heuma R Management
Ausgabe 4/2011
rheumatologie/ Osteologie
DGRh-Jahrestagung 2011 Highlights aus M端nchen
BDRh-Mitgliederversammlung Eine aktuelle Bestandsaufnahme
Rheumatologische Fachassistenz Was kann und soll sie leisten?
Praxismanagement Wie f端hre ich mein Praxisteam?
Bildgebende Verfahren Fluoreszenzoptische Bildgebung im Fokus Offizielles Mitteilungsorgan des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh)
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3 Rückblick auf den DGRh-Kongress 2011 in München
Mit Interdisziplinarität zu bestmöglicher Patientenversorgung Mit über 2.500 Teilnehmern und einem gelungenen interdisziplinären Austausch kann der diesjährige gemeinschaftliche Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) vom 31. August bis 3. September im Internationalen Congress Center München als großer Erfolg gewertet werden.
In mehr als 50 Sitzungen wurde von 250 Referenten das gesamte Spektrum der Rheumatologie abgebildet, hierzu leisteten neben Internisten, Orthopäden, Pädiatern und Grundlagenforschern natürlich auch die Patienten, die Rheumastiftung, die Rheuma-Liga und der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) entscheidende Beiträge. Nicht nur durch fächerübergreifende Themen, sondern auch durch die Besetzung fachspezifisch-rheumatologischer Symposien mit Experten unterschiedlicher Disziplinen wurde aus unserer Sicht erfolgreich eine interdisziplinäre Diskussion mit dem Ziel eines optimierten Patientenmanagements etabliert. Inhaltliche Schwerpunkte des Kongresses waren neue Erkenntnisse zur Rolle entzündlicher Prozesse, die Anwendung der neuen ACR/EULAR-Klassifikations- und Remissionskriterien sowie der EULAR-Therapieempfehlungen zur RA in der Praxis. In diesem Zusammenhang hervorzuheben ist neu erschienene überarbeitete DGRh-Leitlinie zur frühen RA mit dem erklärten Ziel, Patienten rascher einer adäquaten Diagnostik und frühzeitigen Therapie beim Rheumatologen zuzuführen, um schwere Krankheitsverläufe mit ausgeprägten strukturellen Gelenkschäden noch weiter zurückzudrängen. Daher standen moderne Behandlungsstrategien mit Biologika im Fokus, die nicht nur bei der RA, der ankylosierenden Spondylitis und der Psoriasis-Arthritis zum Einsatz kommen, sondern immer mehr auch in anderen Indikationen wie Vaskulitiden oder dem systemischen Lupus erythematodes – erst kürzlich wurde hier mit Belimumab ein neues Medikament zugelassen. Nicht zuletzt durch Studien zum Therapiemanagement bei der RA – zu nennen sind hier OPTIMA und HIT HARD – beflügelt, wurden Strategien zum raschen Erreichen einer Remission und dem möglichen Absetzen von Biologika erörtert. Ebenso wurden potentielle neue orale Therapien mit Kinase-Inhibitoren vorgestellt. Weitere wichtige Themen waren das Prob-
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops
Prof. Dr. med. Jügen Braun
lemfeld Off-label-Therapie und aus rheumatologischorthopädischer Sicht der Wandel der operativen Behandlungsstrategien. Eine interessante Sitzung befasste sich mit dem Berufsbild des Rheumatologen und der Schnittstellenproblematik, auch beschäftige sich eine Veranstaltung damit, wie man die Rheumatologie stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankern kann. Wieder gut angenommen wurde zum Abschluss der Veranstaltung der Patiententag am 3. September zum Thema Bewegung und Schmerz. Auf diesem vom Landesverband Bayern der Deutschen Rheuma-Liga organisierten Tag konnten mehr als 1.500 Patienten begrüßt werden. Auf ein Wiedersehen bei der nächsten DGRh-Jahrestagung vom 19.-22. September 2012 in Bochum! � Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops DGRh-Kongresspräsident Leiter der Rheumaeinheit Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München Pettenkoferstr. 8a, 80336 München Prof. Dr. Jürgen Braun DGRh-Präsident Rheumazentrum Ruhrgebiet Landgrafenstr. 15, 44652 Herne
Inhalt
DGRh-Kongress 2011 Highlights aus M체nchen
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Rheumatoide Arthritis
o
ab 22 22
Zielorientiertes Vorgehen bei RA entscheidend
Rheumatologische Bildgebung
24
Ultraschall, MRT und fluoreszenzoptische Verfahren im Fokus
Gelenksonografie
25
Neue Daten zum US7-Score
Rheumatoide Arthritis
27
Konventionelle DMARDs unverzichtbar
Rheumatologische Versorgung
28
Nachwuchs in der Rheumatologie: Sorgen und Erwartungen
Perioperatives Management des Rheumapatienten
30
DGRH-Kongress 2011
Was ist bei An채sthesie, Schmerztherapie und Medikamentengabe zu beachten?
P채diatrische Rheumatologie
32
Problematik der Off-Label-Therapie
Gicht, SLE und Vaskulitiden
34
Neue Erkenntnisse, Entwicklungen und Therapieoptionen
Spondyloarthritiden
36
Neue Entwicklungen in Diagnostik und Therapie
Initiative RemissionPLUS in der Rheumatologie Moderne Bildgebung nach Vorne bringen
44
Inhalt
o
Berufsverband Deutscher Rheumatologen 6 Die wichtigsten Ergebnisse der Mitgliederversammlung in München Dr. med. Ulrich Hinüber
Rheumatologische Fachassistenz
8
Was kann und soll sie leisten? Ulrike Erstling
Arztrecht
10
Keine Aufklärungspflicht bei Blutentnahmen RA Christian Koller
Deutsche Rheuma-Liga
12
Kampagne „Aktiv gegen Rheumaschmerz"
Rechtsprechung
14
Aktuelles Urteil zu Vorgaben für ambulante Operationen
Serie: Sie fragen – Experten antworten
Deutsche Rheuma-Liga Neue Kampagne gestartet
12
1
15
RA Christian Koller
Praxismanagement
18
Wie führe ich mein Praxisteam – oder wer führt überhaupt wen? Dieter Baitinger
Rheumatoide Arthritis
50
Biomarker ermöglicht Prognose über Verlauf
Bildgebende Verfahren
52
Indocyaningrün (ICG)-verstärkte fluoreszenzoptische Bildgebung mit dem Xiralite-System Stephanie Werner
Ankylosierende Spondylitis
Praxismanagement Wie führe ich mein Praxisteam? 18 54
Neue Studien im Überblick
Rheumatoide Arthritis
60
Basistherapien sind wirksam, werden aber nicht immer vertragen
Systemischer Lupus erythematodes
62
Mit Belimumab endlich neue Therapieoption verfügbar
Biomarker der B-Zellaktivierung
64
Prognostische Faktoren für ein Ansprechen auf Rituximab bei RA
Pharmanews
65
Impressum
67
1 – ©ant236 - Fotolia.com
Fluoreszenzoptische Bildgebung im Fokus
52
6 Berufsverband Deutscher Rheumatologen
Die wichtigsten Ergebnisse der Mitgliederversammlung in München Das neue Versorgungsgesetz wird für die Rheumatologen in mehreren Bereichen relevant sein. Besonders zu nennen sind dabei die Schaffung einer neuen Versorgungsebene, und Neuregelungen zur Bedarfsplanung, zu Selektivverträgen, und zur Delegation ärztlicher Leistungen.
Im Anschluss an das Referat von Herrn MdB Jens Spahn beim 6. Kongress des BDRh in Leipzig konnte der BDRh-Vorstand gemeinsam mit einem Vertreter des VRA-Vorstandes mit ihm die Vorstellungen der Rheumatologie zum Versorgungsgesetz diskutieren. Weitere Kontakte zur Gesundheitspolitik wurden hergestellt, u. a. im Rahmen einer Anhörung beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und über die DGRh zu einem Gespräch im BMG. Grundlage war eine vorab erfolgte Abstimmung der Positionen von BDRh, DGRh und VRA über eine gemeinsame Stellungnahme, die unter www.bdrh.de einsehbar ist.
Aktueller Überblick zu den Entwicklungen in der Gesundheitspolitik Mit Hochdruck arbeitet die BÄK an einer Reform der GOÄ. Der Vorstand vertritt in mehreren Ausschüssen die Positionen der Rheumatologie. Das AMNOG hat dem IQWiG den Auftrag einer Nutzen-Bewertung von biologischen Medikamenten erteilt. Es ist zu befürchten, dass im Ergebnis neue Restriktionen bei der Verordnung der entsprechenden Präparate entstehen. Der BDRh wird gemeinsam mit der DGRh Stellung beziehen, wenn der Bericht des IQWiG vorliegt. Der BDRh hat im April 2011 einen Antrag an den Wissenschaftsbeirat des Bundesversicherungsamtes einen Antrag zur Änderung der Datenerhebung zur Ermittlung des Morbi-RSA gestellt. Insbesondere wurde beantragt, die ICD-Kodierung mit Daten zur medikamentösen Versorgung (ATC-Codes) zu verknüpfen, um den Kostenträgern insbesondere für Patienten mit hohen Arzneikosten einen adäquaten Ausgleich zu gewähren. Ein Zwischenstand zu der Erarbeitung von rheumatologischen Selektivverträgen wurde dargestellt, mit Hinweis auf die Verträge mit den KVen und der AOK in Brandenburg und Sachsen, sowie Gesprächen mit der TK über einen bundesweiten Strukturvertrag. Der BDRh hat angeregt, im Versorgungsgesetz eine Klau-
Dr. med. Ulrich Hinüber sel von Förderung von Selektivverträgen in Höhe von 0,1% der Gesamtvergütung zu verankern. Nach dem erfolgreichen Projekt zur Förderung von Weiterbildungsassistenten in der internistischen Rheumatologie, welches zwischem dem BDRh und der Fa Wyeth (jetzt Pfizer) durchgeführt wurde, wird – in einer gemeinsamen Initiative von DGRh, BDRh und VRA – ein Folgeprogramm mit mehreren Pharmafirmen verhandelt. Es ist zu erwarten, dass das Projekt spätestens Anfang 2012 beginnen wird.
BDRh-Vorstand wurde bestätigt
Der 7. Kongress des BDRh wird vom 26.-28.April 2012 in Berlin stattfinden. Die Mitgliederzahl ist von 597 auf 608 gestiegen. Die bisherigen Vorstandsmitglieder wurden entlastet, traten dann zurück, und wurden anschließend, mit Ausnahme von Dr. Wiegand Müller-Brodmann, der sich als Kassenwart nicht mehr zur Verfügung stellte, aber weiter dem Vorstand angehört, wiedergewählt. Als neuer Kassenwart wurde Dr. Ludwig Kalthoff, Herne, gewählt. Eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse der BDRhMitgliederversammlung am 2. Spetember 2011 im Rahmen des DGRh-Kongresses in München durch Herrn Dr. Ulrich Hinüber als Schriftführer ist im Internet unter www.bdrh einzusehen. m
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8 Rheumatologische Fachassistenz
Was kann und soll sie leisten? Das Arbeitsfeld der Arzthelferin ist umfangreicher geworden, die Fachkraft hat heute mehr Verantwortung, als nur dem Arzt assistierend zur Seite zu stehen. Die erste Anerkennung dieser erweiterten Arbeitsleistung bekam der Beruf 2006, als die Bezeichnung „Arzthelferin“ in „Medizinische Fachangestellte“ (MFA) umbenannt wurde.
Dank der fortschreitenden medizinischen Entwicklung erfordern neue Behandlungsstrategien, Bildgebungsverfahren und Therapiemöglichkeiten (z. B. Biologika) eine qualifizierte und standardisierte Weiterbildung. Durch die Kooperation von BDRh, DGRh und der Rheumaakademie wird seit Herbst 2006 ein zertifiziertes Curriculum angeboten, das zur Führung des Abschlusses „Rheumatologische Fachassistenz DGRhBDRh” berechtigt. Das Ziel dieser Weiterbildung ist die Vermittlung von differenziertem, fachspezifischem Wissen in Bezug auf die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, sowie die praktische Anwendung der rheumatologischen Assessments (DAS28, FFbH, BASDAI, BASFI, BASMI). Die seit 2009 durchgeführten Refresher-/Update-Kurse gewährleisten die kontinuierliche Weiterbildung der MFA nach dem aktuellen Qualitätsstandard. In einer Befragungsstudie, die vor dem Hintergrund konzipiert wurde, dass besser qualifiziertes Assistenzpersonal zur sicheren und effizienteren Nutzung limitierter Ressourcen führen und bei der Patienteninformation mithelfen kann, konnte gezeigt werden, dass durch diese Qualitätsmaßnahme eine Verbesserung der Kompetenz und Arbeitszufriedenheit erreichbar ist. Zunehmend erwarten die Ärzte selbstständiges Arbeiten in Bezug auf Patienten- und Praxismanagement, welches eine intensive und integrative ZusamSelbstständige und delegierbare Tätigkeiten auch ärztlicher Leistungen nach zertifiziertem Wissensstand und praktischer Erfahrung n Strukturierte Zwischenanamnese und Score-Erhebungen n Therapieaufklärung, -durchführung und -kontrolle n Themen-bezogene Patientenschulung (z. B. StruPI)
menarbeit von Arzt und Assistenz, aber auch eine berufliche Weiterbildung erfordert. Um diese Ziele zu verfolgen, gründete sich am 30. Oktober 2009 der Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e. V. in Köln. Grundgedanken und Ziele sind u. a. weitere Möglichkeiten zur Ulrike Erstling Fortbildung durch eigene Workshops, Veranstaltungen mit Selbsthilfegruppen, der kommunikative Austausch untereinander und – wenn machbar und inhaltlich sinnvoll – diesen auch zu den fachübergreifenden Nachbardiziplinen zu schaffen. Letztlich sollen diese Qualifikationsmaßnahmen eine Kompetenzverbesserung, eine wirkungsvolle Unterstützung des Praxisinhabers in der täglichen Arbeit, eine höhere Arbeitszufriedenheit sowie eine kompetente Behandlung des Rheumapatienten erreicht werden. Nicht zuletzt kann vor dem Hintergrund der deutlichen Unterversorgung mit internistischen Rheumatologen in Deutschland das Assistenzpersonal eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Selbständige und delegierbare Tätigkeiten (s. Abb.) auch ärztlicher Leistungen (für einige gibt es juristischen Klärungsbedarf) nach zertifiziertem Wissensstand und praktischer Erfahrung schaffen die Chance, den Praxisinhaber im ärztlichen und unternehmerischen Sinne zu entlasten, dies vor allem vor dem Hintergrund des neuen zu erwartenden Versorgungsgesetzes. m
n Studiendokumentation und Studynursetätigkeit n Infusionsmanagement und Durchführung n Offenes, sensibles Ohr für den Chroniker n Nicht-interventionelle Studien (NIS) n Osteodensitometrie u. a. Igelleistungen n Röntgen nach spezieller Qualifikation n Rechnungs- und Mahnwesen, Abrechnung n Kontaktperson zwischen Patient und Arzt und Angehörigen n Laborergebniskontrollen, Mitteilung der path. Werte an Arzt und Patient
Ulrike Erstling (1. Vorsitzende) Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. Geschäftsstelle: c/o Ulrike Erstling Dombach-Sander-Str. 87a, 51465 Bergisch Gladbach
n Praxisorganisation, Qualitätsmanagement, Personalplanung, Bestellwesen è Umsetzung richtet sich nach dem Profil der Einrichtung
tätig in der rheumatologischen Schwerpunktpraxis Dr. med. Thomas Karger, Köln
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Arztrecht
Keine Aufklärungspflicht bei Blutentnahmen Aufgrund des schwierigen Nachweises eines Behandlungsfehlers erheben die erfahrenen Patientenanwälte in einem Arzthaftungsprozess immer auch den Einwand einer mangelhaften Aufklärung. Denn selbst bei einer Behandlung lege artis kann die Aufklärungsrüge greifen und zu einer Haftung des Arztes führen. Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Aufklärungspflicht sind dabei im Laufe der Jahre stetig gewachsen.
Umso bedeutsamer erscheint die sehr praxisorientierte Entscheidung des Landgerichts Heidelberg vom 29. Juni 2011 (Aktenzeichen:4 O 95/08), welche mit guten Gründen die Aufklärungspflicht im Rahmen einer indizierten Blutentnahme eingrenzt. Wie nachfolgend aufgezeigt werden soll, enthält die Entscheidung besonders im Bereich der Rheumatologie besondere Bedeutung.
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Sachverhalt Ein Patient begab sich nach einer vorangegangenen Mandeloperation wegen des Verdachts auf Dehydration zur Behandlung in die HNO-Ambulanz einer Klinik. Im Rahmen der Behandlung wurde ihm Ringer-Lösung über die Vene der linken Armbeuge verabreicht, was zu einer Besserung des Allgemeinzustands führte. Während der andauernden Infusionsbehandlung sollte ihm darüber hinaus Blut abgenommen werden. Die Blutabnahme erfolgte an der Innenseite des rechten Handgelenks. Im Nachgang verspürte der Kläger plötzlich Lähmungserscheinungen im Bereich des rechten Handgelenks und verklagte die behandelnden Ärzte. Er erhob den Vorwurf nicht auf die Gefahren hingewiesen worden zu sein, die bei einer Blutentnahme aus dem Handgelenk auftreten können. Mit seiner Klage begehrte er ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 EUR.
Entscheidung des Gerichts Das Landgericht verneinte eine Verletzung der Pflicht zur sog. Risikoaufklärung. Zwar bejahte der BGH in einer anderen Entscheidung die Aufklärungspflicht über Nervenverletzungen bei Blutspenden. Ein Arzt dürfe insbesondere nicht als bekannt voraussetzen, dass die Schädigung eines Nervs nach einer Blutspende irreversibel sein und dauerhafte Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen nach sich ziehen könne. Die vom BGH für den Fall der Blutspende aufgestellten Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der Aufklärungspflicht sind mangels Vergleichbarkeit der Ausgangssituationen jedoch nicht für den streitgegenständlichen Fall einer Blutentnahme heranzuziehen. Zum einen ist das Risikopotential bei einer Blutspende ein ganz anderes als das bei einer regulären Blutentnahme. Zum anderen stellte der BGH maßgeblich darauf ab, dass es sich bei der Blutspende um eine fremdnützige Handlung zugunsten der Allgemeinheit handele, wohingegen sich der Patient vorliegenden allein aufgrund seiner eigenen Gesundheit Blut abnehmen ließ.
11 Letztlich besteht generell keine Aufklärungspflicht für Risiken eines Eingriffs, die sich auch für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs ohnehin ergeben (z. B. bei einer Injektion das Risiko einer Rötung der Einstichstelle sowie kleinerer Hämatome oder einer Wundinfektion). Entsprechendes muss nach Auffassung des LG Heidelberg auch für die Blutentnahme gelten. Zwar ist das Risiko einer Nervenirritation einem medizinischen Laien nicht in gleichem Umfang geläufig wie etwa das Risiko von Rötungen und Hämatomen. Würde man aber das Erfordernis einer Aufklärungspflicht über das seltene Risiko von Nervenirritationen bei einer Blutentnahme postulieren, so hätte dies äußerst weit reichende Konsequenzen für den klinischen Alltag in Klinik und Praxis. Die Forderung nach einem auf die individuellen Verständnismöglichkeiten des Patienten abgestimmten Aufklärungsgespräch über auch statistisch selten auftretende Nervenbeeinträchtigungen im klinischen Massengeschäft hätte beachtliche Mehrbelastungen des ärztlichen (ggf. bei Annahme einer Zulässigkeit auch der Delegation der Aufklärung auf fachlich geeignetes und hinreichend geschultes Personal) und nichtärztlichen Personals zur Folge.
FAZIT Dieser Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Es wäre wohl lebensfremd anzunehmen, dass sich ein Patient einer medizinisch indizierten Blutentnahme verweigert hätte, würde man ihn auf das seltene Risiko einer Nervenverletzung hinweisen. Gerade im Bereich der Rheumatologie spielt die Blutuntersuchung
RA Christian Koller eine entscheidende und wegweisende Rolle. Würde diese unterlassen, wäre eine abschließende Diagnostik weitegehend ausgeschlossen. Die Behandlung müsste folglich abgebrochen werden, was ein rheumatischer Patient sicherlich nicht wünschen würde. Somit ginge eine entsprechende Aufklärungspflicht zu Lasten der Patienten, die auf eine zügige ärztliche Behandlung angewiesen sind. Dennoch stellt das Urteil keinen Freibrief dar, da es sich „nur“ um eine landgerichtliche, und nicht etwa um eine höchstrichterliche Entscheidung handelt. Somit ist hier das letzte Wort bedauerlicherweise noch nicht gesprochen. m Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft Am Rindermarkt 3 und 4 80331 München
Berufsverband Deutscher Rheumatologen
Aktuelle Stellungnahme zu Versorgungsdefiziten auf BDRh-Webseite Aktuell erfolgte eine Stellungnahme des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh) und des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken e. V. (VRA) zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Mechthild Rawert, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD betreffend „Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen“.
Die Anfrage der SPD-Fraktion, die sehr zielgenau die Hintergründe und evtl. Maßnahmen für die bestehenden Versorgungsdefizite bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erfragt, wird seitens des BDRh in besonderem Maße begrüßt. Auf der Webseite des BDRh www.bdrh.de wird detailliert auf die Antwort der Bundesregierung eingegangen. Bitte dort nachlesen bzw. die Stellungnahme als PDF downloaden. m
12 Deutsche Rheuma-Liga
Kampagne „Aktiv gegen Rheumaschmerz“ „Move to improve“ lautet das internationale Motto zum Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober. Die Deutsche Rheuma-Liga greift die Botschaft mit einer neuen, zweijährigen Kampagne „Aktiv gegen Rheumaschmerz“ auf. Erstmals beteiligen sich acht Partnerorganisationen der Rheumatologie und Orthopädie. „Heraus aus der Schonhaltung!“ lautet die Botschaft der Experten auf einer Pressekonferenz, an der Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, Prof. Dr. Jürgen Braun, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, und Prof. Dr. Wolfgang Rüther von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie teilnahmen.
Rund um den Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober und in den kommenden zwei Jahren werden Rheumazentren, Kliniken und Arztpraxen wie auch viele tausend Ehrenamtler in den Rheuma-Liga-Verbänden über Rheuma und Schmerzbewältigung sowie Trainingsmöglichkeiten informieren. Bewegungstipps bietet eine kostenlose Broschüre. Bundesweite Veranstaltungshinweise zur Kampagne finden sich im Internet: www.aktiv-gegen-rheumaschmerz.de. „Mit unseren Aktionen wollen wir auch die Öffentlichkeit für das Thema Rheuma sensibilisieren, denn die Erkrankung kann jeden treffen“, erläuterte Gromnica-Ihle, Präsidentin der über 260.000 Mitglieder zählenden Selbsthilfegemeinschaft. Jeder vierte Bundesbürger ist früher oder später von Beschwerden im Bewegungsapparat betroffen. 5 bis 7 Millionen leiden an Arthrosen, vor allem in Hüft- oder Kniegelenken. Schmerz und Erschöpfung sind vordringliche Leiden bei entzündlichen Erkrankungen wie Rheumatoider Arthritis, Morbus Bechterew, Kollagenosen oder Vaskulitiden. Hinzu kommen Millionen Schmerzkranke mit chronischen Rückenleiden oder Fibromyalgie. Und auch jüngere Menschen sind zunehmend von Gelenkkrankheiten betroffen. 100.000 Rheumabetroffene nutzen bereits regelmäßig Bewegungsangebote der Rheuma-Ligen vor Ort. Neben dem Klassiker, dem Rheuma-Funktionstraining, Tanzen oder meditativen Formen wie Tai-Chi oder Yoga werden auch neuere gelenkschonende Trainingsformen angeboten. Dazu zählen etwa AquaCycling oder besonders das Muskelaufbautraining im Rahmen einer Medizinischen Trainingstherapie (MTT). „Durch gezieltes Kraft- und Koordinationstraining, unterstützt durch ein Ausdauertraining, kann mit Hilfe der MTT die Belastbarkeit des Muskel- und Skelettsystems sowie des Herz-Kreislauf- Systems erhalten bzw. gesteigert werden. Als aktive Therapieform dient sie der Sicherung und Verbesserung des Rehabilitati-
onserfolges, so dass Betroffene besser den Anforderungen des Berufs- und Alltagslebens nachkommen und wieder tatkräftig an allen Bereichen des Lebens teilnehmen können“, erläutert Monika Schäfer, Dipl.Sportlehrerin der Rheuma-Liga Niedersachsen. So sinnvoll die regelmäßige Bewegung für rheumakranke Menschen ist, sie kann nicht die rechtzeitige Diagnostik und Therapie ersetzen. Die Rheumatologie hat im letzten Jahrzehnt bei der Entwicklung wirksamer Medikamente für entzündliche rheumatische Erkrankungen sehr große Fortschritte erzielt. Doch diese kommen nach Ansicht von Gromnica-Ihle nicht überall bei den Betroffenen an. „Wir liegen, was die Versorgung mit Rheumatologen und Rheumatologinnen anbelangt, in Deutschland weit hinter dem, was die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie in ihrem Memorandum empfiehlt. Im Hinblick auf das jetzt in der Abstimmung befindliche Versorgungsstrukturgesetz fordern wir nachhaltig: Verbesserung der Versorgung von Rheumatikern durch Änderung der Bedarfsplanung“, so Gromnica-Ihle weiter. „Ein Nationaler Rheumaplan muss her, um abgestimmt und effizient im Sinne der Betroffenen Prävention, Diagnostik, komplexe Behandlung, Rehabilitation, soziale Absicherung, aber m auch weitere Forschung zu sichern.“ Quelle: Pressekonferenz der Deutschen Rheuma-Liga, Berlin, 6. Oktober 2011
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Rechtsprechung
Verstöße eines Krankenhauses gegen Vorgaben für ambulante Operationen
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Lässt ein Krankenhaus in seinen Räu2 men ambulante Operationen in einer Weise durchführen, die nicht durch die maßgeblichen Vorschriften gedeckt ist (§ 115b SGB V in Verbindung mit dem „Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus”, sog. AOP-Vertrag), so kann das Schadensersatzansprüche vertragsärztlich tätiger Anästhesisten auslösen, sofern diese geltend machen können, dass sie bei korrektem Vorgehen des Krankenhauses in größerem Umfang zur Mitwirkung bei ambulanten Operationen herangezogen worden wären. Dies hat der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) am 23. März 2011 im Verfahren einer Gemeinschaftspraxis von Anästhesisten gegen einen Krankenhausträger entschieden. Begründung: • Werden die Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten, die durch § 115b SGB V und den AOP-Vertrag eingeräumt sind, so wird in den Vorrang der Vertragsärzte für die ambulante vertragsärztliche Versorgung eingegriffen. Diese haben einen im Status ihrer Zulassung wurzelnden Abwehranspruch gegen die Leistungserbringung anderer Ärzte und Institutionen, wenn diese nicht regelkonform im ambulanten Bereich tätig werden. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts zur Abwehr rechtswidrig tätiger Konkurrenten. Solche Rechtsverstöße können Auskunftsansprüche und gegebenenfalls auch Schadensersatzansprüche gegen den Krankenhausträger begründen, wenn der Vertragsarzt dadurch wirtschaftliche Einbußen erlitten hat. Ob das Verhalten des Krankenhauses, in dessen Räumen ambulante Operationen in rechtswidriger Weise durchgeführt wurden, die klagende Gemeinschaftspraxis schädigte, wird das Sozialgericht festzustellen haben, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wird: Es wird zu prüfen haben, ob die Chirurgen sonst ihre Operationen in relevantem Umfang im Operationszentrum der Klägerin durchgeführt und dafür deren Anästhesisten hinzugezogen hätten. • Nach den Regelungen des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages (die hier in der 2005/06 geltenden Fassung anzuwenden sind) gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, dass Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses ambulante Operationen durchführen durften. Der AOP-Vertrag sieht nur ambulante Operationen durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte vor, in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses. Darin sind Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen. m Az.: B 6 KA 11/10 R, Bundessozialgericht, Medieninformation Nr. 11/ 2011 2 – Pitopia
15 Zukunft der Versorgung der Rheumatologie
Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew
Wie können wir den Arzt vor dem Mediziner retten?
