The Red Bulletin CD 05/20

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SCHWEIZ MAI 2020, CHF 3.80

UNSER RUNNINGSPECIAL

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

Eine ganze Ausgabe voll Know-how, Freude und Motivation

LOS GEHT’S! Die schönsten Trails fürs Training

BIZ-SPRINT Wie eine Schweizer Schuhmarke der Konkurrenz davonläuft

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JULIEN WANDERS Ein Schweizer in Kenia

ZUM LAUFEN GEBOREN

Sein Ziel: der weltbeste Marathon-Mann zu werden


DIE PERFEKTE LAUF-BEGLEITUNG. OHNE KÃœNSTLICHE FARBSTOFFE OHNE KONSERVIERUNGSSTOFFE

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E D I TO R I A L

WILLKOMMEN

LAUF LOS!

GUILLAUME MEGEVAND (COVER), IMAGO STOCK & PEOPLE, IMANGI STUDIOS

CLAUDIA MEITERT

FORREST GUMP

zählt zweifellos zu den bekanntesten Figuren der Filmgeschichte. Warum es für ihn so gut gelaufen ist, siehst du auf Seite 23.

Davonlaufen? Zwecklos (das lernen wir gerade). ­Sinnvoll hingegen: deine Idee trotz aller Zweifel ins Rennen schicken, deiner Berufung folgen, dem Schick­ sal ein Schnippchen schlagen – kurz: dein Tempo selbst bestimmen. Caspar ­Coppetti hat das getan: Als einer der Gründer der Schweizer Laufschuh­ marke «On» erzählt er ab Seite 42, wie der u ­ naufhaltsame Aufstieg gelang. Auch Julien Wanders hat etwas vor, was auf den ersten Blick unmöglich scheint: Er will der schnellste Marathon­ läufer der Welt werden. Trotz der nahe­ zu übermächtigen Konkurrenz vor allem aus ­Ostafrika. Dafür hat er die Schweiz ­verlassen, um in einem kenianischen Dorf zu trainieren – seine aussergewöhnliche Geschichte: ab Seite 28. Wenn du den inneren Schweinehund überwinden willst, blättere am besten auf Seite 64: Ironman Sven Riederer erklärt da, wie du das Laufen lieben lernst. Viel Spass mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion

MICHAEL KÖHLMEIER

Der Schriftsteller erzählt ab sofort in jeder Ausgabe eine Geschichte über moderne Helden. Zum Start dieser Serie porträtiert er Sprint-­Ikone Wilma Rudolph. Seite 74

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Lieblingsstrecken stellt Spitzen-­ Trailrunner Rémi ­Bonnet vor. Und er ­definiert die vier Schritte, die dich zum Bergläufer machen. Seite 88

USAIN BOLT

konnte im Game «Temple Run 2» freigespielt werden. Derartige Endless-Runner-Games bringen Spielern aber noch weit mehr: zum Beispiel Hilfe, richtige Entscheidungen zu treffen. Seite 84

THE RED BULLETIN

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I N H A LT The Red Bulletin im Mai 2020

COVERSTORY

28 ZUM LAUFEN GEBOREN

Julien Wanders hat ein Ziel: der beste Marathon­läufer der Welt zu werden. Dafür ist der 24-jährige Genfer in ein kenianisches Dorf übersiedelt.

ERNÄHRUNG

38 SÜSS IST DER SIEG

5-MINUTEN-COACH

64 DEIN BESTER START

Ironman Sven Riederer erklärt, wie du Bewegung für immer in dein Leben bringst.

66 MODERNER HERKULES

Zwölf Aufgaben und eine zen­ trale Frage: das unglaubliche Leben von Mike McCastle.

ERFOLG

Literat Michael Köhlmeiers Porträt der Sprinterin, die als Kind Stützapparate brauchte.

Caspar Coppetti, Mitbegründer Laufschuhmarke On, über Blitzstart und Erfolgslauf.

ERFAHRUNG

46 DIE AUFERSTEHUNG

Gela Allmann stürzte über einen Eishang 800 Meter tief. Wie sie wieder ins Leben fand.

ERLEBNIS

52 LAUFEN MIT EINEM «VORSTADTWEIB»

Ein besonderer Wien-Run: Schauspielerin Martina Ebm bleibt laufend im Gespräch.

INNOVATOR

62 HIGHTECH - BEINE

Wie Querschnittsgelähmte wieder gehen können. Plus: brandneue Apps für Läufer.

6 GALLERY 2 0 ZAHLEN, BITTE! 2 2 PLAYLIST

4

CASPAR COPPETTI weiss, wie man mit Laufschuhen zum Überflieger wird.

HERAUSFORDERUNG

Daniela Ryf ist die beste Triathletin der Welt. Ihr Erfolgsrezept: das Leben geniessen.

42 DER BIZ- SPRINT VON ON

42

BOULEVARD DER HELDEN

74 WILMA RUDOLPH, DIE GAZELLE

GUIDE

Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen 79 REISEN. Der ÖTILLÖ Swimrun – ­Inselhopping auf Schwedisch.

46 GELA ALLMANN hat noch jeden Augenblick ihres 800-Meter-Absturzes vor Augen.

84 GAMING. Wie du von «Endless Runner»-Games profitieren kannst. 85 FORTSCHRITT. Ein Laufschuh von Under Armour zeichnet das Training mit Sensoren auf. 86 EVENTS. Wichtige Termine für die kommenden Wochen. 88 T RAILRUNNING. Rémi Bonnet stellt seine Lieblingsstrecken vor. 92 L AUFEN SPECIAL. Starke Begleiter für leidenschaftliche Dauerläufer.

2 3 FUNDSTÜCK 24 LIFE HACKS 26 CLUB DER TOTEN DENKER

9 6 IMPRESSUM 9 8 PERFEKTER ABGANG

66 MIKE McCASTLE greift zu Seil und Gewichten, um anderen Menschen zu helfen.

THE RED BULLETIN

GIAN PAUL LOZZA, FELIX KRÜGER, CAMERON BAIRD, MARCELO DEL PEZO/WINGS FOR LIFE WORLD RUN, GUILLAUME MEGEVAND


28 MORGENRUNDE Bei Sonnenaufgang in den Tag laufen – Julien Wanders beim Bahntraining in Kenia.

THE RED BULLETIN

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Geschichten aus dem Grenzbereich

THIAGO DIZ

Je verrückter die Aufgabe, desto prächtiger der Lorbeer: Der Mensch wächst an der Grösse der Herausforderung. Wir präsentieren zehn Lauf-Events der Superlative.

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THE RED BULLETIN


DESERT ULTRA, NAMIBIA

Hot Legs

Jeder Beachvolleyballer weiss: Laufen im tiefen Sand kostet Kraft. In der Namib-Wüste Namibias kommen noch unbarmherzige Temperaturen bis 55 Grad bei Tag und nahe dem Nullpunkt bei Nacht dazu. Und der Wind, der die gewaltigen Dünen aufbaut. Beim Desert Ultra sind endlose 250 Kilometer in fünf Etappen zu bewältigen. Ein paar Teilnehmer sind schon vorher am Sand. THE RED BULLETIN

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MARATHON SÃO PAULO, BRASILIEN

Morgenstund Die 42.195 Meter des klassischen Marathons sind sozusagen die Einstiegsdroge für Laufjunkies. Wer’s nie mit dem Mann mit dem Hammer zu tun bekam, der verlässlich bei Kilometer 30 wartet, hat eine wichtige Erfahrung im Leben versäumt. Doch einen Marathon zu schaffen und einen zu gewinnen sind zwei grundverschiedene Paar Schuhe. Die Spitzengruppe in São Paulo hat jedenfalls keinen Blick für die Schönheit des Sonnenaufgangs.

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THIAGO DIZ


LAVAREDO ULTRA TRAIL, DOLOMITEN, ITALIEN

Bergauf, bergab In der grandiosen ­Kulisse der Dolomiten befindet sich eine der spektakulärsten Rennstrecken für ­ambitionierte Trailrunner: 120 Kilometer lang, fast 6000 Höhenmeter rauf und wieder runter. Start und Ziel ist in Cortina d’Ampezzo, die Bestzeit liegt einen Hauch über zwölf Stunden, der Durchschnitt der 1800 Teilnehmer braucht allerdings fast doppelt so lang.

MARATHON DES SABLES, MAROKKO

Wüstes Rennen

ALEXIS BERG (2), CIMBALY/MARATHON DE SABLES

Man wird sich vielleicht fragen, was der Läufer bei seiner siebentägigen Gewalttour durch die Sahara in seinem Rucksack mitführt. Nun: ein Überlebenspaket, ­bestehend aus einem Schlafsack, 2000 Kilokalorien Nahrung sowie einem Schlangenbiss-Set. Das Wasser – pro Tag ungefähr neun Liter – stellt freundlicherweise der Veranstalter zur Verfügung.

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BADWATER ULTRAMARATHON, DEATH VALLEY, KALIFORNIEN, USA

Tiefpunkt Das ist Oswaldo López, ein Kali­for­ nier mit mexikanischen Wurzeln. Er hat sich vorgenommen, eine der härtesten Herausforderungen der Welt zu überstehen: Der Be­ werb startet am tiefsten Punkt ­Kaliforniens – am Badwater Point im Death Valley, 85 Meter unter dem Meeresspiegel. Das Ziel liegt, 217 Kilometer entfernt, nahe dem höchsten Gipfel des Bundesstaats, dem Mount Whitney, 2530 Meter über dem Meer. Man ahnt: Da braucht es Sonnencreme. Und hin und wieder eine Pause.


ULTRA-MARATHON, ANTARKTIS

Ab in den Süden! Start zum definitiv kältesten Marathon der Welt: 250 Kilometer durchs ewige Eis der Antarktis. Um überhaupt hierherzukommen, müssen die Teilnehmer vorher drei Tage mit dem Schiff durch die für seine gnaden­losen Stürme und den hohen Wellengang bekannte Drake-Passage südlich von Patagonien.

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THE RED BULLETIN


THIAGO DIZ

THE RED BULLETIN

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BARKLEY 100, FROZEN HEAD, TENNESSEE, USA

Schöner scheitern

ALEXIS BERG

161 Kilometer durch die weglose Wildnis des gefürchteten Frozen Head State Park in weniger als 60 Stunden: Das Barkley 100 ist mehr aufs Scheitern angelegt als aufs Durchkommen. In 30 Jahren schafften es genau 15 Teilnehmer ins Ziel. Der Kanadier Gary Robbins (im Bild) scheiterte bislang am schönsten: 2017 fehlten ihm am Ende exakt sechs Sekunden.

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THE RED BULLETIN

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CHINA ULTRA 168, CHONGLI, CHINA

Nur der Anfang

THIAGO DIZ

Wenn es losgeht in der City nördlich von Peking, schaut ja alles noch total harmlos aus. Aber schon bald führt der Kurs des 120-Kilometer-Rennens hinaus in die Berge und Täler jener Provinz, in der viele Freiluftbewerbe der Olympischen Winterspiele 2022 stattfinden – so Gott will.

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ULTRA-MARATHON, SÜDINSEL, NEUSEELAND

Wille und Weg Die Veranstaltungen, die unter dem Markenzeichen «RacingThePlanet» angeboten werden, sind ideal für Menschen, die es nicht erwarten können, an ihre Grenzen zu stos­sen. Hier geniesst gerade ein Brite in den Bergen Neuseelands das süchtig machende Gefühl kurz vor der totalen Erschöpfung. Schöner ist es nur noch, in so einem Moment die Zähne zusammenzubeissen – und weiterzumachen.


TOR DES GÉANTS, AOSTATAL, ITALIEN

Halbzeitpause 150 Stunden, also fast eine Woche, ­haben die Teilnehmer bei diesem Berg­ rennen nördlich von Turin Zeit, 330 Kilo­ meter und 24.000 Höhenmeter zu be­ wältigen. Viel Schlaf gönnen sie sich in den Raststationen – hier eine zur Halbzeit – trotzdem nicht: Die Angst, es nicht rechtzeitig ins Ziel zu schaffen, läuft ­immer mit.

Das Ende ist nah

THIAGO DIZ, ALEXIS BERG (2)

Ein magischer ­Moment: Die Sonne geht auf über dem mächtigen MontBlanc-­Massiv. Und der Läufer im Bild wird von immer stärkeren Glücksgefühlen über­ mannt. An dieser ­Stelle der Stecke sind 320 Kilometer ge­ schafft. Noch zehn ­Kilometer bis ins Ziel! Der innere Schweine­ hund winselt um Gnade.

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Z AHL EN, BI T T E!

MARATHON-SAISON

Gut gelaufen Auf der Chinesischen Mauer, um einen New Yorker Häuserblock, durch französische Weingärten: Gelaufen wird überall. Wie viele Muskeln wir dabei verwenden und wie sehr es die sexuelle Aktivität steigert, erfährst du hier.

Muskeln braucht der menschliche Körper für einen Schritt.

wurde die Marathon-Distanz bei den Olympischen Spielen in London von 40,23 auf 42,195 Kilometer verlängert – d ­ amit die Läufer noch am Schloss Windsor vorbeikommen.

Mal pro Woche laufen zu gehen soll die sexuelle Aktivität laut einer Studie um 30 Prozent steigern.

1:59:41

303,506

56 %

100

aller Läufer klagen beim Training über eine laufende Nase.

Jahre war Fauja Singh, als er den ­Toronto Marathon in 8:25 Stunden bezwang. Im Guinness-Buch der ­Rekorde steht er nicht, weil er ­keine ­Geburtsurkunde hatte.

3100

5164

Meilen misst der Welt längster Laufwettbewerb (Self-Transcendence Race) – und er führt um einen einzigen Häuserblock in New York. Das entspricht 5649 Umrundungen.

Stufen läuft man beim Great Wall Marathon in China die Mauer auf und ab.

0,8

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Weinproben und Labestellen mit Austern, Stopfleber und Käse gibt’s beim ­Marathon du Médoc. Die Franzosen verfügen eben über «Savoir-courir». 20

437.500

Dollar kostete der teuerste Laufschuh bei einer Versteigerung 2019: der Nike Moon Shoe (1972).

THE RED BULLETIN

CLAUDIA MEITERT

Stunden brauchte Eliud ­ ipchoge 2019 in Wien für K die Marathon­distanz – die mythischen zwei Stunden wurden erstmals geknackt.

Kilometer rannte Yiannis Kouros in 24 Stunden. Mehr schaffte ­bisher k­ einer an einem Tag.

Tote gibt es pro 100.000 Marathon-Finisher.

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GETTY IMAGES (5), PICTUREDESK, COURTESY SOTHEBY’S/PHOTO CREDIT ‘UNRAH/JONES’

1908

200


JOIN US ON THE INFINITE HIKE DISCOVER THE

WWW.JACK-WOLFSKIN.CH/INFINITE-HIKE


PL AY L IST

LA ROUX

Höre auf dein Herz Sängerin Elly Jackson, 32, hat alle Krisen überwunden und feiert ein feines Comeback. Hier ist ihre Playlist (mit Laufpotenzial inside). Mit Synth-Pop-Hits wie «Bulletproof» surfte La Roux vor elf Jahren noch über alle Radio­ wellen. Doch dann schlug das Schicksal zu: Die in London als Elly Jackson geborene Sängerin stand vor einer Beinahe-Pleite, trennte sich von Songwriter-­ Partner Ben Langmaid und ihrer Plattenfirma. Nun ist sie zurück – mit dem (dritten) La-Roux-Album «Supervision» – einem «Soundtrack für eine optimistische Zukunft». Die vier Songs ihrer Playlist sind Muntermacher für traurige Zeiten – und eignen sich wunderbar als Musikbegleitung für Laufrunden. «SUPERVISION» ist bereits erschienen; laroux.co.uk

Ken Boothe

Carly Simon

Depeche Mode

Gerry Rafferty

Ich liebe jede einzelne Version dieses Songs (besser bekannt als «You Keep Me Hangin’ On»). Er wurde unglaublich oft ge­covert – das hier ist eine wirklich gute Reggae-­Cover­ version. Wie der Titel «Set Me Free» suggeriert, ist es das perfekte Lied, um eine Trennung zu überwinden. Laufpotenzial: ideal für einen entspannten Morgen-Run.

Dieses Lied ist um Meilen besser als ihr Hit «You’re So Vain». Ich habe gegenüber Menschen, über die ich hinwegkommen wollte, nie negative Gefühle entwickelt. Es ist eher wie «Ich denke ständig an dich, und nun denke ich an Lieder, die mich noch mehr an dich erinnern». Laufpotenzial: gut für ­Entspannungsübungen ­zwischendurch.

So ein unglaublich toller Song! Depeche Mode waren die Hauptinspiration für mein ­erstes Album. Ohne «Speak & Spell» gäbe es vermutlich keine La Roux, so wie ihr sie kennt. Und ich liebe diese Aufnahme immer noch so sehr. Ich finde sie unglaublich, so erhebend. Laufpotenzial: Hält dich dank New-WaveBeat zuverlässig in Trab.

Mein allerliebster Song überhaupt. Es ist so schade, dass die meisten nur «Baker Street» mit diesem verdammten Saxofon-Solo kennen. Aber er kann so viel mehr. Lieder wie dieses sind meine besten Freunde – sie haben mir so oft durch ex­ trem schwere Zeiten geholfen. Laufpotenzial: für leichtes Auslaufen nach einem langen Arbeitstag.

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New Life (1981)

Right Down the Line (1978)

THE RED BULLETIN

MARCEL ANDERS

Why (1982)

ANDREW WHITTON

Set Me Free (1968)


F U ND ST Ü CK

JOGGING-IKONE

Lauf, Forrest, lauf! SHUTTERSTOCK, GETTY IMAGES

Nike-Cortez-Laufschuhe, Original-Requisit aus dem Film «Forrest Gump», 1994 Wie wir wissen, hat Forrest Gump, der reine Tor und ein wenig schlichte Protagonist des gleichnamigen Films, eine ganze Menge Dinge unabsichtlich erfunden, unter anderem das Joggen. Das sind die Schuhe, mit denen er laut Drehbuch drei Jahre lang kreuz und quer durch die USA lief, immer dem amerikanischen Traum hinterher.

THE RED BULLETIN

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L I F E HACKS

SCIENCE-BASTLER

So geht Laufen leichter

FÜHLEN

Zum Schutz der Brust Wunde Brustwarzen, weil das Laufshirt an ihnen reibt? Vergiss nicht, sie vor dem Lauf mit einem Pflaster abzukleben.

Neue Ideen für die Dinge des Alltags, Volume 20: Wie Schuhbändel und Socken beim Joggen helfen. Und warum du danach Tennisbälle brauchst.

HÖREN

Musik aus der Socke

Das Handy beim Laufen in die Tasche stecken? Unpraktisch. So bastelst du dir eine Arm-Halterung!

AUFBEWAHREN

Kein Klimpern im Beutel Wohin mit dem Schlüssel beim Joggen? Schon einmal an den Schuh gedacht?

1 Sportsocke über der Ferse abschneiden und das Rohr (mindestens 20 cm) über den Oberarm ziehen.

2 Das elastische Ende der Socke nach oben stülpen.

Ziehe den Schlüssel durch einen Schuhbändel, stecke ihn hin­ein und binde ihn mit einem Knoten fest.

ENTSPANNEN

Oh, Sohle mio!

Handy in die Halterung, Kopfhörer ­einstecken und los!

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THE RED BULLETIN

CLEMENS MAKANAKY

3

Vor dem Lauf: Tennisbälle ins Gefrierfach. Danach: Fusssohlen zur Entspannung vorund zurückrollen.

SASCHA BIERL

Wer nach dem Lauf mit Fussschmerzen kämpft, braucht Tennisequipment.


Veranstalter: BikeDays.ch GmbH, Zürich

DAS NATIONALE VELOFESTIVAL SOLOTHURN 8.-10. MAI 2020 VELO EXPO | VELOTEST | ÖUFI CUP | E-MTB ELIMINATOR PROFFIX SWISS BIKE CUP | MTB DIRTJUMP | BMX FLATLAND Tickets: bikedays.ch


D ER CLU B DER TOT EN DEN K ER

MEISTER ECKHART

Kann ich dem Alltagsstress einfach davonlaufen? Die grössten Denker beantworten Fragen unserer Gegenwart, übermittelt durch den Philosophen Christoph Quarch. Diesmal: Meister Eckhart erklärt, wie man Leistung und Gelassenheit verbinden kann.

