heuma R Management
Ausgabe 4/2012
rheumatologie/ Osteologie
GKV-Versorgungsstrukturgesetz (Teil 3) Herausforderungen und Risiken!
Rheumatoide Arthritis
Vorschläge zur Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung
Neue S1-Leitlinie zur medikamentösen Therapie Prof. Dr. Klaus Krüger
Rheumatologische Fachassistenz
DGRh-Kongress 2012 Highlights aus Bochum
Fortbildungstreffen der rheumatologischen Studienund Fachassistent/innen
Osteologie für Rheumatologen (Teil 4) Glukokortikoid-induzierte Osteoporose Prof. Dr. Gert Hein Offizielles Mitteilungsorgan des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh)
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3 Rückblick auf den DGRh-Kongress 2012 in Bochum
Bewegende Zeiten für die Rheumatologie Mit wiederum etwa 2.500 Teilnehmern kann der gemeinschaftliche Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) vom 19. bis 22. September in Bochum als großer Erfolg gewertet werden. Bemerkenswert ist die Rekordzahl von diesmal 313 angenommenen Abstracts, 249 Postern und 64 Vorträgen, die das gesamte Spektrum der pädiatrischen und adulten Rheumatologie, klinischen Immunologie und der orthopädischen Rheumatologie abbildeten.
Durchaus zu Recht kann man in diesem Jahr von bewegenden Zeiten für die Rheumatologie sprechen: Damit ist nicht etwa die Aufteilung der Tagung auf verschiedene Kongressgebäude gemeint, sondern dass sich der 40. DGRh-Jahreskongress nicht zuletzt im Spannungsfeld von evidenzbasierter Therapie und gesundheitspolitischen Maßgaben bewegte. Als Meilenstein zu bewerten ist hierbei die zum Kongress vorgestellte S1-Leitlinie zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA), die sehr gut den aktuellen Erkenntnisstand zur RA-Therapie widerspiegelt und momentan die modernste Leitlinie in Europa darstellt. Aber auch der vieldiskutierte IQWIG-Vorbericht zur RA-Zweitlinientherapie mit Biologika ist bei aller berechtigter Kritik am Verfahren und insbesondere an der Auswahl der patientenrelevanten Endpunkte letztlich zu begrüßen, erkennt er doch im Wesentlichen den vielfach nachgewiesenen Therapienutzen der Biologika an und lässt auf eine positive Bewertung durch den G-BA hoffen. Inhaltliche Schwerpunkte des Kongresses in Sachen RA waren neue Erkenntnisse aus den auf dem EULAR vorgestellten ersten Head-to-head-Studien zu Biologika, aktuelle Daten aus dem RABBIT-Register, die anstehenden Zulassungen von Abatacept und Tocilizumab in subkutaner Form, sowie im Lichte von Tofacitinib die potentielle Rolle der „small molecules“, hierbei vor allem der Kinasehemmer, für die RA-Therapie und erneut die Frage nach den optimalen Kriterien für das erklärte Therapieziel Remission. Mögliche Remissionskriterien wurden auch für andere Krankheitsbilder wie z. B. den Systemischen Lupus erythematodes (SLE) und die Vaskulitiden, unterstützt durch die Initiative zur Zulassungserweiterung von Rituximab, intensiv diskutiert. Zahlreiche Präsentationen beschäftigten sich mit den Spondylarthritiden (SpA), einerseits aufgrund neuer Erkenntnisse zur NSAR-Therapie bei Ankylosierender Spondylitis (AS), andererseits mit der nichtröntgenologischen axialen SpA, nachdem hierfür mit Adalimumab speziell ein Biologikum die Zulassung erhalten hat. Aufgrund der auch bereits in diesem frü-
Prof. Dr. med. Ulf Müller-Ladner hen Stadium vorliegenden, mit der AS vergleichbaren Krankheitslast, erscheint eine frühere Diagnose dieser Patienten umso dringlicher. Weitere Themen waren aktuelle Studien- und Registerdaten zur juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA), Fiebersyndrome, der Stellenwert von Glukokortikoiden, Osteoporose, rekonstruktive Operationen und Schmerzsyndrome wie die Fibromyalgie. Darüber hinaus ging es um den Themenbereich Sport und Rehabilitation, die verschiedenen Anwendungsformen der physikalischen Therapie sowie den häufigen Vitamin D-Mangel bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten. Wieder gut angenommen wurde zum Abschluss der Veranstaltung der Patiententag am 22. September. Zum ersten Mal fand in diesem Jahr auch ein spezielles Programm für Studenten statt – eine wichtige Maßnahme, um das Interesse an unserem spannenden Fachgebiet zu steigern – ein großes Lob für die Organisatoren für diese Initiative. Auf ein Wiedersehen bei der nächsten DGRh-Jahrestagung vom 18.21. September 2013 in Heidelberg-Mannheim! m Prof. Dr. med. Ulf Müller-Ladner Leiter der Abteilung Rheumatologie und klinische Immunologie Kerckhoff-Klinik Benekestr. 2, 61231 Bad Nauheim
