitze vor, die Feuchtigkeit, den Regen, schon zu Hause. Du sagst dir: „Okay, es wird jeden Tag schiffen. Es wird alles immer nass sein. Aber es ist ein warmer Regen, du wirst nicht frieren.“ Und es sind vielleicht sechs Wochen. Sechs Wochen kann ein Leben ja mal unangenehm sein. Wie fit ist man, körperlich und geistig, wenn man nach drei, vier Wochen im Dschungel endlich zur Wand kommt und zu klettern beginnen kann? Das war nicht so tragisch. Die Wand war zu Beginn relativ entspannt zu klettern, oberer achter Schwierigkeitsgrad in der Regel. Es wurde erst nach oben hin immer anspruchsvoller, die Schlüsselstelle ganz 33


„Raus aus der

Zivilisation, aber wirklich.“

Um die Schlüsselstelle im zehnten Schwierigkeitsgrad kämpfte der ehemalige WeltklasseSportkletterer fünf Tage lang.


Unberechenbares Wetter, tagelanger Dauerregen, Biwakieren in der Wand. Glowacz: „Das ist das, was mich bei meinen Abenteuern interessiert: Bin ich in der Lage, körperlich und auch geistig, allen Anforderungen gerecht zu werden?“

Wieso Glowacz und Heuber die erstbestiegene Route „Behind the Rainbow“ nannten? Als Erinnerung an den tödlich verunglückten Kurt Albert, von dem es ein Foto gibt, auf dem es scheint, als würde er einen Regenbogen stemmen. Und: Über der Route strahlt ein Regenbogen, sobald sich die Regenwolken verziehen.

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„Sein Tod hat uns

ZERRISSEN.“

Am Ziel: Stefan Glowacz und Holger Heuber auf dem Plateau des Roraima, in Gedanken bei ihrem Freund – es ist die letzte Einstellung im Film.


am Ende dann im zehnten Grad, das ist schon knackig, vor allem, wenn du dann schon tagelang in der Wand bist. Für Laien sind die Bilder von den Biwaks an den Felsvorsprüngen spektakulär. Ein knapper Meter in der Waagrechten, drunter und drüber nur Wand – ist man nach ein paar Tagen nicht schon allein deswegen völlig gerädert, weil man nicht regenerieren kann über Nacht? Sobald du wo mehr oder weniger liegen kannst, ist es schon Luxus. Hätten wir diesen Meter Felsband nicht gehabt, hätten wir in Wandzelten ein Wandlager einrichten müssen … … das sind diese Gestänge, in denen man im Freien hängt, in einer Mischung aus Sitzgurt und Hängematte? Genau. Da solltest du halt dann wirklich sauber angeseilt sein beim Schlafen. Schläft man da wirklich? Relativ gut sogar. Da hast du schon immer wieder mal eine Stunde Tiefschlaf. Am Roraima war das Angenehme, dass die Wand so überhängend war, dass keine Gefahr durch Steinschlag oder so was bestand. Wenn du weißt, dass dich jeden Moment was erschlagen kann von oben, dann schläfst du nicht so ruhig. Und insgesamt hilft natürlich auch das Adrenalin. Wie erschöpft du wirklich bist, merkst du erst, wenn du zurück bist und zum ersten Mal in einem Hotelbett liegst, da schläfst du schon mal einen Tag durch. Diese erwähnte Schlüsselstelle im zehnten Grad habt ihr zunächst ja gar nicht erreicht. Die erste Expedition musstet ihr abbrechen, Sie hatten sich in der Wand verletzt … An der Ferse, ja. Die Zeit war auch schon knapp, der Proviant, da mussten wir dann abbrechen. Aber wir wussten, wir kommen noch mal her. Was viel mehr geschmerzt hat als die Ferse, war, dass ich mit dem Hubschrauber weggebracht werden musste. Es hat mich viel Über windung gekostet, diese Szene im Film zu lassen. Der Film war ursprünglich mit zwei Handlungssträngen geplant gewesen, ein Porträt Ihrer Entwicklung als Sportler und als Persönlichkeit in der Rahmenhandlung der Expedition. Etwa in der Mitte kippt der Film aber, mit der Nachricht vom Tod Kurt Alberts. Man kriegt als Zuseher eine beklemmende Ahnung davon, dass da nicht nur ein Expeditionskollege gestorben ist. Ja, das kommt schon rüber, was das für ein Verlust war, was für ein Schock, ein Einschnitt. Der Kurt … der war ein Typ Mensch, der sich das Klavierspielen selber beigebracht hat, weil er gesagt hat: „Das

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„… wie ein Maler ein Bild malt, so klettern wir eine Route, das bleibt von uns.“ ganze Leben ist Mathematik, und was Mathematik ist, kann ich verstehen. Was nicht Mathematik ist, das interessiert mich nicht.“ Der Kurt hat dir bei einem Lawinenhang ausrechnen können, wie oft du ihn queren musst, damit du dabei ums Leben kommst. Der Kurt war einer, der kein Wort Spanisch konnte, dann setzt er sich in den Kopf, Spanisch zu lernen, und ein Jahr später hält er in Spanien Vorträge. Der Kurt hat auf den Expeditionen immer nur Bücher dabeigehabt, die du nicht tauschen konntest, wissenschaftliche Abhandlungen oder Intelligenzaufgaben von der letzten Weltmeisterschaft der Hochbegabten, solche Sachen. Das war der Kurt. Ein absoluter Einzelgänger, völlig ungebunden, keine Familie, nichts außer dem Bergsteigen, weil er einfach seine Unabhängigkeit so verteidigt hat … Sein Tod hat uns zerrissen. Holger, Kurt und ich, wir waren die drei Musketiere, blindes Verständnis, so eine Symbiose findest du kein zweites Mal im Leben … … weil sich die Fähigkeiten so ideal ergänzt haben? Fähigkeiten spielen eine viel kleinere Rolle als das Persönliche. Wenn dir bei so einer Expedition einer auf den Senkel geht, kommt es gar nicht so weit, dass es um professionelle Dinge geht. Du lebst ja wochenlang mit Menschen zusammen, enger als in jeder Partnerschaft. Das war perfekt mit dem Holger und dem Kurt: Jeder war körperlich und mental extremst belastbar, klar, aber da spielen ja auch andere Dinge eine Rolle, zum Beispiel musst du total uneitel sein. Wenn einer einen Witz macht und in der Früh sagt: „Hey, wie scheiße schaust du denn heute aus!“, darfst du nicht eingeschnappt sein, sondern musst mitlachen. Gelassenheit, enorm wichtig. Und zielorientiert sein, nicht recht haben müssen, alles basisdemokratisch entscheiden. Fünf Monate nach der Rückkehr von der ersten Expedition sind Holger und Sie wieder aufgebrochen. Wie war das, zu zweit, vom Gefühl her? Noch enger. Noch mehr Brüder-im-Geistemäßig. Wie bei einem Auftrag, wir machen das jetzt fertig, im Andenken an den Kurt, für den Kurt. Das ist ja das, was du hinterlässt als Kletterer, eine tolle Route. Egal

ob die irgendwer nach dir klettert oder nicht. Das ist, wie ein Schriftsteller ein Buch schreibt oder ein Maler ein Bild malt, so klettern wir eine Route, das bleibt von uns. Und diese Route bleibt eben jetzt, vom Kurt. Kurt Albert hat es bei einem banalen Kletterkurs erwischt, in einer irren Verkettung unglücklicher Umstände und einer kleinen, gar zu routinierten Unaufmerksamkeit. Das heißt aber auch: Es kann jeden erwischen, jederzeit. Wie geht Ihre Frau damit um, die Kinder? Spricht die Familie im Vorfeld einer neuen Expedition mit? Nein. Wenn wir uns entschieden haben, komm ich heim und sage: Passt auf, ich bin dann und dann sechs Wochen weg. – Und das war’s dann auch. Das klingt ziemlich knochenhart. Das geht auch nur, wenn der Hafen, aus dem du ausläufst, intakt ist. Es muss ein Verständnis da sein. Wenn jedesmal aufbrechen ein neuer Kampf wäre, wäre das nicht die richtige Partnerschaft. Gibt es Bergsteigerkarrieren, die an einer Beziehung zerbrochen sind? Viele. Wenn ich irgendwo zum Klettern gehe, höre ich viele Leute, die sagen: „Ach, was du machst, das hätte ich schon auch gern gemacht, aber dann … Frau kennengelernt, Kind bekommen …“ Wenn ich das höre, krieg ich jedes Mal einen Grant. Dieses „Ich hätte ja gern, aber …“, das ertrag ich nicht, ehrlich. Entweder du machst es, oder du machst es nicht. Ob du ein erfolgreicher Manager sein willst, ein guter Maler, wurscht, du musst zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Egoist sein. Nicht: Du darfst. Du musst! Ich glaube, es ist die große Kunst im Leben, dass man seine Leidenschaft entdeckt, dass man sie definiert und sein Leben danach ausrichtet, mit allen Konsequenzen, wenn’s sein muss. Erkennt man gerade daran eine Leidenschaft, dass man sogar eine große Liebe für sie aufgibt? Ja. Daran erkennst du: Die Leidenschaft ist so groß, dass es eine Selbstverleugnung wäre, sie aufzugeben, eine Selbstaufgabe. Diese Selbstaufgabe führt dann zu solchen Sätzen, die mit „Ich hätte eigentlich auch gern …“ beginnen. Dabei müsstest du in Wahrheit in den Spiegel schauen und sagen: Ich hab einfach nicht die Eier gehabt, mein Leben zu leben. „Jäger des Augenblicks – Ein Abenteuer am Mount Roraima“ startet am 25. April in den Kinos. Davor zieht eine Preview-Tour durchs Land. Alle Stationen der Tour sowie Detail-Infos zum Film unter www.jaegerdesaugenblicks.de

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T I E H S I E W

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Robby Naish und sein 1991er-Evans-Rennwagen


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Naish (li.) mit Bruder Randy, Sardinien 1978

ICH WUCHS IN KAILUA AUF, einem coolen kleinen Ort im Nordosten von Oahu. Den Ort kannte damals niemand. Erst Obama hat ihn bekannt gemacht, als er seine Weihnachtsferien dort verbrachte. Wir lebten fünf Gehminuten vom Strand entfernt. Ich besaß nicht einmal ein Paar ordentliche Schuhe, wozu auch? Bis ich in die dritte Klasse kam, lief ich immer barfuß durch die Gegend. In die Schule ging ich barfuß, Flag-Football (eine Spielart des American Football; Anm.) spielte ich barfuß, Basketball spielte ich barfuß. Auch heute noch bin ich eigentlich ständig barfuß unterwegs. ALS ICH MIT DEM WINDSURFEN BEGANN, gab es in Hawaii vielleicht sechs oder sieben Leute, die surften. Aber nur ein einziges Brett, aus Plastik, mit Holzmast. Du konntest damals nicht einfach auf ein Brett steigen und lossurfen. Du bist raufgestiegen, runtergefallen, raufgestiegen, runtergefallen, raufgestiegen, und nach drei Metern lagst du wieder im Wasser. In Kailua ließen sich die Windsurfer vom Wind die Küste runtertreiben und mussten dann ihr Equipment irgendwie den ganzen Weg zurückschleppen. Ich ging also immer nach der Schule runter zum Strand und fragte die Surfer, ob sie mich ihr Brett gegen den Wind zurücksurfen ließen. Denen war geholfen, und ich kam zu meiner Zeit auf dem Wasser.

ICH MAG ES, DASS WINDSURFEN KEIN EINFACHER SPORT IST, ich liebe die

Herausforderung, das Brett zu zähmen. Ich mag auch den Wettkampf, weil ich mein Schicksal gerne selbst in die Hand

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ZUSATZBILD: ROBBY NAISH/PRIVAT

ls die meisten seiner Freunde mit dem Kampf gegen Akne beschäftigt waren, war Robby Naish bereits zum ersten Mal Weltmeister. Das war 1976, Naish gerade dreizehn, im Jahr darauf wurde er wieder Weltmeister, und dann noch einmal, und dann immer wieder. Fast zwei Jahrzehnte lang prägte er das Windsurfen – lange Zeit allein, lange Zeit in einer packenden Rivalität mit Bjørn Dunkerbeck. Auch den mittlerweile Fünfzigjährigen umgibt eine Aura der Unbeschwertheit; wer nach Anzeichen für Robby Naishs Alter sucht, muss genau hinsehen: da, vielleicht die Krähenfüße um seine Augen, vom jahrelangen In-die-Sonne-Blinzeln. Aus Prinzip trägt er noch immer Sandalen und kurze Hosen und surft, wann immer der Wind es zulässt, auf seiner Lieblingswelle, dem Big-Wave-Kessel Ho‘okipa an der Nordküste von Maui. Das Unternehmen, das seinen Namen trägt, hat sich in seinem achtzehnten Jahr längst als erfolgreicher High-End-Produzent nicht nur von Windsurf-, sondern auch von Kite- und Stand-Up-Paddle-Equipment etabliert; zwei Sportarten, die er ab Mitte der neunziger Jahre als Pionier maßgeblich mitentwickelte. In seinem Haus auf einem Felsvorsprung über den schäumenden Wellen der Nordküste Mauis erzählt Naish von den Lektionen eines einzigartigen Lebens.


„Ich mag es, dass Windsurfen k e i n e i n fac h e r S p o r t i s t. “


Vom Windsurfen zum 足Kitesurfen und StandUp-Paddeln: Im Lauf der Zeit wurden es immer mehr Bretter.


„I C H WA R N I E E I N T E C H N I K- F R E A K . ICH KANN NICHT EINMAL REIFEN WECHSELN.“ nehme. Team-Sportarten waren nie mein Fall. Ich bin kein übertrieben sozialer Typ, ich erledige Dinge lieber selbst. Und was ich auch mag: Am Ende gibt es Gewinner und Verlierer. Wenn du in einem Rennen Dritter wirst, warst du Drittbester. Wenn du Erster wirst, warst du der Beste, und wenn du am verdammten letzten Platz liegst, warst du eben Stockletzter. Es gibt Menschen, die sechs Stunden lang surfen können. Ich gehe raus, stecke meine ganze Kraft rein, und lass es wieder bleiben. So wie ich surfe, ist das lang genug. Bliebe ich länger draußen, würde ich mir wahrscheinlich nur weh tun. Ich bin keiner, der an den Strand geht, mit Freunden abhängt und dann irgendwann wieder eine Weile ins Wasser geht.

DAS GELD FÜR MEIN ERSTES BRETT ZUSAMMENZUBEKOMMEN war das

Schwierigste. Ich nahm meine ganzen Ersparnisse, wir verkauften die Hobie Cat (ein kleiner, leichter Katamaran; Anm.), auf der ich damals segelte, und ich bekam die Hälfte des Geldes. Ich bemalte T-Shirts, bastelte Halsketten aus Papiermuscheln und war Babysitter für die ganze Nachbarschaft, was ja alles ziemlich komisch war für einen Jungen. Aber irgendwann 1975 hatte ich das Geld beisammen und kaufte mein erstes Surfboard. Für 340 Dollar, eine Riesensumme.

WASSER IST NICHT DER NATÜRLICHE LEBENSRAUM EINES MENSCHEN, Wasser

ist keine „Comfort Zone“. Wasser ändert sich dauernd. Immer, wenn du rausgehst, ist es anders. Ich meine, es macht dich größer, diese Herausforderung anzunehmen. Ich meine ja überhaupt, dass alles eine gute Sache ist, was Menschen raus aus ihren Höhlen bringt. Aber sie raus aufs Meer zu bringen oder überhaupt ins Wasser – ob das jetzt ein See ist oder ein Fluss oder was auch immer – ist noch ein Stück besser als alles andere. Wasser reinigt dich, es tut dir gut, und ich meine das jetzt als Körper-Geist-und-SeelenDing. Dieser kleine See hinter deinem Haus, um den du dich nie gekümmert

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hast: Wenn du da rausgehst und dich auf ein Stand-Up-Paddle-Board stellst, mag das nach der langweiligsten Sache der Welt klingen, aber ich schwöre dir, du siehst die Welt auf einmal aus einer ganz anderen Perspektive.

VOR MEINEM ERSTEN WM-TITEL 1976 AUF DEN BAHAMAS WUSSTE NIEMAND, ob ich mit der Konkurrenz würde mithalten können, ich, ein dreizehnjähriges Bürschchen. Aber der Wind war schwach, ein riesiger Vorteil für mich, weil ich so wenig Gewicht hatte. Einige der älteren Jungs waren schockiert. 1976 war auch das letzte Jahr, in dem es eine allgemeine Klasse gab. Im Jahr darauf wurden Gewichtsklassen eingeführt.