W

isst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion wohl alle miteinander laufen, aber nur einer den Siegespreis erhält? Lauft, sodass ihr ihn erlangt.» Wahrlich, so spricht der Apostel Paulus, und wahrlich, so sage ich’s auch dir: Es ist gewisslich wahr, dass Gott der HERR voll Freude ob des Läufers ist und jene schätzt, die in der Kunst des Laufens Meister sind. Wohl darf auch ich mich einen Meister in der Kunst des Laufens nennen, war die Langstrecke doch mein Spezialgebiet: Erfurt – Strassburg oder Köln – Paris­ sind meine Königsdiszipli­nen; auch wenn man mich zumeist nur als Lese- oder Lebemeister kennt, so rühme ich mich doch, auch ein Laufmeister zu sein. Nun, du fragst, ob du dem Alltagsstress entkommen kannst, indem du regelmässig deine Runden drehst. Ja, mein Bruder – oder meine Schwester –, das ist möglich, wenn du’s nur auf rechte Weise tust. Was jedoch, so fragst du dich, ist diese rechte Weise? Wisse denn, die rechte Weise ist dein «lediges Gemüt». – Oh, mir scheint, du weisst nicht recht, was dieses Wort bedeuten soll. Also will ich es dir sagen: «Lediges Gemüt» ist eine Haltung der Gelassenheit. Darauf nämlich kommt es an. Wenn du meisterlich zu laufen wünschst, musst du dies gelassen tun. Darum sage ich dir klipp und klar: «Fang bei dir selber an und lass dich!» Oder lass es mich so formulieren: Es kommt alles darauf an, dass du beim Laufen deinen Willen fortlässt; dass du nicht läufst, weil du laufen oder gar gewinnen willst, sondern dich beim Laufen schlicht und einfach laufen lässt.

und ohne irgendwelche Trainingsziele. Wenn du all das lässt und nichts mehr willst – ja, dann läuft es. Und wie es dann läuft! Dann läuft es so gut, dass du jeden Siegespreis gewinnen wirst – vor allem den, dass du den Alltagsstress dabei vergisst. Das ist deine einzige Aufgabe: deinen Willen aufzugeben. Oh, ich merke schon, dass du mir nicht recht glauben magst. Denn du hängst an deinem Willen und glaubst, du könnest nur erfolgreich sein, wenn der Wille in dir stark ist. Klar, so predigen es dir all die Coaches in den grossen Hallen, die dir weismachen, du könnest alles schaffen, wenn du es nur richtig willst. Scharlatane sind das und Betrüger, denn die Wahrheit ist, dass du mit deinem Willen gar nichts erreichst – und dass du deinen Alltagsstress nur immer ärger machst, wenn du ihm zwangsweise entkommen willst. Wohl sage auch ich, dass du mit einem rechten ­Willen alles leisten kannst. Aber, merke nun gut auf, mein Bruder oder meine Schwester: Recht und stark ist nur der Wille, der nicht deiner ist. Wessen Wille dann?, so wirst du fragen, und du ahnst schon, was ein alter Mönch dir sagen wird: Es ist der Wille Gottes.

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MEISTER ECKHART (um 1260 – 1328) war einer der bedeutendsten Theologen und Mystiker des Hochmittelalters. Seine Lehre kreist um Selbst- und Gotteserfahrung. Als Mitglied des Dominikanerordens war er mit der Ausbildung junger Mönche in Erfurt betraut und erhielt später die Ober­ aufsicht über Nonnenklöster am Oberrhein und in der Schweiz. Er unterrichtete Theologie in Paris und Köln, ehe er in seinen letzten Lebensjahren wegen Häresie denunziert und angeklagt wurde. Vor Ende des Inquisitionstribunals ereilte ihn jedoch der Tod, sodass er einer Verurteilung entging.

THE RED BULLETIN

DR. CHRISTOPH QUARCH

Die Kunst des Laufens, lieber Bruder – oder liebe Schwester –, liegt allein darin, dass nicht du läufst, sondern dass es läuft: dass du dein Ich daheim lässt und frei von allem Wollen einfach deine Runden drehst: gelassen, willenlos, frei von Leistungsdruck

Doch der alte Eckhart weiss nur allzu gut, dass du von Gott nichts hören willst, und darum sagt er dir: Es ist der Wille zur Lebendigkeit, der allem Leben innewohnt. Denn wisse, alles will lebendig sein; auch deine Seele sehnt sich danach, sich in Schönheit zu entfalten. Doch dein Ich mit seinem Willen steht dir immerzu im Weg und bremst dich aus, je mehr es etwas für sich selber will. Darum gebe ich dir diese kleine Übung mit auf deine Joggingrunden: «Richte dein Augenmerk auf dich selbst, und wo du dich findest, da lass ab von dir; das ist das Allerbeste.» Denn «das ledige Gemüt vermag alle Dinge».

BENE ROHLMANN

« Die Kunst des Laufens ist, dass nicht du läufst, sondern dass es läuft.»


MEISTER ECKHART (um 1260–1328)

Theologe und Philosoph: «Dein Ich mit seinem Willen bremst dich immerzu aus.»

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VORNEWEG

Julien Wanders, 24, beim Bahntraining mit seinen kenianischen Kollegen


ZUM LAUFEN GEBOREN JULIEN WANDERS will der beste Marathon-Mann der Welt werden. Dafür ist er vom reichen Genf in ein kenianisches Dorf übersiedelt. Und hat dort seine ganz persönliche Komfortzone entdeckt. Text CHRISTOF GERTSCH Fotos GUILLAUME MEGEVAND

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WARM ANGEZOGEN

Haube, Handschuhe, Jacke: Nicht immer ist es in Kenia warm.


«Es heisst, ich könne die Ostafrikaner nicht schlagen, die seien zum Laufen geboren. Das bin ich auch.»

Selbstbewusst: Torbogen beim Eingang von Iten

S

eit Julien Wanders in die Welt­ spitze vorgestossen ist, denkt seine Mutter häufig an den Tag, als er von der Schule nach Hause kam und sagte: «Maman, ich muss besser Englisch ­lernen, später werde ich Journalisten aus aller Welt Auskunft geben.» Ihr Sohn war zwölf, und obwohl sein Gesichts­ ausdruck keinen Zweifel daran liess, dass er es ernst meinte, musste sie lachen. «Mon Titi», sagte sie, «du träumst.» Heute fragt sie sich: Ist es möglich, dass er seine Zukunft tatsächlich schon damals so klar vor Augen sah? Julien Wanders, 24 Jahre alt, ist der beste weisse Läufer in der Historie des Halbmarathons, seine Geschichte eine der erstaunlichsten, die sich im Sport gegenwärtig zuträgt. In der Weltbesten­

liste belegt er Platz 46, hinter Kenianern, Äthiopiern, Eritreern und einem Bah­ rainer kenianischer Herkunft. Doch Wan­ ders will mehr, seine Karriere ist auch ein grosses Experiment. Er will herausfinden, ob es möglich ist, als Nichtafrikaner der beste Marathonläufer der Welt zu wer­ den. Obwohl er seinen ersten ­Marathon im Hinblick auf einen lang­fristigen und behutsamen Aufbau wohl frühestens 2021 bestreiten wird, glaubt er fest, die Antwort zu kennen. Er sagt: «Dass ich der beste Halb­ marathonläufer ausserhalb Afrikas bin, bedeutet mir nichts. Es gibt keinen Wett­ kampf unter Weissen. So viele Leute sagen mir, ich könne die Ostafrikaner nicht schlagen, weil die zum Laufen geboren seien. Das macht mich wütend. Ich bin auch dafür geboren.»   31


«Genf machte mich nicht glücklich, in Iten aber liebe ich das Leben.»

übersprang er sogar eine Klasse. Er hätte Arzt werden können, wie eine seiner Schwestern, oder Ingenieur, doch die Uni interessierte ihn nicht im Geringsten. Überhaupt hatte er nicht viel übrig für das Leben in einer der wohlhabendsten Städte der Welt. Heute sagt er: «In Genf zu trainieren, das machte mich nicht glücklich. In Iten aber liebe ich das Leben.» Was meint er damit?

I Juliens Laufschuhe: rot vom Sand der Bahn

Klingt trotzig, stimmt aber natürlich auch. Zwar hat Wanders bis heute jede Bitte von Wissenschaftlern, ihn ausmes­ sen zu dürfen, abgelehnt, doch auch mit blossem Auge erkennt man, dass seine Anatomie der vieler Ostafrikaner ähnelt. Erstens ist er sehr schlank und nicht speziell gross – was ein Vorteil ist, weil beim Laufen das Körpergewicht die Hauptwiderstandskomponente darstellt. Zweitens hat er nicht nur schlanke, sondern im Vergleich zur Körpergrösse sehr lange Beine. Diese ermöglichen ihm dank der im Verhältnis zum Körper­ volumen grösseren Körperoberfläche eine bessere Thermoregulation. Doch mit der Anatomie allein ist es nicht getan; selbst im Langstreckenlauf nicht, wo bestimmte körperliche Attri­bute besonders entscheidend sind. Julien Wan­ ders stammt aus einer Genfer Bildungs­ bürgerfamilie, die Mutter ist Geigen­ spielerin, der Vater Chemielehrer. Die Schule fiel ihm leicht, am Gymnasium 32

ten, eine Stadt im grünen Hochland von Kenia, ist so etwas wie das Mekka des Langstreckenlaufs. Etliche der besten Langstreckenläufer der Ge­ schichte stammen von hier. Und seit vier Jahren ist es auch die Heimat von Wan­ ders. Zuerst kam er nur zu Besuch, wie viele Europäer, die eine Weile von der für Ausdauertrainings idealen Höhenlage profitieren wollen, ehe sie sich wieder in den Komfort ihrer Heimat begeben. Doch dann merkte er, dass die Einfach­ heit, die es ihm angetan hatte, nur dann ihre volle Wirkung entfalten kann, wenn er sich ihr nicht bloss für ein paar Wochen im Jahr aussetzt. Die Menschen in Iten gehören zum Volk der Kalendschin, das etwa drei Vier­ tel aller kenianischen Weltklasseläufe­ rinnen und -läufer stellt, aber mit etwas

Blauer Himmel über der Trainingsbahn, mehrmals wöchentlich kommt Julien hierher. THE RED BULLETIN


KRAFTTRAINING

Laufen allein reicht nicht, darum trainiert Julien auch indoor.


mehr als vier Millionen bloss ein Viertel der Bevölkerung des Landes ausmacht – oder knapp 0,06 Prozent der weltweiten Population. Das ist umso bemerkens­ werter, wenn man bedenkt, dass der Lauf­ sport als die am weitesten verbreitete und am leichtesten erlernbare Sportart der Welt gilt. Die Frage, warum die Kalendschin so schnell sind, beschäftigt Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Lange wurden als Erklärung vor allem kulturelle Aspekte aufgeführt, darunter die beschwerlichen, einem Frühtraining gleichkommenden Schulwege und die Perspektivlosigkeit des Alltags: Wer läuft, der kann der ­Armut entfliehen. Heute weiss man, dass die langen und dünnen Beine, die einen ökonomischeren Laufstil ermöglichen, bei den Kalenjin viel häufiger sind als in anderen Populationen. Allerdings weiss man nicht, wie dieser genetische Unter­ schied zustande kommt.

J

ulien Wanders sind all diese Fragen egal. Ihm reicht es, hier zu sein, in Iten. Um so schnell zu laufen wie die besten Kenianer, will er leben wie ein Kenianer. So einfach ist das. Zusammen mit seiner Freundin Joan Jepkorir, die aus Iten stammt und von allen Kolly genannt wird, wohnt er in einem Appartement an der Hauptstrasse, drei Zimmer für umgerechnet 100 Fran­ ken pro Monat. Kolly war Lehrerin an einer Highschool, als sie Wanders kennen­ lernte, dann übernahm sie von ihrem ­Vater das Café im Zentrum. Seinen liebsten Tagesablauf beschreibt Wanders so: Training, Frühstück mit Kolly, Nickerchen, Mittagessen mit Kolly im Café, Nickerchen, Training, Abend­ essen mit Kolly. «Dann setzen wir uns vor den Fernseher, und um acht Uhr lege ich mich schlafen.» Die Trainingspläne bekommt er von Marco Jäger, seinem Trainer in Genf, für die Umsetzung ist er selbst zuständig.

Um so schnell zu laufen wie die besten Kenianer, will er leben wie ein Kenianer. 34

Jeden Morgen trifft er sich mit zwei Dut­ zend kenianischen Läufern bei der Tank­ stelle am Stadtrand von Iten, um von dort zur Trainingsstrecke oder zur Rund­ bahn aufzubrechen. Die Männer sind so etwas wie seine Sparringpartner, manche von ihnen begleiten ihn zu Rennen im Ausland. Dann bezahlt er alles für sie, Essen, Reise, Unterkunft. Er selbst lebt von Sponsoren- und Fördergeldern. In Iten gilt Wanders als Einheimischer, mindestens neun Monate pro Jahr ver­ bringt er hier. Wenn man sich in der Stadt umhört, wissen fast alle, wer er ist. Er scheint sich bemerkenswert leicht ein­ gelebt zu haben, fällt weder wie andere Weisse durch Anbiederung auf, noch sagt ihm jemand Überheblichkeit nach. Seine Gegenwart in Iten hat etwas Lautloses und Zartes, etwas ganz und gar Selbstverständliches, beinahe Beiläufiges. Einige der Läufer aus seiner Gruppe zählt er zu seinen Freunden, gelegentlich trifft er sich mit ihnen zum Tee, von anderen weiss er nicht viel mehr als den N ­ amen, was aber weder ihn noch sie zu stören scheint. Er hat nicht das Zähe und Maso­ chistische eines typischen weissen Aus­ dauersportlers, er läuft, weil ihn das glücklich macht. In Europa gibt es viele, die ihn be­ wundern, weil er sich getraut hat, das be­ hagliche Leben in der Heimat gegen die ­Ungewissheit in der Ferne zu tauschen. In Wahrheit ist es umgekehrt. Julien Wanders hat die Komfortzone nicht ver­ lassen, als er zum ersten Mal nach Kenia reiste, sondern sie dort entdeckt.

D

och was heisst das? Es ist ganz leicht. In Iten mag er, dass nie­ mand seine Existenz als Läufer hinterfragt, sondern im Gegenteil alle ihn dafür bewundern, dass er sich mit Laufen ein Auskommen sichern kann. In Genf hingegen würden die Leute stän­ dig von ihm wissen wollen, was er denn daneben von Beruf sei. Er ernährt sich und trainiert in Kenia ja nicht viel anders, als er es bei seinen gelegentlichen Be­ suchen in der Schweiz tut. Das Be­sondere an Iten ist, dass Laufen nichts Besonderes ist, sondern Normalität. Einmal, als er sich nach dem Training auf der Couch erholt, erzählt seine Freun­ din Kolly, wie sie ihn zum ersten Mal in die Schweiz begleitet hat. Sie war voller Vorfreude, doch dann entdeckte sie das Land als einen Ort, an dem man sich stets überlegt, was man als Nächstes tun solle. «Die Leute haben Angst, ihren Lebens­


TRAININGSPARTNER

Laufen in der Gruppe: Juliens Morgenritual …


AUFWÄRMEN

Dehnen, strecken, grätschen – direkt vorm Gemüsegeschäft

Julien hat seine Komfortzone nicht verlassen – er hat sie in Kenia entdeckt.

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standard zu verlieren, und arbeiten wie verrückt. Dann gehen sie vor ihre Büros und rauchen Zigaretten, weil sie den Stress nicht aushalten. In Iten», sie über­ legt kurz, «versuchen wir einfach zu überleben. Es geht uns gut hier.» Julien Wanders sitzt schweigend neben ihr. Über sein Gesicht breitet sich ein Lächeln. Ja, er wusste schon mit zwölf, dass er Langstreckenläufer werden will. Er hatte nie einen anderen Plan. Seine Eltern haben ihn früh gelehrt, sich im Leben auf eine Sache zu konzentrieren, statt vieles halbpatzig zu machen. So hält er es bis heute, fürs Laufen tut er alles. Manchmal auch zu viel: Nachdem er sich in den Kopf gesetzt hatte, so schnell wie die Kenianer zu werden, fing er an, immer weniger zu essen. Zuerst liess er die Schokolade weg, dann die Chips, mit fünfzehn kostete er nicht einmal mehr vom Kuchen, den seine Mutter ihm zum Geburtstag buk. Die Eltern sahen hilflos

zu, wie er sich immer dünner hungerte, bis er noch fünfzig Kilo wog, bei einer Grösse von 1,75 Metern. Er hatte die fixe Idee, so leicht wie die Kenianer sein zu müssen, und verfolgte sie stur. Während zweier Jahre war er immer wieder krank, sein Körper zunehmend geschwächt.

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ann trat Marco Jäger in Juliens Leben, das war die Rettung. Jäger erkannte sein Talent und über­ zeugte ihn, es vorsichtiger anzu­ gehen. Nicht immer erfolgreich: Es kam vor, dass Wanders hohes Fieber hatte, aber Jäger nichts davon erzählte, bloss damit dieser ihm nicht die Teilnahme am Training verbot. Und noch heute schiessen die beiden gelegentlich übers Ziel hinaus – wie diesen Februar, als Wanders beim Halb­ marathon in Ra’s al-Chaima in den Vereinigten Arabischen Emiraten seinen Europarekord vom Vorjahr verbessern THE RED BULLETIN


KIBUUKA MUKISA

wollte, diese unglaublichen 59:13 Mi­ nuten. Er fühlte sich gut, doch dann wurden die Beine schwer. Die Zeit von 1:00:46 Stunden? Eine einzige Ent­ täuschung. Rückblickend sagt er dazu: «Ich habe zu lange zu hart trainiert und mir zu wenig Erholung gegönnt.» Julien Wanders hat sich das Schwerste vorgenommen, das grösstmögliche aller Ziele. Dazu gehört, dass er zwischen­ durch hart landet. Und dazu gehört auch, dass immer wieder mal jemand etwas zu mäkeln hat. Wie damals, als er noch nicht einmal volljährig war und Jäger zu ihm sagte: «Wenn du Weltklasse werden willst, müssen wir uns von An­ fang an mit Weltklasseleuten umgeben.» Fortan gehörten ein Sportarzt, ein Biomechaniker, ein Physiotherapeut und ein Mentaltrainer zum Team, man kann sich vorstellen, wie das in der übersicht­ lichen Schweizer Leichtathletikszene kommentiert wurde: Sind die jetzt total verrückt, dass die einen so grossen Auf­ wand betreiben? Dass sich Wanders von solchem Ge­ raune nicht aus der Ruhe bringen lässt, ist eine seiner grössten Stärken. Meistens vernimmt er nicht einmal etwas davon, und wenn doch, ignoriert er es. Oder postet auf Instagram ein Bild, dazu der Satz: «Je besser du wirst, desto mehr Neider lockst du an.»

Julien beim Mittagessen mit Kollegen: Er hat offensichtlich gute Laune, seine Begleiter sehen es lachend.

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ie Karriere von Julien Wanders, dieses Experiment, ist auch ein Balanceakt. Langstreckenlauf ist wahnsinnig trainingsaufwendig, gerade kenianischen Langdistanzläufern widerfährt es auffällig oft, dass sie als Teenager an die Spitze stürmen, sich dann verletzen und nie zurückkehren. Besonders im Marathon werden die Bes­ ten immer jünger, was vor allem daran liegt, dass es auf der Bahn im Gegensatz zu früher kaum noch etwas zu verdienen gibt. Wer wegen des Geldes läuft, kon­ zentriert sich heute von Anfang an auf die Strassenrennen, ist dann aber früher ausgelaugt. Das ist der Vorteil, den Wanders ­gegenüber vielen Kenianern hat: Er rennt ohne finanziellen Druck. Das ideale Mara­ thonalter erreicht man in den späten Zwanzigern, vorderhand gilt sein Augen­ merk den Bahnrennen, auch diesen Som­ mer. Seine Inspiration sind – natürlich – die Grossen: Kenenisa Bekele, Mo Farah, Haile Gebrselassie. Sie alle waren zuerst herausragende Bahnläufer, ehe sie zum Marathon wechselten. Julien Wanders auf Instagram: @julien_wanders

Mahlzeit: Kohl mit Zwiebeln und Gewürzen – heisst «sukuma wiki».

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Nichts schmeckt süsser als ein Sieg Daniela Ryf ist die erfolgreichste Triathletin der Gegenwart. Ihre Dominanz in der Ironman-Welt verdankt die 32-jährige S ­ olothurnerin nicht zuletzt der Erkenntnis, dass sie bei allen Strapazen nicht auf den Genuss ver­ gessen darf. Hier verrät sie ihr Ernährungsprogramm. Text HANNES KROPIK

Eine Tasse schwarzer Kaffee genügt. Daniela Ryf startet die erste ihrer drei täglichen Trainingseinheiten bewusst auf nüchternen Magen. Und dabei ist es egal, ob ein zweistündiger Morgenlauf, ein intensives Schwimmtraining oder eine harte Krafteinheit auf dem Plan steht. «Es ist gut, den Körper ab und zu in ein Defizit zu bringen», erklärt die erfolgreichste Triathletin der Gegenwart. Dieser Verzicht auf Nahrung ist selbst schon Teil des Trainingsprogramms; der Körper soll lernen, auch ohne Zufuhr von Kohlenhydraten – also von Energie – effizient zu arbeiten: «Du kommst bei jedem Rennen unweigerlich in die Situa­ tion, dem Körper nicht mehr ge­ nügend Kalorien zuführen zu können. Deshalb trainiere ich auf diese Weise meinen Zellstoffwechsel – und natürlich, weil es einen emo­ tionalen Nutzen bringt: Wenn du wirklich leer bist, schmeckt das Frühstück viel besser.»

