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Tägliche Panik: Nächtliche Panik
from RePHlex Ausgabe 39
by RePHlex
Träume. Wir träumen oft. Wir träumen nichts. Und manchmal wachen wir auf, mitten in der Nacht, weil wir gerade von maskierten Männern in unserer Berufsschule verfolgt worden sind und sie am Nordpol abgewimmelt haben. Da merken wir plötzlich, dass es nur ein Traum war und fragen uns: „Warum? Was bedeutet das?“
Text: Jelena Bosiokovic | Illustration: Sabrina Fehr
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Man kann Träume aus zwei verschiedenen Perspektiven analysieren: Wissenschaftlich/psychologisch oder spirituell/religiös. In der Wissenschaft ist die Traumwelt noch relativ unerforscht und daher kontrovers. Wie viel das Unterbewusstsein des Menschen jedoch in Träumen verarbeitet, soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Eine deutsche Frau, die von Beruf Ethnologin war, hat sich bezüglich ihrer Forschung eine Zeit lang einem Ureinwohnerstamm angeschlossen – wo genau, ist mir leider entfallen. Sie hat ihre Erfahrungen schriftlich festgehalten, ihre Ergebnisse ausgewertet und alles lief eigentlich normal – nur, dass sie seit ihrer Rückkehr jede Nacht von einer Eiche geträumt hatte, die ein Fell hatte. Eine Eiche mit Fell. Ausnahmslos jede Nacht. Sie träumte nichts anderes, jahrelang. Irgendwann kam ihr das komisch vor und sie suchte einen Therapeuten auf. Nach längerer psychologischer Betreuung und Therapie kam das Ergebnis: Sie wurde während ihrer Forschung, als sie bei den Ureinwohnern gelebt hatte, von allen Männern des Stammes in einer Nacht gleichzeitig vergewaltigt. Ihre Psyche konnte das nicht verarbeiten und hat es darum so verdrängt, dass ihr Bewusst-
sein diese Erinnerung gar nicht mehr abrufen konnte. Aber warum eine Eiche? Woher das Fell? Was hat das mit Ureinwohnern zu tun? Ganz einfach: Der Stamm hiess „Fellachen“. Ihre Psyche konnte die Erinnerung an die Fellachen nicht verarbeiten und hat darum das Wort „Fellache“ in „Felleiche“ kodiert, um das Trauma in einem Traum zu verarbeiten, ohne die Erinnerung wieder aufleben zu lassen. Ich weiss nicht, wie es dir gerade geht, aber ich war aus allen Socken, als mein Psychologielehrer mir diese Geschichte erzählte. Diese Geschichte verdeutlicht meiner Meinung nach ganz klar, wie fest Sprache und Wahrnehmung miteinander vernetzt sind und wie ausgeprägt unser Hirn und unsere Psyche ist, dass es unverdauliche Ereignisse komplett aus der bewussten Erinnerung verdrängen kann.
Was steckt hinter dem nächtlichen Treiben?
In der spirituellen Traumwelt sind Träume weniger Verarbeitung und mehr Zukunftsvorhersagen, jedoch nicht immer genau so, wie man sie träumt. So heisst es beispielsweise, dass, wenn man vom Tod träumt, etwas Schönes passieren sollte, und Träume von einer Geburt oder einem Neugeborenen eine Warnung sind. Jede Glaubensrichtung deutet Symbole und Ereignisse in Träumen komplett anders, jedoch sind sich alle, mit denen ich mich auseinandergesetzt habe, einig, dass Träume einem einen Blick in die Seele des Menschen ermöglichen. Aber… Was bedeuten meine Träume denn nun?