Vorbereitungsbogen für den Besuch beim Rheumatologen
Unter der Moderation von Werner Buchberger, Bayerischer Rundfunk (BR), diskutierten auf dem DGRhKongress 2011 der Bayerische Gesundheitsminister Markus Söder, der Ethiker Prof. Dr. Paul Unschuld, das Vorstandsmitglied der Bayerischen AOK Dr. Helmut Patzer und der Vorsitzende des Rheumazentrums München Prof. Dr. Stefan Schewe über die Fragen: „Wo muss sich das Gesundheitssystem verändern?“, „Wo der Arzt?“, und „Wird die Arzt-Patienten-Interaktion zunehmend zugunsten technischer Methoden in der Medizin verdrängt?“ Hören Sie selber den Mitschnitt dieser interessanten offenen Podiumsdiskussion unter www.bdrh.de auf der Homeseite „MP3 – Gesundheitsmagazin“ über den Link: Menschlichkeit in der Medizin – Publikumsdiskussion auf dem 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie – 04.09.2011, http://www.br-online.de/podcast/mp3download/b5aktuell/mp3-download-podcast-gesundheitsmagazin.shtml. m
Zusammen mit dem Ärztlichen Be- Vorbereitung auf den Besuch be im Rheuma tologen: rater des Landesverbandes Bayern, Prof. Dr. Herbert Kellner, München, und mit Unterstützung der Firma MSD Sharp & Dohme GmbH wurde der Vorbereitungsbogen entwickelt. Dieser Bogen ermöglicht zum einen, vorab zu überprüfen ob der Patient alle Unterlagen dabei hat, was der Rheumatologe benötigt, zum anderen können in der Ruhe des häuslichen Umfeldes den Bogen ausgefüllt und dem Rheumatologen übergeben werden. Der Bogen ist als Download unter www.bechterew.de oder bei der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew e. V. (DVMB), Metzgergasse 16, 97421 Schweinfurt, Tel. 09721/22033, Fax 09721/22955, dvmb@bechterew.de zu erhalten. m Zur Vorbereit ung Ihres Besu und Informati onen zu notie chs beim Rheumato logen habe ren. n Sie
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: Gültige Versic hertenkarte Krankheitsr elevante Vorbe 1– 3 Jahre funde (z. B. bei Erstbe Röntgenbild such, aktue besuchen; lle Röntgenbild er der letzten schriftliche r Befund zu er bei Folge Laborergeb CT/MRT-Un nisse (der tersuchunge letzten 3 – n) 6 Monate) Überweisun gsschein zum oder 10 € Rheumatolog Praxisgebüh en für das r (Q = Quart Q II: 1. April aktuelle Quart al: Q I: 1. Jan. – 30. Juni; al Q III: 1. Juli – 31. März, – 30. Sep.; Bestätigung Q IV: 1. Okt. en zur Befrei – 31. Dez.) (Praxisgebü ung hr, Medikamen für Zuzahlungen te)
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Privat Versic herte: Gültige Versic hertenkarte Krankheitsr elevante Vorbe 1– 3 Jahre funde (z. B. bei Erstbe Röntgenbild such, aktue besuchen; lle Röntgenbild er der letzten schriftliche r Befund zu er bei Folge Laborergeb CT/MRT-Un nisse (der tersuchunge letzten 3 – n) 6 Monate)
Für den 1. Besuch beim Rheumatologe n: unge
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Für den Folge besuch beim Rheu
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Änderunge n der Thera pie: Wenn ja, was:
mg/μg; wie oft: mg/μg; wie oft:
seit:
seit:
Serie
Sie fragen – Experten antworten
Thema: Vertragsarztrechtliche Zulassung Frage: Ich bin seit 3 Jahren angestellter Arzt in einem MVZ und möchte nun dort als Vertragsarzt arbeiten. Kann ich meinen Angestelltenstatus in eine vertragsarztrechtliche Zulassung umwandeln lassen? Antwort: Nach der derzeitigen Rechtslage ist die Umwandlung nicht möglich. Jedoch soll das kommende Versorgungsgesetz zum 01.01.2012 Abhilfe schaffen. Nach dem bisherigen Gesetzesentwurf soll ein § 95 Absatz 9b eingefügt werden, wonach eine genehmigte Anstellung auf Antrag des MVZ vom Zulassungsausschuss in eine Zulas-
sung umgewandelt werden darf, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen oder halben Versorgungsauftrag entspricht. Sollte diese Regelung (geplant zum 01.01.2012) in Kraft treten, so hätten das MVZ die Möglichkeit, Ihren AnRA Christian Koller gestelltensitz in eine Vertragsarztstelle umzuwandeln. Sie könnten dann entweder als Vertragsarzt in dem MVZ arbeiten und ggfs. Gesellschaftsanteile erwerben oder im Einvernehmen des MVZ die Vertragsarztstelle aus dem MVZ herausnehmen und sich z. B. als Einzelpraxis niederlassen. m Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben z. B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de. Nicht alle Fragen/Antworten können publiziert werden. Die Expertenantworten ersetzen keine möglicherweise notwendige Rechtsberatung.
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Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“
16 Recht und Steuern
Befristung von Urlaubsansprüchen Gemäß Bundesurlaubsgesetz muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG).
Der Fall: Die Parteien verbindet seit 1991 ein Arbeitsverhältnis. Der jährliche Urlaubsanspruch des Klägers beträgt 30 Arbeitstage. Der Kläger war im Zeitraum vom Januar 2005 bis Juni 2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und nahm danach die Arbeit wieder auf. Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 gewährte die Beklagte dem Kläger an 30 Arbeitstagen Urlaub. Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass ihm ein aus den Jahren 2005 bis 2007 resultierender Anspruch auf 90 Arbeitstage Urlaub zusteht. Die Klage hatte ebenso wie schon in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der von dem Kläger erhobene Urlaubsanspruch ging spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2008 unter. Übertragene Urlaubsansprüche sind in gleicher Weise befristet. Wird ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig
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gesund, dass er – wie hier – in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann, erlischt der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch ebenso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahrs neu entstanden ist. m Bundesarbeitsgericht, Az.: 9 AZR 425/10
Wann sind Kosten für berufliche Erstausbildung und Erststudium abziehbar? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass das seit 2004 geltende Abzugsverbot für Kosten eines Erststudiums und einer Erstausbildung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium auch dann nicht entgegensteht, wenn der Steuerpflichtige diese Berufsausbildung unmittelbar im Anschluss an seine Schulausbildung aufgenommen hatte.
In einem der vom BFH entschiedenen Fälle nahm der Kläger bei einer Tochtergesellschaft einer Fluglinie die Ausbildung zum Berufspiloten auf. Hierfür entstanden ihm Aufwendungen von annähernd 28.000 EUR. In dieser Höhe beantragte er mit seiner Einkommensteuererklärung 2004, einen Verlustvortrag festzustellen. Er berief sich darauf, dass diese Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Im anderen Streitfall hatte die Klägerin ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend das Medizinstudium aufgenommen. Auch sie machte ihre Aufwendungen für das Studium als
vorweggenommene Werbungskosten geltend und beantragte ebenfalls eine entsprechende Verlustfeststellung. Die Finanzämter lehnten die beantragten Verlustfeststellungen ab. Sie beriefen sich dazu auf die ab 2004 geltende Regelung des Einkommensteuergesetzes, die bestimme, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium im Rahmen der Einkünfteermittlung nicht abziehbar sind, wenn die Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Dieser Auffassung folgten auch die Finanzgerichte. m Bundesfinanzhof, Az.: VI R 38/10 und VI R 7/10 3 – Pitopia
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18 Praxismanagement
Wie führe ich mein Praxisteam – oder wer führt überhaupt wen? Mitarbeiterführung oder auch der Umgang mit Mitarbeiter/innen ist ein Fachbereich, der auf den ersten Blick mit dem Spezialgebiet als Leiter einer niedergelassenen Facharztpraxis, nämlich der Medizin, dem Diagnostizieren und Therapieren kranker, oft schmerzgeplagter und verzweifelter Menschen, nicht viel zu tun hat. Und trotzdem beschleicht den oder die Praxisinhaber manchmal das Gefühl, dass man mit Diagnose und Therapie erfolgreicher ist, wenn man sich von einem einsatzfreudigen, engagierten und hochmotivierten Team unterstützt fühlt. Woher kommt das? Eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen: „Wenn ich es schaffe, qualifizierte Mitarbeiterinnen um mich zu scharen, ihre Qualifikation ständig zu aktualisieren, Verantwortung zu delegieren und irgendwie dafür zu sorgen, dass alle morgens gerne zur Arbeit kommen, kann ich mich guten Gewissens auf meine Kernkompetenz, die Medizin, konzentrieren.“
Hier sind bereits einige Begriffe genannt worden, ohne die, oder besser ohne deren Inhalte die erfolgreiche Führung eines Praxisteams gar nicht denkbar ist. Führung in der Facharztpraxis heißt Mitarbeiter/innen oder ein Team so zu lenken und zu leiten, dass alle nicht-ärztlichen Tätigkeiten in der Qualität oder mit dem Ergebnis erfüllt werden, dass der reibungslose Ablauf einer Praxis gewährleistet ist. In manchen Praxen gelingt das, bei anderen überhaupt nicht. „Liegt das an meinem Team oder an mir?“ Im Zweifelsfall immer an mir! Das heißt, es gibt bestimmte Anforderungen an eine Führungskraft, die zu erfüllen sind und die im Medizinstudium nicht vermittelt worden sind. Also werden sie als „Naturtalent“ erfüllt oder man muss sie sich erwerben. Welches sind denn die acht wichtigsten dieser Anforderungen? • • • • • • • •
Autorität Vorbildfunktion Durchsetzungskraft Konfliktbereitschaft Sicheres Auftreten Objektivität Bereitschaft zum Delegieren Motivationsfähigkeit
Zur Autorität ist zu sagen, dass hier zu unterscheiden ist zwischen der natürlichen und der „ex-officio“Autorität. Letztere ergibt sich aus der Tatsache, dass Ärzte die freiberuflichen Unternehmer sind, die (fast) immer das letzte Wort haben, und das ist auch gut so. Die natürliche Autorität hat etwas mit Ausstrahlung, Charisma zu tun, praktisch nicht erlernbar und nur sehr begrenzt durch Trainings optimierbar. Ein sicheres Auftreten (siehe weiter unten) durch professionelle Vorbereitung kann hier einiges bewirken.
Die Vorbildfunktion wird von Mitarbeiterinnen sehr präzise gemonitort und charakterliche Schwächen nur selten verziehen. Legt der Praxisinhaber z. B. Wert darauf, dass der erste Patient um 08:00 Uhr einbestellt wird, sollte er sich nicht erlauben, um 08:30 Uhr fröhlich pfeifend, am Wartebereich Dieter Baitinger entlang, die Praxis zu betreten. Auch der persönliche Umgang mit dem Patienten wird von Mitarbeiterinnen sehr wohl beäugt. Hier liegt eine große Chance, den wahren Berufsethos auf die Mitarbeiterinnen zu übertragen. Man sollte immer im Auge behalten, dass der tägliche Umgang mit Patienten und die dadurch als anspruchsvoll verstandene Tätigkeit einer Arzthelferin oder MFA der wichtigste Antrieb für Mitarbeiterinnen ist, ihren Beruf trotz diskussionswürdiger Entlohnung und Arbeitszeitregelung motiviert auszuüben. Durchsetzungskraft und Konfliktbereitschaft liegen sehr dicht beieinander. Wenn ich nicht bereit bin, einen Konflikt offensiv anzugehen, mit dem Ziel, ihn zu lösen, werde ich mich nie und nimmer bei meinen Mitarbeiterinnen durchsetzen können. Das Harmoniebedürfnis ist bei vielen sehr ausgeprägt, aber es sollte für den Betriebsausflug und das Weihnachtessen aufbewahrt werden. Fällt ein Fehlverhalten einer Mitarbeiterin auf, muss es so zeitnah wie möglich, unter vier Augen und mit einer klaren Zielvereinbarung in einem Mitarbeitergespräch zum Thema gemacht werden. Die hier getroffene Vereinbarung darf gerne protokolliert werden, damit die Zielerreichung respektive Erfolgs- →
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20 kontrolle auch von beiden Seiten nachvollzogen werden kann. Auch die harmoniesüchtigsten fühlen sich nach einem „gewonnenen“ Konflikt beflügelt, hier künftig etwas offensiver vorzugehen. Ein Paradebeispiel für die Chancen im „Learning by Doing“. Sicheres Auftreten gehört natürlich zu jedem Versuch, sich durchzusetzen und in einen Konflikt hineinzugehen. Und das ist erlern- und trainierbar! Wann fühle ich mich denn unsicher in einem Mitarbeitergespräch oder vor dem Team bei einer Teambesprechung? Wenn ich mich nicht ordentlich darauf vorbereitet habe! Mitarbeitergespräch und Teambesprechung sind terminierte Events, das heißt, man hat immer die Zeit, sich in irgendeiner Form darauf vorzubereiten und sie auch zu nutzen. Vom handgeschriebenen Notizzettel bis zur Karteikarte oder gar dem „Spiegeltest“ und der Testaufnahme auf dem Diktiergerät ist alles erlaubt. Hauptsache, man hat es mal durchgespielt, sich zurecht gelegt, was man sagen möchte und man hat sich Reaktion auf mögliche Fragen und Einwände überlegt. Objektivität ist ein hoher Anspruch, aber eine unerlässliche Eigenschaft für eine akzeptierte Führungskraft. Die Gleichbehandlung, unabhängig von Sympathie und Antipathie ist schwer, aber ebenfalls erlernbar. Auch die Arztehefrau als Teammitglied spielt hier eine gewichtige Sonderrolle. Vor jedem Mitarbeitergespräch oder gar einer Beurteilung muss der Vorgesetzte sich seine Beziehung zu seiner Gesprächspartnerin klar machen. Auch im Fall einer engen, sympathiegetragenen Beziehung darf man nicht überreagieren, im Sinne von besonders streng zu sein. Eine Besonderheit der Arztpraxis im Vergleich zu anderen Kleinbetrieben: In den meisten Praxen „herrschen“ Männer über ein Team von Frauen („Mädels“). Stutenbeißen und Zicken-Alarm sind vorprogrammiert! Diese Vokabeln stammen übrigens nicht aus angebotenen Führungsseminaren für Praxisinhaber sondern aus den Weiterbildungsveranstaltungen für Arzthelferinnen bzw. MFAs. Das heißt, den Mitarbeiterinnen ist sehr wohl bewusst, dass die Rollenverteilung der Geschlechter hier eine Bedeutung hat.
Wie führe ich ein Team, wenn wir 2, 3 oder 4 Praxisinhaber sind? Auf das Thema Motivation wurde in der letzten Ausgabe gesondert eingegangen, weil es das wichtigste Instrument überhaupt bei der Führung eines Praxisteams ist. Dafür aber noch ein Seitenblick auf die besonderen Problematiken in Gemeinschafts- bzw. Mehrfachpraxen.
Eine Aufgabenverteilung unter den gleichberechtigten Praxisinhabern ist hier zwingend. Es sollte doch möglich sein, unter drei Chefs Schwerpunktbereiche wie Personal, Betriebswirtschaft, Fort- und Weiterbildung, IGeL, neue Methoden/Geräte, etc. persönlich zuzuordnen. Wer hat nicht schon einmal erlebt (und wenn es früher in der Klinik war), dass Mitarbeiterinnen mit ihrem Urlaubsantrag zu dem Chef gehen, bei dem die Wahrscheinlichkeit der Genehmigung am höchsten liegt? Aufgabenverteilung unter den Inhabern ist die erste, die Einführung einer zweiten Führungsebene (= Praxismanagerin) ist die zweite Konsequenz. Voraussetzungen dafür: Mut zum Loslassen und die Bereitschaft, Verantwortung zu delegieren. Wie oft durfte man Kollegen erleben, die am Empfang unter dem Tisch herumkrabbelten, um den Rechner oder wenigstens den Drucker wieder zu kooperativem Handeln zu bewegen. Doch Änderungen im Praxisablauf, die Einführung neuer Leistungen, neue Normen von Seiten der Gesetzgebung sind nicht mit einer „Befehlsausgabe“ realisiert, wenn keine Zeit gegeben ist, Umsetzung, Erfolg und Verhalten der Mitarbeiterinnen dabei zu beobachten, zu korrigieren, zu loben und zu tadeln. Diesen Bereich sollten Sie einer ambitionierten, qualifizierten und gut weitergebildeten Führungskraft überlassen! Sie kennen vielleicht die Stoßseufzer der Kollegen, die nach Benennen einer Praxismanagerin sagen: „Endlich kann ich meinen Arbeitseinsatz auf meine Kernkompetenz, die Medizin, fokussieren und m die Praxis läuft trotzdem bestens weiter.“ Literatur: - Blanchard, Kenneth: Leadership and the One Minute Manager, W. Morrow & Co., Inc., New York, 1985 - Baitinger, Dieter: Mitarbeiterführung I-III, Führungsmanagement für niedergelassene Ärzte, Business School für Management und Vertrieb, München, 2011
Durchführung von Seminaren zum Führungsmanagement für niedergelassene Ärzte durch: Dieter Baitinger Bereichsleiter Praxismanagement Business School für Management und Vertrieb München Neumarkter Straße 21, D-81673 München Tel.: 089/237096-30, www.bs-muc.de Direktkontakt: dieter.baitinger@bs-muc.de Tel.: 08857/899341, Mobil: 0170-1693911 Carl-Orff-Str. 3, 83671 Benediktbeuern
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DGRH 2011 – München
22 Rheumatoide Arthritis
Zielorientiertes Vorgehen bei RA entscheidend Die neuen EULAR-Empfehlungen und -Leitlinien zur zielorientierten Behandlung der RA sind nach Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf, eine gute Basis zur Wahl der besten Strategie, wobei im Sinne einer gemeinsamen Therapieentscheidung mit dem Patienten und der evidenzbasierten Medizin die Behandlung und deren Zielsetzung immer individuell anzupassen sind. Eine wichtige Hilfestellung dabei, RA-Patienten möglichst rasch eine Diagnostik und konsequenten Therapie zu ermöglichen, soll die überarbeitete und aktuell auf dem DGRh-Kongress in München vorgestellte DGRhLeitlinie zum Management der frühen RA leisten.
Die neue Leitlinie enthält laut Schneider hierfür einen klaren Handlungspfad, mit dem Hausärzte und Orthopäden eine RA schnell erkennen und von der nicht-entzündlichen Arthrose unterscheiden können, um möglichst alle Neuerkrankten innerhalb von 12 Wochen einer fachgerechten Behandlung beim Rheumatologen zuzuführen, der rasch eine geeignete Therapie mit DMARDs und im Verlauf auch Biologika einleiten kann.
Neue DGRh-Leitlinie zur frühen RA Durch den rechtzeitigen Beginn einer Therapie innerhalb des „window of opportunity“ von spätestens sechs Monaten nach Krankheitsbeginn können spätere strukturelle Gelenkschäden vielfach vermieden werden. Wenn jeder RA-Patient von Beginn der Symptome an leitliniengerecht behandelt würde, könnten mehr als 90 % der Betroffenen ein ganz normales Leben führen, erläuterte Schneider.
2011 MÜNCHEN
Ziel der Therapie ist heutzutage die Remission, wobei gemäß den aktuellen ACR/EULAR-Remissionskriterien die RA soweit kontrolliert sein muss, dass keine weiteren strukturellen Schäden mehr eintreten und die Patienten einen guten Funktionsstatus aufweisen. Aus Studien wie TICORA ist bekannt, dass unabhängig von der Intervention selbst die Ausrichtung der Behandlung an einem vorgegebenen Ziel das klinische Langzeitergebnis deutlich verbessert. Zu diskutieren ist nach Scheider hierbei, ob für alle Patienten – also z. B. einerseits solche mit sehr früher und andererseits solche mit bereits seit Jahren etablierter RA – tatsächlich ein einheitliches Zielkriterium wie die Remission sinnvoll bzw. haltbar ist.
Remission vielfach erreichbar Bei de-novo-Patienten ist, so Schneider weiter, in ca. 50 % der Fälle kurzfristig eine Remission erreichbar, wenn die Krankheitsaktivität regelmäßig überwacht und die Therapie entsprechend angepasst wird. Bei diesen Patienten mit früher RA und zumeist noch keinen Gelenkschäden wird in der Praxis auch recht rasch bei ausbleibendem Therapieerfolg auf eine wirksamere Medikation umgestellt. In diesem Kollektiv sollten die Remissionszahlen noch deutlich steigerbar sein, ein Baustein hierfür sind zusammen mit der aktualisierten DGRh-Leitlinie die neuen RA-Klassifikationskriterien, durch die Patienten rascher einer spezifischen Therapie, zumeist initial mit Methotrexat (MTX), zugeführt werden können. Neben den gängigen Remissionskriterien wie dem DAS28 ist hierbei noch zu diskutieren, ob nicht noch strengere Maßstäbe unter Einbeziehung moderner bildgebender Verfahren zur besseren Abbildung struktureller Schäden anzulegen sind, gab Schneider zu bedenken. Anders ist die Situation bei etablierter RA, wo auch bei Verfehlen der Remission, aber erreichen einer deutlich niedrigeren Krankheitsaktivität, möglichst in Form eines Low-DAS, auch länger eine bestehende
DGRH 2011 – München
23 Therapie beibehalten wird – vielfach auch weil das Erreichen strengerer Kriterien in solchen Fällen als nicht realistisch erachtet wird. Mitunter spielen dabei auch Messinstrumente wie der DAS28 oder SDAI eine Rolle, die bei einer chronischen Synovitis milder Ausprägung noch keine Remission anzeigen, da z. B. noch druckschmerzhafte Gelenke vorliegen, oder im Falle der PGA, wenn Komorbiditäten oder ein schlechter Allgemeinzustand großen Einfluss auf die Werte ausüben. Womöglich, so Schneider, müssten bei diesen Patienten in fortgeschrittenen RA-Stadien andere Ansätze für die Definition einer Remission erörtert werden. Auch wenn bei Patienten mit fortgeschrittener RA innerhalb von drei oder mehr Monaten
mit den derzeit verfügbaren medikamentösen Therapieoptionen, also selbst mit Kombinationstherapien mit hochwirksamen Biologika, keine Remission oder auch niedrige Krankheitsaktivität erreichbar ist, sollte man am hochgesteckten Ziel Remission auch für diese Population festhalten. Hierzu, so forderte Schneider, bedarf es aber in Zukunft neuer Wirkkonzepte und der Durchführung entsprechender Therapiestudien. m
Quelle: 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V., Plenarsitzung „Rheumatoloide Arthritis: Update “, München, 1. September 2011
Ergebnisse der HIT HARD-Studie Deutsche Rheumatologen um Dr. Jacqueline Detert, Berlin, verglichen in der HIT-HARD-Studie bei DMARD-naiven Patienten mit früher Rheumatoider Arthritis (RA) eine Induktionstherapie mit dem TNF-Blocker Adalimumab und Methotrexat (MTX) über 24 Wochen gefolgt von einer MTX-Monotherapie bis zur Woche 48 mit einer durchgehenden MTX-Therapie.
In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Multizenterstudie wurden 172 DMARD-naive Patienten mit früher, aktiver RA (durchschnittliches Alter 50 Jahre, Krankheitsdauer <12 Monate) eingeschlossen und erhielten: (1) eine Induktionstherapie mit ADA und MTX (ADA+MTX, n=87) oder (2) Placebo und MTX (Placebo+MTX, n=85) bis zur Woche 24. Anschließend wurde bis zur Woche 48 die MTXTherapie in beiden Armen fortgesetzt. Die Beurteilung der Wirksamkeit beider Therapiearme erfolgte mittels DAS28 in Woche 48. Zu Behandlungsbeginn war der DAS28 im ADA/MTX-Arm mit 6,2 vs. 6,3 im Placebo+MTX-Arm ebenso vergleichbar wie die radiologischen Befunde. Bis zur Woche 24 zeigte sich eine signifikante Verringerung des DAS28 im ADA+MTX-Arm auf 3,0 im Vergleich zur Placebo+MTX-Gruppe auf 3,5. Mit 47 vs. 31 % erreichten signifikant mehr Patienten unter ADA+MTX einen DAS28<2,6, ein ebenso signifikanter Vorteil zeigte sich beim ACR50 mit 68 vs. 49 %. Nach Woche 48 waren der DAS28 mit 3,2 vs. 3,4
(p=0,49), die Remissionsrate mit 44 vs. 30 % und der ACR50 mit 55 vs. 46% nicht signifikant besser unter der Induktionstherapie mit ADA+MTX. Bei einem Ausgangswert von 1,4 (ADA+MTX) vs. 1,36 zeigte sich beim HAQ 0,49 (ADA/MTX) vs. 0,73 zu Woche 24 ein signifikanter Vorteil (p=0,001), nicht mehr jedoch nach Woche 48 mit 0,60 vs. 0,68 (p=0,28). In der Röntgenprogression wurden hingegen in beiden Armen sowohl im Sharp-van der Heijde Score (ADA+MTX 2,6 vs. Placebo+MTX 6,4; p=0,03) als auch im Ratingen Score (1,8 vs. 4,3; p=0,03) in Woche 48 signifikante Unterschiede zugunsten von ADA+MTX festgestellt. Die Anzahl vorzeitiger Studienabbrüche war in der Placebo+MTX-Gruppe (n=28) deutlich höher als im ADA+MTX-Arm (n=11). m
Im Ergebnis erzielten Patienten mit der aggressiven Induktionstherapie aus TNFBlocker plus MTX früher eine DAS28-Remission und Besserung der Funktionskapazität. Nach erflogter Umstellung auf eine MTX-Monotherapie zeigten sich nach 48 Wochen jedoch – ähnlich wie in der OPTIMA-Studie – keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Allerdings profitierten die Patienten der ADA+MTX-Gruppe von einer signifikant geringeren radiologischen Progression nach 48 Wochen.
Kompakt
Hinsichtlich der Effektivität einer frühen Therapieinduktion innerhalb des „window of opportunity“ bei Patienten mit früher RA ist die Datenlage weiterhin unklar. In HIT HARD wurde untersucht, ob DMARDnaive Patienten mit einer frühen RA langfristig in ihrer Krankheitsaktivität (DAS28) von einer aggressiven Induktionstherapie mit Adalimumab (ADA) und MTX profitieren (DGRh 2011, RA.14).
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24 Rheumatologische Bildgebung
Ultraschall, MRT und fluoreszenzoptische Verfahren im Fokus Neben dem Röntgenbild kommt der Gelenksonografie, dem MRT und modernen Verfahren wie der fluoreszenzoptischen Bildgebung ein zunehmend wichtiger Stellenwert in der Diagnostik und Therapieüberwachung zu, erläuterte PD Dr. Marina Backhaus, Berlin, im Rahmen des DGRh-Kongresses.
Das konventionelle Röntgen dient dem Nachweis struktureller Veränderungen am Skelettsystem, welche jedoch frühestens ca. sechs Monate nach dem Krankheitsbeginn darstellbar sind, was für eine bessere Frühdiagnostik die Nutzung weiterer bildgebender Verfahren sinnvoll und notwendig erscheinen lässt.
Ultraschall auch im Praxisalltag geeignet Die Gelenksonografie ist frühzeitiger in der Lage, sowohl den entzündlichen Weichteil- als auch den entzündlichen Knochenprozess bei arthritischen Erkrankungen zu erfassen, betonte Backhaus. Die Sonografie gestattet infolge ihres guten Weichteilkontrastes eine Differenzierung exsudativer und proliferativer Synovialisveränderungen sowie Sehnenscheidenentzündungen sehr frühzeitig. Oberflächlich liegende Knorpel-Knochen-Läsionen/Erosionen können sonografisch frühzeitiger als mittels konventionellem Röntgen an den peripheren Gelenken dargestellt werden. Durch den Einsatz der Doppler- und Power-Doppler (PD)-Sonografie können zusätzliche Informationen zur Aktivität des entzündlichen Gelenkprozesses erhalten werden. Der US7-Score (7-Gelenke-Ultraschall-Score) ermöglicht eine Beurteilung der Krankheitsaktivität und ist zur Therapieverlaufskontrolle in der täglichen rheumatologischen Praxis geeignet, so Backhaus.
Wichtige Rolle der der MRT In der Abklärung der HWS-Symptomatik der RA nimmt die Magnetresonanztomografie (MRT) einen wichtigen Platz ein. MRT-Studien haben gezeigt, dass bei Erosionsnachweis am peripheren Skelett ebenfalls Erosionen am Atlantodentalgelenk nachweisbar sind. Durch ihren hohen Weichteilkontrast ist die MRT in der Lage, neben den knöchernen Läsionen auch das entzündliche Weichteilgewebe in den peripheren Gelenken sensitiv darzustellen. Laut Backhaus hat das Knochenmarködem im MRT einen hohen prädiktiven Wert für die spätere Entwicklung von Erosionen bei der RA. Durch das feine Schnittbildverfahren sind erosive Knochenläsionen frühzeitiger als im konventionellen Röntgen erfassbar. Die Synovialitis, Tenosyno-
PD Dr. med. Marina Backhaus vialitis, Tendinitis und Bursitis sind gut differenzierbare entzündliche Weichteilläsionen im MRT. Neue MRT-Sequenzen (delayed gadolinium-enhanced MR imaging – dGEMRIC) sind zudem in der Lage, geringe Knorpeldegenerationen zu erfassen und damit morphologisch normal erscheinende Knorpelschichten bei RA-Patienten im Vergleich zu Gesunden besser zu differenzieren, führte Backhaus weiter aus.
fluoreszenzoptische Bildgebung Die fluoreszenzoptische Bildgebung (Rheumascan Xiralite®) ist ein vielversprechendes neues Verfahren, das über den Nachweis der Mikrozirkulation im Gewebe frühzeitig entzündliche Prozesse, z. B. an den Händen, dokumentieren kann. Damit ist es eine interessante Methode in der Früharthritis-Diagnostik mit dem zudem das Ansprechen auf eine Therapie objektiviert werden kann. Weitere Studien sind erforderlich, um herauszufinden, inwieweit das fluoreszenzoptische Verfahren durch die Erfassung unterschiedlicher Mikrozirkulationsmuster an den Händen in der Differenzialdiagnostik der Arthritiden eingesetzt werden kann, so abschließend Backhaus. m
Quelle: 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V., Plenarsitzung „Rheumatoloide Arthritis: Update “, München, 1. September 2011
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25 Gelenksonografie
Neue Daten zum US7-Score Über den US7-Score als sensitiven Marker in der Beurteilung der Krankheitsaktivität und Verlaufskontrolle von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) und Psoriasis-Arthritis (PsA) über einen Beobachtungszeitraum von 12 Monaten, berichteten deutsche Rheumatologen um PD Dr. Marina Backhaus, Berlin.