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Die Solothurnerin, die Ende Mai ihren 33. Geburtstag feiert, ist das internationale Aushängeschild des Triathlon-Sports auf der Mittelund der Langdistanz. Vier Siege bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf ­Hawaii (über eine Distanz von 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen) hat sie ebenso vorzuweisen wie fünf Weltmeistertitel in der über die halbe Distanz ausgetragenen 70.3-Serie. 2015 und 2018 wurde Daniela Ryf zur Schweizer Sportlerin des Jahres gekürt. Dabei verdankt sie ihre sportliche Dominanz nicht zuletzt der Erkenntnis, das ebenso ­persönliche wie sensible Thema der Ernährung einfach eine Spur entspannter anzugehen als noch zu ­Beginn der Karriere. Daniela ist früh zum Sport gekommen, mit 14 hat sie ihren ersten Triathlon bestritten. «Etwa zu dieser Zeit habe ich – wie viele Frauen im Teenager-Alter – begonnen zu über­ legen, was ich warum esse. Man merkt in diesem Alter, dass auch aufgrund der Ernährung etwas in deinem Körper passiert.»

Ihr damaliger Coach hat ihr als Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 ein enges Ernährungskorsett geschnürt: «Es war eine ­Ex­tremerfahrung. Wir haben uns massiv aufs Gewicht fokussiert, und deshalb durfte ich zum Beispiel acht Monate lang kein einziges Stück Schokolade essen. Aber ich habe ­erkannt, dass dieser Weg un­ gesund für mich war – vor allem für meinen Kopf.» Denn natürlich ist ­jeder Körper anders, und nicht bei jedem Menschen funktioniert das gleiche Erfolgsrezept. «Ich habe heraus­gefunden, dass ich eine gewisse Balance brauche. Ich habe aber auch begonnen, auf Dinge zu verzichten, wenn sie zwar angeblich gesund sind, aber mir nicht guttun.» Deshalb stehen etwa Avocados, die als hervorragende Quelle für ungesättigte Fettsäuren und verschiedene Vitamine gelten, nicht mehr auf Danielas Speiseplan. «Ich bin nicht allergisch. Aber ich spüre, dass mein Magen sie nicht gut verträgt.» Auf Milch zum Frühstück ver­ zichtet Daniela ebenfalls: «Aber nicht wegen Laktoseintoleranz, sondern weil ich den Geruch der Milch im Müsli nicht mag.» Andere Lebensmittel, die man auf den ersten Blick nicht in den Händen einer Welt­ klasse-­Athletin vermuten würde, gönnt sie sich hingegen: «Ja, ich esse hin und wieder Chips oder Pommes. Natürlich kommt es dabei aufs rich­ tige Mass an. Und wenn die Zeit und die Begleitung passen, dann trinke ich gerne ein Glas Wein zum Essen.» Daniela erspart sich das Kalorienzählen – was man als figurbewusster Mensch wohl leicht machen kann, wenn man 30 Wochenstunden in konsequentes Training investiert

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IGNAZ KOENIG/RED BULL CONTENT POOL

Daniela Ryf


«Ich durfte monatelang keine Schokolade essen.» Daniela Ryf erkannte, dass dieser Verzicht für sie ungesund war.

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Daniela Ryf jubelt: Im September 2019 holte sie in Nizza ihren fünften WM‑Titel über die halbe Ironman-Distanz.

und bei einem Triathlon schon einmal an die 10.000 Kalorien verbrauchen kann. Lieber isst sie mit Genuss und kocht, wenn es die Zeit zulässt, selbst – wobei sie hier auf möglichst grosse Abwechslung achtet. Und doch dreht sich ihr Leben in erster Linie um den Sport und erst in zweiter ums Essen. «Da ich ja drei verschiedene Sportarten aus­ übe, ist mein Training entsprechend abwechslungsreich. Wenn ich nach dem Frühstück zum Beispiel eine weitere lange Trainingseinheit einlege, kann es passieren, dass ich erst um 15 Uhr zum Mittagessen komme. Grundsätzlich stehen bei mir aber jeden Tag drei Haupt- und zwei ­Zwischenmahlzeiten auf dem Programm. Ich esse eigentlich immer.»

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«Vor dem Rennen sind Ballast­stoffe tabu.» Dabei unterscheidet sie sehr genau zwischen Trainings- und Wettkampfmodus. In der Vorbereitung gibt es neben Pasta­gerichten sehr viel Gemüse, Vollkornprodukte, Obst und Salate. Zwei Tage vor dem Rennen geht es nur noch darum, den Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. In dieser Phase sind ballaststoff­ reiches Obst und Gemüse tabu: «Bei einem Wettkampf geht es nicht darum, gesund zu essen. Im Gegenteil: Man muss sich funktionell und möglichst einfach ernähren. Ballaststoffe etwa sind leeres Gewicht und können zu Magenproblemen führen.»

Im Rennen selbst vertraut sie auf kohlenhydrathaltige Flüssig­ keiten und bei Bedarf auch auf Gels: «Früher habe ich versucht, Energie über Cracker oder einen Riegel aufzunehmen. Aber ganz ehrlich: Es ist zu aufwendig, während eines Rennens auch noch zu beissen.» Neben ihrer aktiven Karriere hat Daniela aus Leidenschaft für Ernährung bereits ein «Food Science & Management»-Studium an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in ­Zol­likofen absolviert, «die Bachelor-­ Arbeit habe ich derzeit aber noch nicht am Radar». Das soll aber noch kein Hinweis auf den bevorstehenden Sport-Ruhe­ stand sein. Denn mit ihren knapp 33 Jahren ist Daniela Ryf noch lange nicht am Zenit für Ausdauersportler angelangt – selbst wenn es «schwierig wird, meine vergangenen fünf Jahre zu toppen. Aber ich glaube, dass ich das Maximum meiner Leistungsfähigkeit noch nicht erreicht habe. Es fasziniert mich, daran zu arbeiten; ich möchte sehen, wie weit ich mich noch entwickeln kann und was alles möglich ist.» Das grosse sportliche Ziel 2020 liegt wieder in Hawaii, wo sie beim wichtigsten Triathlon des Jahres 2015 bis 2018 viermal in Serie triumphieren konnte, zuletzt in Streckenrekordzeit von 8:26,16. Letzten ­Oktober gewann sie erstmals seit zwei Jahren ein Rennen nicht. Dass sie sich just an der Wiege des Ironman, wo traditionell um den Weltmeistertitel geschwommen, geradelt und gelaufen wird, mit Rang 13 begnügen musste, hatte Daniela bereits während des Rennens zu verarbeiten begonnen. «Ich hatte mir bei der Presse­konferenz ein paar Tage vor dem Start eine Magen-­Darm-­Grippe eingefangen. Das Rennen hat sich so angefühlt, als wäre ich mit meinem Wagen im ersten Gang auf der Autobahn unterwegs. Das Ergebnis war natürlich schade, aber es hat mich nicht geängstigt. Im Gegenteil, es motiviert mich, beim nächsten Mal wieder das Maximum heraus­ zuholen.»

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KEVIN SAWYER/RED BULL CONTENT POOL

Daniela Ryf


FLÜÜÜGEL FÜR IHREN SOMMER.

MIT DEM GESCHMACK VON WASSERMELONE.

NEU

BELEBT GEIST UND KÖRPER.


«Wir haben viel, viel Mut gebraucht. Trotzdem war es befreiend.» On-Mitgründer Caspar Coppetti, Jahrgang 1976, über die Mühen des Anfangs

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Caspar Coppetti

«Die Zukunft des Laufens ist weiblich» Von null auf sieben Millionen Käufer in der ganzen Welt – in nur zehn Jahren hat die Marke «On» den Markt für Laufschuhe revolutioniert. Gründer Caspar Coppetti über die Angst am Anfang, Mut als zentralen Wert und Winnetou als Beinahe-Paten. Text WOLFGANG WIESER  Fotos GIAN PAUL LOZZA

the red bulletin: Ist Laufen noch Spass oder schon Arbeit? caspar coppetti: Spass. Ist aber eine gute Frage. Früher bin ich Snowboard gefahren. Da war Laufen für mich tatsächlich ein Müssen, nie ein Dürfen. Dank der von uns ent­ wickelten Cloud-Technologie (für die Sohlen; Anm.) kann ich wieder schmerzfrei laufen – seither macht es mir grossen Spass. Gleichzeitig ist es auch der Sport, bei dem mit geringem Zeitaufwand viel erreicht werden kann. On-Mitarbeiter dürfen laufen, wann immer sie wollen. Du auch? Natürlich, ich war gerade über den Mittag draussen. Deshalb bin ich so entspannt. Es geht mir besser, nachdem ich laufen war. Beruflich reise ich sehr viel – an einem Tag bin ich in Korea, am nächsten in San Francisco, dann wieder in New York. Laufen hilft mir, trotz Jetlag gut zu schlafen.

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Laufen bleibt die Konstante. Genau. Daran halte ich fest. Das sind die Momente, in denen ich Zeit für mich habe. Was hat euch zum ersten Launch vor zehn Jahren die Sicherheit gegeben, dass On ein Erfolg wird? Überhaupt nichts. Am ehesten noch, dass wir ein besonderes Produkt hat­ ten, eine patentierte Technologie, die anders war, anders ausgesehen und sich anders angefühlt hat. Wir hatten die Hosen voll. Und haben viel, viel Mut gebraucht. Trotzdem war es für uns eine befreiende Zeit. Stimmt der Gründungsmythos von der Wanderung im Engadin? Ja, wir hatten uns im Engadin zu­ rückgezogen, um über die neue Geschäftsidee nachzudenken. Den zündenden Funken gab es aber nicht, also gingen wir wandern. Die Wanderung im Engadin war ent­ scheidend für die Gründung von On. Aus diesem Grund haben wir genau an diesem Ort, am Ursprung quasi, im letzten Jahr unsere eigens ent­ wickelte On Mountain Hut (eine Hütte für zwei Personen, die vollkommen autark funktioniert; Anm.) gebaut.

Warum neue Ideen ausbrüten? Ihr hattet doch alle gute Jobs. Das stimmt. David (Allemann; Anm.) war Marketingchef bei Vitra, Olivier (Bernhard; Anm.) Profi-Triathlet, und ich arbeitete für die Schweizer Kommunikationsagentur Young & Rubicam. Aber wir waren so über­ zeugt von der neu entdeckten Tech­ nologie, dass wir es einfach wagen wollten. Es war auch immer mein Traum, selbständiger Unternehmer zu sein. Vor zehn Jahren habt ihr den ersten Schuh, den Cloudsurfer, vorgestellt. Wie viele Menschen tragen heute On? Die Zahl wächst relativ schnell, aber es sind so gegen sieben Millionen. In wie vielen Ländern? Kaufen kann man sie in 55 … Weil wir mit der Schweiz einen kleinen Heimmarkt haben, sind wir am ersten Tag gleich in sechs Ländern gestartet. Heute sind die USA mit Abstand unser grösster Markt. Ge­ rade expandieren wir nach China. Wie hat die Konkurrenz reagiert? Sehr freundlich. Intern haben wahr­ scheinlich alle den Kopf geschüttelt. Mittlerweile nehmen sie uns doch ernst – weil sie uns schon im Rück­ spiegel sehen oder in Teilmärkten sogar von hinten. Für uns ist das – jetzt, wo wir halb erwachsen sind – Ansporn und Warnung zugleich, uns trotz des Erfolges einen offenen Geist zu bewahren. Wo ist On Marktführer? Wenn wir von Running-Schuhen reden, sind wir in der Schweiz ganz klar die Nummer eins, in Österreich vermutlich mit Asics ex aequo die Nummer eins, in Deutschland Num­ mer vier, in den USA auf Platz sechs.

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Caspar Coppetti

«Mit Roger Federer ist eine Freundschaft entstanden.»

Die On-Hütte: Platz für zwei, komplett autark

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Gibt es einen typischen Kunden? Eigentlich nicht – unsere Konsumenten sind sehr divers. Es sind ambitio­ nierte Sportler aller Levels, die unsere Technologie schätzen, genauso wie Hobbyläufer und Menschen, die allgemein aktiv sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Zukunft des Laufens weiblich ist. Es fangen deutlich mehr Frauen an zu laufen als Männer. On-Schuhe werden auch von designaffinen Menschen entdeckt. (Coppetti greift nach einem Schuh.) Das ist das Modell, das Dwayne «The Rock» Johnson bei einer Pre-Show zum Super Bowl trug.

dritten Oscar gewonnen hat und in On-Schuhen auf dem Cover von «Variety» zu sehen war. Er hat von uns Schuhe bekommen, in die drei goldene Oscars aufgestickt waren.

Das hat’s vermutlich gebracht … Ja, das war crazy! Ich selbst habe es erst bemerkt, als wegen der vielen Nachrichten mein Handy fast explodiert ist.

Warum heisst On eigentlich On? On hat für drei Wochen «Neon» geheissen. Wir hatten zuvor 800 Namen gesammelt. Die ärgsten waren «Winnetou» oder «Pfote».

Habt ihr euch schon bedankt? Wir haben es versucht, aber Herrn Johnson noch nicht erreicht. 2016 hatten wir eine ähnliche Situation, als Kameramann Emmanuel Lubezki für den Film «The Revenant» seinen

Winnetou hat’s vermutlich nur auf die Liste geschafft, damit ihr etwas zu streichen habt? Nein, «Winnetou» war schon einer der Favoriten, aber ich sag jetzt nicht, von wem. Jedenfalls war ich

Wenn ich auf deine Füsse blicke, sehe ich On-Schuhe … … immer die, die wir gerade entwickeln. Heute Mittag war ich mit einem Prototyp laufen, der erst im Herbst 2021 herauskommt. Wie lange braucht ihr für die Entwicklung eines Schuhs? Wenn wir schnell sind, zwei Jahre.

eines Morgens laufen. In der Strasse stand ein Lieferwagen einer Fernseh­ produktionsgesellschaft, und da stand gross «On Production» darauf. Das war sehr inspirierend! Unsere Cloud-Technologie aktiviert: Sobald du in die Schuhe steigst, bist du hellwach, du fühlst dich wie «eingeschaltet». «On» hat einfach gepasst! Wie ist es zur Beteiligung von ­Roger Federer bei On gekommen? Er hat angefangen, On zu tragen, nachdem er sich von Nike getrennt hatte. Wir waren ganz aus dem Häuschen, haben gesagt, lass uns mal sprechen. Eines Tages ist er tatsächlich vorbeigekommen. Wir haben uns drei Stunden unterhalten, über 18 Monate ist dann eine Freundschaft entstanden. Schliesslich hat er gesagt, ich finde gut, was ihr macht, ich kann euch aber noch helfen. Es ist unglaublich, wie viel Zeit er sich nimmt. Jemals an einen Verkauf gedacht? (Lacht.) Nein, nur wenn wir gefragt wurden. Aber nie ernsthaft. Wir ­leben ja einen Traum! Der wichtigste On-Wert? Der Explorer-Spirit. Den Mut haben, Dinge anders zu tun. on-running.com THE RED BULLETIN

ON/ANNE LUTZ & THOMAS STÖCKLI

Schuh-Jongleur mit Doktortitel: Caspar Coppetti



STYLING: SOO-HI SONG, HAIR & MAKE-UP: SARAH RABEL

Spuren des Lebens: Eine Narbe an Gelas Schulter erinnert an den schweren Sturz vor sechs Jahren.


Meine Auferstehung

Sie war auf dem Höhepunkt ihrer Karriere: 29 Jahre alt, erfolgreich als Bergsportlerin und Model. Dann stürzte GELA ALLMANN 800 Meter über einen Eishang in die Tiefe. Jetzt ist die bald 36-jährige WINGS FOR LIFE WORLD RUNBotschafterin wieder da – topfit und um eine Lebenserfahrung reicher: Du musst deinen Weg gehen, aber du musst ihn nicht allein gehen. Text DOMINIK SCHÜTTE Fotos FELIX KRÜGER

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he red bulletin: Gela, es ist knapp sechs Jahre her, dass dein Körper und dein Leben in Trümmern lagen. Du bist in Island einen Berghang hinuntergestürzt, 800 Höhenmeter tief. Hat sich deine Erinnerung daran im Lauf der Zeit verändert? gela allmann: Erstaunlicherweise nicht. Die Todesangst während des Sturzes; das Elend, als ich im Eis lag; die Schmerzen im Krankenhaus: Nichts hat mich so zerstört wie diese Zeit. Aber in meinem Leben habe ich auch von nichts so sehr profitiert. Ich habe die Endlichkeit des Lebens ­gespürt, aber auch erfahren, wozu der eigene Körper fähig ist. Wenn man Dinge so ­unfassbar intensiv und dankbar wahrnehmen will wie ich in den vergangenen Jahren, muss man zuvor vielleicht ganz tief fallen.

war dumm. Tatsächlich wäre es ein Zeichen von Stärke gewesen, umzudrehen. Das weiss ich heute. Stattdessen rutschst du ein 40 Grad steiles Gefälle hinab, wirst schneller und schneller … Dann kam ich in die Rotation und hatte das Pech, dass ich über eine Klippe raste, Kopf voran, Gesicht nach oben. Als ich nur noch Himmel sah, war mir klar: Jetzt erwischt’s dich. Dann – bumm! – war auch schon mein Knie kaputt, weil ich irgendwo dagegengeknallt bin. Immer mehr Knochen brachen. Aber ich spürte noch keinen Schmerz. Stattdessen wurde mir klar: Du hast keinen Helm auf. Jetzt ist gleich dein Kopf dran. Ich hatte nur noch einen Wunsch: Werd doch bitte bewusstlos! Den Gefallen tat dir dein Kopf aber nicht. Es war so brutal, dass mein Körper sicherheitshalber wohl ein bisschen auf tot geschaltet hat. Ganz kurz war es ganz ruhig und entspannt. Die Angst war weg. Dann lag ich in Gedanken im Garten meiner Eltern. Die Blumen blühten. ­Tatsächlich rutschte ich noch immer halbnackt über das Eis, es hatte mir einen Teil der Kleidung vom Leib gerissen. Dann wurde es flacher, der Schnee weicher, und irgendwie konnte ich den Fall mit letzter Kraft stoppen, wenige Meter bevor ich über eine Klippe in den eiskalten Fjord gestürzt wäre.

Es war nur ein falscher Schritt. Du bist bei einem Fotoshooting aus dem Tritt gekommen und einen vereisten Hang hinuntergerutscht. Dann kamen die Felsen. Deine Arme und eine Schulter wurden zerschmettert, beide Knie zerstört, ein Lendenwirbel brach. Du beschreibst das in deinem Buch nahezu un­erträglich plastisch. Wie erklärst du dir, dass du dich so gut erinnern kannst? Gefühlt waren es 20 Minuten, die ich stürzte. Tatsächlich waren es wohl eher zwei. Aber ich habe jeden Moment klar vor Augen. Am Anfang dachte ich: Easy, Gela, gleich stoppst du. Ich war ja in Bauchlage mit den Füssen voran weg­gerutscht. Das Problem war, dass ich keine Steigeisen an den Schuhen hatte. Mit denen ­hätte ich stoppen können. Dann wäre alles gut gewesen. War das Überheblichkeit? Du warst damals 29, erfolgreiche Bergsportlerin, ausserdem voll austrainiert. Es war Naivität. Ich war ja mit zwei Männern ­unterwegs. Die hatten offenbar wenig Bedenken. Ich hingegen hatte ein blödes Bauchgefühl bei dem Hang. Aber, wohl typisch Frau, ich wollte nicht die Miezi sein, die sich nichts traut. Das 48

«Man sollte sich um die Menschen in seinem Leben kümmern und nichts als selbstverständlich erachten.»


Aus dem Hilferuf wurde ein Freudenschrei: Gela steht wieder voll im Leben, stärker denn je.


Deine Begleiter fanden dich halbtot, mit ­grossflächigen Verbrennungen. Es folgte eine elendslange Wartezeit. Meine Retter waren auf Zack, aber in Island gibt es keine Bergrettung wie in den Alpen. Aus dem Helikopter mussten die Sitze aus­gebaut werden, damit du liegend trans­portiert werden konntest. Es hatte schon etwas gedauert, bis der Heli da war. Und dann flog er noch mal los, um einen Arzt zu holen. Ohne mich! Das war der Tiefpunkt. Ich dachte: Das geht nicht, das ­schaffe ich nicht mehr. Aber es ging eben doch. Und das bleibt mir als Haupterinnerung: Es geht immer! Heute bist du wieder sportlich aktiv. 2018 und 2019 bist du in München vor den 10.000 Startern des Wings for Life World Run gestanden, dem ­globalen Lauf-Event, dessen Erlöse der ­Rückenmarksforschung zufliessen. Du hast den S ­ portlern die Übungen für das Aufwärmen vorgezeigt. Hättest du das nach dem Sturz für möglich gehalten? Anfangs nein. Aber umso intensiver war es! Ich stand ja direkt über dem Startkorridor, unter mir waren tausende Läufer beim Aufwärmen und Dehnen. Man spürt, wie die Stimmung hochkocht. Das ist Kribbeln, totale Gänsehaut. Und selbst mitlaufen stand nicht zur Debatte? Ich wollte voriges Jahr laufen, habe mich dann aber doch nicht getraut. Mein Knie ist leider noch nicht stark genug. Aber deswegen gibt es mir so viel, zumindest beim Warm-up dabei zu sein und diesen besonderen Spirit aufzusaugen. Was bedeutet es für dich, Botschafterin des Wings for Life World Run zu sein? Es ist eine Ehre für mich. Ich weiss, was es heisst, wenn man aus dem Leben geknockt wird und nicht mehr gehen kann. Ich hatte das nur kurze Zeit, hatte keine Querschnittslähmung. Aber ich musste im Rollstuhl sitzen und weiss, wie sich das anfühlt. Laufen mit einer positiven Message und der Achtsamkeit für dieses Thema zu kombinieren – das ist einfach super!

hat. Der wichtigste Mensch aber war mein damaliger Freund Marcel. Wir haben uns getrennt, aber er spielt immer noch eine wichtige Rolle in meinem Leben.