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Inhalt
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1
GKV-Versorgungstrukturgesetz: Herausforderungen und Risiken Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (Teil III)
Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung: 22 Vorschläge des BDRh
8 8
Herausforderungen und Risiken! RA Dr. Ralph Steinbrück
Steuern
14
Praxisgebühr nicht als Sonderausgabe abziehbar
Festbetragsarzneimittel
24
25
Neue Langzeitdaten zu Biologika
26
Die neue S1-Leitlinie der DGRh zur sequenziellen medikamentösen Therapie der RA Prof. Dr. Klaus Krüger
Rheumatoide Arthritis Aktuelle Studien zu Nicht-TNF-Biologika 1, 2 – Pitopia
21
Ausstieg aus Gemeinschaftspraxis RA Christian Koller
Deutsche Rheuma-Liga
IQWiG-Bericht zu Biologika und S1-Leitlinie zur RA-Therapie im Fokus
Rheumatoide Arthritis
Sie fragen – Experten antworten
18
DGRh-Kongress 2012 Highlights aus Bochum S. 24-52
RABBIT-Register
20
Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung
Kann ein Vertragsarzt „Herr zweier Vertragsarztsitze sein!?“
Rheumatoide Arthritis
Sukzessive Übertragung eines Vertragsarztsitzes auf einen Nachfolger – ist das möglich? RA Rainer Kuhlen
16
GKV-Leistungspflicht nicht automatisch auf Festbetrag beschränkt RA Isabel Kuhlen
Vertragsarztrecht
2
28
22
Vorschläge des BDRh zur Umsetzung für den niedergelassenen Bereich Dr. Edmund Edelmann
23
Neufassung der Heilmittel-Richtlinie 2011 – Mehr Unzufriedenheit als Nutzen? Bessere Reduktion von Fatigue durch Biologika
30
Vitamin D-Mangel muss konsequent angegangen werden
31
Bildgebende Diagnostik
32
Aktuelle Studien zur Frühdiagnostik
Axiale Spondylarthritis
34
Hohe Krankheitslast nicht nur bei AS Aktuelle Daten zu den Effekten von TNF-Blockern auf die Krankheitsprogression
35
AS: Praxisrelevante Erkenntnisse zur NSAR-Therapie
36
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Inhalt
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3
2
Osteologie für Rheumatologen: Glukokortikoidinduzierte Osteoporose
57
Systemischer Lupus erythematodes 38
Rheumatoide Arthritis
46
Update zur Therapie mit Belimumab
Schnelle und lang anhaltende Remission möglich
Rheumatoide Arthritis: Neue S1-Leitlinie zur medikamentösen Therapie
Infektionen und Impfungen im Fokus
Orthopädische Rheumatologie
26
39 40
Neues Komplikationsregister soll Klarheit schaffen
Pädiatrische Rheumatologie
rheumatische Erkrankungen
Rheumatoide Arthritis 41
Gute Entwicklung der JIA-Versorgung in der Kinderkerndokumentation
Systemischer Lupus erythematodes 50 42
Zielgerichtete Therapie mit Belimumab
Rheumatologische Fachassistenz
43
axiale Spondyloarthritis
44
Gicht
Rheumatologen ziehen positives Fazit
Osteologie für Rheumatologen (Teil 4)
Etanercept: Zulassungserweiterung für drei JIA-Subtypen
3 – Shutterstock
51
Wichtige Zulassungserweiterung für Adalimumab
52
Folgen und Risiken der Arthritis urica
57
Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GIOP): Kenntnisstand, Diskussionsbedarf und Handlungsanleitung Prof. Dr. Gert Hein
Juvenile Idiopathische Arthritis
49
Mit Prednison MR den Kortikoid- und NSAR-Verbrauch reduzieren
Update zu aktuellen JIA-Therapieoptionen
Fortbildungstreffen der rheumatologischen Studien- und Fachassistent/innen Ulrike Erstling
48
Deutlicher therapeutischer Nutzen unter Anti-TNF-Therapie
62
RheumaPreis 2012
63
Gelungene berufliche Einbindung bei Rheuma prämiert
Pharmanews
69
Impressum
71
Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (Teil III)
Herausforderungen und Risiken!