ICH WAR NIE EINER VON DENEN, DIE SICH AUF EIN PODEST STELLEN, die

Trophäe in die Luft stemmen und in Jubel ausbrechen. Zurückhaltung war mir zu jeder Zeit sehr wichtig. Ich wollte nie einer sein, den alle hassen, weil er immer

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„ I C H H AT T E N I E DIE AMBITION, E T WAS A N D E R ES ZU MACHEN.“

sondern weil du viel härter gearbeitet hast als alle anderen. Du weißt das auch, und dieses Wissen ist sehr viel wert. Du musst bereit sein, Opfer zu bringen. Egal was zwischen dir und diesem Punkt liegt, den du erreichen musst. Ob das nun Freunde sind, Familie, Spaß, Mädchen oder Partys. Du musst total kompromisslos sein.

gewinnt. Aber ich habe das Verlieren so sehr gehasst, und je länger meine Karriere dauerte und als ich schon so viel gewonnen hatte, wurde die Angst davor immer größer. Irgendwann war ich an einem Punkt angelangt, an dem mir vor Wettkämpfen regelrecht schlecht wurde. Irgendwie ist es gut, zu wissen, dass man das Ganze auch nach einer 25-jährigen Karriere noch so ernst nehmen kann. Wenn du dein Ding richtig machst, kommst du irgendwann an den Punkt, an dem man dich nur besiegen kann, wenn du einen Fehler machst. Diesen Punkt erreichst du nicht einfach von selbst,

MIT ACHTZEHN WURDE ICH VATER. Ich war zwar älter als viele der anderen Achtzehnjährigen, aber immer noch jung. Klar, ich war in meinen jungen Jahren ein wahnsinniger Egozentriker, und meine Tochter Nani hat bei weitem nicht so viel PapaZeit abbekommen wie heute die sechsjährige Christina. Aber die Zeit, die wir miteinander verbrachten, war wirklich gut. Der Altersunterschied war so klein, dass wir zusammen spielten wie Geschwister. Ich bereue nichts. Es gibt da keine Narbe in meiner Biografie. Nani ist ein unglaublicher Mensch geworden, und ich glaube, die Beziehung, die wir hatten, war einfach THE RED BULLETIN

ZUSATZBILD: ROBBY NAISH/PRIVAT

Geboren wurde Naish in San Diego. Sein Vater, ein Lehrer und leidenschaftlicher Surfer, übersiedelte mit der Familie nach Hawaii, als Robby fünf war. Acht Jahre später war Robby zum ersten Mal Windsurf-Weltmeister.


Nicht der Erfinder, aber doch so gut wie: Seit 2002 ist Naish Mitglied der Hall of Fame des Windsurfens.


COVER

STA R

JE MEHR NAISHS ERFOLGE WINDSURFEN ALS SPORT BEK ANNT MACHTEN, DESTO BEGEISTERTER REAGIERTEN DIE MEDIEN.

ICH HABE MIR NIE IRGENDWELCHE GROSSARTIGEN ZIELE GESTECKT, in der Art von: „Ich versuche, das oder das zu gewinnen, und wenn ich es geschafft 46

habe, gehe ich Golf spielen.“ Ich wollte nie irgendetwas anderes tun als das, was ich ohnehin immer getan habe. Ich habe mir die Zukunft immer nur als Fortsetzung der Gegenwart vorgestellt, nicht als ihre Veränderung. Warum sollte ich auch? Seit ich zwanzig Jahre alt war, haben mich die Leute gefragt, wann ich denn meine Karriere beende. Ich sagte nur: „Hey, ich bin doch in Rente. Ich mache genau das, was Menschen machen, wenn sie in Rente gegangen sind.“

1987 WAR BJØRN DUNKERBECKS ERSTE SAISON AUF DER TOUR. Es war klar, dass

dieser niederländische Junge richtig gut werden würde, sobald er ausgewachsen ist. Und das war er schnell. Über Jahre gab es dann diese Gut-gegen-Böse-Rivalität. Er war still, etwas arrogant, er hatte so was Dolph-Lundgren-Artiges. In der Öffentlichkeit kam er nicht als besonders nett rüber. Mir hat die Rivalität mit Bjørn sehr geholfen. Vor allem hat sie mich gezwungen, mich mehr mit den technischen THE RED BULLETIN

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gut so, wie sie ist. Sie liebt mich, ich liebe sie. Man kann nicht mehr verlangen. Niemand ist perfekt. Aber ich mag meine Fehler. Alle Rückschläge, die ich verdauen musste, hatten ihren Sinn. Es hilft, hin und wieder einen Schlag ins Gesicht abzubekommen.


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Vom Surfer zum Geschäftsmann: für Naish kein einfacher Weg

MEIN UNTERNEHMEN HAT MICH SCHLAFLOSE NÄCHTE GEKOSTET. Oder besser gesagt: die Frage, ob ich es überhaupt gründen soll. Eigentlich wollte ich es nicht machen, einfach weil ich es viel zu sehr genoss, nur für mich selbst verantwortlich zu sein. Mich an andere Leute zu binden und zu wissen, dass man Verantwortung für sie trägt, das war zu Beginn sehr hart. Heute bin ich dankbar für die Erfahrungen, die ich dem Unternehmen verdanke. Es ist etwas ganz Besonderes, zu wissen, dass sich die Entscheidungen, die du triffst, ganz direkt auf das Leben von vierzig Menschen und deren Familien auswirken. Es ist mir aber trotz allem gelungen, meine Freiheit zu bewahren. Keiner sagt mir, was ich zu tun habe. Das ist für mich das Wertvollste.

ICH SCHLAGE MICH ZWAR IM GROSSEN UND GANZEN RECHT GUT, aber ich bin

Seiten des Sports zu beschäftigen. Das hätte ich ohne Bjørn nie getan. Er hat mich zu einem besseren Surfer gemacht. Ich war nie ein Technik-Freak. Ich konnte nicht einmal einen Reifen an meinem Fahrrad wechseln. Aber ich war auf meinem Fahrrad der unangefochtene Wheelie-Champion. Du konntest mir auch ein Skateboard hinstellen, egal was, ich konnte mit allem fahren. Aber wenn es drum ging, irgendetwas zu reparieren, gab ich es meinem Bruder oder irgendjemand anderem.

KITESURFEN WAR DAS PERFEKTE DING für die Zeit nach dem Ende meiner Wettkampfkarriere im Windsurfen, ich begann damit Mitte, Ende der Neunziger. Beim Windsurfen brauchst du eine gewisse Windstärke, damit was passiert. Beim Kiten kommst du auch bei miserablem Wind ordentlich auf Speed. Kiten bedeutete für mich nicht weniger als einen enormen Gewinn an guter Zeit. Das allererste Kitesurf-Inserat meines Unternehmens war eine schwarze Seite, 48

„KITEN IST EIN ENORMER GEWINN AN GUTER Z E I T. “ auf der in weißer Schrift stand: „Der völlig falsche Sport für 99,9 Prozent der Weltbevölkerung“. Dann blätterte man um, und dort stand: Naish Kitesurfing. So sind wir an die Sache herangegangen: Es ist verdammt gefährlich, es ist superextrem, und es wird Menschen geben, die dabei sterben. So war das am Anfang. Aber natürlich hat sich das Equipment mittlerweile entwickelt, Kitesurfen ist heute viel zugänglicher, nicht mehr so superexklusiv und -selektiv wie zu Beginn.

einfach nicht dieser klassische Familientyp mit Strandgehen und Sandburgenbauen und so, auch wenn meine Frau Katy sich das sicherlich manchmal wünscht. Es braucht schon einiges, um mich auf die Palme zu bringen. Meine Frau sagte früher oft: „Warum lässt du dich so leicht unterkriegen?“ Nach 22 Jahren weiß sie, warum ich so bin, wie ich bin. Du darfst dich einfach nicht von jeder Kleinigkeit aus der Fassung bringen lassen. Wenn du glaubst, dich gegen jeden Schwachkopf, der dir über den Weg läuft, behaupten zu müssen, wird das irgendwann schlimm enden. Diese Spielart des geringsten Widerstands hat auch etwas Schönes.

DEN JUNGEN LEUTEN SAGE ICH IMMER: Wenn dich jemand bezahlt für das, was du ohnehin gerne tust, dann bist du der gottverdammt glücklichste Mensch auf der Welt. Schau dir einfach an, was alle anderen tun müssen, um davon leben zu können. Tu alles, um das, was du tust, als Privileg zu erkennen und dir dieses Privileg zu bewahren. Gib ihnen für jeden Dollar, den sie dir bezahlen, fünf Dollar an Wert. Sei jeden Tag dankbar für diese Zeit in deinem Leben. Und tu alles in deiner Macht Stehende, damit sie so lange währt wie möglich. Und betrachte mich dabei als gutes Beispiel: Wenn man die Dinge richtig angeht und etwas Glück hat, hört diese Zeit niemals auf. www.naish.com

Schauen Sie zu, wie Windsurf-Legende Robby Naish die Wellen durchpflügt – in der Red Bulletin Tablet Edition. THE RED BULLETIN


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DER 70MINUTEN-

GURU Vier Grammys, zwölf Alben, Millionen verkaufter Platten: The-Roots-Boss Ahmir „Questlove“ Thompson erklärt, was die ersten fünf Minuten, Muttermilch und die Arche Noah mit einer Karriere im Musikbusiness zu tun haben. Text: Jonathan Cohen, Bilder: Jason Nocito

Elf Uhr vormittags im NBC-Fernsehstudio 6B, Rockefeller Center, New York. Die Tribüne ist leer. Es ist still, bis auf das Surren des Staubsaugers vor der Bühne. In fünf Stunden ist hier die Hölle los. Dann wird hier „Late Night with Jimmy Fallon“ aufgezeichnet, eine der erfolgreichsten Talkshows der USA. Tock, tock, tock! Ein dumpfes Pochen hinter der Bühne. Eine blaue Tür, Aufschrift „The Roots“. Ein Hüne mit imposantem Afro checkt seine Snare-Drum. Fünf Tage die Woche verbringt er hier im Fernsehstudio. Hier tüftelt er mit seinen Bandkollegen an den Stücken, die er bei Jimmy Fallon aufführt. 50



„ICH BIN JEMAND, DER JEDEN TAG FÜNF STUNDEN MUSIK HÖRT.“


  : Du bist 1971 in Philadelphia geboren und in den Siebzigern und Achtzigern in einer ProfimusikerFamilie aufgewachsen. Dein Vater war der Doo-Wop-Star Lee Andrews. Wie stellt man sich so eine Kindheit vor? : Ich hatte sämtliche Aspekte des Show-Business inhaliert, da war ich noch keine dreizehn. Mit sieben war ich Straßenkartenleser auf dem Beifahrersitz meines Dads und navigierte meine Eltern von einem Nachtclub zum nächsten, quer durch die Bundesstaaten. Danach wurde ich zum Garderobier befördert, bügelte und faltete die Bühnenkleidung. Mit zehn übernahm ich die Lightshow, stellte die Farbfilter ein und schwenkte die Scheinwerfer. Mit elf büffelte ich Akkordtabellen, lernte die Songs meines Vaters auswendig, um zu verstehen, was er mit Begriffen wie „b-Moll 9“ oder „E7“ meinte. Mit zwölf wurde ich der Hauptschlagzeuger in der Band meiner Eltern. Wow. Ich lernte unglaublich viel von ihren Bühnenshows, der Art, wie sie das Publikum unterhielten. Viel davon floss später in meine eigene Arbeit mit The Roots ein. Was zum Beispiel? Dass du dein Publikum innerhalb der ersten fünf Minuten deiner Show fangen musst – mit Songs, die jeder kennt. Deshalb spielte mein Vater auch aktuelle Hits von Kollegen. Das hielt ich mit The Roots genauso. (Lacht.) Am Anfang waren The Roots Hip-Hop-Karaoke. Tricks wie diesen habe ich mit der Muttermilch aufgesogen. Dass das nicht normal ist, kapierte ich erst später, als meine Mitschüler in der MusikHighschool erklärten, dass sie noch nie in einem Nachtclub waren. Das Bühnenkind wechselt in die Highschool. Ziemlicher Kulturschock, oder? Ja, ich musste noch einmal ganz von vorne anfangen. In der Band meiner Eltern war ich eine Sensation: das Kind, das wie ein Erwachsener trommelte. Aber in der Highschool war ich dann plötzlich nicht mehr THE RED BULLETIN

der Hai im Wohnzimmer-Aquarium, sondern die Sardine im Pazifik. Meine Mitschüler waren unglaublich gut. Schon am zweiten Schultag wurden zwei von ihnen eingeladen, mit Miles Davis im Frühstücksfernsehen aufzutreten. Und deine praktische Erfahrung? In der Schulband war ich als Schlagzeuger trotzdem fünfte Wahl. Meistens spielte ich Triangel und Tamburin. Voll frustrierend. Boyz II Men waren übrigens auch auf meiner Schule. (Grübelt.) Die brachten die Schülerinnen zum Ausflippen. Immerhin hast du auf dieser Schule Tariq Trotter kennengelernt. Und mit ihm als Sänger The Roots gegründet. Und mit The Roots kam der Erfolg. Ja, und im Gegensatz zu vielen Kollegen von damals können wir heute sehr gut von unserer Musik leben.

Gibt’s so was wie ein Rezept für diesen Erfolg, etwas, das ihr jungen Musikern von heute mitgeben könnt? Dafür muss ich ein bisschen ausholen. Das große Problem, das die Musikbranche zur Zeit hat, ist, dass dem Underground keine Bedeutung mehr beigemessen wird. Im Hip-Hop passierte dieser Umschwung ungefähr 1997 mit dem Aufstieg von Puffy (P. Diddy; Anm.). Plötzlich zählten nur noch die Gewinner. Ja, und? Hip-Hop wurde marktschreierisch. Umgelegt auf den Sport, hätte das so ausgesehen: Die Leute wollten nur noch perfekte Slam-Dunks (spektakuläres „Einnetzen“ im Basketball; Anm.) sehen. Schöne Team-

ZUERST KAMEN DIESE SIEGERTYPEN, UND JETZT „GIBT’S KEINE SUBKULTUR MEHR IM KONTEXT MIT SCHWARZER MUSIK“.

ZUSATZBILD: ROBIN LANAANEN

Jede amerikanische Talkshow hat ihre Hausband, aber die von Jimmy Fallon ist ein Spezialfall: The Roots – 25 Dienstjahre, zwölf Studioalben, vier Grammys und Millionen verkaufter Platten. HipHop-Ikonen, von Kritikern gefeiert, von Kollegen bewundert. Boss der achtköpfigen Gruppe ist nicht der Frontmann, sondern der Schlagzeuger, unser Mann an der Snare-Drum: Ahmir Thompson, bekannt als Questlove alias ?uestlove. Eine lebende Legende.