In der ersten Studie wurden klinische und laborchemische Parameter (DAS28 bzw. BSG, CRP) von 1.560 Patienten mit RA (92,2 %) und PsA (7,8 %) mit einer mittleren Krankheitsdauer von 8,1 Jahren ermittelt und mit den initialen Daten des US7-Scores verglichen (DGRh 2011, DI.22). Die RA-Patienten mit einer BSG ≥20 mm/h erzielten höhere US7-Scores als solche mit einer BSG <20 mm/h. Ein CRP-Wert ≥5 mg/l ging ebenfalls mit einem höheren US7-Score einher. Auch ein DAS28 ≥5,2 korrelierte signifikant mit dem US7-Score. Der Synovialitisscore im B-Bild stieg mit höherer Krankheitsaktivität. Der Erosionsscore war bei milder und mäßiger Krankheitsaktivität geringer als bei Patienten in klinischer Remission (DAS28 ≤2,6). Bei den PsA-Patienten zeigten sich signifikante Korrelationen zwischen BSG ≥40 und ≤60 mm/h und dem US7-Erosionsscore (r=0,587; p<0,05) sowie dem US7-Tenosynovitisscore im B-Bild (r=0,642; p<0,05). Der DAS28 der PsA-Patienten korrelierte jedoch nicht signifikant mit den Parametern des US7-Scores. Erhöhte Werte der laborchemischen und klinischen Parameter der RA-Patienten korrelierten somit signifikant mit höheren Werten im US7-Score. Mittels Erosionsscore konnten keine Rückschlüsse auf die Krankheitsaktivitat bei RA gezogen werden. Bei den PsA-Patienten spielte die Tenosynovitis eine große Rolle. Der DAS28 war kein sinnvoller Parameter bei der Beurteilung der Krankheitsaktivität von PsA-Patienten. In der zweiten Untersuchung wurden 506 Patienten mit RA (87,9 %), PsA (9,7 %), ankylosierender Spondylitis (AS; 1,8 %), undifferenzierter Polyarthritis (0,4 %) und juveniler idiopathischer Arthritis (JIA; 0,2%) mit einer mittleren Krankheitsdauer von 8,5 Jahren auf eine DMARD- bzw. Biologikum-Therapie (Mono-/ Kombinationstherapie) ein- bzw. umgestellt (DGRh 2011, DI.01). Sowohl zu Studienbeginn als auch nach 3, 6 und 12 Monaten wurde der US7-Score sowie DAS28, BSG und CRP erhoben. Es wurden vier Gruppen unterschieden: First line-DMARD (26 %), Therapiewechsel von DMARD zu DMARD (24 %), FirstlineBiologikum nach DMARD (34 %), Therapiewechsel
von Biologikum zu Biologikum (12 %); eine Patientengruppe (12 %) war ohne Therapie. In beiden DMARD-Kohorten konnte nach 12 Monaten eine statistisch signifikante Abnahme des Synovialitis- als auch Tenosynovialitis-Scores (B und PD-Mode) beobachtet werden (p<0,05), zudem sanken BSG, CRP und DAS28 signifikant ab (p<0,05). Eine signifikante Reduktion der Erosionen konnte nicht gezeigt werden. Bei neu auf ein Biologikum eingestellten Patienten sanken Synovialitis-Score, TenosynovialitisScore im B- und PD-Mode, BSG und CRP signifikant ab (p<0,05). In der Patientengruppe mit Therapiewechsel von Biologikum zu Biologikum sank zusätzlich der Erosionsscore nach einem Jahr signifikant von 3,9 auf 3,2 (p<0,05). Diese Patienten erzielten bei der Erstuntersuchung die geringsten Synovialitiswerte im B-Bild und im PD-Mode. Die höchsten initialen Erosionswerte wurden bei Patienten detektiert, die erst neu auf ein Biologikum eingestellt wurden, unter Therapie sanken die Werte jedoch nicht signifikant. Der vergleichbare Verlauf mit den klinischen bzw. laborchemischen Parametern zeigt, dass der US7-Score veränderungssensitiv und für die Therapiekontrolle geeignet ist. In der Patientengruppe mit Therapiewechsel von Biologikum zu Biologikum war ein signifikanter Abfall des Erosionsscores nach 12 Monaten zu verzeichnen. m
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26 Rheumatoide Arthritis
Neue ACR/EULAR-Remissionkriterien versus DAS28-Remission Die zwei neuen ACR/EULAR-Remissionskriterien für RA-Patienten basieren auf einer Booleschen Definition (Anzahl geschwollener und druckschmerzhafter Gelenke jeweils ≤1, CRP ≤1 mg/dl, sowie globale Patienten-Selbsteinschätzung [NRS 0-10] ≤1) bzw. dem Simplified Disease Activity Index (SDAI) mit einem Score ≤3,3. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Angela Zink, Berlin, stellte diese den etablierten EULAR-Kriterien mit einem DAS28 <2,6 gegenüber.
Mit den Daten der Kerndokumentation 2007-2009 konnten für 6.864 RA-Patienten alle drei Remissionkriterien bestimmt und im Detail miteinander verglichen werden. Anhand der paarweisen Übereinstimmung des alten DAS28-Kriteriums mit der Booleschen Definition und dem SDAI-Kriterium wurde untersucht, welche in DAS28-Remission befindlichen Patienten durch die neuen Kriterien ausgeschlossen werden (DGRh 2011, RA.46). Im Ergebnis waren 28 % der Patienten in DAS28Remission, 7 % erfüllten das neue Boolesche und 11 % das SDAI-Kriterium. 70 % befanden sich nach keinem der drei Kriterien in Remission. Nach den neuen Kriterien in Remission befindliche Patienten waren tendenziell jünger und kürzer krank, hatten einen besseren FFbH, weniger geschwollene Gelenke und eine positivere Patientenselbsteinschätzung, aber eine
höhere mittlere BSG als Patienten in DAS28-Remission. Nur 2 % der Patienten erfüllten die neuen, aber nicht das alte DAS28-Kriterium. Bei diesen Patienten führte vor allem die erhöhte BSG zum Überschreiten der DAS28-Remissiongrenze. Von den in DAS28-Remission befindlichen Patienten befanden sich nach dem Booleschen Kriterium 79 % nicht in Remission. Diese Patienten zeichneten sich durch eine schlechtere Selbsteinschätzung und mehr betroffene Gelenke aus. Die SDAI-Grenze überschritten 66 % der Patienten mit DAS28-Remission. Wie beabsichtigt, klassifizieren die neuen Kriterien deutlich weniger Patienten in Remission als das DAS28-Kriterium. Dabei selektiert das SDAI-Kriterium moderater als das Boolesche Kriterium. Den größten Einfluss auf die Nichterfüllung der neuen Kriterien hat dabei die Patientenselbsteinschätzung. m
Daten aus der CAPEA-Studie Ziel der Beobachtungsstudie CAPEA ist es, zur Optimierung der RA-Erstbehandlung frühe Prädiktoren für das Therapieansprechen zu identifizieren. Seit Studienbeginn im Juli 2010 werden FrüharthritisPatienten mit einer Symptomdauer von maximal sechs Monaten Dauer in die laufende Untersuchung aufgenommen, erläuterte Dipl.-Psych. Gisela Westhoff, Berlin.
Laut den bisher vorliegenden CAPEA-Daten von 320 Patienten (≤6 Monate) werden 19 % der von den teilnehmenden Rheumatologen mit einer RA diagnostizierten Früharthritis-Patienten – vor allem seronegative RA-Patienten – nach den neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien nicht als solche erkannt. Dies bedeutet, dass diese nur unzureichend dem Anspruch genügen, Patienten mit einem hohen RA-Risiko sicher zu identifizieren. Die Absenkung des Cut-offs in den neuen Kriterien von sechs auf fünf Punkte bzw. die Berücksichtigung der Morgensteifigkeit mit einem Punkt würde den Anteil falsch-negativer Fälle deutlich reduzieren (DGRh 2011, RA.36). Da beim Eintritt in CAPEA nur 4 % der Teilnehmer seit mindestens einer Woche ein
DMARD, dagegen 22 % seit mindestens einer Woche Glukokortikoide erhielten, konnte deren Wirkung bei DMARD-naiven Früharthritis-Patienten bewertet werden. Diese hatten eine deutlich geringere Morgensteifigkeit, eine deutlich geringere körperliche und geistige Fatigue sowie weniger Schmerzen. Das Ausmaß der Fatigue korrelierte nur gering mit der Krankheitsaktivität, so dass deren Besserung nicht die der Fatigue erklärt, die möglicherweise mit dem Cortisol- und IL-6-Spiegel assoziiert ist. Weiterhin zeigen die bisherigen CAPEADaten, dass im Früharthritis-Studienkollektiv ältere Patienten, Männer jeden Alters gegenüber Frauen, Hypertonie-Patienten jeden Alters und Raucher eine stärkere Synovitis aufweisen. m
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27 Rheumatoide Arthritis
Konventionelle DMARDs unverzichtbar Der hohe Stellenwert konventioneller DMARDs und anderer Therapiemaßnahmen wie der intraartikulären Injektion bei der RA im Rahmen einer Treat-to-target-Strategie bleibt unbestritten, betonte Prof. Dr. Michael Hammer, Sendenhorst, anlässlich des DGRh-Kongresses in München.
Gute Evidenz für DMARD-Strategie aus Studien Neben der COBRA-Studie, in der nach Hammer auch Glukokortikoide zum Erfolg einer solchen frühen DMARD-Kombination beigetragen haben dürften, überzeugen diese auch im Vergleich zu MTX/Biologika-Kombinationen wie in BeSt, SWEFOT und TEAR. So kann sich z. B. die Triple-Therapie mit MTX, Sulfasalazin und Hydroxychloroquin mit einer TNF-Hemmer/ MTX-Kombination wie in SWEFOT und TEAR auch nach zwei Jahren Therapie durchaus messen. Bei Patienten mit radiologischer Progression spricht laut Hammer hingegen einiges – und so auch von der EULAR empfohlen – für eine bessere Beeinflussung der Erosivität mit einer Biologika (i.e. TNF-Blocker) plus DMARD-Kombination. Allerdings werden nach seinen Worten aufgrund der Studiendesigns die potentiellen Vorteile der Biologika in diesem Setting womöglich überbewertet, worauf auch eine kürzlich publizierte Metaanalyse hindeutet. Auch bei diesem Patientenkollektiv sieht Hammer für konventionelle DMARDs durchaus eine wichtige Rolle. Entscheidend ist es für Hammer gemäß den EULAREmpfehlungen die Therapie konsequent an den Zielvorgaben auszurichten, wozu auch lokale Behandlungsmaßnahmen wie die intraartikuläre Injektion von Glukokortikoiden gehören. Die Effizienz einer solchen Strategie zusammen mit z. B. MTX bei früher RA wur-
Prof. Dr. med. Michael Hammer de in der CIMESTRA-Studie überzeugend nachgewiesen. Sowohl in Bezug auf die klinische Wirksamkeit als auch die radiologische Progression schnitt diese eher einfache Therapiestrategie – kein entzündetes Gelenk war erlaubt – sehr gut ab, betonte Hammer. Die Zeit der konventionellen DMARDs oder auch der intraartikulären Injektionen ist keineswegs abgelaufen und diese Basistherapien haben daher weiterhin ihren festen Stellenwert in der RA-Therapie. Biologika sollten bevorzugt zum Einsatz kommen, wenn eine radiologische Progression vorliegt oder auch schon früher, wenn bei Patienten von einer raschen Progredienz auszugehen ist und es gilt die Chance zu erhöhen, Gelenkschäden erst gar nicht entstehen zu lassen. m
Die Auswahl, welcher Patient optimal mit DMARDs und DMARD-Kombinationen und welcher mit MTX/Biologika-Kombinationen einzustellen ist, bleibt der schwierigste Teil der Therapieerwägungen bei RA-Patienten. Eine gute, konsequente Strategie mit Festlegung auf das Ziel Remission oder niedrige Krankheitsaktivität unter Zuhilfenahme aller verfügbaren Therapieoptionen nach einer strukturierten Vorgabe erscheint hierfür optimal, so abschließend Hammer.
Quelle: 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V., Plenarsitzung „Rheumatoloide Arthritis: Update “, München, 1. September 2011
Kompakt
Das heute im schnellen Erreichen einer Remission (DAS28 <2,6) oder zumindest niedrigen Krankheitsaktivität (LDAS <3,2) bestehende Therapieziel bei RA lässt sich am besten mit einer initial festgelegten und zieladaptierten Behandlungsstrategie verwirklichen – dies belegen Studien wie TICORA, CAMERA, BeSt oder CIMESTRA. In all diesen Studien waren konventionelle DMARDs und insbesondere die auch von der EULAR zur Primärtherapie empfohlene Standardsubstanz Methotrexat (MTX) ein unverzichtbarer Baustein – zumal dieses auch im Vergleich zu Biologika gut abschneidet. Obwohl zunächst der MTX-Monotherapie eine Präferenz eingeräumt wird, liegen bei früher, aber auch etablierte gute langfristige Daten für eine frühe DMARD-Kombinationstherapie vor.
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28 Rheumatologische Versorgung
Nachwuchs in der Rheumatologie: Sorgen und Erwartungen Das 2008 veröffentlichte Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) „Rheumatologische Versorgung von akut und chronisch Rheumakranken in Deutschland“ hat auf der Basis der Zahl behandlungsbedürftiger Rheumakranker und einem Konsensus über erforderliche Kontaktzeiten beim Rheumatologen den Bedarf an internistischen Rheumatologen für ca. zwei Millionen Rheumakranke in Deutschland auf 1.360 geschätzt. Dem gegenüber standen 2008 635 Ärztinnen und Ärzte, die an der vertragsärztlichen rheumatologischen Versorgung teilgenommen haben, so DGRh-Generalsekretär Prof. Dr. Ekkehard Genth, Aachen.
Dieser Mangel an Rheumatologen wurde vor Kurzem von der Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion bestätigt. Nur in neun von 267 Planungsbereichen der Kassenärztlichen Vereinigung wird nach den Angaben der Bundesregierung ein Verhältnis von einem Rheumatologen pro 50.000 erwachsenen Einwohnern erreicht. Der Mangel ist insbesondere in ländlichen Regionen gravierend. Die Folgen sind häufig lange Wartezeiten, zu späte Diagnose und Therapie – dies kann dazu führen, dass bereits bei der Erstvorstellung Gelenkschäden vorliegen, führte Genth weiter aus.
Weiterhin zu wenig Rheumatologen Die Ursachen für diesen Mangel sind vielschichtig. Zum einen ist das Fach Rheumatologie an den deutschen Universitäten unzureichend repräsentiert. Dies steht übrigens im krassen Gegensatz zur internationalen Entwicklung, die durch viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse und die Neueinführung biologischer Medikamente im letzten Jahrzehnt charakterisiert ist. Eine weitere Folge sind deutliche Mängel in der studentischen Ausbildung an den Universitäten.
Leider ist zudem die Zahl weitergebildeter Rheumatologen in den letzten Jahren eher etwas gesunken – das liegt an Erschwernissen der rheumatologischen Weiterbildung in Klinik und Praxis (keine Finanzierung). Die berufliche Perspektive einer Niederlassung als Rheumatologe wird durch die Zulassungsausschüsse erschwert, weil nach den geltenden Regelungen der Bedarf an rheumatologischer Versorgung nach dem Grad der internistischen Versorgung bewertet wird. Die Sonderbedarfszulassungen für Rheumatologen sind insgesamt bisher nicht ausreichend. Hier besteht nach den Worten Genths dringender Handlungsbedarf, im Rahmen der Beratungen über das Versorgungsgesetz eine bedarfsgerechte und funktionierende Regelung einzuführen, die klare Perspektiven setzt.
Baustelle Weiterbildung Die DGRh hat Ende Januar 2011 in einem Weiterbildungsworkshop in Berlin eine Bestandsaufnahme der Situation in der rheumatologischen Weiterbildung auf der Grundlage einer Umfrage unter den sich für das Fach weiterbildenden Ärzten vorgestellt. Es wurde deutlich, dass zurzeit nur zwei Drittel der weiterbildungsermächtigten Ärzte im Krankenhaus auch tat-
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29 meinmedizin. Hierbei ist auch eine aktive Werbung um den medizinischen Nachwuchs vorgesehen. Das neue Stipendienprogramm für die rheumatologische Weiterbildung soll noch in diesem Jahr starten, sagte Genth. m
Die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung von Ärzten in der Rheumatologie ist entscheidend, um die Patienten durch frühe Diagnose und eine rechtzeitige sowie kontinuierliche Therapie an dem enormen Fortschritt in der Versorgung teilhaben zu lassen und dadurch ihre Arbeitsfähigkeit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhalten bzw. zu verbessern.
Wie gut sind Rheumapatienten in Deutschland versorgt? Bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten wie der rheumatoiden Arthritis (RA) sind die ersten drei, maximal sechs Monate nach Beginn der ersten Symptome entscheidend für den weiteren Verlauf sind. Behandelt man in diesem frühen Zeitfenster, so stehen die Chancen gut, dass die Krankheit entweder ganz zum Stillstand kommt oder einen milden Verlauf nimmt, so Prof. Dr. Angela Zink, Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin.
Die internistische Rheumatologie in Deutschland folgt dieser in vielen Studien gewonnenen Evidenz. In Zusammenarbeit mit Hausärzten gelingt es immer besser, die Patienten früh zu sehen. Frühsprechstunden leisten einen wichtigen Beitrag. Dass die frühere Behandlung – zusammen mit den Biologika als neuen Therapieoptionen – tatsächlich zu einer Verbesserung der Situation der Rheumakranken geführt hat, belegt die rheumatologische Versorgungsforschung.
Mit früher Diagnose und Therapie bessere Teilhabe am Arbeitsleben Nach den Ausführungen von Zink haben Studien an mehr als 100.000 RA-Patienten eindeutig gezeigt, dass sich die Situation der Kranken in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert hat. Der Anteil der Patienten, bei denen die Krankheit so gut kontrolliert ist, dass sie keine oder nur geringe Krankheitszeichen haben, hat sich nach Daten der Kerndokumentation zwischen 2001 und 2009 von 15 auf 31 % verdoppelt. Gleichzeitig ist die Zahl der Patienten im erwerbsfähigen Alter, die ihren Beruf weiterhin ausüben können, bei Frauen von 31 auf 48 % und bei Männern von
37 auf 53 % angestiegen. Obwohl die Ausgaben für Medikamente deutlich gestiegen sind, haben sich die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten (Behandlungskosten und Kosten durch Arbeitsausfall) im letzten Jahrzehnt kaum erhöht. Dies geht auf den Rückgang bei Krankschreibungen und vorzeitiger Berentung zurück und belegt die bessere gesundheitliche Situation der Betroffenen, betonte Zink. Doch diese guten Nachrichten gelten – so schränkte Zink ein – nur für Patienten, die das Glück haben, überhaupt einen internistischen Rheumatologen zu erreichen. Hier belegt die Versorgungsforschung große Defizite in der Versorgung: Anstelle von 1.350 internistischen Rheumatologen, die für eine ausreichende Versorgung nötig wären, haben wir in Deutschland nur gut 600, beklagte Zink. Gründe liegen in Ausbildungs- und Weiterbildungsdefiziten und in Niederlassungsbeschränkungen. Es bleibt zu hoffen, dass das für 2012 geplante Versorgungsgesetz, das erstmalig eine teilgebietsspezifische Bedarfsplanung vorsieht, hier Abhilfe schafft. m Quelle: Pressekonferenz anlässlich des 39. DGRh-Kongresses, München, 2. September 2011
Kompakt
sächlich weiterbilden, dass der ambulante Bereich, der ein wichtiger Bereich einer praxisorientierten Weiterbildung sein sollte, nur zu einem kleinen Teil an der Weiterbildung beteiligt ist, und dass Möglichkeiten der kumulativen Weiterbildung durch mehrere Weiterbilder und von Kooperationen zu wenig genutzt werden. Die DGRh entwickelt gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen in der Rheumatologie, dem BDRh und dem VRA, ein Konzept von Stipendien für die rheumatologische Weiterbildung in Praxis und Klinik, das inhaltlich durch Weiterbildungskurse der Rheumaakademie ergänzt und durch Spenden verschiedener Industrieunternehmen getragen wird. Das Konzept ist eine Weiterentwicklung eines Stipendienprogramms des BDRh, mit dem elf Weiterbildungsmaßnahmen gefördert wurden, es orientiert sich am Förderprogramm Weiterbildung in der Allge-
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30 Perioperatives Management des Rheumapatienten
Was ist bei Anästhesie, Schmerztherapie und Medikamentengabe zu beachten? Die Schwierigkeiten im perioperativen Management des Rheumapatienten ergeben sich aus der lokalen Gelenk- und Weichteildestruktion, dem polyartikulären Befallsmuster der Extremitätengelenke mit möglicher Beteiligung der Halswirbelsäule und den spezifischen Komplikationen der Grunderkrankung einschließlich der immunsupressiven medikamentatösen Therapie, erläuterte auf dem DGRh-Kongress in München Dr. Stephan Schill, Rosenheim, zugleich Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh).
Die Anästhesie beim Rheumatiker ist laut Schill nicht problemlos und meist mit den speziellen Risiken dieses Krankheitsbildes behaftet. Wegen der vielfältigen medikamentösen Interaktionen durch die Langzeittherapie mit Antirheumatika, Steroiden und Basismedikamenten besteht heute der Trend zu regionalen Anästhesieverfahren. Die Regionalanästhesien sind in der Regel weniger eingreifend für den Gesamtorganismus, was gerade für Patienten mit begleitenden kardiovaskulären und pulmonalen Erkrankungen und für eventuell notwendige Zweitund Dritteingriffe während des stationären Aufenthaltes vorteilhaft ist. Der Einsatz der Kathetertechniken erleichtert die postoperative Schmerztherapie, reduziert den Analgetikakonsum und mögliche Opioidnebenwirkungen, was sich letztlich auf das Training mit Bewegungsschienen positiv auswirkt. Schill empfahl die Beschränkung der Intubationsnarkose auf Patienten mit fehlender Compliance, präoperative Neuropathien, Haut-WeichteilInfektionen, Mehrfacheingriffe an einer Extremität oder Simultaneingriffe an beiden Extremitäten. Obligat ist eine präoperative Röntgendokumentation mit Funktionsaufnahmen, um entzündliche Instabilitäten der Halswirbelsäule auszuschließen. Gerade beim juvenilen Rheumatiker kann die Intubationsnarkose durch die Fehlentwicklung des Kiefer-Rachen-Bereichs sowie entzündliche Veränderungen der Kiefergelenke und des Kehlkopfes kompliziert werden. Um den schwierigen anatomischen Verhältnissen gerecht zu werden und potenziell nachteilige Manipulationen der Halswirbelsäule zu vermeiden, ist eine fieberoptische Intubation zu bevorzugen, so Schill. Bei der perioperativen medikamentösen Therapie ist dem polyartikulären Destruktionsmuster des Rheumatikers durch eine sorgfältige intra- und postoperative Lagerung mit zusätzlicher Unterpolsterung gefährdeter Bezirke Rechnung zu tragen. Zu empfehlen ist
die routinemäßige Durchführung einer Single-ShotAntibiotikaprophylaxe mit einem Cephalosporin der 2. Generation. Weitere Antibiotikagaben sind dann in der Regel nicht mehr erforderlich. Für den kortisonpflichtigen Rheumapatienten hat sich die perioperative Kortisonstoßtherapie bewährt. Neben der Substitution von Hydrokortison bietet diese Therapieform eine bessere postoperative Schmerzbeeinflussung durch verminderte Ödemneigung im Operationsgebiet. Die präoperative Medikation von NSAR und DMARDs wird beibehalten, um eine kontinuierliche antiphlogistische und analgetische Wirkung aufrechtzuerhalten. Eine Ausnahme ist nach Schill Leflunomid. Hier weist eine aktuelle Studie aus Hamburg eine signifikant erhöhte Rate von Wundheilungsstörungen nach, sodass seitens der DGORh bei der langen Halbwertszeit des Medikamentes vor größeren, insbesondere Endoprothesenoperationen ein präoperatives Auswaschen mithilfe von Cholestyramin empfohlen wird. Die Frage nach einer Therapiepause der Biologika wird Schill zufolge kontrovers diskutiert. Leitlinien für das perioperative Vorgehen sind nicht vorhanden. Die Datenlage aus kontrollierten Studien ist nach seinen Worten spärlich und widersprüchlich. Die medikamentöse, immunsuppressive Therapie kann ein erhöhtes Infektionsrisiko sowie verzögerte Wundheilung im Rahmen rheumaorthopädischer Versorgungen nach sich ziehen. Patienten mit einer chronischen Polyarthritis haben gegenüber Arthrosepatienten ein 1,5 bis 2,5-fach erhöhtes Infektionsrisiko. Die periprothetische Infektion ist die gefürchtetste Komplikation in der Endoprothetik. Trotz verbesserter Therapiestrategien müssen beispielsweise immer noch bis zu 10 % der infizierten Kniegelenke versteift oder gar in bis zu 6 % amputiert werden. Die septische Letalitätsrate beträgt durchschnittlich 1,2 %. Dank der
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Nach der aktuellen Empfehlung der DGRh und DGORh sollten elektive operative Eingriffe – sofern möglich – nicht innerhalb der ersten sechs Monate nach Beginn der Therapie geplant werden, da in dieser Zeit das Risiko für Infektionen stark erhöht ist. Darüber hinaus müssen der Wirkmechanismus sowie die Halbwertszeit des jeweiligen Biologikums bekannt
sein, um die empfohlenen Sicherheitsabstände von zwei Halbwertszeiten einhalten zu können. m
Das perioperative Management von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erfordert die enge fachübergreifende Zusammenarbeit von internistischen und orthopädischen Rheumatologen. Die DGORh hat aktuell eine prospektive Registerstudie in Deutschland initiiert, um die noch spärliche und unzureichende Datenlage zu peri- und postoperativen Komplikationen beziehungsweise Nebenwirkungen unter einer Biologika-Therapie bei rheuma-orthopädischen Eingriffen zu verbessern.
Quelle: Pressekonferenz anlässlich des 39. DGRh-Kongresses, München, 2. September 2011
Rheumatische Erkrankungen
Allgemeine Gender-Aspekte in der Rheumatologie Die meisten rheumatischen Erkrankungen zeigen eine Geschlechtsdominanz, wobei Frauen häufiger von Autoimmunerkrankungen betroffen sind. Beispiele hierfür sind nach Prof. Dr. Erika GromnicaIhle, Berlin, das Fibromyalgie-Syndrom mit weiblicher Dominanz oder die besonders bei älteren Frauen häufiger auftretenden Arthrosen. Die Gründe für die Geschlechtsdifferenzen sind vielgestaltig. Genetische und hormonelle Faktoren spielen die Hauptrolle. Umwelteinflüsse kommen hinzu.
Genderunterschiede gibt es auch im Phänotyp rheumatischer Krankheiten und in ihrer Prognose. Hiervon ist zum Beispiel die RA betroffen, die sowohl geschlechtsals auch altersabhängige Krankheitsausprägungen und Outcomes zeigt. Frauen weisen eine größere Krankheitslast auf, gemessen mit Schmerzstärke, Krankheitsaktivität und begleitender Fibromyalgie-Symptomatik einschließlich Fatigue. Der größte Unterschied besteht in ihrem schlechteren Funktionsstatus. Diese Differenz scheint sich im Krankheitsverlauf noch zu vergrößern. Phänotypische Gender-Unterschiede betreffen nach Gromnica-Ihle auch die Ankylosierende Spondylitis und den SLE. Ebenso zeigen Arthrosen geschlechtstypische Veränderungen. Die Gonarthrose ist z. B. bei Frauen deutlich häufiger und bereitet ihnen auch mehr Beschwerden, ohne dass bei ihnen eine stärkere radiologische Progredienz besteht. Die Auswahl der Therapie, die Adhärenz und das Ansprechen auf die medikamentöse Therapie können bei Frauen und Männern unterschiedlich sein. Männer erreichen schneller eine Remission der RA. Zusätzlich
werden zahlreiche rheumatische Erkrankungen durch Schwangerschaft und Wochenbett beeinflusst. Diese Gender-typischen Aspekte wurden bisher in der rheumatologischen Forschung zu wenig berücksichtigt und rücken erst in den letzten zwei Jahrzehnten in den Mittelpunkt des Interesses. Bei Auswertung von 3.499 Publikationen aus der inneren Medizin und Neurologie zu genderspezifischer Forschung durch das Institut für Gender-Medizin in Berlin fanden sich 146 aus der Rheumatologie, erläuterte Gromnica-Ihle im Rahmen des DGRh-Kongresses. Dabei war die Rheumatologie das Fachgebiet, das in der Grundlagenforschung Gender-Aspekte am häufigsten berücksichtigte. Sex/Gender-Aspekte im Management der Erkrankung wurden hingegen nur in 8 % der Studien beachtet. Andere Gender-Aspekte in der Rheumatologie beziehen sich aber auch auf die Frauenquote in der rheumatologischen Versorgung, der Forschung sowie in Führungspositionen. Insbesondere bei letzteren ist die Unterrepräsentation der Rheumatologinnen eklatant, beklagte Gromnica-Ihle. m
Kompakt
verbesserten intraoperativen Sterilitätsbedingungen, der atraumatischen Operationstechnik, der perioperativen Antibiotikaprophylaxe und den Fortschritten im Implantatdesign sind periprothetische Infektionen inzwischen jedoch eine insgesamt seltene Komplikation. Die Prävalenz liegt heute je nach Erhebung bei 1-2 %. Hautverletzungen und Hämatome, die durch die kortikoidinduzierte Hautatrophie des Rheumapatienten begünstigt werden, sind ein signifikanter Risikofaktor für akute Frühinfekte in der postoperativen Phase. Sie werden bei 20 % der periprothetischen Frühinfekte beschrieben, führte Schill weiter aus.
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32 Pädiatrische Rheumatologie
Problematik der Off-Label-Therapie Kinder mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) haben heutzutage eine deutlich bessere Prognose zu erwarten, als es in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. Zu verdanken ist dies laut Prof. Dr. Gerd Horneff, St. Augustin, der Verbesserung der Versorgungsstrukturen in Deutschland, der Erarbeitung und Anwendung von Leitlinien und Empfehlungen und der Existenz einer pathogenetisch orientierten, in klinischen Studien mit standardisierten Prüfkriterien als wirksam erwiesenen Pharmakotherapie.
