The Red Bulletin_1211_CH

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Travis Pastrana / Katherine Reutter / Daniel Abt / Red Bull Flying Bach / Kraftklub / K.I.Z / Mick Jagger

Das Magazin abseits des Alltäglichen

Mission erfüllt!

red bull stratos Exklusiv Das Tagebuch von Felix Baumgartners grösstem Fall

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November 2012



DIE WELT VON RED BULL

November 84

LOUIE VITO Für sein Ziel, die Olympischen Spiele 2014, trainiert der US-Snowboarder härter als je zuvor.

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MICK JAGGER 50 Jahre Rolling Stones: ein idealer Anlass, Ober-Stone Mick Jagger in neuem Licht zu sehen.

DANNY BROWN Der Revoluzzer des Hip-Hop fällt nicht nur durch sein eigenwilliges Erscheinungsbild auf.

COVERBILD: PREDRAG VUCKOVIC/RED BULL STRATOS. BILDER: GRAEME MURRAY/RED BULL CONTENT POOL, GETTY IMAGES, CORBIS SUTTON MOTORSPORT IMAGES

WILLKOMMEN!

Was vor sieben Jahren als phantastische Idee auf die Welt kam, ist in der kargen Landschaft New Mexicos erfolgreich zu Ende gegangen: eine Reise empor an den Rand des Weltraums und retour – zum Teil in Überschallgeschwindigkeit. Felix Baumgartner gab, eingepackt in seinen Raumanzug, der Mission Red Bull Stratos (ab Seite 30) ein Gesicht: ein Extremsportler, diesmal im Dienste der Wissenschaft unterwegs. Kein Draufgänger, sondern Teil eines Organismus von Spezialisten, der sich einem gemeinsamen Ziel unterordnet. Red Bull Stratos ist damit eines jener erfrischenden Beispiele dafür, wie Teamarbeit Probleme einfach eleganter löst. Dass am Ende das Feiern des Erfolgs gemeinsam auch mehr Spaß macht, versteht sich von selbst. Gute Unterhaltung wünscht die Redaktion!

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BACK IN THE USA Einst hatte die Formel 1 einen Fixplatz in den Herzen der Amerikaner. Nach mehrjähriger Auszeit kehrt sie motiviert zurück.


DIE WELT VON RED BULL

November 48

WAS FÜR EIN ZIRKUS! Unter Aufsicht von Direktor Travis Pastrana heben die Artisten des Nitro Circus die Schwerkraft auf.

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DER APFEL & DER STAMM Papa Rennstallbesitzer, Onkel Rennfahrer: Bei Daniel Abt liegt das Talent in der Familie.

KRAFTKLUB GEGEN K.I.Z Beim Red Bull Soundclash nehmen die beiden deutschen Bands einander in den Schwitzkasten.

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” Wenn man da

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AUFSTIEG UND FALL Wie Felix Baumgartner (hier mit Art Thompson, dem Technical Director der Mission) die entscheidenden Stunden von Red Bull Stratos erlebte.

06 Fotos des Monats 12 Wings for Life, Fitness-Apps, Public Enemy 14 Surfen in München 18 Einst & jetzt 26 Formelsammlung: Handball 28 Lucky Numbers: Die Erschaffung Adams

BILDER: MIKO LIM, ALASTAIR STALEY/LAT PHOTOGRAPHIC, CHRISTOPH VOY, JOERG MITTER/RED BULL STRATOS

oben steht, wird man demütig. “


DIE WELT VON RED BULL

November ” Ein Trick,

Blasen an den Füßen zu vermeiden: Schuhe in den Backofen, bis sie richtig heiß sind. Dann anziehen. “

20 CHAIRMEN OF THE BOARDS

Filmfestival San Sebastián, die erste: Travis Rice, Tom Carroll und Ross Clarke-Jones (v. li.) über 3-DFilme, innere Stimmen und das Wasser des Lebens.

Katherine Reutter

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BILDER: TOM BAER, GUNNAR KNECHTEL, REZI KENIA/RED BULL CONTENT POOL, STEFAN VOITL/RED BULL CONTENT POOL

MEIN KÖRPER & ICH Die erste Operation mit 15, die erste Medaille mit 20: Shorttrack-Ass Katherine Reutter über sich und ihren Körper.

DER WOHLTEMPERIERTE HEADSPIN

Breakdance meets Klassik: Nach einer ausverkauften und bejubelten Europa-Tournee begeistert Red Bull Flying Bach nun weltweit das Publikum.

more

Body & Mind 80 REISEN

Flugurlaub über Argentiniens Pampas

82 GET THE GEAR

Top-Veranstaltungen in Deutschland

93 KAINRATH

Events des Monats Toro Rosso-Mecha- 96 TV-PROGRAMM niker Corrado Cardi- Das Red Bull TVnalis Werkzeugkiste Fenster bei ServusTV

90 TOP-EVENTS

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DAS RENNEN IN DEN BERGEN

Der Red Bull Dolomitenmann vereint Berglauf, Paragleiten, Wildwasserpaddeln und Mountainbiken zum anstrengendsten Staffelrennen der Welt. Und doch gab es im 25. Jahr mehr Anmeldungen als Startplätze.

Die wichtigsten Termine im November

98 KOLUMNE

Lebenshilfe mit Christian Ankowitsch

92 SAVE THE DATE 98 IMPRESSUM 86 NIGHTLIFE

Out Now: Paul Banks/Skilauf bei Nacht/Best Clubs: Red Hummingbird in Auckland/Cocktail: Drive-In/ Take 3: Diplo/Night Snack: Tapiocas, Rio de Janeiro


Bar i lo c h e , Arg e nti n i e n

Rückblick

Gezackte Felsen, ein 45-Grad-Steilhang, darüber ­meterhoch der Pulverschnee: Fertig ist der Spielplatz für Red Bull Beyond the Line, den Leistungsvergleich von Südamerikas besten Freeskiern. Der Top-Mann auf und über der Strecke: Lokalmatador Tomás Blanc. Sein bescheidener Kommentar hinterher: „Jeder hätte ­gewinnen können. Aber es war mein schönster Sieg.“ Die besten Contest-Fotos: www.redbull.com.ar Bild: Diego Ferreyra/Red Bull Content Pool

DES MONATS


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G ar h wal , I n d i e n

Nachtschicht DES MONATS

Was auf den ersten Blick wie die totale Idylle wirkt, ist auf den zweiten Blick eine herausfordernde Aufgabe. „Schnee und Eis, dann Eis und Fels, am Ende eine überhängende Steilwand“, so lautet die Wegbeschreibung der „Shark’s Fin“-(Haifischflossen-)Route auf den Meru (6310 m), einen der letzten unbestiegenen Gipfel im indischen Himalaja. Das Basislager der ­Erstbezwinger Conrad Anker, Jimmy Chin und Renan Ozturk war am Ende ein Hort großer Zufriedenheit. Das Resümee der drei nach bestandener Klettertour: „Ein Abenteuer, das die Seele tanzen lässt.“ Der Reise-Blog: www.neverstopexploring.com Bild: Jimmy Chin

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Girdwood, Alaska, USA

Feinstaub

Travis Rice, der 30-jährige Snowboard-Star aus ­Jackson Hole, Wyoming, ist ein beneidenswerter Mann. Er bereist die aufregendsten Länder der Welt und ­benötigt bloß ein Board, um Menschen in Erstaunen zu versetzen. 2011 bretterte Rice im Snowboard-Epos „The Art fo Flight“ über die Kinoleinwand. Wer das Ausnahmetalent noch näher bestaunen möchte: Den Film gibt’s seit kurzem als erstaunliche 3-D-Edition. Infos: www.artofflightmovie.com Bild: Scott Serfas

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DES MONATS



Bullevard Beflügelndes in kleinen Dosen

Räikkönen

Schumacher

Hit-Paraden Neben dem Truthahn ist sie unverzichtbare Grundzutat einer ordentlichen Thanksgiving-Feierlichkeit: die Parade. Die besten vier, die am 22. 11. durch USStraßen ziehen, im Überblick:

1. MACY’S THANKSGIVING DAY PARADE, NEW YORK CITY 3 Millionen Besucher feiern bei der größten Parade des Landes.

2. THANKSGIVING DAY PARADE, PHILADELPHIA Die älteste Parade (seit 1910) hat auch die besten Tänzer.

GEBOT DER RUNDE

Jetzt ersteigern, wie man sich als Formel-1Weltmeister fühlt.

Button

Vettel

Formel-1-Rennanzüge halten Temperaturen bis 1000 Grad Celsius stand und nehmen während eines Rennens bis zu drei Liter Schweiß auf (danach im Erfolgsfall gern auch Champagner). Darüber hinaus sind sie, wenn sie die eine oder andere Funktion bereits erfüllt haben, hochbegehrte Sammlerstücke für Fans. Nun haben die sechs Weltmeister im Fahrerfeld 2012 je einen von ihnen in der laufenden Saison getragenen Anzug zur Verfügung gestellt. Und zwar für einen hervorragenden Zweck, zugunsten von Wings for Life, der Stiftung für Rückenmarksforschung. Sebastian Vettel etwa stellte seinen beim Australien-Grand-Prix getragenen Overall samt Handschuhen zur Verfügung. „Auch wenn es eine der am härtesten umkämpften Saisonen der F1-Geschichte ist: schön zu sehen, dass bei einem Thema, das im Motorsport alle betreffen könnte, jeder seinen Beitrag leisten möchte“, so der doppelte Weltmeister. Die sechs Unikate können ersteigert werden, zuständig für die Abwicklung ist das internationale Auktionshaus Bonhams in London, man kann auch online mitsteigern. Auktion am 3. Dezember: www.bonhams.com

3. AMERICA’S HOMETOWN PARADE, PLYMOUTH (MASS.) An der Geburtsstätte des Brauchs: die historisch präziseste Parade.

4. AMERICA’S THANKSGIVING DAY PARADE, DETROIT Bekannt durch den Aufmarsch der riesigen Pappmaché-Köpfe.

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Hamilton

Alonso

Unter den Hammer: Rennanzüge von sechs aktiven Weltmeistern

BILDER DES MONATS

MOMENT MAL!

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach per Mail an: phototicker@redbulletin.com Unter den Einsendern der veröffentlichten Fotos wird eine Trinkflasche des Schweizer Herstellers SIGG im speziellen Red Bulletin-Design verlost.

Sachalin Nach dem Absprung in 4000 Meter Höhe überquerte der Russe Valery Rozov die Tatarensund-Meerenge per Wingsuit. Daniel Kolodin


Smart Form

Ballverliebt: Sensations-Finalist Daniel Dennehy

BILDER: GETTY IMAGES (4), WINGS FOR LIFE, DEAN TREML/RED BULL CONTENT POOL, PICTUREDESK, REX FEATURES

Balljunge 15.000 Tifosi, das Amphitheater von Lecce (an Italiens Stiefelabsatz) als Kulisse – und ein japanischer Triumphator: Kotaro Tokuda heißt der Sieger des Red Bull Street Style-Weltfinales 2012. Für die größte Überraschung sorgte aber Daniel Dennehy: Der Ire war als Außenseiter in den Bewerb gestartet, trickste mehr als 5000 der weltbesten Freestyle-„Socceristi“ aus und erreichte das Finale der besten sechzehn, in dem er einen Favoriten nach dem anderen ausschaltete, ehe sich der 21-Jährige aus Dublin dem erfahrenen Tokuda geschlagen geben musste. „Allein das Finale zu erreichen war schon verrückt genug.“ Dennehy reiste speziell vorbereitet nach Italien. „Ich trainierte täglich vier Stunden“, erzählt Daniel, der in seiner Heimat bereits eine kleine Berühmtheit ist. „Und alles unter freiem Himmel, es gab keine Halle. Selbst bei Regen und Kälte. An meinem Platz unter der Straßenlaterne auf einem Parkplatz. Manchmal bis Mitternacht.“ Sieht sich Dennehy am Ziel seiner Freestyle-Träume? „Dieses Mal war nicht mehr drin. Tokuda hat den Sieg absolut verdient … aber ich komme wieder!“ www.redbullstreetstyle.com

DIE ROLLING STONES DES RAP

Die drei populärsten Fitness-Apps der Welt

Hip-Hop-Legende Chuck D feiert das 25-jährige Bestehen seiner Crew Public Enemy.

RUNTASTIC PRO Die App für Ausdauersportler zeichnet Trainingsdaten wie Distanz, Zeit, Geschwindigkeit, Pulsdiagramm und Kalorienverbrauch auf.

1987 erschütterte eine junge Hip-Hop-Crew die Musikwelt: Public Enemy. Mit dem Album „Yo! Bum Rush the Show“, einem Feuerwerk aus Sirenen, Beats und Politik. Bis heute gilt das Album als Meilenstein, Frontmann Chuck D als „gutes Gewissen des Hip-Hop“. Nun melden sich der Meister und sein Kollege Flavor Flav zurück.

POCKET YOGA Anschaulich illustriert, verhelfen knapp 150 GaiaFlow-Yoga-Posen zu besserer Körperspannung und -haltung.

Welche Beschreibung von Public Enemy magst du? „Die Rolling Stones des HipHop“. Flavor Flav und ich als Mick Jagger und Keith Richards. Das passt! Die Stones feiern ihren Fünfziger, wir den halben Fünfziger. Was ist das Beste an der

Karriere als Rap-Star? Die Welt zu bereisen. Und Leute zu treffen, die sich für deine Musik bedanken. Wenn jemand sagt: „Zu eurer Musik kann man sich toll besaufen!“, ist das aber auch okay. Kollege Dr. Dre brachte Kopfhörer auf den Markt. Welchem Produkt würdest du deinen Namen leihen? Es müsste etwas sein, das ich wirklich verwende. Vielleicht ein Deodorant? Wäre es gut, hätte ich kein Problem damit, zu sagen: „An dieses Deo glaube ich.“ Ich könnte das nicht über Fastfood sagen, das Zeug krieg ich nicht runter. „The Evil Empire of Everything“ ist bereits erschienen; www.publicenemy.com Wieder da: Chuck D, der Mick Jagger des Hip-Hop

FITNESS BUDDY Mit über 4000 Fotos und 1000 HD-Videos gibt diese App Anleitung zu rund 1700 Übungen und sorgt für Abwechslung in der Kraftkammer.

DAS GEWINNERBILD

Kyoto Sightseeing mal ganz anders: BMXFlatland-Weltmeister Matthias Dandois trifft auf japanische Kultur. Jason Halayko

Macapá Bei 35 Grad am Äquator setzte sich das gemischte Team von der Südhalbkugel durch. Marcelo Maragni, Red Bull Latitude Zero

Talloires Er lebe hoch! Mountainbiker Alexis Vuillermoz (FRA) bringt den Sieg beim Staffelbewerb Red Bull Elements ins Trockene. Stef Candé 13


B U L L E VA R D

Surfen bis zum Gefrierpunkt Eis, Schnee, Minusgrade? Egal. Auf der Eisbachwelle in München wird ganzjährig gesurft.

Eisbachwelle: kalt und oho! Das ist mit den neuen Neoprenanzügen nicht dramatisch – dafür brauchen wir oft Eispickel, um den Zugangsbalken zur Welle freizubekommen.“ Mehr Kopfzerbrechen als jeder eisige Wintertag machen Tao die häufigen Contest-Anfragen von Sponsoren. „Wir lehnen alle ab, weil die Eisbachwelle nicht medial ausgeschlachtet werden soll.“ Einzige Ausnahme: Tao und seine Freunde laden einmal im Jahr – zuletzt im September – zum FUS-Jam, wo sich die lokalen Helden messen. Ohne Preisgeld, „dafür ist das eine oder andere Getränk gratis“, erzählt Tao. www.eisbachwelle.de

Einer von 770 Helden bei der Passüberquerung. Hält der 49-ccm-Motor durch?

MOFA-KULT RELOADED

Red Bull Alpenbrevet oder Die Kunst, mit 1,3 PS und kraft schriller Outfits drei Schweizer Alpenpässe zu bewältigen. In der Regel sind „Töfflis“ nicht eben zur Bewältigung steiler Bergpassagen prädestiniert. Doch einmal im Jahr stellt ein Schweizer Event die 1,3 PS starken Zweitakter auf eine hochalpine Bewährungsprobe: Beim Red Bull Alpenbrevet müssen die Teilnehmer auf ihren 49-ccm-Maschinen drei Zentralalpenpässe (Grimsel, Susten, Furka) überwinden, satte 3500 Höhenmeter. Der Belastungstest für Mensch und Mofa genießt längst Kultstatus: 770 Fahrer aus 14 Ländern (das Rennen war Wochen vor dem Start ausgebucht) gingen bei der dritten Auflage des Red Bull Alpenbrevet an den Start:

TICKETS UND MEHR • REDBULL.DE/SOUNDCLASH

„Unser Rennen ist keines auf Zeit, sondern schafft Raum für Emotionen“, so die Veranstalter, „und huldigt den Achtzigern, als Mofas das Straßenbild prägten.“ Endergebnis des Nostalgie-Race: 64 Mofas blieben auf der Strecke, 706 kamen ins Ziel. Sieger (jener Pilot, der der Durchschnittszeit aller Teilnehmer am nächsten kam und mit schrillem Achtziger-Outfit die Jury zu überzeugen wusste) wurde der Eidgenosse Jan Krähenbühl. Seine Zeit für die 132 Kilometer: 6 Stunden, 39 Minuten. Sein Mofa: eine Sachs, Automatik, Baujahr 1982. www.redbullalpenbrevet.ch

BILDER: ALEX FOERDERER, LORENZ RICHARD/RED BULL CONTENT POOL, MORITZ HAGER/RED BULL CONTENT POOL

Dass der Eisbach im Englischen Garten heute als berühmtester innerstädtischer Surf-Spot der Welt gilt, war so nicht geplant. Vor 120 Jahren wurden ein Bremsbecken und Störsteine im Wasser angelegt, um die Strömung zu verlangsamen – was Flusswellen entstehen ließ, die wiederum in den frühen 1980er Jahren einige Locals auf die Idee brachten, auf den stehenden Brechern zu reiten. Dass die Idee nicht schlecht war, beweisen prominente Stammgäste: Aktuelle Weltklasse-Rider wie Adriano de Souza oder der Ex-Profi und Musiker Jack Johnson pilgern zum Surfen nach München. Besonders Hartgesottene holen auch im Winter ihr Surfbrett aus dem Keller, unter ihnen Szenegröße Tao Schirrmacher: „Da hat das Wasser oft weniger als ein Grad.


B U L L E VA R D

„MUT? BLÖDSINN!“

BILDER: MOHAMMAD REZA SHAHROKHI NEJAD/RED BULL CONTENT POOL. ILLUSTRATION: DIETMAR KEINRATH

Snowboard-Star Marco Smolla über sein Geheimrezept gegen Muskelkater und Deutschlands talentiertesten Youngster.

 : Dein Tipp für die erste Saison-Abfahrt?  : Nur nichts überstürzen! Viele Leute nehmen gleich am Anfang volles Risiko, weil sie denken, Snowboarden hätte etwas mit Mut zu tun – aber das ist Blödsinn. Ganz wichtig ist, in den Wochen vor dem Saisonstart gezielt die Muskulatur zu trainieren, vor allem im Bereich der Knie. Wie verhinderst du Muskelkater am Saisonbeginn? Mit meiner Gymnastikrolle. Damit mache ich zusätzlich zum Dehnen jeden Abend ein paar Lockerungsübungen. Welchen deutschen Snowboard-Spot empfiehlst du? Das Skigebiet Spitzingsee-Tegernsee in Bayern. Dort passt alles: Pisten, Gelände zum Freeriden, Snowpark. Außerdem braucht man von München mit dem Auto nur eine Stunde. Sonst bin ich ehrlich gesagt viel in Österreich, zu Winterbeginn vor allem auf den Gletschern. Welcher Nachwuchs-Rider kommt diesen Winter raus? Flo Corzelius, der fiel mir schon vergangenes Jahr auf. Flo ist sicherlich das größte Talent, das zur Zeit in Deutschland rumläuft. Egal ob Street, Park oder Powder – er ist ein Allrounder mit einem Wahnsinns-Brettgefühl. marco-smolla.blogspot.com

Marco Smolla: auch diesen Winter wieder über alle Berge

Briefe an die Redaktion. Mit Begeisterung lese ich als Erstes immer die „Formelsammlung“. Letztes Heft brachte die „Spritztour“, ließ aber eine ergänzende Frage von mir unbeantwortet, und zwar: Wie tief taucht man beim Sprung aus 28 Meter Höhe ein? Die Annahme dazu: mittlere Dichte des Wassers (der Adria) und ein mittleres Gewicht (des Springers). Dr. Wilfried Korber, Wien Die notwendige Wassertiefe für Cliffdiver beträgt bei Sprüngen aus etwa 28 Metern rund drei Meter. Das klingt wenig, wenn man weiß, dass auf dem Springer beim Eintauchen ein Mehrfaches seines Körpergewichts lastet. Dass Salzwasser einen Hauch dichter ist als Süßwasser, spielt in diesem Fall keine Rolle. Übrigens: Je schneller ein

Springer eintaucht, desto höher der Wasserwiderstand. Womit paradoxerweise gilt: Aus 15 Meter Sprunghöhe muss das Wasser nahezu doppelt so tief sein wie aus 28 Metern. Würde ich ein Magazin machen – mein Ziel und mein Anspruch wären, es so aussehen zu lassen. Jeden Monat bin ich wieder erstaunt, für welche Themen und Geschichten aus aller Welt ihr mich begeistern könnt. Das soll keine Lobhudelei sein, sondern ist meine ehrliche Meinung. Keijo-Keke Platzer, Fohnsdorf Leserbriefe richten Sie bitte per Fax an +43 (0)1 90221-28809, per E-Mail an leserbriefe@at.redbulletin.com. Leserreaktionen werden nur veröffentlicht, wenn sie Name und Adresse bzw. E-Mail-Adresse enthalten.

TICKETS UND MEHR • REDBULL.DE/SOUNDCLASH


B U L L E VA R D

PARADIESVOGEL

DANNY BROWN

Es ist Zeit für eine neue Ära im Hip-Hop – und Danny Brown könnte sie einläuten. Der Revoluzzer über seine Zahnlücke, Kinderbuch-Verse und die neuen Spielregeln im Musikgeschäft.

Geburtsdatum/-ort 16. März 1981, Detroit (Michigan), USA Vertragsprobleme 50 Cent wollte Danny Brown unter Vertrag nehmen, nachdem er dessen Demo gehört hatte. Aus dem Deal wurde letztlich nichts: Browns Hosen waren dem Rap-Tycoon zu eng. Erfolg 2011 erkor das als HipHop-„Bibel“ geltende „Spin“ Browns zweites Album „XXX“ zum besten des Jahres. Zur Freude der Fans stellte der Rapper das ganze Album zum freien Download ins Netz.

Browns zweites Album heißt „XXX“. Bezieht sich auf nix Obszönes, bloß auf sein Alter.

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Asymmetrische Frisur, knalliges T-Shirt, enge Röhrenjeans: Wir begrüßen, Danny Brown, 31, den neuen Stern am Rap-Himmel. Brown tut für den Hip-Hop gerade das, was David Bowie für die Rockmusik geleistet hat: Er bringt Farbe rein. Und das nicht nur mit seinem Outfit. Denn Danny Brown räumt auf mit den Größer-besser-geiler-Macho-Stereotypen, die Rap jahrelang in Geiselhaft hielten. Er befreit Rap aus dem ewig gleichen „Wer hat den teuersten Schlitten und wer die meisten Bitches am Rücksitz“-Einerlei. Mit selbstironischen Party-Texten, mit frischen Electro-Beats, mit kratzigem Stimmbruch-Timbre. Und die junge Generation von RapFans liebt ihn dafür.  : Hip-Hop-Fans scheinen derzeit offener für Neues zu sein denn je. Wie kommt’s?  : Durch das Internet. Als ich jung war, gab’s nur zwei Bezugsquellen für Musik: Freunde und das Radio. Du hattest zehn Rapper, die dir die großen Plattenfirmen vorsetzten, das war’s. Heute sind die Spielregeln völlig andere: Ob ein Major Label Millionen von Dollars in die Platte eines Künstlers steckt oder ob ein Teenager seinen selbstgebastelten Song auf YouTube stellt – es ist egal. Wenn die Musik gut ist, wird sie sich durchsetzen. Dazu kommt: Die Kids sind

Der Rapper im Tiger-Frack: eine Hommage an die Detroit Tigers

ständig auf der Suche nach neuem Stoff. Ein Sechzehnjähriger kann heute Trendsetter und Musikexperte sein. Das ist doch phantastisch! Du hattest es mit deinem Stil anfangs sicher nicht leicht, oder? Die Leute haben mich gehasst! Und viele tun das heute noch. Aber mir ist es lieber, Leute hassen meine Musik, als sie finden sie „eh ganz okay“. Umarme mich, oder spuck mir ins Gesicht. Wie bist du eigentlich zum Rappen gekommen? Durch die Kinderbücher von Dr. Seuss. Die las mir meine Mutter vor, als ich noch ein Baby war. Sie erzählte mir, dass ich damals in Reimen gebrabbelt hätte. Statt „Dad“ sagte ich „Dad-mad“. Dank Dr. Seuss rappte ich also, schon bevor ich sprechen konnte. Du hast bei einem Unfall deine Vorderzähne verloren. Ist die Lücke mittlerweile so sehr Markenzeichen, dass du sie behalten musst? Sie hat definitiv ihre guten Seiten: Frauen fragen mich nach Konzerten zum Beispiel, ob sie ihre Zunge durchstecken dürfen. Andererseits wär’s schon toll, wieder ganz normal einen Hotdog essen zu können. Endlich mal wieder richtig zubeißen – weißt du, was ich meine?