RED BULL MUSIC ACADEMY: NEW YORK CITY Sie ist eine Spielwiese für leidenschaftliche Musiker, ein Schmelztiegel frischer Ideen und Visionen. Oder, wie Questlove meint: „Die fortschrittlichste Form der Musikvermittlung.“ Seit 1998 bereist die Red Bull Music Academy den Globus und schlägt ihr Hauptquartier alljährlich für einen Monat in Städten wie London, Kapstadt, São Paulo, Melbourne oder zuletzt in Madrid auf. Eingeladen werden zwei Gruppen zu jeweils 30 Teilnehmern – junge Produzenten, Sänger, DJs und Instrumentalisten aus über 35 Ländern –, um dort für je-

weils zwei Wochen gemeinsam in Tonstudios zu werken, in den besten Clubs der Stadt aufzutreten und von den Größten ihrer Zunft zu lernen. Ob Questlove, der seit 2006 eng mit dem Musikcamp zusammenarbeitet, Techno-Visionär Carl Craig, Komponist Steve Reich oder Star-Produzent Mark Ronson – die meisten Helden schauen nicht bloß für einen Vortrag auf dem Lecture-Sofa vorbei, sondern bleiben länger. Nicht selten tagelang. Und stehen den Jungmusikern mit Rat und Tat im Tonstudio beiseite. Zum 15-jährigen Jubiläum

landet die Red Bull Music Academy in New York und verwandelt die Stadt in ein Musikfestival: 150 Künstler, 35 Veranstaltungen in fünf Wochen. Darunter eine Multimedia-Ausstellung von Elektronik-Legende Brian Eno. Es gibt öffentliche Lectures von Musikern wie Nile Rodgers (Chic) und James Murphy (LCD Soundsystem) sowie Konzerte von Künstlern wie Four Tet, Kim Gordon (Sonic Youth) – und natürlich den Teilnehmern selbst. Red Bull Music Academy: New York City, 28. April bis 31. Mai redbullmusicacademy.com

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Öffentlichkeit zuerst einmal zu versagen. Ein gutes Beispiel sind Jill Scott und Jaguar Wright. Wir lernten beide 1994 kennen. Wir veranstalteten damals jede Woche Konzerte in unserem Proberaum. Jill war Verkäuferin und ging noch zur Schule, Jaguar arbeitete auf einer Tankstelle. Jede Woche kamen sie zum Jammen vorbei. Obwohl sie Freundinnen waren, standen sie zueinander in Konkurrenz. Jaguar war eine unglaublich gute Sängerin. Das Publikum hing ihr an den Lippen. Das spornte Jill an, sie übte jeden Tag zu Hause. Und irgendwann war ihr Publikum größer als das von Jaguar. Und die Moral von der Geschicht’? Wenn du über ein paar Jahre hinweg Tag für Tag übst, kannst du als Künstler über dich hinauswachsen. Es geht um Geduld und Ausdauer. Vielen jungen Musikern werden diese Lehrjahre aber heute nicht mehr zugestanden. Hier bei der Fernsehshow erlebe ich häufig, dass Künstler mit nur ein- oder zweijähriger Erfahrung vor dem Auftritt in ihrer Garderobe mit den Nerven total am Ende sind, ausflippen und permanent aufs WC verschwinden, weil sie kotzen müssen. Auch wir waren bei unseren ersten zwei Auftritten bei der

arbeit wurde nicht beachtet. Übersehen wurden dabei die kleinen spannenderen Erzählungen, die Geschichten der Wasserträger, der Statistiker und Co-Trainer, die für den Erfolg des Teams genauso wichtig sind. Zurück zur Musik: In Rap-Texten ging’s nur noch um den Erfolg, um Goldketten, um den eigenen sozialen Aufstieg. Hip-Hop-Produktionen klangen plötzlich wie ein Feuerwerk. Eine Explosion nach der nächsten. Das ist eine Entwicklung, die ich oft mit Jay-Z diskutiere: Wir müssen den Menschen klarmachen, wo unsere Kultur herkommt, und den Underground aufbauen. Im Moment gibt’s keine Subkultur im Kontext schwarzer Musik. Was hat das mit dem Erfolg von The Roots zu tun? Wir machten es wie Noah. Wir nahmen immer zwei Tiere einer Art mit auf unsere Arche und machten sie zu einem Teil unseres innersten Kreises. Sprich: Wir gründeten mit Kollegen eine Familie und 54

unterstützten uns gegenseitig. Wir schufen unsere eigene Bewegung – mit Künstlern wie Mos Def, Gang Starr, D’Angelo, Talib Kweli und Erykah Badu. Plötzlich verkauften unsere Platten statt 200.000 Stück eine Million. Das ging auch unseren Kollegen so. Wieso? Weil wir unsere Musik in einen Zusammenhang stellten. Wir traten nicht als Einzelkämpfer auf, sondern als Bewegung – und blieben dabei. Viele Underground-Künstler, die es an die Spitze schaffen, verhalten sich wie Lot aus der Bibel. Sie blicken nicht zurück nach Sodom und Gomorra. Denn das wäre frevelhaft. Aber dadurch endest du in der Isolation. Klar, im YouTube-Zeitalter kannst du ganz allein in deinem Schlafzimmer sitzen, einen Song von Little Dragon covern und über Nacht zum Web-Star werden. Was ist daran uncool? Dass es kurzsichtig ist. So schaffst du keine 20-jährige Karriere im Musikgeschäft. Welche Fähigkeiten helfen dir dabei? Dass du keine Angst davor hast, in der

ZUSATZBILD: GETTY IMAGES

„WAS DIR BEIM AUFBAU DEINER KARRIERE HILFT? DU DARFST KEINE ANGST DAVOR HABEN, IN DER ÖFFENTLICHKEIT ZUERST EINMAL ZU VERSAGEN.“

THE RED BULLETIN


Jimmy-Fallon-Show nervös. Aber nicht am Durchdrehen. Du hältst eine Vorlesung über Albumklassiker der Popmusik an der Universität von New York. Was bringst du den Studenten bei? Die Geduld, sich Musik richtig anzuhören. Mein gesamtes Wissen als Produzent eignete ich mir an, indem ich Alben nach Samples abgraste: Welchen Teil könnte man für einen Hip-Hop-Track verwenden? Welches Drum-Break eignet sich? Bei meiner Vorlesung will ich es nun umgekehrt machen. Ich werde den Studenten grundsätzlich erklären, warum manche Platten wichtiger sind als andere – und das Abgrasen ihnen selbst überlassen. Welche Rolle spielt das Internet dabei? Du kriegst heute zwar jede Information , die du willst, aus dem Web. Woran es heute aber mangelt, sind Lehrer, die den Jungen die Richtung weisen. Erst heute Morgen legte ich mich mit so einem Musik-Snob an. Der hatte jemanden beschimpft, weil der nicht wusste, dass „It’s a Shame“ kein Rap-Song von Monie Love ist, sondern ein Soul-Klassiker von den Spinners aus den sechziger Jahren.

Es braucht Leute, die Wissen vermitteln, anstatt damit anzugeben. Durch den Überfluss an Information im Internet bedarf es beträchtlicher Ausdauer, sich das Wesentliche herauszufiltern. Und man braucht Geduld, jemandem dabei zu helfen. Wenn Musikfans heute einen Künstler entdecken, haben sie über das Web sofort Zugang zu dessen gesamtem Werk und bekommen jede Info zu seiner Person. Ist das eine gute Entwicklung? Würde ich schon sagen. Ist aber auch herausfordernd. Mein Hirn reicht gerade einmal aus, um die Musik meiner drei Lieblingskünstler – Stevie Wonder, Michael Jackson und Prince – zu absorbieren. Das ist jetzt Koketterie, oder? Ich bin jemand, der jeden Tag fünf Stunden Musik hört. Das ist eine ganze Menge. Vielen Kollegen wird das auf die Dauer zu viel. Etliche DJs, mit denen ich aufwuchs,

„ERST HEUTE MORGEN LEGTE ICH MICH WIEDER MIT EINEM DIESER MUSIKSNOBS AN. ES BRAUCHT MENSCHEN, DIE WISSEN VERMITTELN, ANSTATT DAMIT ANZUGEBEN.“

haben ihren Job längst an den Nagel gehängt. Vermutlich hätte ich das auch schon getan, wäre ich nicht vor einigen Jahren auf eine neue Technik gestoßen: Musik in Spuren zu sehen, sogenannten Stems (= Grundbausteine eines Songs, die man durch digitale Technologie teilen kann; Anm.). Das hat meine Lust an der Musik neu entfacht. Trotzdem gibt es mehr gute Platten, als man sich anhören bzw. in deinem Fall „ansehen“ kann. Ein Menschenleben reicht einfach nicht aus, um sich durch sämtliche Musik durchzuhören. Apropos: Ich sollte mir überlegen, was im Fall meines Todes mit meiner Plattensammlung passiert. Schon irgendeine Idee? Zum Beispiel ein Mammutprojekt: die ultimative Audiothek. Zurück ins Leben: Bald soll es ja ein neues The-Roots-Album geben. Gemeinsam mit Elvis Costello. Ist ein Album überhaupt noch eine zeitgemäße Art, Musik zu veröffentlichen? Du weißt, was in Filmen passiert, wenn die bösen Jungs das Ende herannahen sehen? Entweder sie drücken aufs Gas und stürzen sich in den Abgrund, so wie bei „Thelma & Louise“, oder sie ergeben sich. Und wofür stehst du? Fürs Gasgeben. Wir veröffentlichten bisher sechzehn Platten auf demselben Label – was im Hip-Hop übrigens einzigartig ist –, und nach jedem Album denke ich mir: Okay, das könnte jetzt unser letztes großes Statement gewesen sein. Wenn du nicht in Konkurrenz stehst mit Superstars wie Rihanna, dann solltest du vielleicht einfach weitermachen mit dem, was du am besten kannst – bis die Klinge der Guillotine fällt. Bisher war das noch nicht der Fall. Und es gibt viele Dinge, die ich gerne noch machen würde. … zum Beispiel einen einzigen Track, eine Nummer, die durchschlägt? Ich wünschte, ich wüsste, wie man ein großes Statement in dreieinhalb Minuten abliefert. Dieses Talent fehlt mir leider.

The Roots mit Gaststars Travie McCoy (in Grün, li.) und Kid Rock (in Grün, re.) bei der Eröffnung der 27. „Rock and Roll Hall of Fame“-Zeremonie 2012 in Cleveland, Ohio, USA. (Der mittlere Mann in Grün ist Roots-Sänger Black Thought.)

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Schon wieder dieses Understatement. (Grinst.) Hey, dafür weiß ich, wie man auf siebzig Minuten Großes leistet. www.theroots.com Ein weiteres Interview und eine DrumSession mit Questlove auf Video sehen Sie in der gratis Red Bulletin Tablet-App.

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R E D B U L L Y O U T H A M E R I C A’ S C U P

Das deutsche Youth Team beim Wettkampf auf einem AC45-Katamaran in der San Francisco Bay.

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U n fa s s b a r s c h n e l l e B o o t e , d i e b e s t e n C o a c h e s d e r S z e n e – u n d d i e C h a n c e a u f e i n T i c ke t z u m e l i t ä r s t e n S e g e l r e n n e n d e r W e l t : D e r R e d B u l l Yo u t h A m e r i c a ’s C u p r e v o l u t i o n i e r t e i n e Geschichte, die seit 162 Jahren erzählt wird. Te x t : A n n D o n a h u e , B i l d e r: B a l a z s G a r d i


R E D B U L L Y O U T H A M E R I C A’ S C U P

San Francisco B a y, P i e r 8 0 , a m frühen Morgen. Seelöwen tauchen aus d e r T i e f e a u f, sehen hoch zu den gewaltigen Kränen am Dock, tauchen wieder ab. Die gigantische Anlage, die tagsüber Schotter von einem berghohen Haufen zu einem anderen am benachbarten Pier 94 bewegt, steht noch still. Es ist ruhig. Die Idylle ist perfekt. Um neun Uhr wird die Stille zerrissen. Schwarze GMC-SUVs brausen heran, spucken Dutzendschaften junger Männer aus. Gelächter, Gezänk, untermalt vom Wummern bassgestärkter Remixes von Achtziger-Jahre-Pop-Hits. Diese Burschen zählen zu den besten Nachwuchsseglern der Welt, auch wenn man ihnen das in diesem Moment – „He, pass doch auf, Idiot!“ … „Selber Idiot“ – nicht unbedingt anmerkt. Jetzt gerade sind sie einfach Kerle um die zwanzig, aufgekratzt, voll Vorfreude und Nervosität vor der größten Chance ihres Lebens. In zwei Stunden werden sie mit bis zu 35 Knoten (ca. 65 km/h) durch die Gischt der eisigen San Francisco Bay jagen. Sie werden die Speerspitze der 45-Fuß-Katamaran-Rennklasse bändigen müssen – den AC45: 14 Meter lange, eineinhalb Tonnen leichte Doppelrumpfboote, die statt des Hauptsegels einen Flügel tragen, der mit 21,5 Meter so hoch ist wie ein siebenstöckiges Haus. Und sie werden gegeneinander um jeden Zentimeter kämpfen, um sich einen Seglertraum zu erfüllen: die Qualifikation zum Red Bull Youth America’s Cup. Dieser Bewerb geht auf eine Idee der österreichischen Segler Roman Hagara 58

und Hans-Peter Steinacher zurück, die bei den Olympischen Spielen 2000 und 2004 Gold in der Tornado-Klasse gewannen. Und: Er ist eine Revolution in der langen Geschichte des America’s Cups. Über 162 Jahre war die Hürde zur Teilnahme am ehrwürdigsten seglerischen Bewerb der Welt selbst mit größtem Talent und bedingungslosester Hingabe kaum zu überwinden, wenn man kein YachtclubNetzwerk potenter Gönner der Großindustrie hinter sich wusste, einen Namen mit einem „III.“ oder „IV.“ am Ende trug oder eine Olympiamedaille vorweisen konnte.

Beim Red Bull Youth America’s Cup hingegen geht es nicht um die Herkunft, sondern ausschließlich um Talent, Ehrgeiz und Professionalität. Dabei werden die Youngsters nicht nur gefordert, sich im direkten Duell zu bewähren, sondern sie werden auch in einzigartiger Weise gefördert: Der Red Bull Youth America’s Cup stellt die ultramodernen Katamarane und Coaching auf Weltklasseniveau zur Verfügung. Teams aus zwölf Nationen trafen im Februar in San Francisco aufeinander, um in den Selection Series jene fünf Teams zu THE RED BULLETIN


Die Teams versammeln sich jeden Morgen zum Briefing auf dem Pier 80. Danach geht es ins Gym des Oracle Team USA (oben) oder zum Segeln in die San Francisco Bay. „In einer Woche Selection Series lernen sie mehr als in drei oder vier Jahren Training“, sagt Hans-Peter Steinacher, Sport Director des Red Bull Youth America’s Cup.

ermitteln, die vom 1. bis 4. September die Red Bull Youth America’s Cup-Finals bestreiten dürfen. Die Selection Series tragen ihren Namen zu Recht: Sie verstehen sich als Auswahlverfahren, als beinharter Test für seglerische Fähigkeiten, Fitness und Professionalität, für Mumm, Teamgeist und Durchhaltevermögen. Die Tage in San Francisco bestehen im Wesentlichen aus forcierten Trainingseinheiten im Gym und Fahrten auf Katamaranen der Klasse AC45. „In der einen Woche der Selection Series lernen die Burschen mehr als in 59


Wasser und Luft: Auf den Geraden rasen die AC45, sie fliegen geradezu.

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THE RED BULLETIN


R E D B U L L Y O U T H A M E R I C A’ S C U P

„ W IR D Ü RF E N M IT M AC H EN! A L L E U N SE RE T RÄU M E W U RD E N WAH R.“ S k i p p e r W i l l T i l l e r, F u l l M e t a l J a c k e t R a c i n g Te a m drei oder vier Jahren Training“, schwört Mastermind Steinacher. „Es ist eine unglaubliche Erfahrung“, sagt Matt Whitehead, 19, Skipper von Südafrikas i’KaziKati Team, „dass wir hierherkommen und direkt mit den Pros lernen dürfen, was es heißt, Erfolg in dieser Liga zu erarbeiten. Das ist unbezahlbar.“ aniel Bjørnhold Christensen, 18, ist Skipper der Danish Youth Vikings, und er weiß, wie es sich anfühlt, wenn jugendlicher Leichtsinn auf professionelle Ansprüche trifft. Die Mitglieder seines Teams hatten bei den Burritos zugeschlagen, unglücklicherweise unmittelbar vor der ersten der unbarmherzigen Sessions im Gym im benachbarten Hangar von Oracle Team USA. Und es waren nicht irgendwelche Burritos, sondern „wirklich große, fette amerikanische Burritos“ – Christensen spreizt seine Arme, um die enorme Dimension der Dinger anzudeuten, die sich die jungen Dänen einverleibten. Es passierte während des ersten Fitness-Checks. Die Jungs mussten ihre Fähigkeiten an der „Winsch“ beweisen, an der Kurbeltrommel, mit der im Echtbetrieb die Segel bedient werden. Sie kurbelten also gerade 50-Kilo-Gewichte auf Tempo quer über den Hallenboden – da geschah „ein kleiner Unfall“, erzählt Christensen, „plötzlich kotzte einer aus unserem Team die Burritos aus. Und dann kotzten alle. Mitten im Gym.“ THE RED BULLETIN

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R E D B U L L Y O U T H A M E R I C A’ S C U P Man ahnt es schon, das ist nicht der America’s Cup, wie ihn unsere Großväter kennen, der Cup der pastellfarbenen Polos mit aufgestelltem Kragen, parfümiert mit leicht nasalem britisch-amerikanischem Akzent. Und hat auch nicht mehr viel zu tun mit dem Event, den in den letzten 25 Jahren nur Teams aus den USA, der Schweiz und Neuseeland gewannen. Der Red Bull Youth America’s Cup führt junge, freche Sommensprossenträger aus aller Welt an den altehrwürdigen Cup heran, Südafrikaner und Dänen ebenso wie Argentinier oder Portugiesen. „Der Red Bull Youth America’s Cup ist wie eine Frischzellenkur für den America’s Cup“, sagt Russell Coutts, CEO des Oracle Team USA und vierfacher Cup-Gewinner. „Der America’s Cup war immer das Firmament des Segelsports – funkelnd, unergründlich und unendlich weit weg. Jetzt gibt es eine Leiter hinauf in den Himmel.“ Ein bisschen Einblick in diesen Himmel bekommen die Burschen aus aller Welt schon jetzt: Der Red Bull Youth America’s Cup teilt sich einen Pier mit dem Hangar,

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„ D I E S E E R FA H RU N G IS T U N B E Z A H L B A R .“ S k i p p e r M a t t W h i t e h e a d , Te a m i ’ K a z i K a t i

THE RED BULLETIN


Bei den Red Bull Youth America’s Cup Selection Series kämpfen zwölf Teams um ihr Ticket fürs Finale im September. Sechs Crews fuhren in der ersten Woche gegeneinander, die restlichen sechs in der Folgewoche. Drei Renntage pro Woche mit sechs Rennen pro Tag – ein Härtetest für die Youngsters.

in dem das Oracle Team USA sein Schiff für die Titelverteidigung beim America’s Cup baut: ein 72-Fuß-Ungeheuer (22 Meter lang, 14 Meter breit) namens AC72, mit einem 13 Stockwerke hohen Flügel und einem Rumpf wie einer außerirdischen Kralle. Während des Morgenbriefings werfen die jungen Segler verstohlene Blicke auf das Boot, das ein 65-Meter-Kran gerade behutsam für eine Trainingsfahrt in die Bay hebt. „Als ich jung war und den America’s Cup im Fernsehen sah, träumte ich davon, eines Tages einer von diesen Männern auf diesen Booten zu sein“, sagt Jonas Schagen, 23, Floater („Springer“ oder „Mädchen für alles“ an Bord) im Schweizer Team TILT. „Und heute stehe ich hier in San Francisco. Unglaublich, dass ich es so weit geschafft habe. Aber ich weiß: Es liegt noch sehr viel Arbeit vor mir. Im Vergleich zum AC72 ist sogar ein Geschoss wie der AC45 ein Spielzeug.“ THE RED BULLETIN

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R E D B U L L Y O U T H A M E R I C A’ S C U P Full Speed vor der Golden Gate Bridge. Der Mast des AC45 ist so hoch wie ein siebenstöckiges Haus (21½ Meter).