Insgesamt lassen sich hierdurch heute Therapieziele formulieren, die weit über eine reine Symptomkontrolle hinausgehen und mit Remission in praktisch allen Fällen, normalem Wachstum und normaler Entwicklung, guter bis sehr guter Lebensqualität bei Minimierung von Nebenwirkungen und Risiken den Ansprüchen und Erwartungen von Patienten, Eltern und Ärzten in unserer Gesellschaft genügen, betonte Horneff.
Diskrepanz zwischen Leitlinien und Praxisrealität Die von Prof. Dr. Tim Niehues, Krefeld, dargestellten Leitlinien orientieren sich an nachprüfbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen, in der Regel aus doppelblind-randomisierten Studien. Therapieempfehlungen von kinderrheumatologischen Gesellschaften und Gremien zielen auf eine optimale Therapie des erkrankten Kindes. Bei der Umsetzung von Leitlinien und Therapieempfehlungen sind dagegen, so Horneff, die Verfügbarkeit und insbesondere die Zulassungssituation von Medikamenten zu beachten. Nur ein zu kleiner Teil der in der Rheumatologie verfügbaren Therapieoptionen, insbesondere Biologika, aber auch andere Substanzen, die in den letzten ca. zwölf Jahren eine beeindruckende Verbesserung der Therapie herbeigeführt haben, sind für Kinder zugelassen. Während schon bei Erwachsenen zahlreiche rheumatische Erkrankungen als selten zu bezeichnen sind, trifft dies für Kinder in noch höherem Maße zu. Oftmals sind diese sehr seltenen Erkrankungen besonders schwerwiegend. Damit entsteht ein Dilemma, denn bei seltenen Erkrankungen sind die Entwicklung und Überprüfung von Therapiestrategien für die Arzneimittelindustrie unwirtschaftlich. Auch ein „paediatric investigation plan“ der European Medicines Agency (EMA) kann dieses Problem nicht auflösen, orientiert er sich doch an Erkrankungen von Erwachsenen und ihren Parallelen im Kindesalter und keineswegs primär an den speziellen Erfordernissen betroffener Kinder, beklagte Horneff.
Prof. Dr. med. Gerd Horneff Der Verantwortung für das erkrankte Kind kann der behandelnde Kinderrheumatologe aus diesem Grund oftmals nur unter Einsatz von nicht zugelassenen und nicht klinisch geprüften Medikamenten und Therapiestrategien nachkommen. Die hierzu vom Gesetzgebergetroffenen Regelungen zur ambulanten Off-LabelTherapie erfordern 1.) eine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung (lebensbedrohlich bzw. auf Dauer beeinträchtigend) oder ein mit Schmerzen verbundenes Leiden, die 2.) mangels therapeutischer Alternativen nicht wirksam behandelt werden könnten und, dass 3.) Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könnte bzw. ein Behandlungserfolg zu erwarten ist (Az: B 1 KR 37/00 R vom 19.3.2002).
Voraussetzungen für Off-Label-Therapie Während die ersten Bedingungen in der Regel erfüllt sind – für Banalitäten würde der Arzt den Aufwand nicht betreiben –, bedingt Nummer 3 die Probleme, so Horneff weiter. Denn hierunter werden in der Regel gern kontrollierte Doppelblindstudien verstanden. Diese hoch geschätzte Evidenz ist bedauerlicherweise in der Realität eher „Wunschdenken“, denn solche doppelblind-randomisierten Studien stehen allenfalls für sehr wenige häufigere Erkrankungen und/oder besonders teure Substanzen zur Verfügung.
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33 Eine Ablehnung eines Off-Label-Therapieantrages, begründet seitens der Kostenträger mit fehlenden Studienergebnissen aus Doppelblindstudien, ist demnach keine Seltenheit. Die Ausweitung der restriktiven Regeln auf den Gebrauch von Arzneimitteln im Rahmen einer stationären Behandlung von hier ja besonders schwer erkrankten Kindern könnte sogar eine Gefährdung des Kindeswohls nach sich ziehen und stellt auf jeden Fall einen Eingriff in die Therapieentscheidungsfreiheit des Arztes dar, so abschließend Horneff. Aufgrund dieser dargestellten Diskrepanz und der daraus folgenden Off-Label-Pro-
blematik werden insbesondere Kinder mit schweren Erkrankungen mit einem Risiko für eine bleibende Schädigung in unserer Gesellschaft schlechter medizinisch versorgt als Erwachsene. Die beteiligten Elemente der Gesellschaft, von der Politik über die Medizin bis hin zur Industrie, müssen endlich ihrer Verantwortung für diese kranken Kinder gerecht werden, forderte Horneff. m
Quelle: Pressekonferenz anlässlich des 39. DGRh-Kongresses, München, 1. September 2011
Kinder-Rheumahilfe München
Mehr Unterstützung für Säuglinge, Kinder und Jugendliche mit Rheuma In Deutschland leiden mindestens 20.000 Kinder und Jugendliche an rheumatischen Erkrankungen. Viele junge Patienten durchlaufen einen langen Leidensweg, bis die richtige Diagnose gestellt wird. In München haben Rheumatologen nun einen neuen Verein ins Leben gerufen, um eine frühere Diagnostik zu ermöglichen und die Versorgung betroffener Kinder zu verbessern. Die Kinder-Rheumahilfe München e.V. soll Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen unterstützen, Schulungsund Beratungsprogramme anbieten sowie die Forschung auf dem Gebiet fördern.
Rheumatische Erkrankungen verlaufen oft chronisch. Viele der kleinen Patienten leiden unter einer schmerzhaften juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA). Grundsätzlich können aber alle Organe betroffen sein. Zwar haben sich Diagnostik und Therapie in den letzten Jahren entscheidend verbessert. „Von einer flächendeckenden Versorgung sind wir aber leider noch weit entfernt“, so PD Dr. Annette Jansson, München, Vorstandsmitglied der neu gegründeten Kinder-Rheumahilfe München und Kongresspräsidentin seitens der GKJR. „Gerade bei Kindern, die sich noch im Wachstum befinden, sollte die Diagnose einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung möglichst frühzeitig gestellt werden, um dann zügig mit der Therapie beginnen zu können“, betonte Jansson. Dies ist umso bedeutsamer, da heute immer mehr wirksame Therapieoptionen, die auch eine Remission ermöglichen, zur Verfügung stehen. Besondere Aufmerksamkeit benötigen jugendliche Rheumapatienten, die zusätzlich zu ihrer chronischen Erkrankung den Übergang vom Kindes- in das Erwachsenenalter zu bewältigen haben: „Oft fallen gerade jugendliche Rheumapatienten durch das Versorgungsnetz, da sie in der schwierigen Zeit der Pubertät am liebsten gar nichts von ihrer Erkrankung hören
möchten. Aus Studien wissen wir, dass es in dieser Phase immer wieder zum Abbruch der Behandlung kommt. Das verschlechtert die Prognose für die betroffenen jungen Erwachsenen natürlich erheblich“, erläuterte Jansson. Hier möchte die Kinder-Rheumahilfe München gegensteuern: „Wir wollen mehr Schulungs- und Beratungsprogramme für junge Patienten mit rheumatischen Erkrankungen anbieten“, so Jansson. Ein weiteres Ziel der gemeinnützigen Organisation sieht Jansson auch darin, Betroffene, Angehörige und Interessierte aufzuklären und über die Krankheit zu informieren. „Die meisten denken, dass nur ältere Menschen an Rheuma leiden“, so Jansson. Mit Aufklärungsveranstaltungen und einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit will die KinderRheumahilfe München dieses Vorurteil abbauen. Darüber hinaus möchte die Organisation wissenschaftliche Projekte im Bereich der Kinderrheumatologie gezielt fördern und ausbauen. Um Säuglinge, Kleinkinder und Jugendliche mit Rheuma bestmöglich zu unterstützen, ist die Kinder-Rheumahilfe München auf Spenden angewiesen: Salzburg München Bank AG, BLZ: 701 206 00, Konto-Nr.: 3100022222. Helfen Sie mit! Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kinder-rheumahilfe-muenchen.de. m
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34 Gicht, SLE und Vaskulitiden
Neue Erkenntnisse, Entwicklungen und Therapieoptionen Neue wissenschaftliche Erkenntnisse werfen nicht nur neue Fragen auf, sie können auch neue vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten eröffnen. Dies trifft z. B. für die Pathophysiologie der Gicht zu, bei der eine Verbindung zwischen angeborenem Immunsystem, Gichtanfall und Entzündung nachgewiesen wurde mit Stoffwechselwegen, die von immunologischen Erkrankungen her bekannt sind.
Als neue Therapieoption bieten sich deshalb Wirksubstanzen an, die ursprünglich mit dem Ziel der Inhibierung proinflammatorischer Zytokine zur Behandlung anderer Erkrankungen entwickelt wurden.
Gicht – eine systemischentzündliche Erkrankung Hierzu führte Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, aus, dass die von phagozytierenden Zellen aufgenommenen und nach deren Platzen freigesetzten Mono-Natrium-Ureat-(MSU)-Kristalle nicht wie bisher angenommen direkt, sondern über zwischengeschaltete immunologische Prozesse die Entzündung auslösen. So aktivieren die MSU-Kristalle zunächst den zytoplasmatischen Rezeptor NALP3, als Folge wird das assoziierte Inflammasom gebildet, das wiederum die Caspase-1 aktiviert, die schließlich das Pro-IL-1β zu biologisch aktivem IL-1β spaltet. IL-1β ist eines der stärksten proinflammatorischen Zytokine und Auslöser der autoimmunen chronischen Entzündungsreaktion, die zu einer u. a. mit Organproblemen und einer Belastung des kardiovaskulären System verbundenen konstanten Aktivierung des angeborenen Immunsystems führt. Die Wirkung von IL-1-Inhibitoren ist exakt gegen den Auslöser der Entzündungsreaktion gerichtet. Auf den Erkrankungsaktivität mild (40 bis 50 %) moderat (30 bis 40 %) schwer (20 %) nicht organ- niedrig dosierte GK hoch dosierte GK gefährdend Antimalariamittel - muskuloskelettale Manifestationen MTX/AZA - Hautmanifestationen Belimumab organgefährdend
niedrig dosierte GK
hoch dosierte GK
- hämatologisch Antimalariamittel - ZNS-Manifestationen - Lupusnephritis AZA - Lungenmanifestationen MMF
Cyclophosphamid RTX (TNF-Inhibitoren, Calcineurin-Inhibitoren)
vorrangig als Induktionstherapie
Abb. 1: SLE-Behandlungsalgorithmus
vorrangig als Erhaltungstherapie
IL-1-Rezeptorantagonist Anakinra sprachen in einer Pilotstudie alle Patienten mit akuter Gicht an, bei denen eine konventionelle Therapie nicht wirksam war bzw. nicht vertragen wurde. Vorläufige Ergebnisse liegen zur Wirksamkeit des Fc-Rezeptor-Fusionsproteins Rilonacept bei Patienten mit chronisch-aktiver Gichtarthritis vor (Linderung der Schmerzen, Senkung der CRP-Spiegel) und zur Prävention von Gichtanfällen (Reduzierung der Häufigkeit). Auch mit dem monoklonalen Antikörper Canakinumab bestätigte sich bei Gichtpatienten die Richtigkeit des Therapiekonzeptes der IL-1β-Hemmung. Neu sind auch die Wirkprinzipien von Pegloticase und Lesinurad. Pegloticase ist eine rekombinant hergestellte Uricase, die Uratkristalle durch Katalysierung der Umwandlung in Allantoin entfernt und so die Häufigkeit von Anfällen, Schmerzen und das Volumen der Tophi reduziert. Lesinurad wirkt durch Hemmung der Urat-Wiederaufnahme in der Niere. In Kombination mit Febuxostat erreichten 100 % der Patienten Harnsäurespiegel <6 mg/dl. Bei Patienten mit chronischer Gicht reduziert am Beginn der harnsäuresenkenden Therapie zur Prophylaxe verabreichtes Colchicin die Häufigkeit und Schwere akuter sowie die Wahrscheinlichkeit wiederkehrender Anfälle. Der Nutzen schon geringer Colchicindosen (0,5 bis 1 mg/Tag) ist bis zu 6 Monate nach Therapiebeginn belegt. Umfangreiche klinische Studien liegen zur Wirksamkeit von Febuxostat bei Gicht-Patienten mit chronischen Hyperurikämiezuständen vor. Der Nicht-Purin-Hemmer der Xanthinoxidase zeichnet sich bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung gegenüber Allopurinol durch deutliche Vorteile aus.
Systemischer Lupus erythematodes: ein Update Nach Prof. Dr. Thomas Dörner, Berlin, werden die im Behandlungsalgorithmus des systemischen Lupus erythematodes (SLE) zuvorderst angeführten Antimalariamittel (Chloroquin und Hydoxychloroquin; s. Abb. 1)
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35 immer noch zu wenig eingesetzt. Deren Vorteil ist, dass sie nicht nur die Häufigkeit der Schübe reduzieren und die Zeitspanne bis zur schwereren Erkrankungsmanifestation verlängern, sondern auch das Risiko thrombotischer und kardiovaskulärer Komplikationen, von Nierenveränderungen und insbesondere von Infektionen mindern. Die Standardtherapie bei Patienten mit proliferativer Lupusnephritis (LN) umfasst Glukokortikoide (GC) und Puls-Cyclophosphamid (CYC) entsprechend dem (niedrig dosierten) Euro-Lupus-Regime, gefolgt von der Erhaltungstherapie mit Azathioprin (AZA). Bei Kontraindikationen oder Intoleranz gegenüber CYC und/oder AZA war Mycophenolatmofetil (MMF) in Studien zur Induktions- und Erhaltungstherapie nicht unterlegen. Patienten, die nicht auf diese Therapie ansprechen, können von Rituximab (RTX), einer Kurzzeit-TNF-Blockade, Tacrolimus oder Immunadsorption profitieren. Patienten mit membranöser LN können auch auf AZA oder Cyclosporin A ansprechen. Für Patienten mit nicht-renalem SLE erweitert das Biologikum Belimumab die Therapieoptionen. Allerdings sind weitere Studien zu dessen Wertigkeit bei bestimmten Organmanifestationen erforderlich. Weitere Zytokin-Inhibitoren zielen u. a. auf die Signalwege von IFN-α und IL-6 ab und sind in klinischer Prüfung. In kontrollierten Studien wurden mit Abatacept, MMF und Tocilizumab signifikante Effekte auf die Arthritis von SLE-Patienten erzielt. Bei therapierefraktären nicht-renalen SLE-Patienten bestehen im Vergleich zu LN-Patienten geringere Evidenzgrade.
Aktuelle Daten zu ANCA-assoziierte Vaskulitiden Die Behandlung von Patienten mit ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) erfolgt, so Prof. Dr. Wolfgang L. Gross, Bad Bramstadt, nach dem Prinzip einer Kombination aus Remissionsinduktion und Erhaltungstherapie mit einem an Stadium- und Krankheitsaktivität-angepassten Therapieregime. In den EULAR-Empfehlungen von 2009 werden zur Remissionsinduktion bei der generalisierten Form CYC und GC angeführt, bei der nicht organ- oder lebensbedrohenden Form Methotrexat (MTX) und GC, bei AAVPatienten mit rapid-progressiver Glomerulonephritis der Plasmaaustausch und zur Remissionserhaltung niedrig dosierte GC und AZA (eventuell auch MTX und Leflunomid). Die Empfehlungen zur AAV-Therapie der BSR (British Society for Rheumatology; s. Abb. 2) wurden bereits im Jahr 2007 veröffentlicht. Zugunsten der Bolusgabe sollte die orale CYC-Verabreichung möglichst vermieden werden. Häufig wird
eine Remission schon nach drei Monaten erreicht, wobei zur Remissionserhaltung AZA CYC nicht unterlegen ist. Die Situation von Patienten mit einem pulmorenalen Syndrom, d.h. mit einer rapid-progressiven Glomerulonephritis oder einer alveolären Hämorrhagie ist lebensbedrohend, bis zu 25 % versterben auch heute noch in den ersten vier bis acht Wochen vor allem an Infektionen. Der B-Zell-Antikörper RTX ist eine neue Option zur Remissionsinduktion bei AAV-Patienten. RTX war in den Studien RAVE (Patienten mit aktiver generalisierter AAV) und RITUXVAS (Patienten mit schwerer AAV und Nierenbeteiligung) nicht weniger wirksam als CYC, in RITUXVAS wurde durch RTX CYC eingespart. Auf diesen Studienergebnissen basieren die British Expert Recommendations für AAV-Patienten: RTX ist zur Remissionsinduktion bei Neuerkrankten zu bevorzugen und stellt eine effektive Wirksubstanz bei refraktären und/oder rezidivierenden Formen sowie bei Patienten mit Manifestationen im HNOBereich dar. Hochinteressant, so Gross, sind die Ergebnisse einer eigenen, noch nicht veröffentlichten Phase II-Studie mit dem anti-Interleukin-5-Antikörper Mepolizumab bei schwer erkrankten Patienten mit aktivem, rezidivierendem bzw. refraktärem Churg-Strauss-Syndrom. Innerhalb von acht Wochen wurde bei acht von zehn Patienten eine komplette Remission mit ein Rückgang des BVAS auf nahezu Normalwerte, eine Reduzierung der Prednisolon-Dosis auf ≤7,5 mg/Tag sowie ein hochm signifikantes Absinken der Eosinophilen erzielt.
Quelle: 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V., Plenarsitzung „Highlights moderner rheumatologischer Therapien“, München, 2. September 2011 Diagnose einer primären systemischen Vaskulitis
Beurteilung von Stadium- und Krankheitsaktivität
lokal begrenzt/ früh systemisch
generalisiert organbedrohend
schwer lebens-/organbedrohend
Kreatinin <150 µmol/l
Kreatinin <500 µmol/l
Kreatinin >500 µmol/l
GK + MTX oder CYC
GK + CYC
GK + CYC +Plasmaaustausch
Remission Wechsel auf AZA oder MTX AZA/MTX ausschleichen
Abb. 2: Empfehlungen der British Society for Rheumatology zur AAV-Therapie.
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36 Spondyloarthritiden
Neue Entwicklungen in Diagnostik und Therapie Die Diagnosestellung der ankylosierenden Spondylitis (AS) war lange mit den modifizierten NewYork-Kriterien von 1984 verknüpft, die als wichtigstes Kriterium sichtbare röntgenologische Veränderungen in den Sakroiliakalgelenken beinhalten. In den letzten 20 Jahren haben sich, so DGRh-Präsident Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne, jedoch sowohl die Möglichkeiten der bildgebenden Diagnostik als auch die Therapieoptionen für AS-Patienten durch die frühe HLA-B27-Bestimmung, die Einführung der MRT und durch die Wirksamkeit der TNF-Blocker deutlich verbessert.
In den letzten Jahrzehnten hat es verschiedene Ansätze für Klassifikationskriterien gegeben – dies schließt auch frühe und abortive Formen von AS bzw. axialer Spondyloarthritis (axSpA) im nichtröntgenologischen Stadium ein. Hierbei handelt es sich um Patienten mit typischen Symptomen eines entzündlichen Rückenschmerzes, aber ohne sichtbare Veränderungen im konventionellen Röntgenbild. Mit den 2009 von der ASAS publizierten neuen axSpA-Klassifikationskriterien ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Frühdiagnose gemacht worden. Damit wurde die AS erstmals mit ihren frühen Manifestationsformen verbunden, so Braun. Die nicht durch Strukturschäden definierte potenziell frühe Form wird heute nichtradiografische axiale SpA genannt.
Nach wie vor ist aber die medikamentöse Behandlung mit NSAR die empfohlene erste Therapiestufe bei Patienten mit axialer SpA, betonte Braun. Die ASAS/ EULAR-Empfehlungen für das Management der AS wurden kürzlich ebenso aktualisiert (Ann Rheum Dis 2011; Prof. Dr. med. Jürgen Braun 70: 896–904) wie die ASAS-Empfehlungen für die Behandlung mit TNF-Blockern (Ann Rheum Dis 2011; 70: 905–908).
Bei den neuen Kriterien spielen neben den Eingangskriterien Alter und Dauer der Rückenschmerzsymptomatik vor allem die Bildgebung einschließlich MRT und Röntgen sowie die Bestimmung des HLA-B27 neben anderen charakteristischen SpA-Symptomen wie der Enthesitis eine wichtige Rolle.
Eine Hemmung der Knochenneubildung konnte für die TNF-Blocker bisher nicht nachgewiesen werden. In den Studien war das Ausmaß der Syndesmophytenbildung allerdings gering und es gab nur Vergleiche mit historischen Kontrollen.
Auch die aktuellen Studiendaten zur Therapie von frühen Krankheitsstadien der axSpA sind zukunftsweisend: Mehrere Studien mit TNF-Blockern belegen ein hervorragendes Therapieansprechen von Patienten in frühen Krankheitsstadien bezüglich der klinischen Verbesserung sowie der Rückbildung von entzündlichen Läsionen im Bereich der Wirbelsäule in der MRT. Patienten mit frühen Formen von axialer SpA zeigten entsprechend tendenziell höhere ASAS-Ansprech- und Remissionsraten als Patienten mit etablierter AS. Diese Unterschiede sind vor allem durch die bei früher AS meist noch nicht vorhandenen, im Röntgenbild sichtbaren Strukturveränderungen zu erklären. Insgesamt sprechen junge Patienten und solche mit deutlichem Entzündungsnachweis in der MRT und/ oder mit erhöhten CRP-Werten am besten auf eine Anti-TNF-Therapie an.
Bei zwei systematischen Vergleichen zwischen NSARGabe bei Bedarf und kontinuierlicher Gabe war die Knochenneubildung in letzterer Gruppe geringer. Diese Ergebnisse werden derzeit weiter überprüft. Die kontinuierliche Gabe von NSAR in maximal tolerierter Dosis wird zurzeit bei Patienten mit persistierender Krankheitsaktivität unabhängig von möglichen Wirkungen auf die Knochenneubildung empfohlen. Lokale Kortikoidgaben sind laut Braun ähnlich wirksam wie bei anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen. Konventionelle DMARDs wie Sulfasalazin und MTX spielen allenfalls bei im Vordergrund stehender peripherer Arthritis oder zur Prophylaxe der anterioren Uveitis eine Rolle. Hingegen ist die regelmäßige Physiotherapie ein etablierter Baustein der Behandlung der AS, so abschließend m Braun. Quelle: Pressekonferenz anlässlich des 39. DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
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37 Rheumatoide Arthritis
Neue Erkenntnisse zu Tocilizumab Im Hinblick auf die Interleukin(IL)-6-Rezeptorblockade bei RA rückte auf dem DGRh-Kongress vor allem ein Aspekt in den Fokus: der Einsatz von Tocilizumab als Monotherapie bei DMARD-Unverträglichkeiten oder unzureichender Wirksamkeit von DMARDs. Tocilizumab zeigte als einziges Biologikum in der Monotherapie eine vergleichbare Wirksamkeit wie in Kombination mit Methotrexat (MTX). Diskutiert wurde auch das erhöhte kardiovaskuläre Risiko bei RA-Patienten und der mögliche positive Einfluss von Biologika auf Risikofaktoren.
Aktuelle Real-Life-Daten der Phase IIIb-Studie ACT SURE (EULAR 2011; FRI0365) und nun auch der Phase III-Studie ACT RAY (EULAR 2011; OP0020) belegen, dass Tocilizumab (RoActemra®) in der Monotherapie eine vergleichbar hohe Wirksamkeit aufweist wie in der Kombination mit MTX: in ACT RAY zeigte sich weder im Hinblick auf die Remission nach DAS28 oder den ACR20/50/70/90-Ansprechraten ein relevanter Unterschied. „Die Kombination zeigt keinen Vorteil“, bewertete Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, die Ergebnisse dieser Studie und damit auch die Möglichkeiten für einen Einsatz im praktischen Alltag. Auch anhand einzelner Parameter wie Schmerz oder geschwollene und schmerzhafte Gelenke konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Aufgrund der ähnlichen Pathogenese im Hinblick auf die Zytokin-Konstellation von Atherosklerose und RA ist die Rheumatoide Arthritis u.a. für eine erhöhte kardiovaskuläre Morbidität verantwortlich. „Gemäß den
EULAR-Empfehlungen muss die Einschätzung des kardiovaskulären Risikos für Patienten mit RA mit dem Faktor 1,5 multipliziert werden“, erklärte Prof. Dr. Hans-Peter Tony, Würzburg. Zu den Risikofaktoren für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse zählen neben IL-6 vor allem ein hoher CRP-Wert. Laut Tony scheint sich eine anti-entzündliche Therapie günstig auf das kardiovaskuläre Risiko auszuwirken, wie Messungen der arteriellen Gefäßsteifigkeit als Surrogatparameter vermuten lassen (ACR 2010; Abstr. 1839). Es konnte gezeigt werden, dass der IL-6-Rezeptorblocker in Monotherapie zu einer signifikanten Reduktion der arteriellen Gefäßsteifigkeit nach 24 Wochen führt (p<0,05). Inwieweit Biologika wie Tocilizumab einen positiven Einfluss auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit von RA-Patienten haben, muss Gegenstand zukünftiger Untersuchungen sein. m Quelle: Satellitensymposium der Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG, DGRh-Kongress, München, 2. September 2011
Remission dank TNF-Blockern realistisches Ziel Zunehmend verfügbare Langzeitergebnisse aus klinischen Studien zur RA zeigen immer deutlicher, dass eine frühe effektive Therapie mit TNFα-Inhibitoren den langfristigen Krankheitsverlauf einschließlich der Progression radiologisch nachweisbarer Schäden günstig beeinflussen kann.
Wie Prof. Dr. Josef Smolen, Wien (Österreich), betonte, ist das heutige Therapieziel bei RA eine Remission für jeden Patienten – ein Ziel, das sich durch Einsatz von TNFα-Blockern erreichen lässt. Dies spiegelt sich auch in den aktuellen EULAR-Empfehlungen zur Behandlung der RA mit krankheitsmodifizierenden Substanzen (DMARDs) wider. Demzufolge kann bzw. sollte eine Biologika-Therapie in Kombination mit MTX erwogen werden bei DMARD-naiven Patienten mit Prädiktoren für eine ungünstige Prognose und bei Patienten mit prognostisch ungünstigen Faktoren, bei denen eine vorausgegangene Therapie mit dem ersten DMARD oder auch mit einem Biologikum versagt hat.
Dass dies realistische Optionen sind, zeigen Daten aus den zulassungsrelevanten Phase III-Studien zum TNFαBlocker Golimumab (Simponi®), die sowohl MTX-naive Patienten (GO-BEFORE) bzw. MTX-Versager (GOFORWARD) als auch Anti-TNFα-erfahrene Patienten (GO-AFTER) umfassten. In den neuen EULAR-Empfehlungen finden daher auch erstmals die Therapieziele Biologika- bzw. Arzneimittel-freie Remission Beachtung, womit sie auch zur Dauer einer Biologika-Therapie Stellung nehmen. m Quelle: Lunchsymposium der MSD Sharp & Dohme GmbH, DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
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38 Ankylosierende Spondylitis
Biologika-freie Remission ist erreichbares Therapieziel Die Langzeitergebnisse aus klinischen Studien zur Ankylosierenden Spondylitis (AS) zeigen immer deutlicher, dass eine frühe effektive Therapie mit TNFα-Antagonisten den langfristigen Krankheitsverlauf einschließlich der Progression radiologisch nachweisbarer Schäden günstig beeinflussen kann.
In der Behandlung der AS sind TNFα-Inhibitoren heute fest etabliert. Zunehmend gibt es Hinweise dafür, dass auch Patienten im präradiologischen Frühstadium von Infliximab (Remicade®) profitieren können und sich – sowohl bei früher als auch fortgeschrittener AS – eine Biologika-freie Remission erzielen lässt, wie Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne, erläuterte. In einer randomisierten Studie, in der 40 Patienten mit sehr früher axialer Manifestation einer AS (Symptomdauer 15,3 Monate) über 12 Wochen Infliximab oder Placebo erhielten, konnte erstmals gezeigt werden, dass es mit Infliximab im Vergleich zu Placebo zu Verbesserungen von klinischen und MRT-Befunden kam, die auf eine rasche Reduktion der Krankheitsaktivität hinweisen. Nach 40 Wochen Follow-up führte Infliximab zu einer kontinuierlichen und anhaltenden Reduktion der Krankheitsaktivität, ebenso wie zu einer anhaltenden Verbesserung von Lebensqualität und körperlicher Funktion. Bis Woche 40 waren im Vergleich zu Placebo signifikant mehr Patienten unter Infliximab (40 vs. 10 %, p=0,035) ohne aktive Erkrankung und erreichten somit eine Biologika-freie Remission. Nach 6 Jahren konnten 23,8 % der ursprünglich mit Infliximab behandelten Patienten auf Biologika verzichten.