Danny Brown: „Danny Johnson“ (Fool’s Gold) erscheint demnächst.

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER, BILDER: GETTY IMAGES

Name Daniel Sewell


b u l l e va r d

Meine Welt

mick jagger

Aus Anlass des fünfzigjährigen Bandjubiläums der großen Überlebenden des Rock ’n’ Roll: einige Facetten aus dem Leben von Ober-Stone Mick Jagger, die Sie noch nicht kannten. Start Me Up

Michael Philip Jagger wurde am 26. Juli 1943 in Dartford im englischen Kent geboren. Vater Joe war Turnlehrer, Mutter Eva Friseurin. Sein jüngerer Bruder Chris ist ebenfalls Musiker und hat 2009 sein letztes Album veröffentlicht. Bis der junge Jagger 1961 an der London School of Economics ein Wirtschaftsstudium begann, wurde er von allen „Mike“ genannt.

Waitin g on a Frien d

Zwei Wochen vor Jaggers 19. Geburtstag gaben die Stones ihr erstes Konzert. Ab 1966 wurden sie die Charts-­ Rivalen der Beatles. Dieser Wettstreit fand erst spät ein Ende: 2011 verbrachten Paul McCartney und Nancy Shevell ihre Hochzeitsreise in Jaggers Haus auf der Karibik-Insel Mustique.

text: paul wilson. illustration: lie-ins and tigers

Sym pathy For Th e Dev il

Nachdem er ihnen 1969 die Schuld am Tod eines Fans gegeben hatte (beim Altamont Free Concert), schmiedeten die Hells Angels finstere ­Rachepläne: Sie wollten Jagger in dessen Haus auf Long Island ermorden. Die Pläne scheiterten, als das Schiff mit den Möchtegern-Attentätern an Bord bei der Überfahrt kenterte.

Love Is Stro ng

Jagger ist Stammgast in Londons Lord’s Cricket Ground, der Heims tätte von Englands Nationalteam. Die Bühnenanweisungen der „A Big ger Bang“-Tour sahen vor, das s in Jaggers Umkleide Fernse h­kanäle verfügbar sein müssen, die Cricket übertragen. Als 1997 keine TV-Station von einem inte rnationalen Turnier berichtete, gründete er kurzerhand ein Untern ehmen, das die Rechte kaufte und das Turnier online übertrug.

Oh No, Not You Aga in

Mick Jagger und der 145 Tage jüngere RollingStones-Gitarrist Keith Richards wurden im selben Krankenhaus geboren. Im Dezember 1961 kamen sie am Bahnhof ihrer Heimatstadt Dartford miteinander ins Gespräch. „Du musst die ganze ­Scheiße ­gemeinsam durch­ machen“, sagt Richards. „Es ist wie eine Ehe.“

I Wa nna Be You r Ma n

„Jeder andere würde g­ elyncht werden“, scherzte Drummer ­Charlie Watts, als ­Jagger 2003 in den Adelsstand ­erhoben wurde. „18 Frauen und 20 Kinder – und er wird zum Ritter geschlagen!“ Watts selbst hält übrigens bei 16 Frauen und 13 Kindern.

Con gratul ati on s

Forty Licks

Neben Gesang, Mundharmonika und Charisma hat Mick Jagger bei einigen Songs auch die Rhythmusgitarren-Passagen beigesteuert: In „Sway“ auf der LP „Sticky Fingers“ (1971), „Stop Breaking Down“ auf „Exile on Main St.“ (1972) und „Fingerprint File“ auf „It’s Only Rock ’n Roll“ (1974) kann man ihn die Saiten zupfen hören.

2011 gründete Jagger SuperHeavy (eine an, Damian Marley und Supergroup mit Joss Stone, A. R. Rahm count. Ersteres sei er-Ac Twitt einen ete start und Dave Stewart) ist wirklich inter­ teres Zwei hnt, aus Dezenz nur am Rande erwä ent­wickelte eine und t selbs ts Twee seine ibt schre essant: Jagger Eines zeigt ein rn. Bilde von laden beachtliche Fertigkeit im Hoch die Aufnahmen res ande ein , tstag ebur 69. G m seine Geschenk zu für das 50-Jahr-Jubiläumsalbum. www.rollingstones.com

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B U L L E VA R D

EINST UND JETZT

Lebensretter im Taschenformat Pyrotechnik statt Reißleine: Fallschirm-Öffnungsautomaten im Wandel der Zeit.

AUSLÖSER

Diese Öse ist mittels Pin mit der Reißleine des Fallschirms verbunden und zieht ihn beim Auslösen aus dem Loop. Nachteil: Der Pin kann sich verbiegen oder verhaken.

HERZSTÜCK

Das robuste Metallgehäuse beherbergt die Höhen- und Geschwindigkeitsmesser, außerdem den Auslösemechanismus. Das Kabel, das zur Reißleine führt, wird mechanisch vorgespannt.

FXC MODEL 12000

Dieser robuste Klassiker wird hauptsächlich vom Militär eingesetzt und funktioniert mechanisch, also ohne Pyrotechnik oder Batterien. Der Skydiver stellt vor jedem Sprung die gewünschte Auslösehöhe ein. Bei dieser Marke löst das System aus, falls der Springer bis dahin nicht schon selbst die Reißleine gezogen hat. Ein zusätzlicher Geschwindigkeitsmesser löst aus, wenn der Springer mit mehr als 20 Metern pro Sekunde fällt. www.fxcguardian.com

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Hollywoodstar Burt Lancaster geht mit einem frühen Öffnungsautomaten in die Luft.

TEXT: WERNER JESSNER

1970

HÖHENKONTROLLE

Mit dem roten Drehknopf wird das System aktiviert. Die gewünschte Auslösehöhe stellt man zuvor auf der Unterseite über eine Stellschraube ein, abgelesen wird sie auf der Skala vorne.


100 Millionen Sprünge und über 3000 gerettete Skydiver

STEUEREINHEIT

Ein sich selbst kalibrierendes, mikroprozessorgesteuertes System misst laufend Luftdruck und Fallgeschwindigkeit und errechnet daraus kritische Situationen. Selbst Wetteränderungen erkennt Cypres.

EIN KNOPF

BILDER: KURT KEINRATH (2), CORBIS, JOERG MITTER/RED BULL STRATOS

CUTTER

Im Gegensatz zum alten System wird hier an keiner Reißleine gezogen, sondern der Loop im Reservecontainer durch ein pyrotechnisch ausgelöstes Messer durchgeschnitten: verlässliche Methode ohne mechanische Schwachstellen.

2012

Der Fallschirmspringer aktiviert Cypres in der Früh durch bloßes Drücken des roten Knopfs, der Rest passiert selbständig. Das Display hat unter anderem einen Flugzähler und zeigt Servicetermine an.

AIRTEC CYPRES 2

Über 3000 Rettungen, 161.000 verkaufte Geräte und hochgerechnet 100 Millionen Sprünge seit 1991 sprechen eine klare Sprache. Im handlichen, wasserdichten, gut zu bedienenden Cypres des deutschen Herstellers Airtec übernimmt ein Mikroprozessor die Mess- und Denkarbeit. Früher galten Notauslösesysteme als unzuverlässig. Durch technologischen Fortschritt haben sich Systeme wie Cypres mittlerweile als Standard etabliert. www.cypres.cc

Selbst Felix Baumgartner vertraute bei seiner Mission Red Bull Stratos für den Notfall auf Cypres 2.

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b u l l e va r d

Und Action!

Wenn drei Extremsport-Legenden dreidimensionale Filme drehen, spielen drei Themen tragende Rollen: das Wasser des Lebens, innere Stimmen und das Gefühl des Käfiglöwens. Text: Christophe Couvrat, Bilder: Gunnar Knechtel

E

in herzlicher Handschlag. Zum Interview erscheinen Tom Carroll, Surflegende, Doppelweltmeister und dreifacher Sieger des Banzai Pipeline auf Hawaii, und Ross ClarkeJones, der erste Nicht-Hawaiianer, der das Eddie Aikau Memorial (quasi die in­ offizielle Riesenwellen-Weltmeisterschaft) gewann. Die beiden Australier sind sehr gut gelaunt, weil ihr Film „Stormsurfers 3D“ eben hier um die Ecke, beim renommierten San-Sebastián-Filmfestival, sein Europadebüt unter tosendem Applaus ­feierte. Der Plot des Streifens: Mithilfe ­eines Meteo­rologen fahnden Tom und Ross nach Wetterkonditionen, die mons­ tröse Wellen erzeugen, jagen über den halben Erdball, springen ins Wasser und surfen unter Bedingungen, bei denen sonst nur die Seenotrettung ausläuft. Unser dritter Gast am Tisch grinst ebenfalls von einem Ohr zum anderen: Travis Rice, US‑amerikanische Snowboard-Ikone. Mit „The Art of Flight“ hatte er die Sportfilmerei b ­ ereits auf einen neuen Level gehoben, Aufnahmen von Orten gezeigt, an denen nie zuvor eine Kamera war, in ­Bildern, die so noch keiner ­gedreht hatte. Aber hier, im spanischen San Sebastián, legte er noch eins drauf: Weltpremiere der 3-D-Fassung des BigMountain-Epos. the red bulletin: Tom und Ross, was war der beeindruckendste Moment bei eurer Arbeit an „Stormsurfers“? tom carroll: Als mich eine Riesenwelle

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mitsamt Jet-Ski verschlang. Ich dachte, davon erhol ich mich nie wieder. ross clarke-jones: Jetzt kann ich darüber lachen. Aber als ich damals Toms Gesicht sah … Hier auf dem Festival ­beeindruckt mich am meisten, dass das Publikum altersmäßig so stark durchmischt ist. Da sitzen sechsjährige Kinder neben 75-jährigen Großeltern. Es ist das erste Mal, dass Surfen so realitätsgetreu und nicht hollywoodmäßig übersteigert im Film festgehalten wurde. Die Regisseure Chris Nelius und Justin McMillan wussten genau, was sie taten. carroll: Wir hatten 1500 Stunden Rohmaterial. Aus ­denen entstanden eineinhalb Stunden Film. Sehr geballt, sehr konzentriert.

clarke-jones: Ich würde sagen, wir ­haben einen ernsthaften Film gemacht, ohne dabei arrogant zu sein. Was ist das für ein Gefühl, wenn man so eine riesige Welle angeht? clarke-jones: Vor allem ein Adrenalinrausch. carroll: Wenn man eine solche Welle in der Ferne sieht, dann ist da dieses Gefühl von Gefahr. Und dann Action! Go, go, go! Das ist wie bei einem Hund, der sich ­etwas schnappt und nicht mehr loslässt, egal was da kommt. Wenn die Welle kommt, weiß man, dass man sie nicht mehr loslässt und sie einen auch nicht. (Tom knurrt und imitiert einen Hund, der sich in etwas verbeißt.) Travis, wie war das bei „The Art of Flight“ – woran erinnerst du dich am intensivsten? travis rice: An die Action! Das macht den Film ja auch so überwältigend (grinst). Und was war die schwierigste Action? rice: Das Voice-over, die Begleitkommentare nach den Dreharbeiten. carroll: Genau! In so einem Studio fühlt man sich wie ein Löwe im Käfig. Tom und Ross, ihr seid seit 25 Jahren befreundet. Um welche Eigenschaften beneidet ihr einander? clarke-jones: Ich wäre gerne so gut ­organisiert wie Tom. 87 Surfbretter hat er fein säuberlich in seiner Garage anein­ andergereiht. Das ist der Wahnsinn!

„Wenn die Gefahr kommt, beiss ich zu wie ­ein Hund – und lass nicht mehr los.“ Tom Carroll

„Alle sagten: Gib Acht, du bist jetzt Vater … Aber in Wirklichkeit ­ändert sich gar nichts!“

Ross Clarke-Jones

Premiere (o.); Action-Heroes am Red Carpet (u.)


b u l l e va r d

„Die Schwierigste ACtion am ganzen Film ? Das Voiceover im Studio.“ Travis Rice

Action in 3-D: Tom Carroll, Travis Rice und Ross ClarkeJones (von links)

carroll: Der Kerl ist verrückt, nicht nur ein bisschen, sondern total! Habt ihr eure Grenzen e ­ rreicht? carroll: Kommt darauf an, was man als Grenze bezeichnet. Je älter man wird, desto mehr denkt man auch an die Folgen, die ein Sturz haben kann. Da ist diese leise innere Stimme, die einem sagt, ob man etwas machen soll oder es doch besser bleibenlässt. Ich habe die fünfzig überschritten. Meine körperliche Verfassung ist eine ganz andere als noch mit zwanzig

oder dreißig. Aber auch meine Einstellung hat sich geändert. Ich bin mir heute der Risiken viel mehr bewusst. clarke-jones: Mir sagten alle, du musst vorsichtiger werden, immerhin bist du ­Vater … Aber in dir drinnen ändert sich in Wirklichkeit gar nichts. rice: Für mich sind Grenzen grenzenlos. Das ist schließlich auch das Prinzip einer Grenze. Die beiden da sind zum Beispiel der Beweis dafür, dass Alter keine Grenze sein muss (zeigt auf Tom und Ross).

carroll: Grenzen haben auch mit dem Unterbewusstsein zu tun. Sie spiegeln es wider. Umsonst wird man ja auch nicht zur Legende. Apropos, was haltet ihr von Kelly Slater und Laird Hamilton? carroll: Kelly ist einmalig. Er macht ­alles unglaublich gewissenhaft, ob es nun Surfen, Golfspielen oder was auch immer ist. Ein ganz außergewöhnlicher Typ. clarke-jones: Genau wie Laird. Aber du, Tom, du bist auch einmalig. carroll: Du doch auch, Ross. (Gelächter.) clarke-jones: Aber wir haben vielleicht mehr Spaß als sie. (Beide lachen.) Wie seid ihr zwei eigentlich zum Surfen gekommen? clarke-jones: Das war so: Ich habe Rugby gespielt, auf der Haklerposition, und dann … carroll: Ich hab auch gespielt: als Verbindungshalb! clarke-jones: Weißt du, wenn man in Australien am Wasser aufwächst, dann surft man einfach. Und außerdem reizt ­einen dabei ja auch die Gefahr. In euren Filmen birgt das Wetter eine Menge Gefahrenpotential. Es heißt, ihr seid zu veritablen Meteorologen geworden. rice: Durchaus! Man muss sich mit dem nassen Element auskennen. Wir bestehen zum Großteil aus Wasser. Unser Planet besteht hauptsächlich aus Wasser. Es ist überall. Auch Schnee ist Wasser. Er ­bewegt sich, wie ein Fluss. Abschlussfrage: Was ist euer ultima­ tiver Traum? carroll: Den erleben wir gerade in diesem Moment! clarke-jones: Das ist das, was man machen wollte, als man noch ein Kind war. carroll: Dass man mit dem gegenwärtigen Zustand glücklich und zufrieden ist. clarke-jones: Eine schöne 30-MeterWelle, das wär’s! (Alle lachen.) carroll: Also, ich bin mit dem, was ich gerade tue, sehr zufrieden. Mehr unter: www.artofflightmovie.com und www.stormsurfers.com.au

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B U L L E VA R D

MEIN KÖRPER UND ICH

KATHERINE REUTTER muss Reha, Training und Studium unter einen Hut bringen. Aber bremsen lässt sich die 24-jährige zweifache US-amerikanische Shorttrack-Olympiamedaillengewinnerin davon nicht. www.katherinereutter.com

1 RUNDER RÜCKEN

Beim Shorttrack muss der Rücken rund sein, damit du schnell bist. Du musst deinen Bauchnabel „einsaugen“ und die Hüften unter dir hochziehen. Mein Problem dabei: Genau dieses Rundmachen des Rückens tut mir richtig weh.

Ich hatte immer Probleme mit der Hüfte. Das lag daran, dass mein Oberschenkelkopf wie ein Ei geformt war, nicht wie eine Kugel. Chirurgen brachten das in Ordnung: Sie zogen meinen Oberschenkel aus der Hüftpfanne und schabten den Kopf ab, bis er die richtige Form hatte.

3 HEISSE FÜSSE

Ein Trick, um Blasen zu vermeiden: Stell deine Schuhe in den Backofen, bis sie richtig heiß sind. Dann zieh sie an und binde sie ganz fest zu. So passen sie sich der Form deiner Füße perfekt an.

4 KÖRPERKULT

Ich bin ein Fitness-Freak. Der menschliche Körper fasziniert mich, er ist ein wunderbar funktionierendes System. Ich will alles wissen – wie man ihn richtig ernährt, wie man ihn richtig trainiert, wie er auf all das reagiert. Darum studiere ich auch Sportphysiologie.

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5 RUHIGER GEIST

Die vielen Verletzungen machten mich zu einem viel ruhigeren Menschen. Früher habe ich mich von meinen jeweils letzten Ergebnissen verrückt machen lassen. Jetzt konzentriere ich mich darauf, das Beste aus meinem jeweils nächsten Rennen zu machen.

6 ERSTE SCHRITTE

Mit fünfzehn wurden mir bei einer Operation Knochensporne aus dem Knie entfernt. Klar, Eisschnelllauf ist nicht gut für die Knie. Aber ich glaube, die Sporne rührten eher daher, dass ich ein ziemlich wildes Kind war.

TEXT: LAURA DUNPHY. BILD: TOM BEAR

2 PERFEKTE HÜFTE



B U L L E VA R D

HERO

DANIEL ABT

Der Papa ist Rennstallbesitzer, der Onkel Rennfahrer. Seine Vorbilder tragen große Namen. Nach ersten verheißungsvollen Erfolgen reiht sich Daniel Abt ein auf der Überholspur.

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Der GP3-Vorjahressieger Valtteri Bottas beschränkte sich 2012 auf seine Rolle als Testfahrer für Williams. Würde dich das auch reizen, oder wär’s langweilig, so ganz ohne Renneinsätze? Klar würde ich gerne Formel 1 testen, aber es wäre nicht sinnvoll, sonst nur auf der Bank zu sitzen. Ich bin erst 19 Jahre alt, da ist es wichtig, Rennerfahrung zu sammeln und nichts zu überstürzen. Wie geht es jetzt weiter? Noch ist nichts entschieden. Ich werde im Winter für das Lotus-Team ein GP2-Auto testen. Wenn ich gut damit zurechtkomme, wäre das der sinnvollste Schritt. Wächst da ein neuer Vettel heran? Ich habe kein Vorbild, dem ich nacheifere. Aber bei seinen Erfolgen, finde ich, kann, ja muss man zu ihm aufschauen. Was bewunderst du an Vettel? Sein Speed ist enorm. Was er aus dem Auto rausholt. Wie er seinen Teamkollegen im Griff hat. Seine Fähigkeit, von der ersten Runde an Topleistung zu bringen. So richtig beeindruckt bist du aber von einem anderen Formel-1-Fahrer …

… von Lewis Hamilton – es macht einfach Spaß, ihm zuzuschauen. Einmal in einem Feld mit Hamilton, Vettel und Alonso fahren, das wäre eine feine Sache. Bist du eher der kühle Techniker oder der emotionale Typ? Der emotionale. Früher zu sehr, ich habe unterm Helm durchgedreht, wenn etwas schieflief. Mittlerweile habe ich gelernt, meine Emotionen positiv zu nutzen. Name Daniel Abt Geburtsdatum/-ort 3. Dezember 1992, Kempten im Allgäu Beruf Rennfahrer, Geschäftsführer der Abt Lifestyle GmbH Erster Job Felgenputzen an Kundenautos in der väterlichen Werkstatt: „Am Abend gab’s fünf Mark dafür.“

Karriere 2001 bis 2007 Kart, 2008/09 ADAC Formel Masters (2009 Meister), 2010 Deutsche F3 (Platz 2), 2011 Formel 3 (FIA F3 Platz 4), 2012 GP3 (Platz 2)

BILDER: DANIEL KALISZ/LAT PHOTOGRAPHIC

R

 : 2009 und 2010 Deutschlands Motorsport-Talent des Jahres, 2012 als Rookie in der GP3 den Titel nur um zwei Punkte verpasst: Enttäuscht?  : Im ersten Moment, ja. Aber man muss das Ganze positiv sehen. Ich hab beim Finale in Monza einen Sieg und Platz 2 geholt, bin in der Meisterschaft von Platz 4 auf 2 vorgerückt, fast hätte es zum Titel gereicht. Ich war bester Neueinsteiger, damit kann ich zufrieden sein. Wäre der Zypriote Tio Ellinas nicht im zweiten Rennen an dir vorbei in Führung gezogen, wärst du jetzt Meister … Der Zypern-Urlaub ist gestrichen (lacht). Wo ging die Meisterschaft verloren? Ärgerlich, dass es für meinen ersten GP3Sieg in Spa nur halbe Punkte gab, weil das Rennen abgebrochen wurde. Hätte es nur eine Runde länger gedauert, wäre ich jetzt Meister. Aber den Titel habe ich in den ersten vier Saisonläufen verspielt: Da bin ich nicht so schnell zum Tempo gekommen, wie ich’s mir gewünscht hatte.

Daniel Abt auf Lotus holte in der GP3-Wertung 2012 Platz 2: „Ich bin in der ersten Saisonhälfte nicht so schnell zum Tempo gekommen, wie ich mir das gewünscht hatte.“


Eher Talent oder harter Arbeiter? Ich denke, dass ich mit einem gewissen Instinkt und Talent gesegnet bin. Natürlich muss ich trainieren, aber da gibt es manche, die mehr tun müssen, um das gleiche Level zu erreichen. Die Abts sind eine Rennfahrerfamilie: Papa Hans-Jürgen ist Teamchef in der DTM, Onkel Christian war erfolgreicher Fahrer: Ist der Name Fluch oder Segen? Beides. Anfangs wurde ich oft auf meinen Nachnamen reduziert. Als die ersten Erfolge kamen, änderte sich das. Die Leute kennen nun meinen Vornamen. Natürlich ist der Name auch ein Türöffner. Wolltest du immer schon Rennfahrer werden? Als kleiner Junge wollte ich immer ein cooler Gangsta-Rapper werden. Ich war ein riesiger Eminem-Fan. Dann hat man mich in ein Kart gesetzt, und das hat mir gefallen. Da gab es keinen Zwang. Wenn ich Papa gesagt hätte, ich will lieber Fußball spielen, hätte er das schweren Herzens akzeptiert. Ist die DTM eine Option? Grundsätzlich schon. Die DTM ist nach der Formel 1 mit Abstand die beste Serie, die man als Rennfahrer bestreiten kann, aber für mich ist das Plan B. Einsätze im Sportwagenbereich? Nein. Ich bin einmal einen GT-Boliden gefahren, aber wenn man ein Formelauto gewöhnt ist, fragt man sich, was los ist, weil man so früh bremst und in der Kurve so langsam ist. Was willst du im Sport erreichen? Ich will der Beste sein. Das war schon als Kind so, ich kann ganz schlecht verlieren. Ist dieser Ehrgeiz deine größte Stärke? Er treibt mich an. Ich könnte mit einem zehnten Platz nie zufrieden sein. Macht dir auch etwas Angst? Der Bungee-Jump, den ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Ich mache mir beinahe in die Hose, wenn ich daran denke … Neben deiner Motorsport-Karriere bist du Geschäftsführer der Abt Lifestyle GmbH. Ich will nicht eines Tages sagen müssen, ich bin nur im Auto gesessen und habe keine Ahnung vom Leben. Wo wärst du gelandet, wenn du kein Rennfahrer geworden wärst? In der Wirtschaft. Ich bin kein schlechter Allroundsportler, aber man darf mir keinen Ball in die Hand oder vielmehr an den Fuß geben … mit dem Kicken klappt’s nur auf der PlayStation. www.danielabt.com

„In einem Feld mit Hamilton, Vettel und Alonso zu fahren wär ’ne feine Sache.“



b u l l e va r d

Formelsammlung

Frankreichs Keeper Thierry Omeyer im olympischen Final-Duell gegen Schwedens Kreisläufer Andreas Nilsson.

Glücksspiel

text: martin apolin. illustration: Mandy fischer. bild: imago

Intuition ersetzt Reaktion: Warum dies speziell für Handballtormänner gilt, erklärt der Physiker*.