„ HI ER T REFFEN D I E BESTEN T EAMS UND D I E BESTEN BOOT E AU F EINANDER.“ Skipper Jason Waterhouse

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Beim nächsten America’s Cup – der Bewerb steigt alle zwei bis drei Jahre – könnten einige dieser jungen Segler schon Mitglied eines der großen Syndikate sein. „Als ich zum ersten Mal die Fotos der Oracle 72 auf Facebook gesehen habe, dachte ich: Wow, was geht denn hier ab!“, sagt Philipp Buhl, 23, Skipper des deut-

schen STG/NRV-Teams. „Vor zwei Tagen durften wir sie besuchen. Unglaublich, die Professionalität, mit der hier gearbeitet wird, sechs Tage die Woche von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends.“ Sieben Teams sind für die Red Bull Youth America’s Cup Finals im September bereits fix gesetzt, weil sie einem der Syndikate der AC72-Klasse angeschlossen sind; alle anderen bekommen hier in den Selection Series ihre Chance. Charlie Buckingham, 23, ist Skipper des fix qualifizierten Teams USA45 Racing, das vom Oracle Team USA betreut wird. Im Februar lernte er das Boot kennen. Wie das war, das erste Mal ein solches Ungetüm zu segeln? „Sie haben uns sozusagen die Schlüssel in die Hand gedrückt“, sagt er, „und den einen oder anderen kleinen Tipp mitgegeben. Ich denke, sie wollten einfach sehen, ob wir fähig sind, selbst dahinterzukommen, wie das Ding läuft.“ Und wie fühlt es sich an, auf einem der aggressivsten Rennboote, die es jemals gab? „Gut. Sogar kontrolliert … jedenfalls solange du und deine Crew keinen Blödsinn machen“, sagt Buckingham und lacht. „Wir waren aber echt vorsichtig. Ich meine, es hätte keinen guten Eindruck gemacht, wenn wir hier für zwei Tage THE RED BULLETIN


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R E D B U L L Y O U T H A M E R I C A’ S C U P fahrener Segelfotograf nickt anerkennend, als er an Bord des massiven Schiffs geht: „Bei allem Respekt vor den Jungs: Ich fühle mich wohler, wenn ich weiß, dass eine Menge Boot zwischen ihnen und mir ist.“

Taktik in der San Francisco Bay. Der Blick nach hinten gilt den Verfolgern.

„ W I R WO L L EN N OCH M E H R B U R S CH EN D I E S E P E R S P EK T I V E G EB EN. DA S I S T U N S ER ER K L Ä R T E S Z I E L F Ü R S N ÄCH S T E M A L .“ Sport Director Roman Hagara auftauchen, das Boot beschädigen und wieder abhauen.“ Tag eins der Selection Series, die Teams vertreiben ihr Lampenfieber bei einem Formel-1-Videogame bei den Containern, in denen sie ihre Sachen aufbewahren. Die Aufgabe, die auf sie zukommt, fordert nicht nur ihren persönlichen Ehrgeiz, sondern auch ihren Nationalstolz. „Australien hat sehr, sehr lange keine Rolle mehr im America’s Cup gespielt“, sagt Skipper Jason Waterhouse, 21, von Objective Australia. „Es ist uns bewusst, dass wir hier etwas Historisches für den 76

Segelsport in unserem Land erreichen können – und das unter atemberaubenden Bedingungen: Hier sind die besten Boote, die beste Technologie und die besten jungen Teams der Welt an einem Ort versammelt.“ Mittags werden die Katamarane zu Wasser gelassen, ein geradezu monströses Serviceboot nähert sich dem Dock. Seine beiden Dieselmotoren beschleunigen es auf bis zu 50 Knoten (92,6 km/h); es zieht die Bojen hinaus aufs Meer, hat Ersatzteile an Bord und auch einige Journalisten, die sich an ihren Sitzen festklammern. Ein er-

atürlich sind die Jungen keine kompletten Anfänger: Sie haben sämtlich reiche Erfahrung in diversen Nachwuchs-Auswahlteams gesammelt und gehören zu den Weltbesten ihres Fachs. Aber Boote der Klasse AC45 sind ein Kaliber, das ihnen allen neu ist. „Sie verlangen enorm viel Kraft, Geschicklichkeit und Know-how“, sagt Hanno Sohm, 23, Steuermann im österreichischen Team. „Wir haben uns zwar intensiv vorbereitet, wir haben Videos studiert und mit Leuten geredet, die schon AC45-Boote gefahren sind. Aber es ist ein Unterschied, zu wissen, was zu tun ist – und es dann tatsächlich zu tun.“ Draußen in der Bay toben mittlerweile die Elemente. Wenn du nicht aufpasst, reißt dir der Sturm die Sonnenbrille vom Gesicht. Auf den Geraden rasen die AC45, fliegen geradezu, federleicht. Aber wenn sie von den Teams um die Bojen gezwungen werden, krümmen sie sich ächzend. „Die große Herausforderung ist, dass auf diesen Schiffen alles so wahnsinnig schnell passiert“, sagt Skipper James French, 20, vom Team GBR Youth Challenge. „Wenn du anfängst zu denken, ist es zu spät.“ Am Ende der Selection Series erhalten fünf Teams von Hagara und Steinacher das Ticket für die September-Finalbewerbe: Full Metal Jacket Racing aus Neuseeland, Objective Australia, STG/NRV aus Deutschland, das Schweizer Team TILT und die Portugiesen von ROFF/Cascais Sailing Team, die am ersten Tag fast gekentert wären. Schwer sei ihnen die Entscheidung gefallen, sagt Hagara und ergänzt: „Verdient hätten es zwanzig Mannschaften.“ Doch die Zahl der nominierten Teams ist durch die Zahl der verfügbaren Boote limitiert. „Es ist unser erklärtes Ziel fürs nächste Mal, noch mehr Burschen die Perspektive auf Segeln auf Weltklasseniveau geben zu können.“ Für die ausgewählten Teams wird nun Realität, was sie sich vor einem Jahr nicht einmal hätten vorstellen können. „Neuseeland ist im America’s Cup dabei, seit wir denken können“, sagt Will Tiller, 23, Skipper des Teams Full Metal Jacket Racing, nach der Bekanntgabe, dass sie dabei sind. Er schüttelt ungläubig den Kopf. „Jetzt stehen wir hier und können mitmachen, selbst, wirklich – Wahnsinn! Alle unsere Träume sind wahr geworden.“ www.americascup.com THE RED BULLETIN


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Aus alten Dosen und Tischbeinen baut Jon Free Gitarren, die so fett klingen, dass Richard Glover von Deep Purple, Sonic Youth oder Seasick Steve mit ihnen auf die Bühne gehen. Text: Ruth Morgan, Bilder: Thomas Butler

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on Frees Werkstatt im Norden Londons ist ein organisiertes Chaos von kleinen Plastikschubladen, hölzernen Fächern und winzigen Dosen mit verblüffenden Aufklebern wie „Knochenstaub“ oder „Chicken-HeadRegler“: die gesammelten Lösungen für tausend Probleme. Eine Schicht Sägemehl bedeckt das Durcheinander von Werkzeugen auf der Werkbank. Daneben eine Reihe Gitarren, die in verschiedenen Stadien des Verfalls an der Wand lehnen. Da warten sie auf ihre Heilung – ein Nachhall der Patienten, die einst hier ausharrten, als das Ganze noch eine Arztpraxis war. Der Raum ist klein und bis in den letzten Winkel vollgeräumt. Musikalische Erinnerungsstücke schmücken die Wände – Poster einer Johnny-Cash-Tournee neben 68

signierten Single-Schallplatten von Nancy Sinatra und Nick Cave. Im einzigen Fenster, das zur geschäftigen Church Street in Stoke Newington rausschaut, hängt eine Reihe kleiner Gitarren, die ganz anders als die anderen aussehen. Das sind Frees „Tin-Tone Sonic Fascinators“ – einzigartige viersaitige Instrumente, liebevoll aus jenen alten Blechdosen und Tischbeinen gebaut, die sich drüben in der Ecke des Raums stapeln. Was als improvisiertes Geschenk für einen Freund begann, wurde in den letzten zwei Jahren zu einem gut gehenden Geschäft. Free kommt mit einer fast fertigen Fascinator in die Werkstatt, womit die Hälfte des verfügbaren Raums schlagartig aufgefüllt scheint. Zwei Meter ist er groß, die Haare stehen ihm langen Stacheln gleich vom Kopf ab, und die beigefarbene Schürze wirkt riesig: Der 41-Jährige ist

schier überlebensgroß. Der Prototyp des verrückten Erfinders. Augenblicklich arbeitet er an einer Gitarre, deren Korpus einmal eine hellblaue Sandwichdose war. Die Dose hat jetzt einen Ausschnitt, um den Hals aus Hartholz aufzunehmen, der wohl in den vierziger Jahren mal als Bein zu einem Klapptisch gehörte. Free gibt jeder seiner Sonic Fascinators einen Namen – „The Esquire“, „The Lux Box“ –, inspiriert von dem, was die Blechdosen einst enthielten, oder davon, was in seinem Leben gerade geschieht. „Es wird schwieriger“, sagt er. „Ich hätte nie gedacht, dass ich so viele bauen würde. Mittlerweile sind es mehr als hundert. Ursprünglich war meine Idee, eine simple Zigarrenkisten-Gitarre zu machen. So eine wie aus der Zeit um die Jahrhundertwende, von der ich mal gehört hatte. Irgendjemand hatte in der Nähe meines Hauses ein paar Tischbeine hingeworTHE RED BULLETIN


Jon Free in seiner Werkstatt im Norden Londons, einer ehemaligen Arztpraxis. Hier baut er erstklassige E-Gitarren – aus Tischbeinen und alten Dosen.


Er war gerade dreizehn, als seine innovative Ader sich bemerkbar machte: Ein Onkel gab Jon die erste Gitarre, eine ramponierte Futurama aus der ČSSR. „Sie hatte drei Saiten, und der Steg war aus Lego-Steinen gebaut“, erinnert er sich. „Stundenlang saß ich in einem Gewächshaus aus grünem Wellplastik mit einem Messer und einer Zange. Ich zog die Bünde raus, schmirgelte sie ab, hämmerte sie wieder rein und verpasste dem Ganzen Farbe aus der Spraydose. Schritt für Schritt fand ich raus, was ich tun musste.“ Sein Können wuchs, und die ersten Leute baten ihn, sich ihrer verletzten Instrumente anzunehmen. „Ich war mir nicht bewusst, was ich da für Fähigkeiten hatte“, sagt er. „Aber es wär mir nie eingefallen, meine Gitarre zum Saitenaufziehen oder zum Stimmen irgendwo hinzubringen.“

fen, und das inspirierte mich. Aber ich konnte keine einzige Zigarrenkiste finden – die Briten rauchen keine Zigarren. Sie trinken stattdessen Tee und essen Biskuits. Also experimentierte ich mit alten Blechdosen. Es funktionierte perfekt. Ich verschenkte ein paar davon, und dann begannen die Leute, danach zu fragen.“

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ree wählt jede Blechdose individuell aus, deshalb ist keine Fascinator wie die andere. Er verbaut ein Teil aus Mikrowellenherden („das Ding, das ‚Ping!‘ macht“), um den Klang der schwingenden Saiten zu verstärken. Letztere finden ihren Weg aus der Blechdose durch ein umgebautes Teesieb nach draußen. Und eine Sonic Fascinator wäre unvollkommen ohne den alten britischen Penny, der oben am Hals als Sattel dient – mit Kerben, durch die die Saiten laufen. So entstehen Instrumente, die größer sind als die Summe ihrer Teile – sie sind schön genug, um sie an die Wand zu hängen. Aber wenn Free eine hochnimmt und zu spielen beginnt, ist mit einem Mal klar, dass sie als Wandschmuck verschwendet wären. Sein Blues-Riff zaubert Bilder eines warmen Abends im tiefen Süden der USA hervor, vielleicht in den 1920ern. Dann stöpselt er für richtigen Rock ’n’ Roll einen Verstärker ein, der sich in einer Tabaksdose versteckt – noch eine seiner Innovationen. Der Sound ist vielfarbig, unerwartet muskulös, und er hat Frees Instrumenten berühmte Fans beschert, unter ihnen Richard Glover von Deep Purple, Sonic Youth und Seasick Steve, um nur einige wenige zu nennen. „Letzte Woche kam ein Franzose rein. Er hatte Sonic Youth in Paris eine von meinen Gitarren spielen gehört“, sagt

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Free, „also war er hergereist, um ein paar davon für sich selbst zu kaufen, weil er deren Klang liebte.“ Frees Leidenschaft für Gitarren lebt seit über 25 Jahren, und so gibt es heute nicht mehr viel, was er nicht über den Bau einer guten Klampfe weiß. Er hat den größten Teil seines Lebens in Bands gespielt und die Höhen genossen. Auch die Tiefen hat er ausgehalten: von der Wohlfahrt lebend, in irgendwelchen Hochhausblocks ausharrend. Aber Notwendigkeit ist die Mutter aller Erfindung. „Ich fing an, meine Gitarre selbst zu reparieren“, sagt Free. „Wenn du von 20 Pfund in der Woche leben musst und einer 30 Pfund dafür haben will, dass er ein bisschen Klebstoff auf den Gitarrenhals schmiert, lernst du schnell, das selbst zu tun.“

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inen Tag in der Woche repariert er noch immer Gitarren, auf der Kundenliste stehen Namen wie Laura Marling und Martha Wainwright. Seinen Ruf hat er mit Liebe zum Detail und seinen Ideen aufgebaut. „Über die Jahre habe ich so ziemlich alles repariert, was kaputtgehen kann. Es gibt immer eine Möglichkeit“, sagt er. „Am Anfang hatte ich keine teuren Werkzeuge – nur ein Käsemesser und ein Stück Sandpapier! Zum Reparieren brauchst du viel Einfallsreichtum. Du siehst in einem Katalog etwas für 20 US-Dollar und denkst dir: ‚Na ja, das kann ich für 50 Pence improvisieren.‘“ Free ist seinem Vater, einem Forscher, der bei der Entwicklung von Laser-Technologie und Senkrechtstartern mitwirkte,

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Gib einem Mann ein Tischbein und ... Jeder, der an Jon Frees Studio in Nord-London vorbeigeht, kann ihm durchs Schiebefenster beim Arbeiten zusehen: hier eine Keksdose, dort ein Tischbein. Er erschafft exklusive (meist) viersaitige Gitarren aus allem, was er zu fassen kriegt.

dankbar für dessen Ideenreichtum. Er erinnert sich daran, wie der Vater einmal den fast neuen Backofen auseinandernahm, um die Fernsehantenne zu reparieren. „Er ist ganz eindeutig ein Fan davon, Dinge selbst zu machen“, erzählt Free. „Er würde nie sagen: ‚Bring dein Fahrrad runter zur Werkstatt. Für drei Pfund kannst du einen Tag Arbeit sparen.‘ Stattdessen würde er sagen: ‚Geh und schraub dir die Finger wund, aber mach es selbst.‘“