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Das zum 01.01.2012 in Kraft getretene Versorgungsstrukturgesetz will vor allem dem Problem der lokalen Über- und Unterversorgung im ambulanten Bereich begegnen sowie den Weg für eine Neuordnung der Bedarfsplanung ebnen. Es beinhaltet darüber hinaus eine Reihe von Neuregelungen in verschiedenen Bereichen des Vertragsarztrechts. Der Beitrag bietet einen Überblick über wesentliche Änderungen und nimmt eine erste rechtliche Bewertung vor.
VIII. Erprobung neuer Behandlungsmethoden, Umsetzung des „Nikolaus-Beschlusses“ des BVerfG Für die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sieht das SGB V unterschiedliche Regelungen für den ambulanten und stationären Bereich vor. Während für den vertragsärztlichen Bereich derartige Methoden nur eingesetzt werden dürfen, wenn sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nach Prüfung gemäß § 135 SGB V zugelassen wurden (ähnlich einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), können neue Methoden im stationären Bereich solange eingesetzt werden, bis der G-BA sie gemäß § 137c Abs. 1 SGB V aus der Versorgung ausschließt (vergleichbar einer Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt). Das GKV-VStG ändert den § 137c Abs. 1 SGB V nunmehr dahin, dass Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im stationären Bereich durch den G-BA künftig nur noch ausgeschlossen werden können, wenn ihr Nutzen nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam sind. Praktisch ist der damit geforderte Nachweis allerdings nahezu unmöglich geworden. § 137e SGB V n.F. führt für innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowohl in der stationären als auch ambulanten Versorgung ein Erprobungsverfahren ein. Gelangt der G-BA bei seiner Prüfung einer Methode zur Auffassung, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist, kann er unter Aussetzung seines Bewertungsverfahrens eine Richtlinie zur Erprobung beschließen. Aufgrund der Richtlinie kann die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einem befristeten Zeitraum zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Anbieter einer innovativen Methode erhalten das Recht, beim G-BA eine solche Erprobung zu beantragen, § 137e Abs. 7 SGB V n.F. Die Finanzierung erfolgt über einen Systemzuschlag nach § 139c SGB V, wobei die Hersteller von Medizinprodukten an der Finanzierung beteiligt werden (§ 137e Abs. 6 SGB V n.F.). Mit der Einfügung eines neuen Absatzes 1a in § 2 SGB V wird im Leistungsrecht der GKV der sog. Nikolaus-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.12.2005 auf Gesetzesebene umgesetzt. Das BVerfG hatte bekanntlich entschieden, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip es verbieten, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte und medizinischen Standards entsprechende Behandlung zur Verfügung steht, von der Leistung einer angewandten Behandlungsmethode aus- → Basistext_55x257mm_RZ.indd 1
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10 zuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Der neue § 2 Abs. 1 a SGB V, der den Leitsatz der BVerfGEntscheidung fast wörtlich übernimmt, hat insoweit hauptsächlich eine klarstellende Funktion. Eine entsprechende Leistungsgewährung entspricht bereits der Praxis der Krankenkassen und wurde auch vom G-BA bereits durch Beschluss vom 20.1.2011 anerkannt.