Handball in Formeln … Kann ein Handballtormann überhaupt schnell genug auf einen Wurf reagieren? Und was bedeutet eigentlich physiologisch ­gesehen „Reaktion“? Zunächst muss der elektrische Impuls vom Auge zum Gehirn ­gelangen. Dieses analysiert die Situation und „programmiert“ eine motorische Antwort. Dann muss diese Antwort als elektrischer Impuls zu den Muskeln gelangen (siehe Abb. 1). Vorher gibt’s keine adäquate Bewegung. Die gemessenen Mindestreaktionszeiten auf optische Reize liegen bei 0,15 Sekunden. Schneller geht’s nicht, das verbietet die Physiologie! Diese 0,15 s gelten auch für Einfachreaktionen, wenn man etwa eine aufleuchtende Taste drücken muss. Der Tormann muss aber nicht nur reagieren, er muss richtig reagieren (komplexe Reaktion). Deshalb dauert die „Denkphase“ des Gehirns länger. Schätzen wir die ­Reaktionszeit daher mit wesentlich realistischeren 0,2 s ab. Wie lange fliegt der Ball zum Tormann? Dieser steht meist weit vorm Tor – bei einem 7-Meter-Strafwurf etwa sind bis zu 4 m erlaubt. Nehmen wir an, dass der Abstand von der Wurfhand bis zum Torwart 3,5 m beträgt. Es gilt: Geschwindigkeit ist Weg pro Zeit (v = s/t) und daher t = s/v. Die Flugzeiten des Balls bis zum Tormann bei verschiedenen Geschwindigkeiten sind in Abb. 2 zu sehen. Selbst bei 40 km/h (11,1 m/s) – was ziemlich „geschupft“ ist – braucht der Ball nur etwa 0,3 s zum Tormann. Zieht man die Reaktionszeit ab, hätte dieser also nur 0,1 s, um Hand oder Fuß zum Ball zu führen. Bei realistischeren Geschwindigkeiten ab etwa 65 km/h (18,1 m/s) wäre der Ball schon innerhalb der ­Reaktionszeit von 0,2 s da. Eine Reaktion ist also unmöglich! Die Statistik sagt nun: Der Handballtormann hat eine Chance von etwa 25 %, den Ball zu halten. Warum laut unserer Berechnung nicht 0 %? Die Antwort lautet: Antizipation! Der Tormann kennt etwa die Lieblingsecke des Schützen und stellt sich entsprechend darauf ein. Oder er kann anhand der einleitenden Armbewegung die Wurfrichtung erahnen. Seine Abwehrbewegung muss auf jeden Fall starten, ehe der Ball geworfen wird: Eine ­erfolgreiche Abwehr hat immer auch mit Glück zu tun. Bleibt noch zu klären, warum der Torwart so weit vor dem Tor steht. Stünde er auf der Linie, würde sich die Flugzeit ja ­verdoppeln. Das Problem: Das Tor ist 3 m breit (und 2 m hoch), die Spannweite der ausgestreckten Arme beträgt aber nur etwa 1,8 m. Es fehlen also 60 cm in jede Richtung! Welcher Bereich des Tors abgedeckt wird, wenn man bei 3,5 m steht, kann man mit dem Strahlensatz berechnen. Es gilt: a¹/a² = b¹/b² und somit b² = b¹ · a² /a¹ = 1,8 m · 7 m/3,5 m = 3,6 m. Damit deckt man das ganze Tor ab, selbst wenn man die Arme schräg nach unten hält. … und in der halle „Vor einem Siebenmeterwurf setze ich den Werfer psychologisch unter Druck“, sagt Frankreichs Nationaltorhüter Thierry Omeyer, „indem ich ihn mit meinem Blick fixiere. Dann, kurz vor dem Wurf, versuche ich die Richtung des Balls über die Armhaltung des Gegners zu erraten – oder ich folge einfach meinem Gefühl.“ www.ihf.info * Mag. DDr. Martin Apolin, 47, Physiker und Sportwissenschaftler, arbeitet als AHSLehrer und Lektor an der Fakultät für Physik in Wien und ist mehrfacher Buchautor.

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B U L L E VA R D

ZAHLEN DES MONATS

ADAMS ERSCHAFFUNG

Im November 1512 wurde Michelangelos weltberühmtes Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle enthüllt. Bekanntester Ausschnitt: „Die Erschaffung Adams“. Zahlen über Menschen, Finger und Gehirne.

Michelangelo Buonarrotis Deckengemälde stellt neun Szenen der Schöpfungsgeschichte dar und misst 520 Quadratmeter, was der Größe von zwei Tennisfeldern entspricht. Zur Zeit seiner Entstehung war es das größte Deckenfresko der Welt. Als Maltechnik wählte der zu Projektbeginn 33-Jährige die schwierigste überhaupt: „buon fresco“ – mit wasserlöslichen Farben auf feuchtem Putz. Obendrein war Michelangelo ein Kontroll-Freak: Seine Helfer ließ er bloß kleine Figuren und Hintergründe malen, Farben mischen und Gerüste umbauen – der Meister arbeitete in 20 Meter Höhe.

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Das Gehirn ähnelt der Blase um Gott (u.).

3000

Michelangelo erhielt 3000 Dukaten für das Deckenfresko. Das entspricht heute einer Summe von zwei Millionen Euro, damals war es das Dreißigfache des Jahreseinkommens eines angesehenen Künstlers. Allerdings zahlte Michelangelo selbst einen hohen gesundheitlichen Preis: Albträume quälten ihn, weil der Papst oft monatelang zahlungssäumig war. Außerdem litt er unter Kopf- und Rückenschmerzen wegen der Belastung. In einem Sonett über diesen malerischen Kraftakt schrieb er: „Der Bart starrt himmelwärts, und das Genick fühl ich am Buckel … Mein Pinsel tropft, die Kleckserei macht mir aus dem Gesicht ein Mosaik.“

Das Zentrum des Freskos bilden die Hände Gottes und Adams. Ironisches Detail: Zwei Finger in diesem Ausschnitt stammen eigentlich gar nicht von Michelangelo selbst. 1565, ein Jahr nach dessen Tod, beauftragte Papst Pius IV. den Maler Domenico Carnevale damit, Adams Zeige- und Mittelfinger neu zu malen, da diese infolge eines Risses an der Decke abgebröckelt waren. Die Tatsache, dass der Papst einen unbekannten Künstler diese Arbeit erledigen ließ, zeigt, dass „Die Erschaffung Adams“ in Michelangelos Zeitalter noch nicht als zentrales Fresko-Meisterwerk betrachtet wurde.

Die Erschaffung Adams

Fingerkontakt am Filmplakat von „E. T.“

4.440.000

Papst Julius II.

Anfang des 16. Jahrhunderts wurde Michelangelo als neuer Star von Roms Kunstszene gefeiert. Das rief Neider auf den Plan, allen voran Raffael. Er war es, der Papst Julius II. empfahl, Michelangelo mit dem Fresko zu beauftragen. Sein tückischer Plan: Entweder würde sein Rivale scheitern – schließlich war Michelangelo in erster Linie Skulpteur –, oder die Arbeit würde ihn überfordern, so dass er auf Jahre diskreditiert wäre. Raffaels Plan ging nicht auf. In 41 Monaten hatte Michelangelo das Fresko fertig. Nach der Fertigstellung wurde der Künstler „Il Divino“ („der Göttliche“) genannt.

4,44 Millionen Besucher pilgern jährlich in die Sixtinische Kapelle. Gerade diese Beliebtheit ist es, die Maurizio De Luca, Chefrestaurator der Vatikanischen Museen, zur Verzweiflung treibt: Bisher wurde alle zwei Jahre der Staub mit Pinseln von der Decke entfernt, das reiche aber nicht mehr. Der hohe Andrang ist zu viel für die Belüftungsanlagen – Atem und Körperwärme erzeugen Feuchtigkeit und setzen den Kunstwerken zu. Ein erster Lösungsansatz: Die Öffnungszeiten wurden ausgedehnt, damit sich das Publikum besser über den Tag verteilt.

Raffael Michelangelo im Alter von 55 Jahren

Die Sixtinische Kapelle

2

6

1990 stieß der Gehirnforscher Frank Meshberger beim Blättern in einem Kunstbuch auf ein interessantes Detail: Das angewinkelte Bein eines Engels sieht aus wie die Hirnanhangsdrüse, der Schal unter Gottes Umhang ähnelt der Schlagader, die das Gehirn mit Blut versorgt. In einer Studie zeigte Meshberger: Die rechte Seite des Freskos entspricht bis ins Detail dem Längsschnitt der sechs Gehirnbereiche. Die Enthüllung löste wilde Spekulationen aus: Wollte Michelangelo andeuten, dass Gott nur in unseren Köpfen existiert? Ist das sogenannte „Easter Egg“ eine versteckte Kritik am Vatikan? www.museivaticani.va

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TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: PICTUREDSSK.COM (3), THE KOBAL COLLECTION, DDP, GETTY IMAGES, LAIF

520


Medienpartner:


action

„Da oben wirst du sehr bescheiden“ auf den tag genau 65 jahre nachdem uS-testpilot „chuck“ yeager als erster Mensch die Schallmauer in einem Flugzeug durchbrochen hatte, hob red bull Stratos nach mehrjähriger test- und vorbereitungsphase ab. der 43-jährige österreichische Skydiver Felix baumgartner überwand dabei am 14. ok-

30

tober 2012 über new Mexico, uSa, als erster Mensch ohne Fremdantrieb mit 1342,8 km/h (Mach 1,24) die Schallmauer. er fixierte auch rekorde für die höchste bemannte ballonfahrt und den höchsten absprung (128.100 Fuß/39.045 Meter) sowie die größte im freien Fall zurückgelegte distanz

(119.846 Fuß/36.529 Meter). den rekord für den längsten Freifall, 1960 aufgestellt vom uS-amerikaner joe kittinger, verfehlte baumgartner mit 4:22 Minuten um 14 Sekunden. (Man könnte sagen, Felix war einfach zu schnell unterwegs und daher zu schnell wieder unten.) doch mehr noch als um


Bild: Predrag VuCKoViC/red Bull stratos

rekorde, mehr als um daten für die wissenschaft ging es bei red bull Stratos darum, Menschen zu inspirieren, etwas großes zu wagen, grenzen zu hinterfragen: was liegt hinter dem horizont? Philosophischer als baumgartner auf der Schwelle seiner kapsel kann man es kaum formulie-

ren: „Manchmal muss man sehr hoch aufsteigen, um zu erkennen, wie klein man ist.“ wir übergeben hiermit an unseren Mann in der Stratosphäre. exklusiv im red bulletin präsentiert baumgartner eine chronik jener tage, die ihn zu einem wahren helden unserer zeit gemacht haben.

12:16

Sonntag, 14. oktober 2012

ein hiStoriScher MoMent: Felix baumgartner hat nach seinem Fall aus 39 kilometer höhe, bei dem er bis zu 1342 km/h schnell war, in new Mexico wieder festen boden unter seinen Füßen.


17:00

Mittwoch, 10. Oktober 2012

FELIX: „Selbstverständ-

lich habe ich mich für das Projekt Red Bull Stratos auch körperlich in Bestform gebracht.

Grundlagenausdauer, Kraft, Kraftausdauer, das volle Programm. Mir war klar, dass ich nicht nur während der paar Minuten im Freifall meine Leistung bringen können muss, sondern auch während der langen, anstrengenden Tage davor. Darauf musste ich bestmöglich vorbereitet sein.“ Andy Walshe: „In den Tagen

vor dem Launch habe ich Felix im Gym noch einmal richtig hart rangenommen. Tags davor

habe ich ihn nur noch leichtes Cardio-Training machen lassen.“ (Andy ­Walshe ist High Performance Director von Red Bull Stratos.)

18:00

Freitag, 12. Oktober 2012

FELIX: „Ich habe Klaus bei

einem Northland-Dreh im salzburgischen Leogang kennengelernt, und die

Klaus Hammerle: „Vor dem Sprung waren Felix’ Energielevels auf dem ­Maximum, man konnte es

s­ ogar in seinem Gesicht sehen. Nur wenige Menschen sind in der Lage, eine solche Spannung und einen solchen Fokus der­ maßen präzise aufzubauen.“ (Klaus Hammerle ist Masseur und Naturheiltherapeut.)

Bilder: joerg mitter/red bull stratos

Chemie zwischen uns hat gleich gepasst. Er ist viel mehr als ein Masseur für mich: Er greift mich an und spürt, wie es mir geht, was er tun muss, um mich maximal leistungsfähig zu machen. Klaus versteht den Körper als Gesamtes, er sieht, wie es um meine Energiereserven steht. Ich musste ihn überreden, mit nach Roswell zu kommen, weil er das Rampenlicht scheut. Aber mir war wichtig, ihn in der entscheidenden Phase dabeizuhaben.“


action

10:00

Samstag, 13. Oktober 2012

FELIX: „Meine gesamte Fami­ lie war da. Freundin Nici, die

ihr hier mit mir beim morgend­ lichen Kaffee bei Starbucks seht, Mutter, Vater, Bruder, die engsten Freunde. Für einige war es der erste USA-Trip überhaupt, und ich denke, dass er allen unvergesslich bleibt. Ich wollte die wichtigsten Menschen in meinem ­Leben beim wichtigsten Projekt meiner Karriere um mich haben.“

02:40

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Nicht EINFACH, in der

Nacht davor Schlaf zu finden. Kurz nach zwei Uhr in der Früh bin ich aufgestanden, habe einen

Erdbeer-Smoothie getrunken und bin raus zum Flughafen gefahren. Nachdem uns am Dienstag zuvor der Wind einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, hoffen wir diesmal auf bessere Bedingungen. Meteorologe Don Day, Joe Kittinger, Technical Project

Director Art Thompson und High Performance Director Andy Wal­ she sprechen alles mit mir noch einmal durch. Um 3:10 Uhr steige ich nochmals allein in die Kapsel, in Zivilkleidung, um im Stillen die wichtigsten Abläufe ein weiteres Mal durchzugehen.“

33


Action

05:18

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Luke Aikins (links)

und Mike Todd sind bei mir in meinem Trailer.

Zum letzten Mal ziehe ich den Druckanzug an, zum letzten Mal atme ich reinen Sauerstoff vor, um den Stickstoff aus meinem Blut zu ‚waschen‘. Inzwischen wird draußen auf dem Flugfeld der Ballon ausgebreitet und via Flight Train mit der Druckkapsel verbunden. Exakt um 7:04 Uhr öffnet Andy Walshe die Tür des Trailers. Die Sonne hat den Horizont im Osten Roswells blutrot gefärbt. Keine Anzeichen von Wind. Heute ist ein wunder­ schöner Tag.“

34


07:07

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Ein Hubstapler

hebt Mike Todd, meinen Life Support Engineer, und mich hoch zur Kapsel. Mike schnallt mich in den Sitz. Wie für alles gibt’s auch dafür ein minuti­öses Protokoll, das wir genau einhalten müssen. Alles ist okay. Jetzt heißt es warten, bis Meteorologe Don Day das Okay für das Befüllen des Ballons gibt. Das könnte heute fast eineinhalb Stunden dauern. ­Damit ich nicht zu schwitzen ­beginne, wird Kühlluft über einen Schlauch in die Kapsel geblasen. Das wird mir ­allerdings zu kalt, also weise ich mein Team an, den Schlauch wieder zu entfernen.“

09:00

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Um exakt 8:44 Uhr

bilder: joerg mitter/red bull stratos (2), balazs gardi/red bull stratos (3)

ist das Kommando zur Befüllung des Ballons gekommen. Jetzt strömt Helium in diese gigantische Hülle, die mich in die Stratosphäre bringen soll. An genau dieser Stelle waren wir schon vor fünf Tagen: Am 9. Oktober hat Wind in der Höhe der empfind­ lichen Ballonspitze einen Start­ abbruch erzwungen. Der Wind hatte begonnen die Hülle zu verdrehen, ein sicherer Start war unmöglich, der Ballon verloren. Ich konnte es kaum glauben, und ich musste all meine Professionalität aufbieten, um diesen Schock wegzustecken. Das hier ist unser letzter Ballon. Doch heute geht alles gut.“

09:31

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Takeoff! In der Kapsel siehst du nicht, was passiert. Du hoffst, dass dein Team alles richtig macht.“ Don Day: „Aus dem abgebro-

chenen Start haben wir gelernt: Wir mussten noch präziser und schneller arbeiten und Felix früher am Vormittag in die Luft bringen. Für heute hatten meine Modelle ein 20-Minuten-Fenster ergeben, von 9.20 bis 9.40 Uhr. In der Mitte dieses Fensters hat Ballon-Chef Ed Coca die Startfreigabe erteilt. Ein Bilderbuchstart. Hätten wir auch diesen Ballon abschreiben müssen, ­wären wir vermutlich erst im Juli 2013 wieder gestartet.“ (Don Day ist Chef-Meteorologe von Red Bull Stratos.)


09:40

Sonntag, 14. oktober 2012

FeLiX: „die erSten FLug-

Minuten Sind die kritiSchSten. in geringer höhe

11:31

Sonntag, 14. oktober 2012

FeLiX: „wir haben ein ProbLeM. ein groSSeS

ProbLeM. anscheinend funktioniert die visierheizung meines helms nicht: Mein atem kondensiert innen. wer sich jemals auch nur mit einer beschlagenen Skibrille eine schwarze Piste runtertasten musste, ahnt vielleicht ansatzweise, was das für einen Freifall mit überschall aus der Stratosphäre bedeuten würde – noch dazu in einem druckanzug. die Mission steht am rande des abbruchs. joe kittinger entscheidet, den Funkkontakt zwischen mir und der Mission control, der kommandozentrale in roswell, auf geheim zu schalten, damit wir die Lage offen und direkt besprechen können.“

11:45

Sonntag, 14. oktober 2012

art thoMPSon: „wir haben FeLiX angewieSen, die

viSierheizung voM StroMkreiS der kaPSeL zu trennen und sie probeweise an die Stromversorgung

des chest Pack anzuschließen, die auch im Freifall die versorgung übernimmt. auf den kameras der Mission control konnten wir sehen, dass die heizung jetzt funktionierte. dennoch überließen wir Felix die entscheidung, ob er unter diesen umständen springen wollte.“ (art thompson ist der technische Projektleiter von red bull Stratos.)

Mike todd: „die viSierheizung hatte biSLang

noch nie ProbLeMe geMacht. in der Stratosphäre

wachsen sich selbst kleinigkeiten zu Problemen aus, die den Missionsabbruch bedeuten können.“ (Mike todd ist Life Support engineer von red bull Stratos.)

FeLiX: „eS war Meine entScheidung, trotz eines potentiellen Problems mit der visierheizung zu springen. die entscheidung hat sich als richtig erwiesen. ich wollte das durchziehen. und die alternative, nämlich ein abstieg in der kapsel, war halt auch nicht sonderlich verlockend.“

Bilder: joerg mitter/red Bull stratos (4), jaY NemetH/red Bull stratos (3)

habe ich nicht die chance, die kapsel rechtzeitig zu verlassen und mit dem Fallschirm auszusteigen, falls etwas schiefgeht. beim betrachten der bilder fällt mir so richtig auf, wie dünn und klein der ballon in erdnähe aussieht, während er in der Stratosphäre wegen des geringeren außendrucks dann rund und prall ist. eigentlich sollte man dieses bild im Physikunterricht zur erklärung des atmosphärendrucks verwenden!“


action

12:07

Sonntag, 14. oktober 2012

FeLiX: „eS iSt Schwer in worte zu FaSSen,

waS du in dieSeM MoMent FühLSt. natürlich bist du ihn im geiste tausendfach durchgegangen, aber nichts kann dich auf die schiere größe dieses augenblicks vorbereiten, wenn der himmel über dir tiefschwarz ist, du die erdkrümmung siehst, 39 kilometer nichts unter dir ist und du weißt: du bist angekommen. das ist der Punkt, auf den du so lange hingearbeitet hast. es ist ein unwiederbringlicher Moment. noch nie zuvor war ein Mensch so hoch heroben, geschützt allein von einem druckanzug. ,come up and get Me‘ ist der neckische titel von joe kittingers biografie, kommt und holt mich doch. es ist ein Privileg, hier stehen zu dürfen. ich empfinde große demut vor dem universum und bin mir der eigenen winzigkeit bewusst. ‚ich komme heim‘, sage ich, bevor ich abspringe, und das entspricht zutiefst dem, was ich in diesem Moment empfinde. ich bin am weitest entfernten Punkt meiner reise angelangt. ab jetzt geht es wieder nach hause, metaphorisch wie auch ganz real. der absprung ist perfekt. in den ersten 34 Sekunden falle ich wie im bilderbuch. dann schaltet sich die große waschmaschine im himmel ein.“

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Action

12:07

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Ich versuche in

­ osition zu bleiben. Ich P spüre nichts, keine Anhalts-

punkte, keine Luft, keinen Lärm. Da ist nur das Nichts. Ich spüre nicht einmal, wie schnell ich bin, es fehlen die Referenzpunkte. Möglicherweise habe ich auch die Schallmauer bereits durchbrochen, aber das kann ich natürlich nicht hören: Ich bin ja schneller unterwegs als der Schall. Einige aus der Rescue Crew, die sich in der Nähe meines berechneten Landepunktes befindet, Männer mit CIA-Vergangenheit und Firefighter, werden mir später erzählen, dass sie zwei Knalle gehört haben: den ersten, als ich in den Überschallbereich ein­ gedrungen bin, den zweiten, als mich die dichter werdenden Luftmassen wieder auf subsonic abgebremst haben.“

12:07

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Jetzt geht es los,

Körperachsen. Es ist der berüchtigte Flatspin, mit dem wir rechnen mussten. Ich muss ihn schleunigst unter Kontrolle kriegen, bevor ich ohnmächtig werde, weil zu viel Blut in meinen Kopf gedrückt wird. Das Ausstrecken des einen Arms macht die Situation nur noch schlimmer. Ich lege die Arme am Becken an und schaffe es so, mit einem halben Überschlag nach hinten eine kontrollierte Position einzunehmen. Das hatte ich mit Luke Aikins, unserem Skydiving Consultant, trainiert. Nach etwas über 40 Sekunden unkontrolliertem Spin kann ich eine sichere Sprungposition einnehmen und auf einer Höhe von 1585 Meter über Grund wie geplant den Fallschirm ziehen.“

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Bilder: Jay nemeth/red bull stratos (3), predrag vuckovic/red bull stratos

aber massiv. Ich rotiere unkontrolliert um alle drei


12:16

Sonntag, 14. Oktober 2012

FELIX: „Die Landung ist perfekt. Die Crew

­signalisiert mir über Funk die Richtung, aus der der Wind kommt, ich kann meinen Fallschirm genau ausrichten. Mit bloß 3,4g ist die letzte Landung die sanfteste, die ich je im Druckanzug gemacht habe.

Jon Clarke: „Wir haben überlebt. Das ist aus medi-

zinischer Sicht das Entscheidende. Wir waren höher oben und sind schneller gefallen, als wir es uns vorgenommen hatten. Felix war im Weltraum, und genau wie ein Astronaut hatte er mehrere Sekunden lang keine Kontrolle über seine Position. Er ist in diesen Spin gekommen – genau, wie wir erwartet hatten – und hat überlebt. Wir haben gezeigt, dass das möglich ist. Felix’ Leistung ist unglaublich hoch einzuschätzen, und die Rekorde werden womöglich noch länger Bestand haben als jene von Joe Kittinger.“ (Jon Clarke ist Medical Director von Red Bull Stratos.)


13:00 Sonntag, 14. oktober 2012 FeLiX: „eS iSt geSchaFFt. ich bin Sicher

geLandet, ich habe überLebt. daS Projekt red buLL StratoS war ein erFoLg. ich kann

nicht anders, ich falle auf die knie und hebe meine hände zum himmel. ich weiß, dass joe kittinger mit seinem team in der Früh noch für mich gebetet und die Schutzengel gebeten hat, auf mich aufzupassen. augenzwinkernd: Sie wären da oben ja ohnehin in meiner nähe. als erster kommt Mike todd mit der rescue crew auf mich zugestürmt. er war während der letzten Monate und jahre wie eine Mutter für mich, er war es, der mich angezogen hat, der Letzte, der sich in der kapsel von mir verabschiedet hat, und der erste, der mich zurück auf festem grund begrüßt. wir fallen uns in die arme. ein helikopter bringt uns zurück zur Mission control. da ist art thompson, da ist joe kittinger, da ist mein team. ich bin überwältigt. ich bin zurück in der welt.“

art thoMPSon: „die wiSSenSchaFtLichen

ben, umfassen die kompletten biometrischen werte von Felix, subsonic zu transsonic bis supersonic und wieder retour. diese daten sind für Mediziner von interesse und werden helfen, künftige behandlungen bei unfällen im überschallbereich zu entwickeln. die belastungswerte von anzug, helm, handschuhen und Fallschirm werden künftiges equipment sicherer machen. daten, die vor uns noch niemand erhoben hat. die u.S. air Force, die naSa sowie private Firmen haben bereits angefragt, ob sie zugriff auf unsere daten bekommen können. Für sie alle ist interessant, was bei einem ausstieg in so großer höhe passiert. es wird allerdings ein wenig dauern, um die daten aus dem Flatspin genau zu analysieren und daraus Muster abzuleiten, wie auch Menschen mit weniger Skydiveerfahrung als Felix einen Fall aus so großer höhe überleben können.“ (art thompson ist der technische Projektleiter von red bull Stratos.)