Der Gedanke hinter dem Wings for Life World Run ist ja: Wir laufen gemeinsam, um denjenigen zu helfen, die nicht mehr ­laufen können. Wer hat dir nach deinem Sturz geholfen? Es brauchte jeden Einzelnen. Zunächst mal ­meine Begleiter, die mich gefunden haben. ­ Einer er­zählte mir, er sei überhaupt keine Bögen gefahren und habe keine Ahnung, wie er da heil runterkam. Dann der Fotograf, der die ganze Zeit meinen Kopf hielt, damit ich nicht allein war, der Heli-Pilot, der seine Kontakte spielen liess und die ganze Rettung organisiert

War es für eine Vollgasfrau wie dich besonders schwierig, bewegungsunfähig auf Hilfe an­gewiesen zu sein? Einerseits war es total schwer. Ich bin ein Mensch, der sich oft selbst auferlegt, dass er ­etwas muss, wenn er etwas kann. Wenn ich ­ einen Berg be­steigen kann, muss ich es auch tun. Nun lag ich im Krankenhaus und konnte – nichts. Also musste ich mich fallen lassen. Das war irgendwie auch schön. Natürlich gibt es demütigende Situationen, etwa wenn dir mit 29 der Hintern abgewischt werden muss, aber das ist dann halt einmal so.

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Alles hört auf ihr Kom­mando: Beim Wings for Life World Run in München leitete Gela das Warm-up.

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Hätte ein Mensch, der nicht so durchtrainiert ist, den Unfall überlebt? Ich kann nur wiedergeben, was die Ärzte sagten: Mein Bein war stundenlang ohne Blutversorgung, weil die Arterie gerissen war. Aber irgendwie ­haben meine Muskeln überlebt, und das lag wohl an meiner guten körperlichen Verfassung. Ander­seits geht es aber auch um ein Mindset, das vor allem Leistungssportler haben: immer daran zu glauben, dass noch etwas geht. Wenn du das nicht verinnerlichst, hast du bei einem solchen Unfall keine Chance. Also: Nein, die meisten Menschen hätten wohl nicht überlebt. Nun musstest du wieder auf die Beine ­kommen. Was hat dich aufgefangen und ­motiviert, als du wieder nach Hause kamst? Ich war in so guten Händen! Es kann für Patienten wie mich schwer sein, aus dem Krankenhaus rauszukommen. Klar will man nach Hause, aber es gibt so viele Fallstricke. Angefangen bei Versicherungsproblemen bis zur schlichten Frage:­Wie komme ich von A nach B? Das hätte ich nicht ohne Hilfe geschafft. Von meinem Sport­orthopäden über meine Rehatrainer bis zu meinem Physiotherapeuten. Alle haben verstanden, wie ich ticke – und sind auf mich eingegangen.

APPSOLUT EASY

Hol dir jetzt die Wings for Life World Run App und mach mit, wo immer du bist. So läuft’s.

«Ich dachte, ich könnte gar nicht schwanger werden. Aber auch das löste mein Körper für mich.» Heute läufst du sehr rund, gehst auch wieder auf Berge. Du bist Motivationsreferentin, ­moderierst und arbeitest wieder als Sport­ model. Mein berufliches Netzwerk war auch immens wichtig, um nicht abzustürzen. Mich haben also wirklich alle aufgefangen. Mein alter Arbeit­ geber fragte, ob ich weitermachen will. Meine Sponsoren blieben mir treu. In Sachen Netzwerk weiss ich heute: Man sollte sich um die Menschen in seinem Leben kümmern und nichts – wirklich gar nichts – als selbstverständlich erachten. Es gibt Aufnahmen deiner ersten Schritte auf Krücken. Im Hintergrund jubeln Menschen. Ja, da waren Freunde dabei. Ein wunderbarer Moment, aber es hat auch unfassbar wehgetan. Wenn dir das Blut wieder in die Venen läuft, fühlt es sich an, als würden dir die Beine platzen. Mit Schmerzen kann man mich jedenfalls nicht mehr schocken. Vier Monate nachdem du im Eis liegend den Garten deiner Eltern vor deinem inneren Auge gesehen hattest, konntest du dich tat­ sächlich dort in die Sonne legen. Ich könnte weinen, wenn ich nur daran denke. Wie wichtig war deine Familie? Sehr wichtig! Sie hat alles von mir weggehalten. Ich sollte mich darauf konzentrieren, gesund zu werden. Das war wichtig, aber man muss ­aufpassen, dass man nach der akuten Zeit rasch wieder seinen Weg geht. Musste deine Mutter dich ein zweites Mal ­loslassen? Haha, ich glaube, da tut sie sich bis heute schwer.

APP HERUNTER­ LADEN

Die Wings for Life World Run App ist im App Store und auf Google Play ­kostenfrei erhältlich. Nach dem Download kannst du dich ent­ weder per FacebookProfil oder E-Mail registrieren.

LAUFEN UND HELFEN

Über die App trai­ nierst du mit dem ­virtuellen Catcher Car und/oder meldest dich für den Lauf am 3. Mai an (100 % des Start­geldes fließen in die Rückenmarks­ forschung) und/oder spendest direkt an Wings for Life.

TEIL VON ETWAS GROSSEM SEIN

Am 3. Mai laufen ­tausende Menschen in aller Welt gemein­ sam und erfahren via App, nach wie ­vielen Kilometern sie vom virtuellen Catcher Car ein­ geholt wurden.

Du bist inzwischen aus dem Netz gekrabbelt, das dich aufgefangen hat, und bist mittler­ weile selbst Mama: Dein Sohn ist zwei Jahre alt. War die Schwangerschaft für deinen ­Körper ein Problem? Ich dachte ja, ich könnte gar nicht schwanger werden. Ich konnte ja kaum gehen, und dann noch der Lendenwirbelbruch! Aber auch das löste mein Körper für mich. Ich wurde schwanger, und ich war auch stark genug dafür. Ich hatte Sorge, dass mein Knie das zusätzliche Gewicht nicht würde halten können. Aber das Knie hielt. Es ging also. Es geht immer! Mehr über Gelas Buch und Infos zu ihren Auftritten als Speakerin findest du unter: gelaallmann.de

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STADTGESPRÄCH

Thomas Rottenberg, 51, und Martina Ebm, 38, ­tauschen sich bei ihrem Lauf durch ein morgend­ liches Wien aus.

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Hase und Igel

Die Wiener Schauspielerin MARTINA EBM läuft unbeschwert und frei. Ohne Stress, Musik oder Strategie. Autor Thomas Rottenberg läuft professionell. Mit Zeiten, Zahlen und Zielen. Ein Gespräch, in dem ziemlich unter­schiedliche Zugänge zum selben Thema aufeinandertreffen. Text THOMAS ROTTENBERG Fotos KONSTANTIN REYER


«Ich laufe, um den Kopf frei zu bekommen. Ich habe noch nie auf eine Uhr geschaut, um herauszufinden, wie schnell ich bin.»

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artina Ebm war anders. Anders als erwartet. Anders als all die Läuferinnen und Läufer, die ich in den letzten Jahren interviewt oder porträtiert habe. Das ist gut so. Auch für mich. Weil Lauf-Gespräche wie das mit der Wiener Schauspielerin erden. Weil solche Treffen Prioritäten und Relationen zurechtrücken. Martina Ebm ist eine leidenschaft­ liche Läuferin. Vor allem aber ist die dreifache Mutter als eines der TV-­ «Vorstadtweiber», als Ensemble­ mitglied des Wiener Josefstadt-­ Theaters und als junge «Alma» bei Paulus Manker in den letzten acht Jahren zu einer der grössten Stars der österreichischen Schauspielszene gewachsen. Eine, die aus der Masse hervorsticht. Ebms Laufen dagegen findet genau so statt wie bei hunderttausenden Läuferinnen und Läufern auch,

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der Basis des Volkssports Laufen: ­Unverkopft – weil voll Freude und Begeisterung. Einfach – weil der Antrieb aus Bauch und Herz kommt. Unverkrampft-ehrgeizlos – aber voll Leidenschaft, Hingabe und Seele. Unstrukturiert und unbedacht-gedankenlos, aber im positiven Sinn. Das ist gut. Sehr gut. Mit einem einzigen Nachteil: Läuferinnen und Läufer wie Martina Ebm sind sich ­ihrer Potenziale selten bewusst. Sie laufen und sind damit schon glücklich. Und staunen, wenn ihnen dann einer wie ich gegenübersitzt. Einer, der «professionell» übers Laufen ­redet. Einer, für den es um Technik, Material, Optimierung geht. Um Bewerbe. Um Streckenprofile. Um Zeiten. Und erst dann um das, was Laufen für Läuferinnen wie Martina Ebm bedeutet: ein­fache, pure Freude. Im Nachhinein erinnert mich unser Gespräch an das berühmte Märchen von Hase und Igel: Der Hase hetzt und hechelt und kapiert vor lauter Gerenne nicht, wieso der Igel so zufrieden ist. Obwohl es ganz simpel ist: Weil er, in dem Fall sie, einfach mit und aus dem Herzen läuft – und deshalb immer schon ­angekommen ist.


POWERFRAU

Martina Ebm, gefragte Schauspielerin und Mutter dreier Kinder, läuft täglich.


thomas rottenberg: Frau Ebm, wir tragen beide Sportgewand. Da klingt «Frau Ebm» komisch. Können wir per Du sein? martina ebm: (Lacht.) Okay, danke. Bist du schnell? Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Ich laufe, um den Kopf frei zu bekommen. Weil es mich glücklich macht. Als Ventil, als Ausgleich zu Beruf und Alltag. Ich ziehe die Schuhe an und laufe los. Ich habe noch nie auf eine Uhr oder eine App geschaut, um herauszufinden, wie weit ich komme oder wie schnell ich bin. Das ist mir völlig gleichgültig – so wie einem Kind: Kinder rennen einfach. Aber wenn sie erwachsen sind, verlieren sie diese Leichtigkeit. Die Frage nach der besten Marathon- oder Halbmarathonzeit … … erübrigt sich deshalb. Ich war noch nie bei einem Wettkampf. Das ist nicht mein Laufen. Ich laufe fast immer allein. Mein Begleiter ist der berühmte innere Schweinehund. Den mag ich. Darum laufe ich mit und nicht gegen ihn: Er fordert mich heraus – und ich stelle mich dieser Herausforderung fast jeden Tag. Ich bin süchtig danach, ihn jedes Mal zu besiegen. Eine Läuferin ohne Wettkampfdenken – und doch tauchen die Wörter «herausgefordert» und «besiegen» auf? Laufen ist für mich Mittel zum Zweck. Es gibt meinem Leben Struktur, denn ich muss es einplanen. Ich sage zu viel zu vielen Aufgaben zu oft «ja» – schaffe es dann aber trotzdem irgendwie. Das braucht Diszi­ plin, Routinen und Struktur.

«Wenn ich nicht laufen kann, komme ich mir vor wie ein eingesperrtes Tier, wie ein Tiger in einem zu kleinen Käfig.»

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Um den Kopf frei zu bekommen? Genau, denn es geht mir beim Laufen ums Nachher – ich bekomme den Kopf frei, bin danach gut gelaunt, energetischer und produktiver. Laufen ist wichtig für mein Selbstwertgefühl, für mein Selbstbild: Wenn ich nicht laufen kann, komme ich mir vor wie ein eingesperrtes Tier, wie ein Tiger in einem zu kleinen Käfig. Mein Körper schreit: «Ich muss raus.» Laufen ist das Ventil, der Druckausgleich. Und gleichzeitig Meditation – die Ruhe lehrt mich, dankbar zu sein. Dankbar auch dafür, dass ich überhaupt laufen kann. Laufen ist so einfach, aber doch nicht selbstverständlich. Kann man gleichzeitig Dampf ablassen und Energie aufnehmen? Physikalisch ist das eigentlich ein Widerspruch. Leben heisst nicht nur «entweder oder», sondern oft «sowohl als auch», Yin und Yang – das Laufen gibt mir einerseits Energie, reduziert Druck und Spannung und hilft mir andererseits, Ruhe und Balance zu finden. Und das gleichzeitig – besser geht’s eigentlich nicht, oder? Wie darf ich mir das vorstellen? Passiert das im Kopf? In den ­Beinen? Unterwegs? Ich laufe intuitiv – und grundsätzlich ohne Musik. Ich höre und achte auf meinen Körper, will den Kopf zum Schweigen bringen. Das ist jeden Tag aufs Neue eine spannende Übung und hat auch viel mit meiner Arbeit zu tun: das Abstellen von Gedanken. Das Nur-Sehen, das Nur-Wahrnehmen und das Nicht-Werten und Nicht-Interpretieren. Das kann und muss ich danach ohnehin. Aber wenn ich l­ aufe, geniesse ich die Faszination des Aufnehmens, des Sehens und des Schweigens. Es gibt Menschen, die diese Stille im Kopf, den Verzicht auf Action und Ablenkung als langweilig empfinden. Menschen, für die Laufen «Bummbummbumm» machen muss … Mag sein. Aber ich geniesse das ­Gefühl, Herrin meines Geistes zu sein. Das ist der Unterschied zwischen Langeweile und Meditation

Martina Ebm

wurde am 24. Februar 1982 in Wien geboren und wuchs in der Salzkammergut-Gemeinde Mondsee auf. Als Schülerin war sie Turnerin und Judo-Junioren­ meisterin. Gelaufen ist sie immer schon. 2011 stieg sie als «Alma» ­unter Paulus Manker in die erste Liga der heimischen Schauspielszene auf. Seit 2014 ist Ebm Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt und der Wiener Kammerspiele. Von 2015 bis 2019 war sie ­eines der «Vorstadtweiber» in der gleichnamigen TV-Serie, 2019 wurde sie dafür für den Publikumspreis «Romy» nominiert. 2018 spielte Ebm in der ORF/ARD-­Komödie «Dennstein & Schwarz» eine Hauptrolle. Die zweite Folge kommt 2020. Im Theater an der Josefstadt spielt sie in «Geheimnis einer Unbekannten» und in den Kammerspielen in «All about Eve». Sie ist Mutter von drei Kindern, das jüngste kam 2019 zur Welt.

3 zentrale Rollen 2011, die «Alma» von Paulus Manker: «Das war Theater, wie ich es mir immer gewünscht habe. Direkt und unmittelbar mit dem Publikum. Sie Schauspieler müssen sich mit ganzem Herz und ganzer Seele darauf einlassen.» 2013, Harald Sicheritz’ Verfilmung von «Bad Fucking»: «Mein erster Kinofilm. Ich erinnere mich gerne daran, wie viel Vertrauen man mir geschenkt hat, was für Möglichkeiten sich mir dadurch geboten haben.» 2014, Theater in der Josefstadt: «Dort vor allem die Rolle der Sabina Spielrein in Christoph Hamptons ‹Eine dunkle Begierde›. Sabina Spielrein war die für mich spannendste Figur, die ich bisher spielen durfte. Die Proben waren intensiv, und jede Vorstellung war emotional aufwühlend.»

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«Ich höre auf meinen Körper, will den Kopf zum Schweigen bringen. Das ist jeden Tag eine Übung: die Gedanken abstellen.» – und es ist ja nur der Kopf, nur ein Teil. Der Körper arbeitet ja. Der ist voll a ­ usgelastet. Dem Körper, den Beinen ist keine Sekunde langweilig. Laufen hat aus meiner Sicht meh­ rere ­Komponenten  … … die da wären? Da ist zum einen alles, was man sich selbst durch Bewegung Gutes tut, aber wieder auch sehr viel Lernen. Über die Jahre lernt man gerade beim Laufen, Veränderungen des Körpers zu erkennen – und hinzu­ nehmen. Gerade als Frau: Eine Ge­ burt ändert alles – auch körperlich. Man lernt dann auch durch das Lau­ fen, mit diesen Veränderungen um­ zugehen. Manches zu akzeptieren, aber auch, woran und womit man arbeiten kann: nicht nur wenn es um Leistung, Belastung oder Optik geht, sondern auch mit grundlegend veränderten Prioritäten. Das ist et­ was Wunderbares. Ich sehe jetzt vor meinem geistigen Auge eine Frau, die über weite Dünenlandschaften läuft oder dramatische hohe Klippen entlangjoggt, die den Blick aufs Meer geniesst oder auf eine weite, sonnige Wiese mit Bergen im Hintergrund. Idylle pur … … ganz falsch! Ich wohne mitten in Wien. Ich bringe meine Kinder jeden Tag in den Kindergarten und laufe dann. Durch Prater und Au­ garten oder kreuz und quer durch die Stadt, einfach drauflos, um sie zu erkunden. Das ist spannend, und ich entdecke viel. Ich habe mir an­ gewöhnt, beim Laufen nach oben zu sehen. Die meisten Leute schauen geradeaus oder nur auf den Boden. Da übersieht man, wie schön das Rundherum ist. Auch in der Stadt!

URBANE HEIMAT

Beim Laufen lässt sich der Sinn für Plätze, Bilder und Momente schärfen. THE RED BULLETIN

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WETTKAMPFLOS

Keine Uhr, keine App: Was zählt, sind Leichtigkeit und Freiheit beim Laufen.


Du lernst deine Heimatstadt also laufend besser kennen. Absolut. Man lernt, die Umgebung wieder bewusster wahrzunehmen. Man ist langsam genug, um Mo­ mente, Details und Szenen zu sehen, die einem beim Vorbeifahren nie auffallen würden. Ich entdecke oft Plätze, die ich sonst nie gefunden hätte, Plätze, zu denen ich zurück­ kehren kann. Und? Tust du das? (Lacht.) Sagen wir so: Ich weiss immerhin, dass es sie gibt – und das wüsste ich ohne das Laufen nicht. Du läufst wirklich jeden Tag? Ja, ausser auf Dreh – da geht es sich manchmal nicht einmal in der Früh aus. Und am Abend fehlt dann sogar mir die Energie. Und wie lange läufst du? Meistens etwa eine Stunde. Eigent­ lich würde ich gerne länger und weiter laufen, aber das funktioniert nicht. Keine Ahnung, wieso. Dann wechsle ich jetzt einmal die Rolle, okay? Vom Interviewer zum Auskenner. Du läufst seit Jahren täglich gleich schnell, gleich lang, gleich weit. Das ist toll. Nur trickst dich – vereinfacht gesagt – dein Körper dabei aus: Er hat exakt ­diese Belastung perfekt gelernt. Anderes kennt er nicht. Und er sagt: «Anderes kann ich nicht!» Du musst ihm nur beibringen, dass auch a ­ ndere Muster Spass machen. Wie gesagt: Ich bin mein ganzes Leben immer einfach losgelaufen, ohne über Training, Theorie oder Technik nachzudenken … … und das ist absolut richtig so, solange es dich glücklich macht. Nur das zählt. Aber wenn du mehr willst, genügt meist ein kleiner Programm- und Rhythmuswechsel – bei gleichem Zeitaufwand.

«Mein Begleiter ist der innere Schweinehund. Den mag ich. Ich bin süchtig danach, ihn zu besiegen.»   59


«Laufen ist wie Theater. Es geht ums DaraufHinarbeiten. Um Angst und Anspannung, bevor der Vorhang hochgeht.»

Tom Rottenberg

wurde am 25. Februar 1969 in Wien geboren. In seiner Familie und seiner Jugend hatte Sport keinen Stellenwert. Rottenberg ist Buchautor, Moderator und Journalist. Für die Moderation von «Litera­ TOUR» bei Servus­T V wurde er 2012 für eine Romy nominiert. 2010 sagte ihm ein Ortho­pä­ de, dass er nie länger als 10 Mi­ nuten schmerzfrei ­laufen wer­ de. 2014 lief er den ersten Mara­ thon. Seitdem erscheint in der Tageszeitung «Der Standard» «Rotte rennt», Österreichs meistgelesene Laufkolumne.