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anchmal fragt sich Free, wie lange er das noch machen will. „Vielleicht hör ich auf und ziehe mich zurück, wenn ich meine 200. Gitarre gebaut habe“, lacht er. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein als dieser Spruch. Da gibt es diese Geschichte, wie er bei einer Reise auf halbem Weg aus dem Zug stieg, nur weil er, am Fenster sitzend, ein weggeworfenes Tischbein gesehen hatte. „Man könnte es eine Obsession nennen“, lächelt er. „Ich sehe was aus dem Augenwinkel – vielleicht ein geschwungenes Teil von einem hölzernen Stuhl. Und ich denke: ‚Hey, das sieht aus wie die Rückwand einer Gitarre!‘ Ich halluziniere dauernd Musikinstrumente.“ „Ich will, dass meine Gitarren die Freude am Spiel wiederbringen“, ergänzt Free. „Das Gitarrespielen ist so unheimlich konservativ. Dabei ging’s im Rock ’n’ Roll doch darum, ganz du selbst zu sein. Es ist nicht wichtig, 7000 Pfund für eine Gitarre auf den Tisch zu legen. Es ist wichtig, zu verstehen, welch wunderbares Geschenk der physikalischen Gesetze es ist, dass aus willkürlich zusammengebauten Dingern solche wunderbaren Klänge rauskommen.“ www.tin-tone.com

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Ich bin ein

Champion Wie sich der bergige Kleinstaat Armenien als neue Supermacht im Schach behauptet. Und warum seine Spitzenspieler auf Honig schwĂśren. Zu Besuch im vielleicht klĂźgsten Land der Welt. Text: Andreas Rottenschlager, Bilder: Daniel Gebhart de Koekkoek

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U12-Schach-Europameister Haik M. Martirosyan in ­Jerewan: „Staatsempfänge für Brettspieler“


Wohnsiedlungen in Jerewan: „Sowjetbauten und Lada-Taxis“

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ie Republik Armenien liegt versteckt zwischen der Türkei und Aserbaidschan an den südlichen Ausläufern des Kaukasusgebirges. Ein karger Bergstaat, 3,2 Millionen Einwohner. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt 3231 Dollar pro Kopf – das ist weniger als in Swasiland oder dem Irak. Der Reiseführer schreibt: „Armenien, das Land der Steine.“ Und doch befindet sich das Denksportzentrum der Welt genau hier. Armenien ist amtierender Team-Weltmeister im Schach – bei der WM im Jahr 2011 siegt der Zwergstaat vor den Vertretern des Milliardenvolks China und der Ukraine. 2012 gewinnt Armenien die SchachOlympiade in Istanbul – ein offenes Turnier gegen 149 Nationen. Die Großmacht Russland wird nur Zweiter. 74

RUSSLAND KASACHSTAN

Schwarzes Meer

GEORGIEN Tiflis ARMENIEN Jerewan

TURKMENISTAN ASERBAIDSCHAN Baku

TÜRKEI

Kaspisches Meer Teheran SYRIEN Bagdad

IRAN

IRAK

Kleinstaat zwischen Ost und West Nur 29.800 Quadratkilometer umfasst die Fläche Armeniens. „Zweitschlechteste Volkswirtschaft der Welt“, urteilte das Magazin „Forbes“ 2011. Armenien gilt als ältester christlicher Staat der Erde. Seine Exportschlager: Denksportler und Kognak. THE RED BULLETIN


„ICH WÜRDE SCHACH GERN ALS KUNSTFORM SEHEN“, SAGT TIGRAN, „ABER ES IST EIN KAMPF. DU TRAINIERST MONATELANG FÜR EIN GROSSES TURNIER – EIN FALSCHER ZUG KANN ALLES ZERSTÖREN.“ Oben: Wertungsturnier im Jerewaner Schachhaus. Unten: Unterricht für Kinder

„Schachwunder“, loben die Zeitungen. „Cleverstes Volk der Welt“, sagt die BBC. Nur: Wie schaffen die Armenier das? Warum produziert ein armer Kleinstaat die klügsten Denksportler? Kann man sich mit Grips aus der Krise spielen? Und: Was kann die Welt davon lernen?

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Armeniens Hauptstadt Jerewan liegt in einem breiten Talkessel auf knapp 1000 Meter Seehöhe. Betongraue SatellitenSiedlungen dominieren die Außenbezirke, in der Innenstadt protzen Repräsentationsbauten aus der Sowjet-Ära, alte Lada-Taxis schieben sich hupend durch die Straßen. Seit der Armenier Tigran Petrosian 1963 Schach-Weltmeister wurde, gilt das Brettspiel als Nationalsport. Der „Eiserne THE RED BULLETIN

Tigran“ starb 1984 als Nationalheld. Sein Gesicht schmückt heute Briefmarken. Armeniens aktueller Landesmeister sitzt in einem holzvertäfelten Büro in Jerewans Stadtzentrum. Sein Name: Tigran L. Petrosian. „Mein Vater nannte mich nach dem Weltmeister“, erklärt der Champion. „Der Name ist natürlich auch eine Last.“ Tigran ist 28 und Nationalspieler. Ein ruhiger Mann mit rundlichem Gesicht. „Armenien und Schach“, sagt er, „das ist wie Brasilien und Fußball.“ In seiner Heimat ist Tigran ein Popstar. Sein Bild prangt von Werbeplakaten, Kinder bitten um sein Autogramm. Als das Schach-Nationalteam im Herbst von der Olympiade zurückkehrte, wartete Staatspräsident Sersch Sargsjan bereits am Flughafen. 75


Schach-Landesmeister Tigran L. Petrosian (28): „Vom geprügelten Staat zur Weltmacht im Denken“

Armenien lechzt nach Helden: Noch immer wirkt das Trauma des Genozids an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs nach. Ende der 1990er Jahre erschütterte eine schwere Wirtschaftskrise die Republik. Die Schachspieler impfen dem Land neues Selbstbewusstsein ein: vom geprügelten Staat zur Weltmacht im Denken. Tigran blickt aus dem Fenster. „Ich würde Schach gern als Kunstform sehen“, sagt er. „Aber es ist ein Kampf. Du bereitest dich mehrere Monate auf ein großes Turnier vor. Dann spielst du zehn Tage lang auf Weltklasseniveau, sieben Stunden täglich – und ein falscher Zug kann alles zerstören.“ Armeniens Teamspieler stehen unter enormem Druck: Ihre Partien werden im Fernsehen diskutiert, im ganzen Land 76

eifern ihnen Jugendliche nach. Bei den Wertungsturnieren in Jerewans großen Hallen grübeln bis zu 200 Kinder über ihren Brettern. Im Saal herrscht angespannte Stille, nur die Schachuhren klicken im Sekundentakt. Tigran trainiert mit Datenbanken, die bis zu fünf Millionen Spiele fassen. Er analysiert Endspiele und rekonstruiert die Zugfolgen der Großmeister. Der Champion ist bekannt für seinen aggressiven Stil: „Du opferst Figuren und machst dadurch die Partie schneller.“ Tigran behauptet, er könne die Hälfte seiner rund 5000 Profi-Partien aus dem Gedächtnis nachspielen. Wie das funktionieren soll? „Fisch und Honig“, schmunzelt er, „das fördert die Denkleistung.“

Traumberuf Brettspieler Mit 34 Titelträgern bei 3,2 Millionen Einwohnern weist Armenien eine der weltweit höchsten Pro-Kopf-Dichten an Schach-Großmeistern auf. Zum Vergleich: Der 1,3-Milliarden-Staat China zählt derzeit 31 Großmeister, die USA 77 (bei 315 Millionen Einwohnern). In Armenien beziehen Schach-Großmeister fixe Gehälter vom Staat. Vorsitzender des nationalen Schachverbandes ist übrigens Sersch Sargsjan – Armeniens Präsident. THE RED BULLETIN


DIE DENKSPORTLER IMPFEN DEM LAND NEUES SELBSTBEWUSSTSEIN EIN: ALS DAS SCHACH-TEAM IM HERBST VON DER OLYMPIADE ZURÜCKKEHRTE, WARTETE DER STAATSPRÄSIDENT AM FLUGHAFEN.

Armeniens SchachNationalteam auf einem Werbeplakat in Jerewan. Die Bildunterschrift heißt übersetzt: „Wahre Helden“

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Die Welt als Brett Seit dem 6. Jahrhundert existiert die Urform des Schachspiels. Heute kämpfen 177 Staaten im Weltschachverband FIDE um Team- und Einzeltitel. Als stärkster Spieler gilt Norwegens Wunderkind Magnus Carlsen (22) mit einer ELO-Zahl von 2861. Indiens amtierender Weltmeister „Vishy“ Anand hält bei 2772 Punkten. Das „Match des Jahrhunderts“ fand 1972 zwischen Bobby Fischer (USA) und Boris Spasski (UdSSR) am Höhepunkt des Kalten Krieges statt. Fischer gewann in 21 Partien. Experten schätzen die Zahl der möglichen Figurenstellungen eines Spiels auf 2,28 × 1045. Lakonisch die Beschreibung von Weltmeister Raúl Capablanca († 1942): „Ich sehe nur einen Zug voraus, aber der ist immer der richtige.“

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Oben: armenisches Schach-Lehrbuch für Volksschüler: „Kinder lernen, wie man Könige stürzt.“ Links: Direktor Smbat Lputian im Garten seiner Schach-Akademie: „So wichtig wie Lesen und Schreiben.“

Als Schach-Großmeister bezieht Tigran ein monatliches Gehalt vom Staat. Er fährt einen Geländewagen der Marke Infiniti – frisch poliert, 284 PS. Sein Ziel für die Zukunft? „Weltmeister zu werden. Vielleicht ein zweiter Olympiatitel – das armenische Volk braucht unsere Siege.“

ZUSATZBILD: TIME & LIFE PICTURES/GETTY IMAGES

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Der Jerewaner Wohnbezirk Schengawit ist der letzte Ort, an dem man eine Ausbildungsstätte von Weltrang vermuten würde, egal wofür: Triste Plattenbauten beherrschen die Umgebung, im Asphalt klaffen Schlaglöcher, Hunde schleichen böse knurrend durch die Straßen. Genau hier, in der SchewtschenkoStraße 34, befindet sich die Armenische Schach-Akademie: zwei Stockwerke, glatte Fassade, frisch gemähter Rasen. Die Kaderschmiede ist das einzige neue Gebäude der Nachbarschaft – und das Reich von Direktor Smbat Lputian. „Während der Wirtschaftskrise in den späten Neunzigern verließen viele Spitzentrainer das Land“, erzählt der 55-jährige Schach-Großmeister. „Wir liefen Gefahr, alle unsere Talente zu verlieren.“ 2002 gründete Lputian die Akademie. Er reiste durchs Land, organisierte Turniere, forderte die besten Schachlehrer persönlich am Brett. 1800 Lehrkräfte hat seine Akademie seither ausgebildet. Sie unterrichten rund 1000 Jugendliche im Alter von fünf bis achtzehn Jahren – „einer oder zwei werden Weltklasse“, urteilt Lputian. Die Talente qualifizieren sich bei Turnieren für die Aufnahme in THE RED BULLETIN

die Akademie. Ihre Ausbildungskosten trägt der Staat. Von Armeniens aktuell 34 Großmeistern studierten sieben hier in Jerewan. Was das Spiel seiner Landsleute auszeichnet? „Armenier machen das Beste aus ihrer Situation“, sagt Lputian, „egal wie schlecht ihre Chancen stehen.“ Es ist seine Analyse

Tigran der Große Armeniens Volksheld Tigran W. Petrosian wird am 17. Juni 1929 in Tiflis, Georgien, geboren. Mit 13 wird er Vollwaise. Petrosian kehrt Straßen, nachts verschlingt er Schachbücher. Am 20. Mai 1963 kürt er sich gegen den Russen Michail Botwinnik zum 9. Schachweltmeister – in Jerewan bricht Jubel aus. Petrosian stirbt 1984. Vergangenes Jahr widmete ihm Armenien sein viertes Denkmal.

des armenischen Schachwunders: Innovation schlägt Herkunft. Neben der Elitenförderung für Hochbegabte setzt der Staat auf Breitenförderung für Kinder: 2011 führte Armenien als weltweit erstes Land das Pflichtfach Schach an Schulen ein. Seither lernen alle Sieben- bis Zehnjährigen, wie man Bauern opfert und Könige stürzt. „Schach ist genauso wichtig wie Lesen und Schreiben“, sagt Lputian, der den Lehrplan gemeinsam mit Psychologen entwickelte. „Die Kinder lernen, die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen.“ Dann führt der Direktor durch seine Akademie: Er schreitet durch den großräumigen Turniersaal („Mit Tribünen für die Presse“), präsentiert die Hotelzimmer für Gastspieler („inklusive Sauna“) und den Kraftraum im Keller („Ohne Fitness kein Erfolg“). Lputian ist ein introvertierter Mann. Nur selten verrät seine Mimik, was er gerade denkt. Aber jetzt, während des Rundgangs, setzt sich ein Lächeln in seinem Gesicht fest.

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Er misst nur 1,50 Meter und ist dennoch das größte Talent seines Landes: Haik M. Martirosyan, zweifacher U12-Europameister im Schach – ein schmächtiges Kind mit Kurzhaarschnitt und wachen Augen. Jeden Tag zwängen sich Haik und seine Mutter Ayser gemeinsam mit elf weiteren Personen in ein Sammeltaxi Richtung Jerewan. Die Kleinbusse stammen aus der russischen Autoschmiede GAZ, Typenname: Gazelle. Für die 50 Kilometer von Haiks Heimatdorf zur Schach-Akademie benötigen sie mehr als eine Stunde. Mit sechs Jahren lernte Haik Schach spielen. „Irgendwann haben wir bemerkt, dass er immer ältere Gegner schlug“, erzählt seine Mutter. „Er hatte einfach keine Angst vor riskanten Zügen.“ Ihren Job als Krankenschwester hat sie mittlerweile aufgegeben, um sich ganz der Karriere ihres Sohnes zu widmen. „Er soll Großmeister werden, möglichst bald.“ Haik selbst beantwortet Interviewfragen bereits wie ein Profi. Das Hemd steckt brav in der Hose. Beim Sprechen verschränkt er seine Hände am Rücken. Was er an Schach mag? „Es ist ein Spiel fürs Gehirn.“ Ob er den ganzen Tag vorm Brett sitzt? „Nein, ich spiele auch Fußball.“ Wem er nacheifert? „Petrosian, dem Weltmeister.“ Dann schlüpft Haik durch die Tür der Akademie. Heute stehen Spieleröffnungen auf dem Stundenplan. Bald steigt sein nächstes großes Turnier. Schach in Armenien: www.chessacademy.am

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„Wir jagen ein Phantom“

Astrophysiker Dr. Arno Riffeser (o.) in der kleineren Kuppel des Observatoriums Wendelstein (re.) in den Bayerischen Alpen. „Zehn Milliarden Lichtjahre ins Weltall blicken.“

Astrophysiker Arno Riffeser forscht für die Uni München an Deutschlands höchster Sternwarte. Ein Gespräch über Orkanwarnungen am Arbeitsplatz, Meteoriten auf Crashkurs und glaubwürdige Nerds in Fernsehserien. Interview: Manuel Kurzmann   : Ihr Observatorium liegt auf 1838 Meter Seehöhe. Welche Herausforderungen bringt dieser Arbeitsplatz mit sich? .  : Es gibt Tage, an denen willst du nicht raus. Wir haben am Wendelstein Orkanböen mit 250 km/h gemessen. Im Winter fallen bis zu vier Meter Schnee. Dann heißt es ausrücken, um Fenster und Türen freizuschaufeln. Auch die Gewitter sind imposant: Du siehst die Blitze rund um den Berg aufleuchten. Gibt es Fälle von Lagerkoller? Unsere Nachtbeobachter sind fünf Tage am Stück am Observatorium und prüfen die Ausrichtung der Teleskope. Uns stehen Küche, Wohnraum und Schlafbereich zur Verfügung. Ich glaube, als Physiker muss 80

man generell frustrationsresistent sein (lacht). Wonach suchen Sie im Weltall? Wir erforschen nächtliche Himmelsobjekte und Kandidaten für Dunkle Materie. Im Mai geht unser neues 25-Tonnen-Spiegelteleskop in Betrieb. Wir haben 750 Helikopterflüge gebraucht, um alle Teile auf den Gipfel zu bringen. Die Infrarotkamera im Teleskop schießt Fotos von Objekten in zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung. Im Februar schlug ein Meteorit in und um die russische Stadt Tscheljabinsk ein. Warum lässt sich die Flugbahn solcher Brocken nicht besser voraussagen? Zukünftige Riesenteleskope wie das Large Synoptic Survey Telescope in Chile sollen ab 2020 systematisch den Himmel ab-

Oben: Riffeser mit 20-cm-Koronograph zur Sonnenbeobachtung. Unten: Meteoriteneinschlag. „Hollywood fragt nicht, was realistisch ist.“