IX. Gemeinsamer Bundesausschuss Insbesondere die weitreichenden Kompetenzen zum Erlass von Richtlinien, die auch durch das GKV-VStG an verschiedenen Stellen weiter ausgedehnt bzw. von gesetzlichen Restriktionen befreit werden, machen den G-BA zu einem (gar nicht so) „kleinen Gesetzgeber“ im Gesundheitswesen. Nach dem Rechtskonkretisierungskonzept des Bundessozialgerichts (BSG) stellen die Richtlinien des G-BA ein verbindliches außenwirksames Recht dar, mit dem die gesetzlichen Rahmenrechte ausgefüllt werden. Obwohl die fachgerichtliche Rechtsprechung die demokratische Legitimation des G-BA ausdrücklich bestätigt und das BVerfG in seinen Entscheidungen zumindest nichts dagegen vorgebracht hat, wird diese Frage im Schrifttum weiter kontrovers diskutiert. Wie schon das GKV-WSG sieht nun auch das GKVVStG eine Veränderung der Strukturen des G-BA vor. Zur Stärkung der Neutralität der drei unparteiischen Mitglieder des G-BA verlangt § 91 Abs. 2 Satz 3 SGB V n.F. zukünftig, dass diese nicht mehr unmittelbar aus dem Kreis der Trägerorganisationen und deren Mitgliedern kommen dürfen. Es können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr vor der Berufung nicht bei den Trägerorganisationen, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Psychotherapeut tätig waren. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah demgegenüber noch eine Karenzzeit von drei Jahren vor, die seit einer entsprechenden Beschäftigung vergangen sein musste. Insofern fällt die Stärkung der „Neutralität“ der unparteiischen Mitglieder in der endgültigen Regelung relativ zurückhaltend aus. Ausgeschlossen ist quasi nur der direkte Wechsel von einer der Trägerorganisationen bzw. aus einer der genannten anderen Positionen in den G-BA. Die Zeit von einem Jahr dürfte hierbei kaum ausreichen, um den gewünschten interessenmäßigen Abstand zur vorherigen Beschäftigung herzustellen. Die Amtszeit der Mitglieder des G-BA wird
RA Dr. jur. Ralph Steinbrück allgemein auf sechs Jahre erhöht. Mit Wirkung ab Juli 2018 wird für die unparteiischen Mitglieder eine zweite Amtszeit ausgeschlossen, was ihre Unabhängigkeit gegenüber den Trägerorganisationen zweifellos stärken dürfte (§ 91 Abs. 2 Satz 15 SGB V n.F.). Zu begrüßen ist, dass der Gesundheitsausschuss des Bundestages die von den Trägerorganisationen vorgeschlagenen unparteiischen Kandidaten zukünftig in nicht-öffentlicher Sitzung anhört und einem Vorschlag mit Zweidrittelmehrheit widersprechen kann, wenn er die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht, § 91 Abs. 2 Satz 4 und 5 SGB V n.F. Der Gesundheitsausschuss erhält also vor allem in Bezug auf die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person ein (sachlich eingeschränktes) Prüfungs- und Vetorecht, das bei mehrmaliger Ausübung oder, wenn die Trägerorganisationen nach Ablehnung keinen neuen Vorschlag präsentieren, sogar dazu führen kann, dass das Berufungsrecht auf das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) übergeht. Die Politik – hier in Form des zuständigen Fachausschusses des unmittelbar demokratisch legitimierten Parlaments – ist also zukünftig wieder ein Player bei der Besetzung der unparteiischen Sitze im G-BA, den die Verbände der Gemeinsamen Selbstverwaltung bei ihren Vorschlägen zumindest berücksichtigen müssen. Wenn sich die Trägerorganisationen auf einen bestimmten Besetzungsvorschlag einigen können, wird ein Veto des Gesundheitsausschusses jedoch voraussichtlich ein seltener (hypothetischer) Ausnahmefall bleiben. Der nach wie vor prekären demokratischen Legitimation des G-BA ist damit jedenfalls nicht abgeholfen, zumal gerade die Seite der leistungsberechtigten Versicherten weiterhin nicht angemessen repräsentiert wird. Änderungen ergeben sich auch bei der Beschlussfassung des G-BA. Bei Beschlüssen, von denen nicht jede der drei Leistungserbringungsorganisationen, die Kas- →