Mein erster Trainer, Michael Buchleitner (u. a. Veranstalter des Wachau-­Marathons und sportlicher Organisator des Wings for Life World Run; Anm.) hat mir einmal gesagt: «Wer vier Stunden spazieren gehen kann, schafft auch einen Marathon.» Ich kann endlos wandern! Eben. Buchleitner sagt weiters: «Man darf nur nicht versuchen, schnell zu sein.» Darum geht es: das, was meist schon da ist, vernünftig anzusprechen und strukturiert abrufbar zu machen. Du konntest ja auch schon sprechen, bevor du Schauspielerin geworden bist. Du hast lediglich Werkzeug und Technik perfektioniert. Klingt das vertraut – und spannend? Das klingt super verlockend. Und tatsächlich ein wenig nach Theater. Auch da ist der Weg zum Ziel fast am spannendsten. Eine Idee. Ein Plan. Das Wollen. Das systemati-

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3 zentrale Sportmomente 2017, New York Marathon: «Als Begleitläufer des blinden Ex-Paralympic-Athleten HansEwald Grill höre ich eine Stimme von hinten: ‹Tom? Is this you?› Es ist Kathrine Switzer: 1967 lief sie in Boston als erste Frau ei­ nen Marathon – eine ­Ikone. Sie umarmt Hans-Ewald: ‹Lass dir von niemandem sagen, dass du etwas nicht kannst.›» 2018, Ironman Wörthersee: «Die letzten Meter der Schwimmetappe beim ersten Ironman: 3,8 Kilometer im ­Wasser; zwei Jahre davor schaffte ich mit Mühe und Atemnot 25 Meter.» 2020, Eilat Desert Marathon: «Israel, der Negev – die Wüste im Süden. Hier versteht man, wieso die Wüste Visionen be­ feuert: In der Leere trifft man auf sich selbst, erkennt, was wichtig ist. Wie Veranstalter Ofer Padan: ‹Hier laufen 30 Na­ tionen – nur unsere Nachbarn nicht. Ich träume davon, dass wir über die Grenzen laufen, weil endlich Frieden herrscht.›»

sche Darauf-Hinarbeiten – Proben sind ja Training. Die Nervosität. Die Anspannung. Und dann die Angst, unmittelbar bevor du auf die Bühne trittst. Aber dann, wenn es so weit ist, weisst und spürst du eines ganz genau: Das hier, das bin ich.

A

n dieser Stelle tauschen wir die Rollen endgültig. Martina Ebm interviewt jetzt mich: Was ich mit «Lauf-Abc» meine (Lauftechnik). Wieso ich sage, dass man gute Läufer hört, weil man sie nicht hört (weil sie nicht hart auf der Ferse, sondern auf dem Vor- oder Mittelfuss landen). Ob ich wirklich drei Stunden über einen Laufschuh reden könne (ja, sogar Tage!). Wie das mit der Zeitnehmung bei einem «normalen» Lauf mit tausenden Leuten (Startblöcke, Netto- und Bruttozeitnehmung) und dem Überholtwerden durch ein «Catchercar» beim Wings for Life World Run ist. Ob sie wohl dafür stark genug ist … und so weiter. Die Leute um uns herum lächeln. Der Fotograf, die Visagistin, die Produktionsleiterin: «Na, ist da jemand auf den Geschmack gekommen?» Das kommt anerkennend. Als Gratulation. Martina Ebm schaut mich fragend an. «Was meinst du? Wäre das was für mich?» Ich bin unschlüssig. Wenn man Laufen aus der Selbst­optimierer-, Zahlenpoliererund Startnummernsammlerperspektive sieht, dann natürlich. Nur stellt sich dann die Frage, ob man dann noch so laufen kann, wie Martina Ebm läuft: unbeschwert, einfach, frei. Und im Grunde meines Herzens ­beneide ich sie darum.

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INNOVATOR Der Roboter­anzug mit Motoren an Hüften und Knien lässt Quer­ schnittsgelähmte wieder gehen.

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Diese Idee E macht Beine Kleine Schritte mit grossen Folgen: Mit einer bahnbrechenden Technologie lässt der Wiener Gregor Demblin, 42, Querschnittsgelähmte wieder gehen.

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kso GT™. Was schwer auszusprechen ist, steht für schier Unglaubliches. Die vom US-Unternehmen Ekso Bionics so benannte Entwicklung – eine Art Roboteranzug, der über der Kleidung getragen wird – erlaubt Querschnittsgelähmten dank kleiner Motoren wieder eine Fortbewegung zu Fuss. So wie Gregor Demblin. Der Wiener, querschnitts­ gelähmt seit einem Bade­un­

Die Therapie mit dem Exoskelett ist gut für Kreislauf, Organe und Psyche.

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Lernen von Pionieren In unserem neuen Podcast erklären Gründer, Forscher, Sportler und Musiker ihre Erfolgs­­re­zepte – und geben Tipps für den Alltag.

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acebook-Chefin Sheryl Sandberg fördert Talente mit grossem Einfühlungsvermögen, Amazon-Boss Jeff Bezos verfolgt seine Ziele mit einzigartiger Beharrlichkeit: Menschen, die unsere Welt neu erfinden, haben Stärken entwickelt, von denen jeder lernen kann – wenn man sie nur richtig danach fragt. Genau das haben wir uns mit unserem Podcast «INNOVATOR Sessions» vorgenommen. Darin sprechen Journalistin Laura Lewandowski und Unternehmer und Designer Flemming Pinck mit Gründern, Forschern,

Zwei Ideen aus Grossbritannien, die auch dich bald schneller und sauberer machen.

Gregor Demblin nach den ersten Schritten seit 25 Jahren

fall, war nach ersten Schritten mit dem Exoskelett zu Tränen gerührt. Dieses Gefühl wiedergewonnener Freiheit wollte er weitergeben. Mit zwei Freunden gründete er 2018 die Firma tech2people und brachte den 150.000-Euro-Gehbehelf nach Österreich: In Wien hat Demblin damit mittlerweile ein T ­ herapiezentrum für mobilitätseingeschränkte Menschen aufgebaut. tech2people.at

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INNOVATOR Sessions: Ab jetzt jeden Montag überall, wo es Podcasts gibt

DEIN COACH IM OHR Die erste Fitness-App mit eigenständiger App für die Apple Watch ­liefert Trainingspläne (Laufen, Dehnen, Kraft) von Topathleten und Coaches zum Anhören. eastnine.fit

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«Es war un­ glaublich. Ich konnte meinen Mit­menschen auf Augenhöhe begegnen.»

DUSCHE ON DEMAND Die App bietet eine Übersicht über Partner-­ Fitness-Studios und ­-Hotels, in denen sich alle Zur-Arbeit-Läufer ­duschen können. Vorerst nur für London, bald für weitere Städte. runfriendly.com

Sportlern und Musikern über die Rezepte hinter ihrem Erfolg. Das Besondere: Alle Gäste bringen drei konkrete Tipps mit, was du von ihnen lernen kannst. Dazu verraten sie ihre wichtigsten Tools und Inspira­tionsquellen. Als einer der ersten Gesprächspartner der ­INNOVATOR Sessions verrät der deutsche T ­ riathlet Sebastian Kienle, wie du mit Technologie deine Ausdauer steigerst – die ideale Beschallung also für deine nächste Laufrunde!

Zwei neue Stimmen für den Innovator: Flemming Pinck und Laura Lewandowski befragen die Podcast-Gäste.

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5-M IN U TE N-C OACH

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SO FÄNGST DU MIT DEM L AUFEN AN

Achtung, fertig …

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Triathlet, Ironman, absoluter Top-Athlet: Sven Riederer, 39, erklärt, wie du dein Training so gestaltest, dass du für immer Bewegung in dein Leben bringst.

Der Anfang ist ganz einfach

Hör auf deinen Körper

Das Schöne am Laufen: Es ist das Natür­ lichste auf der Welt. Und du kannst es überall tun. Du brauchst dafür kaum Equipment. Es ist egal, ob du arm oder reich bist, alt oder jung. Laufen kann jeder. Der Anfang ist ganz einfach. Selbst wo du läufst, ist mehr oder weni­ ger egal. Natürlich ist es angenehmer, im Wald auf weichem Untergrund unter­wegs zu sein, aber auch Asphalt in der Stadt ist okay. Je härter der Boden, desto wichtiger sind die richtigen Schuhe. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich dafür zu einem Fach­ händler zu begeben – dort bekommst du die Schuhe, die perfekt zu deinen Bedürfnissen passen. Probier einfach verschiedene Modelle aus. Es reicht beim Probieren nicht, auf und ab zu gehen. Du musst schon ein paar hundert Meter darin laufen, um ein echtes Gefühl dafür zu entwickeln – in einem coolen Running Shop wird das nie ein Problem sein. Übrigens: Es ist nicht immer der Schuh der ge­ eignetste, der am schönsten aussieht.

Wenn du bei jedem Wetter laufen willst, ist es vielleicht nicht die beste aller Ideen, in eine alte Trainingsjacke zu schlüpfen. Möglich ist es schon, weil grundsätzlich fast alles geht, aber die angenehmste Lösung ist es sicher nicht. Mit passender Kleidung – einem Windstopper, Handschuhen und Stirn­ band – macht Laufen jedenfalls be­ deutend mehr Spass. Achte auf die Signale deines Körpers – nicht nur bei der Kleidung, s­ ondern überhaupt. Du wirst schnell spüren, wenn du es übertreibst. Tatsächlich ist das Laufen, wenn man es mit den beiden anderen Triathlon-­Disziplinen ­Velofahren und Schwimmen ver­ gleicht, die Sportart mit dem höchsten Verletzungsrisiko. Bei Einsteigern ist die grösste Ge­ fahr, dass sie zu schnell und zu lange laufen, obwohl sich Sehnen und Mus­ kulatur noch nicht so ans Laufen ­«gewöhnt» haben, wie es sein sollte. Ich empfehle deshalb, bewusst lang­ sam zu starten.

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Ich war mehr als 15 Jahre professionel­ ler Leistungssportler. Bereits mit 12, 13 Jahren habe ich mit dem Triathlon begonnen. Für mich war das die per­ fekte Sportart. Ich wäre nie ein TopSchwimmer, ein Top-Läufer oder ein Top-Velofahrer geworden – es war die Kombination, die es ausgemacht hat. Was du dir von einem Profi wie mir abschauen solltest, ist die Regel­ mässigkeit. Trainingstechnisch und für die Motivation ist es einfach gut, wenn du weisst, dass du beispielsweise am Dienstag und am Samstag deine Lauf­ trainings hast – und dann auch raus­ gehst, wenn es stürmt oder schneit. Wenn du regelmässig trainierst, baust du deinen Körper auf, deine Fit­ ness wird besser – Laufen wird dir so mit jedem Tag mehr Spass machen. 30 Minuten zweimal in der Woche ­reichen für den Anfang. Steigere dich langsam. Mehr als eine Stunde für ­einen Einsteiger empfehle ich nicht. Wenn dich das Laufen zu sehr an­ strengt, darfst du zwischendurch auch ruhig gehen. Um dein persönliches Tempo zu fin­ den, ist es gut, anfangs allein zu laufen. Falls du lieber mit einer Freundin oder einem Freund unterwegs bist, hilft dir eine bekannte Faustregel: Solange du dich während des Laufens gut unter­ halten kannst, liegst du richtig.

03:27 THE RED BULLETIN

EGELMAIR.CH

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WOLFGANG WIESER

Regelmässigkeit ist Trumpf


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Wenn die Lust auf Wett­be­werbe kommt

Top-Triathlet

«Achte auf die Signale deines Körpers – du wirst spüren, wenn du es übertreibst.» Sven Riederer

Sven Riederer, Jahrgang 1981, hat im Vorjahr seine Karriere als Triathlet (Olympiadritter, Europameister) beendet. Mit seiner Firma MooveMee organisiert er u. a. die Schweizer Triathlon-Serie (Verbier, 12. bis 14. Juni; Spiez, 26. und 27. Juni; Sempachsee, 4. und 5. Juli; Uster, 18. und 19. Juli). Er vertreibt Triathlon-Kleidung und widmet sich aktuell dem Aufbau der «Fabrik 11», einer 3 000 m² grossen Sporthalle am Bahnhof Stettbach (Zürich) mit einem Coworking-Space im ersten Stock. Letzterer wird bereits im Juli fertig sein, der offizielle Betrieb in der Sport­ halle startet im November. moovemee.ch

Laufen ist eine sehr individuelle An­ gelegenheit. Manche laufen zum Bei­ spiel lieber mit Musik als ohne. Ich war immer der Ohne-Typ, weil ich die Natur wahrnehmen wollte, in der Stadt kann es aber cool sein, mit seinen Lieblings­ liedern im Ohr zu laufen. Falls du irgendwann doch Lust auf Leistungsbewerbe bekommst, denk bitte nicht gleich an einen Marathon, auch wenn das viele tun. Beginn mit einem Volkslauf. Wenn du daran Freu­ de hast, kannst du dich auf mehr vor­ bereiten, indem du einem Laufverein beitrittst, einen Trainer organisierst oder Trainingspläne online entdeckst. Ich war am Schluss meiner Karriere so müde, dass ich die Schnauze voll hatte vom Training. Nach eineinhalb Monaten habe ich aber festgestellt, dass es ohne nicht geht. Ich bin produk­ tiver, wenn ich laufen gehe, habe mehr Energie. Ich fühle mich einfach besser – geistig und körperlich. Wir Menschen sind einfach für die Bewegung gemacht. Und darum geht es schlussendlich: Bewegung ins Leben zu bringen.

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HerkulesAufgaben Beantworte eine einzige Frage, und du schaffst alles, was du willst – deinen ersten Marathon zu laufen ebenso wie deine Selbstzweifel oder eine schwere Krankheit zu überwinden. Ein Zaubertrick aus einer griechischen Sage? Nein. Das Credo von Navy-SEALs-Trainer MIKE McCASTLE. Text MAUREEN O’HAGAN  Fotos CAMERON BAIRD

Mike McCastle, 32, wälzte einen 125-Kilo-Reifen über 20 Kilometer. Das ist Weltrekord. Und so sieht es aus, wenn er im Training nichts dem Zufall über­lassen möchte.

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Sanfter Riese: McCastle ist der Philosoph der Strongman-Szene.


«Wenn du für dich den Sinn einer Aufgabe definieren kannst, dann wirst du sie bewältigen, egal was auch kommt.»

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er schon mal bei Regen, Glatteis oder nachts mit der Stirnlampe laufen gegangen ist, kennt das: Stirnrunzeln, skeptische Blicke, ein amikal-spöttisches «Na, Sie müssen ja verrückt sein». Mike McCastle, 32, hat den Satz schon so oft gehört, dass er ihn gar nicht mehr wahrnimmt. «Ich bin nicht verrückt», sagt er. Dass er im Krankenhaus landete, als er am Rekord für die meisten Klimmzüge in 24 Stunden scheiterte? Nicht verrückt. Dass er einen 2‑Tonnen-Truck über 35 Kilo­meter durchs Death Valley zog? Nicht verrückt. Ebenso wenig verrückt: ein 6-Meter-Seil so lange rauf- und runter­ zuklettern, bis er die 8848 Höhenmeter des Mount Everest beisammenhatte. Die Strongman-Challenges sind Teil einer Lebensaufgabe, die McCastle das «Twelve Labors Project» nennt. Die Ähnlichkeit mit antiken Vorbildern ist kein Zufall. Sie sind eine Hommage an die zwölf Aufgaben des Herakles (lat.: ­Hercules), des griechischen Halbgotts. McCastle ist gut dafür gerüstet: 1,89 Meter gross, 102 Kilo schwer, eine menschliche Maschine. Doch hinter all den Muskeln steckt ein feinsinniger Charakter. Ein Mann, der genau überlegt, was er tut – und vor allem, warum er es tut. «Das ist die wichtigste Frage der Welt: Warum?», sagt er. «Wenn du dir selbst schlüssig beantworten kannst, warum du

etwas tun möchtest, wenn du für dich den Sinn einer Aufgabe definierst, wirst du sie bewältigen, egal was kommt.» Was ist Mike McCastles Warum? «Da muss ich», sagt er, «ein bisschen ausholen.»

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cCastles «Twelve Labors Project» begann mit einem selbstlosen Gedanken. «Ich wollte wissen, welche Opfer ich selbst für andere zu bringen bereit war.» Opferbereitschaft ist ein wesentlicher Teil der US-Militär-DNA. Und McCastle hatte die Werte der Truppe ausgiebig verinnerlicht: Er war direkt von der Highschool zur Navy gegangen, diente die meiste Zeit seiner elf Jahre dort als Fluglotse und machte sich als Mental- und Konditionstrainer in einem Ausbildungsprogramm der Navy SEALs einen Namen. Für sein «SEAL + SWCC Scout Team» gab es nach 9/11 dringenden Bedarf: Bis zu 80 Prozent der Teilnehmer scheitern an der Ausbildung und sehen das begehrte SEAL-Trident-Abzeichen nicht einmal von weitem. Doch was ist der Grund dafür? Pure Biologie. In Stress- und Angstmomenten übernimmt die Amygdala, unser Angstzentrum, die Kontrolle. Sie verwandelt unsere hochgerüstete Schaltzentrale in ein prähistorisches «Reptiliengehirn». Was evolutionstechnisch ge­ sehen super ist, wenn man gerade vor einem Säbelzahntiger flüchten muss. ­Unseligerweise reagiert unser Körper aber auch bei extremen Anstrengungen   69


McCastles grösster Trumpf ist seine Willensstärke. «Mit ihr will ich andere inspirieren», sagt er.

wie dem SEALs-Training mit jenem Über­ lebens­instinkt, der ihn vor Tiger-Angriffen ­retten soll: galoppierender Puls, Tunnel­blick, Hörverlust. Die Folge: Der bewusste Teil des Gehirns, in dem der Wunsch geformt wurde, Navy SEAL zu werden, meldet sich ab. Und dem Reptiliengehirn sind Navy-­ SEALs-Ziele egal, es hat nur einen Punkt auf der To-do-Liste: überleben. Darum müssen SEALs lernen, sich in Extremsituationen nicht auf ihre Belastung zu konzentrieren, sondern auf den Grund, warum sie diese Belastung eigentlich auf sich nehmen: auf das ­Warum. Was uns zu McCastles Lieb-

«Für mich ver­ körpert Herkules die Geschichte jedes Menschen auf der Welt.» 70

lings-Warum zurückbringt: Nichts mo­ tiviert ihn so sehr, wie sich für andere einzusetzen. Im Dezember 2013 lief Mc­ Castle 50 Kilometer, um Spenden für die Kinderkrebsforschung zu sammeln. Damit die Auf­gabe nicht zu einfach wurde, zog er sich dafür eine 18 Kilo schwere Bleiweste an. Sie versinnbildlichte das Gewicht eines Kindes, das gegen Krebs kämpft. «Ich wuchs über mich hinaus, dabei ging es gar nicht um mich selbst.»

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in paar Monate zuvor hatte eine Zäsur in McCastles Leben statt­ gefunden. Er war SEAL-Anwärter und hatte das Okay für seinen Ausbildungsprozess in der Tasche. Seine Chancen auf eine Traumkarriere standen gut – bis er an einem Geländelauf am Lake Michigan teilnahm. Die Strecke führte durch eine tiefe Sandgrube. «Vor mir sprangen 20 Jungs in die Grube», er­ innert er sich, «als ich landete, spürte ichsofort, dass meine Knie im Arsch ­waren». Am Nachmittag waren beide Knie auf die Grösse von Zuckermelonen

an­geschwollen. Dennoch ging Mike zum Schwimmtraining. Doch sein Körper machte nicht mehr, was sein Geist wollte. »Ich wäre fast ertrunken», sagt er, «und musste aus dem Wasser gezogen werden». Die Diagnose: rechts Meniskusriss, links Kreuzbandriss. Ein missglückter Sprung hatte seinen Traum von der SEAL-Karriere zerstört. McCastle fiel in ein Loch. «Wenn du deine Identität auf einer einzigen Sache aufbaust», sagt er, «was bleibt dir dann noch, wenn du sie verlierst?» McCastle kehrte in seinen Job als Fluglotse zurück. Er fand sogar seinen Flow wieder. Aber in seinem Inneren war etwas kaputt­ gegangen. Er nahm beinah 20 Kilo zu, soff, suhlte sich in Selbst­mitleid. Gerade war er an seiner Base noch die Instanz in Sachen Fitness gewesen – und jetzt? Nur noch ein Schatten seiner selbst. Irgendwann begriff er, dass er neue Ziele brauchte. Sein erstes Ziel war der Lauf für die Kinderkrebshilfe. Dann hörte er von einem Kriegs­veteranen, der einen 24-Stunden-Welt­rekord für Klimmzüge aufgestellt hatte. McCastle schaffte ­damals keine zehn Klimmzüge mehr. So what? Mit dem richtigen Warum liesse sich das doch gewiss ändern. Und das Warum hatte er schnell gefunden: Er wollte damit eine Organisation für kriegsversehrte Soldaten unterstützen. An einem Julimorgen des Jahres 2014 ging er in einen öffentlichen Park und legte los. Nach 1200 Klimmzügen hing ihm die Haut in Fetzen von den Fingern. Ein Freund spülte die Wunden mit Wasser aus, legte frisches Magnesiumpulver auf, und McCastle machte weiter. Dann entzündete sich seine Bizepssehne. Er machte weiter. Sein Urin wechselte im Farbton zu Irish Whiskey. Er machte weiter. Nach 17 Stunden, bei Klimmzug Nummer 3202, konnte er sich nicht mehr auf der Stange halten. Er verpasste den Rekord um 800 Klimmzüge und musste wegen akuter Rhabdomyolyse ins Krankenhaus, das ist ein l­ ebensgefährlicher Gewebezerfall überstrapazierter Muskelfasern, der das Blut vergiftet und zu Nierenversagen führen kann. An seinem zweiten Tag im Krankenhaus klopfte ein Teenager an die Zimmertür. Der Junge sass im Rollstuhl und hatte einen schweren Eingriff vor sich. Aber als er McCastles Hand schüttelte, lachte er aus vollem Herzen. «Es war ihm egal, dass ich den Rekord verbockt habe», er­ innert sich McCastle. «Er wollte mir einfach nur sagen, wie sehr ich ihn inspiriert THE RED BULLETIN


Jede seiner HerkulesAufgaben dient einem guten Zweck.


hatte, sich für etwas einzusetzen.» In ­diesem Moment wurde McCastle eine Sache klar: «Selbst wenn ich am Boden bin, kann ich ein Vorbild sein und andere ­inspirieren.» Und er konnte sich auch ­inspirieren lassen – zum Beispiel von ­diesem Jungen, der alles andere als ein Rekordhalter war. Im Leben gibt es vieles, was sich unserer Kontrolle entzieht. Aber eine Sache, so McCastle, können wir kontrollieren: «Wir können entscheiden, ob wir auf die Prüfungen des Lebens konstruktiv oder destruktiv reagieren.» McCastle entschied sich für Ersteres – und versuchte herauszufinden, was bei seinem Klimmzug-Rekordversuch schiefgelaufen war. «Ich hatte mir eingeredet, für verwundete Veteranen zu kämpfen», sagt er. «Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, wollte ich nur meine Identität zurückhaben.» Es war das falsche Warum.