Lähmung
Träume, in denen man nicht laufen oder sprechen kann, können Angst auslösen. Die einfachste Erklärung ist, dass man sich hilflos und in seinen Lebensumständen gefangen fühlt. Aus irgendeinem Grund ist man nicht fähig etwas Neues zu beginnen – vielleicht, weil man sich nicht entscheiden kann, welcher Weg der beste ist. Wenn man eine Behinderung hat, im Rollstuhl sitzt oder ein Mensch mit Behinderung im Traum auftaucht, dann kann das auf einen Aspekt des Wesens hinweisen, der damit kämpft, sich auszudrücken, oder der sein wahres Potenzial nicht entfaltet. Vielleicht fehlt es an Selbstvertrauen oder man hat Ambitionen oder Ziele, die nicht erreichbar sind. Eine Situation hat sich vielleicht nicht so entwickelt, wie erhofft. Oder man wurde stark verletzt, und zwar auf eine Art und Weise, die man sich selbst nicht eingestehen will. Wenn man sich nicht bewegen kann, weil man schwere Lasten trägt, ist das ein Zeichen, dass man sich zu viele Aufgaben aufgebürdet hat: Sag häufiger Nein oder bitte andere um Hilfe.
Unvorbereitet sein
Wenn man unvorbereitet in eine Prüfung oder zu einem wichtigen Termin geht oder im Examen durchfällt, dann erfüllt man nicht seine eigene Erwartung. Im Traum mag es aussehen, als würde man von Lehrpersonen, Ausbildner*innen oder Interviewer*innen beurteilt, doch in Wirklichkeit ist man selbst die Person, die beurteilt – und zwar strenger, als es irgendeine Lehrperson je tun könnte. Es fehlt an Selbstvertrauen, und man macht sich Sorgen, dass die Erwartung der anderen nicht erfüllt wird. Der träumende Geist will, dass man mehr Selbstbewusstsein zeigt und ein selbstbestimmtes Leben führt. Er drängt, sich mehr auf die Stärken als auf die Schwächen zu konzentrieren.
Fallen
Das Fallen in einem Traum ist ein klares Zeichen, dass eine Situation oder Beziehung ausser Kontrolle geraten ist. Es ist eigentlich egal, ob man von einer hohen Klippe, einem Dach, einem Gebäude, einer hohen Stelle oder aus einem Flugzeug nach unten fällt. Wie immer das Szenario aussehen mag, man kann sich nirgendwo festhalten – es fehlt an Stabilität. Das Schlüsselthema dieses Motivs ist Unsicherheit. Das Unterbewusstsein drängt, wieder die Kontrolle über sein eigenes Leben zu übernehmen, bevor man wieder leichtsinnig wird und einen schweren Fehler macht.
Tod oder Sterben
Um meine Aussage von vorhin noch zu vertiefen, will ich die Bedeutung von Tod in Träumen genauer erklären. Es ist nämlich kein Omen, dass du oder jemand in deinem Umfeld bald sterben wird – ganz im Gegenteil. Träume über den Tod sind typischerweise ein Zeichen für eine positive Veränderung und deuten darauf hin, dass man die Vergangenheit hinter sich lassen und nach vorn blicken kann. Wenn man in einem Traum stirbt, dann weist das auf inneres Wachstum und Selbstfindung. Oder man schlägt ein neues Kapitel im Leben auf – beispielsweise nach der Ausbildung oder einer Therapie. Wenn eine andere Person stirbt, kann das bedeuten, dass die Beziehung zu dieser Person sich entwickelt oder die Person, die stirbt, für eine Seite an einem steht, die sich verändern sollte. Ein Abschnitt geht zu Ende, ein neuer beginnt. Wenn man den Verstorbenen nicht kennt, dann fühlt man sich tief im Inneren vielleicht weit entfernt von Ereignissen im Leben und sollte sich einer kritischen Selbstreflexion unterziehen.
In der Schule
Davon ausgehend, dass du nicht gerade von realen Ereignissen in deiner Klasse träumst, sondern als Schüler *in im Traum auftauchst, weist dieser Traum auf Lektionen, die im wirklichen Leben gelernt werden müssen.