Bilder: joerg mitter/red Bull stratos (3)

daten, die wir bei red bull Stratos gesammelt ha-


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13:47

Sonntag, 14. oktober 2012

FeLiX: „red buLL StratoS war teaMwork. auch

wenn ich jetzt im rampenlicht stehe, waren es wir alle, die aus einer idee ein Projekt und aus einem Projekt einen erfolg gemacht haben. Selbst wenn es während der fünf jahre, die wir gemeinsam an diesem ziel arbeiteten, immer wieder Probleme gegeben hat: wir haben sie bewältigt. joe kittinger, mein vorgänger beim Sprung aus der Stratosphäre, hat bei der Schlussbesprechung gesagt, dass das team von red bull Stratos das beste war, mit dem er je gearbeitet hat. ich könnte es nicht besser sagen.“

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Das Rennen in den Bergen

Laufen, Fliegen, Paddeln, Radeln. In einem Teambewerb, wie er schmerzhafter nicht sein kÜnnte. Der Red Bull Dolo­ mitenmann schreibt auch nach 25 Jahren noch erstaunliche Geschichten.

Bild: philipp schuster/red bull content pool

Text: Muhamed Beganovic

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Berglauf

Die erste Disziplin des Red Bull Dolomiten­ manns – hier Michael Kurz auf den letzten Metern – gibt den Takt vor: Das Staffel­ rennen führt die Athle­ ten an ihre Grenzen.


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a n diesem Morgen liegt, statt der üblichen kühlen Brise, Testosteron in der Luft über Lienz. Am Himmel hängen einige Para­ gleiter, die den Wind prüfen. Mountain­ biker schnüren aus allen Windrichtungen herbei und verstopfen den bereits vollen Hauptplatz noch mehr. Drahtige Figuren in Laufgewand zappeln sich warm. Hun­ derte Menschen, nur mühsam gebändigt von Absperrungen, sind in Jubellaune. Irgendwo spielt eine Musikkapelle. Die Zähesten der Zähen sind heute nach Osttirol gekommen, freiwillig, ob­ wohl es wieder einmal um den Red Bull Dolomitenmann geht. 125 Teams kämp­ fen um den ersten Platz in diesem Mann­ schaftsbewerb, der je einen Bergläufer, Paragleiter, Wildwasserkanuten und Mountainbiker für vier und mehr Stunden vereint. Zusammenschweißt in einem Rennen, das schon beim Lesen des Regle­ ments die Muskeln schmerzen lässt. Azarya Weldemariam (Pure Encapsula­ tions Team) ist einer der Bergläufer. Nach einer Schinderei hinauf auf 2441 Meter

wird der Vorjahressieger am Kühboden­ törl an Paragleiter Markus Prantl über­ geben, der nach einem Sturzflug plus Laufeinlage Kajakfahrer Gerhard Schmid abklatscht. Der schickt nach seiner wilden Regatta Hannes Pallhuber auf die Reise, die dieser nach einer Berg­und­Tal­Fahrt mit seinem Mountainbike auf dem Haupt­ platz beenden wird. Auch in diesem Jahr wieder als Sieger, doch das weiß Welde­ mariam jetzt noch nicht. Der Laufspezialist aus Eritrea ist ner­ vös. Die vielen Kamerateams um ihn her­ um tragen auch nicht zu seiner Entspan­ nung bei. Seine Konkurrenz ist wieder um ein Jahr stärker geworden. Seit Monaten haben sie trainiert, um ihn, den Berglauf­ Vizeweltmeister von 2010, zu schlagen. Inmitten der Läufer­Menge befindet sich Michael Kurz. Der Tiroler leidet an einer inkompletten Querschnittlähmung und kann sich nur durch einen Wunder über­ haupt bewegen. Beim Dolomitenmann startet er für die Wings for Life Heroes, ein Team aus vier körperlich behinderten Sportlern. An den Sieg denkt Kurz nicht, doch schon im Vorjahr hatte das Quartett mit Rang 44 unter 73 gewerteten Teams Bewunderung ausgelöst. Das Gehirn hinter dem Red Bull Dolo­ mitenmann ist Werner Grissmann, selber als Skifahrer einst ein Leistungssportler. Inspiriert dazu hatten ihn, ein Vierteljahr­ hundert zuvor, die Olympischen Spiele. „Ich sah den Staffellauf und hatte plötz­ lich die Idee zu einem Teamwettbewerb“, erzählt Grissmann. Er selbst wurde ja einst augenzwinkernd „Zwischenzeit­ Weltmeister“ genannt, weil er, kein aus­ geprägter Freund rigiden Trainings, im

Mission erfüllt: Bergläufer Michael Kurz liegt erschöpft im Ziel.

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Paragleiten

Es gewinnt nicht unbedingt der schnellste Flieger: Zwischen zwei Flug­ strecken liegt auch eine kräfteraubende Laufpassage.

unteren Streckenabschnitt gern nachließ; also lag es nahe, aus Rache im Dolomiten­ mann vier extreme Disziplinen zu verei­ nen, in einer fabelhaften Naturarena. Was 1988 als kuriose Idee entstanden war, entwickelte sich alsbald zum regio­ nalen Spitzenevent und zum internatio­ nalen Erfolg. Bruder­Wettbewerbe fanden bereits in Südafrika und den USA statt, mit china laufen die Gespräche. Anläss­ lich des 25­Jahr­Jubiläums starteten 2012 in Lienz ausnahmsweise 125 Teams, sonst sind es 110. Das Interesse ist größer: Beim Organisatorenteam um Grissmanns Sohn Niki stellt sich die dreifache Anzahl an Bewerbern an. Auch deren Qualität steigt ständig, doch dafür gibt’s ein Gegenmittel, sagt Niki Grissmann: „Wir machen die Strecken schwieriger.“

P

eng! Werner Grissmann feuert den Startschuss ab, die Bergläufer stürmen los. Bis zum ersten Kontrollpunkt Goggsteig ist die Strecke flach, dann geht es jäh bergauf. Insgesamt sind auf zwölf Kilometern 2000 Höhen­ meter zu bewältigen. Azarya Weldemariam


Action

25 JahRe ReD Bull DOlOMitenMann

Ehrgeizige Amateure, coole Profis und eine Strecke, die zu allen gleich gnadenlos ist. Als Werner Grissmann den Red Bull Dolomiten­ mann 1988 in Lienz „erfand“, hatte er von Be­ ginn an mehrere Trümpfe in der Hand. Den per­ fekten Sportplatz: Die Arena in den Dolomiten bietet für einen spektakulären Staffelbewerb aus Berglauf, Paragleiten, MTB­Rennen und Wildwasserpaddeln ideale, weil schwierige Vor­ aussetzungen. Einen durchdachten Modus: Nur eine Staffel, die das Motto „Alle für einen, einer für alle“ lebt, kann gewinnen. Willige Athleten: Jeder will der „Härteste unter der Sonne“ sein, wie Grissmann es so nett formuliert. (Die je­ weils Besten ihrer Disziplin werden zusätzlich als „Dolomitenmänner“ ausgezeichnet.) Faszinierend war von Anfang an die Melange der Teilnehmer. Grissmann gelang es nicht nur, stets absolute Top­Athleten für die Teilnahme zu be­ geistern, als Gradmesser für den Rest der Teil­ nehmer. Dazu kamen immer auch Sportler, die in anderen Disziplinen als den hier ausgeübten her­ ausragten, etwa die Olympiasieger Mario Stecher (nordische Kombination) und Ricco Groß (Biath­ lon) oder die Weltmeister Andreas Goldberger (Skispringen) und Benjamin Karl (Snowboard). Was wie eine Show anmuten mag, ist keine: Alle Starter durchleben Strapazen, mit denen sie nicht gerechnet haben – und die Grissmann ihnen auch stets verschwiegen hat.

BILDER: STEFAN VOITL/RED BULL cONTENT POOL, PHILIPP ScHUSTER/RED BULL cONTENT POOL, MIRJA GEH/RED BULL cONTETNT POOL (2)

WilDWaSSerPaDDeln Zuerst ein Sprung aus sieben Metern in die Tiefe, dann eine Mischung aus Regatta, Slalom und Laufstrecke mit Boot

bleibt leichtfüßig, auch der siebenfache Berglaufweltmeister Jonathan Wyatt aus Neuseeland ist beinahe elegant unterwegs. Dahinter keuchen, schleppen, fluchen, ächzen sich die Läufer nach oben. Speziell der letzte, felsige Teil der Strecke zerrt an Muskeln und Nerven, steil und rutschig, wie er ist. Michael Kurz kämpft gegen die Natur und den eigenen Körper: „Das ist für

mich Integration. Bei den Paralympischen Spielen sind wir unter uns. Hier nehmen wir es mit Sportlern ohne Behinderung auf. Ein unglaublicher Nervenkitzel.“ Auf seinem Weg nach oben lässt Kurz etliche andere Läufer hinter sich, übergibt oben völlig erschöpft an Teamkollege Oli­ ver Dreier, lässt sich ausgepumpt auf den Rücken fallen, atmet schwer und grinst

Das Rennen VeRschweisst VieR athleten Zu eineM teaM. 45


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Ob Schnee oder Hochwasser: Das Rennen ist noch nie ausgefallen.

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Mountainbiken Zuerst geht’s 17 Kilo­ meter auf den Hoch­ stein, dann neun Kilo­ meter bergab – zum Teil über die Ski-WeltcupAbfahrtsstrecke H2000.

A

m Hauptplatz herrscht Nervosität. Tausende ste­ hen an der Ziellinie und wollen vor allem eines wis­ sen: Welche Staffel wird die schnellste sein? Die Antwort folgt nach 3:57:15 Stunden: Hannes Pallhuber sichert dem Pure Encapsulations Team den Sieg. Ein Mountainbiker nach dem anderen kommt ins Ziel, auch Ernst Scheiber. Sein Trikot klebt ihm am Kör­ per. Er lehnt sich erschöpft an sein Fahr­ rad, um nicht umzukippen, ballt seine Hand zu einer Faust: „Ich bin völlig fertig, aber ich fühle mich großartig. Es ist das schönste Gefühl, für das Team ins Ziel einfahren zu können.“ Und die Platzie­ rung? „Rang 66 war unser Limit“, sagt Michael, und es klingt ehrlich. Zufrieden ist auch Werner Grissmann: „Es war ein würdiges Jubiläum. Wir hatten noch nie so viele Leute auf und an der Strecke. Die Stimmung, die sportliche Leistung, das Wetter – alles war perfekt.“ Nach Grissmann kehrt nun für ein Jahr wieder Normalität ein in Lienz. Gelaufen, geradelt, gepaddelt wird ein wenig lang­ samer. Doch im Himmel über den Dolo­ miten hängen schon wieder einige Para­ gleiter und prüfen den Wind. www.redbulldolomitenmann.com

Die Sieger von 2012: Prantl, Weldemariam, Schmid und Pallhuber mit Werner Grissmann (v. li.)

bilder: stefan voitl/red bull content pool, mirja geh/red bull contetnt pool, samo vidic/red bull content pool

zugleich zufrieden von Ohr zu Ohr. Nach der Übergabe muss Oliver zuerst mit vol­ ler Ausrüstung eine steile Strecke zum Startplatz laufen, um von dort seinen Flug starten zu können. Das Paragleiten er­ ledigt Oliver dann buchstäblich mit links: Bei einem Autounfall wurde ihm vor ­Jahren der rechte Arm bis zur Schulter abgetrennt. Nach dem ersten Flugteil und der Zwischenlandung auf der Moosalm heißt es wieder laufen: 500 Höhenmeter geht es hier hinauf, ehe der Flug in Rich­ tung des finalen Landeplatzes startet. Oliver schwebt noch, als Paragleiter Markus Prantl bereits gelandet ist. Er hat es geschafft, seinen Rekord aus dem Vor­ jahr zu brechen, „aber das Wetter war ja auch perfekt“, sagt Markus mit einem Grinser. Das war in den zurück­liegenden 25 Jahren nicht immer so: ­Werner Grissmann ­erinnert sich, wie die Sportler auch bei 20 Zentimeter Schnee und sogar bei Hochwasser um den Sieg kämpf­ ten. „Dennoch ist der Wettbewerb noch kein einziges Mal ausgefal­ len“, sagt Grissmann stolz – oder klingt es gnadenlos? Die Wings for Life Heroes: Kurz, Scheiber, Niederwimmer, Dreier (v. li.) Bei Olivers Landung wartet Kajak-Kollege Hans Niederwimmer schon ungeduldig. „Ich habe mir Zeit gelassen, wollte eine perfekte Landung hinlegen“, schnappt Oliver nach Luft, bevor seine Kinder über ihn herfallen. Den Sieg streben er und sei­ ne Mitstreiter vom Wings for Life HeroesTeam ohnehin nicht an, aber: „Wir wollen demonstrieren, dass alles möglich ist, wenn der Wille da ist.“ Unterschenkelorthese bestreitet. Die Berg­ nzwischen rennt Hans, seinen aufpassage zum Hochsteinkreuz – 1695 ­Kajak geschultert, zur Startrampe: Höhenmeter sind es bis dahin – führt durch Vor der Fahrt auf Drau und Isel, Wälder und über Weiden, die teils zu steil zum Teil flussaufwärts und am zum Fahren sind. Ernst hat die knorrigen Ende wieder mit einer Laufstrecke Wege am Tag vor dem Wettbewerb getes­ garniert, steht ein Sprung aus sieben tet. „Die Strecke bringt mich absolut an die ­Meter Höhe, bereits im Boot sitzend. So Grenze“, sagt er. „Sie erfordert totale Kon­ ein Sprung ins Wasser war es, der Hans zentration.“ Und sie führt so jäh bergauf, vor Jahren eine schwere Rückenverlet­ dass einige ihr Fahrrad auf manchen Pas­ zung bescherte. Die Wirbelsäule ist seit­ sagen lieber schultern. Bergab steigert die dem mehrfach verschraubt, nur knapp Schwerkraft den Elan, aber ein wenig Vor­ entging der Niederösterreicher der sicht kann nicht schaden: Bei einem Durch­ Querschnittlähmung. schnittsgefälle von über 26 Prozent wird Der Schlussmann der Heroes-Staffel ist Bremsen schwierig. Zudem ist das Regle­ Ernst Scheiber. Er ist mit unvollständigen ment unbarmherzig: Geht ein Fahrrad zu Unterschenkeln zur Welt gekommen. Vom Bruch, müssen die Athleten dessen Reste linken Bein fehlen ihm insgesamt 14 Zenti­ schultern und so über die Ziellinie laufen, meter, weshalb er den Wettkampf mit einer sonst wird das Team disqualifiziert.


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nitrO circUs DIE GROSSE SHOW VON trAVis PAstrAnA UND SEINEN FREUNDEN KOMMT NACH EUROPA. WIR HABEN DEN grAndseigneUr des AngewAndten wAHnsinns ZUVOR DAHEIM BESUCHT. Text: Josh Dean & Christophe Couvrat Bilder: Miko Lim


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„Wir sind keine normale Freestyle-Show, wir leben ­abseits des Alltags.“ 50

Hell, grell, laut, bunt, schrill: Travis Pastranas Nitro Circus bringt Europas Hallen zum Brennen.

selbst wenn sich daraus inzwischen eine globale Marke, eine erfolgreiche MTVShow, ein 3-D-Film mit Premiere in diesem Winter und eine Welttournee ent­ wickelten, die bereits Stadien in den USA, Australien und Neuseeland bis auf den letzten Platz füllte. Nun kommt der Nitro Circus nach Europa, wobei Travis Pastrana Wert darauf legt, die ursprüngliche Idee nicht zu verwässern. „Hier in dieser Foam­ pit haben wir Tricks für die X Games probiert, Zeug, das keiner zuvor gemacht hatte“, erinnert der Meister an die Anfänge, während er durch seinen Garten humpelt. Der Nitro Circus, sagt er, sei keine einstudierte Show, sondern Spontaneität, Kreativität und wiederholtes Ausbrechen aus der Komfortzone. Von jedem der rund 30 Athleten, die sich mit dem Circus auf dreiwöchige Europatournee (13 Stopps, beginnend mit der Show in Stockholm am 18. November) begeben, wird erwartet, dass er Nacht für Nacht seine Grenzen überschreitet. „Es muss nicht notwendiger-

Wenn selbst Einkaufswagen Höhenluft schnuppern, gastiert der Nitro Circus in der Stadt.

weise ein Trick sein, den noch nie zuvor ein Mensch probiert hat“, erklärt Pas­trana das Konzept. „Die Idee ist, dass er selbst diesen Stunt noch nie zuvor gemacht hat.“ Da die Zirkusmitglieder die Weltelite an Skatern, FMXern und BMXern repräsentieren, ist die Chance ziemlich hoch, dass es tatsächlich jede Nacht ein paar „Erstaufführungen“ gibt. (Bei der Premiere im MGM Grand in Las Vegas hat es deren übrigens gleich fünfzehn gegeben.) „Wenn man so will, handelt es sich bei unserer Show um einen Best-Trick-Contest wie bei den X Games – allerdings sind wir offen für jedes Ding, das sich bewegt“, erklärt Travis mit einem Grinsen. „Wir sind keine normale Freestyle-Show, wir leben abseits des Alltags.“ Skateboards, Motorräder und BMX bilden nur einen kleinen Teil des Spielzeug-Repertoires. Wer zum Beispiel Inlineskates, Scooter, Grasski, Bobbycars und Dreiräder erwartet, ist am richtigen Dampfer.

A

uch Aaron „Wheelz“ ­Fotheringham geht mit dem Nitro Circus auf Tournee; der weltweit wildeste Querschnittgelähmte rockt mit seinem Frontflip im Rollstuhl regelmäßig jedes Haus, in dem er auftritt. ­Travis: „Bevor er zu uns gekommen ist, hatte er kein Forum, wo er seine unglaublichen Skills zeigen konnte. Aaron ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Nitro Circus funktioniert: Sei der Weltbeste in etwas, das die Menschen von den Sitzen reißt.“ So wird bei einigen Tourstopps der ­legendäre Pogo Fred dabei sein, der mit

zusatzBilder: garth Milan/red Bull content pool, chris tedesco/red bull content pool

erzstück von Travis Pastranas Haus im Osten von Maryland ist diese Foampit. Okay, am Anwesen steht auch ein größeres Häuschen mit eigenem Fitnessclub, Bar und Spielraum, außerdem gibt es chez Travis einen Pool, einen Skatepark, eine Freestyle-Motocross-(FMX-)Strecke und eine gewaltige Garage voll mit motorisiertem Spielzeug, aber natürliches Zentrum der Anlage ist dieser schwimmbadgroße Container voller Schaumstoffwürfel. Eine mobile Dachkonstruktion sorgt dafür, dass der atemberaubendste FMXer und Adrenalin-Wüstling, der je einen Fuß auf diesen Planeten setzte, das ganze Jahr über an jenen Stunts arbeiten kann, die ihn zur Legende werden ließen. Seit gut einem Jahrzehnt nutzen Pas­ trana und seine Freunde die Auffahrt zum Haus, um Schwung zu holen, auf eine der vielen selbstgebauten Rampen zuzurasen, abzuheben, verrückte, gefährliche, oft auch schlicht irre Tricks zu probieren, um danach von der stinkenden Masse der Schaumstoffwürfel verschluckt zu werden. Ob Motorräder, Fahrräder, Skateboards, Quads oder Kinderspielzeug: das Zeug musste in die Luft. Je spektakulärer, desto besser. Diese Foampit hat alles gesehen, und die Stunts von Pastrana und seiner Crew wurden immer ärger, Limits pflegte man hier auf der Ranch in Maryland zu verlachen. So entstand der Nitro Circus. Der Circus ist ein loser Verbund motorischer Hochkaräter, die versuchen, einander in Kreativität, Artistik und sehr oft auch schierem Wahnsinn zu übertreffen. Genau das wird er auch immer bleiben,


Selbstverständlich sind auch Travis’ BMXBuddies integraler Bestandteil der Show.

Was ist besser als ein FMXer? Richtig: zwei FMXer.

So ein Koffer: Die Anzahl der Räder ist weniger entscheidend als der Unfug, den du damit anstellst.

„Sie braucht Geschwindigkeit noch dringender als ich. Manchmal macht sie mir Angst.“ seinem Pogo-Stick Salti springt. Auch sehr schön: Jolene Van Vugt, ihres Zeichens Geschwindigkeits-Weltrekordhalterin auf einer motorisierten Toilette (mit 75 km/h überbot sie unlängst den alten Rekord von 68 km/h deutlich). Nur ein Einziger fehlt in der Manege: der ­Maestro selbst. Nach dem Unfall bei den X Games, bei dem ein hinter Pastrana fahrender Kontrahent dessen Rallye-Auto in die Betonabsperrung beförderte, ist Travis’ dabei beschädigtes Sprung­gelenk noch immer nicht ganz wiederhergestellt. Auf der Europatournee wird ihm also die Rolle des Circus-Direktors und Antreibers zukommen, der die Kollegenschaft zum ­„Immer weiter, höher, wilder“ anstachelt. Bei einer wird er es besonders leicht haben, nämlich bei Profi-Skaterin Lyn-Z Adams Hawkins Pastrana (richtig: seiner 51


Profi-Skaterin Lyn-Z, auch bekannt als Mrs. Pastrana.

Spirituelle Heimat des Nitro Circus: die Foampit im Garten von Travis Pastranas Haus in Maryland

l

yn-Z stammt aus Kalifornien, und das Paar verbringt viel Zeit an der Küste. Maryland ist ihr „Sommerhaus, auch wenn wir im Sommer selten hier sind“. Vor allem aber ist es jener Platz, an dem Pastrana Kraft schöpft, frischen Unfug plant und immer wieder auch Verletzungen ausheilt. Der unnötige X-Games-Crash verhinderte noch vor dem ersten Rennen, dass Travis seinen neuen Job als NASCAR-Fahrer in der zweithöchsten „Spielklasse“ (der Nationwide Series) pünktlich antreten konnte. Fuß und Sprunggelenk waren dermaßen ramponiert, dass er drei volle Wochen liegend im Bett verbringen musste, das Bein höher als das Herz, um Schwellungen zu vermeiden, unfähig, selbständig auch nur die Toilette aufzusuchen. Die Fadesse bekämpfte 52

„die reha nach dem unFall wAr die HÖlle.“ er mit exzessivem Genuss des Ballerspiels „Big Buck Hunter“, und Pastrana, der er ist, qualifizierte er sich gleich für die einschlägige WM und schaffte es sogar, dort Platz acht zu belegen, noch immer an seinen Opasessel gefesselt. Die Reha nach dem Unfall sei die Hölle gewesen, bekräftigt Travis, nicht ein einziges Mal sei er seit jenem Crash am 1. Juli vor dem Staples Center in Los Angeles auf dem Motorrad gesessen. Immerhin war die körperliche Konstitution gut genug, 25 Mal in der Nationwide Series zu starten, wobei ihm während der Fahrt „verdammt oft“ die Schulter aus der Gelenkpfanne sprang. Damit soll jetzt Schluss sein, noch vor dem Start zur Europa-Tour des Nitro Circus wird operiert. Die Aussicht auf eine Reha-Tour mit Freunden in neuen Städten vor einem hungrigen Publikum lässt Travis’ Augen blitzen, er freut sich wie ein Schneekönig: „Objektiv betrachtet werden wir dafür, was wir unseren Körpern zumuten, miserabel bezahlt. Aber jeder einzelne meiner Jungs im Nitro Circus würde sogar dafür bezahlen, um überhaupt mitmachen zu dürfen“, kichert er. „Alter, wir haben so viel Spaß!“ nitrocircuslive.com

NITRO CIRCUS

TOURSTOPPS 2012: 18. 11. 20. 11. 21. 11. 23. 11. 24. 11. 26. 11. 28. 11. 30. 11. 1. 12. 3. 12. 4. 12. 5. 12.

STOCKHOLM HAMBURG BERLIN WIEN WIEN PRAG DÜSSELDORF ANTWERPEN ARNHEIM LONDON MANCHESTER BIRMINGHAM

ZUSATZBILDER: GARTH MILAN/RED BULL CONTENT POOL

Ehefrau und vermutlich der einzigen Frau überhaupt, die Travis’ Welt wirklich versteht). Als sie zum zweiten Mal in ihrem Leben auf ein Motorrad stieg, sprang sie gleich einen Backflip. Auch der heimatlichen Quarterpipe ist die Dame längst entwachsen, jetzt will sie für den Garten etwas in Nitro-Circus-Dimensionen: Das Roll-in für Mrs. Pastrana soll 15 Meter hoch werden, da fühlt sie sich wohl. „Sie braucht Geschwindigkeit noch dringender als ich“, seufzt der Meister, als er der hübschen Brünetten zuschaut, wie sie mit einem Quad die Einfahrt runterrast. „Manchmal macht sie mir Angst.“


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Bis einer heult

Der letzte Formtest vor dem Red Bull Soundclash bringt funkelnde Derbheiten, elegante Untergriffe und nicht ganz jugendfreie Komplimente. Text: Lothar Laufer Bilder: Christoph Voy

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K.I.Z

vs.