Eine spanische Studie lieferte neue Erkenntnisse zur fortgeschrittenen AS. Von 107 Patienten (mittlere Krankheitsdauer 11 Jahre), die mit Infliximab behandelt wurden, erreichten 36 Patienten (34 %) eine dauerhafte klinische Remission, woraufhin die Therapie beendet wurde. Bei 15 dieser Patienten (42 %) hielt die Remission nach einem Jahr ohne Biologika-Therapie noch an, während die übrigen 21 (58 %) eine Exazerbation erlitten. Nach Wiederbehandlung mit Infliximab erlangten 11 (52 %) erneut eine Remission, und nur drei Patienten (14 %) zeigten kein signifikantes Ansprechen. Somit verlief die Re-Therapie mit Infliximab überwiegend erfolgreich und unproblematisch. Diese Beobachtung untermauern die Daten einer deutschen Studie, in der die Wiederbehandlung mit Infliximab ein gutes Sicherheitsprofil zeigte und zu klinischen Verbesserungen auf ähnlichem Stand wie vor Absetzen der Therapie führte. Die neuen Erkenntnisse gingen in die aktuellen ASAS-Empfehlungen für die Anwendung von TNFα-Blockern bei axialer AS ein: Hier finden sich nicht nur Hinweise, wann eine AntiTNFα-Therapie indiziert ist, sondern auch wann sie fortgesetzt bzw. beendet werden sollte. m Quelle: Lunchsymposium der MSD Sharp & Dohme GmbH, DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
Rheumatoide Arthritis
Aktivität und Lebensqualität oft massiv eingeschränkt Bei vielen Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) belasten die damit einhergehenden Funktionsund Bewegungseinschränkungen dauerhaft die Lebensqualität. Im Rahmen des DGRh-Kongresses in München wurden jetzt die Ergebnisse einer neuen, europaweiten Befragung von Patienten und Rheumatologen vorgestellt, die die Folgen von Funktionsstörungen untersucht. Wie stark dauerhafte Funktionsstörungen vor allem am Morgen Einfluss auf die Lebensqualität der betroffenen Patienten nehmen, zeigen die Ergebnisse der internationalen Erhebung. Aus 21 europäischen Ländern wurden 1.172 Patienten telefonisch befragt und 1.011 Rheumatologen wahlweise per Telefon oder online. Alle Patienten berichten von starken Ein-
schränkungen. 96 % der befragten Ärzte bestätigen den hohen Einfluss auf die Lebensqualität. Dr. Lothar Meier, Hofheim/Ts., äußerte hierzu: „Auch ich sehe viele RA-Patienten, die unter Funktionseinschränkungen leiden. Viele von ihnen können zum Beispiel ihren Hobbys nicht mehr nachgehen, einige mussten sogar ihren Beruf aufgeben.“
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39 Aus ihren Beschwerden machen die meisten RAPatienten kein Geheimnis: Rund 80 % sprechen bei fast jedem Arztbesuch über die belastenden Funktionseinschränkungen. „Viele Kollegen unterschätzen allerdings die Dauer von Funktionseinschränkungen“, berichtet Meier weiter. Gerade weil jedoch Arzt- und Patientenwahrnehmung oft divergieren, gewinnen Patient Reported Outcomes (PRO) immer mehr an Bedeutung. „Mittlerweile sind PROs als Endpunkte klinischer Studien anerkannt. In CAPRA-2 wurde z. B. anhand von HAQ und SF-36 gezeigt, wie sich die Lebensqualität von RA-Patienten durch die Therapie mit Prednison MR verbessert“, erläuterte Dr. Rieke Alten, Berlin.
logen, die Bewegungseinschränkungen behandeln, setzen dabei Glukokortikoide ein. Mit dem zirkadian optimierten Prednison MR (Lodotra®) steht eine besonders effektive Therapie zur Verfügung. Im Gegensatz zu konventionellem Kortison setzt Lodotra® dank seiner programmierten Freisetzung den Wirkstoff genau zum richtigen Zeitpunkt um zwei Uhr nachts frei und wirkt so der RA-typischen nächtlichen Entzündungskaskade entgegen. So werden Funktionseinschränkungen sowie die gesamte Krankheitsaktivität deutlich reduziert. Patienten kann auf diese Weise mehr Beweglichkeit und ein aktiver Start in den Tag ermöglicht werden. m
Um die Lebensqualität der RA-Patienten nachhaltig zu verbessern, sollten Funktionseinschränkungen gezielt behandelt werden. 97 % der deutschen Rheumato-
Quelle: Pressegespräch der Mundipharma Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, DGRh-Kongress, München, 2. September 2011
Rheumatoide Arthritis
Update zum Goldstandard Methotrexat Methotrexat (MTX) bleibt auch in Zeiten der Biologika der Goldstandard in der Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA). Mehr als die Hälfte aller RA-Patienten erhält MTX, davon gut jeder Fünfte in Kombination mit einem anderen DMARD. Auch in der Kombinationstherapie mit Biologika ist MTX der wichtigste Partner, so Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden.
Die Feineinstellung der individuellen MTX-Dosis spielt in der Praxis in vier Situationen eine wichtige Rolle. Dazu zählen die Therapieintensivierung bei unzureichender Wirksamkeit, die Dosisreduktion im Falle einer langfristigen Remission, die Dosisanpassung bei Patienten mit individuell erhöhtem Nebenwirkungsrisiko und die Dosisoptimierung bei jenen mit Transaminasenerhöhung. Der Einsatz von Zwischendosierungen ergibt sich laut Prof. Dr. Martin Fleck, Bad Abbach, auch aus den Therapieempfehlungen zur gewichtsadaptierten Dosierung von MTX. Generell wird für die Dosisdeeskalation bei RA-Patienten in Remission oder auch die Feineinstellung der individuell optimalen Dosis eine Dosisabstufung in 2,5 mg-Schritten favorisiert. Möglich ist diese Feinabstufung u. a. durch die Einführung von vier weiteren Dosierungen der MTX-Fertigspritze metex® FS geworden (12,5, 17,5, 22,5 und 27,5 mg). Als praktischer Leitfaden für die beste Dosierungsstrategie von MTX bei RA-Patienten, d. h. eine rasche klinische und radiologische Wirkung bei gleichzeitig minimaler Toxizität, können die vier Empfehlungen der deutschen 3e-Initiative dienen (Tarner et al.: Z
Rheumatol 2010; 69: 250-252): (1) Es sollte möglichst rasch eine subjektiv tolerierbare und klinisch effektive Dosis erreicht werden. (2) Bei früher RA sollte vorzugsweise mit einer subkutanen Therapie begonnen werden. (3) Eine Steigerung der wöchentlichen MTXDosis auf über 20 mg kann im Hinblick auf eine verbesserte klinische Wirksamkeit sinnvoll sein. (4) Höhere Dosierungen, auch die höhere effektive Dosis bei parenteraler Gabe, können mit einer höheren Rate an Nebenwirkungen verbunden sein. Neben der Dosisoptimierung stellt die Umstellung von der oralen auf die subkutane MTX-Gabe eine Möglichkeit dar, die Wirksamkeit zu verbessern. Das belegen die Studien von Braun et al. (Arthritis Rheum 2008; 58: 73-81) und Bakker et al. (Ann Rheum Dis 2010; 69: 1849-1852). Auch wenn die Studien von Braun et al. überraschenderweise eine nur vergleichbare Verträglichkeit ergab, spricht die Praxiserfahrung laut Fleck eindeutig dafür, dass Patienten nach subkutaner Gabe weniger Nebenwirkungen haben. m Quelle: Symposium der medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
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40 Frühe Rheumatoide Arthritis
Treat-to-Target-Strategie optimiert Therapieerfolg Bereits auf dem EULAR-Kongress hatte die OPTIMA-Studie, in der anhand verschiedener therapeutischer Strategien der bestmögliche Ansatz für die Behandlung von Patienten mit früher rheumatoider Arthritis (RA) untersucht wurde, für viel Aufsehen gesorgt und die große Bedeutung einer Treat-toTarget-Therapie aufgezeigt, erläuterte Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München.
Die OPTIMA-Studie umfasste 1.032 MTX-naive RAPatienten ab 18 Jahren mit einer mittleren Erkrankungsdauer von weniger als fünf Monaten (EULAR 2011; THU0243). In einer ersten Behandlungsphase erhielten die Patienten Adalimumab (Humira®)+MTX oder Placebo+MTX über 26 Wochen. Ziel war ein LDAS28 <3,2 nach 22 und 26 Wochen. Dies erreichten nahezu doppelt so viele Patienten unter Adalimumab gegenüber Placebo (44 vs. 24 %). Die AdalimumabResponder wurden anschließend randomisiert und erhielten über die folgenden 52 Wochen entweder Placebo+MTX (Arm 1, n=112) oder weiterhin die Kombination (Arm 2, n=105). Patienten des initialen MTXplus Placeboarms mit LDAS bekamen weiter die MTXMonotherapie (Arm 4). Alle Patienten, die nach 22 und 26 Wochen keinen LDAS <3,2 aufwiesen, erhielten offen Adalimumab+MTX (Arme 3 und 5). Primärer kombinierter Endpunkt dieser zweiten Phase war ein LDAS28 <3,2 und keine radiologische Progression (Veränderung des mTSS <0,5) bei Patienten, die weiterhin die Kombination erhielten gegenüber jenen unter durchgängiger MTX-Monotherapie (Arme 2 und 4). Nach 78 Wochen erreichten signifikant mehr Patienten unter kontinuierlicher Gabe von Adalimumab+MTX den primären Endpunkt als Patienten, die von Beginn an Placebo+MTX erhalten hatten (70 vs. 55 %,
p=0,02). Bei den Patienten, die in den Wochen 22 und 26 keinen LDAS aufwiesen und deshalb bis Woche 78 zusätzlich zu MTX Adalimumab bekamen, war die Hemmung der radiologischen Progression und die Verbesserung der klinischen Ergebnisse zur Woche 52, also nach 26 Wochen Behandlung mit Adalimumab+MTX, vergleichbar mit den entsprechenden Ergebnissen der Patienten, die in Phase 1 mit Adalimumab+MTX behandelt worden waren. Ca. 18 % dieser Patienten zeigten jedoch eine starke radiologische Progression und hätten von einer früheren Therapie mit Adalimumab+MTX profitiert. Darüber hinaus wurde in der Studie die Wirkung der kontinuierlichen Kombinationstherapie mit dem Absetzen von Adalimumab nach Zielerreichung in Woche 22 und 26 verglichen (Arme 1 und 2). Die mittleren klinischen, radiologischen und funktionalen Therapieerfolge waren in beiden Gruppen vergleichbar, allerdings war der Anteil der Patienten, die einen DAS28 <2,6 erreichten, bei den weiterhin mit Adalimumab+MTX behandelten Patienten höher als bei jenen Patienten, bei denen Adalimumab abgesetzt worden war, so Schulze-Koops. m Quelle: Symposium der Abbott GmbH, DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
Rheumatoide Arthritis
B-Zell-Therapie überzeugt im klinischen Alltag Erste Ergebnisse der auf dem DGRh-Kongress vorgestellten Studie NIS-BRIDGING bestätigen die guten Ansprechraten der B-Zelltherapie mit Rituximab aus klinischen Studien auch für die tägliche Praxis in Deutschland. Die FIRST-Studie identifiziert weitere potentielle Biomarker zur Vorhersage des klinischen Ansprechens von RTX und festigt damit die personalisierte Medizin mit Rituximab bei RA.
Die deutsche nicht-interventionelle NIS-BRIDGING untersucht die Sicherheit und Wirksamkeit von Rituximab (MabThera®) bei Patienten mit schwerer aktiver RA (DGRh 2011, RA.33). Vorgesehen ist der Einschluss von 1.600 Patienten mit einer jeweiligen Beobachtungsdauer von 6 bzw. 12 (falls Retherapie)
Monaten. Neben Angaben zur Behandlung fließen Verlaufsdaten wie Aktivitätsscores, Schmerz und das Auftreten unerwünschter Ereignisse in die Analyse mit ein. Bis zum Zeitpunkt der ersten Interimsanalyse lagen Daten von 363 Patienten vor. Die erste Zwischenauswertung beruht auf 93 Patienten mit
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41 mindestens 24-wöchiger Beobachtungsdauer. Von diesen Patienten hatten bereits 71 % eine Vortherapie aus DMARD und TNFα-Hemmer erhalten; 20,4 % erhielten RTX direkt nach DMARD-Versagen, 52,7 % direkt nach dem ersten TNFα-Hemmer-Versagen. Nach 24 Wochen betrug die mittlere Verbesserung des DAS28 bei diesem mehrheitlich intensiv vorbehandelten Patientenkollektiv -1,7. Nach Ende der Beobachtungszeit hatten 13 Patienten (19,1 %) eine niedrige Krankheitsaktivität erreicht, 7 weitere (10,3 %) waren in Remission. Bei 60,3 % der Patienten konnte ein moderates und bei 17,6 % ein gutes EULARAnsprechen beobachtet werden. Die höchste Rate der EULAR-Responder (22 %) wurde zu Woche 18 beobachtet. Parallel nahmen HAQ-Score und Patientenbeurteilung der Schmerzaktivität kontinuierlich ab und erreichten die niedrigsten Werte zu Woche 18. Die ersten Ergebnisse zeigen somit Verbesserun-
gen aller erhobenen Aktivitätsparameter und bestätigen die guten Responsedaten auch für den Praxisalltag. Die Daten der interventionellen Phase IIIb-Studie FIRST nach Versagen des ersten TNFα-Hemmers zeigen weitere potentielle Biomarker auf, die für ein Ansprechen auf Rituximab hindeuten (DGRh 2011, RA.25). Als Prädiktoren für ein EULAR-Ansprechen zu Woche 16 erwiesen sich vor allem die Rheumafaktor (RF)-Positivität und normale/erhöhte Level an CD19+ B-Zellen (%). Eine Substudie konnte diese Ergebnisse nicht nur bestätigen, sondern auch auf den RF-Isotyp IgA und absolute sowie relative CD19+ B-Zellzahlen ausweiten. Ein kombiniertes Vorliegen beider Parameter führte demnach zu den höchsten Response-Werten. m Quelle: Pressemitteilung der Roche Pharma AG, DGRhKongress, München, 13. September 2011
Anti-TNF-Therapie
Infektionsrisiko nimmt mit Therapiedauer ab Zunehmend liegen sichere und belastbare Daten auch aus internationalen Registern über die infektiologischen Komplikationen, zum Infektionsrisiko und zur Infektionsprophylaxe unter einer Biologika-Therapie vor. Hierüber berichtete Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin, am Beispiel der TNF-Blocker.
Das Risiko schwerwiegender Infektionen bei RAPatienten unter einem TNF-Blocker oder dem TNFRezeptor Etanercept (Enbrel®) hängt entscheidend von der Therapiedauer ab. Es ist in den ersten sechs Monaten am höchsten und nimmt dann ab. Weiterhin ist das Risiko mit der Aktivität und dem Stadium der Erkrankung sowie einer begleitenden Glukokortikoid-Behandlung und der Komorbidität assoziiert. Für nicht-tuberkulöse opportunistische Infektionen unter TNF-Blockern wurde im französischen RATIO-Register ein erhöhtes Risiko festgestellt. Eine aktive Hepatitis B gilt weiterhin als Kontraindikation für eine Anti-TNFTherapie, nach neueren Daten scheint jedoch diese unter Abwägung der Risiken bei Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Patienten mit begleitender virustatischer Behandlung gerechtfertigt zu sein. Reaktivierte Tuberkulosen stellen trotz prätherapeutischem Screening weiterhin ein Problem dar. Unklar sind das optimale Screening (Hauttest, IGRA oder beide?) sowie die optimale Sekundärprophylaxe, die international unterschiedlich gehandhabt wird. Nach den von der EULAR veröffentlichten Empfehlungen zur Infektionsprophylaxe bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollte zunächst
die Impfanamnese erhoben und dann möglichst während einer stabilen Krankheitsphase geimpft werden. Bei immunsupprimierten Patienten sind Lebendimpfstoffe soweit wie möglich zu vermeiden. Eine Impfung ist unter einer DMARD- und TNF-Blocker-Therapie möglich, bei einer B-Zell-depletierenden Therapie sollte vor Behandlungsbeginn geimpft werden. Empfohlen werden eine Influenza-, Tetanus- und die 23-valente Pneumokokken-Impfung, eine Impfung gegen Herpes zoster ist zu erwägen. Patienten mit größeren oder kontaminierten Wunden und einer RituximabTherapie innerhalb der letzten 24 Wochen sollten passiv mit anti-Tetanus-Immunoglobulin immunisiert werden. Eine HPV-Impfung ist nur bei ausgesuchten Patientinnen zu erwägen. Hypo- oder asplenischen Patienten werden Grippe-, Pneumokokken-, HiB- und Meningokokken-C-Impfungen angeraten. HepatitisA- und Hepatitis-B-Impfungen sind nur bei Risikopatienten angezeigt. Impfungen vor geplanten Reisen sollten den generellen Empfehlungen entsprechend erfolgen mit Ausnahme von Lebendimpfungen. Eine BCG-Impfung wird nicht empfohlen. m Quelle: Satellitensymposium der Pfizer Pharma GmbH, DGRh-Kongress, München, 2. September 2011
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42 Anti-TNF-Antikörper
Rasche und gute Wirksamkeit auch im Praxisalltag Unter dem PEGylierten anti-TNF Certolizumab Pegol kommt es zu einem schnellen Wirkeintritt, der eine den EULAR-Empfehlungen konforme Entscheidung über die Fortführung der Therapie innerhalb von 12 Wochen erlaubt. Dies belegen die Zulassungsstudien RAPID 1 und 2 für Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und MTX-Versagen, die Phase IIIb Studie REALISTIC für RA-Patienten u. a. mit Anti-TNF-Versagen und die nicht-interventionelle FasT-Studie mit den ersten Zwischenergebnissen aus dem Praxisalltag.
Von den in RAPID 1 mit Certolizumab Pegol (Cimzia®) behandelten Patienten erreichten 72 % bereits zu Woche 6 eine DAS28-Verbesserung um mindestens 1,2 Punkte, nach 12 Wochen waren dies sogar 87 %. Patienten mit einem frühen Ansprechen nach 6 Wochen, so Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, hatten auch langfristig (nach 52 Wochen) höhere Ansprechraten als Patienten mit einer DAS28-Verbesserung erst nach 12 Wochen. Die Wirksamkeit von Certolizumab Pegol hielt über 2 Jahre an. So konnte die radiologische Progression, gemessen an einer mTSSVeränderung ≤0,5 zum Ausgangswert, bei 72,4 % der Patienten in diesem Zeitraum aufgehalten werden. Certolizumab Pegol wurde im Allgemeinen gut vertragen. Häufige Nebenwirkungen waren die auch von anderen TNF-Blockern bekannten Infektionen wie z. B. der oberen Atemwege. In REALISTIC erhielten über 1.000 RA-Patienten mit Versagen auf mindestens ein DMARD und maximal zwei früheren TNF-Blockern Certolizumab Pegol allein oder kombiniert mit einem DMARD. Nach Prof. Dr. Andrea Rubbert-Roth, Köln, wiesen 31,8 % der Patienten bereits zu Woche 2 eine ACR20-Response auf,
gegen Studienende nach 12 Wochen 51,1 %. Zu Woche 12 war es bei den mit Certolizumab Pegol behandelten Patienten gegenüber der Kontrollgruppe zu einer deutlichen Reduktion des DAS28(CRP) gekommen (-1,64 vs. -0,79 Punkte). Das klinische Ansprechen bestätigte sich in allen untersuchten Subgruppen wie z. B. bei Patienten mit früherem Anti-TNF-Versagen, mit Certolizumab Pegol-Monotherapie oder mit anderen DMARDs wie MTX. Wie Prof. Dr. Hubert Nüßlein, Nürnberg, erläuterte, sollen in die FasT-Studie an etwa 150 deutschen Zentren über 1.000 RA-Patienten aufgenommen werden. Erste Zwischenergebnisse, die auf den komplett vorliegenden DAS28(CRP)-Daten von 104 Patienten basieren, belegen, dass nach 12 Wochen mit Certolizumab Pegol bei über 50 % eine Remission oder niedrige Krankheitsaktivität erzielt wurde und es schon zu Woche 6 und zu Woche 12 zu einer deutlichen Besserung hinsichtlich Schmerz, Fatigue, Morgensteifigkeit und Funktionseinschränkung kam. m Quelle: UCB-Pressefrühstück im Rahmen des DGRhKongresses, München, 1. September 2011
Rheumatoide Arthritis
Update zur BeSt-Studie Dank der TNFα-Inhibitoren und anderer Biologika ist Remission heute für einen Großteil der RAPatienten ein realistisches Therapieziel, wie Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg, erläuterte. Neuere Studiendaten zum TNFα-Blocker Infliximab belegen darüber hinaus, dass ein erheblicher Teil der Patienten in Remission langfristig auf Biologika oder sogar alle antirheumatischen Medikamente verzichten kann.
So zeigen aktuelle Ergebnisse der BeSt-Studie für die Patientengruppe, die initial mit Infliximab (Remicade®) + Methotrexat (MTX) behandelt wurde, dass sich nach 7 Jahren 45 % der noch teilnehmenden Patienten (97/128) in Remission (DAS <1,6) befanden – darunter 17 % in Arzneimittel-freier Remission bei
einer mittleren Dauer von 35 Monaten (Dirven L et al. EULAR 2011; Abstr. SAT0369). Infliximab ist bislang der einzige TNFα-Blocker, für den das Erreichen und der Erhalt einer Arzneimittel-freien Remission belegt wurden. In einer Subanalyse der BeSt-Studie mit medianem Follow-up von 7,2 Jahren untersuchte man
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43 den Krankheitsverlauf von 104 Patienten nach Absetzen von Infliximab. Bei 52 % der Patienten gelang ein Verzicht auf Infliximab. Die übrigen 48 % nahmen die Infliximab-Therapie nach Zunahme der Krankheitsaktivität – allerdings ohne Zunahme der Progressionsrate für Gelenkschäden – im Median nach 17 Monaten wieder auf. Unter Wiederbehandlung erreichten 84 % dieser Patienten erneut einen DAS von ≤2,4. Als
unabhängige Prädiktoren für die Notwendigkeit einer Wiederbehandlung mit Infliximab erwiesen sich Rauchen, eine lange Dauer der Infliximab-Therapie (≥18 Monate) und das Vorhandensein des Shared-Epitope (EULAR 2011; Abstr. FRI0211). m Quelle: Lunchsymposium der MSD Sharp & Dohme GmbH, DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
Schmerztherapie bei rheumatoider Arthritis
Kardiovaskuläres Risiko im Blickpunkt Patienten mit rheumatoider Arthritis stellen kardiovaskuläre Risikopatienten dar: deren Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist um das Dreifache erhöht, die Lebenserwartung um 15 bis 20 % verkürzt.
Dies lässt sich, wie Prof. Dr. Carsten Tschöpe, Berlin, betonte, allein weder durch traditionelle Risikofaktoren noch durch Medikamenteninteraktionen erklären. Während früher als Ursache arteriosklerotischer Veränderungen von einer Verletzung der Gefäßwand ausgegangen wurde, gelten heute entzündliche Prozesse als Trigger der Plaquebildung. Entsprechend beinhaltet das Konzept der koronaren Prävention bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankung die Suppression der Entzündungsaktivität, die Modifikation der klassischen Risikofaktoren und die engmaschige kardiologische Kontrolle, bei der auch eine Stressechokardiografie durchgeführt werden sollte. Zu beachten ist, dass alle nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) das kardiovaskuläre Risiko zusätzlich um etwa das 1,8-Fache erhöhen, zwischen den verschiedenen Wirkstoffen zur Suppression der Entzündungsaktivität aber Unterschiede bestehen. Eine Ausnahme bei den klassischen NSAR macht Naproxen,
das allerdings das Risiko gastrointestinaler Blutungen erhöht, so dass diese Substanz keine wirkliche Alternative darstellt. NSAR sollten deshalb so niedrig dosiert und so kurzzeitig wie möglich eingesetzt werden (bis z. B. ein DMARD wirkt). Unter den Cox-2-Hemmern gilt Celecoxib (Celebrex®) als am risikoärmsten mit (möglicherweise auf seiner kürzeren Halbwertszeit beruhenden) Vorteilen gegenüber Etoricoxib, da es weder den Blutdruck noch die Ödemneigung erhöht. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz gelten Coxibe als kontraindiziert. Zur Modifizierung der klassischen Risikofaktoren wie erhöhte LDL-Cholesterin-Werte sind Statine angezeigt, bei erhöhtem Blutdruck RAAS-Inhibitoren und Kalziumantagonisten. Gegebenenfalls sollte eine Diabetes- und Gewichteinstellung vorgenommen und Rauchern Nikotinabstinenz angeraten werden. m Quelle: Satellitensymposium der Pfizer Pharma GmbH, DGRh-Kongress, München, 1. September 2011
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44 Initiative RemissionPLUS in der Rheumatologie
Moderne Bildgebung nach Vorne bringen Moderne bildgebende Verfahren sind für die Früherkennung in der Rheumatologie essenziell: Entzündungen und Gelenkzerstörungen können schon zu Beginn erkannt werden, was die Prognose der Patienten verbessert. Denn mit adäquater Therapie lassen sich irreversible Gelenkschädigungen und Funktionseinschränkungen vermeiden. Die von Abbott und Esaote unterstützte Initiative RemissionPLUS unter der wissenschaftlichen Leitung von PD Dr. Marina Backhaus, Berlin, Prof. Dr. Herbert Kellner, München, und PD Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf, verfolgt das Ziel, moderne Bildgebungsverfahren als festen Bestandteil der rheumatologischen Diagnostik und Verlaufskontrolle zu etablieren.
PD Dr. Marina Backhaus
Prof. Dr. Herbert Kellner
Drei Arbeitsgruppen befassen sich mit der Entwicklung und Validierung von Scores, die eine einheitliche Bewertung der mit bildgebenden Verfahren erhobenen Befunde ermöglichen, und setzen sich durch Fortbildungen in den Bereichen Sonografie und MRT für die praktische Umsetzung ein. Anlässlich einer Veranstaltung zum fünfjährigen Bestehen der Initiative ziehen die wissenschaftlichen Leiter der Arbeitsgruppen eine positive Zwischenbilanz der bisherigen Projekte: So gelang es, erste Sonografie- und MRT-Scores in der Diagnose und in Kontrolluntersuchungen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen zu etablieren, die den breiten Einsatz erleichtern, und auch ein umfangreiches Fortbildungsprogramm einzuführen, das bereits über 1.300 Ärzte absolvierten. „Mittels Ultraschall oder MRT sind Gelenkentzündungen und -erosionen schon sehr früh nachweisbar, was eine rasche adäquate Therapie und damit eine bessere Prognose der Patienten ermöglicht. Zudem schreiten bei über 50 % der Patienten die Gelenkerosionen trotz klinischer Remission im DAS28 fort“, erläuterte der Leiter der Arbeitsgruppe „Fortbildungen“ der Initiative RemissionPLUS, Prof. Dr. Herbert Kellner, München, die Beweggründe für die Arbeit der Initiative.
PD Dr. Benedikt Ostendorf
„Vor dem Hintergrund, dass wir mit den TNF-alphaInhibitoren heute Therapieoptionen besitzen, die eine radiologische Progression hemmen können, ist es umso wichtiger, solche „Silent Progressors“ frühzeitig mittels bildgebender Verfahren zu identifizieren“, ergänzte PD Dr. Marina Backhaus, Berlin, Leiterin der Arbeitsgruppe „Sonographie“.
Ultraschall: US7-Score in Praxis gut etabliert Um anhand von Ultraschall-Untersuchungen den Grad von Synovitis, Tenosynovitis und Gelenkerosionen einheitlich bewerten zu können, hat die Arbeitsgruppe „Sonographie“ je einen Score sowohl für sieben häufig betroffene kleine Gelenke (US7-Score; Handgelenk, MCP II/III, PIP II/III, MTP II/IV) als auch für große Gelenke (Schulter, Ellenbogen, Knie und Hüfte) entwickelt und zum Teil bereits validiert. „Der US7-Score spiegelt das Therapieansprechen wider und ist in der täglichen Praxis ein wertvolles Instrument zur Beurteilung von Inflammation und Gelenkerosion bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen“, fasste Backhaus die Ergebnisse der bisher größten rheumatologischen UltraschallStudie zur Validierung des US7-Scores zusammen.
DGRH 2011 – München
45 Die Studie umfasste 1.600 Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) oder ankylosierender Spondylitis (AS), bei denen ein Therapiewechsel oder eine Neueinstellung auf DMARDs oder Biologika indiziert waren. Es zeigte sich, dass das Ansprechen der Patienten unter der neuen Therapie sowohl im DAS28 als auch in den gemessenen Laborparametern eng mit den Synovitis-Scores der Ultraschall-Verfahren korrelierte und die Erosions-Scores über den Untersuchungszeitraum hinweg stabil blieben (s. Abb. 1, 2). Für den semiquantitativen US7Score werden Graustufen-Ultraschall (GS-US) sowie Power-Doppler-Ultraschall (PD-US) eingesetzt. Die Ultraschalluntersuchungen fanden zu Therapiebeginn sowie nach 3, 6 und 12 Monaten statt, wobei parallel die Laborparameter (CRP, BSG, anti-CCP, Rheumafaktor) sowie der DAS28 bestimmt wurden.
Neue Studien: SOLAR und US-IMPERA
lung des Therapieerfolgs von RA-Patienten.“ So lautet das Fazit von PD Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf, wissenschaftlicher Leiter der Arbeitsgruppe „Magnetresonanztomographie“, auf Basis der bereits abgeschlossenen Validierung des modifizierten RAMRISScores zum Therapiemonitoring von RA-Patienten mittels Niederfeld-MRT. Die hierzu durchgeführte Studie umfasste ca. 200 Patienten mit Indikation für eine Therapieumstellung, die nach jeweils 3, 6 und 12 Monaten an den klinisch dominanten Hand- oder Zehengelenken hinsichtlich Synovitis, Knochenödemen und Erosionen untersucht wurden. Parallel zur semiquantitativen Bewertung der Bilder mittels des Scores wurden dabei der DAS28 sowie die Laborparameter BSG, CRP, CCP und Rheumafaktor bestimmt. „Wir konnten zeigen, dass die Änderungen im RAMRIS-Score eng mit den Verbesserungen im klinischen Ansprechen bzw. der Laborwerte unter der neuen Therapie korrelierten, was
→
Zwischenergebnisse der Studie SOLAR (Sonography of Large Joints in Rheumatology), in der ein neuer semiquantitativer Score zur Bewertung sonografischer Veränderungen an den großen Gelenken von Schulter, Ellenbogen, Knie und Hüfte validiert werden soll, zeigen, dass bei 148 Patienten nach zwölf Monaten die Scores des GS-US und des PD-US eng mit dem Therapieansprechen im DAS28 korrelierten. „Die bis 2012 laufende Studie soll 1.000 Patienten mit RA, PsA und AS umfassen, bei denen ebenfalls eine Indikation für eine Therapieumstellung vorliegt“, erläuterte Backhaus. Es ist geplant, bei ihnen über ein Jahr hinweg das klinisch aktivste Gelenk mittels GS-US und PD-US im Hinblick auf Synovitis und Erosionen zu untersuchen. Ziel von US-IMPERA (US7-Implemenation Study in Early Rheumatoid Arthritis) ist es, erstmals den Einfluss der Sonographie auf die Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei früher, aktiver RA zu evaluieren. In der bis 2013 laufenden Studie werden 440 Patienten entweder nach den aktuellen Therapiestandards behandelt oder erhalten zusätzlich Ultraschalluntersuchungen. „Wir möchten sehen, ob der Einsatz der Sonographie die Therapieentscheidung beeinflusst und sich dadurch letztlich die körperliche Funktionsfähigkeit im HAQ verbessert“, erläuterte Backhaus das dritte aktuelle Projekt der Arbeitsgruppe „Sonographie“.