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erakles, der Halbgott der grie­ chischen Mythologie, tötete seine Kinder, nachdem Göttermutter Hera ihn in den Wahnsinn getrieben hatte. Als Busse diente er König Eurystheus zwölf Jahre und arbeitete zwölf nahezu unbewältigbare Aufträge ab – die Herkules­aufgaben. McCastle versteht die Sage als Parabel für Selbsterkenntnis. Als Chance, aus Fehlern gestärkt hervorzugehen. Denn Herkules trieb nicht seine Stärke an, sondern seine Entschlossenheit.

Sein Vater hätte gesagt: «Finde einen Sinn in allem, was du tust.» McCastle beschloss, sich auf ein neues Warum zu konzentrieren. Er wollte Menschen inspirieren. Indem er seine eigenen Grenzen überwand, konnte er vielleicht andere davon überzeugen, ihren ersten 5-Kilometer-Lauf anzu­gehen, weiter ­gegen eine Krankheit zu kämpfen oder quälende Selbstzweifel zu überwinden. «Für mich verkörpert Herkules die Geschichte jedes Menschen auf dieser Welt», sagt er. Nach der Lauf- und der Klimmzug-­ Challenge stand Aufgabe Nummer drei an: der Reifen-Flip. McCastle wollte einen 125-Kilo-Reifen über eine Distanz von 20 Kilometern wälzen und trainierte sechs Monate dafür. Der Reifen sollte für die körperliche und seelische Belastung stehen, die die Klienten des «Wounded Warrior Project» zu tragen haben, die Challenge sollte Geld für sie sammeln. Am Tag vor dem Event erwartete ihn eine weitere Prüfung. Seine Schwester rief ihn an: Der Vater war gestorben. Raymond McCastle hatte seit Jahren gegen Parkinson gekämpft. Sogar ein Reptiliengehirn hätte eingesehen, wenn sein

Training mit Tauen: McCastle stellte auch einen Weltrekord im Tauklettern auf.

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Sohn nun sein Vorhaben absagt. Doch McCastle wusste, was sein Vater gesagt hätte: «Das sind deine Pläne, deine ­Träume.» Darum stellte sich McCastle um vier Uhr an einem kalten, verregneten Dezembermorgen dem Reifen. Griff unter den Gummi, hievte den Reifen hoch, warf ihn wieder um. Und dann wieder von vorn … und wieder, tausende Male. Wie schafft man so was? Die meisten Zuseher hätten wahrscheinlich Mc­ Castles wahrhaft eindrucksvolle Muskeln als Grund angeführt. Dabei kam sein ­Antrieb von innen: aus Angst, Zweifeln, Selbstzerfleischung. McCastle dachte an seinen Vater: s­ toisch, robust, ein Afroamerikaner und Air-Force-Veteran aus Louisiana, der eine Dosenfabrik ma­ nagte. McCastle erinnerte sich, wie Parkinson dem Vater zuerst die Körperkraft geraubt hatte, dann die Stimme, zuletzt dessen wachen Verstand. Er hievte hoch, stiess um. Er dachte an seine Mutter, eine Immigrantin von den Philippinen, dachte an die Entschlossenheit, mit der sie als zwei­fache Mutter mit 40 Jahren bei der Air Force angeheuert hatte, dachte an ihr strenges Regiment, unter dem er sich zu Hause wie in der Falle fühlte. Hochhieven, umstossen. Als körper­ licher Schmerz und seelische Anstrengung ins Unermessliche wachsen, lösen sich langsam die alten Gefühle auf. Allmählich wurde der Reifen leichter. «Ich liess von Dingen ab, an die ich mich nicht weiter klammern musste», sagt er. Nach zehn Stunden hatte er seinen Weltrekord (Dass kein Offizieller vor Ort den Rekord bestätigte, war McCastle egal). Er ass ein Steak, schleppte sich heim, schlief. Von nun an war McCastle von seinem «Twelve Labors Project» besessen. Im Mai 2015 kletterte er für die Par­kin­ son-­Forschung 27 Stunden lang ein Seil hinauf und wieder herunter – so oft, bis er 8848 Meter beisammenhatte, die Höhe des Mount Everest. Im September 2015 stellte er sich erneut dem Klimm­ zug-­Rekord, wieder zugunsten verwundeter Kriegsveteranen. Diesmal schaffte er 5804 Klimmzüge. Und zwar ohne grobe Folgeschäden, aber mit zusätz­ lichen 15 Kilo an umgeschnallten Gewichten. Im Mai 2016 packte McCastle 70 Liter Wasser auf einen Ford F-150 Pick-up und fuhr ins kalifornische Death Valley. Diesmal sollte seine Aufgabe auf Veteranen-­ Selbstmorde aufmerksam machen. Darum zog er seinen Pick-up 35 Kilometer THE RED BULLETIN


wenn dein Hirn arbeitet und dein Körper mit 130-km/h-Windböen klarkommen muss. Je länger er in Extremsituationen klar denken konnte, desto höher wurde seine Überlebenschance. «So richtig begriff ich erst in der Antarktis, was für ein Genie dieser Typ ist», sagt O’Brady.

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Das Wichtigste beim Training: «Denk nicht an deinen Schmerz, sondern an dein Ziel.»

weit wie ein menschlicher Abschlepp-­ Truck durch die Wüste. Die Tortur dau­ erte 19 Stunden.

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m Jahr 2018 war McCastle körperlich ausgelaugt und bereit für eine neue Art von Aufgabe. Während er Psychologie studierte und als Trainer in Portland, Oregon, arbeitete, bekam er eine E-Mail mit der Bitte um ein Gespräch. Absender: ein gewisser Colin O’Brady. Inzwischen kennt man den Namen: O’Brady wurde mit seinem Projekt «The Impossible First» berühmt, einer 54 Tage währenden Odyssee durch die Antarktis. Doch als sich O’Brady und McCastle zum ersten Mal trafen, wussten sie nur ein paar Eckdaten voneinander. «Aber wir mussten einander nur zwei Minuten in die Augen schauen», erinnert sich O’Brady, «und ich wusste: Dieser Mann ist genau der Trainer, den ich brauche.» Das Trainingsprogramm hatte keine Ähnlichkeit mit irgendetwas, das O’Brady kannte. Planking mit den Händen in Eiskübeln, Wall Squats mit

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Nach 1200 Klimm­ zügen hing ihm die Haut in Fetzen von den Fingern. Mike machte weiter. den Füssen in Eiskübeln. Zwischendurch Lego bauen, Knoten knüpfen, ­Mathe-Aufgaben lösen. Das Schlimmste daran: McCastle beanstandete den winzigsten Fehler, die kleinste Abweichung von der perfekten Ausführung.«Am wichtigsten», erklärt McCastle, «war mir die bewusste Atmung». Denn wer seine Atmung kon­ trolliert, kontrolliert seinen Geist. In ­maximalen Stress­situationen bedeutet das den Unterschied zwischen Leben und Tod. Etwa wenn man bei minus 20 Grad versucht, ein Zelt aufzustellen. Wenn die Fein­motorik mit kalten Fingern kämpft,

in paar Mal die Woche fährt Mc­ Castle in den Forest Park in Portland, einen der grössten Stadt­ wälder der USA. Am Beginn des steilen Trails hält er an, um den 38 Kilo schweren Rucksack und die Taue zurechtzuzurren. Er trainiert für seine nächste Aufgabe, die Besteigung des Mount Whitney in Kalifornien, der mit 4421 Metern der höchste Berg der USA ist, abgesehen von Alaska, wo die zehn höchsten US-Gipfel liegen. Natürlich hat er sich wieder eine zusätzliche Erschwernis ausgedacht: Er will eine 70 Kilo schwere Kugelhantel mitschleppen. Sie soll das erdrückende Gewicht versinnbildlichen, das Parkinson-­ Kranke mit sich herumtragen. McCastle ist mit der Krankheit nur allzu gut vertraut. Er weiss, dass das Leben der Patienten mit der Zeit immer schwieriger wird. Tremor lässt die Hände zittern. Das Gehirn wird langsamer, manche verlieren die Orientierung, werden verwirrt. Jeden Dienstag unterstützt er Erkrankte mit einem Fitnesskurs und Kraft-, Gleichgewichts- und mentalen Übungen. «Finde einen Sinn in allem, was du tust.» McCastle hat viel über diesen Satz nachgedacht. Darüber, was es heisst, sein Potenzial auszuschöpfen. Er hat viel gelernt, nicht nur durch seine Herkules-­ Aufgaben. Sondern auch von seinem ­Vater, seiner Mutter, von O’Brady. Und auch von den Sechzig- bis Siebzigjährigen, die alles geben, um mit einer Stange das Loch der Hantelscheibe zu treffen. Die Forschung zeigt, dass hoch­ intensive Übungen und kognitive Auf­ gaben Parkinson verlangsamen können. Dieselben Dinge helfen auch einem Mann, die Antarktis zu durchqueren. McCastle inspirierte O’Brady mit Eiskübeln und Lego dazu, die Grenzen des Machbaren zu sprengen. Und O’Brady ­inspiriert uns alle dazu, über unsere ­eigenen Grenzen hinauszuwachsen. Dass man dafür gar nicht die Antarktis durchqueren muss, weiss McCastle spätestens, seit er jeden Dienstag seine Parkinson-Patienten trainiert. «Mit dem, was ihr tut», erklärt er am Ende jeder Stunde, «verändert ihr die Welt.»

twelvelaborsproject.com

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B O U L E VARD DER HEL DEN

WILMA RUDOLPH

DIE GAZELLE

Neue Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die aussergewöhnlichen Geschichten überlebensgrosser Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit. Folge 1: die Sprinterin, die als Kind Stützapparate brauchte.

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s dürfte schwer sein, in Clarksmein Onkel sein Leben lang gemerkt und ville, Tennessee, jemanden zu fin­sicher hundertmal in irgendein Mikrofon den, der nicht weiss, wer Wilma hineingesagt. Jedenfalls, nach dieser Rudolph war – aber nicht ganz so Szene hat er mit dem Trainer geredet leicht, jemanden, der sie persönund zu ihm gesagt: He, das hat doch lich gekannt hat. Ich traf Irene Temple bei keinen Sinn, die lernt es nie, gib sie mir. Starbucks am Ford Campbell Boulevard, Und so war das dann. Wilma ist zu den MICHAEL KÖHLMEIER eine kleine, sportliche Frau in einem dun- Der Vorarlberger ist seit Sprinterinnen gewechselt. Sie selber hat Jahrzehnten ein Fixstern kelvioletten Trainingsanzug, ich schätzte gesagt, also das hat sie gesagt, das sage am österreichischen sie auf Mitte fünfzig, kurzes krauses Haar, nicht ich, sie hat gesagt: Ich bin zwar Literaturhimmel. an den Schläfen grau. Sie ist die Nichte immer allen davongelaufen, aber den Gerühmt wird er vor von Ed Temple, der Wilma Rudolph in Ball habe ich nie in den Korb gekriegt. allem für seine den Fünfzigerjahren trainierte, nachdem Beim Hundertmeterlauf gibt es keinen Erzählkunst. er sie der Basketballtruppe der TigerBall. Ich sage, gut, dass sie keinen Ball in belles abgeworben hatte. Ed Temple war der Coach den Korb gekriegt hat, sonst wäre sie vielleicht keine der Leichtathleten am Tennessee State College, der Sprinterin geworden.» lange Zeit einzigen staatlichen Hochschule für Afroamerikaner in den USA. Ed, ihr Onkel, so erzählte ilma Rudolph wurde am 23. Juni 1940 ge­ mir Irene, habe die zwölfjährige Wilma gesehen, wie boren, in den Sechzigerjahren war sie der sie, den Ball in beiden Händen haltend, rund um grösste weibliche Leichtathletikstar der Welt. das Spielfeld gelaufen sei, so schnell, dass ihr keine Bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 gewann aus dem Team ihrer Gegnerinnen folgen konnte. Der sie den 200-Meter-Lauf, den 100-Meter-Lauf und ­Basketballtrainer habe sie ausgeschimpft, man dürfe ­zusammen mit Martha Hudson, Lucinda Williams den Ball nicht so lange in Händen halten, das sei und Barbara Jones die 4-mal-100-Meter-Staffel. In gegen die Regeln, sie müsse entweder abgeben oder den Einzeldisziplinen lag sie um mehrere Zehntel­ auftippen. Mr. Temple sass auf der leeren Zuschauersekunden vor der jeweils Zweiten. tribüne und hörte und schaute zu. Ich hatte mit Irene Temple telefoniert und ihr «Mein Onkel», erzählte mir Irene bei Starbucks, gesagt, dass ich über Wilma Rudolph schreiben «gab später zu, er habe gehofft, der Trainer schimpft möchte; schon eine halbe Stunde später sass sie mir Wilma ordentlich aus, so ordentlich, dass sie zurück­ gegenüber. Sie hatte drei Alben mitgebracht, in denen nur Dokumente über Wilma Rudolph eingeklebt schimpft, er solle sie am Arsch lecken oder so. Der waren, Zeitungsausschnitte, Zeitungsfotos, aber Umgangston unter den Sportlerinnen war nicht auch Originalfotos, eines, das sie zusammen mit weniger grob als unter den Männern, das ist bis Buford Ellington zeigt, dem damaligen Gouverneur heute so, das können Sie mir glauben, dagegen sind von Tennessee, eines zusammen mit Richard Nixon, die Männer schon direkt höflich. Aber Wilma, so dem damaligen Vizepräsidenten und späteren Präsi­ hat mir mein Onkel erzählt, hat nur ruhig zugehört, denten der Vereinigten Staaten, viele Fotos, die ihr und am Ende hat sie gesagt: Ich kann nicht abgeben, weil alle anderen hinter mir sind, wenn ich Onkel gemacht hatte – oder Irene selbst, später, als laufe, und ich kann auch nicht auftippen, weil der Wilma nicht mehr aktiv war, aber immer noch eine Ball viel langsamer ist als ich. Diesen Satz hat sich enge Freundin der Familie.

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THE RED BULLETIN

MICHAEL KÖHLMEIER

BENE ROHLMANN

GETTY IMAGES

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S PIE L P L ATZ DE R HE L D E N

«Und eine enge Freundin von mir», sagte Irene. «Ich war ja noch ein Kind, aber ich war ihr Liebling. Ich habe sie bewundert, und sie hat zu mir gesagt, das soll ich nicht, ich soll einfach nur ihre Freundin sein. Aber ich habe sie trotzdem bewundert. Dass sie jeder in der ganzen Welt kannte, das war es gar nicht, das wusste ich. Ja, aber ich war sechs Jahre alt, da kann man sich die ganze Welt nicht vor­ stellen. Meine Mama hat mir irgendwann erzählt, wie Wilma als Kind gewesen war und was sie gelitten hat, das war eine so traurige Geschichte, dass ich meinte, es sei doch eigentlich ein Märchen oder ein Film, ich habe sehr geweint.»

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atsächlich ist es wie im Märchen. Oder wie im Film. Ausgerechnet im Jahr 1994, dem Jahr, als Wilma Rudolph starb, kam der Film «Forrest Gump» in die Kinos. Darin spielt Tom Hanks einen Mann, der als Kind an Kinderlähmung litt, nur mit Stützapparaten gehen konnte und schliesslich zum

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schnellsten Läufer wurde. Eric Roth, der Drehbuch­ autor, soll gesagt haben, der ganze Film sei eine Hommage an Wilma Rudolph. Wilma war im Alter von fünf Jahren an Kinderlähmung erkrankt, ihr linkes Bein musste geschient werden, der Arzt gab der Familie nur wenig Hoffnung, dass sie je normal würde gehen können. Hinken werde sie immer, sagte er, das sei das Wenigste. Wilma wuchs in einer sehr grossen Familie auf. Zusammen mit ihren Halb­ geschwistern waren sie achtzehn Kinder. Irene Temple: «Wilma hat oft gelacht und gesagt, der Vater habe nie, ohne länger zu über­ legen, die Namen von allen seinen Kindern zusammengebracht.» Eine ihrer Schwestern – «Ich glaube, sie hiess Mary oder Marylou», sagte Irene – hat sich um Wilma gekümmert. Sie hat ihr Bein massiert, hat mit ihr Übungen gemacht, die sie sich selbst ausdachte, und sie hat nicht aufgegeben, bis Wilma normal gehen konnte wie jedes andere Mädchen auch. Keine Spur von Hinken. Irene Temple: «Ich habe Wilma gefragt, ob sie denn gar nichts mehr spürt von ihrer Kinder­ lähmung. Was, denken Sie, hat sie gesagt?» «Dass sie nichts mehr spürt?» «Das würde man denken, ja.»

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MICHAEL KÖHLMEIER

Wilma wuchs in einer sehr grossen Familie auf. Sie waren 18 Kinder.

GETTY IMAGES (3), MAURITIUS IMAGES/PEREGRINE/ALAMY

Links: Wilma Rudolph in ihrem Element. Es gibt kein Foto von ihr, auf dem sie läuft und nicht lächelt. Oben: Triumphzug, Briefmarke, Autogrammstunde – Wilma Rudolph war in den Sechzigerjahren einer der grössten Stars überhaupt. Unter den Schwarzen der USA wurde sie verehrt wie eine Heilige.


B O U L E VA RD DER HEL DEN

«Aber das stimmt nicht?» «Nein, das stimmt nicht. Sie hat gesagt, dass sie nicht eine Minute ihres Lebens nicht diesen fei­ nen Schmerz im linken Bein spürt. Meistens fein, manchmal heftig, manchmal sehr heftig. Nicht eine Minute nicht.» «Auch nicht, wenn sie gelaufen ist?» «Dann nicht. Das ist ja das Wunderbare. Aber länger als 23 Sekunden ist sie nie gelaufen. Ihr Welt­ rekord auf 200 Meter war 22,9 Sekunden. Sie läuft und hat keinen Schmerz, und dann geht sie von der Aschenbahn in die Kabine, und da ist er wieder.» Irene zeigte mir in einem Album das Bild, auf dem Wilma 1961 im Madison Square Garden durchs Ziel läuft. Und dann das Bild von Rom ein Jahr zuvor. Typisch für sie: den Kopf weit im Nacken, lächelnd. «Sie werden kein Foto von ihr finden, ich meine, kein Foto, das sie zeigt, wie sie läuft, auf dem sie nicht lächelt», sagte Irene. «Ich denke mir, sie lächelt, weil sie keine Schmerzen hat. Aber vielleicht stimmt das gar nicht. Sie hat immer gelächelt. Jedenfalls immer, wenn ich mit ihr zusammen war.» «Weil Sie ihr Liebling waren.» «Ja, das war ich.»