Kraftklub


Z

wei Bands, zwei Bühnen, dazwischen die Fans: Der Red Bull Soundclash f­ eiert am 7. Dezember im Palladium Köln seine Deutschland-Premiere. Und das hoch­ karätig: Kraftklub duelliert sich mit K.I.Z. Als Warm-up für den Großkampftag ­trafen Felix und Steffen von Kraftklub auf Nico und Maxim von K.I.Z zum Wortgefecht. red bulletin: Wann seid ihr euch das erste Mal über den Weg gelaufen? felix: Bei einem Gig in Kreuzberg – also quasi im Revier von K.I.Z. Die Jungs ­kamen Backstage und haben … steffen: … böse geguckt. felix: Maxim packte mich am Nacken und zog mich ganz nah an sein Gesicht. nico: Mit der linken Hand, in der anderen eine abgebrochene Bierflasche. felix: Da waren wir ganz schön eingeschüchtert. Wie vertragen sich Berliner und ­Chemnitzer? maxim: Kultur gegen Natur – der klassische Konflikt der Menschheit. nico: Alphatiere gegen Alphatiere. felix: Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass „Ich will nicht nach Berlin“ (erster Kraftklub-Hit, Anm.) nicht auch von K.I.Z handelt. maxim: Über Chemnitz muss man so ein Lied ja nicht machen. nico: Eben, wer will nach Chemnitz? maxim: Das ist, wie wenn Rapper extra Songs darüber machen, dass sie nicht auf Männer stehen. Nico und Maxim: Wie hat es sich an­ gefühlt, als Kraftklub auf Platz eins der Charts war? nico: Ich saß drei Tage schmollend bei uns im Studio. 56

Gutes Benehmen für Fortgeschrittene: Steffen und Felix von Kraftklub (links) gegen Nico und Maxim von K.I.Z proben schon mal für den bevorstehenden Schlagabtausch beim Red Bull Soundclash in Köln.

felix: Maxim war angepisst, weil ich ihm auf seine Glückwunsch-SMS nicht geantwortet habe. Später lud ich ihn zu unserer Gold-Verleihung ein. Er schrieb nur: „Mal sehen, ob ich es einrichten kann.“ K.I.Z kamen trotzdem und tranken unseren ­Alkohol weg. Das können die nämlich: Erst andere schlechtmachen, und dann saufen sie alles weg! Sind Kraftklub überhaupt eine Konkur­ renz für K.I.Z – ist ja kein Rap, oder? maxim: Sagen wir mal so: Felix kann nicht singen.

nico: Das ist schon mal ein überzeu­ gendes Argument dafür, dass es Rap ist. maxim: Ob er ein guter Rapper ist, kann ich nicht beurteilen. Ich kann selber nicht so gut rappen. felix: Also, ich schreibe gute Slogans. steffen: Das macht einen guten Rapper doch aus! maxim: Ach, Felix ist kein Rapper. Der wird früher oder später in die Werbe­ branche gehen. felix: K.I.Z sind dagegen der Inbegriff von Rap. Wie die Beastie Boys auf deutsch eben – ich finde das total langweilig. Live


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Kraftklub vs. K.I.Z: Die Gegner Kraftklub

Rappende Indie-Rocker mit College-Jacken und Spitz­ buben-Charme, deren Debüt­ album „Mit K“ im Februar 2012 Platz eins der Album-Charts enterte. Aktuell sind die fünf Chemnitzer mit ihrem Song „Eure Mädchen“ als einzige deutschsprachige Band auf dem Soundtrack des PC- und ­Konsolen-Spiels „FIFA 13“ zu hören.

K.I.Z

Hip-Hop-Rüpel in Tarnanzügen, die seit zwölf Jahren mit bodenloser Frechheit das ­deutsche Gangsta-Genre ­persiflieren. 2011 schaffte es das Quartett mit ihrem bisher erfolgreichsten Album „Urlaub fürs Gehirn“ in die Charts auf Platz vier. Auch die Neben­ projekte der Berliner stehen für Erfolg. Beispiele: DJ Craft ­arbeitet eng mit der Elektro­ trash-Kulttruppe Drunken ­Masters zusammen, Nico macht als festes Mitglied der Beat-Bastler WassBass Lärm.

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Action

stehen da drei Typen auf der Bühne, hampeln rum und brüllen unverständlichen Stuss ins Mikrofon. (Brüllt:) „Blablabla, Text vergessen, ich bin zu betrunken, scheißegal. Weiter geht’s!“ Dann schreit plötzlich der DJ von hinten, der die ganze Zeit nichts zu tun hat, außer auf Play und Stop zu drücken, „Big bootie bitches!“ ins Mikrofon. Das ist für mich keine Show, für mich ist das schlichtweg ein Affentheater. felix: Ich habe mir vorgestellt, dass wir beim Red Bull Soundclash eine Kreuzung beider Fangruppen vollziehen. Mit Paarungsakt. Dabei entsteht dann die Spezies des Superfans. nico: Wir haben nur Männer, ihr habt nur Frauen – das könnte tatsächlich funktionieren. felix: Mädchen, die pogen können, und Jungs, die sich schminken wollen …

S

tichwort Bühnen-Outfit: Welches ist besser? felix: Ich finde das von K.I.Z richtig scheiße. steffen: Man sieht die nie auf der Bühne, weil sie so Tarnklamotten tragen. felix: Also, ich würde sie lieber in adretten GSG-9-Uniformen sehen – dunkelblau und schnittig. nico: Das würde dir wohl gefallen, du kleines Früchtchen! maxim: Ich habe euer Bühnen-Outfit ja schon mal für die ersten 30 Sekunden ­eines Live-Konzerts angehabt und getan, als wäre ich Felix. Ich muss sagen: Das stand mir sehr gut. Auf jeden Fall hatte ich einen besseren Arsch als jeder von Kraftklub. (Lacht.) Nun bitte von jeder Partei einen selbst ausgedachten Text im Stile des Gegners, der auch dessen Banalität auf den Punkt bringt! steffen: Irgendwas mit „Hurensohn“. Das war’s! felix (denkt nach und schmunzelt): „Dein Album – was für ein Reinfall. Ich f… deine Schwester, die ganze Stadt klatscht Beifall.“ nico: Das ist aber echt gemein. felix: Das ist eine ganz typische K.I.ZZeile: Du machst etwas, das total scheiße ist, dann bestrafen K.I.Z dich dafür, und alle deine Freunde feuern sie dabei an.

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enn man unsere Fangruppen kreuzt – mit Paarungsakt beim Red Bull Soundclash –, entsteht die Spezies des Superfans.


Schwarzer Gürtel im Böse-Schau’n: Nico (li.), Steffen (kleines Bild) und Maxim. ­Felix (im Schwitzkasten) muss noch üben.


yKraftklub-­ Gitarrist ­Steffen (li.) über Nico (re.) und dessen Band: „Ich ­kenne nur ein K.I.Z-Lied – fällt mir aber nicht ein.“

maxim: Ein Kraftklub-Text muss auf jeden Fall sehr holprig geflowt sein. Außerdem muss ein Dreisilber darin vorkommen, der sich aber doch nicht richtig reimt und eine Silbe zu viel hat. Zum ­Beispiel so: „Ich komm aus Chemnitz, das ist in der Nähe von Berlin. / Ich rauch ’ne selbst­ gedrehte Kippe, und jeder darf mal zieh’n. / Bin am Boden geblieben und fahre mit der Tram. / So bescheiden, dass ich damit angeben kann.“

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elcher Kraftklub-Song ist besonders schlimm? nico: „Kein Liebeslied“. Da habt ihr euch nicht getraut, ein Liebeslied zu machen, und dann ein Lied über das Liebeslied­ machen gemacht. felix: Das ist doch der Witz! maxim: Aber der ist nicht witzig! steffen: Ich kenn nur ein K.I.Z-Lied, aber mir fällt nicht mal das ein. felix: Ich finde von euch „Klopapier“ richtig scheiße. Es ist das Schlimmste, wenn jemand aus der Rap-Welt einen Punkrock-Song machen will. Ich verstehe auch nicht, warum ihr den live noch spielt. Die Leute grölen aber auch jedes Mal mit: „Ooho, Klopapier, Klopapier!“

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nico: Das ist nicht so anspruchsvoll, da kann man sich zwischendurch mal ein bisschen entspannen. felix: Ja, weil ihr während der restlichen Show so hochkonzentriert seid und darauf achten müsst, in eurer Choreographie zu bleiben. maxim: Ach, ach … Wen bringen K.I.Z beim Red Bull Soundclash als Stargast mit auf die Bühne? felix: Bestimmt einen Comedian. Vielleicht aber auch einen Indie-Heimer, der uns dann durch den Kakao zieht. Thees Uhlmann oder so.

Red Bull Soundclash Der Schlagabtausch zwischen K.I.Z und Kraftklub am 7. Dezember 2012 im Palladium Köln geht über sechs Runden: The Warm-up In Runde eins spielen beide Bands je drei Songs aus ihrem Repertoire.

The cover

Und Kraftklub? nico: DJ Shusta! (Gelächter.)

In Runde zwei müssen die Bands einen vorgegebenen Song eines Drittkünstlers covern – beide denselben.

Welchen Ratschlag würdet ihr dem je­ weils anderen bis zum Red Bull Sound­ clash mit auf den Weg geben? nico: (Rülpst.) maxim: Ich finde es gut, wenn jeder in seinem Lager bleibt: Gut und Böse, Yin und Yang, Mann und Frau, Schwarz und Weiß. Ich finde das wichtig. Sonst würden wir in einer grauen Welt leben. (Schaut sehr ernst.) felix: Also, ich habe mich ja schon richtig ausgekotzt. Jetzt habe ich mal die Möglichkeit dazu gehabt, ohne dafür aufs Maul zu bekommen.

The Takeover

Infos und Tickets für den Event: www.redbull.de/soundclash Infos zu den Bands: www.kraftklub.to und www.k-i-z.com

In Runde drei muss jede Band einen von der anderen Band angespielten Song übernehmen und zu Ende spielen.

The Clash In Runde vier performen beide Bands abwechselnd drei eigene Songs.

The Wildcard In Runde fünf präsentieren beide Bands einen Song ihrer Wahl mit einem Stargast ihrer Wahl.

The Final Die Überraschungsrunde – die Regeln dafür werden erst am Abend des Events verraten.


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Vor vielen Jahren hatte die Formel 1 einen Fixplatz in den Herzen motorsportverrückter Amerikaner. Dann wechselte Mario Andretti zu den Indy-Cars, NASCAR brachte die Kraft von Tradition und Erdverbundenheit endlich auf die ­StraSSe, und die F1 kam unter die Räder. Jetzt steht der USGrand-Prix in Austin vor der Tür, 2013 soll auch New Jersey in den Kalender auf­ genommen werden. GeneralstabsmäSSig erobert die Formel 1 die neue Welt zurück. Text: Ann Donahue und Werner Jessner 62

Bilder: Sutton Images, getty images

Die (WIEDER-) Eroberung Amerikas


grand prix usa 2012 action

Im November 2012 kehrt die Formel 1 in die USA 足zur端ck und f辰hrt in Austin, Texas. F端r 2013 ist ein weiteres Rennen in New Jersey geplant, vor der atemberaubenden Skyline New Yorks.

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Lieben einen exotischen Sport: Malcolm Page, kate Goddard, Peter Habicht, A. J. Rosensky, Robert Park und Tim Gasser (v. li.)

FAns

Die einsAmen

auCh in den uSa Gibt eS formel-1-afiCionadoS. Sie leben ihre SPezielle leidenSChaft im VerborGenen auS. 10 uhr Vormittag, the Kezar Pub, San Francisco. der vordere Bereich des lokals birst beinahe vor johlenden Sportfans, Flachbildschirme an den Wänden befeuern die Begeisterung. Übertragen wird irgendwas mit laufen und langen Stöcken, eventuell ist es lacrosse, vielleicht sind es auch die Highland games. ein gast kämpft sich durch die massen ins Hinterzimmer, wo der grand Prix von monaco 2012 übertragen wird. genauer gesagt: man zeigt die aufzeichnung. Für F1-Fans in den uSa ist derlei normal: das Hinterzimmer, die gesellschaft exotischer Sportarten, die Zeitverzögerung. die Zuschauerzahlen von F1-rennen bewegen sich weltweit regelmäßig in der 500-millionen-plus-region. nielsen media research hat erhoben, dass 2010 in den uSa kein einziges rennen die 1-million-Zuschauer-marke gebrochen hat. das verhaltene interesse hat etliche gründe. die meisten grands Prix überträgt bloß der Speed Channel, ein Spezialistensender, den man auf der Fernbedienung gern tief in den 600er-Speicherplätzen findet. Weil Speed live sendet, bedeutet das für Zuschauer an der Westküste, dass rennen in europa grausam früh beginnen, während grands Prix in asien für Zuseher an der ostküste furchtbar spät starten. 64

Freilich könnte man die rennen auch aufzeichnen. das würde aber bedeuten, dass man die Stunden, bis man endlich am Sofa sitzt und auf Play drücken kann, in sozialer eremitage zubringen müsste. irgendein Streber, der tatsächlich um 3.30 uhr aufgestanden ist, um das rennen live zu sehen, hat das ergebnis nämlich garantiert auf Facebook oder twitter ausgeplaudert. merke: Sportarten, die viel Koffein voraussetzen, damit man sie überhaupt verfolgen kann, sind in den uSa nicht mehrheitsfähig. der zweite grund für das desinteresse amerikas an der F1 hat soziale gründe. amerika liebt naSCar, Punkt. naSCar ist uramerikanisch, eine liebevoll gehegte Pflanze, deren Wurzeln bis auf die Bootlegger zurückgehen, jene Schmuggler, die in der Prohibitionszeit Schnaps transportiert und dabei mit ihren schnellen Wagen die Cops abgehängt haben. die Chancen, dass eine andere motorsport-Spielart neben naSCar nennenswerte traktion aufbauen kann, sind winzig. Warum das ausgerechnet der feinsinnigen (amis würden sagen: verweichlichten) randsportart aus europa gelingen sollte? es gibt durchaus gründe dafür. der grand Prix in texas in diesem monat und wahrscheinlich ein zweiter

uS-gP in new Jersey in der nächsten Saison werden das medieninteresse auf ein neues niveau katapultieren. mit alexander rossi und Conor daly klopfen zudem zwei junge uS-racer an die tür zur F1. und ron Howards Film „rush“ über die rivalität zwischen niki lauda und James Hunt hatte im September Premiere – und Howards Filme haben bislang über eine milliarde dollar eingespielt. der Boden ist also gut aufbereitet, und jene Freaks, die bereits jetzt Bescheid wissen und sogar „Hungaroring“ fehlerfrei buchstabieren können, werden schon bald nicht mehr allein sein mit ihrer expertise. noch ist die San Francisco Formula 1 group der größte Fanclub in den uSa. Über 2000 mitglieder sind mittels Social media miteinander vernetzt. gründer Peter Habicht erzählt, dass sich regelmäßig mehrere dutzend von ihnen im Hinterzimmer des Kezar’s treffen, um sich „am morgen danach“ gemeinsam die aufzeichnung des grand Prix vom Vortag anzusehen. Spielen aber die 49ers oder die giants, gibt’s keinen Platz im Kezar’s und die F1-Fans müssen ihrem exotischen Vergnügen auf einer Kartbahn in den Suburbs frönen. Habicht wurde einst von seiner Porsche fahrenden mutter mit dem Formel1-Virus infiziert. er ist Hardcore-Fan, bloggt über die F1, besucht halbfertige rennstrecken, organisiert diskussionsrunden und tV-Übertragungen in örtlichen automuseen. natürlich ist er unglücklich über das nischendasein seines lieblingssports.

Bilder: BryCe duFFy, getty imageS

usgp


grand prix usa 2012 action

Der Monaco-Grand-Prix als Aufzeichnung im 足Hinterzimmer einer Sportbar: kein leichtes Leben f端r amerikanische Fans

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1950–1960 Indianapolis 500 Indianapolis Motor Speedway, Indianapolis, Indiana 1959 United States Grand Prix Sebring International Raceway, Sebring, Florida 1960 United States Grand Prix Riverside International Raceway, Riverside, California 1961–1980 United States Grand Prix Watkins Glen International, Watkins Glen, New York 1976–1983 United States Grand Prix West Long Beach, Kalifornien 1981–1982 Caesars Palace Grand Prix Las Vegas, Nevada 1982–1988 Detroit Grand Prix Detroit, Michigan 1984 Dallas Grand Prix Dallas, Texas 1989–1991 United States Grand Prix Phoenix, Arizona 2000–2007 United States Grand Prix Indianapolis Motor Speedway, Indianapolis, Indiana 2012 United States Grand Prix Circuit of the Americas, Austin, Texas

1966: Start des US-GP in Watkins Glen

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„F1 gilt als Sport für Reiche. Es braucht mindestens ein Flugticket, um den Sport live sehen zu können.“ „Vom gesamten Entertainment-Kuchen – Filme, Videospiele, TV – ist Sport ein kleines Segment. Motorsport wiederum ist ein kleines Stück dieses Segments, und von diesem Stück ist der größte Teil NASCAR“, sagt Habicht. Die Brosamen zu verkaufen sei nicht einfach, so Habicht, vor allem brauche es Zeit. Noch ist es eine Subkultur, die sich zu unchristlichen Zeiten in Hinterzimmern von Lokalen wie dem Kezar’s trifft, um bei Bloody Marys und Frühstück ihr Lieblings­ team, ihren Lieblingsfahrer anzufeuern. Die Peter Habichts verteilen sich jedoch über ganz Amerika, bilden kleine Nester. Chris Dove ist erst kürzlich von Montana nach San Francisco gezogen. Früher hat er die Rennen allein am heimatlichen Sofa angeschaut. „Vor San Francisco hatte ich erst einen einzigen weiteren F1-Fan getroffen“, erzählt er. „Aber der hatte so viel Geld, dass er zu den Rennen geflogen ist.“ Formel 1 gilt in den USA als Sport für Reiche: „Es braucht mindestens ein Flug­ ticket, um den Sport live sehen zu können.“ NASCAR lässt sich einfacher konsu­ mieren. Das TV ist voll davon, jede Oma kennt die uramerikanischen Sponsoren auf den Autos: Home Depot, Caterpillar, Target. Dove: „F1 ist verstörend europäisch. Viele Landsleute haben Namen wie Vodafone oder Sauber noch nie gehört.“ Die Kezar’s-Partie ist die Ausnahme, manche waren schon an der Côte d’Azur und räsonieren fachkundig über die „Grand Hotel Hairpin“ und die „Nouvelle Chicane“. Wenn F1-Fans in Amerika selten sind, dann sind amerikanische Fans im Ausland eine bedrohte Spezies. „2007 war ich mit einer Freundin in Spa“, erzählt Charlotte

Bilder: Thomas Butler, Alvis Upitis/Getty Images, A. Jones/Getty Images

Alle F1-Rennen in den USA

Evans, die die San Francisco Formula One Meetup Group betreibt. „Es war zum Brüllen: Die Europäer wussten einfach nicht, was sie mit uns zwei F1-verrückten Amerikanerinnen anfangen sollten. Manche haben uns sogar fotografiert.“ „Es gibt Haute Cuisine, und es gibt ­McDonald’s“, sagt der ehemalige F1-Fotograf Terry Griffin. „Die NASCAR-Fans sind eben McDonald’s.“ Griffin steht in Sausa­ lito, Kalifornien, in einer Garage voller Sportwagen vom Feinsten, Gesamtwert: 30 Millionen Dollar. Vijay Mallya hat zum San Francisco F1 Event geladen. Er ist Chef des indischen Firmenkonglomerats UB Group, zu dem unter anderem Kingfisher Beer und Kingfisher Airlines gehören. ­Außerdem, und das interessiert F1-Fans weit mehr, ist er Teamchef und Co-Eigner des Sahara-Force-India-F1-Teams. Malcolm Page obliegt die so schöne wie verantwortungsvolle Aufgabe, Mallyas Fuhrpark in Schuss zu halten, sollte der Boss den Wunsch verspüren, etwa seinen 1913er-Rolls-Royce oder 1955er-Porsche550-Spyder eine Runde über die Golden Gate Bridge spazieren führen zu wollen. Es braucht einen technikverliebten Menschen, der sich um das wertvolle Altmetall kümmert, und die Liebe zur Formel 1 ist da nicht weit. „F1 ist allerhöchste Ingenieurskunst“, schwärmt Page. „Mir tut jeder Unfall weh, weil Schäden so teuer sind … Die Technik eines F1-Autos steht meilenweit über jener eines IndyCars.“ Bloß: Bislang wollte der Funke dieser Hightech-Faszination nicht auf den durchschnittlichen US-Konsumenten überspringen. „Zitieren Sie mich nicht“, sagt ein Mann im Kezar’s, nennen wir ihn Gray, „aber der durchschnittliche amerikanische Racefan will Unfälle sehen. Wracks gehören bei NASCAR zum Geschäft. Die Präzision, jede Kurve zentimetergenau zu treffen, weiß man hier gar nicht zu schätzen.“ Jene, die das dennoch tun, werden reich beschenkt – zumindest manchmal. Das San Francisco F1 Event von Mallya dient als Fundraiser für die Make-A-WishStiftung. Während Sausalitos bessere Hälften in atemberaubenden Pumps um einen blutroten Flügeltür-Mercedes staksen, läuft auf der Videowall hinter der Bar die Aufzeichnung des Monaco-GP. GratisDrinks, Fingerfood, unfassbar schöne Oldtimer, der Blick aufs Wasser – es ist ein fröhliches, geselliges, nobles Ambiente, in dem hier Formel 1 verhandelt wird. „Wenn du keinen Anschluss an solche Gruppen findest, schaust du F1 daheim“, sagt A. J. Rosensky vom F1-Club aus San Francisco. „Und das ist dann meist eine verdammt einsame Angelegenheit.“


grand prix usa 2012 action

American Hero: Mario Andretti, F1-Weltmeister 1978 und bis dato letzter US-Amerikaner, der ein Formel-1-Rennen gewinnen konnte

usgp

LEGENDE

„Die Zeit der Provisorien ist vorbei“

Seit fast einem Vierteljahrhundert hat kein Amerikaner mehr einen Formel-1-GP gewonnen: Der letzte Triumph datiert von 1978, GroSSer Preis der Niederlande in Zandvoort, und der Fahrer war natürlich Mario Andretti. Als der groSSe ­Charismatiker zurücktrat, erlosch das Interesse vieler Amerikaner an der Formel 1. Heute fungiert der 72-Jährige als Aushängeschild für das Rennen in Austin. nicht nur deshalb ist Andretti überzeugt, dass die Chancen der F1 in den USA besser sind denn je. 67


blick ins Wohnzimmer: der zwölffache Grand-Prix-Sieger mit einigen seiner Trophäen und Spielzeuge

Alle US-AMeRiKAniSCHen GRAnd-PRiX-SieGeR Mario Andretti (gewonnene rennen: 12) aktive Jahre: 1968 – 1972, 1974 – 1982; Weltmeister 1978 Dan Gurney (4) 1959 – 1968, 1970 Phil Hill (3) 1958 – 1964, 1966; Weltmeister 1961 Peter Revson (2) 1964, 1971 – 1974 bill vukovich (2) 1951 – 1955 Jimmy bryan (1) 1952 – 1960 Pat Flaherty (1) 1950 – 1959 Richie Ginther (1) 1960 – 1967 Sam Hanks (1) 1950 – 1957 Johnnie Parsons (1) 1950 – 1958 Jim Rathmann (1) 1950, 1952 – 1960 Troy Ruttman (1) 1950 – 1952, 1954, 1956 – 1958, 1960 bob Sweikert (1) 1952 – 1956 Lee Wallard (1) 1950 – 1951 Rodger Ward (1) 1951 – 1960, 1963

Dreifacher Sieger Phil Hill

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RED BULLETIN: Glauben Sie, dass jetzt die richtige Zeit ist für eine Rückkehr der Formel 1 in die USA – und ist Austin der richtige Ort dafür? MARIO ANDRETTI: es wurde unglaublich viel geld investiert – und das war auch dringend nötig. Wir haben in den uSa unzählige wirklich tolle rennstrecken-ovale, aber kaum brauchbare klassische rennstrecken. im Vergleich zum rest der Welt waren wir diesbezüglich ein regelrechtes entwicklungsland! Jetzt haben wir mit dem Circuit of the americas in austin, texas, endlich etwas, worauf wir stolz sein können. das ist der eine große unterschied zu früher. der zweite: endlich haben wir Stabilität. Bislang hieß Formel 1 in amerika ja eher: Stell ein Zelt auf einer provisorischen Strecke auf, wir probieren ein bisschen Formel 1. Jetzt ist die Zeit der Provisorien vorbei. Angeblich haben Sie bereits in einem SUV die ersten Runden auf der halbfertigen Strecke gedreht … Hehe, stimmt. da war erst ein teil der Strecke asphaltiert, nur drei oder vier Kurven. die Bauarbeiter waren in gefahr

(lacht)! aber sie haben sich gefreut und mich angefeuert. das wollen wir hier hören: reifenquietschen und applaus! Bei der offiziellen eröffnung darf ich wieder auf die Strecke raus. diesmal allerdings in einem richtigen rennauto und nicht bloß in einem SuV (lacht). Werden die Amerikaner NASCAR, Indy und die F1 lieben? ich glaube schon. Klar wird es HardcoreFans geben, die sich nicht aus ihrem eck raustrauen. generell glaube ich aber, dass sich die einzelnen disziplinen gegenseitig befruchten können. Viele F1-Fahrer interessieren sich für naSCar und umgekehrt. Wir sind alle motorsport-Fans. Wie sieht es mit wirtschaftlicher Unterstützung aus den USA aus? Wenn es jemals eine Chance darauf gab, dann jetzt. Wer global denkt, kommt an

„mit austin haben Wir endlich eine strecke, auF die Wir stolz sein können. endlich gibt es stabilitÄt.“


Bilder: Christopher Lane, Bernard Cahier/The Cahier Archive, Hermann Tilke

grand prix usa 2012 action

der Formel 1 nicht vorbei. Der Grand Prix in Austin wird die Dämme bersten lassen. Viele werden sagen: Endlich ist Amerika in der Gegenwart angekommen! Mit dieser Strecke können wir auf der Welt bestehen. Endlich hat das Antlitz und Würde. Bislang hat jedes Land der Welt einen besseren Grand Prix zusammengebracht als wir. Das ist jetzt vorbei. Endlich stehen wir auf Augenhöhe mit allen da draußen. Wann schafft es der nächste US-Pilot in die Formel 1? Das Problem ist, dass ein junger Fahrer speziell die Formel 1 im Auge haben muss, sonst wird das nichts. Das Einzigartige an Amerika ist, dass du hier eine großartige Karriere als Rennfahrer haben kannst, ohne dein Land auch nur ein einziges Mal zu verlassen. Für NASCAR brauchst du keinen Reisepass. Als ich in Amerika Rennen gefahren bin, wollte ich in die Formel 1. Ich bin in irgendwelchen Nachwuchs­ serien rumgekrebst und habe an Dan ­Gurney in seinem Ferrari gedacht. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die FIA ein drittes Auto pro Team erlauben würde, zumindest bei manchen Rennen. So würden Talente eine Chance bekommen, sich ­inmitten der Elite zu beweisen, eventuell den einen oder anderen arrivierten Piloten zu überrunden. Ich bin überzeugt, den Zuschauern würde das gefallen. Wie fühlt sich ein F1-Auto an? Wie ein Kampfjet. Jedes Detail ist auf ­Geschwindigkeit ausgerichtet. F1 ist ­kompromisslos. Ein IndyCar, das auf Oval­ strecken funktionieren muss, ist das nur bedingt. IndyCars sind viel schwerer, sie bremsen schlechter. Ein NASCAR hat ein Dach, Fenster, Stoßstangen. In einem Formel-1-Auto hast du keine Aircondition im Helm, und du hast keinen Haken, auf den du deinen Hut hängen kannst. Wenn Sie zurückblicken: Was bedeuten Ihnen Ihre F1-Jahre? Ohne sie wäre meine Karriere nicht komplett. Mit der Formel 1 hat meine Liebe zum Motorsport begonnen. Dort wollte ich hin, dort wollte ich es schaffen. Ich hatte keinen Plan B. Irgendwie musste das wahr werden. Es bedeutete auch, dass ich meine Karriere in Amerika aufgeben und mich zu 100 Prozent auf die Formel 1 konzentrieren musste. Und es hat sich ­gelohnt. Trotz aller Entbehrungen: Ich bin sehr dankbar dafür. Auch die Vorbereitungen in New Jersey gehen offenbar gut voran. Sind zwei Grands Prix in den USA eine gute Idee? Na klar! Dieses Land ist das einzige auf der Welt, das groß genug für zwei dieser Rennen ist. Wenn es nach mir ginge, ich hätte am liebsten fünf Formel-1-Rennen in Amerika.