MRT: Therapieansprechen mittels RAMRIS gut zu beurteilen „Die Niederfeld-MRT ist in Verbindung mit dem RAMRIS-Score eine praktikable Untersuchungsmethode zur morphologischen und semiquantitativen Beurtei-
Abb. 1: Gelenksonografie US-Scores und Krankheitsaktivität n=207 Baseline BSG
Nach 3 Nach 6 Nach 12 Monaten Monaten Monaten
29 21* 21* 22*
CRP
15,7 8,5* 6,6* 7,2*
DAS28
4,8 3,7* 3,6* 3,5*
GS Synovitis-Score
8,2
5,8*
5,3*
5,0*
PD Synovitis-Score
4,1
2,4*
2,0*
1,7*
GS Tenosynovitis-Score
1,3
0,8*
0,7*
0,6*
PD Tenosynovitis-Score
0,8
0,3*
0,3*
0,2*
Erosionsscore
3,3 3,2 3,1 3,1
Abb. 2: US-Scores vs. Krankheitsaktivität (*p<0,05)
DGRH 2011 – München
46
Der Rheumatologe betonte, dass diese Methode zudem detaillierte Informationen über das Ausmaß von Synovitis, Ödemen und Erosionen liefere, so dass sie sich sehr gut eigne, um auf die Therapie ansprechende Patienten von nicht ansprechenden zu unterscheiden. „Hierdurch ergibt sich zugleich ein Einfluss auf moderne Behandlungskonzepte wie etwa den Treatto-Target-Ansatz, bei dem beim Verfehlen eines festgelegten Behandlungsziels innerhalb einer bestimmten Frist eine rasche Therapieanpassung erfolgt“, so Ostendorf. „Auf der anderen Seite konnten wir
Abb. 3: MRT
Korrelation von Klinik, Labor und Niederfeld-MRT 166 RA-Patienten, davon 101 mit Krankheitsdauer >12 Mo. und 65 mit Krankheitsdauer <12 Mo.
30
6
25
5
20
4
15
3
10
2
5
1
0
BSG
CRP
T0 T1 T4
18,5 7,7 7,6
28,4 19,2 14,5
DAS28 5,0 3,4 2,6
0
Synovialitis Synovialitis MCP-Gelenke Handgelenk T0 T1 T4
5,2 3,1 1,6
4,6 3,6 2,6
DAS28 und Synovialitis (MRT_MCP) [Test n. Spearman] 0,3109 (p=0,001)
Abb. 4: Beispiel Klinik/Labor vs. Synovialitis in MRT
bei zahlreichen Patienten, die in klinischer Remission waren, weiterhin entzündliche Veränderungen in der MRT nachweisen, ebenso eine radiologische Progression („Silent Progressors“), was zur Folge hat, diese Patienten besonders sorgfältig im Krankheitsverlauf zu beobachten. Gegebenenfalls werden sich hiervon künftig auch Therapieentscheidungen ableiten lassen – beispielsweise: Wann setze ich bei einem Patienten, dem es gut geht, eine Basistherapie ab? Weitere MRT-Studien sind hierfür aber notwendig“, so Ostendorf.
Umfangreiches Fortbildungsangebot für Rheumatologen gut angenommen Damit Rheumatologen die Vorteile der bildgebenden Verfahren in der Praxis sowohl in der Routinediagnostik als auch in der Verlaufskontrolle verstärkt nutzen können, hat die Arbeitsgruppe „Fortbildungen“ im Rahmen von RemissionPLUS ein umfangreiches Fortund Weiterbildungsprogramm entwickelt. „Ziel ist es, Rheumatologen zu befähigen, hochwertige Bildgebung zu indizieren oder selbst durchzuführen und vor allem die Ergebnisse qualifiziert beurteilen zu können. Seit 2006 haben sich mehr als 1.300 Teilnehmer in den 86 angebotenen Kursen weitergebildet“, zeigte sich Kellner, der Leiter der Arbeitsgruppe „Fortbildungen“, sehr zufrieden über die bisherige Resonanz. Die zertifizierten Kurse zu Sonographie und MRT sind sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene konzipiert und lassen viel Raum für praktische Übungen. Vor dem DGRh-Kongress findet zudem jährlich ein Intensivseminar zur Bildgebung mit Vorträgen und Workshops statt. m
Neben den noch laufenden Studien und Projekten mit ihren zu erwartenden wertvollen Daten und Ergebnissen hat die Initiative RemissionPLUS bereits neue Pläne, um die Integration moderner Bildgebungsverfahren in den Behandlungsalltag weiter zu fördern: „Als nächsten Schritt planen wir nun, Veranstaltungen zur Sonographie der Enthesitis bei Spondyloarthropathien anzubieten. Zudem wollen wir uns künftig verstärkt an die niedergelassenen Rheumatologen wenden, da diesen die größte Rolle in der Versorgung der Patienten zukommt“, so Kellner abschließend.
Quelle: Pressekonferenz der Bildgebungsinitiative RemissionPLUS im Rahmen des DGRh-Kongresses, München, 31. August 2011
Ausblick
für den Gesamtscore und die jeweiligen Subscores für Synovitis, Knochenödeme und Erosionen galt“, so Ostendorf (s. Abb. 3, 4).
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48 Rheumatoide Arthritis
TNFα-Blocker reduzieren kardiovaskuläres Risiko Dass TNFα-Blocker bei Rheumatoider Arthritis (RA) nicht nur die Entzündung hemmen und die Krankheitsaktivität reduzieren, sondern zugleich auch die kardiovaskuläre Prognose der Patienten bessern, wiesen US-amerikanische Experten um Jeffrey D. Greenberg, New York, nach.
Nach den Ergebnissen aus dem „Consortium of Rheumatology Researchers of North America“ (CORRONA)-Register erlitten RA-Patienten unter einer Anti-TNF-Therapie weniger kardiovaskuläre Ereignisse als unter einer Basistherapie mit DMARDs. In der CORRONA-Studie waren TNFα-Blocker mit DMARDs im Hinblick auf das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen verglichen worden. Hierfür wurde eine große Kohorte von 10.156 RA-Patienten in die Studie einbezogen. Im Studienzeitraum von knapp zwei Jahren ereigneten sich insgesamt 88 kardiovaskuläre Ereignisse, darunter 26 Herzinfarkte, 45 Schlaganfälle bzw. transitorische ischämische Attacken (TIA) und 17 kardiovaskulär bedingte Todesfälle.
Insgesamt wurden unter den TNFα-Blockern 2,93 solcher Ereignisse pro 1.000 Personenjahre (PJ) verzeichnet, in der MTX-Gruppe 6,73 Ereignisse pro 1.000 PJ und mit anderen DMARDs 7,51 Ereignisse pro 1.000 PJ. Bezogen auf die Gruppe mit anderen DMARDs traten in der MTX-Gruppe 6 % weniger kardiovaskuläre Ereignisse – was nicht signifikant war (HR 0,94). Im Gegensatz hierzu wurde unter den TNFα-Hemmern eine statistisch signifikant um 61 % geringere Ereignisrate berechnet (HR 0,39). Die Daten waren auf Alter, Geschlecht und klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren adjustiert. Die mit TNF-Blockern assoziierte relative Risikoreduktion zeigte sich auch für nicht-tödliche kardiovaskuläre Ereignisse (HR 0,35).
Die RA-Patienten wurden in drei Therapiegruppen mit TNFα-Blockern, Methotrexat (MTX) oder anderen DMARDs eingeteilt. Anschließend wurden adjustiert auf kardiovaskuläre Risikofaktoren, RA-Krankheitscharakteristika und Glukokortikoid-Gabe die jeweiligen Hazard ratios (HR) berechnet. Der primäre kombinierte Endpunkt setzte sich aus nicht-tödlichen Myokardinfarkten, TIA oder Schlaganfall sowie kardiovaskulärem Tod zusammen.
Bei Berücksichtigung der Glukokortikoid-Einnahme zeigte sich bei Teilnehmern mit <7,5 mg Prednison/ Tag eine 1,8-fach erhöhte kardiovaskuläre Ereignisrate, bei Patienten mit täglich >7,5 mg Prednison war die Ereignisrate um den Faktor 2,6 erhöht – jeweils verglichen mit RA-Patienten ohne Prednison-Einnahme (p=0,04). m Quelle: Ann Rheum Dis 2011;70: 576-582
DMARDs senken das Diabetesrisiko Dass die Basistherapie mit DMARDs Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) und anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vor einem Typ-2-Diabetes schützen könnte, geht aus einer retrospektiven Kohortenstudie US-amerikanischer Rheumatologen um Daniel Solomon aus Boston hervor.
Für Patienten mit RA und Psoriasis-Arthritis ist eine erhöhte Prävalenz von Diabetes nachgewiesen, die das infolge der chonischen Inflammation ohnehin hohe kardiovaskuläre Risikoprofil der Patienten weiter verschlechtert. In einer retrospektiven Kohorte von 121.280 Versicherten aus Kanada und den USA zeigte sich nun, dass nach der Verordnung von DMARDs die Rate von Neuerkrankungen am Typ2-Diabetes zurückgeht. Die DMARDs waren zumeist zur Behandlung einer RA eingesetzt worden, einige Patienten litten an einer Psoriasis-Arthritis, bei der gleichfalls DMARDs zum Einsatz kamen. Der Rückgang der Diabetesrate war von der Wahl des Wirk-
stoffs abhängig. Am stärksten war er im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Patienten, die mit nicht biologischen DMARDs wie z. B. Sulfasalazin, Leflunomid oder Cyclosporin behandelt worden waren, unter Hydroxychloroquin, das in einer adjustierten Analyse das Diabetesrisiko um 46 % senkte (Hazard Ratio, HR 0,54). Für TNF-Inhibitoren ermittelte Solomon eine Reduktion um 38 % (HR 0,62). Das häufig als DMARD der ersten Wahl eingesetzte Methotrexat (MTX) senkte das Diabetesrisiko dagegen nur nicht signifikant um 23 % (HR 0,77). m Quelle: JAMA 2011; 305: 2525-2531
49 Rheumatoide Arthritis
Faktoren für radiologische Progression Die Krankheitsaktivität bei RA kann man klinisch z. B. über die Zahl der geschwollenen Gelenke (SJC) oder systemisch z. B. über das C-reaktive Protein (CRP) messen. Generell tragen beide Krankheitssymptome zum Fortschreiten der Gelenkschädigung bei. Die Relevanz der noch verbleibenden Entzündung bei Patienten, die nahezu in Remission sind, ist jedoch bislang nicht geklärt.
Um das unabhängige Mitwirken der SJC und des CRP an der Progression der Gelenkschädigung bei Patienten in „Fast-Remission“ zu untersuchen, poolten österreichische Rheumatologen um Daniel Alateha, Wien, die Daten verschiedener Studien wie ASPIRE, ERA, Leflunomide, PREMIER und TEMPO mit insgesamt 1.184 Patienten. Die durchschnittlichen Werte für SJC und CRP der Visiten nach 6, 9 und 12 Monaten wurden errechnet. Die beiden Variablen wurden dann in „aktiv“ und „inaktiv“ eingeteilt. Die radiologischen Befunde wurden gemäß dieser Einteilung definiert. Die größte radiologische Progression wurde bei den Patienten gesehen, bei denen die geschwollenen Gelenke und das CRP als aktiv bewertet wurden, die geringste bei den Patienten, bei denen beide Parameter inaktiv waren. Waren die SJC inaktiv, bestand bei den beiden Patientengruppen kein Unterschied bei der ra-
diologischen Progression – unabhängig davon, ob das CRP aktiv oder inaktiv war (0,7±4,3/Jahr und 0,8±5,4/ Jahr, p=0,19). War hingegen das CRP inaktiv (<1 mg/ dl), bestimmte der Status der geschwollenen Gelenke weiterhin die radiologische Progression (0,7±4,3/ Jahr und 1,8±5,6/Jahr für inaktive und aktive SJC, p=0,004). Die Bedeutung des SJC-Status bei Patienten mit inaktivem CRP wurde auch in einem linearen Modell dargestellt (p=0,019), während die Werte für das CRP bei Patienten mit inaktivem SJC-Status nicht signifikant unterschiedlich waren (p=0,40). Bei Patienten, die nahezu in einer Remission sind, hat die Zahl der geschwollenen Gelenke einen höheren Aussagewert hinsichtlich der radiologischen Progression als die Höhe des CRP. m Quelle: Ann Rheum Dis 2011; doi:10.1136/ard.2011. 153734
Neuer Zielrezeptor für die Therapie? Eine internationale Forschergruppe um Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, evaluierte in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase I-Dosisfindungs-Studie das Sicherheitsund Wirksamkeitsprofil von Mavrilimumab, einem humanen Antikörper gegen den GranulozytenMakrophagen Kolonie-stimulierende Faktor (GM-CSF) Rezeptor-α bei RA-Patienten.
Die Patienten mussten vor Studienbeginn mindestens drei Monate lang stabil auf Methotrexat (MTX) eingestellt gewesen sein und erhielten dann i.v. 0,01–10,0 mg/kg Mavrilimumab oder Placebo. Die insgesamt 32 RA-Patienten zeigten zu Studienbeginn eine leichte bis mittelschwere Krankheitsaktivität mit einem mittleren DAS28 von 3,79 in der Placebo- und 3,35 in der Mavrilimumab-Gruppe. Unerwünschte Wirkungen waren leichter oder mittelschwer und wurden in den verschiedenen Dosisgruppen mit ähnlicher Häufigkeit beobachtet. Eine pharmakodynamische Aktivität wurde in den mit 1,0 und 3,0 mg/kg-Kohorten dokumentiert. Eine Reduktion der Akutphasereaktanten wurde bei Patienten beobachtet, die zu Studienbeginn erhöhte CRP-Spiegel (>5 mg/l) und eine erhöhte BSG (≥20,0 mm/h) aufwiesen.
In keiner der Mavrilimumab-Kohorten eine signifikante Änderung des mittleren DAS28 beobachtet. Bei separater Analyse der Patienten mit einem DAS28 >2,6 zu Studienbeginn ergab sich allerdings, dass 33 % der Patienten unter Mavrilimumab nach vier Wochen eine DAS28-Remission erreicht hatten. Bei Patienten mit einem initialen DAS28 >3,2 wurde im Vergleich zu den Kontrollen eine signifikante Reduktion des DAS28 nach vier Wochen beobachtet. In dieser ersten Studie am Menschen wurden für Mavrilimumab erste Belege für eine pharmakodynamische Wirkung gesammelt. Zudem rechtfertigen das Sicherheits- und pharmakokinetische Profil weitere klinische Studien mit Mavrilimumab bei RA, folgern die Autoren. m Quelle: Ann Rheum Dis 2011; 70: 1542-1549
50 Rheumatoide Arthritis
Biomarker ermöglicht Prognose über Verlauf Ein neuer Biomarker könnte laut einer aktuellen Studie eine prognostische Aussage über den Verlauf der Rheumatoide Arthritis (RA) erlauben. Kern dieser Arbeit deutscher Rheumatologen um Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, war die Analyse von Interleukin-22 (IL-22) als prognostischer Marker für die Entwicklung von Knochenerosionen und damit einer strukturellen Gelenkzerstörung bei RA-Patienten.
IL-22 als möglicher prognostischer Marker für Gelenkprogression bei RA identifiziert Von besonderem Interesse sind daher Biomarker, die eine prognostische Aussage darüber erlauben, ob der jeweilige Patient im Verlauf der Erkrankung Gelenkerosionen bzw. -destruktionen entwickeln wird. Denn das primäre Ziel moderner Therapien ist es letztlich, Gelenkdestruktionen durch konsequente Therapie zu vermeiden. In der vorliegenden Studie konnte erstmals nachgewiesen werden, dass bei einigen Patienten mit RA erhöhte Serumspiegel des pro-inflammatorischen Zytokins IL-22 vorliegen. Diese erhöhten IL-22-Serumspiegel korrelieren interessanterweise hoch signifikant mit der frühen Entstehung von Gelenkerosionen. IL-22 ist ein Zytokin, das in erster Linie von CD4 T-Zellen produziert wird. Der Rezeptor für IL-22 wird in verschiedenen Geweben des Gelenkes exprimiert. In früheren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass IL-22 synoviale Fibroblasten aktiviert, welche wiederum knorpeldestruierende Proteinasen sezernieren und auf diesem Weg zur Zerstörung des Knorpels beitragen können. Darüber hinaus fördert IL-22 die Entstehung von Osteoklasten, die maßgeblich an der Entstehung von Knochenerosionen beteiligt sind. Ergebnisse dieser in vitro-Studien konnten bereits als Hinweise für eine pathophysiologische Funktion von IL-22 bei der Entstehung von Gelenkerosionen ange-
sehen werden. In der jetzt publizierten Studie konnte die Bedeutung von IL-22 bei der Entstehung von Gelenkerosionen anhand einer homogenen, klinisch gut definierten Kohorte von RA-Patienten untersucht werden. Um eine unverfälschte Analyse hinsichtlich der IL-22-Produktion zu Beginn der Erkrankung gewährleisten zu können, wurden nur Patienten mit einer mittleren Symptomdauer von <3 Monaten in die Studie eingeschlossen, die zudem noch keinerlei immunmodulierende Therapie erhalten hatten. Ungefähr die Hälfte der RA-Patienten (49 %) wies zu Beginn der Erkrankung deutlich über der Norm liegende IL-22-Werte im Serum auf, während die andere Hälfte Werte im Bereich der Norm aufwiesen. Interessanterweise konnten bei 33 % der Patienten aus der Gruppe mit erhöhten IL-22-Werten bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Erkrankung Gelenkerosionen nachgewiesen werden, während dies nur bei einem Patienten (4 %) aus der Gruppe mit niedrigen IL-22-Werten der Fall war. Alle Patienten wurden daraufhin in einen Zeitraum von 2 Jahren regelmäßig bezüglich der Entstehung von weiteren Gelenkerosionen untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei einem weiteren Viertel der Patienten mit erhöhten IL-22-Werten neue Gelenkerosionen auftraten. Im Gegensatz dazu entwickelte keiner der Patienten mit normalen IL-22-Werten eine Knochendestruktion. Die Vorhersagekraft von IL22 war unabhängig von anderen Parametern, die mit einer aggressiveren RA assoziiert sind. m
Die Messung des IL-22-Serumspiegels ermöglicht demnach eine Voraussage über das Risiko einer frühen Gelenkzerstörung. Zudem deuten die Ergebnisse auf eine Rolle von IL22 in der Pathogenese der Gelenkzerstörung bei der RA hin.
Quellen: Ann Rheum Dis 2011; 70(8): 1453-1457; Pressemitteilung des Klinikums der Universität München, 27. Juli 2011
Kompakt
Grundlage und Motivation für dieses Projekt war zunächst die Beobachtung, dass es zu Beginn der Erkrankung aus bisher unbekannten Gründen zu einer gesteigerten immunologischen Aktivität mit verstärkter Sekretion bestimmter CD4 T-Zell-Zytokine kommt. Diese gesteigerte immunologische Aktivität resultiert in einer von CD4 T-Zellen mediierten Entzündungsreaktion, welche persistiert und in der Folge bei zwei Drittel der Patienten bereits nach kurzer Dauer zu Erosionen an den Gelenken führt.
51 Immunologische Forschung
Hoffnung auf umprogrammierte Th17-Zellen Eine bestimmte Art von Immunzellen, die im Darm eine neue Funktion annehmen kann, stellt sich als effektiver Helfer im Kampf gegen Autoimmunkrankheiten heraus. Diese kürzlich in Nature veröffentlichte und potentiell therapeutisch nutzbare Entdeckung machten deutsche und US-amerikanische Wissenschaftler um Enric Esplugues, Berlin.
Verschiedene T-Helferzellen unterstützen das menschliche Immunsystem. Eine davon ist die Th17-Zelle, die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde. Bisher konnten sie nicht näher charakterisiert werden. Bekannt ist aber, dass diese Zellen äußerst aktiv sind, was sie zu nützlichen Helfern im Kampf gegen Bakterien und Viren macht. Ist diese Aktivität aber gegen den eigenen Körper gerichtet, wie bei Autoimmunkrankheiten wie z. B. der RA, kann es gefährlich werden. In einer aktuellen Studie beschäftigte sich das internationale Forscherteam näher mit den Helferzellen Th-17, die für die Produktion eines entzündungsauslösenden Proteins verantwortlich sind. Jetzt konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der Dünndarm bei der Kontrolle dieser Zellen eine wesentliche Rolle spielt. Während einige Zellen dort abgebaut werden, nehmen die Helferzellen Charaktereigenschaften an, die ungewollte Immunreaktionen stoppen. Demnach können die Th17-Zellen im Darm „umprogrammiert“ werden, drastisch ihre Funktion ändern und so zu effektiven Helfern bei Immunkrankheiten werden. Dies ist absolut neu und sehr interessant, da sie die Aktivität der überschüssigen, entzündlichen Reaktionen des Immunsystems hemmen, die durch Autoimmunkrankheiten ausgelöst werden. „Diese Ergebnisse lassen annehmen, dass es möglich sein könnte, lebensbedrohliche Immunreaktionen ver-
Abb.: Multiphotonen-Analyse von Th17-Zellen (in grün) in einem entzündeten Darm ursacht durch eine Überaktivität der Th17-Zellen, zu vermeiden, indem die Zellen umgeleitet und dadurch im Darm kontrolliert werden können,“ so die Hoffnung von Esplugues. m Quellen: Pressemitteilung des Deutschen RheumaForschungszentrums Berlin, 18. Juli 2011; Nature 2011; 475: 514-518
Weitere Erklärung für höheres Risiko von Frauen Von einer ganzen Reihe von Autoimmunerkrankungen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Eine Rolle dabei spielt nach US-amerikanischen Experten um Anatoly V. Rubtsov, Denver, eine Sonderform von B-Zellen. Diese Zellen exprimieren auf ihrer Oberfläche ein spezielles Integrin (CD11c), ihre Zahl nimmt mit steigendem Alter zu – allerdings, dies zeigten tierexperimentelle Studien, nur bei weiblichen Mäusen, nicht bei männlichen. Solche altersassoziierten B-Zellen (age-associated B cells, ABCs) haben die US-amerikanischen Forscher auch bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen ge-
funden. Auch bei Frauen mit RA nimmt die Zahl dieser B-Zellen im Alter zu. Damit wurde neben den Geschlechtshormonen eine weitere Erklärung gefunden, warum Frauen von Autoimmunerkrankungen häufiger betroffen sind als Männer. Bei den ABCs kommt noch hinzu, dass deren Aktivierung über den Toll-Like Rezeptor 7 (TLR7) stimuliert wird. Das Gen für TLR7 liegt auf dem X-Chromosom, wodurch Frauen also über zwei TLR-7-Genkopien in ihrem Genom verfügen. m Quelle: Blood 2011; 118: 1305-1315
52 Bildgebende Verfahren
Indocyaningrün (ICG)-verstärkte fluoreszenzoptische Bildgebung mit dem Xiralite-System Auf dem diesjährigen EULAR-Kongress in London wurden die ersten Daten zur Validierung eines seit 2009 kommerziell erhältlichen fluoreszenzoptischen Bildgebungssystems (Xiralite X4, Rheumascan) vorgestellt (Poster FRI 0048* und SAT 101). Bei 20 Patienten mit früher Arthritis wurde die fluoreszenzoptische Bildgebung mit der klinischen Untersuchung und der Magnetresonanztomografie (MRT) verglichen (SAT 101), bei 100 Patienten mit unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungen mit der Ultrasonografie im B-Mode als auch mit der Power-Doppler-Ultrasonografie (FRI 0048*).
In beiden auf dem EULAR präsentierten Studien zeigte die fluoreszenzoptische Bildgebung eine hohe Übereinstimmungsrate (bis zu 87 %) mit den verglichenen Methoden. Zugleich ergaben sich eine hohe Sensitivität (bis zu 85 %) und eine hohe Spezifität (bis zu 95 %) mit der MRT oder der Arthrosonografie als Referenzmethode.
Vielversprechende Daten für fluoreszenzoptische Bildgebung Für die Auswertung einer fluoreszenzoptischen Sequenz wurde ein standardisiertes Auswertungsverfahren entwickelt. Es beruht auf der getrennten Befundung eines automatisch generierten Summenbildes
Stephanie Werner (PVM, s. Abb. 1) und von drei definierten Phasen (P13, s. Abb. 2-4).
Sensitivität und Spezifität der fluoreszenzoptischen Bildgebung im Vergleich
MRT PD-US GS-US
FOI Sensitivität Spezifität Sensitivität Spezifität Sensitivität Spezifität FOI PVM 55 % 92 % 67 % 54 % 56 % 57 % FOI P1
34 %
95 %
33 %
90 %
22 %
95 %
FOI P2
83 %
69 %
72 %
44 %
68 %
50 %
FOI P3
60 %
92 %
60 %
69 %
51 %
78 %
Alle Phasen (P1-3)
85 %
65 %
74 %
42 %
70 %
48 %
CE
58 %
90 %
50 %
76 %
35 %
79 %
Legende: FOI: fluoreszenzoptische Bildgebung; PVM: Prima Vista Mode; P1: Phase 1; P2: Phase 2; P3: Phase 3; Alle Phasen: positiv in P1 oder P2 oder P3; PD-US: Ultrasonografie im Power-Doppler Mode; GS-US: Ultrasonografie im B-Mode; MRT: Magnetresonanztomografie
Tab. 1: Sensitivität und Spezifität der fluoreszenzoptischen Bildgebung und klinischen Untersuchung im Vergleich zur Ultrasonografie (B-Mode und Power-Doppler-Mode) und MRT (Synovitis und Tenosynovitis)
53
Im Vergleich zur Ultrasonografie hatte die fluoreszenzoptische Untersuchung eine Sensitivität von 70 % (B-Mode) bzw. 74 % (Power-Doppler-Mode) und in Abhängigkeit von der Phase eine hohe Spezifität; am höchsten in Phase 1 mit 95 % (B-Mode als Referenz) bzw. 90 % (Power-Doppler-Mode als Referenz). Im Vergleich zur MRT hatte die fluoreszenzoptische Untersuchung bei der frühen Arthritis eine Sensitivität von 85 % und in Abhängigkeit von der
Phase eine hohe Spezifität (Phase 1 95 %). Die fluoreszenzoptische Untersuchung war generell sensitiver als die klinische Untersuchung (s. Tab. 1). m
Insgesamt stellte sich die fluoreszenzoptische Untersuchung sowohl im Vergleich zur Ultrasonografie als auch zur MRT als eine reliable und sensitive Methode zur Erfassung entzündlicher Aktivität in den Händen dar. Mit einem Cohen´s κ von jeweils 0,71 war die Intra- und Interreader-Übereinstimmung der Methode erheblich.
Kompakt
Es wurde gezeigt, dass in Abhängigkeit von den Phasen die fluoreszenzoptische Untersuchung mit der klinischen Untersuchung bis zu 87 %, mit der MRT bis zu 82 % und mit der Ultrasonografie bis zu 60 % (B-Mode) bzw. 82 % (Power-Doppler-Mode) übereinstimmt. Die höchste Übereinstimmung ergab sich jeweils für die Phase 1. Die Diskrepanz zwischen den Modalitäten ergab sich in allen Fällen in erster Linie aus der höheren Anzahl fluoreszenzoptisch positiver Ergebnisse als bei den anderen Methoden.
Stephanie Werner Wissenschaftliche Mitarbeiterin RHIO (Rheumatologie, Immunologie, Osteologie) Düsseldorf, Forschungsinstitut Mühlenstraße 117, 40668 Meerbusch
Abb. 1: Der PrimaVista-Mode stellt das automatisch generierte Summenbild dar. Als pathologisch sind erhöhte Signalintensitäten in Projektion auf die Gelenke zu werten.
Abb. 2: Phase 1 stellt alle Bilder von Beginn der Untersuchung bis zu ersten starken Signalen in den Fingerbeeren dar.
Abb. 3: Phase 2 umfasst alle Bilder nach Phase 1, in denen erhöhte Signalintensitäten in den Fingerbeeren sichtbar sind.
Abb. 4: Phase 3 besteht aus allen Bildern nach Abnahme der erhöhten Signalintensitäten in den Fingerbeeren bis zum Ende der Untersuchungszeit.
54 Ankylosierende Spondylitis
Erhöhte Mortalitätsrate mit Krankheitsaktivität assoziiert Durch den im Vergleich frühen Krankheitsbeginn der ankylosierenden Spondylitis (AS) haben diese Patienten länger an der Krankheitslast zu tragen. Unklar ist, ob hierdurch ein Zusammenhang mit der erhöhten Mortalität bei AS besteht. Norwegische Rheumatologen um Gunnstein Bakland, Tromsø, untersuchten in einer aktuellen Studie im Detail die Mortalitätsrate und entsprechende Prädiktoren in einer großen regionalen Kohorte von AS-Patienten.
