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Zu kurz gedacht

Der Wahlkampf für den Urnengang im Oktober hat so ganz offiziell noch nicht begonnen, und doch braucht man bei den Interviews mit einzelnen Spitzenpolitikern nur genau hinzuhören, um festzustellen, dass die Parteien längst dabei sind, sich in Stellung zu bringen. Aus diesem Grund kramen die Vertreter der Parteien aus der Mitte der Politiklandschaft in letzter Zeit auch immer mal wieder in ihren Interviews Aussagen heraus, die sich plump der Hufeisentheorie bedienen, um Koalitionen mit einer adr oder déi Lénk auszuschließen.

Grob gesagt fußt dieses Denkschema auf der Idee, dass man Parteien bezüglich ihrer Ausrichtung auf einer Art Hufeisen platzieren könnte, bei dem die beiden Enden für links und rechts, und damit für die extremen politischen Ränder stehen – die sich näher stünden als das Parteienspektrum in der Mitte. Das Problem: Das Modell ist in den Augen von Politwissenschaftlern und Extremismusforschern längst überholt, weil es viel zu eindimensional ist, um der Komplexität der heutigen politischen Landschaft gerecht zu werden. Vor allem auch deshalb, weil diese Hufeisentheorie offensichtliche Unterschiede zwischen beispielsweise pragmatischem linken Gedankengut und Linksextremismus bzw. dem Gegensatz in Bezug auf Gewaltbereitschaft der rechten und linken Strömungen gar nicht erst erfasst.

Hubert Morang Stellvertretender Chefredakteur

Das Problem:

Druck

Est

Schaut man auf die Luxemburger Parteienlandschaft, merkt man recht schnell, dass eine Partei wie „déi Lénk“ in Sachen Menschenbild vor allem Ideen wie Gleichheit von Rechten und Pflichten vorantreiben möchte, während eine Partei wie die adr vor allem darum bemüht ist, Eigenschaften, die die Unterschiede zementieren sollen, in ihre Vitrine zu stellen. Man braucht nur an das wahnhaft wirkende Sprach-Dada eines Fred Keup und Co. zu denken, oder deren rückständige Haltung in Bezug auf das Ausländerwahlrecht, um die zu erkennen.

Da ist es kaum verwunderlich, dass der ehemalige „déi Lénk“-Abgeordnete Marc Baum seinem Ärger unlängst in einer freien Tribüne Luft gemacht hat, über den Vergleich seiner Partei mit dem rechtspopulistischen Lager. Baum listet darin auf, was in seinen Augen alles extrem ist, von horrenden Wohnungspreisen bis Klimawandel, und stellt die Frage, ob es in Wirklichkeit denn nicht extremistischer sei, diese Probleme nicht konsequent anzugehen. Baums Überlegungen zeigen auf jeden Fall, dass manche Politiker zu kurz denken.

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