Die Rennstrecke

Mitten in Texas

Großer Preis der USA, 16. bis 18. November 2012 in Austin, Texas. Ist die Stadt, bisher vor allem für Musikfestivals berühmt, bereit für die Formel 1? Wir sahen uns drei Tage lang um. 27. August 2012: Noch 83 Tage bis zum GroSSen Preis von Amerika Dave Doolittle denkt zurück an den Juli 2010, als die FIA Austin offiziell als Austragungsort des US-Grand-Prix bestätigte. Seine Arbeitskollegen bei der ­Tageszeitung „Austin American-Statesman“ glotzten ihn an: Jeder wusste, dass er der einzige F1-Fan in der Redaktion war. Doolittle beschreibt die Reaktionen auf seine Berichterstattung folgendermaßen: „Sportfans und Auto-Nerds sind natürlich begeistert, aber ein Teil unserer Leser regt sich darüber auf, dass Steuergeld für eine Rennstrecke verwendet wird, auf der sich nur Ölscheichs und kapitalistische Heuschrecken tummeln. Ich würde sagen, 10 Prozent der Bevölkerung lieben die F1, 10 Prozent hassen sie. Den restlichen 80 Prozent ist bloß wichtig, was am Abend im TV kommt.“ 28. August 2012: Noch 82 Tage bis zum GroSSen Preis von Amerika Congress Avenue in Downtown Austin, Lobby im Chefbüro der Rennstrecke: Eine Uhr zählt rückwärts. Leuchtend rote Zahlen zeigen minütlich kleinere Werte. Stunden verschwinden, ganze Tage. „Als wir noch 300 Tage auf der Uhr hatten, war alles okay“, sagt Bruce Knox, Executive Vice President des ­Circuit of the Americas. „Spätestens als die Tagesanzeige von drei- auf ­zweistellig umgesprungen ist, hat sich Nervosität breit gemacht.“ Der bislang letzte Grand Prix der USA hat auf der berühmten Strecke von Indianapolis stattgefunden. Warum also jetzt Austin? Erstens: Logistik. Ost- wie

Westküste plus Kanada liegen nur drei Flugstunden entfernt. Zweitens: Es gab Land und Geld, beides zur Verfügung gestellt von einem Investment-Team um die texanischen Magnaten Red ­McCombs und Bobby Epstein. Der Ticket-Vorverkauf läuft blendend, zwei Kategorien sind bereits ausverkauft: Die 3-Tage-Stehplätze für die ­Rasenflächen um 159 Dollar sowie die 3-Tage-Tickets für die Stadionsitze ab 269 Dollar. 15 Prozent der Tickets sind ins Ausland gegangen, in nicht weniger als 37 Länder. Auch der Plural im Namen („Americas“) ist kein Zufall: Die mexikanische Grenze liegt nur vier ­Autostunden von Austin entfernt. Knox erzählt, wie die Fans des mexikanischen Sauber-Piloten Sergio Perez den Austin-GP bereits für sich vereinnahmt haben: „Wenn sein Clan mich auf einer anderen Formel-1-Strecke sieht, be­ grüßen sie mich als den Mann vom ‚Mexiko-Grand-Prix‘.“ 29. August 2012: Noch 81 Tage bis zum GroSSen Preis von Amerika Im Moment gibt es genau zwei schnelle Dinge auf der Strecke: Libellen und LKW. 900 Bauarbeiter schuften hier rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Die 5,5 Kilometer lange Strecke führt durch 45 Quadratkilometer texanischen Buschlands, an dessen Rändern noch immer die Natur zu Hause ist: Rotwild, Wildschweine, Truthähne, Klapperschlangen. Das offene Streckenlayout vom Team des deutschen Architekten Hermann Tilke zitiert andere Rennstrecken: eine Haarnadelkurve aus Istanbul, eine schnelle Links-rechts-Kombination mit hohen g-Kräften wie in Hockenheim. Steht man am höchsten Punkt der Strecke – in Kurve 1, einer Linkskurve, die satte 50 Meter höher liegt als die Start-Ziel-Gerade –, riecht man den heißen Asphalt, der gerade aufgetragen wird. Am Horizont sind die Wolkenkratzer von Austins Innenstadt zu erkennen. Man kann sie als Zeichen dafür ­lesen, dass irgendwann selbst das größte Bauvorhaben fertig ist.

Heimstätte der F1 in den USA: Circuit of the Americas in Austin

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Der suPerstAr

AnonYm in AmerikA

eS iSt Verdammt hart, der weltmeiSter zu Sein. alle welt kennt SebaStian Vettel. tatSäChliCh? in new York iSt auCh er nur ein Ganz normaler menSCh – beinahe. Sebastian Vettel hielt den Blick gesenkt, unauffällig, als er durch die amerikanische Zollkontrolle ging. er reiste aus Kanada ein, in montréal hatte er gerade Platz 4 belegt. nach seinem Start von der PolePosition und der schnellsten rennrunde war das nicht unbedingt ein ergebnis, das der Weltmeister unter gelungenes Wochenende verbucht hätte. also war der Champ in innerer emigration, versuchte für die allgegenwärtigen Fanhorden möglichst unsichtbar zu sein und dabei in ruhe nachzudenken, wie ihm der Sieg hatte durch die lappen gehen können. der Zollbeamte inspizierte streng und gewissenhaft Vettels reisepass: „Was haben Sie in Kanada gemacht?“ „grand Prix in montréal“, gab Vettel wahrheitsgemäß zurück. „Hatten Sie einen guten Sitzplatz?“, fragte der Zöllner höflich und gab den Pass zurück. Willkommen in den uSa, wo zwei Wmtitel in der Formel 1 nichts zählen. Singapur, abu dhabi, malaysia: Überall erwarten den jungen deutschen Scharen an Fans. in amerika ist diese art von Zuneigung beispielsweise für den Quarterback der Carolina Panthers, Cam newton, reserviert. Cam wer? genau. genau so reagiert der durchschnittsamerikaner auf die nennung des namens Vettel. auch deswegen trifft Sebastian Vettel die Presse. er beantwortet Fragen der Fachjournalisten, spricht über reifen, die rapide abbauen, über eine Saison, die in den ersten sieben rennen sieben unterschiedliche Sieger hervorgebracht hat, über den druck, unter dem er als titelverteidiger steht, mit fettem rückstand in der Wm-Wertung. Zwei bemerkenswerte Sätze: „ich will nicht, dass das jetzt der beste teil meines lebens ist. ich will nicht mit 65 auf meine Karriere zurückblicken und sagen, na ja, mit 22 oder 23 Jahren warst du auf dem Höhepunkt.“ andere menschen vertreten diesbezüglich im moment weniger optimistische, oft 70

auch wirre Standpunkte. es liegt in der natur der Formel 1, dass dinge bis ins detail zerpflückt, zerredet, analysiert und gern auch verdreht werden. das letzte rennen, das nächste rennen, die eine Kurve in montréal, Sebastians Körpersprache, der Blickkontakt mit seinem teamkollegen mark Webber, beiläufig gefallene Kommentare. Jeder hat eine meinung zu allem. dann gibt es noch die autogrammjäger, die quietschenden mädels. „die quietschenden mädels, die sind okay“, grinst Vettel. ein uS-trip ist für Sebastian Vettel ein Besuch in einer Formel-1-losen Welt. Hier ist der F1-Fahrer mensch, hier kann er’s sein. genau das ist der grund, warum so viele Piloten in amerika urlaub machen. michael Schumacher auf dem rücken eines

CAPTAinS OF AMeRiCA Die meisten Siege aller F1-Piloten beim US-Grand-Prix hat Michael Schumacher eingeheimst, nämlich fünf (allesamt auf Ferrari). Graham Hill (bRM) und Jim clark (Lotus) haben je drei Siege am konto, während die Liste der Doppelsieger mit Jackie Stewart (Tyrrell und Matra), James Hunt (McLaren) und Ayrton Senna (McLaren) gleich drei große Namen des Rennsports aufweist. Letzter Sieger in Indianapolis im Jahr 2007 war übrigens Lewis Hamilton (McLaren).

der Kellner im lavo, 58. Straße/Kreuzung madison avenue, ist der prototypische aufgeweckte manhattan-Kellner. er hat aus kleinen details und versteckten Hinweisen der vierköpfigen gruppe („Sebastian muss seinen Flug erwischen, er kriegt das essen als erster“) messerscharf geschlossen, dass er es hier mit einem waschechten ViP zu tun hat. doch ebenso klar ist, dass er keine ahnung hat, mit wem er es konkret zu tun hat. als er mit seinem tablett kommt, weiß er nicht recht, wie er sich verhalten soll: augenkontakt? Kein augenkontakt? direkt ansprechen? nicht direkt ansprechen? Warten, bis der junge mann fertig ist, europäische Fußballergebnisse auf seinem iPhone zu checken? nicht warten? er entscheidet sich, dem unbekannten vorsichtig und ohne viel aufheben dessen Steak mit Kartoffeln und gemüse vorzusetzen, dazu gibt es ein kleines Bier. Sebastian war hier in new york auf einer Pressekonferenz, bei der das Projekt eines grand Prix von amerika auf der anderen Seite des Hudson river in Weehawken,

Bilder: getty imageS

usgp

Pferdes in den rocky mountains, lewis Hamilton kletternd in Colorado: Facebook weiß, wo die Stars ihren letzten urlaub verbracht haben. Vettel etwa ist nach San Francisco geflogen und den Pacific Coast Highway nach los angeles gefahren, um dann durch die Wüste nach las Vegas zu gondeln, „weil ich ein wenig vom land abseits der großen Städte sehen will“. und das Fortbewegungsmittel des schnellsten autofahrers des Planeten?, hecheln die reporter. „ach, irgend so ein stinknormaler leihwagen. Keine ahnung.“ Vettel hat ganz spezielle erinnerungen an amerika. 2007 hat er in indianapolis sein Formel-1-debüt gefeiert und seine grandiose Karriere gleich einmal mit einem kräftigen ausrufezeichen begonnen: Platz 8, somit jüngster Pilot der geschichte, der Wm-Punkte ergattert hat. damals war er 19 Jahre alt. Wer in ihm nur mehr den heutigen Superstar sieht, darf nicht vergessen: nur ein Jahr vor seinem F1-debüt im land der unbegrenzten möglichkeiten hatte der Heppenheimer sein abitur abgelegt, für den Fall, dass es mit der rennfahrer-Karriere nicht klappen sollte. nach seiner ersten Session im F1-auto war Vettel erledigt: „ich habe mir gedacht: das ist etwas für männer, und ich bin noch ein Junge. diese autos sind derart schnell, dass man sie mit nichts auf der Welt vergleichen kann. ich wünschte, jeder mensch hätte die Chance, diese Kräfte einmal zu erleben. am abend war ich so müde, dass ich meinen Kopf nicht mehr halten konnte.“


grand prix usa 2012 action

Wie wir ihn kennen: Sebastian Vettel, hoch konzentriert im Formel-1-Fahrerlager. Amerika wird ihn noch kennenlernen.

New Jersey, vorgestellt wurde, der eventuell bereits 2013 Teil des WM-Kalenders werden soll. Vettel fuhr die Strecke in einem 348 PS starken Infiniti IPL G ab. New Jersey ist ein Straßenkurs wie Monaco oder Montréal, keine normale Rennstrecke. Start/ Ziel liegt unten am Wasser, insgesamt weist die Strecke einen Höhenunterschied von fast 50 Metern auf und erinnert damit vage an Spa-Francorchamps. Vettel schätzt die Höchstgeschwindigkeit in ­einem F1-Gefährt auf der Strecke auf rund 300 km/h. Die Zuschauer auf den Tribünen haben freien Blick auf die Skyline von New York. „Die Strecke hat viele offene, schnelle Kurven, für die du dicke Eier brauchst. Genau solche Strecken lieben wir Fahrer.“ Die Polizeieskorte hinter Vettels Infiniti tat ihr Möglichstes, um am Deutschen dranzubleiben, hatte aber doch das Nachsehen: Vettel nahm die Speedbumps mit 130 km/h – bergauf. Vor der künftigen Boxenanlage drehte er zum Gaudium ­seiner Beifahrer – es sind hauptsächlich Medienleute – ein paar ­Donuts, um sich schließlich am Hafen einzubremsen und die Passagiere ins Freie zu entlassen. (Die Polizei, die Vettel vergeblich zu eskortieren versucht hatte, schloss bis zum Hafen einigermaßen wieder auf, allerdings ­waren die Straßen nicht gesperrt, was Passanten zur Annahme veranlasste, sie würden gerade Augenzeugen einer realen Verfolgungsjagd.) Spaß mit der Polizei zu haben und ­Donuts zu drehen ist freilich nicht alles, was der Tag für Sebastian bereithält. ­Daneben gilt es auch, brutal-investigative Fragen übermotivierter US-Reporter ­abzufedern: „Herr Vettel, sind Sie gern Deutscher?“ Vettels Gegenfrage: „Sind Sie gern Amerikaner?“ Applaus, Lachen. Gut möglich, dass es das letzte Mal ist, dass er solche Fragen zu hören bekommt. Läuft alles wie geplant, feiert New Jersey nächsten Juni Premiere, findet das Rennen auf dem Circuit of the Americas in Austin im Herbst 2013 bereits zum zweiten Mal statt – und ist Vettel in einem Jahr schon ein household name in den USA. Noch genießt er die Anonymität. An diesem Morgen ist er um sechs Uhr auf­ gestanden, um eine Stunde lang durch die Straßen zu spazieren, lang bevor geschäftige Pendler und hektische Geschäftsleute die Straßen bevölkern. Nur er, ganz allein, unbeobachtet und unerkannt in den Straßenschluchten Manhattans. Völlig unerkannt? „Eine einzige Person hat mich erkannt. Es war ein europäischer Tourist.“ www.redbullracing.com

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Action

Der wohltemperierte Standing Ovations, euphorische Kritiken, staunende, bewegte, begeisterte Zuschauer: Nach ausverkaufter Europatour 2011 erobert Red Bull Flying Bach auch die Ăźbrige Welt im Sturm.

bild: Denis Klero/Red Bull Content Pool

Text: Arkadiusz PiÄ…tek

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Der vielumjubelte FlyingBach-Auftritt im RustaveliNationaltheater (Tiflis). Von 29. November bis 8. Dezember gastiert das Ensemble in der Schweiz.


Action

Red Bull Flying Bach kommt von 29. 11. bis 8. 12. nach Lausanne und Luzern. Infos unter: www.redbullflyingbach.com

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Berlin Der Auftritt, mit dem alles begann. Wir waren extrem nervös. Die Nationalgalerie war bis auf den letzten Platz ausverkauft.

Eines der wichtigsten deutschen Museen. Auch Picassos Werke wurden hier zum Beispiel ausgestellt. Gleich bei den ersten Head­ spins und Powermoves zu Bachs Musik hatten wir das Publikum auf unser Seite. Die Resonanz übertraf unsere Erwartungen bei weitem. Deutsche Blätter, die ARD und selbst die „New York Times“ lobten die Performance. Noch 14 weitere Male sollten

wir in der Folge dort auftreten. Alle ­Vorstellungen waren sofort aus­ verkauft. Für uns besonders imponierend: Fans ohne Tickets saßen draußen vor dem Museum auf ­Decken und beobachteten die Show durch die großen Panoramafenster der Nationalgalerie.

Bilder: Ray Demski/Red Bull Content Pool, Stev Bonhage/Conten Pool, Rezi Kenia/Red Bull Content Pool

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owermoves im Gleichklang mit Fugen, Headspins zu Klaviertönen, Sixsteps zu klassischen Partituren: Was unglaublich klingt, sorgt unter dem Namen Red Bull Flying Bach weltweit für ausverkaufte Shows und begeistert Publikum und Kritiker gleichermaßen. „Zuschauer folgen diesem Gesamtkunstwerk ergriffen“, schrieb etwa die „Berliner Morgenpost“, „Diese Show erschüttert die Welt der Klassik-Puristen“, befand das kana­ dische „Journal de Québec“, „Perfekte Übereinstimmung zweier Gegensätze“, beschied die türkische „Milliyet“, Lob von ARD und „New York Times“ … und 130.000 Zuschauer, die sich diese einzigartige Fusion aus Hoch- und Subkultur bisher nicht entgehen ließen. Die Liaison der Berliner BreakdanceWeltmeister Flying Steps mit Johann ­Sebastian Bachs „Wohltemperiertem ­Klavier“ begann mit einer gewagten Idee. „Ich hatte immer den Traum, Breakdance mit Klassik zu verbinden“, sagt Vartan Bassil, preisgekrönter Choreograph und Kopf der Flying Steps, „auch wenn die meisten zunächst den Kopf schüttelten.“ Doch der Flying-Steps-Gründer ließ sich nicht beirren. Gemeinsam mit dem deutschen Dirigenten und Komponisten Christoph Hagel ging er daran, seinen Traum wahr zu machen. Man erarbeitete ein Konzept, nach dem die Tänzer Bachs Fugen und Präludien visualisieren: „Jeder verkörpert eine Stimme im Stück. Und das Verhältnis der Stimmen zueinander drücken wir im Tanz aus.“ Die künstlerische Grundidee wurde in eine Geschichte verpackt, in der die Flying Steps auf eine klassische Tänzerin treffen. Die Uraufführung feierte man 2010 in Berlins Neuer Nationalgalerie. Es folgten eine vielbejubelte Deutschlandtour, eine ausverkaufte Europatour 2011 – und, als bisheriger Höhepunkt des Projekts, die Welttournee 2012 mit 37 Auftritten in 19 Städten in insgesamt 13 Ländern. „Wir fügen uns wie lebendige Noten in Bachs Musik ein“, so Vartan, „KlassikKenner verstehen es, Klassik-Unkundige spüren es. Vielleicht der Grund, warum die Leute bei den Shows so abgehen.“ Für das Red Bulletin erinnert sich Vartan an besondere Stationen der Erfolgsstory.


Istanbul Istanbul war eine Herausforderung. Ein Melting Pot verschiedener Kulturen, doch Bach kannte hier niemand.

Unsere Tour begann mit zwei TV-Auftritten, dann ging es zur Vorstellung ins moderne Haliç-Kongress-Center – direkt am Meer, in einem der schönsten Bezirke Istanbuls. Die entspannte Atmosphäre haute uns um. Kein Vergleich mit Mitteleuropa. Die Zuschauer saßen nicht steif da, sie lagen förmlich in ihren Sesseln und ließen sich gemütlich berieseln. Vorerst zumindest. Am Ende hielt es die Leute ebenso wenig auf ihren Plätzen wie in Bach-affinen Städten.

Tiflis Das jüngste und lauteste Publikum.

Auf der Straße schien uns jeder zu kennen. Ständig sprachen uns junge Leute an. „Hey, seid ihr die Flying Steps? Cool, wir haben schon Tickets für eure Show.“ Unser Programm war Stress pur. Auftritte bei „Georgien sucht den Superstar“, in Talkshows, der „Morning Show“ und ­einem Musiksender. Die Shows im bedeutendsten Theater des Landes, dem Rustaveli-Nationaltheater, hatten es dann in sich. Das Ambiente der Hochkultur, dazu die lautstarken 2000 Fans, die sich nicht an die ­Regeln hielten: Fotohandys sind ja an sich verboten, doch in Tiflis ­interessierte das keinen. Fast jeder hielt sein iPhone in die Höhe – und nahm uns auf. Hunderte Smart­ phones leuchteten in den Zuseherrängen – ein schönes und inspirierendes Bild, fand ich.

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Bilder: Mathieu Vezina/Red Bull content pool, Stev Bonhage/Red Bull Content Pool, Erwin Polanc/Red Bull Content Pool

Montréal Montréal war ein Meilenstein. Unsere erste Show außerhalb Europas. Beim „Festival Bach de Montréal“. Superspannend – und wir wussten überhaupt nicht, was uns erwartet. Der erste Location-Vorschlag war eine Kongresshalle. Das wollten wir nicht. Wir wollten etwas Spezielles. „Eine Kirche wäre ideal“, sagte Christoph. So tanzten wir – vor 2000 Zusehern –

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in der größten Methodistenkirche Kanadas. Die Reihen waren voll mit Studenten, Erwachsenen, Kindern und Großeltern – sogar Leute vom Cirque du Soleil waren da. Und alle neugierig. Wir legten los, und schon nach wenigen Minuten zog das Publikum mit. Nichts beflügelt einen Tänzer mehr. Und dazu erzeugten die Lichtprojektionen auf der Kirchenorgel regelrechte Gänsehautatmosphäre … Der Applaus hinterher war laut und anhaltend, die Kritiken tags drauf äußerst positiv. Uns wurde klar: Die Show ist international.


Zürich Die Schweizer sind extrem neugierig. Überall, wo wir in der Stadt auftauchten und performten, bildete sich eine Menschenmenge um uns. So wie in der Zürcher Bahnhofshalle. Wir tanzten zu Bach und fragten die Leute: „Kennt ihr das?“ Die Meinungen waren zweigeteilt. Die einen sagten: „Klar, das ist Bach.“ Die anderen: „Klar, das ist Breakdance.“ Beim Auftritt im Zürcher SchiffbauTheater wussten die Zuschauer schon mehr über uns. Eine

­ ischung aus Jung und Alt. Und viel BreakdanceM Prominenz: Stars wie Crazy, Lamine und sogar Lilou kamen extra, um uns zu sehen. Eine große Ehre. Vom Publikum ernteten wir ständig Szenenapplaus und am Ende minutenlange Standing Ovations. Am besten angekommen ist übrigens der Solo-Auftritt von Gengis. Dabei zeigt er Flares, Spins und Airtwists – mit einem Rucksack, mal um einen Fuß oder gleich um beide Füße gewickelt.