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nter den Schwarzen in Clarksville wird Wilma Rudolph bis heute wie eine Heilige verehrt. Und das hat gar nicht eigentlich mit ihren ­Erfolgen zu tun. Auch, natürlich. Es hat in der ­Geschichte des Sports in den USA viele schwarze Athleten gegeben, die ebenso grosse Erfolge hatten – Jesse Owens, Olympiasieger in den drei Sprinter­ kategorien und im Weitsprung in Berlin 1936, oder Bob Beamon, legendärer Weitsprungweltrekordler in Mexiko 1968, oder Carl Lewis, Sprinter und Weit­ springer, oder Florence Griffith-Joyner, Sprinterin, übrigens eine Schülerin von Wilma Rudolph – sie alle wurden verehrt, aber doch nicht wie eine Heilige. Als Wilma Rudolph nach ihren sensationellen Siegen aus Rom nach Hause zurückkehrte, wollte der Gouverneur, der bereits erwähnte Buford Elling­ ton, ihr einen rauschenden Empfang bereiten, ein Fest, wie es Clarksville noch nie erlebt hatte. Und eben doch ein Fest wie alle anderen Feste. Nämlich ein Fest, zu dem nur Weisse eingeladen waren – be­ rühmte Weisse, bis hinauf zum Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, Richard Nixon. Alle waren da. Alle warteten in dem grossen Zirkuszelt am Rand der Stadt. Clarksville verfügte über keinen Saal, in dem alle Platz gehabt hätten, die bei diesem Fest unbedingt dabei sein wollten. Sie warteten. Sie war­ teten auf den Star. Auf Wilma Rudolph. Irene Temple: «Mein Onkel war mit Wilma in sei­ nem Dodge zum Zelt gefahren. Wilma wusste, dass er nicht hineindurfte. Eben weil er schwarz war. Ihm

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Beim Laufen spürte Wilma Rudolph den Schmerz im Bein nicht. Aber sie lief nie länger als 23 Sekunden. machte das nichts aus. Er war das gewöhnt. Sein Bruder war Musiker. Ich habe Onkel Willie nicht gekannt, er soll ein ausgezeichneter Jazzmusiker ge­ wesen sein, Posaune, er hat mit Count Basie gespielt und angeblich auch mit Lester Young, aber in die ­Lokale, in denen er auf der Bühne stand, in die durfte er selber nicht hinein, nur auf die Bühne, unten hat er nicht einmal ein Bier bekommen. Meinem Onkel war das egal, ob er ins Zelt durfte oder nicht, die ­Familie hat ja auch gefeiert hinterher, das genügte ihm. Aber Wilma war es nicht egal. Sie ist im Auto sitzen geblieben. Sie müssen sich das so vorstellen: Da steht das Zelt, ein Riesenzelt, ein Zirkuszelt, das der Gouverneur irgendwo ausgeliehen hat, das steht mitten in der Wiese, und die Autos der Gäste stehen davor, und rundherum stehen die Schwar­ zen, draus­sen, das waren tausend Leute, sage ich Ihnen, die stehen da und wollen Wilma zujubeln, sie wollen ihr einfach nur zujubeln. Aber Wilma steigt nicht aus. Ich muss ja lachen, wenn ich dran denke! Mein Onkel, der hat Blut geschwitzt, wie man so sagt, der hat sich neben seinen Dodge hingekniet und hat gebettelt. Bitte, bitte, Wilma, der Vizepräsi­ dent! Aber Wilma hat gesagt: Geh hinein, Ed, geh, geh zum Vizepräsidenten und sag ihm, ich komme, aber ich komme nur zusammen mit den schwarzen Leuten. Wenn das nicht geht, dann geht es eben nicht. Dann müssen sie ohne mich feiern. Also ich sage Ihnen: Die Feier hätte um zwölf Uhr mittags beginnen s­ ollen. Der Vizepräsident wollte nämlich die Nachmittagsmaschine nach Washington er­ reichen. ­Begonnen hat die Feier dann erst um zwei. Mein Onkel hat beim Eingang mit der Polizei ver­ handelt, er möchte den Gouverneur sprechen, sagte er, hinein durfte er ja nicht, weil schwarz. Nur eine Schwarze hätte hineingedurft, nämlich Wilma. Und dann kam der Gouverneur heraus. Ich stelle mir vor, auch er hat sich neben den Dodge von meinem Onkel hingekniet und hat Wilma angefleht, sie soll doch kommen. Der Vizepräsident! Und Wilma sagte, sie kommt, aber sie kommt nur zusammen mit den schwarzen Leuten. Ja, und dann sind die Regeln ge­ ändert worden. Und Wilma ist einmarschiert in das grosse Zelt – zusammen mit den schwarzen Leuten.» Ich fragte Irene Temple, ob ich ein paar Seiten aus den Alben mit meinem Handy abfotografieren darf. Das erlaubte sie mir gern.

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ANZ E I GE

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THE RED BULLETIN


GUIDE Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen

JAKOB EDHOLM

INSELHÜPFEN FÜR FORTGESCHRITTENE: ÖTILLÖ Swimrun

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GUIDE Reisen

ÖTILLÖ SWIMRUN

Stockholm-Syndrom Eineinhalb Marathons laufen, zehn Kilometer schwimmen: J­ onas Colting erklärt, warum ihn die Faszination ÖTILLÖ auch nach drei Siegen nicht loslässt.

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­ erschärft. Doch der beste Teil blieb: Bei v ÖTILLÖ darf jeder mitmachen, der sich die Tortur zutraut. Das nötige Equipment kos­ tet nicht viel: Laufschuhe, Neoprenanzug, Schwimmbrille, fertig. Schwimmveteranen wie ich benutzen zusätzlich Handpaddel, Wadenschützer gegen Krämpfe und einen speziellen Wetsuit mit zusätzlichen ­Taschen und Reissverschluss vorne. Laufen, schwimmen, laufen, schwimmen: Die Anforderungen des Rennens sind einfach zu merken und schwierig umzusetzen. Die Quälerei beginnt gleich mit der längsten Schwimmstrecke von 1,75 Kilometern. Aber auch die 24 Inseln mit rutschigen Felsen und schwierigen Cross-Country-Abschnitten sind nicht ohne. Für viele ist die längste Laufdistanz kurz nach der Halbzeit der Knackpunkt – sie ist 19,7 Kilometer lang. Da ist wichtig, dass man sich immer auf das konzentriert, was direkt vor einem liegt. Nur nicht zu weit nach vorne denken! Richtig viel Zeit kann man auch beim Wechsel vom

Schweden Stockholm Sandhamn

Anreise Der nächstgelegene inter­ nationale Flughafen ist der Flughafen Stockholm/­ Arlanda. Zum Start in Sand­ hamn auf Sandön (schwe­ disch für «Sandinsel») gelangt man mit einer Fähre von der Klarabergsviaduk­ ten-Brücke neben dem Stock­ holmer Stadtbahnhof.

FLORIAN STURM

s ist kurz vor sechs Uhr morgens, die Sonne hat sich noch nicht über den Horizont gestemmt, und es ist verdammt kühl. An der Startlinie tummeln sich 400 Männer und Frauen, stretchen, wärmen sich auf, sammeln Kräfte. Die werden sie bald brauchen. Vor ihnen liegt ein Endurance-Wettkampf der forscheren Gangart: die ÖTILLÖ Swimrun-WM. So mancher Teilnehmer wird mehr als 13 Stunden unterwegs sein. Dann ist es endlich sechs. Der Startschuss fällt, die Teilnehmer springen in die Baltische See. Alles begann 2002 mit einer verrückten Wette an einem feuchtfröhlichen Abend. Zwei einheimische Brüder, ein Pub-Besitzer und sein Kumpel forderten einander zu einem Rennen durch den Stockholmer Schärengarten heraus, die zweitgrösste Inselgruppe der Ostsee. Zwei gegen zwei, ein Wettlauf mit Schwimmpassagen. Binnen vier Jahren wuchs die bizarre Wette zum alljährlichen Swimrun «ÖTILLÖ» heran, was auf Schwedisch so viel wie «von Insel zu Insel» bedeutet. Der Name passt: Das Rennen führt über 24 Inseln, von Sandön im Norden bis Utö im Süden. Zwischen Start und Ziel liegen 74,68 Kilometer, davon 65 Kilometer auf ­festem Boden und 9,5 im Wasser. Be­sonders wichtig: Auf der ganzen Strecke darf man sich nie weiter als 15 Meter von seinem Teampartner entfernen. Als leidenschaftlicher Triathlet (Jonas Colting gewann 6 WM- und EM-Medaillen; Anm.) stehe auch ich am Start, diesmal im Team mit meiner Frau Elin. Ich habe allen anderen etwas voraus: Als Einziger im Feld habe ich noch keine ÖTILLÖ-­ Austragung verpasst. Darum weiss ich aus eigener Erfahrung, wie sehr sich ÖTILLÖ über die Jahre verändert hat. Am Anfang herrschte noch pure Anarchie: Einmal gewann ein niederländisches Paar, weil es mit Luftmatratzen an den Start ging, während der Rest von uns durch die raue Ostsee kraulte. Da­ nach hat man die Regeln ein bisschen

JAKOB EDHOLM, PIERRE MANGEZ

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Am Start noch leicht: Partner dürfen sich bei ÖTILLÖ nicht mehr als 15 Meter voneinander entfernen. THE RED BULLETIN


Qualen in Zahlen Gesamtstrecke: 74.680 m Trail-Lauf: 65.135 m Schwimmen: 9545 m Schwimmabschnitte: 23 Längste Schwimmstrecke: 1750 m Längste Laufstrecke: 19.700 m

Start

Ziel

10 km

Wer keine Zeit liegen lassen will, legt schon auf den letzten Metern an Land die Schwimmutensilien an.

Handpaddel erleichtern Teilnehmern die Schwimmstrecken. Luftmatratzen sind mittlerweile verboten. Blindtext: Rutschiee Felsen unweesame Trails und eefrorene Fineer sind nur einiee Blindtext blind. THE RED BULLETIN

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GUIDE Reisen

Inselhüpfen: Rutschige Felsen, unwegsame Trails und gefrorene Finger sind nur einige der Schwierigkeiten, die zwischen Sandön im Norden und Utö im Süden auf die Teilnehmer warten.

ÖTILLÖ Swimrun World Championships: 31. August; otilloswimrun.com

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Tut schön weh Colting über die schlimmsten und schönsten Renn-Momente Munkö: Die Horrorinsel (Laufdistanz: 2450 Meter) «Mein schlimmster Albtraum. Überall kantige, rutschige Felsen, umgestürzte Baumstämme und Brombeersträucher. Und im Kopf nur eine Frage: WTF???» Nämdö: Der Treffpunkt (Laufdistanz: 8300 Meter) «Man läuft 500 Meter zur Ver­ pflegungsstation und die gleiche Strecke wieder zurück – zer­ mürbend! Doch manchmal bleibt Zeit für einen kurzen Plausch.»

Vorreiter: Die schwedischen Schwimmerinnen Fanny Dan­ ckwardt und Desirée Andersson vom Team Envol siegten ver­ gangenes Jahr im Damenrennen. Ihre Zeit: 9:05:29 Stunden

Utö: Die Endphase (Laufdistanz: 3650 Meter) «Egal wie kaputt du bist, hier ­bekommst du noch einmal einen wahnsinnigen Adrenalinschub. Ein letztes Mal raus aus dem ­Wasser und über die Felsen, dann über den Schotterweg ins Ziel. ­ Es fühlt sich an wie eine Ehren­ runde.» THE RED BULLETIN

JAKOB EDHOLM

Land ins Wasser liegen lassen. Am bes­ ten, man zieht schon während des Laufs Wetsuit und Badehaube über und legt Handpaddel an. Von 2008 bis 2010 konnte ich das Ren­ nen drei Jahre in Folge mit meinem dama­ ligen Partner gewinnen. Wir lagen auch 2011 vorne. Doch dann machten meinem Partner gesundheitliche Probleme einen Strich durch die Rechnung, und wir muss­ ten aufgeben. Am liebsten erinnere ich mich an unseren ersten Sieg, am auf­ regendsten war der 2010: Weil ein paar Kids die Orientierungspfeile geklaut hat­ ten, verirrten wir uns und büssten 20 Mi­ nuten Vorsprung ein. Mit Wut im Bauch hängten wir uns voll rein und holten bis ins Ziel noch drei Minuten Vorsprung h ­ eraus. Heute, im Team mit meiner Frau, habe ich keine Siegesambitionen. Ich freue mich auf die bekannte Strecke, auf einen tollen Tag an der frischen Luft – und auf die Mutter aller Workouts als Draufgabe.


Neu


GUIDE Gaming

Feedback-Schleife

KONZENTRATION

Die Weisheit im Spielefinger

Eine weitere Voraussetzung, um den Flow zu erreichen, ist ständiges Feedback. «Anders als am Arbeitsplatz oder im Studium, wo man lange auf Rückmeldungen warten muss, erfolgt Feedback bei EndlessRunner-Games in Echtzeit – wenn man etwa einen Fehler macht und gegen ein Hindernis läuft. Es ist eine ständige Herausforderung, und man hat keine Zeit, sich ablenken zu lassen. Das ist Spielen in Reinform.» Ausserdem sorgt das Feedback unterschwellig dafür, dass man sich gut fühlt.

Ein Forscher erklärt, wie unser Gehirn von «Endless Runner»-Games am Handy profitiert.

Games sind spielerische Lernsysteme: Man lernt, um zu spielen, und spielt, um zu lernen. Mit ihrer linearen Einfachheit beschleunigen EndlessRunner-Games diese Dynamik. «Sobald man auf ein ­neues Hindernis stösst oder eine weitere Fähigkeit erlangt, setzt man neues Wissen unmittelbar ein. Und zwar immer

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Runner’s High

«Belohnung setzt Dopamin frei», so Barr über das Glückshormon im Gehirn. Mit dem nicht abreissenden Strom von Hindernissen, die es erfolgreich zu überwinden gilt, ist ein Endless-Runner-Game, das morgens im Zug gespielt wird, ein regelrechter Dopamin-Booster für den Tag. «Man geht besser gelaunt zur Arbeit. Das Gehirn läuft bereits auf Hochtouren.»

Gute Entscheidungen

wieder», erklärt Barr. «Es ist das sofortige Anwenden neuer Fähigkeiten, das den Lerneffekt richtig in Fahrt bringt.»

Go with the Flow

Der kognitive Flow-Zustand wird erreicht, wenn man sich einer Aufgabe stellt, die nicht unmöglich zu meistern ist, aber eine permanente Herausforderung darstellt. Man fällt in eine Art Trance und ist empfänglich für tiefes Lernen und ein Gefühl der Zufriedenheit, weil man etwas geschafft hat. «Game-Designer möchten die Spieler in diesem Zustand halten. Endless Runner eignen sich dazu ganz besonders: Sie setzen auf eine Art Wechselspiel, weil mit zunehmenden Skills auch die Herausforderung steigt. Man will weiter dranbleiben.»

«Das Game gibt dir in Echtzeit Feedback.»

Studien zeigen, dass Games, die stetes Mitdenken und ­Eingreifen erfordern, die ko­ gnitiven Fähigkeiten verbessern. «Es steht weit weniger auf dem Spiel als im wahren Leben. Aber wenn man im Game das ständige Treffen von Entscheidungen unter Druck übt, kann das die Panik vor Entscheidungen im rich­ tigen Leben vermindern. Und in Endless-Runner-Games folgt eine Entscheidung auf die nächste.» JOE ELLISON

Laufend lernen

Virtueller Star: Für kurze Zeit konnten Spieler von «Temple Run 2» den Usain-BoltAvatar freispielen.

Dr. Matthew Barr von der Universität Glasgow untersucht im Buch «Graduate Skills and Game-Based Learning», inwiefern Games kritisches Denken fördern.

IMANGI STUDIOS

Smartphones haben uns eine Vielzahl an grossartigen, neuen Dingen beschert, wie mobiles Internet, den Selfie-Stick oder TikTok. Ausserdem verdanken wir ihnen die sogenannten «Endless Runner»-Games, also Jump-and-Run-Spiele, die sich nur mit einem Finger spielen lassen. Das ist nicht nur für Gelegenheits-Gamer spannend, sondern auch für Verhaltensforscher, die sich fragen, warum diese Spiele so beliebt sind. Zum Beispiel «Temple Run 2» aus dem Jahr 2013, das in den zwei Wochen nach seiner Veröffentlichung 50 Millionen Downloads verzeichnete, oder «Subway Surfers», das am zweithäufigsten herunter­­ geladene iOS-Spiel der Gaming-Geschichte. Spiegelt die Anziehungskraft dieser Games in Wirklichkeit ein verborgenes mensch­ liches Bedürfnis wider? Gaming-Forscher Matthew Barr von der Universität Glasgow hat sich dieser Frage ausführlicher gewidmet.

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GUIDE Smartwear

UNDER ARMOUR

Fortschritt mit Technik

TIM KENT

TOM GUISE

Der Laufschuh, der das Training mit Sensoren aufzeichnet. Und plötzlich geht gar nichts mehr. Manchmal sagt der Kopf nein, manchmal sind es die Beine, und manchmal geben sie im Duett w. o. Im Englischen gibt es dafür ein Wort: «bonking». Gemeint ist damit ein Zustand plötzlicher Müdigkeit, ein abrupt auftretendes Gefühl völligen Energieverlusts und totaler Kraftlosigkeit – so, als wärst du auf einmal gegen eine Wand gedonnert. Darum heisst dieses Phänomen auch «hitting the wall». Ausgelöst wird es durch den Abbau von Glykogenspeichern in Leber und Muskeln. Oder einfacher gesagt: Dein Tank ist – ohne jede Vorwarnung – staubtrocken. Mitarbeiter der US-Sportmarke Under Armour beobachteten dieses Phänomen 2016 mehrfach beim Boston-Marathon – und erkannten, dass sein Verständnis den Weg zu besserem Laufen ebnen könnte. Die Voraussetzungen ­dafür waren perfekt. Drei Jahre zuvor hatte das Unternehmen MapMyRun gekauft – eine App, mit der Läufer ihr Training mit denen Mil­ lionen anderer Sportler ­vergleichen können. 2018 brachte Under ­Armour den ersten «HOVR Connected»-Laufschuh auf THE RED BULLETIN

den Markt. Ausgestattet mit Sensoren, erfasst er Tempo, Schrittfrequenz und -länge des Trägers und liefert sie an MapMyRun. Die anony­ misierten Daten verwendete Under Armour, um mehr über das gefürchtete «bonking» herauszufinden. Die Auswertungen ergaben, dass der Laufstil eine entscheidende Bedeutung hat. Konkret: Wer seine Schrittfrequenz (Schritte

pro Minute) im Vergleich zur Schrittlänge häufig ­ändert, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, gegen die Wand ­zu rennen, als jemand mit gleichmäs­sigem Laufstil. ­Also: «Bonking» vermeidet, wer möglichst gleiche Schritte macht. Die Sensoren des HOVR Machina halten dich diesbezüglich auf dem Laufenden.