BILDER: MARCUS HÖHN (2), STEFAN RUBACH, POLYBAND/CINETEXT

„ Es gibt Tage, da willst du nicht raus. Wir hatten hier Orkane mit 250 km/h.“ suchen. Ich bezweifle aber, dass man für Denken Sie, dass uns fremde LebensMeteoriten unter 50 Meter Durchmesser formen wohlgesinnt wären? eine mehrjährige Vorwarnzeit garantieren Da fällt mir ein schöner Spruch ein: „Der kann – es gibt einfach zu viele davon. beste Beweis für intelligentes Leben auf Kennen Sie den Film „Armageddon“? anderen Planeten ist, dass es uns noch Es ist schon gut, sich diese Gefahren vor nicht kontaktiert hat.“ Der Mensch muss Augen zu führen. (Im Blockbuster aus dem aufpassen, sich nicht selbst zu zerstören. Jahr 1998 steuert ein Asteroid auf die Erde Sie gelten als Experte für Dunkle Matezu; Anm.) Ich halte allerdings nichts von rie. Was ist das genau? Panikmache. Leider fragt Hollywood nur Zehn Prozent des Weltalls bestehen aus selten bei Physikern nach, was sichtbarer Materie, also Sterrealistisch ist. nen. Die restlichen 90 Prozent AUGE INS ALL Welche Entdeckungen könnsind für uns ein Rätsel: Dort Name: ten in den kommenden Jahexistiert eine Masse, die nicht Observatorium ren für Aufsehen sorgen? leuchtet, sich aber durch ihre Wendelstein Erdähnliche Planeten. Falls wir Inbetriebnahme: 1941 Gravitationskraft anziehend welche finden, könnten wir sie auf Objekte auswirkt. Diese Standort: mit größeren Teleskopen spekTatsache ist messbar – nur wis70 Kilometer südlich troskopieren (mit elektromagne- von München am sen wir noch nicht, wie Dunkle Gipfel des Wendelsteins tischer Strahlung analysieren; Materie beschaffen ist. Wir (1838 Meter) in den Anm.) – um herauszufinden, jagen ein Phantom. Bayerischen Alpen. wie ihre Atmosphären ausWie könnte dieses Phantom Betreiber: sehen. Gibt es dort den gleichen aussehen? Universitäts-Sternwarte Anteil an Sauerstoff, Stickstoff Es könnte sich um eine extrem München (USM) der und Kohlendioxid, ist sogar kleine Teilchenform handeln, Ludwig-Maximilianfremdes Leben wahrscheinlich. Universität München. die wir noch nicht kennen. THE RED BULLETIN

Oder um eine große Art von Materie, etwa wie schwarze Löcher … … die alles verschlingen, was ihnen in die Quere kommt. Es gibt schwarze Löcher, die sehr hungrig sind. Sie befinden sich in Galaxienzentren und fressen alle 10.000 bis 100.000 Jahre große Sonnen-Massen. Sie saugen Materie ein, fast wie in Science-Fiction-Filmen. Müssen wir Angst haben, dass sich ein schwarzes Loch die Erde einverleibt? 1996 wurde das schwarze Loch Sagittarius A* im Zentrum unserer Milchstraße entdeckt. Aber der Abstand zur Erde ist gewaltig. Er beträgt 26.000 Lichtjahre. Letzte Frage: Gibt es eine Fernsehserie, die Sie als Physiker empfehlen? Ich mag „The Big Bang Theory“. Auf den Rechentafeln am Set stehen richtige Formeln. Die Theorien, an denen Sheldon Cooper (der exzentrische Hauptdarsteller; Anm.) arbeitet, sind gängige Fragestellungen der Physik. Der Mann ist String-Theoretiker – eines der schwierigsten mathematischen Themen überhaupt. www.observatorium-wendelstein.de

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Anschrauben, abheben: Wie Motocross-Champ Ryan Dungey sein Bike in Schuss hält, lesen Sie ab Seite 86.

Inhalt 84 REISE-TIPP Acht Pilgerstätten für Musikfans in New York 86 GET THE GEAR mit Motocross-Ass Ryan Dungey 88 ZEITMESSER mit KultobjektStatus 89 TRAINING mit Kletter-Queen Angela Eiter

bild: simon cudby/red bull content pool

90 NIGHTLIFE Out Now: The Knife/Nacht­ radeln in L. A./ Club: Midi/Take 3: Depeche Mode 94 SAVE THE DATE 95 KAINRATH 96 RED BULL TV-FENSTER bei ServusTV 98 KOLUMNE von Christian ­Ankowitsch

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MORE BODY & MIND

UND Acht AUF DAVON heilige Plätze in New York DER REISE-TIPP DES MONATS

PILGERREISE FÜR MUSIKFANS.

Eine Wallfahrt zu acht Orten im Big Apple, an denen Musikgeschichte geschrieben wurde. Wo wurde der Prototyp des modernen Clubs erfunden? Wo baute Jimi Hendrix sein psychedelisches Tonstudio? Wo spielten die Ramones ihr erstes Konzert? Wo ging die erste Hip-Hop-Party der Welt über die Bühne? Vier Fragen, eine Antwort: in New York City. Der Big Apple ist die Wiege der wichtigsten Musikströmungen der Gegen- Der Plan wart, und Musik ist der TreibAlle Pilgerstätten West Bronx stoff dieser Stadt. Thematisch liegen in Manhattan. also punktgenau eröffnet die Red Bull Music Academy am 28. April hier ihre Pforten und verwandelt die Stadt für Harlem fünf Wochen in ein riesiges Festival und Music-Camp Manhattan (siehe Kasten rechts und auf Seite 53). Für die Zeit zwiApollo Theater schen den Programmpunkten Minton’s Playhouse gibt’s hier den Reiseführer zu Chelsea Brill Building den Pilgerstätten des Pop. Einblicke in die Red Bull Music Academy gibt es in der gratis Red Bulletin Tablet-App.

Electric Lady CBGB Café Wha? The Loft 1520 Sedgwick Avenue

CBGB

315 Bowery/Bleecker St Damals: 1974 wurde hier mit frühen Gigs von Televison und den Ramones der Punk geboren. Heute: 2006 wich das CBGB einem Modeladen. Fans können dort aber alte Konzertposter und Punk-Devotionalien bewundern. Hörtipp: Ramones: „Ramones“

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Jimi Hendrix

Electric Lady

52 West/8th Street Damals: 1970 ließ sich Jimi Hendrix ein Tonstudio mit psychedelischem Interieur bauen. Nur drei Monate nach der Einweihung verstarb er, sein Studio aber lebt bis heute: Künstler wie die Rolling Stones, David Bowie und die Kings of Leon nehmen dort ihre Alben auf. Heute: Wer in Hendrix’ Studio selbst zur Tat schreiten will: Die Tagesmiete liegt bei mindestens 2000 Dollar. Hörtipp: Jimi Hendrix: „The Cry of Love“

Außen pfui, innen hui: Electric Lady Studio

Minton’s Playhouse

210 West/118th Street Damals: In den vierziger Jahren erschufen die Stammmusiker des Clubs – Thelonious Monk, Dizzy Gillespie und Charlie Parker – in langen Jam-Sessions den Bebop. Heute: derzeit zu, Neueröffnung im Juni Hörtipp: Don Byas: „Midnight at Minton’s“

Thelonius Monk (links)

THE RED BULLETIN


In den Siebzigern lebten die Ramones quasi im CBGB – hier die Band bei einem Konzert 1977.

MORE BODY & MIND

Café Wha?

Apollo Theater

115 MacDougal Street Damals: Um 1960 war die Bar Treffpunkt der Beat-Poeten und FolkMusiker. Im Januar 1961 spielte der 20-jährige Bob Dylan dort sein erstes New-York-Konzert, auf seinem Debütalbum widmete er dem Café Wha? sogar eine Songzeile: „Blowin’ my lungs out for a dollar a day“ – in Anlehnung an seine vielen unterbezahlten Auftritte als Mundharmonikaspieler. Heute: Obwohl die Bar heute als Touristenfalle verschrien ist, lohnt sich ein Besuch am Donnerstag – wenn junge, talentierte Bands die Bühne entern. Hörtipp: Bob Dylan: „Bob Dylan“

253 West 125th Street Damals: Einige der allerwichtigsten afroamerikanischen Musiker starteten hier ihre Karriere: von Ella Fitzgerald über Stevie Wonder bis Michael Jackson. Heute: Noch immer lockt das Theater mit historischen Führungen, Talent- und Comedyshows eine Million Besucher pro Jahr an. Hörtipp: James Brown: „Live at the Apollo“

Ella Fitzgerald

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: CORBIS (4), REFLEX MEDIA, REX FEATURES, GETTY IMAGES (4), LAIF (2)

Brill Building

Elvis Presley

1619 Broadway/49th St Damals: Das Art-décoGebäude beherbergte einst die Hit-Fabrik der USA. Zwischen 1958 und 1965 wurden in den Studios über 200 Hits für Künstler wie Elvis Presley geschrieben. Heute: Mit Erlaubnis des Portiers darf man im Foyer fotografieren – in die Obergeschosse (u. a. Paul Simons Büro) kommt man nur nach Terminvereinbarung. Hörtipp: Diverse: „The Brill Building Sound“

1520 Sedgwick Avenue

The Loft

647 Broadway Damals: Mit David Mancusos Loft wurde der Prototyp des modernen Clubs entworfen. Auf den Privatpartys, die der bärtige DJ ab 1970 in seiner Wohnung veranstaltete, spielte er mit der besten Soundanalage der Stadt eine eklektische Musikauswahl zwischen Funk und Soul, die der Disko-Bewegung – und damit auch dem Studio 54 – den entscheidenden Schub gab. Heute: An der Originaladresse findet man heute ein Schuhgeschäft, David Mancuso ist aber

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David Mancuso immer noch aktiv und veranstaltet unregelmäßig Loft-Partys (www.theloftnyc.com). Hörtipp: diverse Künstler: „David Mancuso Presents the Loft“

1520 Sedgwick Avenue Damals: Die erste HipHop-Party fand 1973 in einem Sozialbau in der Bronx statt. An den Platten: DJ Kool Herc. Heute: Die besten Anekdoten erfährt man vor Ort im Rahmen der Hip-Hop-Bustours (www.hushtours.com). Hörtipp: Grandmaster Flash: „The Adventures of ...“

Red Bull Music Academy 2013 Vom 28. April bis 31. Mai gastiert das reisende Musik-Camp in New York und verwandelt die Stadt mit 34 Konzerten, Partys und Lectures in ein riesiges Festivalgelände. Vier Highlights aus dem Programm: 25 YEARS OF MASTERS AT WORK, 3. Mai, Le Bain at The

Standard Hotel New Yorks HouseLegenden vereint an den Plattenspielern. BRIAN ENO, 5. Mai, Cooper Union Der Elektronik-Pionier im Kunstgespräch. RBMA CULTURE CLASH, 9. Mai, Roseland Ballroom Vier Teams aus DJs,

MCs und Produzenten kämpfen gegeneinander um die Publikumsgunst. Ihre Waffe: Musik. GIORGIO MORODER, 20. Mai, Cielo Der Disco-Meister spielt sein erstes DJ-Set überhaupt. Mehr Konzerte: www.redbullmusic academy.com

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M O R E B O DY & M I N D

GET THE GEAR

StaubFresser

DIE AUSRÜSTUNG DER PROFIS

Schläge schlucken, Anbauteile tauschen, die Bibel lesen – ein typischer Arbeitstag im Leben des Motocross-Champs Ryan Dungey. Hier die Tools, die ihn auf seiner Tour durch die USA begleiten: 1. Helm Fox V4 Race Der Helm aus Carbon und doppellagigem aufgeschäumtem Polystyrol ist 1,4 kg schwer und speziell für mich angefertigt. 24 Lüftungsöffnungen steigern den Tragekomfort.

7. Ogio-Rucksack Mein Rucksack begleitet mich auf allen 30 Tour-Stationen. Darin: Sonnenbrille und die Bücher, die ich gerade lese. Aktuell „Unbroken“ von Laura Hillenbrand und die Bibel.

2. Stiefel Nike 6.0 MX Seit 2010 verwende ich diese bequemen, aus Carbonfaser und weichem Schaumstoff hergestellten Stiefel. Sie schützen vor aufgewirbelten Steinen der Vordermänner und einem Verdrehen des Sprunggelenks.

8. Pit-Cart Neben vier neuen Reifen – die uns am Renntag jeweils zur Verfügung stehen – bietet das Cart genügend Platz für Elektrowerkzeuge wie Schlagschrauber und Heißluftpistole sowie verschiedene Plastikteile, die an der Maschine auszutauschen sein könnten.

3. KTM 450 SX-F 2013 Die 106 kg schwere MotocrossMaschine ist mit Chrom-Molybdän-Stahlrahmen, 4-Takt-Motor (62 PS) mit Direkteinpritzung und Scheibenbremsen ausgestattet. Die hydraulische Anti-Hopping-Kupplung sorgt für mehr Traktion und schont die linke Hand.

10. Snap-on-Toolbox Das beste Werkzeug am Markt, bestehend aus 250 Teilen. Wichtigste Tools sind der 8-mm- und 10-mm-T-Schlüssel zum Einstellen von Brems- und Kupplungshebel, Lenker und Gasgriff.

5. Federbein WP Link TRAX Der Stoßdämpfer für den hinteren Teil meines Bikes schluckt die heftigsten Schläge. Er reagiert auf allfälligen Traktionsverlust am Hinterrad, gleicht diesen aus und sorgt so für bessere Beschleunigung.

11. Asterisk-Knieorthese In unserem Sport sind die (maßgefertigten) Schützer aus Carbon unverzichtbar. Da wir bei hohem Tempo vor Kurven die Beine exponieren, sind die Knie besonders gefährdet. Außerdem verhindern die Schoner ein Aufscheuern am Motorrad.

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9. Dunlop-Reifen Da die Hinterreifen infolge des ständigen Durchdrehens stark verschleißen, wird für jedes Rennen je nach Strecke ein unterschiedlicher aufgezogen. Vor den Rennen wird auch der Vorderreifen gewechselt.

4. Funk-Headset Im Rennen trage ich selbst keinen Funkempfänger. Mein Team entlang der Strecke ist untereinander verbunden und kann so Kontakt zu meinem Mechaniker Carlos aufnehmen.

6. Motorex-Motorradreiniger Dieser Fettlöser wird aufs Bike aufgesprüht, das im Anschluss mit einer Bürste geschrubbt wird. In unserem Profigeschäft ist absolute Sauberkeit Pflicht … unseren Sponsoren, aber auch den (Fernseh-)Zuschauern zuliebe.

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12. Pit-Board Mit dieser Tafel kommuniziert mein Mechaniker Carlos auf der Strecke mit mir. Darauf werden – groß & deutlich – Informationen wie aktuelle Platzierung und Rundenzeiten notiert. www.ryandungey.com

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Ryan Dungey (23) hat seinen zweiten Gesamtsieg bei der AMA 450 Supercross im Visier.

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TEXT: ANDREAS TZORTZIS. BILD: PATRICK STRATTNER

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text: Alexander Linz. BILD: timtom. fotoAssistenz: Anna Schramek-Schneider

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Ist der Platz noch frei? Viele Zeitmesser mit Kultstatus buhlen heute um den heißbegehrten Platz am ­Handgelenk. Doch welche dürfen drauf? Wir haben sechs Antworten!

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1 Das Italo-Kultobjekt Die einst für italienische Kampf­ schwimmer entwickelte Spezial­ uhr der Officine Panerai war die In­ spiration für die „Luminor Marina 1950 3 Days“. Vorzüge: wasser­ dicht bis 300 Meter und ein spe­ ziell fluoreszierendes Zifferblatt. Motor: Panerai-Handaufzugkaliber P.3001. Preis: 9100 CHF

3 Das Gehirn Der Breitling „Navitimer“ kann auch rechnen. Der Chronograph mit dem Rechenschieber auf der Lünette ist seit 1952 die Piloten­ uhr schlechthin und kalkuliert Spritverbrauch, Sinkflugrate und Fluggeschwindigkeit. Motor: Breit­ ling-Chrono-Automatikkaliber B01. Preis: 7920 CHF

5 Der Querkopf 1935 bestellte die U. S. Air Force 175 „Avigation Watch Type A-7“. Longines hatte sie exakt nach dem Pflichtenheft der USAF entwickelt. Nun kommt die Uhr mit dem um 50 Grad nach rechts gedrehten Zifferblatt wieder in den Handel. Motor: Longines-Chrono-Auto­ matikkaliber L.788. Preis: 4500 CHF

2 Der Archetyp 1953 wurde sie speziell für Taucher auf den Markt gebracht, heute ist sie wohl die bekannteste Luxusuhr der Welt: die Rolex „Submariner“ mit dem legendären Oyster-Edel­ stahlgehäuse, robustem Chrono­ meterwerk und einer Wasser­ dichtigkeit bis 300 Meter. Motor: Rolex-Automatikkaliber 3135.