Wien Auftritt im Burgtheater – einer der schönsten Momente. Wir kamen so gut an, dass auch hier mehrere Shows notwendig waren.

Und auch die waren sofort ausverkauft. Das Publikum war hochkultur­ orientiert. Eher älter, chic gekleidet, brav sitzend. Dass gerade diese Menschen an diesem Ort so mit­ gingen, verblüffte uns am meisten. Sie verstanden unsere Message, klatschten und lachten an den richtigen Stellen – der Applaus am Ende war lauter als in jeder anderen Stadt zuvor. Zwischendurch hielten wir Vorträge vor Wiener Musikstudenten. Sie waren fasziniert, dass wir als Tänzer erstmals die einzelnen Stimmen verkörpern und zugleich eine Geschichte erzählen konnten. Ich meinte in ihren Augen lesen zu ­können, wie sehr unsere Idee sie inspirierte.

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SMOLEJ & FRIENDS, WIEN

Deutsche Eishockey Stars machen die Welle:

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Inhalt 80 REISE-TIPP Skydiving in Argentinien 82 GET THE GEAR Corrado Cardinali, Chefmechaniker der Scuderia Toro Rosso 84 TRAINING Louie Vito 86 NIGHTLIFE Out Now: Paul Banks/Nachtskifahren/Club: Red Hummingbird/ Cocktail: Drive-In/ Take 3: Diplo/ Nightsnack: Tapiocas 90 TOP-SPOTS 92 SAVE THE DATE 93 KAINRATH 96 RED BULL TV-FENSTER bei ServusTV

BILD: SEBASTIAN MARKO/RED BULL CONTENT POOL

98 KOLUMNE mit Christian Ankowitsch

Am 1. Dezember startet Red Bull Crashed IceTitelverteidiger Kyle Croxall in die Saison. Alle Fakten zum spektakulären Eröffnungsrennen auf Seite 90.


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Auf und davon Der Reise-Tipp des Monats

Learning to Fly Córdoba, Argentinien. Von Argentiniens Pampas führt der direkteste Weg in den Himmel. Dem Schweizer Andy Hediger und seinem „Aeroatelier“ sei Dank.

Andy Hediger verwirklichte seinen Traum einer Flugsportuniversität in La Cumbre.

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Vor dem ­Absprung: schöner Fallen in Argentinien

notwendigen theoretischen Kenntnisse und finden sich schon kurze Zeit später hinter dem Steuerhebel eines Fluggeräts.“ Das Konzept Erste Flugerfahrungen ohne viel Papierkram – und das in den verschiedensten Flugsportdisziplinen. Ärztliche Atteste benötigt man keine (aus­ genommen fürs Solo-Skydiving), voraus­ gesetzt wird nur ein gewisses Maß an ­körperlicher Fitness. Umso größeren Wert legt Hediger auf ein grundlegendes Ver­ ständnis von ­Aerodynamik und Meteoro­ logie. Die Kurse werden individuell an die Wünsche der Schüler angepasst, verrech­ net wird nach Stunden. Richtpreis pro Theorie- oder Flugstunde: 120 US-Dollar. Bald soll es im Aeroatelier auch die Mög­ lichkeit ­geben, Basislizenzen der unter­ schiedlichen Disziplinen zu erlangen.

Das Flugerlebnis Gleitschirmfliegen ist der beste Einstieg für Flug-Neulinge: ­Dabei lernt man am einfachsten die Grundprinzipien der Aerodynamik und des ­Fliegens. Mit dem Cuchi Corral ist ein ­dafür perfekt geeigneter Berg vorhanden: einzigartiges Mikroklima mit Wolkenbasen bis über 3000 ­Meter, langjähriger Aus­ tragungsort der argentinischen Meister­ schaften. ­Bonus: Über dem Hochplateau des Cuchi Corral kann man durchaus dem einen oder ­anderen Kondor begegnen. Beim Segelfliegen (mit Swift- oder Pipi­ strel-Taurus-Segelflugzeugen) wird man mit der Leistung von Flügeln, dem Ein­ fluss der Spannweite sowie der Thermik ­vertraut gemacht und erlebt, wie sich Loopings oder Schwerelosigkeitskurven anfühlen.

text: ulrich corazza. bilder: Alfredo Escobar/Red Bull Content Pool (3), Hangar 3 (2), Gustavo Cherro/Red Bull Content Pool

Der Chefpilot Andy Hediger, Schweizer, 46 Jahre alt, knapp drei Jahrzehnte Flug­ erfahrung. Hediger war professioneller Entwickler und Tester von Gleitschirmen, Paragliding-Weltmeister 2000, Starr­flügelVizeweltmeister 1996 und GleitschirmAkrobatik-Weltmeister 1993/94. Im Jahr 1994 lernte er auf der Flucht vor dem ­europäischen Winter Argentinien kennen, einige Jahre später übernahm er den her­ untergekommenen Aeroclub de La Cumb­ re in der Provinz Córdoba. 2007 gründete er seine Flugsportuniversität Aeroatelier mitten in der argentinischen Pampa. Die Idee „Meine Vision war es von An­ fang an, Menschen ganz unbürokratisch die Fliegerei näherzubringen“, sagt ­Hediger. „Fliegen – lernen – spüren!“ lau­ tet sein Motto. „Die Teilnehmer tauchen sofort in die Materie ein, erhalten alle


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Fallschirmspringen/Skydiven (für Leute ohne Lizenz im Tandemsprung) ist der schnellste Weg zum Adrenalinkick. Nach dem Absprung aus der Cessna-Grand-­ Caravan-Propellermaschine lernt man, wie ein Körper stabil fällt, wie man Figuren ausführt und sichere Landungen gelingen. Mit dem doppelsitzigen Ultraleichtflugzeug Trike flitzt man in einem Meter Höhe über die Pampas … pures Motorrad­ feeling in der Luft. Nicht weniger rasant geht es beim Kiten mit Dreirad-Buggys über das Flug­ platzareal zur Sache: Bei gutem Wind ­erreicht man 80 km/h.

Ein Paradies für Gleitschirmflieger – exzellente Thermik über dem Cuchi Corral

Reiseinformation Lage: Das Aeroatelier nahe La Cumbre (dt.: der Gipfel) liegt rund 100 Kilometer nördlich der ­Millionenstadt Córdoba auf einer Hochebene (auf rund 1200 Metern). Das 8000-Seelen Dorf bietet viel britischen (!) Charme und eine entspannte Atmosphäre. Vor den Toren des Hangars gibt es nach Westen hin 450 Kilometer weit nur Pampa, Berge, Wüste und viel, viel Platz. Anreise: Man fliegt über Buenos Aires (75 Minu­ ten) oder Santiago de Chile (90 Minuten) nach Córdoba. Von dort können die Teilnehmer – je nach Wetter – per Flugzeug oder mit dem Auto (ca. eine Stunde) abgeholt werden. Beste Reisezeit: Die besten (Flug-)Bedingungen herrschen von Oktober bis Ende April (kuschelige Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad, rund 250 Sonnenstunden pro Monat, ­exzellente Thermik). … und sonst? Gleich hinter dem Hangar kann man einen Polo-Schnupperkurs buchen. Mehr Pferde­ stärken gibt es bei einer rasanten Ausfahrt mit Motocross-Bikes oder Quads. Entspannter geht es bei einer Golfrunde am 18-Loch-Platz des La Cum­bre Country Club oder einem Ausritt in die ­Sierras oder an den nahe gelegenen Río Pintos zu. La Cumbre ist auch Anziehungspunkt für Esoteriker und UFO-Gläubige – die Region gilt als einer der bekanntesten Sichtungspunkte von Außerirdischen. Kontakt und Buchung: www.aeroatelier.com

Schneller Adrenalinkick beim Tandemsprung

Mit dem Trike kann man pures Motorradfeeling nur wenige Meter über dem Boden erleben.

Córdoba

Argentinien

Buenos Aires

Bei Geschwindigkeiten bis zu 80 km/h wird beim Buggy-Kiten ordentlich Staub aufgewirbelt.

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Living in a Box: Bei jedem der 20 Saisonrennen werden die Autos von Daniel Ricciardo und Jean-Éric Vergne von Corrado und seinem Team vÜllig zerlegt.

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GET THE GEAR DIE AUSRÜSTUNG DER PROFIS

Schraube locker!

Selbst in der so cleanen Formel-1-Welt machen sich hurtige Mechaniker immer noch die Hände schmutzig. Corrado Cardinali, Chefmechaniker der Scuderia Toro Rosso, zeigt uns sein Rüstzeug. 1. Pressluftschrauber Damit wechseln wir die Reifen – sowohl bei Boxenstopps als auch bei den Arbeiten in der Box. Diese druckluftbetriebenen „wheel guns“ sind viel handlicher als jene in normalen KFZ-Werkstätten und arbeiten weitaus schneller. Alles, was ein Boxenstopp länger als drei Sekunden dauert, gilt heute ja schon fast als langsam.

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2. Kühlventilator Die benutzen wir, um die Temperatur der Carbonbremsen zu senken, wenn das Auto in die Box kommt. Vor allem die Vorderbremsen sind sehr heiß,

„Alles über 3 Sekunden gilt heute schon als langsam.“ 7

TEXT: WERNER JESSNER. BILD: JIŘÍ KŘENEK

mehrere hundert Grad, da braucht es großen Luftdurchsatz, um sie runterzukühlen. In unserem Team verwenden wir zwei verschiedene Arten von Bremskühlern: das hier gezeigte und ein kleineres, akkubetriebenes Modell, wenn das Auto in der Box geparkt ist. 3. Werkstattwagen Hier sind alle Werkzeuge wie Nüsse, Ratschen, Drehmomentschlüssel, Schraubenzieher etc. drin, die man braucht, um einen Formel-1-Wagen bis auf die letzte Schraube zu zerlegen. Pro Auto gibt es einen dieser komplett gefüllten Wagen. 4. Spezialwerkzeug Jeder Mechaniker hat seine persönliche Werkzeugbox, gefüllt mit jenem Zeug, das er für

seinen Aufgabenbereich braucht. Das ist klarerweise je nach Bereich unterschiedlich, und jeder Mechaniker hat seine eigene Art, seine private Toolbox einzuräumen. 5. Hinterer Wagenheber Damit wird das Auto beim Boxenstopp aufgebockt. Der Hebel dient zum Loslassen des Autos, wenn alle vier Räder gewechselt sind, und das Licht signalisiert, dass das Team fertig ist. Auch hier geht es um Zehntelsekunden. 6. Lollypop Früher hat man dieses Schild auf einer Stange auch im Rennen verwendet, um dem Fahrer zu signalisieren, wann er nach dem Boxenstopp wieder losfahren kann. In den letzten Jahren haben alle Teams auf eine Ampelanlage umgestellt, so auch wir. Im Qualifying benutzen wir aber nach wir vor den guten alten Lollypop: Der hat den großen Vorteil, nicht kaputtgehen zu können. 7. Computertrolley Hier sind alle Computer drin, deren es bedarf, um ein F1-Auto in der Startaufstellung in Gang zu setzen. Diese Rechner sind sehr teuer. Ähnlich wie jene beim Militär sind sie wasserdicht, stoßsicher und quasi unzerstörbar. Warum? Wenn es beim Start regnet, müssen sich die Autos trotzdem starten lassen, außerdem ist der Rückzug vom Start in die Boxengasse zuweilen recht hektisch. 8. Fuel In/Out Diese Tafel zeigt, ob ein Auto, während die Mechaniker daran arbeiten, betankt ist. Das ist aus Sicherheitsgründen nötig. Ein zweites solches Schild hängt an der Tankanlage. www.scuderiatororosso.com

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WORK OUT

Vitolisierend

TRAINIEREN WIE DIE PROFIS

Kaum ein Snowboarder trainiert härter als Louie Vito. Für sein Ziel – die Olympischen Spiele 2014 – holt sich der Dew Tour Halfpipe Champion Unterstützung bei NFL-Spielern und Boxern.

Sprunghaft

Um seine mächtigen Spins und Flips in der Halfpipe zu perfektionieren, legt Louie Vito besonderen Wert auf Schnellkraftund Wendigkeitstraining. MONTAG Vormittag: 90 Minuten leichtes Krafttraining der Beine mit intensiven Lauf-Sprung-Drills (schnelle Sprints mit vertikalen Sprüngen) Nachmittag: 50 Minuten Intervalltraining DIENSTAG Vormittag: 60 Minuten Wendigkeitsläufe (sogenannte ConeDrills) mit Sprungserien von 90-, 180- und 720-Grad-Drehungen Nachmittag: 50 Minuten StepDrills mit Gewichten MITTWOCH Vormittag: Gewichtstraining für Brust, Schultern und Arme Nachmittag: 60 Minuten Intervallläufe (30 Sekunden langsamer Trab, 30 Sekunden Sprint), Steigerung bei jeder Wiederholung

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DONNERSTAG Vormittag: 60 Minuten ConeDrills Nachmittag: 40 Minuten Intervallläufe auf dem Laufband (Maximaltempo: 22,5 km/h) FREITAG Vormittag: 60 Minuten Rückentraining Nachmittag: 50 Minuten ConeDrills, zum Abschluss 20-mal je 40 Sekunden Vorwärts- und danach RückwärtsSprints, zwischen den Sets: KlimmzugÜbungen SAMSTAG 60 Minuten Regenerationslauf

www.louievito.com

TEXT: ANDREAS TZORTZIS. BILDER: ZACH HOOPER/RED BULL CONTENT POOL, CHRIS SHONTING/RED BULL CONTENT POOL

Shaun White (USA) vor Peetu Piiroinen (FIN) und Scotty Lago (USA) – so sah das Halfpipe-Podest bei den Olympischen Spielen 2010 aus. Für Louie Vito blieb nur Platz fünf – eine herbe Enttäuschung, denn „ich wollte unbedingt eine Medaille!“. Der US-Boarder änderte danach Grundlegendes. Alkohol und Junkfood verbannte er gänzlich aus seinem Leben. Stattdessen orientierte er seinen Lebensstil an BoxChampion Floyd Mayweather oder US-Shorttrack-Olympiasieger Apolo Ohno. Ohno war es auch, der Vito in das „High Performance Training“ einführte. Seither trainiert der 24-Jährige unter Anleitung von John Schaeffer, läuft Treppen mit NFL-Football-Profis und betreibt Schattenboxen mit Profi-Faustkämpfern. Und er wurde insgesamt ein wenig ernsthafter und reifer. „Wenn man älter wird, beginnt man Dinge anders zu sehen. Mein guter Freund Kevin Pearce verletzte sich 2009 schwer am Kopf, oder denken wir nur an den tragischen Tod von Freeski-Kollegin Sarah Burke im vergangenen Jahr. Unser Sport ist gefährlich. Jede Sekunde kann es vorbei sein. Dennoch will ich mir 2014 sagen können, dass ich alles versucht habe.“


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Nightlife Die Macht der Nacht

Action

Nachtskifahren Von Vorteil: Wer den untertags stark frequentierten Pisten entgehen oder einen Arbeitstag sportlich ausklingen lassen möchte, „flüchtet“ in den Abend (Nachtöffnungszeiten zwischen 18 und 23 Uhr). Sehr romantisch: eine Liftfahrt unter Vollmondschein. Zu beachten: Warm anziehen (Temperaturen gehen in der Nacht deutlich zurück); die Pisten sind bei Nacht tendenziell härter und eisiger. ausprobieren: In den USA – hauptsächlich in Vail, Colorado – gibt es über 200 Skigebiete mit Nachtpisten. Das Keystone Resort bietet 15 beleuchtete Pisten. In Europa bestens geeignet: Söll (AUT), Gstaad (SUI) oder Tignes (FRA).

out now

„Ich brauche keine Maske“ Paul Banks als Solist: der Interpol-Sänger über Selbstfindung, Surf-Leidenschaft und literarische Songtexte. Das Interpol-Debütalbum wurde vom Musikmagazin „Pitchfork“ zum besten des Jahres 2002 gewählt, Nachfolger „Antics“ verkaufte sich eine halbe ­Million Mal: Interpol sind die coolste wie stilsicherste Indie-Rock-Band der Gegenwart. Im Zentrum ihrer düsteren Songs zwischen räudigem Post-Punk und melancholischen Melodiebögen: Paul Banks’ atemberaubende Stimme. Doch der 34-jährige New Yorker ist weit mehr als ein begnadeter Frontmann. Dass er einer der besten Songschreiber der Stunde ist, beweist sein neues Album „Banks“. Nach dem ersten Solowerk unter dem Pseudonym Julian Plenti tritt er nun ohne Alter Ego an.

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Dein neues Soloalbum erscheint unter deinem echten Namen. Warum? Julian Plenti war mein Künstlername aus der Zeit vor Interpol. Auf meiner ersten Soloplatte fasste ich meine ­frühen Songs zusammen. Für die neue brauche ich keine Maske mehr. Du hast Literaturwissenschaft studiert. Spiegelt sich das in den Texten wider? Was du richtig liest, wird Teil deiner ­Gedankenwelt. In diesem Sinn steckt viel Literatur in meinen Texten. Das Coverfoto hast du in Panama City geknipst. Was hast du dort getrieben? Bei Interpol-Interviews werde ich oft auf den New-York-Faktor der Band ­angesprochen. Dabei bin ich eigentlich ein Surfertyp. Viele meiner Songs ­entstehen am Strand in Panama. Große Kunst braucht Leid? Nicht bei mir: Meer und Sonne sind meine wichtigsten Inspirationsquellen.

Paul Banks’ „Banks“ ist bereits erschienen. www.bankspaulbanks.com

Night quote

” Der Weg zum Glück führt über durchgeplante Tage und improvisierte Nächte. “ Mignon McLaughlin, US-Autorin (1913–1983)


cocKtAiL

Drive-In Exotisch-fruchtiger Geschmack, dazu belebende Wirkung. Genau diese Kombination steckt hinter dem Cocktail des Monats November. Der alkoholfreie Drive-In, eine hangar-7-Kreation, ist ein eisgekühlter Mix aus Ananas-, Kiwi-, orangen- und Zitronensaft, aufgegossen mit Red Bull – und längst ein Klassiker in der Mayday Bar. Übrigens: Wegen seiner einfachen Zubereitung auch eine Empfehlung für jeden hobby-Barmixer.

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: EMI MUSIC (2), GETTY IMAGES, RED HUMMINGBIRD (4), FOTOSTUDIO EISENHUT & MAYER,

CLUB DES MONATS

ZUTATEN 6 cl orangensaft 6 cl Ananassaft 1 cl Zitronensaft 1 cl Kiwisirup 1 cl Blue-Curaçao-Sirup (alkoholfrei) Red Bull Eiswürfel Fruchtspieß (Ananas, Erdbeere, Kiwi …)

ZUBEREITUNG Alle Zutaten mit den Eiswürfeln in einen Shaker-Becher geben. Kräftig schütteln, in ein Glas füllen und mit Red Bull aufgießen. Deko und Strohhalm beigeben.

RED HUMMINGBIRD 84 Federal Street Auckland, Neuseeland www.redhummingbird.co.nz

cLuB

„Wer den Club betritt, steht im Wald“ Red Hummingbird. Zwischen Disco und Dschungel: Aucklands bester Club ist ein Paradies für Individualisten. Ein Ort, an dem man mit Vögeln und Waldgeistern tanzt. Der Name ist eine Anspielung auf … … den Kolibri. Weil er immer in Bewegung ist, auch wenn es aussieht, als würde er stillhalten: Die Begrüßung an der Bar wird immer herzlich sein. Aber das Innere des Clubs verändert sich ständig. Inspiration für das Interieur …

… habe ich aus Dingen geschöpft, die ich über die Jahre gesammelt hatte. Alte Kameras, hirschtrophäen, Pflanzen, anderer Kram. Diese Gegenstände schmücken das Lokal. Man sagt, dass das Leben an einem vorbeizieht, kurz bevor man stirbt. Ich würde in diesem Moment meinen Club sehen. Wenn man den Club betritt … … steht man quasi im Wald: An den Wänden sind kleine Bäume und Büsche angebracht. Außerdem blickt man einem roten Kolibri ins Auge, den der Street-Artist Flox gemalt hat. Die verrückteste Nacht … … war die Eröffnungsparty: vogelartige Kreaturen auf Stelzen, freche Waldgeister, ein obdachloser und ein Ausdruckstänzer auf der Tanzfläche. Voll ist’s … … mit zirka 200 Gästen. Den besten Nachtsnack gibt’s … … im Bellota, einer Tapas-Bar ums Eck. Das Essen dort ist exzellent, danach wirst du am heimweg nie mehr einen fettigen Cheeseburger essen. Interview mit Luke Dallow, Besitzer des Clubs

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Clint Eastwood Er ist der Urvater aller Anti­ helden. Nimm den SpaghettiWestern „Zwei glorreiche Halunken“ her. Eastwood ist ein Mistkerl. Der coolste Mistkerl aller Zeiten. Ich liebe auch spätere Filme wie „Gran Torino“, wo er einen frustrierten Rentner spielt. Vielleicht hat er da aber gar nicht schauspielern müssen, bedenkt man seinen Auftritt am Republikaner-Parteitag. Oder hat er sich damit bloß auf eine neue Rolle vorbereitet? Ihm würde ich’s zutrauen.

Diplo: ist der Mann im Hintergrund.

Take 3

„Mein Vater war wie Sly“ Diplo. Für Beyoncé und Usher schreibt er Hits, im Club lässt es Diplo krachen – genau wie seine Helden auf der Leinwand. Der globetrottende DJ über seine drei liebsten Action-Stars. Er ist der begehrteste Produzent der Stunde – und wohl auch derjenige mit der besten Ausdauer. In den letzten zehn Jahren verhalf Diplo der Rap­ perin M.I.A. zu Erfolg und Grammys, machte den brasilianischen ElectroStil Baile Funk weltbekannt. Mit seinem Plattenlabel fördert er Talente wie Crookers oder Lunice, für Stars wie Beyoncé, Usher und No Doubt produ­ ziert er Hits. Jedes Wochenende legt er als DJ in mindestens drei Ländern auf – und macht zudem noch selbst Musik. Derzeit ist er mit seinem Pro­ jekt Major Lazer unterwegs, dessen neues Album „Major Lazer Frees the Universe“ dieser Tage erscheint. Mit Gastvokalisten wie Santigold ent­ wickelt er dabei seine eigene elektrifizierende Version jamaikanischer Tanz­ musik. Das Logo von Major Lazer: eine fiktive Actionfigur gleichen Namens, eine muskulöse Rasta-Version von Rambo. Kein Wunder: Der 33-jährige US-Amerikaner ist ein großer Fan von Actionfilmen. Und das hört man der ­Musik von Major Lazer auch an: Wuchtige Dancehall-Sounds treffen dabei auf nervösen Electro-House. Kurz: ein akustischer Molotowcocktail.

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Jean-Claude van Damme Unglaublicher Typ. Als Jugendlicher tanzte er in dem Breakdance-Streifen „Breakin’“. Dann kam sein großer Durchbruch mit „Bloodsport“, einem meiner Lieblingsfilme: Ein ­weißer Karate-Kämpfer geht nach Hongkong und vermöbelt dort alle. Einfach alle. Und dann kam noch „JCVD“, in dem er sich von einer sehr selbst­ kritischen Seite zeigt. Hab ich erwähnt, dass Van Damme in jungen Jahren außerdem Rapper war?

Sylvester Stallone Sly mag nicht gut gealtert sein: Mit all dem Botox im Gesicht sieht er ziemlich irre aus. Aber ich werde nie vergessen, wie sehr mich „Rambo“ als Kind beeindruckte. Der Streifen erzählt die gleiche Geschichte wie Bruce Springsteens „Born in the U.S.A.“: Ein Vietnam-­ Veteran kehrt heim, niemand schert sich um ihn. Mein Vater war auch so einer. Er hatte es nicht einfach – und ermöglichte mir trotzdem das Studium. Dafür bin ich ihm ewig dankbar.

Nightsnack

Rio de Janeiro: Tapiocas In Brasiliens Megacity stärkt man sich nachts mit Stärke aus den Wurzeln einer Palmenart. Fisch, Fleisch, Käse, Gemüse oder Süßes ­kommen dazu – die knusprigen Crêpes werden auf Rios Straßen vielfältig gefüllt.

Was sind Tapiocas? Das Mehl für Tapiocas hat längst in der gehobenen ­Küche von Welt Einzug ­gehalten. Es bindet sehr gut, hat keinen dominanten ­Eigengeschmack und er­ zeugt, anderen Zutaten bei­ gemischt, interessante Tex­ turen. Hergestellt wird es aus den Wurzeln der Yucca­ palme. Die Wurzeln können auch ähnlich wie Kartoffeln zubereitet werden. Wenn etwa in afrikanischen Ge­ richten ­Maniok als Beilage serviert wird, handelt es sich um ­gekochte oder frittierte ­Yuccapalmenwurzeln.