Insgesamt betrug die Mortalität bei den AS-Patienten in dieser Studie 14,5 % (98 Patienten). Die standardisierten Mortalitätsraten waren nur dann signifikant erhöht, wenn man die männlichen mit den weiblichen Patienten verglich (1,63 vs. 1,38, p<0,001). Die häufigste Todesursache stellten mit 40 % HerzKreislauferkrankungen dar, gefolgt von malignen und infektiösen Erkrankungen mit 26,8 respektive 23,2 %.
Zu den unabhängig mit einer verkürzten Lebensdauer assoziierten Faktoren gehörten eine verzögerte Diagnose der AS (OR 1,05), ein erhöhtes CRP (OR 2,68), Arbeitsunfähigkeit (OR 3,65) und die fehlende Einnahme von NSAR (OR 4,35). m
Bei den AS-Patienten wurde in dieser Studie eine erhöhte Mortalitätsrate festgestellt, wobei Herz-Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache darstellten. Die Krankheitsdauer und Entzündungsaktivität widerspiegelnde Parameter waren mit einer kürzeren Lebenserwartung assoziiert. Um die Langzeitüberlebenszeit bei AS zu verbessern, muss – so folgern die Autoren - daher die Diagnose früh gestellt, rasch eine antiinflammatorische Therapie eingeleitet und auch konsequent kardiovaskulären Risikofaktoren behandelt werden.
Quelle: Ann Rheum Dis 2011; 70: 1921-1925
Spondyloarthritiden
Bei primärer Erkrankung stärkere axiale Beteiligung Neue Erkenntnisse zu unterschiedlichen Merkmalen der Wirbelsäulenbeteiligung bei primärer ankylosierender Spondylitis (AS) im Vergleich zum Wirbelsäulenbefall bei Psoriasis-Arthritis (PsA) und entzündlichen Darmerkrankungen (CED) lieferte eine ibero-amerikanische Studie mit 2.044 konsekutiven Patienten mit Spondyloarthritiden (SpA) gemäß den ESSG-Kriterien.
Zwischen Juni und Dezember 2006 sammelten und evaluierten die Mitglieder der RESPONDIA-Gruppe um Jose A. Maldonado-Cocco, Buenos Aires (Argentinien), demografische Daten und Daten zur Klinik, Krankheitsaktivität, zum Funktionsstatus, zur Lebensqualität, Beschäftigungsstatus und Therapiedaten von Patienten
diverser lateinamerikanischer Länder. Die Patienten, deren Daten für die Analyse ausgewählt wurden, mussten die New York-Kriterien für die AS erfüllen. Insgesamt trafen diese Kriterien auf 1.264 Patienten zu: 1.072 hatten eine primäre AS, 147 eine Psoriasis-assoziierte und 45 eine CED-assoziierte Spondylitis.
Kompakt
Die Daten von 677 AS-Patienten, die seit 1977 am Krankenhaus der Universität Tromsø im Norden Norwegens beobachtet wurden, wurden mit den Daten von je drei auf Alter, Geschlecht und Postleitzahl gematchten Kontrollpersonen aus der Allgemeinbevölkerung verglichen und daraus standardisierte Mortalitätsraten (SMRs) berechnet. Die Todesursachen wurden den Krankenhausakten entnommen. In einer Subgruppe von 360 Patienten wurden die klinischen und demografischen Daten, die während früherer Forschungsarbeiten (1998-2000) erhoben worden waren, verwendet, um eine prospektive multivariate Regressionsanalyse zu Prädiktoren der Mortalität bei AS durchzuführen.
55
Die Beweglichkeit der Wirbelsäule war bei den Patienten mit primärer AS signifikant häufiger eingeschränkt als in den beiden anderen Gruppen (p=0,0001). Gleichermaßen waren auch die radiologischen Veränderungen gemäß dem BASMI Gesamt-Score bei
primärer AS signifikant ausgeprägter. Die Krankheitsaktivität (BASDAI), Funktionskapazität (BASFI) und die Lebensqualität (ASQoL) waren für alle drei Gruppen hingegen vergleichbar. m
Patienten mit primärer AS hatten zusammengenommen eine signifikant stärkere axiale Beteiligung als solche mit Psoriasis- oder CED-assoziierter Spondylitis, während die funktionale Kapazität, Krankheitsaktivität und Lebensqualität sich bei den verschiedenen Krankheitsformen nicht gravierend unterschied.
Kompakt
Bei vergleichbarer Krankheitsdauer in allen drei Gruppen, waren Patienten mit primärer AS im Vergleich sowohl signifikant jünger (p=0,01) und es waren häufiger Männer (p=0,01) betroffen als in den anderen beiden Gruppen. Axiale Manifestationen wie entzündlicher Rückenschmerz und Schmerzen der Iliosakrakalgelenke waren bei den AS-Patienten knapp signifikant häufiger (p=0,05). Bei Patienten mit PsAassoziierter Spondylitis wurde dagegen häufiger über eine Daktylitis, Enthesitis und periphere Arthritiden berichtet (p=0,05).
Quelle: J Rheumatol 2011; 38: 1656-1660
Spondylitis ankylosans
Neue Erkenntnisse zur Pathogenese Obgleich HLA-B27 der wichtigste Risikofaktor für Spondylitis ankylosans (SpA) ist, entwickeln nur wenige Träger dieses Genmarkers auch tatsächlich diese Erkrankung. Für die Entwicklung einer SpA spielt einer internationalen Studie zufolge offenbar die Aktivität eines weiteren Gens eine wichtige Rolle.
In der Studie bestätigte sich, dass 90 % der Patienten positiv auf HLA-B27 sind. Dass dennoch nur eine kleine Minderheit aller Menschen mit positivem HLA-B27-Nachweis an einer Spondylitis ankylosans erkrankt, könnte nach den neuen Erkenntnissen daran liegen, dass HLA-B27 nur ein Glied in einer für die Entwicklung der SpA wichtigen Signalkette ist. Damit es zum Ausbruch der Erkrankung kommt, müssen vermutlich weitere Störungen vorliegen wie z. B. im Gen ERAP1. Diese enthält die Erbinformation für das Enzym Aminopeptidase, das sich im endoplasmatischen Retikulum findet. Dort sind sich auch die für die Verarbeitung von Antigenen verantwortlichen Ribosomen. Nur wenn die Antigene entsprechend aufbereitet werden, kommt es zu einer Immunreaktion, die bei der Spondylitis ankylosans verse-
hentlich zu einer Attackierung körpereigener Zellen führt. Das internationale Wissenschaftlerteam konnte jetzt nachweisen, dass eine Variante des ERAP1-Gens eine solche Immunreaktion verhindern kann. Die Träger dieser Genvariante erkranken viermal seltener an einer Spondylitis ankylosans. Das eröffnet nicht nur die Möglichkeit, künftig das Erkrankungsrisiko besser einzuschätzen zu können als mit der alleinigen HLA-B27Bestimmung, sondern liefert darüber hinaus auch ein potentielles therapeutisches Target. Über die Inhibition des normalen ERAP1-Proteins könnte eine günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufs ermöglicht werden. m
Die aktuelle Untersuchung bringt neben der Gen-Gen-Interaktion noch weitere Genregionen mit der Spondylitis ankylosans in Verbindung, so etwa die Bedeutung des IL-23RStoffwechselweges, aus dem sich in Zukunft ebenfalls Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Medikamente ergeben könnten.
Quelle: Nat Gen 2011; 43: 761-767
Ausblick
Vielfach werden im Rahmen genomweiter Assoziationsstudien neue Genvarianten entdeckt, deren Funktion nicht bekannt ist oder deren Zusammenhang mit der Erkrankung sich nicht erschließt. Bei dem von Peter Donnelly, Oxford (Großbritannien), gemeinsam mit Kollegen des „Australo-Anglo-American Spondyloarthritis Consortium“ durchführten Vergleich von 3.023 SpA-Patienten mit 8.779 gesunden Kontrollpersonen konnte im Gegensatz hierzu tatsächlich ein weiterer relevanter Risikofaktor ermittelt.
56 Systemische Sklerose
Neuer Therapieansatz identifiziert Die Systemische Sklerose (SSc) und zählt unter den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zur Gruppe der Kollagenosen. Dabei kommt es zu einer vermehrten Ablagerung von Bindegewebsbestandteilen, so dass die Haut und die betroffenen Organe verhärten. Infolgedessen kommt es zu Funktionsausfällen, die zur hohen Morbidität und Mortalität beitragen. Neben diesen fibrotischen Veränderungen leiden die Patienten an einem fortschreitenden Verlust kleiner Blutgefäße.
Warum es zum Ausbruch dieser komplexen und seltenen Erkrankung kommt, ist bisher noch nicht bekannt. Ungeklärt ist auch, ob der Verlust der Blutgefäße zum Fortschreiten der Fibrose bei Patienten mit SSc beiträgt. Deutsche Wissenschaftler um PD Dr. Jörg Distler, Erlangen, konnten jetzt zeigen, dass der Neurotransmitter Serotonin eine Schlüsselfunktion innerhalb der Fibroseentstehung bei Patienten mit SSc innehat. Die Gefäßveränderungen bei SScPatienten führen zu einer vermehrten Aktivierung von Blutplättchen. Hierbei werden große Mengen Serotonin von den Blutplättchen ausgeschüttet und der Spiegel von Serotonin im Blut und im Gewebe steigt an. „Wir konnten mittels Zellkulturversuchen und in experimentellen Modellen zeigen, dass das von Blutplättchen freigesetzte Serotonin die Synthese von Bindegewebsbestandteilen stark steigert. Die stimulierenden Effekte von Serotonin werden dabei ausschließlich über einen einzelnen Rezeptor, den
Serotonin-Rezeptor 5HT2B, vermittelt. Eine Hemmung der Freisetzung von Serotonin aus Blutplättchen oder eine selektive Hemmung des 5HT2B-Rezeptors konnte der Fibroseentwicklung in mehreren experimentellen Modellen vorbeugen“, so Distler. „Die pharmakologischen Hemmer des 5HT2B, die wir in unserer Studie eingesetzt haben, sind bereits im klinischen Einsatz und werden gut vertragen“, führt Distler weiter aus. Damit könnte die Hemmung des Serotonin-Rezeptors ein viel versprechender neuer therapeutischer Ansatz zur Behandlung der SSc sein. In einer ersten Machbarkeitsstudie werden derzeit die anti-fibrotischen Effekte der Hemmung des Serotonin-Rezeptors bei SScPatienten evaluiert. m Quellen: J Exp Med 2011; 208: 961-972; Pressemitteilung der Universität Erlangen, 29. Juni 2011
Systemischer Lupus erythematodes
Vitamin D-Mangel mit Autoimmunantwort assoziiert Vielfach wird ein Vitamin D-Mangel mit verschiedenen Autoimmunerkrankungen in Zusammenhang gebracht. US-amerikanische Experten um Judith A. James, Oklahoma City, untersuchten jetzt in einer Studie den Einfluss niedriger Vitamin D-Spiegel auf die Antikörperproduktion sowie B-Zellhyperaktivität und Interferon α (IFNα)-Aktivität bei SLE-Patienten.
Analysiert wurden in der Studie die 25-Hydroxyvitamin D (25(OH)D)-Serumspiegel bei 32 SLE-Patientinnen und 32 passenden Kontrollen. Überdies wurden die Lupus-assoziierten Autoantikörper und die Serum IFNα- Aktivität bestimmt sowie an isolierten peripheren mononukleären Zellen die B-Zellaktivität getestet. Ein Vitamin D-Mangel (25(OH)D <20 ng/ml) bestand signifikant häufiger bei den SLE-Patientinnen (69 %) und den Kontrollen mit positiven antinukleären (ANA) Antikörpern (22 %). Bei Patienten mit einer hohen BZellaktivität wurden niedrigere mittlere Serum 25(OH) D-Spiegel gemessen als bei Personen mit niedriger B-Zellaktivität (17,2 vs. 24,2 ng/ml; p=0,009). Zudem
wiesen Patienten mit Vitamin D-Mangel auch eine signifikant höhere Serum-IFNα-Aktivität als Patienten mit ausreichenden Vitamin D-Spiegeln auf (3,5 vs. 0,3; p=0,02). In Anbetracht dessen, dass ANA-positive, gesunde Kontrollpersonen in dieser Studie signifikant häufiger Vitamin D-defizient waren als ANA-negative Kontrollen, wie auch der Tatsache, dass ein Vitamin D-Mangel mit gewissen Immunanomalien bei SLE einherging, lässt sich ableiten, dass Vitamin D bei der Autoantikörperproduktion und der SLE-Pathogenese eine wichtige Rolle zukommt. m Quelle: Ann Rheum Dis 2011; 70: 1569-1574
57 Postmenopausale Osteoporose
Neue Langzeitdaten zu Denosumab Auf dem ASBMR-Jahreskongress in San Diego (USA) wurden Langzeitergebnisse vorgestellt, aus denen hervorgeht, dass die Behandlung postmenopausaler Frauen mit niedriger Knochenmasse oder Osteoporose mit Denosumab bis zu acht Jahre einen anhaltenden Anstieg der Knochenmineraldichte (BMD) sowie eine anhaltende Reduktion der Knochenumsatzmarker bewirkt.
Die Ergebnisse der Phase II-Verlängerungsstudie zeigten, dass bei postmenopausalen Frauen mit niedriger Knochenmasse oder Osteoporose, die bis zu acht Jahre kontinuierlich mit Denosumab (Prolia®) behandelt wurden, die BMD an der Lendenwirbelsäule und an der Gesamthüfte um durchschnittlich 16,8 % bzw. 6,9 % gegenüber dem Ausgangswert anstieg. Das Nebenwirkungsprofil entspricht insgesamt den in der Vergangenheit beobachteten Ereignissen. Laut Hauptautor Michael McClung, Portland (USA), liefert diese Studie einen weiteren Beleg, „wonach durch die Behandlung mit Denosumab über einen Zeitraum von acht Jahren ein anhaltender Anstieg der Knochenmineraldichte erreicht wird. Die Studie erweitert die klinischen Langzeiterfahrungen mit Denosumab in der Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen.“
In die ursprüngliche Phase II-Studie zur Dosisfindung von Denosumab wurden 412 postmenopausale Frauen mit einem BMD T-Score zwischen -1,8 und -4,0 (Lendenwirbelsäule) und/oder zwischen -1,8 und -3,5 (Gesamthüfte oder Schenkelhals) aufgenommen. Von den 262 Frauen, die die Hauptstudie abschlossen, nahmen 200 an der Verlängerungsstudie teil. Alle Frauen wurden mit Denosumab (60 mg alle 6 Monate) behandelt. Die Auswertung konzentrierte sich auf diejenigen Teilnehmerinnen, die acht Jahre lang den RANKL-Antiköper erhalten hatten. Verglichen mit den Werten zu Beginn der Hauptstudie konnte bei den Frauen eine BMD-Zunahme um 16,8 % an der Lendenwirbelsäule und um 6,9 % an der Gesamthüfte beobachtet werden. m Quelle: Pressemitteilung der Amgen GmbH, 4. Oktober 2011
Psoriasis-Arthritis
Zulassungserweiterung für Golimumab Die Europäische Kommission hat eine neue Indikation für den TNF-Inhibitor Golimumab (Simponi®) zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden PsoriasisArthritis (PsA) genehmigt. Demzufolge reduziert Golimumab die durch Röntgenaufnahmen nachweisbare Progressionsrate peripherer Gelenkschädigung bei polyartikulären symmetrischen Subtypen der PsA. Golimumab ist als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung der aktiven, progredienten PsA bei erwachsenen Patienten indiziert, wenn das Ansprechen auf eine vorausgegangene DMARD-Basistherapie unzureichend gewesen ist. Die Zulassung im Hinblick auf die Reduktion der radiologisch nachweisbaren Progression bei PsA folgte einer positiven Stellungnahme, die am 14. April 2011 vom Committee for Medicinal Products (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) verabschiedet wurde.
Die Zulassungserweiterung basiert auf den Daten der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten GO-REVEAL-Studie, in der die Wirksamkeit von Golimumab bei der Reduktion der radiologisch nachweisbaren Progressionsrate der peripheren Gelenkschädigung – ermittelt anhand des für die PsA modifizierten van der Heijde-Sharp (vdH-S)Scores. Für 126 von 146 Patienten, die nach Randomisierung Golimumab 50 mg erhielten, standen nach 52 Wochen Röntgenbefunde zur Verfügung, von denen 77 % im Vergleich zum Ausgangswert keine Progression zeigten. In Woche 104 lagen von 114 Patienten entsprechende Befunde vor, wobei 7 % weiterhin keine Progression im Vergleich zum Ausgangswert aufwiesen. m
Quelle: Pressemitteilung der MSD Sharp & Dohme GmbH, 24. Juni 2011
58 Polyartikuläre Juvenile Idiopathische Arthritis
Erweiterte Zulassung für Adalimumab Die Europäische Kommission erweiterte die Zulassung für Adalimumab, das nun auch in Kombination mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung der aktiven polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis (pJIA) bei jungen Patienten zwischen vier und zwölf Jahren zugelassen ist, die nur unzureichend auf ein oder mehrere DMARDs angesprochen haben. Adalimumab kann auch als Monotherapie angewendet werden, wenn eine Unverträglichkeit gegenüber MTX besteht oder die weitere Behandlung mit MTX nicht sinnvoll ist.
Die Zulassungserweiterung basiert, so erläuterte Prof. Dr. Gerd Horneff, St. Augustin, auf Ergebnissen einer 48-wöchigen randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Studie und deren offener Fortführung (N Engl J Med 2008; 359: 810-820). In der ersten Studienphase über 16 Wochen wurden 171 Kinder mit pJIA zwischen vier und 17 Jahren offen mit Adalimumab (Humira®) in einer Dosierung von bis zu 40 mg alle 14 Tage behandelt. 85 Kinder erhielten zusätzlich MTX, die anderen 86 Kinder waren entweder MTX-naiv oder hatten diese Behandlung mindestens zwei Wochen vor Studienbeginn abgesetzt, so dass sie Adalimumab als Monotherapie bekamen. Kinder mit ACR Pedi 30-Ansprechen wurden in den zweiten Teil der Studie aufgenommen (Wochen 16 bis 48, n=133). Hier erhielten sie über weitere 32 Wochen oder bis zum Auftreten eines neuen Krankheitsschubs randomisiert und verblindet alle 14 Tage Adalimumab oder Placebo unter Beibehaltung der vorherigen Medikation mit oder ohne MTX. In der verblindeten Phase traten bei signifikant weniger der mit Adalimumab behandelten Patienten Krankheitsschübe auf als bei Patienten, die Placebo erhiel-
ten. Dies galt sowohl für Patienten ohne zusätzliche MTX-Behandlung (43 vs. 71 %, p=0,03), als auch für Patienten, die Adalimumab plus MTX erhielten (37 vs. 65 %, p=0,02). Darüber hinaus wiesen im Vergleich zu Placebo mehr Patienten im Adalimumab-Arm nach 48 Wochen noch immer ein ACR Pedi 30/50/70-Ansprechen auf. Nach insgesamt 48 Wochen oder beim Auftreten eines Krankheitsschubs wechselten 128 Patienten in die offene Studienerweiterung, in der sie bis zu 40 mg Adalimumab alle 14 Tage erhielten. Auch hier wurde die vorherige Behandlung mit oder ohne MTX beibehalten. Das in der Studie erreichte ACR Pedi 30/50/70/90-Ansprechen bei den Patienten, die Adalimumab über den gesamten Studienzeitraum erhalten hatten, konnte in der offenen Erweiterung über bis zu sechs Jahre aufrecht erhalten werden. Die Zulassungserweiterung von Adalimumab, das sich in der Studie als sicher und gut verträglich erwies, schafft eine weitere wichtige Therapieoption zur Behandlung auch von sehr jungen JIA-Patienten, so Horneff.“ m Quelle: Pressemitteilung der Abbott GmbH, 1. Juli 2011
Rheumatoide Arthritis
Schnelles Therapieansprechen im Praxisalltag Eine neue Analyse zu Certolizumab Pegol aus der REALISTIC-Studie belegt, dass mit dem PEGylierten anti-TNF ein schnelles und gleichmäßig starkes ACR-Ansprechen auch in verschiedenartigen Patientengruppen mit Rheumatoider Arthritis (RA) erzielt werden kann.
Die 12-wöchige, multizentrische Phase IIIb-Studie REALISTIC untersuchte die Effektivität von Certolizumab Pegol (Cimzia®) bei 1.063 Patienten mit aktiver RA. Patienten, die vor Studieneintritt unzureichend auf mindestens ein DMARD angesprochen hatten und/oder bereits erfolglos mit bis zu zwei TNF-Inhibitoren behandelt wurden, erhielten Certolizumab Pegol zusätzlich zu ihrer bestehenden Me-
dikation. Primärer Endpunkt der REALISTIC-Studie war die ACR20-Ansprechrate zu Woche 12. Mit Certolizumab Pegol erzielten 51,1 % der Patienten ein ACR20-Ansprechen zu diesem Zeitpunkt gegenüber 25,9 % unter Placebo in der Gesamtgruppe der Studie. Die Schnelligkeit des Ansprechens von Certolizumab Pegol zeigte sich dabei auch in dieser heterogenen Patientengruppe, da 31,8 % der Patienten
59 unter Certolizumab Pegol bereits zu Woche 2 ein ACR20-Ansprechen aufwiesen, verglichen mit 8,5% in der Placebogruppe. Die Gruppe der mit Certolizumab Pegol behandelten Patienten zeigte zudem zu Woche 12 im Vergleich zur Placebogruppe signifikante Senkungen des DAS28(CRP) mit -1,64 vs. -0,79 Punkten sowie des DAS28(ESR) mit -1,82 vs. -0,88 (EULAR 2011, FRI0214). In Sub- und post-hoc Analysen der REALISTIC-Studie hatte Vorbehandlung mit TNF-Inhibitoren verglichen mit der Kontrollgruppe ohne Anti-TNF-Vortherapie mit 47,2 vs. 53,5 % keinen Einfluss auf das ACR20Ansprechen unter Certolizumab Pegol zu Woche 12. Auch die Veränderung der DAS28(CRP)- und DAS28(ESR)-Werte unter Certolizumab Pegol war mit -1,64 vs. -1,73 und -1,81 vs. -1,91 davon nicht be-
einflusst. Des Weiteren blieb das ACR20-Ansprechen unter Certolizumab Pegol unabhängig von der Anzahl der TNF-Inhibitoren, mit denen Patienten in der Studie vorbehandelt waren. Überdies war es für die Wirksamkeit von Certolizumab Pegol unerheblich, ob die Patienten begleitend DMARDs oder eine Monotherapie mit Certolizumab Pegol erhielten – beide Patientengruppen profitierten gleichermaßen. Eine weitere Subanalyse der REALISTIC-Studie zu patientenrelevanten Endpunkten (Patient-Reported Outcomes, PRO) zeigte in Bezug auf die Krankheitsaktivität sowie hinsichtlich der Parameter Schmerzen, Fatigue und Schlafprobleme schnelle und deutliche Verbesserungen, die zum Teil bereits zu Woche 2 festzustellen waren (EULAR 2011, THU0240). m Quelle: Pressemitteilung der UCB GmbH, 19. Juli 2011
Rheumatoide Arthritis
Aktuelle Bestandsaufnahme zu Etanercept In der Klasse der TNFα-Inhibitoren ist Etanercept das einzige humane lösliche TNF-Rezeptor-Fusionsprotein. Auf Basis aktueller Daten aus Klinik und Praxis zur Therapie der RA diskutierten Experten die Vorteile von Etanercept, wobei auch neue Ergebnisse vom diesjährigen EULAR-Kongress vorgestellt wurden.
„Wichtige Therapieziele in der Behandlung der frühen RA sind die Remission und die Vermeidung von irreparablen Gelenkschäden, die zu Funktionseinschränkungen führen können“, erklärte Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster. Die randomisierte, doppelblinde COMET-Studie beleuchtet die beiden Parameter Remission und radiologische Progression bei Patienten mit aktiver früher RA (ERA), die entweder eine Therapie mit der Kombination aus Methotrexat (MTX) und Etanercept (Enbrel®) oder eine MTX-Monotherapie erhielten. „Die klinischen Ergebnisse haben uns gezeigt, dass eine frühzeitige und kontinuierliche Kombination aus Etanercept und MTX häufiger zu einer klinischen Remission und normalem Funktionsstatus führt. Ebenso konnten Patienten, die ein Jahr lang nur MTX erhalten hatten, von einer zusätzlichen Etanercept-Gabe profitieren. Dies führte zu einer erheblich größeren Zahl an Patienten, die eine klinische Remission und einen besseren Funktionsstatus erzielten“, betonte Gaubitz. Die Zwei-Jahres-Daten einer Post hoc-Analyse zu COMET zeigen eine dreifache Remission und belegen damit die Wirksamkeit von Etanercept sowohl radiologisch (Remission bei 90 % bezogen auf Veränderung im mTSS ≤0,5 über 2 Jahre) als auch über funktionelle Aspekte (Remission bei 62 % bezogen auf HAQ ≤0,5 in 2 Jahren)
und klinische Parameter (Remission bei 57 % bezogen auf DAS28 <2,6 in 2 Jahren). Auf dem EULAR-Kongress vorgestellte Zwischenergebnisse der PRESERVE-Studie zeigen zudem, dass auch Patienten mit mittelschwerer aktiver RA von Etanercept profitieren (EULAR 2011, THU0245). Die Kombination aus Etanercept und MTX führte bei 82 % der Patienten zu einem Stillstand der radiologischen Veränderungen (mTSS ≤0,5). Diese Studienteilnehmer hatten auf MTX allein unzureichend angesprochen. Darüber hinaus zeigten 86 % der Patienten unter der Kombination eine geringe Krankheitsaktivität (DAS28 ≤3,2) und 67 % erreichten eine klinische Remission (DAS28 <2,6). Als Fazit stellte Gaubitz fest: „Nach über zehn Jahren vermittelt uns die umfangreiche Datenlage über die Sicherheit und Wirksamkeit von Etanercept ein Bild, bei dem sich der TNFα-Inhibitor tatsächlich als eine Klasse für sich erweist. Sowohl im Fall einer hohen Krankheitsaktivität und bei Hinweisen auf eine schlechte Prognose als auch bei einer frühen oder mittelschweren RA können Patienten von der Kombination mit dem Biologikum profitieren.“ m Quelle: Pressegespräch von Pfizer Inflammation Care, München, 8. Juli 2011
60 Rheumatoide Arthritis
Basistherapien sind wirksam, werden aber nicht immer vertragen Ein erfolgreiches Therapiekonzept bei der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) stellen die konventionellen Basismedikamente (DMARDs) dar. Für den „problemlosen“ Patienten sind sie die optimale Behandlung. Bei Patienten mit DMARD-Unverträglichkeiten, unzureichender Wirksamkeit der DMARDs oder Kontraindikationen wird die Therapie jedoch zur Herausforderung.
Patienten, die früh behandelt werden und gut auf DMARDs – vorwiegend Methotrexat (MTX) – ansprechen, haben zumeist eine gute Prognose. Sie können im Folgenden von einer Kombination aus zwei DMARDs oder – im Falle unzureichender Wirksamkeit – aus einer Kombination mit einem Biologikum profitieren. Neben Wirkverlust und nicht-adäquatem Ansprechen wird eine Therapie dann zur Herausforderung, wenn das Basismedikament nicht vertragen wird. Neben Übelkeit, Haarausfall oder Anämie können auch Kontraindikationen wie z. B. ein Magenulkus oder Nierenfunktionsstörungen die RA-Therapie erschweren. Bei Non-Respondern stellt sich auch die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Therapiefortsetzung. In vielen Fällen sind dies Gründe, den Patienten auf eine Biologika-Monotherapie ein- bzw. umzustellen. Registerdaten (DRFZ-Kerndokumentation 2009) haben gezeigt, dass mittlerweile 20-30 % aller Biologika-Patienten eine Monotherapie erhalten. Auswertungen aus den USA, Großbritannien und Schweden, aber auch das deutsche RABBIT-Register bestätigen diesen Trend1-4.
Patienten mit DMARD-Unverträglichkeit leiden besonders DMARD-Unverträglichkeiten können die Lebensqualität von RA-Patienten erheblich beeinträchtigen – wie Geschwollene Gelenke
Schmerzhafte Gelenke
Zeit (Wochen) -2
4
Zeit (Wochen) 0
8 12 16 20 24 Mittlere Änderung zu Baseline
Mittlere Änderung zu Baseline
0 -4 -6 -8 -10 -12 -14 -16
-2
4
8 12 16 20 24
-4 -6 -8 -10 -12
bei dem Fall einer 68-jährigen Patientin, bei der im April 2009 erste Symptome der Erkrankung festgestellt wurden. Innerhalb von 8 Monaten erhielt sie vier verschiedene Basismedikationen, die entweder keine Wirkung zeigten (Antimalariamittel, Ciclosporin), oder aber nicht vertragen wurden (MTX, Leflunomid). Im Februar 2010 stellte sich die Patientin mit 12 aktiven Gelenken und einem hohen DAS28 von 5,55 erneut in der Klinik vor. Aufgrund der DMARD-Unverträglichkeiten erhielt sie daraufhin eine Monotherapie mit einem Biologikum. Sechs Monate danach ist die Patientin in einer stabilen Remission (DAS28 = 1,47). Das Biologikum – in diesem Fall Tocilizumab (RoACTEMRA®) – wurde gut vertragen.