4 Die Gediegene Mit 46 Millimeter Durchmesser der Jumbo fürs Handgelenk. Ent­ wickelt wurde die „Grosse Flieger­ uhr“ der IWC für Piloten, damit sie die Zeit stets zuverlässig ablesen konnten: mit Weicheisen-Innen­ gehäuse zum Schutz vor Magnet­ feldern des Flugzeugs. Motor: IWC-Handaufzugkaliber 51111.

Preis: 8100 CHF

Preis: 15 900 CHF

6 Die Monduhr Die Omega „Speedmaster“ war die erste Uhr auf dem Mond: Astro­ naut „Buzz“ Aldrin trug sie 1969. Zuvor hatte sie bei NASA-Tests 200 °F (ca. 93 °C), der Schwere­ losigkeit und extremen Vibrationen ­getrotzt. Bis heute Standardaus­ rüstung der Astronauten. Motor: Omega-Chrono-Handaufzug­ kaliber 1863. Preis: 4100 CHF

the red bulletin


M O R E B O DY & M I N D

Angela Eiter ist vierfache Weltmeisterin im VorstiegKlettern und schwört auf Wettkampf-Atemtechnik.

ANGY EITERS TRAININGS-WOCHE

WORK OUT

Mission Aufstieg

TRAINIEREN WIE DIE PROFIS

Rezept der vierfachen Kletter-Weltmeisterin: gegrilltes Huhn, geistige Flexibilität, variable Schuhgrößen und eine spezielle Atemtechnik.

TEXT: RUTH MORGAN. BILDER: ELIAS HOLZKNECHT/RED BULL CONTENT POOL, ASP RED BULL/RED BULL CONTENT POOL

ANGELA EITER. Das

„Das Erfolgsrezept heißt Anpassungsfähigkeit“, sagt Angela Eiter übers Sportklettern. „Du kannst Schlüsselzüge üben, aber in Wahrheit weißt du bis zum Wettkampftag nicht, wie deine Route aussieht.“ An Flexibilität mangelt es der 27-jährigen Tirolerin nicht: 2012 gewann Eiter als erste Athletin zum vierten Mal die WM im Vorstieg bzw. Lead (Routenklettern mit Seilsicherung von unten; Anm.) und siegte zum sechsten Mal beim renommierten Rock Master in Arco am Gardasee. Wie der perfekte Körper fürs Sportklettern aussieht? „Nicht zu schwer, aber mit genügend Muskelmasse.“ Für die Ernährung heißt das: ein ausgewogener Mix aus Proteinen und Kohlenhydraten. Angelas Tipp: „Gegrilltes Huhn mit gekochten Kartoffeln und grünem Gemüse.“ Der Nachteil am Sport-Menü: „Süßes ist tabu.“

MEIN TRAININGS-TIPP:

Selbstvertrauen atmen Mein Mentaltrainer hat mir folgenden Trick beigebracht: tief Luft holen, langsam ausatmen und dabei an eine erfolgreiche Leistung aus der Vergangenheit denken. Die Übung beruhigt und stärkt das Selbstvertrauen vor dem Wettkampf. Mein Ausrüstungstipp: Ich passe meine Schuhgröße der Trainingsroute an. Normalerweise trage ich Größe 37, beim Klettern wechsle ich auf 33,5 – so bekommt man ein besseres Gespür für die Wand. Dauert eine Trainingseinheit länger, siegt der Schmerz über diesen Vorteil. Dann schlüpfe ich in Kletterschuhe Größe 35.

THE RED BULLETIN

Was wir vom Workout der Weltmeisterin lernen? Dein Körper ist das beste Trainingsgewicht, Dehnen dauert länger als zwei Minuten, und die schönsten Wanderrouten liegen in Tirol. MONTAG 10 – 14 Uhr: Power-Workout mit Klimmzügen, Liegestützen und Crunches. Danach eine BoulderEinheit (Klettern ohne Seil in Absprunghöhe, Anm.) in der Gruppe. Zum Abschluss 20 Minuten Dehnen. DIENSTAG 10 – 11.30 Uhr: Boulder-Einheit mit meinem Trainer. Ziel: Technik und Kraft verbessern. 14 – 16.30 Uhr: Routenklettern an der Hallenwand. Ziel: Ausdauerund Krafttraining.

FREITAG 10 – 14 Uhr: Power-Workout (siehe Montag). Danach eine Klettereinheit an der Wand unter Aufsicht meines Trainers. Ziel: Ausdauer und Kraft verbessern. SAMSTAG 10 – 14 Uhr: Routenklettern an der Wand. Ziel: Ausdauer verbessern. SONNTAG Ruhetag.

MITTWOCH 10 Uhr: Eine Stunde Laufen oder zwei Stunden Wandern rund um meinen Heimatort Imst in Tirol. Danach: 20 Minuten Dehnen. DONNERSTAG 10 – 11.30 Uhr: Bouldern mit meinem Trainer. Ziel: Technik und Kraft verbessern. 14 – 16 Uhr: Training im Fitnesscenter mit Fokus auf den Oberkörper. Bizeps- und Trizepsübungen mit mittleren Gewichten – je 3 Sets an der Schulter- und Brustpresse. Zum Abschluss: Sit-ups.

www.angelaeiter.com

Erleben Sie Angela Eiter in Action auf der gratis Red Bulletin Tablet-App!

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Nightlife Die Macht der Nacht

Karin Dreijer Andersson und Olof Dreijer alias The Knife

ACTION

Midnightride LOS ANGELES ist die Heimat einer einzigartigen Bike-Subkultur: Mehrmals wöchentlich radeln bis zu 1500 „Midnight Ridazz“ durch die nächtliche Großstadt. ROUTEN, FORMATIONEN UND THEMEN sind frei zu wählen, es gibt Party-Touren ebenso wie „Star Wars“-Tributes oder Prozessionen zu Art-Events. SEIT 2004 werden die Rides durchgeführt, Ärger mit der Polizei gibt’s dank großer Disziplin nicht. Organisiert werden die Rides online: www.midnightridazz.com

OUT NOW

Messerscharf The Knife kehren nach langer Pause zurück. Das Avantgarde-Pop-Duo über singende Bettfedern und die Maske hinter der Maske.

Das schwedische Geschwisterduo The Knife gibt sich gern geheimnisvoll. Auf Fotos tragen die beiden meist schwarze Pestmasken, auf ihren Platten verfremden sie ihre Stimmen – und kreieren düstere elektronische Klangwelten. Mit Erfolg: „Silent Shout“ (2006) wurde von der Musikpresse als eines der innovativsten Alben der Dekade gefeiert. Nun kehren The Knife nach sieben Jahren mit einer neuen Platte zurück. Red Bulletin: Warum die lange Pause? Karin: Wir hatten vor „Silent Shout“ sieben Jahre intensiv zusammengearbeitet. Die Pause war wichtig, um meiner eigenen Vision folgen zu können. (Karin veröffentlichte als Fever Ray 2009 ein Solo-Album, Anm.) Warum klingen die neuen Songs rauer?

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Karin: Unsere früheren Platten entstanden am Computer. Diesmal spielen wir Instrumente – aber auf eigene Art. Beispiel: Bettfedern mit Bögen. Der Klang schneidet dir quasi die Kehle durch. Klingt gruselig – und passt zu den düsteren Masken auf euren Fotos. Olof: Mit unseren Masken wollten wir Themen wie Identität und Ruhm hinterfragen. Mittlerweile sind sie aber zu unserem Image verkommen. Es ist Zeit für Veränderung. Aber keine Sorge: Hinter jeder Maske verbirgt sich eine neue. The Knife: „Shaking the Habitual“ (Brille) ist bereits erschienen; Tourdaten auf: www.theknife.net

NIGHT QUOTE

” Kein Licht ohne Schatten, also muss man die Nacht kennenlernen. “ Albert Camus (1913–1960), Schriftsteller und Philosoph

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COCKTAIL

Badly Lose Lilly Der Cocktail des Monats April ist die Kreation eines Champions. Michael Steinbacher von der Mayday Bar im Salzburger Hangar-7 wurde nämlich mit diesem Drink 2012 zu Österreichs „Barman of the Year“ gekürt. Er sagt: „Ich wollte einen Cocktail erschaffen, der die Sinne anspricht – die Augen mit der bunten Farbpalette der Zutaten, den Gaumen mit einem erfrischend-fruchtigen, quasi orientalischen Geschmack, der durch die Beigabe von Topfen und Limetten geprägt wird.“

CLUB MIDI Strada Bera˘riei 6 Cluj-Napoca, Rumänien www.clubmidi.ro

BILDER: NME/IPC SYNDICATE, SCOTT POMMIER, CLUB MIDI (4), FOTOSTUDIO EISENHUT & MAYER

CLUB

Partynächte in Draculas Heimat Club Midi. Der beste Club Osteuropas befindet sich in einer alten Brotfabrik in Transsilvanien. Star-DJs wie Villalobos legen dort neunstündige Marathon-Sets hin. Ihr betreibt euren Club in Cluj, weil … … die Stadt, obwohl sie nicht die größte ist, Studenten – und damit Partyvolk – aus aller Welt anzieht. Früher war der Club … … eine Brotfabrik. Das Gebäude sieht wegen seiner Größe sehr beeindruckend aus. Durch die aufwendige Außenbeleuchtung sieht man den Club schon von weitem.

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CLUB DES MONATS

ZUTATEN

ZUBEREITUNG

4 cl Pyrat XO Rum 6 cl Johannisbeersaft 4 cl Cola 1 cl Monin Spicy Sirup 2 Limettenscheiben Eiswürfel Garnitur: Topfen, Kaffirblatt

Rum und Limetten in den Shaker geben. Nach zirka 15 Sekunden weitere Zutaten beifügen, mit leichten Schwenkbewegungen mischen. Innenseite des Cocktailglases mit Topfen spiralförmig einstreichen, Drink einfüllen, mit Kaffirblatt garnieren – fertig!

Auf den Dancefloor passen … … 1000 Besucher. Neben dem Hauptraum gibt’s die Red Lounge zum Ausruhen. Richtig voll wird meist es gegen 3 Uhr. Die besten lokalen DJs sind … … Raresh, Petre Inspirescu und Rhadoo. Die drei betreiben ihr eigenes MinimalHouse-Label [a:rpia:r] und werden als DJs weltweit gebucht. Der Club Midi aber ist und bleibt ihr Stammclub. Die beste Nacht hattet ihr, als … … Ricardo Villalobos zum ersten Mal bei uns auflegte. Er spielte von 3 Uhr nachts bis Mittag durch – die Leute ließen ihn nicht gehen. Und er genoss es sichtlich. Das Hotelzimmer, das wir für ihn gebucht hatten, war damit überflüssig. Einen Besuch in Cluj empfehlt ihr … … Anfang Juni. Bevor die Studenten abreisen, während der Zeit des Filmfestivals, wenn die ganze Stadt brodelt. (Transilvania International Film Festival – TIFF, 31. 5. bis 9. 6.; Anm.) Im Interview: Christian Tomoiaga, Raluca Nicola, Alina Ceusan, Gabriel Aldea (Management und PR-Abteilung des Clubs)

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NIGHTLIFE Depeche Mode: Martin Gore, Dave Gahan und Andrew Fletcher (v. li.)

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JOHN LEE HOOKER

Ich stehe auf klassischen, rauen Blues. So wie ihn John Lee Hooker spielte. Wenn Blues-Musiker zu viel herumprobieren, geht die Magie verloren. Diese Strategie des Vereinfachens wenden auch wir an. An „My Little Universe“ auf unserem neuen Album arbeiteten wir so lange, bis der Track auf seine Grundelemente reduziert war. Jetzt ist er mein liebster auf der Platte.

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GEORGE JONES

Jones hat diese archetypische Country-Stimme, du erkennst sie unter hunderten. Sein Song „The Grand Tour“ gehört zu den besten aller Zeiten. Weil er so tieftraurig ist. Jones lädt den Hörer auf eine Tour durch sein Haus ein. Durch ein Haus voller Gegenstände, die ihn an die Frau erinnern, die ihn verlassen hat. Wie er dabei „nursery“ auf „without mercy“ reimt – ganz groß!

TAKE 3

„Ich liebe alte CountryPlatten“ Depeche Mode. Anlässlich des 13. Albums der Pop-Giganten: Band-Mastermind Martin Gore über die drei Musiker, die ihn am meisten inspirierten. Depeche Mode sind die erfolgreichste elektronische Band der Pop-Geschichte und zugleich eine der spannendsten. Denn in über dreißig Jahren verkauften die Briten nicht nur über hundert Millionen Platten, sondern

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bewahrten sich auch die Lust am Experimentieren. Zu Beginn formten sie aus Alltagsgeräuschen harte Industrial-Beats, die das Fundament ihrer Pop-Hits wie „Everything Counts“ bildeten. Auf „Violator“ (1989) kreierten Depeche Mode elektronischen Blues. Für ihre neue, dreizehnte Platte „Delta Machine“ zog sich das Trio in ein Musiklabor zurück – mit alten Synthesizern, so groß wie Kühlschränke. Das Resultat: In ihrer Reduktion erinnern die Songs an aktuelle House-Tracks und atmen gleichzeitig die Wärme alter Gospelmusik. „Auch wenn Depeche Mode eine Elektronikband ist“, sagt Songschreiber Martin Gore, „die Einflüsse reichen weit zurück. Ich liebe alte Country- und Blues-Platten – auch wenn das auf unseren Alben nicht immer ganz offenkundig ist.“ Gore gewährt einen Blick hinter die Synthesizer-Wände von Depeche Mode und verrät uns, welche Künstler ihn inspirierten.

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LOUIS ARMSTRONG

Ich liebe sein Album „Louis and the Good Book“. Darauf interpretiert er Gospel-Standards auf seine ganz eigene Weise. Durch ihn entdeckte ich „Sometimes I Feel Like a Motherless Child“. Dieses Stück ist unglaublich. Gospel hat mich schon immer fasziniert. Als wir 1987 an unserer Platte „Music for the Masses“ arbeiteten, verwendete ich Samples alter Gospel-Platten.

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Nightsnack

Trinidad & Tobago Doubles Das beliebteste Fingerfood der Karibik gibt’s von früh bis spät in Buden auf der Straße – mittlerweile sogar auf e ­ iner Mobile-App.

Bilder: anton corbijn/sony music, picturedesk.com (2), getty images, Fotostudio Eisenhut & Mayer, laif

Woraus Doubles bestehen Das Rezept der Teigfladen ist simpel: Mehl, Wasser, Backpulver, Salz und Kurkuma, das dem Brot die gelbe Farbe verleiht. Die vie­ len verschiedenen Füllungen ent­ halten fast immer Kichererbsen und „shado beni“, die sehr aro­ matische karibische Abart des Koriander. Dazu isst man Chut­ neys mit Mango, Gurke oder ­Kokosnuss und Chilisauce.

Indien oder Trinidad? Das Doubles-Rezept ähnelt ­jenem des indischen „chole ­bhature“, eines ebenfalls mit ­Kichererbsen belegten Brots. Eine eigenständige Ursprungs­ version besagt, dass 1937 ein Ver­ käufer die zuvor in Papiertüten gefüllten Kichererbsen auf eine Teigflade legte – und um ihr Her­ auskullern zu verhindern, ver­ wendete er bald zwei Fladen. Wann und wo? Doubles sind ein beliebtes Früh­ stück, werden aber bis spät­ nachts verkauft und dienen früh­ morgens mitunter als Frühstück und zugleich als Good-NightSnack. Doubles gibt’s in gleich­ namigen Buden: Sleepy’s Dou­ bles, Deen’s Doubles, Johnny’s Doubles etc.

Karibische Nacht: Doubles sind der beliebteste Snack in Trinidad und Tobago.

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Der Doubles-Mord Doubles-Verkäufer halten in Tri­ nidad locker mit der Beliebtheit ihrer Ware mit. Deshalb war der ganze Inselstaat im vergangenen

Jahr erschüttert, als ein DoublesVerkäufer von einem Gast ersto­ chen wurde, der seinen Snack nicht bezahlen wollte. Es ging um vier Trinidad-und-Tobago-Dollar, umgerechnet 50 Cent. Smarte Doubles-Suche Als Khafra Murray auf Facebook Doubles-Verkäufer aufzulisten begann, waren schnell 250 Adres­ sen beisammen. Der IT-Experte beschloss, eine App zu entwickeln – mittlerweile hält die „Trinidad & Tobago Doubles Vendors Direc­ tory“ bei 400 Adressen.