Text: klaus kamolz. Bilder: Rex Features (2), Kobal Collection, Fotostudio Eisenhut & Mayer

Die eigenartige Zubereitung Für das Maniokmehl, aus dem die brasilianischen Crêpes gemacht werden, muss die Palmenwurzel gerieben, tagelang eingeweicht, ausgepresst und anschließend langsam geröstet werden. Das entstandene Pulver wird mit Was­ ser oder verdünnter Kokosmilch befeuchtet (es darf nicht zu nass sein), mit etwas Fett verrührt und anschließend in eine beschich­ tete, allenfalls leicht eingefettete Pfanne gestreut. Mit einer ­Küchenschaufel drückt man die Masse zusammen, bis sie bindet und knusprig wird. Dann wendet man den Teig und wiederholt den Vorgang. Erst diese Fladen wer­ den in Rio Tapiocas genannt.

Die bunte Welt der Tapiocas Gehen Einheimische und Touris­ ten in Rio abends aus, nehmen sie oft ein komplettes TapiocaMenü zu sich: zunächst welche, die mit Gemüse, Käse (häufig Catupiry, brasilianischem Frisch­ käse) und Kokosraspeln oder carne de sol (sonnengetrockne­ tem Rindfleisch) gefüllt sind. Dann folgen süße mit gegrillten Bananen und Zimt, Nutella, ­Karamell oder Kokospaste.

Tapiocas für daheim Polvilho doce (süß) und Polvilho azedo (säuerlich) sind die Tapio­ ca-Mischungen für die brasiliani­ schen Crêpes. Im Internet-Fach­ handel oder in Ethnofood-Shops ist das Mehl problemlos zu be­ kommen. 500 Gramm kosten etwa 2 bis 3 Euro. Tapioca im Trend-Tee Bubble Tea ist der letzte Schrei auf dem Getränkemarkt. Häufig findet man darin kleine glitschi­ ge Perlen, die dem Tee eine leicht zähe Konsistenz verleihen. Es handelt sich dabei um TapiocaPerlen.

Die Hotspots in Rio An den Stränden – vor allem am Ipanema-Strand – und rund um die Metro-Station Carioca gibt es die meisten Stände, in deren Nähe es die ganze Nacht nach geröstetem Maniokmehl riecht. Eine Tapioca kostet, je nach Fül­ lung, umgerechnet 1 bis 2,50 Euro. Die beste flüssige Beglei­ tung ist in diesem Fall nicht Alko­ hol, sondern ein frisch gepresster Saft oder ein Smoothie aus Bra­ siliens überwältigendem Angebot an exotischen Früchten.

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Top Events

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November 2012

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Sport 16. – 18. 11., PRAG, TSCHECHIEN

Davis Cup Finale

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Der Tennis-Davis-Cup wird gerne respektlos als „hässlichste Salatschüssel der Welt“ bezeichnet. In Händen halten würden den Pokal die beiden Finalistenteams Tschechien und Spanien dennoch gerne. Die iberischen Titelverteidiger und fünffachen Davis-CupChampions reisen als Favoriten der Buchmacher in die O² Arena nach Prag. Trotzdem stehen die Chancen der Tschechen auf den ersten Erfolg seit 1980 (mit Lendl!) nicht schlecht, zumal das von Tomáš Berdych angeführte Team den Heimvorteil auf einem von den Spaniern wenig geschätzten Hartplatz ausspielt.

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22. – 25. 11., DUBAI

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besten 60 Golfer der Saisonwertung der 2 Die European Tour qualifizierten sich auf dem „Race to Dubai“ für die Dubai World Championship: Mit acht Millionen Dollar Preisgeld ist das Turnier neben der PGA Tour Championship das höchstdotierte des Jahres. 2011 durfte sich der Spanier Álvaro Quirós García über einen Siegerscheck von 922.645 Euro freuen. Ausgetragen wird das Saisonhighlight auf dem vom Australier Greg Norman entworfenen 7018 Meter langen „Earth Course“ der Jumeirah Golf Estates. Der Kurs besticht durch eher untypische Vegetation und schneeweißen Bunkersand, der extra aus North Carolina importiert wurde. 2

25. 11., SÃO PAULO, BRASILIEN

Formel-1-Grand-Prix von Brasilien Eine spannende Formel-1-Saison biegt ein in die Zielgerade, und die hat’s in sich: Auf 71 Runden (exakt 305,909 km) in Interlagos erwartet die Piloten eine Achterbahnfahrt auf knapp 1000 Meter Seehöhe, mit extremen Bodenwellen, hoher Luftfeuchtigkeit und brutaler Hitze. Das Streckenprofil zwingt die Renningenieure in einen diffizilen Spagat zwischen Power auf den Geraden und genügend Abtrieb für den kurvigen Mittelteil. 2011 hatte Red Bull Racing in São Paulo Grund zur Freude: Doppelsieg mit Mark Webber vor Sebastian Vettel – und Doppelsieg in der WM (Einzel, Team).

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Cool: Ryan Sandes gewann 2010 in der Antarktis.

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22. 11. – 3. 12., ANTARKTIS

The Last Desert Über Zuschauer können sich die Läufer beim einzigen mehrtägigen Rennen auf dem antarktischen Kontinent kaum freuen, dafür werden sie von tausenden Pinguin-Augen verfolgt. In sechs Tagesetappen gilt es, sich über die 250 Kilometer lange Strecke (durch bis zu einen Meter hohen Schnee) zu kämpfen, bei klirrender Kälte (Temperaturen an die –20 °C). Startberechtigt sind nur Extremläufer, die zumindest zwei der weiteren drei „4-Deserts-Wüstenläufe“ (Gobi March, Atacama Crossing, Sahara Race) absolviert haben. Bei der letzten Auflage 2010 siegte der Südafrikaner Ryan Sandes, der im gleichen Jahr als Erster alle Extrembewerbe für sich entscheiden konnte.

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Hoch dotiert: das European-Tour-Finale in Dubai

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Möchte seinen WM-Titel verteidigen: Kyle Croxall

BILDER: GETTY IMAGES (2), ZANDY MANGOLD/RACING THE PLANET, JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL, DDPIMAGES, PICTUREDESK.COM

Dubai World Championship


MORE BODY & MIND

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Der Dubstep-Durchstarter: Porter Robinson 6

6. – 8. 12., SENTOSA, SINGAPUR

Zouk Out

Sommerliche Hitze, Strand, und die DJ-Oberliga legt auf: Mit 25.000 Tänzern ist das Zouk Out Asiens größtes Dance-Festival und das Paradies für Elektronik-Fans, Surfer und Sonnenanbeter. Drei Tage (und Nächte) lang wird auf dem Strand der kleinen Insel Sentosa gefeiert. Mit DJs wie A-Trak, Calvin Harris, Hardwell und Dubstep-Wunderkind Porter Robinson.

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6. – 9. 12., MIAMI (FLORIDA), USA

Art Basel Miami Beach

1. 12., NIAGARA FALLS, KANADA

Red Bull Crashed Ice Die Ice Cross Downhill World Championship geht in ihre vierte Saison – dieses Jahr gibt es fünf Tourstopps. Die Kulisse des Auftaktbewerbs könnte mit den rund 55 Meter hohen Niagara-Wasserfällen im Hintergrund spektakulärer kaum sein. 80.000 Zuschauer werden erwartet, wenn sich die IceCross-Downhill-Athleten in Boardercross-Manier die mit Hindernissen gespickte Eisstrecke hinunterstürzen und sich dabei packende Zweikämpfe liefern. Auf einen Heimvorteil an der Grenze zwischen der Provinz Ontario (CAN) und dem Bundesstaat New York (USA) hofft der amtierende Weltmeister, der Kanadier Kyle Croxall.

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Kultur

2002 rief die renommierte Art Basel, die weltweit wichtigste Kunstmesse, ein Tochter-Event in Florida ins Leben. Und binnen weniger Jahre hat sich dieser Ableger zum kulturellen Pflichttreff von Promis und Kunstkennern im „Sunshine State“ gemausert. Stars wie Kanye West, Naomi Campbell oder Michael Douglas tummeln sich auf den zahlreichen Vernissagen, über 260 Galerien aus aller Welt bieten Arbeiten von mehr als 2000 Künstlern an. Mittlerweile übertrifft der Spin-off die Hauptveranstaltung nicht nur an Glamour, sondern auch punkto Verkaufszahlen, sagen wichtige Galeristen wie Nicole Hackert von der Berliner Contemporary Fine Arts.

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Für 6 MTV Europe Music Awards nominiert: Rihanna 16. – 24. 11., GIJÓN, SPANIEN

Festival de Cine de Gijón Was haben die Independent-Film-Größen Aki Kaurismäki, Todd Haynes, Paul Schrader und Kenneth Anger gemeinsam? Sie alle waren schon im asturischen Gijón zu Gast, einem Geheimtipp der Filmfestival-Saison. Das Besondere: Die Siegerstreifen – wie „Das Leben gehört uns“ von Valérie Donzelli im letzten Jahr – werden von einer fünfköpfigen ProfiJury und einem gleichberechtigten Gremium aus Filmfans zwischen 17 und 26 Jahren gemeinsam gekürt.

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11. 11., FRANKFURT, DEUTSCHLAND

MTV EMA

Tausende Fans in der Frankfurter Festhalle, über 22 Millionen Zuschauer vor den TV-Schirmen: In 15 Hauptkategorien werden bei den MTV Europe Music Awards die größten Stars des Jahres gekürt. Im Zentrum steht diesmal der Ringkampf zweier Pop-Prinzessinen: Rihanna vs. Taylor Swift. Erstere ist sechsmal nominiert, Letztere fünfmal – in drei Kategorien treffen die beiden direkt aufeinander. Die Trophäen sind bei Musikern vor allem darum begehrt, weil die Preisträger per OnlineAbstimmung direkt von den Fans gewählt werden.

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17. 11., SYDNEY, AUSTRALIEN

Harvest Festival Beck, Sigur Rós, Grizzly Bear, Beirut, Liars und Mike Patton: Das liest sich wie der Kanon des Indie-Rock, wie die Wunschliste an einen FestivalVeranstalter. Australischen Musikfans werden diese Wünsche nun erfüllt. Was das Harvest Festival von ähnlichen Outdoor-Events abhebt: Die Ticketpreise sind höchst moderat. Und: Das Festival ist überschaubar dimensioniert – insgesamt treten nur 23 ausgewählte Künstler auf.

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Richard Williams’ Kunst bei der Art Basel in Miami

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MORE BODY & MIND

Save the Date

November 2012 3. DEZEMBER, VOLKSHAUS, ZÜRICH

The xx

Eines kann man den Londonern gewiss nicht vorwerfen: dass sie mit Druck nicht umgehen können. Nach ihrem weltweit gefeierten Debütalbum „xx“ lieferten die Großmeister des minimalistischen Indie-Pop mit „Coexist“ kürzlich erneut eine Punktlandung von einem Album ab.

Wingsuit-Fliegen für Fortgeschrittene im Film „Birdmen“

1. – 20. DEZEMBER, AN MEHREREN ORTEN

Gossip

Der Superhit „Heavy Cross“ verwandelte die IndieDarlings Gossip 2009 in Multi-Platin-Superstars. 2012 meldet sich das amerikanische Trio rund um die charismatische Sängerin Beth Ditto zurück: Im Mai kam das Album „A Joyful Noise“ heraus, im Oktober startete in Buenos Aires die Welttournee. Vorgesehen ist auch ein Schweizer Tourstopp: Gossip rocken die St. Jakobshalle in Basel. 6. – 9. DEZEMBER, SAALBACH/HINTERGLEMM, ÖSTERREICH

Snow Mobile

24 Motorschlitten, 24 Teams (zu je sechs Fahrern), ein 850 Meter langer schneebedeckter Rundkurs in Saalbach/Hinterglemm. Mit viel internationaler Prominenz (auf der Rennstrecke und abseits davon), packenden Duellen und Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h sorgt das Snow Mobile für eines der spektakulärsten Winter-Openings Europas. Der Eintritt in den Zuschauerbereich ist frei.

European Outdoor Filmtour Slacklining über Schluchten (in „Sketchy Andy“), Wingsuit-Fliegen, hautnah an Gebirgszügen („Birdmen“), eine Polarexpedition im selbstgebauten Amphibienfahrzeug („The Crossing“), David Lamas „A New Perspective“, das MTB-Highlight „Where the Trail Ends…“, Snowboard-Abenteuer in Alaska in „2112“, ein ZAZKonzert auf dem Mont-Blanc-Gipfel in „Je veux“, ein Kanute zwischen Feuer und Wasser in „The Shapeshifter“, die Besteigung des Mount Meru in „The Shark’s Fin“: Die European Outdoor Filmtour 2012 komprimiert die neun jahresbesten Kurzfilme des Abenteuer- und Extremsportgenres auf zwei mitreißende Stunden. Bei ihrer Europa-Tournee (neun Länder, 200 Städte) macht sie im Dezember Halt in zwölf Schweizer Städten: 1. 12. St. Gallen; 2. 12. Luzern (17.00 & 20.30 Uhr); 4. 12. Bern; 6. 12. Thun; 7. 12. Basel; 8. 12. Genf; 9. 12. Lausanne; 10. 12. Freiburg; 11. 12. Chur; 12. 12. Sion; 17. 12. Winterthur; 18.– 20. 12. Zürich. VorführLocations & Tickets auf: www.eoft.eu

30. NOVEMBER UND 1. DEZEMBER, HOFMATT, SCHWYZ

True Balance & BackYard Bang Mit zwei aussergewöhnlichen Events innert zweier Tage begrüsst der Mythenpark den Winter und lässt Freeskier und Snowboarder aus der ganzen Schweiz auf die Hofmatt in Schwyz pilgern: Freitag steigt True Balance, der Freeski-Contest, Samstag folgt BackYard Bang, der Snowboardbewerb, jeweils Quali und Finals (Letztere werden in Nightsessions ausgetragen). Die Hauptstadt des Urkantons verwandelt sich aus diesem doppelten Anlass in einen Mini-Funpark mit einer Anfahrtsrampe und

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Freestyle mitten in der City

drei Metall-Obstacles, weiters sehen die Organisatoren ein reichhaltiges Rahmenprogramm vor: eine Leinwand-Liveübertragung des Events vor Ort, DJs, Barwagen am Gelände und die Vorführung des Shaba-Cru-Films „WATSK“.

BILDER: BIRDMEN, SNOW MOBILE, TINO SCHERER

25. NOVEMBER, ST. JAKOBSHALLE, BASEL


K a i n r at h s k a l e n d e r b l at t

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www.enjoymedia.ch 3 KLEBEZETTEL GONE RETRO! Wenn Sie sich auch in die Achtziger zurücksehnen, in denen alles klein und überschaubar schien, sollten Sie das mit diesen Retro-Post-Its staten. Denn, Hand aufs Herz: Bei einer 90-Minuten-TDK-Kassette wusste man, was man bekam – 45 Minuten pro Seite. Wen interessieren schon MB und GB und virtuelle Speicher?! Erhältlich zum Preis von CHF 7.95.

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www.enjoymedia.ch 4 BÄRTIGE LIPPENPFLEGE Spröde Lippen? Dieser Schnurrbart hier verspricht Abhilfe! Dekoriert nicht nur ungemein diesen «Movember», sondern versorgt die Lippen mit Feuchtigkeit und gibt ihnen ein wunderbar frisches Gefühl durch seinen Minzgeschmack! Erhältlich für CHF 6.95.

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www.enjoymedia.ch 6 GANZ SCHÖN BANANE! Sieht aus wie ein alter Spass aus TV-Shows der Siebziger oder vielleicht wie aus Louisde-Funès-Filmen? Na wie auch immer, wenn Sie eine Ulknudel sind, sollten Sie sich unbedingt dieses Bananenheadset zulegen. Sorgt für einen Heidenspass, wo immer Sie auch telefonieren. Irritieren Sie den Stehkragenkollegen im Büro – oder den Busfahrer! Sie werden mit diesem Bananenhörer garantiert Ihren Spass haben! Erhältlich für CHF 29.95.

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Besiege deine Angst Joey Zuber (AUS) gehörte zur Cliff-Diving-Weltelite – bis ein Unfall alles änderte. Die Doku zeigt Zubers Kampf gegen die Angst und den Weg zurück.

Ultimate Rush Der Allround-Kanute Steve Fisher begibt sich mit Ben Brown im Kajak-Paradies Norwegen auf die Suche nach neuen Herausforderungen. Danach geht es nach Thailand, wo sie Eric Southwick in ihr Team aufnehmen. Und bald herausfinden, dass die thailändischen Gewässer weitaus trügerischer sind als zunächst angenommen.

Samstag, 17. November, 10.35 Uhr

Red Bull Art of Motion Die besten Freerunner der Welt verwandeln die griechische Ferieninsel Santorini wieder in einen spektakulären Akrobatik-Parkour, äh, -Parcours.

Sonntag, 25. November, 23.10 Uhr

Jimi Hendrix – Voodoo Child Sonntag, 18. November, 16.55 Uhr

Bullit – The Magazine Außergewöhnliche Menschen, inspirierende Geschichten. Dieses Mal: mit Valery Rozov über die Alpen und mit Dean Miller ans Great Barrier Reef.

So sind Sie im Bild 96

Dieses außergewöhnliche Porträt folgt dem unvergessenen Ausnahmegitarristen von dessen harter Kindheit in Seattle über die musikalischen Anfänge, die Zeit bei der Armee bis hin zur Verwirklichung seiner Träume in New York und seinem frühen Tod. Vollgepackt mit bisher unveröffentlichten Live-Performances, Fotos und Familienvideos, wird diese unglaubliche Lebensgeschichte von Jimi Hendrix selbst erzählt. Dabei lieh ihm der deutsche Sänger Xavier Naidoo seine Stimme. Sie finden ServusTV mit dem Red Bull TV-Fenster nicht auf Ihrem Fernsehgerät? Rat und Hilfe zum Nulltarif unter

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Samstag, 3. november, 10.50 Uhr



A

ls ich gestern vom Einkaufen nach Hause kam, hatte ich zwar das Brot dabei, die Milch und die Butter, aber auch einen Familiensack Gummibären, zwei Großhandelskartons Chips und 25 Tafeln Schokolade, die ich – als ich losgegangen war – garantiert nicht hatte kaufen wollen, ich schwör’s! Wie hatte das geschehen können? Ich setzte mich also hin und suchte nach einer Erklärung für dieses Phänomen und aß dabei – widerstrebend, aber konsequent – zirka ein Drittel jener Dinge auf, die ich in meinem Zustand geistiger Absenz gekauft hatte. Da diese Kolumne ja den Zweck hat, Sie vor dem ungewollten Kauf von Süßigkeiten zu bewahren, hier die Ergebnisse meiner Recherchen. Erste Erkenntnis: Ich war hungrig einkaufen gegangen. Fehler, schwerer Fehler! Denn wie eine Reihe von Untersuchungen gezeigt hat, wird unsere Wahrnehmung durch das Gefühl des Hungers stark beeinflusst. Während der satte Mensch auf alles gleichermaßen achtet, besteht die Welt für den Hungrigen ausschließlich aus Essbarem. Ein Instinkt, den wir wohl von unseren Vorfahren geerbt haben: Die waren existentiell darauf angewiesen, dass ihr Hirn alle Bilder idyllischer Steinzeitlandschaften unterdrückte und sie vor allem essbare Dinos respektive Schlingpflanzen sehen ließ – verbunden mit dem Impuls, Dino und Schlingpflanze in die Wohnhöhle zu schleppen. Das ist bis heute so geblieben. Wem der Magen knurrt, für den besteht die Welt aus Erdnusswürmern und der kauft sie säckeweise ein. Erkenntnis Numero zwo: Der Mangel an Nahrung beeinflusst nicht nur unsere Wahrnehmung, sondern die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns ganz allgemein. Wer nämlich nichts isst, dem fehlt es unter anderem an Glukose, auch „Traubenzucker“ genannt. Den aber braucht unser Gehirn, um klaglos funktionieren zu kön-

Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

Die Macht der Erdnusswürmer Hunger verengt nicht nur den Blick, sondern macht auch doof. Besser, wir geben dem Körper, was er verlangt. nen. Wie dringend es ihn braucht, erkennt man daran, dass rund 30 bis 50 Prozent unseres täglichen Gesamt-Glukoseverbrauchs für den Betrieb des Hirns draufgehen. Besagte Glukose sorgt dafür, dass wir uns konzentrieren, logisch denken und schnell reagieren können. So hat eine Untersuchung gezeigt, dass Kinder, die ohne Frühstück in die Schule gehen, mehr Fehler machen und weniger lernen. Kein Wunder, dass unser hungriges Gehirn alles unternimmt, damit wir möglichst viel

Essbares nach Hause schleppen. Wer also vor einem Berg in dieser Menge nicht geplanter Einkäufe erwacht, ist nicht wahnsinnig, sondern das exakte Gegenteil davon: überaus vernünftig. Entwicklungsgeschichtlich gesehen zumindest. Das Problem an alledem offenbart sich in der dritten Erkenntnis. Wer etwas isst, dem Geist also gibt, wonach er verlangt, der setzt einen anderen inneren Prozess in Gang: jenen der Verarbeitung der aufgenommenen Lebensmittel. Mit dem Effekt, dass wir jetzt zwar nicht mehr durch die Welt tigern und ausschließlich Essbares sehen, sondern das Herumtigern vielmehr ganz einstellen, weil uns nach ausgiebigem Essen gerne bleierne Müdigkeit befällt, die wiederum unser Gehirn in wohlige Watte packt. Aber, keine Angst! Bevor Sie jetzt an der Unmöglichkeit zweifeln, es Ihrem Körper und Geist gleichermaßen recht zu machen, hier ein paar hilfreiche Hinweise. Nicht zu viel Fett essen, keine gezuckerten Säfte und kein Zeug wie Süßes bzw. Weißbrot zu sich nehmen: All das macht aus unterschiedlichen Gründen sehr müüüüüde. Stattdessen wenden Sie sich bitte an die vertrauten Freunde Vollkorn, Gemüse und Joghurt. Die drei ernähren Sie besser und versorgen das Gehirn kontinuierlich mit Glukose. Und solcherart aufgeklärt fällt mir auch wieder ein, was ich bei meinem gestrigen Einkauf noch falsch gemacht habe: Ich hätte einen Einkaufszettel schreiben sollen, und den wiederum auf Esspapier! Den sieht man selbst dann, wenn die Welt nur noch aus essbaren Dinos zu bestehen scheint. Christian Ankowitsch, 53, ist ein österreichischer Journalist, Schriftsteller und Lebenshelfer. Er lebt mit seiner Familie in Berlin. Sein neuestes Buch „Mach’s falsch, und du machst es richtig“ ist bei Rowohlt erschienen.

THE RED BULLETIN Schweiz: Herausgeber und Verleger Red Bull Media House GmbH Chefredaktion Robert Sperl General Manager Mag. Alexander Koppel Verlagsleitung Franz Renkin Creative Director Erik Turek Art Director Kasimir Reimann Fotodirektion Fritz Schuster Chefin vom Dienst Marion Wildmann Redaktion Alexander Macheck (Stv. Chefredakteur), Werner Jessner (Leitender Redakteur), Ulrich Corazza, Florian Obkircher, Arkadiusz Pia˛tek, Andreas Rottenschlager Mitarbeiter Stefan Wagner Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Silvia Druml, Miles English, Kevin Goll, Peter Jaunig, Carita Najewitz Fotoredaktion Ellen Haas, Catherine Shaw, Rudi Übelhör Senior Illustrator Dietmar Kainrath Autor Christian Ankowitsch Illustratoren Albert Exergian, Mandy Fischer Corporate Publishing Boro Petric (Ltg.); Christoph Rietner, Nadja James (CR); Dominik Uhl (AD); Markus Kucˇera (FD); Lisa Blazek (Red.); Christian Graf-Simpson, Daniel Kudernatsch (iPad) Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Karsten Lehmann, Josef Mühlbacher Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher (Ltg.), Walter Sádaba Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Finanzen Siegmar Hofstetter, Simone Mihalits Marketing & Country Management Barbara Kaiser (Ltg.), Stefan Ebner, Nicole Glaser, Klaus Pleninger, Elisabeth Salcher, Lukas Scharmbacher, Peter Schiffer, Julia Schweikhardt, Sara Varming Anzeigenverkauf Alfred Vrej Minassian (Ltg.), Thomas Hutterer, Romana Müller; anzeigen@at.redbulletin.com Anzeigendisposition Sabrina Schneider O∞ce Management Anna Jankovic (Ltg.), Manuela Geßlbauer IT Michael Thaler Firmensitz Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint monatlich als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partnerzeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Kurier, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Der Standard, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten. Deutschland: Leipziger Volkszeitung und Vertrieb an Hochschulen. Nordirland: Sunday Life. Irland: The Irish Times. Frankreich: L’Équipe. Südafrika: Independent on Saturday, Saturday Star, Weekend Argus. Neuseeland: The New Zealand Herald. Kuwait: Kuwait Times. Mexiko: Milenio Diario. Schweiz und Großbritannien: alternativer Vertrieb. In den USA: New York Daily News, Chicago Tribune, LA Times, Houston Chronicle. Gesamtauflage 3,1 Millionen Leserbriefe bitte an leserbriefe@at.redbulletin.com

DIE NÄCHSTE AUSGABE DES RED BULLETIN ERSCHEINT AM 4. DEZEMBER 2012. 98

ILLUSTRATION: ALBERT EXERGIAN

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