Biologika-Monotherapie – es geht auch ohne MTX Der Vorteil der IL-6-Rezeptorblockade ist, dass sie auch ohne Basistherapie mit MTX eine vergleichbar hohe Wirkung erzielen kann wie in der Kombination. Zu diesem Ergebnis kommt die ACT RAY-Studie5. Demnach waren nach 24 Wochen vergleichbar viele RA-Patienten, die auf eine vorherige Therapie mit MTX nicht adäquat angesprochen haben, aus dem Kombinations- wie aus dem Tocilizumab-Monoarm in Remission nach DAS28 (40,4 vs. 34,8 %, p=0,19). Dieser Effekt konnte auch bei Parametern wie der Abnahme der geschwollenen und schmerzhaften Gelenke beobachtet werden (s. Abb.). Eine zusätzliche Gabe von MTX unter Tocilizumab-Therapie bringt somit hinsichtlich der Wirksamkeit keinen zusätzlichen Nutzen. Bei unzureichender Wirksamkeit von DMARDs, bei DMARDUnverträglichkeiten oder bei Kontraindikationen gegen diese Basismedikamente stellt die Monotherapie mit Tocilizumab somit eine wertvolle Therapieoption dar. �
-14 -16
-18
Tocilizumab + MTX
-18
-20
Tocilizumab + Placebo
-20
Abb.: Abnahme geschwollener und schmerzhafter Gelenke unter Tocilizumab + MTX und Tocilizumab-Monotherapie im direkten Vergleich bis Woche 24 (mod. nach5)
Quellen: 1 Yazici Y et al., Bull NYU Hosp Jt Dis 2008; 66: 77-85 2 Soliman MM et al., Ann Rheum Dis 2011; 70: 583 589 3 Askling J et al., Ann Rheum Dis 2007; 66:1339-1344 4 Listing J, et al. Arthritis Res Ther 2006; 8:R66 5 Dougados M et al., EULAR 2011; Abstract OP0020
61 RheumaPreis 2011
Drei Berufstätige mit Rheuma ausgezeichnet Drei Berufstätige mit Rheuma sind mit dem RheumaPreis 2011 ausgezeichnet worden. Franziska Kleinmagd, Elke Kasper und Daniel Bubel erhielten den mit 3.000 Euro dotierten RheumaPreis für ihren besonderen Weg, mit dem sie ihre Berufstätigkeit auch mit Rheuma erfolgreich fortgesetzt haben. Gemeinsam mit ihnen wurden ihre Arbeitgeber, die BASF, die Firma Orgelbau Eisenbarth und die GoetheUniversität Frankfurt, für ihr bemerkenswertes Engagement für Arbeitnehmer mit Rheuma geehrt.
Seit 2009 zeichnet die Initiative RheumaPreis Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus, die partnerschaftlich Lösungen entwickelt haben, durch die Menschen mit Rheuma im Berufsleben verbleiben können. Berufsverbände, Patientenorganisationen und -vertreter, ein behördlicher Verband und ein Gesundheitsunternehmen engagieren sich bei der Initiative, um die beruflichen Chancen von Menschen mit Rheuma zu verbessern. Auch Unternehmen profitieren von einem partnerschaftlichen Umgang mit der Erkrankung Rheuma: „Wir sind offen dafür, auch Menschen mit chronischen Erkrankungen einzustellen und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Denn wir können viel von ihnen lernen“, erklärte Alexander Würfel, Geschäftsführer von Abbott Deutschland, das die Initiative als Partner unterstützt. Im dritten Jahr seines Bestehens erfährt der RheumaPreis wachsenden Zuspruch. 2011 traten ihm mit der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband, der Deut-
schen Vereinigung Morbus Bechterew und der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft drei große Patientenorganisationen bei. Außerdem kam die KinderRheumastiftung hinzu, so dass sich mittlerweile 13 Partner engagieren und auch die Jury für die Auswahl der Preisträger bilden. m Quelle: Verleihung des RheumaPreises 2011, Frankfurt/ M., 20. September 2011
Polyartikuläre Juvenile Idiopathische Arthritis
Etanercept jetzt für noch jüngere Kinder Der TNF-α-Rezeptor Etanercept hat zwei Zulassungserweiterungen für pädiatrische Indikationen erhalten und ist nun für die Therapie bei Kindern mit polyartikulärer Juveniler Idiopathischer Arthritis (pJIA) ab 2 Jahren und auch bei Juveniler Plaque-Psoriasis (JPP) ab 6 Jahren zugelassen.
„Mit der Zulassung von Etanercept (Enbrel®) für die Therapie von Kindern mit pJIA ab zwei Jahren wird eine Lücke in der kinderrheumatologischen Versorgung geschlossen. Die meisten von Rheuma betroffenen Kinder erkranken im Alter von zwei bis vier Jahren. Wird eine Therapie in den ersten beiden Jahren der Erkrankung begonnen, ist sie effektiver“, erklärte Prof. Dr. Gerd Horneff, St. Augustin. Die Daten von mittlerweile über 1.500 Patienten dokumentieren die guten Ansprechraten und den großen Anteil dauerhafter Remissionen. „Wir sehen, dass bei der Hälfte der Patienten die Erkrankung nach sechs Monaten zum Stillstand kommt und nach 16 Monaten erreicht
die Hälfte der Kinder eine klinische Remission, nach knapp zweieinhalb Jahren sogar drei Viertel der Kinder. Mit der Zulassungserweiterung von Etanercept für Kinder ab zwei Jahren werden wir nun endlich auch in dieser Patientengruppe das Therapieziel klinische Remission ansteuern können“, sagte Horneff. Die Daten zeigen auch eine hohe Therapietreue unter Therapie mit Etanercept: Nach sechs Jahren ist noch die Hälfte der Patienten unter der Therapie mit dem Biologikum“, erläuterte Horneff. m Quelle: Pressegespräch von Pfizer Inflammation Care, Berlin, 20. September 2011
62 Systemischer Lupus erythematodes
Mit Belimumab endlich neue Therapieoption verfügbar Seit kurzem steht mit dem B-Lymphozyten-Stimulator (BLyS)-Inhibitor Belimumab erstmals seit 50 Jahren ein neues, spezifisch wirksames Medikament gegen systemischen Lupus erythematodes (SLE) zur Verfügung. In Kombination mit einer Standardtherapie führte Belimumab in den beiden Zulassungsstudien BLISS-52 und -76 bei guter Verträglichkeit zu einer erheblichen Kontrolle der Krankheitsaktivität.
Etwa fünf Millionen Menschen weltweit sind von der Erkrankung betroffen, davon rund 90 % Frauen. Die Erstdiagnose findet meist im Alter zwischen 15 und 45 Jahren statt. Die Symptome sind vielfältig und das Krankheitsmuster der Patienten ist nicht vorhersehbar. „Neben den sichtbaren und schmerzhaften Symptomen an Haut und Gelenken sind es die nicht sofort erkennbaren Entzündungen und Gefäßveränderungen an inneren Organen, wie Niere und Gehirn, die die Erkrankung lebensbedrohlich werden lassen“, erläuterte Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf. Verglichen mit der Allgemeinbevölkerung geht der SLE mit einer drei- bis fünffach erhöhten Sterblichkeit einher. Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten reichen nicht aus Derzeit kann SLE nicht geheilt werden. Aktuelle Behandlungsansätze zielen darauf ab, Häufigkeit und Schwere von Krankheitsschüben zu reduzieren und damit das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Zur symptomatischen Behandlung werden in erster Linie NSAR, Kortikosteroide, Immunsuppressiva oder Anti-Malaria-Mittel eingesetzt. Dass die Versorgung der Patienten damit nicht optimal ist, äußert Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München: „Aktuelle Therapieoptionen des SLE werden oft als unzuBLISS 52-Studie p=0,0006 p=0,0129
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60
57,6
reichend angesehen, weil sie mit Nebenwirkungen assoziiert sind, toxische Effekte haben und zu Langzeitschäden an Organsystemen führen können. Aus Patientensicht ist der SLE mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Therapieoptionen mit physisch und psychisch beeinträchtigenden Symptomen behaftet, sowie der Möglichkeit eines Krankheitsschubs.“ In Europa ist Belimumab (Benlysta®) seit Juli 2011 verfügbar, nachdem die Europäische Kommission den humanen monoklonalen Antikörper zugelassen hat als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit aktivem, Autoantikörper-positivem SLE, die trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität (z. B. positive Anti-dsDNA-Antikörper und niedriges Komplement) aufweisen. In den USA wird die Infusion bereits seit März bei der Behandlung von SLE-Patienten eingesetzt. Entscheidend für die Entwicklung der Substanz war die Erkenntnis, dass Patienten mit SLE oder anderen Autoimmunerkrankungen erhöhte BLySSpiegel aufweisen. BLyS ist für das Überleben und die Reifung von B-Lymphozyten zu reifen Plasmazellen oder Gedächtniszellen erforderlich. Man nimmt an, dass erhöhte BLyS-Spiegel zur Produktion von Autoantikörpern beitragen und somit ein Zusammenhang zwischen den BLyS-Plasmaspiegeln und der Krankheitsaktivität des SLE besteht.
Bisher größtes klinisches Studienprogramm bei SLE
51,4 40
43,6
20
0
Placebo n=287
1 mg/kg n=288
10 mg/kg n=290
Abb. 2: Primärer Wirksamkeitsendpunkt Ansprechrate [SRI] in Woche 52: Es zeigten sowohl Belimumab 10 mg/kg, als auch Belimumab 1 mg/kg signifikant höhere Werte als Placebo (57,6 vs. 43,6 % [p=0,0006] bzw. 51,4 vs. 43,6 % [p=0,0129])
In den vergangenen Jahren führten Human Genome Sciences (HGS) in Zusammenarbeit mit GSK das bisher umfangreichste klinische Studienprogramm bei SLE durch. In der Vergangenheit scheiterten viele klinische Studien an Patienten mit SLE an der Wahl eines geeigneten Studienendpunkts, der tatsächlich ein Therapieansprechen bei den mannigfaltigen SLE-Erscheinungsformen anzeigte. Auf Basis der Empfehlungen der European League Against Rheumatism (EULAR) und der US-amerikanischen FDA wurde für die Zulassungsstudien der so genannte SLE-Responder-Index (SRI) entwickelt.
63
Die BLISS-Studien verglichen jeweils Belimumab plus Standardtherapie (standard of care, SoC) mit Placebo plus SoC bei Patienten mit aktivem SLE. Die BLISS52-Studie lief über 52 Wochen, die BLISS-76-Studie über 76 Wochen, wobei beide Studien ihren primären Wirksamkeitsendpunkt jeweils nach 52 Wochen hatten. Untersucht wurde die mithilfe des SRI bestimmte Reduktion der Krankheitsaktivität der Patienten. Insgesamt nahmen knapp 1.700 Frauen und Männer aus verschiedenen Ländern an den Studien teil. Während die Studie BLISS-76 vorwiegend in Nordamerika und Westeuropa durchgeführt wurde, schloss die Studie BLISS-52 Patienten in Südamerika, Osteuropa, Asien und Australien ein.
Stärkere Reduktion der Krankheitslast als mit Standardtherapie alleine Die Ergebnisse beim primären Endpunkt der BLISS52-Studie (s. Abb. 1) zeigten eine Ansprechrate von 57,6 % für 10 mg/kg Belimumab, von 51,7 % für 1 mg/kg Belimumab, und von 43,6 % für Placebo, jeweils zur Standardtherapie verabreicht (p=0,0006 bzw. p=0,011 für 10 mg/kg bzw. 1 mg/kg Belimumab vs. Placebo). Belimumab erwies sich als gut verträglich, und die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen war insgesamt mit der unter Placebo vergleichbar. Schwere Infektionen traten bei 5,9 % der Patienten unter Placebo und bei 6,1 % der Patienten unter Belimumab auf. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege, Harnweginfektionen und grippeähnliche Symptome. Maligne Erkrankungen traten nicht auf. Basierend auf dem SRI zeigte sich bei den Patienten der BLISS-76-Studie (s. Abb. 2) in Woche 52 eine statistisch signifikante Verbesserung der Ansprechrate: 43,2 % unter 10 mg/kg Belimumab, 40,6 % unter 1mg/kg Belimumab und 33,8 % unter Placebo, jeweils zur Standardtherapie verabreicht (p=0,021 und p=0,10 bei 10 mg/kg bzw. 1 mg/kg Belimumab versus Placebo). Die Dosis 1 mg/kg plus Standardtherapie
erreichte in dieser Studie keine statistisch signifikante Verbesserung. Wie eine in allen Behandlungsgruppen vergleichbare Rate von Studienabbrüchen aufgrund von unerwünschten Ereignissen zeigte, wurde Belimumab ähnlich wie in der BLISS-52-Studie gut vertragen. Die Gesamtrate der unerwünschten Ereignisse war vergleichbar mit Placebo. In einer weiteren Analyse wurden Untergruppen mit besonders gutem Ansprechen identifiziert, darunter Patienten mit niedrigen Komplement-Konzentrationen und positivem Anti-dsDNA-Test bei Studienbeginn. In dieser Subgruppe sprachen nur 31,7 % auf Placebo plus Standardtherapie an (vs. 51,5 % auf 10 mg/kg Belimumab plus Standardtherapie; p<0,0001; Odds Ratio, OR 2,7), während in der Gesamtgruppe noch 38,8 % auf Placebo plus Standardtherapie ansprachen (50,6 % auf 10 mg/kg Belimumab plus Standardtherapie; p<0,0001; OR 1,68). „Die klinischen Zulassungsstudien haben gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von Belimumab bei allgemein guter Verträglichkeit besonders bei Patienten mit einer hohen Krankheitsaktivität trotz individuell optimierter Standardtherapie das Therapieansprechen erhöht, die Krankheitsaktivität senkt und Schübe reduziert“, fasste Prof. Dr. Andreas Schwarting, Mainz, die Daten zusammen. „Eine Erkenntnis, die bei der Definition von geeigneten Patienten im Praxisalltag essentiell sein wird.“ Angesichts des Wirksamkeitsund Sicherheitsprofils könnte Belimumab, das als Infusion an den Tagen 0, 14, 28 und dann alle vier Wochen verabreicht wird, zu einer langfristig besseren Situation der Betroffenen führen. m Quelle: Launch-Pressekonferenz der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Human Genome Sciences GmbH, München, 9. August 2011 BLISS 76-Studie 60
Responder (%)
Der SRI ist ein neuartiger, klinisch relevanter Endpunkt für die Messung der Krankheitsaktivität, der drei häufig verwendete Skalen kombiniert: den SELENA-SLEDAI-Score zur Erfassung der verbesserten Krankheitsaktivität, die British Isles Lupus Assessment Group Scores (BILAG) zum Ausschluss einer parallelen Verschlechterung in Organsystemen oder neuer betroffener Organe, und die Gesamtbeurteilung durch den Arzt (physician's global assessment = PGA) zur Bestätigung, dass die Verbesserungen der Krankheitsaktivität nicht auf Kosten des Gesamtzustands des Patienten erzielt werden.
p=0,0207 p=0,1041 40
43,2 40,6
20
0
33,8
Placebo n=275
1 mg/kg n=271
10 mg/kg n=273
Abb. 1: Im primären Endpunkt (Ansprechrate [SRI] in Woche 52) erzielte Belimumab 10 mg/kg signifikant bessere Werte als Placebo (43,2 vs. 33,8 % [p=0,021]); Belimumab 1 mg/kg zeigte nur tendenziell, aber nicht signifikant höhere Ansprechraten als Placebo (40,6 vs. 33,8 %; p=0,104)
64 Biomarker der B-Zellaktivierung
Prognostische Faktoren für ein Ansprechen auf Rituximab bei RA In der französischen Rituximab Re-Treatment Dose-Studie SMART wurde untersucht, ob Biomarker der B-Zellaktivierung bei Patienten mit refraktärer Rheumatoider Arthritis (RA) eine Vorhersage auf das Therapieansprechen erlauben1. Die SMART-Studie ist damit die erste prospektive Studie zu Rituximab (MabThera®), die diese Fragestellung ins Zentrum ihrer Arbeit stellt. Neben Rheumafaktor und anti-CCP könnten somit bald weitere Biomarker das Konzept einer Personalisierten Medizin bei RA verfeinern.
Die Identifizierung von Biomarkern wie dem Rheumafaktor (RF) und den Antikörpern gegen cyclisch citrullinierte Peptide (anti-CCP) machen eine mehr und mehr maßgeschneiderte Therapie möglich. Ein positiver Serostatus (RF- oder anti-CCP-positiv) gilt inzwischen als Prädiktor für einen schweren erosiven Verlauf der Erkrankung. Klinische Studien und Erfahrungen aus dem Praxisalltag lassen die Schlussfolgerung zu, dass seropositive Patienten dann von einer B-Zell-Therapie mit Rituximab besonders profitieren2-5.
Vorausschauend – Die SMART-Studie
Ansprechraten von Rituximab + MTX (%)
Da B-Zellen eine kritische Rolle bei der RA spielen, ging die SMART-Studie erstmals prospektiv der Frage nach, ob und welche Biomarker der B-Zellaktivierung potentielle prädiktive Faktoren für das Ansprechen auf Rituximab bei RA-Patienten sein könnten. Bei 208 Patienten mit refraktärer RA wurden vor dem ersten Rituximab-Kurs (1 g an den Tagen 1 und 15) SerumMarker der B-Zellaktivierung bestimmt: Rheumafaktor, anti-CCP-Antikörper, Freie Leichte Immunglobulinketten (κ und λ), Serum-IgG, IgA und IgM sowie der B-Zell-aktivierende Faktor (BAFF). 194 Patienten waren TNF-Versager, bei weiteren 14 war die Gabe eiOR=6,0 (2,2; 16,2)
100 90
OR=2,5 (1,1 ; 5,7)
80
85
70 70
60 50 40
48
30 20
nes TNF-α-Hemmers kontraindiziert. Das Ansprechen auf Rituximab wurde nach den Kriterien der EULARResponse zu Woche 24 gemessen.
Weitere Biomarker identifiziert? 149 Patienten (72 %) sprachen zu Woche 24 auf die Rituximab-Therapie mit einer guten oder moderaten EULAR-Response an. In der multivariaten Analyse konnten zwei Baseline-Faktoren mit einem EULAR-Ansprechen nach 6 Monaten assoziiert werden: Das Vorliegen von RF oder anti-CCP-AK (OR 3,5; p=0,0015), außerdem eine Serum-IgG-Konzentration über Normalwert (IgG Spiegel >12,66 g/l) (OR 2,11; p=0,04). In diesem Zusammenhang konnten synergetische Effekte beobachtet werden (s. Abb.): Lag einer der beiden Parameter vor, verbesserte dies die Wahrscheinlichkeit für ein EULAR-Ansprechen bereits (p=0,03). Waren Patienten jedoch anti-CCP oder RF positiv und hatten außerdem IgG-Werte über dem Normalwert, konnte die Wahrscheinlichkeit für ein Ansprechen noch einmal deutlich gesteigert werden (OR 6,0; p=0,0004).
Ein weiterer Schritt in Richtung PHC Die Studie leistet damit einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Personalisierten Medizin. Sie zeigt, dass Rheumafaktor und/oder anti-CCP wichtige Biomarker sind, die mit einfachen Mitteln bestimmt werden können, und sich für die tägliche Praxis eignen, um das Ansprechen auf eine Therapie mit Rituximab vorhersagen zu können. Der Einfluss von erhöhten IgG-Werten scheint außerdem ein weiterer möglicher Biomarker für ein Therapieansprechen von Rituximab zu sein. Die Erkenntnisse müssen jetzt in weiteren Studien verifiziert werden. �
10 0
RF und anti-CCP und IgG Level ≤12,66 g/L
RF oder anti-CCP oder IgG Level >12,66 g/L
RF oder anti-CCP und IgG Level >12,66 g/L
Abb.: EULAR-Ansprechraten (in %), gemessen nach Vorhandensein von Autoantikörpern und IgG-Konzentration oberhalb der oberen Normgrenze (12,66 g/Liter). (modifiziert nach1)
Quellen: 1 Sellam J et al., Arthritis Rheum 2011; 63, 4: 933-938 2 Cohen S et al., Arthritis Rheum 2006; 54: 2793-2806 3 Tak PP et al., EULAR 2007; Poster FRI 0192 4 Isaacs JD et al., EULAR 2009; Poster FRI0256 5 Tak PP et al., Ann Rheum Dis 2011; 70: 39-46
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Der lösliche TNF-α-Rezeptor Etanercept wurde vor elf Jahren in der Therapie der polyartikulären Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA) eingeführt: Als einziges Biologic erhielt Etanercept (Enbrel®) in dieser Indikation im Jahr 2000 die Zulassung in Europa für Kinder und Jugendliche ab vier Jahren. Seit dem Jahr 2001 führt die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) das Deutsche Enbrel®-JIA-Register. Mit bis heute über 1.300 dokumentierten Patienten ist es damit das weltweit größte Register für Kinder, die eine Therapie mit einem Biologic erhalten. Die Daten zu Remissionen bei den Patienten aus dem Enbrel®-JIA-Register spiegeln die lang anhaltende Effektivität des TNFα-Rezeptors wider: Bei 50 % der JIA-Patienten konnte eine Remission nach sechs Monaten verzeichnet werden, bei 75 % nach 14 Monaten. Weiterhin erreichte die Hälfte der Patienten nach 16 Monaten, gut ein Jahr später sogar drei Viertel der Kinder und Jugendlichen, eine Remission. In 1.874 Patientenjahren wurden insgesamt lediglich 51 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse registriert. Die gute Lang-zeitwirksamkeit und -verträglichkeit korrespondiert im Enbrel®-JIA-Register mit der hohen Therapietreue, die auch noch nach mehreren Jahren anhält. Eine kontinuierliche Therapie mit Etanercept über 20 Monate erhielten 75 % der Patienten, über sechs Jahre noch 50 % der Patienten. In dieser Zeit konnten viele der Kinder und Jugendlichen ihre Begleitmedikationen mit Kortikosteroiden und Methotrexat reduzieren. An die Daten aus dem Enbrel®-JIA-Register knüpft das JuMBO-Register an, das seit 2007 am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) geführt wird und zurzeit über 570 Patienten im Alter zwischen 16 und 30 Jahren umfasst. Die Mehrzahl der JuMBO-Patienten hat keine oder maximal eine moderate Krankheitsaktivität. Die überwiegende Mehrheit nimmt Basistherapeutika – vorwiegend Etanercept und Methotrexat – ein. Bei rund einem Viertel der Patienten ist gar keine Krankheitsaktivität nachweisbar und bei
fast der Hälfte der Patienten liegt keine Funktionseinschränkung vor. Wie im JIA-Register bestätigt sich auch in diesem Register bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die gute Wirkm samkeit von Etanercept. Quelle: Pfizer Pharma GmbH, 25. Juli 2011
Bessere Langzeitergebnisse durch schnelles Ansprechen Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA), die innerhalb der ersten 12 Behandlungswochen auf Certolizumab Pegol (Cimzia®) ansprachen, wiesen nach einem Jahr bessere klinische Ergebnisse auf als Patienten, die zu einem späteren Zeitpunkt der Behandlung ansprachen. Für Patienten, die bereits zu Woche 6 auf Certolizumab Pegol ansprachen, waren die langfristigen Vorteile der Therapie mit dem anti-TNF noch größer. Dies sind die Ergebnisse einer aktuellen post hoc-Analyse der RAPID 1-Studie (J Rheum 2011; 38: 990-996). In der RAPID 1-Studie waren Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA eingeschlossen, die ungenügend auf eine Erstbehandlung mit Methotrexat (MTX) angesprochen hatten. Die post-hoc Analyse ermittelte die Relevanz eines Therapieansprechens mit Certolizumab Pegol zu Woche 12 für das Outcome nach 52 Wochen. Gemessen an einer DAS28-Verbesserung von ≥1,2 sprachen 75,8% der Patienten bereits zu Woche 12 auf die Therapie an. Nach 52 Wochen wies ein deutlich höherer Anteil dieser Patienten einen LDAS28 ≤3,2 auf als Patienten ohne DAS28-Verbesserung zu Woche 12 (37,2 vs. 6,1%). Weiterhin zeigte sich nach, dass die radiologische Progression bei den Patienten mit DAS28-Ansprechen zu Woche 12 deutlich geringer ausfiel als bei Patienten, die nicht zu Woche 12 ansprachen. Überdies erfolgte eine weitere Stratifizierung in Patienten mit einem Ansprechen bereits zu Woche 6 („Woche-6-Responder“) und Patienten, die erst zu Woche 12 ansprachen („Woche12-Responder“). 81,3% der Patienten, die innerhalb von 12 Wochen ansprachen, erreichten eine DAS28-Verbesserung unter Certolizumab Pegol bereits zu Woche 6. Dieses schnelle Ansprechen (zu Woche 6) war mit einer anhaltenden Verbesserung der ACR20/50/70-Ansprechraten über die gesamte Studiendauer von 52 Wochen assoziiert. Auch der Anteil von Patienten mit LDAS in Woche 52 war unter den Woche-6-Respondern deutlich höher als bei den Woche-12-Respondern (42,0 vs. 22,2%). m Quelle: UCB GmbH, 10. August
Pharmanews
Etanercept bei JIA langfristig wirksam und sicher
66
Aktivferien für Rheuma-Kinder Seit sechs Jahren ermöglichen die Kinder-Rheumastiftung und das Unternehmen Abbott Kindern mit chronisch-entzündlichem Rheuma Aktivferien: 22 Kinder zwischen 8 und 13 Jahren können in ihren Ferien erleben, was es bedeutet „Bauer“ zu sein. Anpacken statt zuschauen – so lautet das Motto auf dem nordhessischen Hutzelberghof. Für genügend Bewegung ist auf dem Hutzelberghof gesorgt. So steht auf dem täglichen Programm, die Kühe, Schafe, Gänse, Hühner und Kaninchen zu versorgen. Doch nicht nur um das Wohl der Tiere wird sich gekümmert, sondern auch um das eigene: Die Kinder lernen auf dem Hutzelberghof z. B., wie sich aus frisch geerntetem Gemüse leckeres Essen zubereiten lässt. Die Nachmittage bieten ausreichend Zeit zum Spielen, Erzählen und Ausruhen, so dass sie voller Erfahrungen und trotzdem erholt vom Hutzelberghof zurückkehren können. m Quelle: Abbott Deutschland GmbH, 27. Juli 2011
Neu: „Versorgungsatlas Schmerz“ In Deutschland gibt es etwa 15 Millionen Patienten mit chronischen Schmerzen. In der Schmerztherapie gibt es an vielen Stellen Verbesserungsbedarf. Ein Status Quo der Schmerzversorgung in Deutschland und dessen Optimierungspotential wurde anhand von Routinedaten der Krankenkassen DAK Unternehmen Leben und AOK Niedersachsen in einer von Grünenthal initiierten, groß angelegten Versorgungsforschungsstudie genauer analysiert. Die Ergebnisse kann man jetzt im „Versorgungsatlas Schmerz“ nachlesen. Der Atlas beschreibt die verschiedenen Schmerzarten anhand eines neuen Algorithmus sowie die damit verbundenen Versorgungsstrukturen. Der Versorgungsatlas Schmerz kann kostenlos bei Grünenthal unter gesundheitsmanagement@grunenthal.com bestellt werden. m
den Flug werden verschiedene Aspekte der Struktur, des Aufbaus, der Festigkeit und der zellulären und molekularen Beschaffenheit der Knochen der aus dem All zurückgekehrten sowie von am Boden gebliebenen Kontrollmäusen untersucht. Der Sclerostin-Antikörper hemmt Sclerostin – ein Schlüsselprotein, das sich negativ auf Knochenbilm dung, -masse und -festigkeit auswirkt. Quelle: Amgen GmbH, 11. Juli 2011
Chugai Science Award 2011 Chugai Pharma als forschendes Traditionsunternehmen unterstützt zielgerichtet wissenschaftliche Innovationen junger Forscher in der Rheumatologie. Dieser Wissenschaftspreis ist mit 10.000 Euro dotiert. Erstmalig wurde anlässlich des diesjährigen DGRh-Kongresses ein junger Wissenschaftler ausgezeichnet. Chugai Pharma verlieh den Chugai Award Rheumatologie an Dr. In-Ho Song (unten li.), Charité Berlin, für seine Arbeit „Neue Therapiestrategien bei der axialen Spondyloarthritis/Ankylosierenden Spondylitis und Auswirkungen einer frühen Therapie auf akut-entzündliche und chronische Veränderungen“. m
Pharmanews
Quelle: Grünenthal GmbH, 1. August 2011
Sclerostin-Antikörper im All getestet Die Unternehmen Amgen und UCB arbeiten mit der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA zur Durchführung präklinischer Tests eines Sclerostin-Antikörpers zusammen. Das Experiment erfolgte an Bord der Raumfähre Atlantis im Rahmen der letzten Shuttle-Mission der NASA im Juli 2011. Dabei erhielten 30 Mäuse den Sclerostin-Antikörper oder Placebo. Im Anschluss an
Quelle: Chugai Pharma Marketing Ltd., 27. September 2011
Ausblick
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AMERICAN CONGRESS ON RHEUMATOLOGY (ACR) 2011 IN Chicago, USA
KONGRESS DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ORTHOPÄDIE UND UNFALLCHIRURGIE (DKOU) 2011 IN BERLIN Lesen Sie in der nächsten Ausgabe alles Wissenswerte zu diesen Kongressen und weitere Neuigkeiten aus Rheumatologie und Osteologie
Chefredaktion: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de Redaktion: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de, Dr. Klaus-Georg Maiwald, info@wortreich-gik.de Herausgeber: Dr. Edmund Edelmann, Prof. Dr. Jörn Kekow, Sigurd Rudeloff
Wissenschaftlicher Beirat: PD Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · Wilfried Bridts, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · PD Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · Dr. Ralph Steinbrück, München Grafik: Inken Pöhlmann, www.ip-design.net Druck: Druckzentrum Lang, Mainz
Jahrgang 3 · 4-2011 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.
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