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12 senärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), betroffen ist, werden nach § 91 Abs. 2a SGB V n.F. die Stimmen der nicht betroffenen Leistungserbringer jeweils zu gleichen Teilen auf die Mitglieder der betroffenen Leistungserbringerorganisationen übertragen. Indem damit nur die Mitglieder der jeweils sachlich betroffenen Trägerorganisationen an der Beschlussfassung des G-BA beteiligt sind, soll eine dem jeweiligen Beschlussgegenstand angepasste und sachgerechte Stimmverteilung gewährleistet werden. Für Beschlüsse des G-BA, die wegen des Ausschlusses von bisher zu Lasten der GKV erbrachten Leistungen besondere Auswirkungen auf die Versorgung haben und mit sektorenübergreifender Stimmverteilung getroffen werden, wird in § 91 Abs. 7 Satz 3 SGB V n.F. ein Mindestquorum von neun Stimmen eingeführt, das in etwa einer Zweidrittelmehrheit entspricht. Damit sollen diese weitreichenden Entscheidungen ausweislich der Entwurfsbegründung auf eine „breitere Akzeptanzbasis“ gestellt werden. De facto werden Beschlüsse zum Ausschluss von Leistungen und damit eine Bereinigung des Leistungskatalogs entsprechend der wissenschaftlichmedizinischen Datenlage damit weiter erschwert, was – wie bereits beim Ausschluss von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im stationären Bereich – eine allgemeine Tendenz des Gesetzgebers widerspiegelt. 1
X. Stärkung der wettbewerblichen Handlungsmöglichkeiten der Krankenkassen Ob das GKV-VStG tatsächlich, wie vom Gesetzgeber postuliert, eine „Stärkung wettbewerblicher Instrumente“ der Krankenkassen bewirkt, kann in dieser Allgemeinheit bezweifelt werden. In Bezug auf das Leistungserbringungsrecht ist eher das Gegenteil der Fall. So wird in ersten Stellungnahmen in der Literatur davon gesprochen, das GKV-VStG „drehe das Rad des Wettbewerbs zurück.“ Bemängelt wird vor allem, dass die Möglichkeiten für Selektivverträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern nicht weiter ausgebaut und verbessert, sondern teilweise in zentralen Bereichen – wie bei der Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung (ASV; § 116b SGB V) – gar nicht (mehr) vorgesehen werden. Der Vertragswettbewerb wird also eher geschwächt. Gestärkt werden demgegenüber die Spielräume der Krankenkassen bei der Festlegung von zusätzlichen Leistungen für Versicherte durch ihr Satzungsrecht. Die für solche Satzungsleistungen in Betracht kommenden Leistungsbereiche werden in § 11 Abs. 6 SGB V n.F. abschließend aufgeführt. Dazu zählen Vorsorge und Rehabilitation, künstliche Befruchtung, zahnärztliche Behandlungen (ohne Zahnersatz), der Einsatz nicht verschreibungspflichtiger Medikamente, Heilmittel, Hilfsmittel sowie die häusliche Krankenpflege und die Haushaltshilfe. Darüber hinaus können auch Leistungen von „nicht zugelassenen Leistungserbringern“ als Satzungsleistungen vorgesehen werden, wie etwa von Privatärzten, Heilpraktikern und Privatkliniken, mit denen die Krankenkassen Verträge abschließen können. Trotz der massiven Kritik des Bundesrates mit Blick auf eine neue Konkurrenz für die zugelassenen (Plan-) Krankenhäuser „durch die Hintertür“ wurde die Regelung nicht eingeschränkt. Die deutliche Ausweitung der GKV-Satzungsleistungen hat im Gesetzgebungsverfahren auch die privaten Krankenversicherer auf den Plan gerufen. Sie fürchten um einen Teil ihrer Geschäftsfelder und kritisieren die Regelung daher scharf. Allerdings dürften die Möglichkeiten der Krankenkassen, entsprechende Zusatzleistungen anzubieten, schon wegen der Finanzierung an natürliche Grenzen stoßen. Zusätzliche Satzungsleistungen werden hauptsächlich über Zusatzbeiträge zu finanzieren sein und haben auch keinen Einfluss auf die Zuweisungen, die die jeweilige Krankenkasse aus dem Gesundheitsfonds erhält. → 1 – Pitopia
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XI. Weiteres und Ausblick Das GKV-VStG enthält noch eine ganze Reihe von weiteren Änderungen und Neuregelungen, die ausführlicheren Bearbeitungen vorbehalten bleiben müssen. Besonders erwähnt seien an dieser Stelle lediglich noch die (konkretisierende) Festschreibung des Entlassmanagements als Bestandteil der Krankenhausbehandlung in § 39 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB V n.F. sowie Regelungen zur Sicherstellung des Versichertenschutzes bei Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse, die vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der City BKK in das GKV-VStG aufgenommen wurden (§ 19 Abs. 1a SGB V n.F.).