Der Machina von ­Under Armour: ­gedämpft wie ein Schuh für die Langstrecke, leicht wie ein Sprinter. Eine spezielle Zwischensohle schützt die Sensoren.

underarmour.com   85


EVENTS April bis September 2020

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Mai PACKENDES FINALE

20 Juli GROSSES FINALE IM ZÜRCHER ZENTRUM 1700 Triathleten nahmen im Vorjahr am «5i50 Triathlon» in Zürich teil. Der Wettbewerb geht über die sogenannte olympische Distanz, also 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren, 10 km Laufen – zusammen 51,50 km (woraus sich auch die Bezeichnung dieses Triathlons ableitet). Geschwommen wird natürlich im See, geradelt in den Voralpen, gelaufen wird auch durch die Innenstadt. Im Vorjahr siegten Nicola Spirig bei den Damen und Fabian Dutli bei den Herren. Zürich; ironman.com

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September DER LAUF DER LICHTGESTALTEN Ein Rennen für alle, die laufend Spass haben wollen – der Lightrun führt über fünf Kilometer durch das barocke Solothurn. Entlang der Strecke wirst du immer wieder von Event- und Lightzones überrascht. Grund zur Eile gibt’s übrigens keinen: Deine Zeit wird nicht erfasst. Ein Ziel gibt es zwar, aber in diesem Fall ist definitiv der Weg die Party! CIS Sportcenter, Solothurn; lightrun.ch 86

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Mai PREMIERE FÜR FRAUEN-CUP

5,2 oder 10,4 Kilometer – der 4. Basler Frauenlauf führt über zwei ­Distanzen. Wer sich für die längere entscheidet, läuft die Strecke entlang des Rheins, vorbei an den ­Sehenswürdigkeiten der Innenstadt, einfach zweimal. In diesem Jahr ist der Frauenlauf Teil des Frauenlaufcups. Dazu ­gehören neben dem ­Basler Bewerb auch die Frauenläufe in Winter­ thur und am Bodensee, die drei Bestplatzierten werden in Winterthur prämiert. Marktplatz, Basel; ­basler-frauenlauf.ch THE RED BULLETIN

KAREN STRASSEL/SPORTFOTOGRAF/ZÜRICH MARATHON, LIGHT RUN/SIMON DIETIKER, GARTH MILAN/RED BULL CONTENT POOL, GETTY IMAGES FOR IRONMAN, MERZ-BONER/KUSSMAUL GMBH, CHRIS BURKARD

LIVE   Die Moto Spy Season Nr. 4 geht in ihr grosses Finale – und wir erwarten packende Duelle, waghalsige Sprünge und riskante Manöver, bei denen wir die Helden auf ihren knatternden Supercross-Maschinen, bewundern werden. Da kann es schon passieren, dass einer waagrecht einfliegt. redbull.com


EVENTS April bis September 2020

24

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Packende 38 Minuten widmet sich die Doku «The Original Skate­ boarder» dem «Skateboarder Magazine», von dessen Beginn in den 1970er-Jahren bis in die 1980er. Wir kehren zurück in eine Zeit, in der die Szene die Welt ­eroberte – erleben die Geburtsstunde eines bis heute weltweit wichtigen Kults. Erzählt wird die Geschichte von Fotografen und Skateboardern, die von Anfang an dabei waren – hier eine kleine Auswahl: Brad Bowman, James Cassimus, Steve «Salba» Alba oder Vicki Vickers. redbull.com

Sechs junge Surfer brechen auf, um die Riesenwellen an der Nordküste von Island zu reiten – angekündigt ist der grösste Sturm seit 25 Jahren. Und der lässt gigantische Wellen erwarten. Doch der abenteuerliche ­Ausflug mit Fotograf Chris Burkard und Filme­ macher Ben Weiland ­gerät zu einem absoluten Höllentrip. Die sechs Surfer und ihre Begleiter erleben, wie brutal der Winter in Island sein kann. Und irgendwann fragt sich das Sextett nur noch: Ist es das alles wert? Wollen wir hier wirklich unser Leben ­riskieren? redbull.com

April EINE HYMNE AN DIE SKATEBOARD-WELT

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Juni 53 HÖLLISCHE FINAL-STUFEN Die Läufer nennen sie «Stairway to Heaven», tatsächlich sind die 53 Stufen der Schlosstreppe die Hölle – ein beinhartes Finale für den unvergleichlichen Ironman von Rappswil-Jona (gibt’s bereit seit 2007). Rapperswil-Jona; ironman.com

April ABENTEUER IM EIS

21 Juni DER HIT FÜR DIE HÄRTESTEN Wenn du dich durch das Bootcamp gequält hast, «darfst» du auf den Action-­Parcours, der ­entlang der Aare durch die Altstadt von Bern führt. Dort erwarten dich zwölf kräftezehrende Power-­Stationen. PS: Es gibt ein ebenso hartes Dacapo in Zürich, und zwar am 12. Juli. Bern; rockandrun.ch

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Juni FÜR DIE GANZ HARTEN Der Swiss Canyon Trail in seiner «Ultra Trail X Long»-Version ist ein Rennen für alle, die es ganz genau wissen wollen: 112,3 Kilometer lang, geprägt von einem steten Auf und Ab, bei dem insgesamt 5550 Höhenmeter zu überwinden sind. Der Lauf führt übrigens zu 58 Prozent über Waldwege, zu 40 Prozent über Wanderwege und nur zu zwei Prozent über Asphalt. Gestartet wird um fünf Uhr. Ab diesem Zeitpunkt bleiben den Läufern maximal 28 Stunden, um das ­Rennen zu beenden. ­Gestartet wird in Couvet. swisscanyontrail.com

TRIATHLON Bist du dabei? Hier ein Überblick über neun ­ Top-Triathlons in der Schweiz. Bereit fürs Kräftemessen? VERBIER TRIATHLON 13./14. Juni TRIATHLON SPIEZ 26./27. Juni SEMPACHERSEE TRIATHLON 4./5. Juli USTER TRIATHLON 18./19. Juli TRIATHLON ZÜRICH 20. Juli TRIATHLON DE NYON 8./9. August URI TRIATHLON 15./16. August TRIATHLON LOCARNO 5./6. September TRIATHLON MURTEN 11./12. September

THE RED BULLETIN

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Rémi rasant unterwegs auf einem schmalen Pfad

Am Gipfel des Glücks Wenn Rémi Bonnet schmale Wege und ausgesetzte Grate entlangläuft, geniesst er jeden einzelnen seiner langen Schritte. Hier erzählt der Top-Athlet, warum nichts schöner ist als Traillaufen – und stellt vier seiner Lieblingsrouten vor.

Bern

Schweiz

Dent de 3  Gastlosen Morcles  Sierre-Zinal 1 2 4 Aiguilles Rouges (FR)

88

G

emeinsam mit seinem Berner Teamkollegen ist der Freiburger Rémi Bonnet als Mannschafts­ weltmeister im Traillaufen in die winterliche Skitouren-Saison gestartet. Mitte Februar belegte das dynamische Duo den ersten Platz beim Alpinski in Les Marécottes. Die beiden galten auch

als Favoriten für die Pierra Menta, das legendäre Skitourenrennen in Beau­ fortain (Frankreich). Der Bewerb war für März geplant, wurde jedoch abgesagt. Also heisst es vorläufig abwarten – bis der Schnee schmilzt und Rémi ­wieder seine geliebten Trails laufen kann. Lachend sagt er: «Es gibt auf dem Gip­ fel kein WLAN. Aber ich kann euch garan­ tieren, dass ihr dort oben eine viel bessere Verbindung haben werdet.» Was er damit meint? Es geht um die besondere Verbin­ dung, die wir erleben, wenn wir hoch oben auf den Gipfeln stehen und spüren, dass sich die Anstrengung gelohnt hat, und zufrieden die grandiose Aussicht genies­ sen. Remis erste Tour führt uns direkt in die Waadtländer Alpen – lauf einfach mit! THE RED BULLETIN

LORENZ RICHARD/RED BULL CONTENT POOL, PICTUREDESK.COM CHRISTINE VITEL GETTY IMAGES, KEVIN GOLL

TRAILRUNNING


GUIDE Laufen

1. Die Gastlosen-Route Berner Alpen

Länge Rémis Laufzeit Geschwindigkeit Höhenmeter Kalorienverbrauch

10,97 km 1:12:07 Std. 6:34 min/km 752 m 1 040 kcal

Derzeit wohne ich im Greyerzerland und damit in der Nähe der Gast­losen. Diese Tour mache ich oft und gerne, denn sie hat viel zu bieten. Steile Hänge und flache Teilstrecken machen sie mit ihren knapp elf Kilometern zu einer interessanten ­Strecke, die für viele Läufer zu bewältigen ist. Das beeindruckende Kalkmassiv der Gast­losen ist Teil der Freiburger Voralpen. Die Route führt um die Felswände herum. Und sie ist vor allem für jene Läufer unbedingt empfehlenswert, die für Wettkämpfe trainieren, denn hier finden sie alle Aspekte eines Traillaufes.

Läuft aus Leidenschaft: Rémi Bonnet, 25

SO BEREITEST DU DICH AUF EINEN BERGLAUF VOR Start und Ziel

Um die Berge wirklich zu ge­ niessen, musst du zwei Regeln beachten: Respektiere Erstere und sei dir deiner Grenzen bewusst.

1 930 m

1 460 m

1 460 m

START: BEGINNE ENTSPANNT Bevor du auf einen Berg läufst, mach dir Gedanken über deine Fitness. Wer nach längerer Pause wieder einsteigen will, sollte sich nicht sofort auf steile Trails wagen. Starte entspannt – vermeide schwieri­ ge Routen; laufe erst in flachem Gelände, bis du fit für Höheres bist. Empfehlenswert sind Seerunden – hier kannst du auch die Aussicht geniessen. SCHRITT 1: VERGISS AUFZÜGE Sammle so viele Höhenmeter wie möglich. Nimm jede Stufe, die du kriegen kannst – Aufzüge sind ab sofort tabu! SCHRITT 2: RAUF AUFS LAUFBAND Jetzt ist es Zeit für das Laufband! Nimm dir 10 Kilo­ meter vor, starte mit einer Steigung von 10 Prozent und füge mit jedem Kilometer 5 weitere Prozent dazu. SCHRITT 3: SPRINTE BERGAUF Suche dir einen Hügel mit einer moderaten Stei­ gung; gut sind 3 bis 6 Prozent. Sprinte 200 Meter bergauf, laufe gelassen bergab. Das kannst du ­ruhig ein paarmal wiederholen.

Die Gastlosen sind trotz ihres abweisenden Namens Rémis liebstes Laufgebiet. THE RED BULLETIN

SCHRITT 4: AB INS GELÄNDE Du darfst nun ins Gelände, wage dich ruhig auf Crossstrecken – denn du bist bereit für den Berg.

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GUIDE Laufen

Urige Holzhäuser, Gipfel im Blick: das Bergdorf Zinal

Start und Ziel

2 910 m

1 680 m

1 680 m

3. Die Zähne von Morcles Waadtländer Alpen

Start

Walliser Alpen

Strecke Rémis Laufzeit Geschwindigkeit Höhenmeter Kalorienverbrauch

30,58 km 2:36:51 Std. 5:08 min/km 2 119 m 2 382 kcal

Am Vorabend eines Wettlaufes suche ich mir interessante Trails aus, wie zum Beispiel jenen von Sierre nach Zinal. Er ist fast 31 Kilometer lang und «rollt» etwas mehr als die Gastlosen-Tour – das heisst: Es geht flott dahin. Dieser Trail ist nicht flach, aber relativ einfach. Da kann ich mich auf das Tempo konzentrieren, weil die Technik in diesem Fall keine besondere Rolle spielt. Dafür kann ich beim Laufen die Landschaft bewundern, was mich zusätzlich motiviert. 90

Ziel 2 410 m 1 720 m 550 m

Die «Zähne» befinden sich an der Grenze ­zwischen den Kantonen Waadt und Wallis. THE RED BULLETIN

KEVIN GOLL

Ich liebe es, zu laufen – und ich suche dabei immer nach neuen, besonderen Pfaden. Aber trotzdem ist nicht nur der Weg das Ziel. Zugegeben: Will ich schon oben ankommen, um das Ziel und damit die Aussicht zu geniessen – denn das ist erfüllend und berauschend zugleich. Wenn ich unterwegs bin, studiere ich gern die Karten der Gegend und suche nach den nächstgelegenen Gipfeln und nach einer Route, auf der ich sie erreichen könnte. Im Wallis mag ich besonders die Dents de Morcles. Und die Aussicht auf das Rhone­tal ist absolut atemberaubend.

CHRISTINE VITEL

2. Von Sierre nach Zinal

23,16 km 2:56:43 Std. 7:38 min/km 2 044 m 1 524 kcal

DAMIEAN ROSSO/RED BULL CONTENT POOL, PICTUREDESK.COM

Strecke Rémis Laufzeit Geschwindigkeit Höhenmeter Verbrauchte Kalorien


Rémi auf einem Grat – die Aussicht belohnt ihn für die Anstrengungen.

4. Auf den Roten Nadeln Französische Alpen

«Wenn ich mich in einer Trainings­ phase befinde, laufe ich bis zu 40 Kilo­ meter täglich.» Rémi Bonnet

THE RED BULLETIN

Strecke Laufzeit Geschwindigkeit Höhenmeter Kalorienverbrauch

22,06 km 2:43:52 Std. 7:26 min/km 1 923 m 1 503 kcal

Wenn ich auf der Suche nach Gipfeln über 3 000 Meter bin, muss ich mein Greyerzer­­ land Richtung Frankreich verlassen. Dort laufe ich sehr gerne in den Aiguilles Rouges. Dieses Bergmassiv erstreckt sich über die schweizerisch-französische Grenze. Die Rotfärbung der Gneisfelsen wird durch das darin enthaltene Eisenoxid bewirkt. Um die Spitzen mit ihren langen, steilen und schwierigen Anstiegen zu er­ klimmen, brauchst du eine gute Technik. Wenn ich mich gerade in einer Trainingsoder Wettkampfphase befinde, kann ich bis zu 40 Kilometer täglich laufen. Das mache ich natürlich nicht jeden Tag – aber doch ziemlich oft.

Les Aiguilles Rouges: Wer auf den «Nadeln» ­laufen will, braucht eine ausgefeilte Technik. Start

3 220 m

1 390 m

Ziel

1 370 m

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GUIDE Laufen

Schrittmacher Acht feine Begleiter auf deinem Weg zum Runner’s High – ein Schuh, inspiriert von einem Olympiahelden, eine Uhr, die deine Leistung verbessert, oder eine spezielle Sohle, die direkt aus dem 3D-Drucker kommt. Text WOLFGANG WIESER

FORMAUFBAU AUS DEM HANDGELENK Der Forerunner zeigt nicht nur, wie viel du gelaufen bist, sondern auch, wie du dich ­verbessern kannst.

DIE UHR, DIE DICH TRAINIERT

Laufend besser Garmin Forerunner 245 Physio-Check, massgeschneiderte Trainingspläne, Laufcoach – der Forerunner 245 verrät dir sogar, ob du startklar für deinen nächsten Lauf bist oder besser doch noch regenerieren solltest. Dazu kommt eine regelmässige Laufanalyse, die dir hilft, deine Technik bis zur Perfektion zu v ­ erbessern. Dieses Garmin-Modell gibt es in ­mehreren Farben und als Music-Version, mit der du dich beim Training von deinen Lieblingssongs beflügeln lassen kannst. Preis: 349 CHF bzw. 399 CHF (Music); garmin.com 92

THE RED BULLETIN


GUIDE Laufen

SOHLE AUS DEM 3D-DRUCKER ADIDAS 4D RUN 1.0 Die Basis für diesen Schuh haben 4.000 Läufer gelegt – und zwar ­Athleten, deren Daten über mehr als 17 Jahre gesammelt wurden. Die Analyse jedes ihrer Schritte führte zu einer völlig neuen Gittersohle aus dem 3D-Drucker, die unterschiedlich ausgeführt ist – je nach Bereich ­feiner oder gröber. Damit bietet ­dieses neue Adidas-Modell eine ­perfekte Kombination aus sicherem Halt und angenehmer Dämpfung. Den 4D Run 1.0 gibt es in drei Farbvarianten, das Obermaterial ist zweilagig und hat eine Gitterstruktur. Preis: 249.95 CHF; adidas.ch

PERFEKTER HALT Die Flexkerben an der Aussensohle sorgen für besseren Halt auf verschiedenen Untergründen – auch bei wechselndem Wetter.

LEICHTER LAUFEN NEW BALANCE TEMPO Dieser Schuh ist ein absolutes Leichtgewicht: Er wiegt dezente 250 Gramm für Herren, gar nur 215 bei den Damen. Der Tempo gilt als der weichste unter den New Balance Trainings- und Wettkampfschuhen. Er ist ideal g­ eeignet für Neutralfussläufer – also alle, die beim Abrollen weder nach aussen noch nach innen drehen und es gern leicht, weich und schnell ­haben. Die Fresh Foam X-Mittelsohle erzeugt eine angenehme Dämpfung, das nahtfreie Innenleben macht den Schuh wunderbar anschmiegsam. Preis: 160 CHF; newbalance.com THE RED BULLETIN

FLOTTER DENN JE

Die Rennmaschine Nike Zoom X Vaporfly Next% Weltklasseathleten wie der vierfache Olympiasieger Mo Farah und die Marathonheldin Shalane Flanagan haben die Nike-Entwickler zu ­diesem Schuh inspiriert – selbstbewusst wird er als «unser schnellster Rennschuh aller Zeiten» gepriesen. Eine durchgehende Kohlefaserplatte soll helfen, aufs Tempo zu drücken, der Zoom XSchaum eine Energierückgabe bewirken – und dank des neuen VaporWeave-Materials ist der Next% auch noch wasserdicht. Preis: 354.96 CHF; nike.com   93


GUIDE Laufen

CHECK DEINEN FORTSCHRITT POLAR VANTAGE M

WOLKE SIEBEN

Flotte Sohle On Cloudflow Wie bei allen Kreationen des Schweizer Herstellers On soll die Sohlenkonstruktion mithilfe der Cloud-Technologie den Aufprall in Beschleu­ nigung verwandeln. Der «Cloudflow» kombiniert etwa 18 Cloud-Elemente mit einem «Speedboard» zu einer besonders flotten Sohle. Die Clouds im Vorderfuss wurden dafür optimiert, die hinteren neu ­entwickelt. Mit 235 Gramm für die Herren ist das Modell ein Leichtgewicht (Damen: 198 Gramm). Weiters auffällig: coole Farbkombis wie Rust / Limelight. Preis: 210 CHF; on-running.com

Allround-Multisportuhr mit ­integriertem GPS, vielen Trainingsmethoden und einer innovativen Form der Pulsmessung. Neu daran ist, dass optische ­­Puls- und Haut­ kontaktmessung ­kombiniert werden. Störungen s­ ind damit ausge­schlos­ sen, die Messungen äusserst zu­ verlässig. Ausserdem bietet die Vantage M die Möglichkeit, die empfundene Belastung mit Daten von Polar abzugleichen und die ­tatsächliche Trainingsbelastung ­exakt zu bestimmen. Preis: 279.90 CHF; polar.com

HAFTKRAFT

Ideal für Trails Hoka OneOne Speedgoat 4 Der Mann hat mehr Ultramarathons gewonnen als jeder andere: US-Athlet K ­ arl Meltzer (Spitzname «Speedgoat») ist Pate gestanden für diesen neuen TrailSchuh. Der Hoka Speedgoat 4 bietet bergauf viel Grip am Boden, bergab sicheren Halt im Schuh. Verantwortlich sind dafür unter anderem 3D-gedruckte Overlays, die vor allem im Bereich des Mittelfusses eine geradezu ideale Form haben. Für mehr Laufkomfort ist die Zehenpartie weiter geschnitten. Preis: 180 CHF; hokaoneone.eu 94

KRAFT TANKEN NATURE VALLEY

GUTER GRIP Die gummierte Sohle und die fünf Millimeter hohen Stollen bieten auf nassem wie auf ­trockenem Untergrund tollen Halt.

Essen und Trinken während des L­ aufens ist nicht notwendig, wenn du morgens oder abends ein Stündchen unterwegs bist. Über längere Distanzen oder zur Stärkung davor oder ­danach kann ein Riegel hilfreich sein, zum Beispiel aus dem Variety Pack von Nature Valley. Wahlweise mit Vollkornhaferflocken und Honig, Schokolade, Ahornsirup oder mit Protein. Der glutenfreie Snack deckt 20 Prozent deines täglichen Vitaminbedarfs und enthält Erdnüsse, ­Mandeln und gesalzenes Karamell. naturevalley.ch THE RED BULLETIN


BEYOND THE ORDINARY theredbulletin.com

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Impressum

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THE RED BULLETIN WELTWEIT

Aktuell ­erscheint The Red Bulletin in sechs Ländern. Das Cover unserer britischen Ausgabe ziert Fussball-­ Jungstar Trent Alexander-­ Arnold. Im Interview ­erklärt der ChampionsLeague-­Sieger mit dem FC Liverpool, warum sein Erfolgsweg längst noch nicht beendet ist. Mehr Storys abseits des Alltäglichen gibt’s auf: redbulletin.com

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Chefredakteur Alexander Macheck Stv. Chefredakteure Andreas Rottenschlager, Nina Treml Creative Director Erik Turek Art Directors Kasimir Reimann (stv. CD), Miles English, Tara Thompson Head of Photography Eva Kerschbaum Deputy Head of Photography Marion Batty Photo Director Rudi Übelhör Textchefs Jakob Hübner, Andreas Wollinger Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza Grafik Marion Bernert-Thomann, Martina de ­Carvalho-Hutter, Kevin Goll, Carita Najewitz Fotoredaktion Susie Forman, Ellen Haas, Tahira Mirza Managing Director Stefan Ebner Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Publishing Management Sara Varming (Ltg.), Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Melissa Stutz, Mia Wienerberger B2B-Marketing & -Kommunikation Katrin Sigl (Ltg.), Agnes Hager, Alexandra Ita, Teresa Kronreif, Stefan Portenkirchner Executive Creative Director Markus Kietreiber Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger (Ltg.), Elisabeth Staber (Ltg.), Mathias Blaha, Raffael Fritz, Thomas Hammerschmied, Marlene H ­ interleitner, Valentina Pierer, Mariella Reithoffer, Verena Schörkhuber, Sara Wonka, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Design Peter Knehtl (Ltg.), Sasha Bunch, Simone Fischer, Martina Maier, Florian Solly Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung Veronika Felder Produktion Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Sandra Maiko Krutz, Nenad Isailović, Josef Mühlbacher MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler Operations Alexander Peham, Yvonne Tremmel Assistant to General Management Patricia Höreth Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus ­Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser (Vertrieb), ­Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar (Abo) Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Strasse 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Strasse 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier, Dietmar Otti, Christopher Reindl

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RED BULL FLUGTAG 2020. ÃœBERFLIEGER GESUCHT.

ANMEL SCHLU DES 8. JUN S I

13. SEPTEMBER, LAUSANNE Alle Infos zur Teilnahme via QR-Code oder unter redbull.ch/flugtag


Perfekter Abgang

Staubtrockene Angelegenheit

Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 10. Mai 2020. 98

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CHRIS TEDESCO/RED BULL CONTENT POOL

Las Vegas mal anders: Beim legendären Offroad-Rennen Mint 400 jagen die Fahrer 400 Meilen (rund 643 km) rund um die Hauptstadt des Glücksspiels. Autor Hunter S. Thompson verhalf dem Mint 400 mit seinem Roman «Fear and Loathing in Las Vegas» 1971 zu weltweiter Bekanntheit. Hier kämpft US-Fahrer Bryce Menzies im März um den Sieg (am Ende wurde er Zweiter).


3 TIPPS VON JEDEM GAST FÜR DEINEN ALLTAG

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