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Save the Date April 2013 14. APRIL, WALLISELLEN

Walliseller Triathlon

19. APRIL, KULTURFABRIK KOFMEHL, SOLOTHURN

Manillio

Kool Savas sagt über Manillios Debütalbum „Jede Tag Superstar“ (2009): „Noch nie hat mich ein Schweizer Release so überzeugt.“ In seiner Heimatstadt Solothurn präsentiert der Mundart-Rapper nun sein aktuelles Studioalbum „Irgendwo“, mit Features von Stars wie Kuno Lauener oder Reeto von Gunten. Unterstützt wird Manillio dabei von seiner Live-Band Lo & Leduc aus Bern. www.manillio.com

3./4. MAI, ST. JAKOBSHALLE, BASEL

Night of the Jumps

Einige der besten Freestyle-Motocrosser der Welt kämpfen um Punkte für die FIM Freestyle-MXWeltmeisterschaft. Aufgewertet wird das Spektakel durch aufwendige Pyro- und Lichttechnik und Showelemente wie den „High Air“Bewerb. Am Start: unter anderen die ehemaligen Weltmeister Remi Bizouard (Frankreich) und Libor Podmol (Tschechien). www.nightofthe jumps.com

Weltklasse-Freestyler in Basel

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Gesucht wird: der beste DJ des Landes 4. MAI, KAUFLEUTEN, ZÜRICH

Red Bull Thre3Style Sechs der besten DJs des Landes kämpfen um den nationalen Titel. Und wie sieht der Kampf aus? So: Jeder Disc-Jockey bekommt 15 Minuten an den Reglern. Die kurzen Sets müssen mindestens drei frei wählbare Musik-Genres (von House bis Rock ist alles erlaubt) enthalten, bewertet werden Track-Auswahl, Kreativität, Bühnenpräsenz, Mixing-Skills und natürlich die Resonanz des Publikums. Der Sieger fliegt zum Weltfinale von 4. bis 10. November nach Toronto, Kanada. Den internationalen Vergleich braucht der Vertreter aus der Schweiz übrigens nicht zu scheuen: DJ Montes holte 2010 in Paris den dritten Platz, DJ Bazooka schaffte es 2011 in Vancouver sogar auf Platz zwei. www.redbullthre3style.com

26. APRIL, NORDPORTAL, BADEN; 27. APRIL, KRAFTWERK, KRUMMENAU

Diens Vierzehn Jahre und fünf Alben verbrachte der Rapper, der bürgerlich Etienne Marti heißt, mit der legendären Hip-Hop-Crew Wurzel 5, nun versucht sich das Mundart-Sprachgenie als Solokünstler. Und das äußerst erfolgreich: Mit seinem Longplayer „Schwarzmale“ stürmte er auf Platz sechs der Charts – ein Erfolg, der den selbsternannten „Rap-Dinosaurier“ ein wenig überrascht: „Dass sich die Fans von Wurzel 5 auch für meine SoloSachen interessieren, ist nicht selbstverständlich. Das freut mich sehr.“ Für seine Live-Tour holt sich der 34-jährige

Diens rappt jetzt solo.

Berner prominente Unterstützung auf die Bühne: J. J. Flück werkt am Schlagzeug, DJ Kermit bedient die Plattenspieler, MPC und SAD treten als Backing-Rapper auf. www.chlyklass.ch

THE RED BULLETIN

BILDER: CARLO CRUZ/RED BULL CONTENT POOL, SEBASTIAN MARKO/RED BULL CONTENT POOL, DECOYCOLLECTIVE

Sven Riederer, Olympiadritter 2004 in Athen, veranstaltet zum vierten Mal einen Triathlon in seiner Heimatstadt Wallisellen und hat einiges zu verteidigen: Der 32-Jährige blieb bei den bisherigen drei Auflagen ungeschlagen. Neben der Disziplin Pro Sprint (600 Meter Schwimmen, 15 Kilometer Radfahren, vier Kilometer Laufen) werden unter anderem ein Teambewerb sowie Rennen für Kinder und Jugendliche ausgetragen. www.wallisellertriathlon.ch


ILLUSTRATION: DIETMAR KAINRATH

K A I N R AT H

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M O R E B O DY & M I N D

VOLLES PROGRAMM Das Red Bull TV-Fenster bei ServusTV: Jede Menge Action auf Ihrem Bildschirm. www.servustv.com

SAMSTAG, 13. APRIL, 9.15 UHR

100 Porsches and Me Ein faszinierendes Roadmovie rund um die Leidenschaft für den berühmten Porsche 911 – speziell für einen 911er in Grasgrün aus den frühen 70ern.

Red Bull TV bei ServusTV Alle sieben Tage präsentiert Annina Campell die besten Clips der Woche, Reportagen über Red Bull Cliff Diving, Red Bull X-Fighters und andere sportliche Großevents. Gezeigt werden Porträts von Helden aus Sport, Musik und Kultur sowie Serien über Heroen von morgen und bewegende Dokumentationen, die auf umfassende Weise Einblick gewähren in die faszinierende Welt von Red Bull.

MONTAG, 15. APRIL, 22.45 UHR

World Rally Championship ServusTV berichtet 2013 von allen 13 Stationen der Königsklasse des Rallyesports. Dieses Mal zeigen wir alle Highlights der Portugal-Rallye.

SONNTAG, 14. APRIL, 16.55 UHR

Bullit – The Documentary MONTAG, 22. APRIL, 22.45 UHR

Red Bull X-Fighters: Dubai Motoren heulen in der Wüste – der zweite Stopp der Red Bull X-Fighters World Tour 2013 führt die Freestyle-Motocross-Elite diesmal nach Dubai.

So sind Sie im Bild 96

Die Dokumentation „Die Begegnung am Ribbon Reef“ begleitet den Forscher und Kameramann Dr. Dean Miller auf seiner Expedition zu Australiens Great Barrier Reef. Millers Ziel: das Verhalten eines der bislang am wenigsten erforschten Lebewesen der Welt zu dokumentieren – des Zwergwals. Doch das Riff ist auch der Lebensraum vieler Haiarten, was eine besondere Herausforderung für das Team darstellt. Sie finden ServusTV mit dem Red Bull TV-Fenster nicht auf Ihrem Fernsehgerät? Rat und Hilfe zum Nulltarif unter

0800 100 30 70 THE RED BULLETIN

BILDER: DEAN TREML/RED BULL CONTENT POOL, CHIVALRIC, FLORIANFILMS GMBH, McKLEIN/RED BULL CONTENT POOL, NAIM CHIDIAC/RED BULL CONTENT POOL

SONNTAG, 7. APRIL, 23.10 UHR


P RO M OT I O N

MUST-HAVES! CARPE DIEM KOMBUCHA: GENUSS OHNE ALKOHOL Carpe Diem Kombucha Pure in den Geschmacksrichtungen Classic, Cranberry und Quitte gibt es endlich wieder in der 750-ml-Glasflasche. Jetzt neu, ist die genussvolle Begleitung zum Essen wieder im Handel erhältlich: bei Marinello, Jelmoli Gourmet Factory und in allen Globus-Filialen der Schweiz ab 4.90 Franken. 1

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www.carpediem.com

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2 TOP-ORIENTIERUNG MIT LUMINOX Eine gute Orientierung ist wichtig, der neue Recon Navigation Specialist von Luminox das perfekte Hilfsmittel dazu. In das Gehäuse ist ein Tachymeter für Gehgeschwindigkeit integriert. Mit dieser Funktion kann der Träger jederzeit ablesen, wie schnell er unterwegs ist. Zur zusätzlichen Erleichterung der Navigation dient ein Kompass, welcher ins Armband eingebaut ist und herausgelöst werden kann. Erhältlich um CHF 440.–

www.luminox.com

UNVERGLEICHLICHES FAHRVERGNÜGEN Der EMAXX ist ein Elektroskateboard, das absoluten Fahrspass garantiert. Mit dem EMAXX fährt man bis zu 35 km/h schnell, ob auf der Strasse, off road oder sonst wo. Mit einer Fernbedienung in der Hand beschleunigt und bremst man den EMAXX. Mit reiner Körperverlagerung, ähnlich wie beim Snowboarden oder eben Skaten, steuert man das Elektro-Skateboard. Erhältlich um CHF 595.– 3

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www.hammerstark.com 4 SERVUSTV APP Ob bildgewaltige Dokumentationen, Beiträge aus Kultur, Brauchtum, Kulinarik, Sport oder aus dem Red Bull TV – ServusTV bietet interessierten Zusehern ganz einfach „bessere Unterhaltung“, und das ab sofort auch als ServusTV App für iOS und Android! Die Funktionen im Überblick: • ServusTV Livestream in Top-Qualität auf Ihrem Smartphone und Tablet • das ServusTV-Tages- und -Wochenprogramm im Überblick • Sendungen weiterempfehlen • persönliche Favoriten aus dem TV-Programm vormerken • großes Video-on-Demand-Angebot in der Mediathek Die App ist kostenfrei im App Store und Play Store erhältlich.

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www.servustv.com/app

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5 FRAGEZEICHEN Was ist dein persönliches Must-have 2013? Teile es uns mit, und wir küren ein Gewinnerprodukt, welches Ende des Monats auf unserer Facebook-Fanpage abgebildet wird. Der Einsender erhält ein Red Bull Media House-Überraschungspaket – abseits des Alltäglichen. Schicke deinen Input mit dem Betreff «must-have» an info@redbull.ch. E-Mail-Einsendeschluss: 26. 4. 2013

www.facebook.com/redbulletin


A

ls frischgebackener Student haben Sie zwei Möglichkeiten: mit dem Studium zu beginnen. Oder sich eine Ausrede zu besorgen, warum es damit nicht geklappt hat. Ich habe Zweiteres gemacht und mir am Theater einen Job beschafft. Der darin bestand, mich jeden Abend in ein paillettenbesetztes Abendkleid zu zwängen, mich auf ein Fahrrad zu setzen und durch einen Pappmaché-Wald zu kurven; Kleid, Rad und Wald waren Bestandteile einer modernen Inszenierung des Theaterstücks „Rotkäppchen“. Vorhang. Am deutlichsten erinnere ich mich jedoch an meine Rolle als Russe. Die sah von außen betrachtet wenig spektakulär aus. Da musste ich zu Beginn des Stücks bloß fröhlich singend über die Bühne gehen. Das war’s. Weil der Regisseur merkte, dass es mir schwerfiel, das plausibel hinzumimen, gab er mir folgende Anweisung: „Am besten gehst du aufrecht, erhobenen Hauptes über die Bühne. Mach dich groß! Schultern zurück, Brust raus!“ Ich tat wie mir befohlen. Mit einem faszinierenden Effekt: Kaum schritt ich stolz über die Bühne, durchströmte mich jedes Mal ein wunderbares Gefühl der Erhabenheit, Größe und Stärke. Ich glaube, dass ich seitdem nie mehr ähnlich dramatisch-selbstbewusst über einen so exponierten Platz gegangen bin. Ich hielt meine Gefühle natürlich für den Ausdruck meines großen schauspielerischen Talents, das bald entdeckt werden würde. Ich wartete vergeblich. Heute weiß ich, warum: Meine Wesensveränderung hatte ausschließlich damit zu tun, dass ich mich endlich einmal gerade hingestellt hatte. Mit sonst gar nichts. Der Grund für das Phänomen: Zwischen unserem Kopf und unserem Körper herrscht ein reger Kreisverkehr. So bringt uns der traurige Gedanke ans

Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

Stehen Sie gerade! Was wie der Ratschlag verknöcherter Turnlehrer klingt, ist tatsächlich ein so einfaches wie wirkungsvolles Erfolgsrezept. immer noch nicht begonnene Studium dazu, mit hängenden Schultern durch die Stadt zu schlurfen. Und – jetzt kommt’s – eine bestimmte Körperhaltung oder Mimik wiederum bringt uns umgekehrt dazu, die dazu passenden Gefühle zu empfinden. Eine weitreichende Erkenntnis. Darum werden Sie jetzt Zeuge einer innovativen journalistischen Technik, der 3-D-Ultrazeitlupe. Dazu müssen Sie nichts anderes tun, als gerade zu stehen und sich den folgenden Satz langsam durchzulesen:

Manövrieren wir unseren Körper in eine bestimmte Haltung, durchströmen uns Gefühle, die dieser Haltung entsprechen (ohne dass es irgendwelche anderen Ursachen für das Gefühl gäbe). Das habe ich mir nicht ausgedacht. Das ist Ergebnis einer langen Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen (Stichwort: Body-Feedback-Hypothese). Eine Kronzeugin dafür ist Sabine Stepper. Die Sozialpsychologin hat das Phänomen vor zwanzig Jahren eingehend untersucht – und seitdem kommt jeden Monat eine neue Erkenntnis dazu. Klemmen wir zum Beispiel einen Stift zwischen die Zähne, ohne die Lippen zu berühren, dann ahmen wir ein Lächeln nach. Ja, bitte vor dem Spiegel ausprobieren, ich warte so lange. – Wieder da? Fein. Das Resultat: Wir sehen optimistischer in die Welt. Funktioniert auch andersrum: Wer mit hängenden Schultern durchs Leben schlurft, fühlt sich elender und ängstlicher als die aufrecht Gehenden. Das heißt: Sind wir mutlos, können wir das auf neue Art beeinflussen. Und zwar durch kleinste Änderungen der Körperhaltung, wie etwa die Körperpädagogin Julia Košinár (u. a. bei der Ausbildung UniLehrbeauftragter) eindrucksvoll gezeigt hat. Dazu stellen Sie sich am besten vor einen Spiegel und modulieren Ihr Ebenbild so lange, bis Sie eine „expandierte“ Haltung einnehmen, also endlich so gerade dastehen wie ich damals auf der Bühne. Dann können Sie wahlweise ein Studium beginnen, die Welt erobern oder endlich Ihren Eltern gegenübertreten und ihnen sagen: Ich fahre doch lieber mit dem Fahrrad durch Pappmaché-Wälder, als auf die vermuffte Uni zu gehen. Christian Ankowitsch, 53, ist ein österreichischer Journalist, Schriftsteller und Lebenshelfer. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

THE RED BULLETIN Herausgeber und Verleger Red Bull Media House GmbH General Manager Wolfgang Winter Verlagsleitung Franz Renkin Chefredakteur Robert Sperl Creative Director Erik Turek Art Director Kasimir Reimann Fotodirektion Fritz Schuster Chefin vom Dienst Marion Wildmann Redaktion Alexander Macheck (Stv. Chefredakteur), Werner Jessner (Leitender Redakteur), Ulrich Corazza, Florian Obkircher, Arkadiusz Pia˛tek, Andreas Rottenschlager Mitarbeiter Stefan Wagner Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Silvia Druml, Kevin Goll, Carita Najewitz, Esther Straganz Fotoredaktion Ellen Haas, Catherine Shaw, Rudi Übelhör Senior Illustrator Dietmar Kainrath Autor Christian Ankowitsch Illustratoren Albert Exergian, Mandy Fischer Corporate Publishing Boro Petric (Ltg.); Christoph Rietner (CR); Dominik Uhl (AD); Markus Kucˇera (FD); Lisa Blazek (Red.); Christian Graf-Simpson, Daniel Kudernatsch (App) Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Karsten Lehmann, Josef Mühlbacher Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher (Ltg.), Walter Sádaba Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Finanzen Siegmar Hofstetter, Simone Mihalits Marketing & Country Management Barbara Kaiser (Ltg.), Stefan Ebner, Nicole Glaser, Johanna Jenewein, Klaus Pleninger, Elisabeth Salcher, Lukas Scharmbacher, Peter Schiffer, Julia Schweikhardt, Sara Varming Anzeigenverkauf Alfred Vrej Minassian (Ltg.), Thomas Hutterer, Romana Müller, Martin Olesch; anzeigen@at.redbulletin.com Anzeigendisposition Sabrina Schneider O∞ce Management Manuela Geßlbauer, Anna Jankovic IT Michael Thaler Firmensitz Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Sitz der Redaktion Heinrich-CollinStraße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint monatlich als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partnerzeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Kurier, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Der Standard, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten. Deutschland: Leipziger Volkszeitung und Vertrieb an Hochschulen (CAMPUSdirekt Deutschland GmbH). Irland: The Irish Times. Frankreich: L’Équipe. Großbritannien, Neuseeland, Nordirland, Schweiz und Südafrika: alternativer Vertrieb. Kuwait: Kuwait Times. Mexiko: Milenio Diario. In den USA: New York Daily News, Chicago Tribune, LA Times, Houston Chronicle. Leserbriefe bitte an leserbriefe@at.redbulletin.com

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MINI Cooper S ALL4 Paceman, 135 kW (184 PS), Treibstoffverbrauch insgesamt: 6,7 [7,7] l/100 km, CO2 -Emission kombiniert: 157 [180] g/km (Durchschnitt aller immatrikulierten Neuwagen 2013 in der Schweiz: 153 g/km), Energieeffizienzkategorie: E [F]. Werte in [ ] gelten für Fahrzeuge mit 6-Gang-Automatikgetriebe.


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