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Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das GKV-VStG eine Vielzahl an begrüßenswerten Regelungen enthält, die an den unterschiedlichen Stellschrauben des immer unübersichtlicher werdenden Gesetzeswerks drehen. Ein gesundheitspolitisches Gesamtkonzept wird dahinter allerdings höchstens in vagen Umrissen erkennbar. Ob die nun getroffenen Maßnahmen tatsächlich dazu beitragen werden, die Bedarfslage in unterversorgten Gebieten zu verbessern und Überkapazitäten abzubauen, bleibt abzuwarten. Viel wird von den handelnden Akteuren, vor allem dem G-BA und den KVen, abhängen, die die Bedarfsplanung konkretisieren und umsetzen müssen. Ein zukunftsweisender Schritt ist sicher die Flexibilisierung der vertragsärztlichen Berufsausübung, die das GKV-VStG konsequent fortschreibt. Auch bleibt abzuwarten, welche Entwicklung die ASV als sektorenübergreifender Versorgungsbereich nehmen wird. m RA Dr. jur. Ralph Steinbrück Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwälte Ulsenheimer und Friederich Maximiliansplatz 12, 80333 München Tel.: 089/2420810, Fax: 089/24208119 E-Mail: steinbrueck@uls-frie.de
Steuern
Praxisgebühr nicht als Sonderausgabe abziehbar In der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen bei ihrem ersten Arztbesuch im Kalendervierteljahr grundsätzlich eine Praxisgebühr in Höhe von 10 Euro. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun zur steuerlichen Behandlung der Praxisgebühr Stellung genommen und eine Berücksichtigung als Sonderausgabe abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei dieser Zuzahlung nicht um einen (verdeckten) zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag, sondern um eine „eigenständige Abgabe zum Zwecke der Eigenbeteiligung der Versicherten an den Krankheitskosten.“ Eine Berücksichtigung als Vorsorgeaufwendungen kommt deshalb nicht in Betracht. Ob die Praxisgebühr als „Krankheitskosten“ im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden kann, ließ das Gericht offen, weil im Streitfall die gezahlten Beträge unterhalb der zumutbaren Belastung lagen und sich deshalb steuerlich nicht ausgewirkt hätten. m
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16 Festbetragsarzneimittel
GKV-Leistungspflicht nicht automatisch auf Festbetrag beschränkt Bis vor kurzem gingen die Krankenkassen wie selbstverständlich davon aus, dass sich ihre Leistungspflicht bei Arzneimitteln auf einen bestehenden Festbetrag beschränkt. Dem ist das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 03.07.2012 (Az.: B 1 KR 22/11 R) nun entgegengetreten.
Durch die aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts ist in den Leistungsanspruch des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse in Bezug auf Fertigarzneimittel wieder Bewegung gekommen: Konkret führte der 1. Senat des BSG aus, dass die Krankenkasse, wenn für ein Arzneimittel wirksam ein Festbetrag festgesetzt ist, grundsätzlich nur die Kosten bis zur Höhe dieses Festbetrages übernehmen muss. In atypischen Ausnahmefällen aber greift diese Leistungsbegrenzung nicht, wenn nur eine Leistung möglich ist, die höhere Kosten als den Festbetrag auslöst. Das bedeutet: Wenn alle zum Festbetrag erhältlichen Arzneimittel objektiv festgestellte unerwünschte Nebenwirkungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verursachen und diese Nebenwirkungen die Qualität einer behandlungsbedürftigen Erkrankung erreichen, muss die Krankenkasse auch Kosten übernehmen, die durch einen Arzneimittelpreis oberhalb des Festbetrages entstehen. Die Kostenübernahme muss zumindest für die Dauer eines aussagekräftigen Heilversuchs erfolgen. Damit stellt das BSG seine Rechtsprechung zur Kostenübernahmeverpflichtung der Krankenkassen bei Arzneimitteln der ständigen Rechtsprechung im Bereich der Hilfsmittel gleich: Zum Beispiel haben nach § 33 Abs.1 S.1 SGB V Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, wenn sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Dieser Anspruch ist gemäß § 12 Abs.1 SGB V lediglich durch das Wirtschaftlichkeitsgebot auf das Maß des Notwendigen beschränkt. Geschuldet ist daher die kostengünstigste Hörhilfe, die für den Behinderungsausgleich erforderlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist die Leistungspflicht in der GKV nur auf solche Hilfsmittel beschränkt, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden kann (z. B. BSG: 17.12.2009; Az.:
B 3 KR 20/08 R). Bereits im Jahr 2002 hatte das Bundesverfassungsgericht (17.12.2002; BVerfG 106, 275, 309f) entschieden, dass ein für ein Hilfsmittel festgesetzter Festbetrag die Leistungspflicht der Krankenkasse jedenfalls dann nicht begrenzt, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht. Dementsprechend ist es inzwischen ständige sozialgerichtliche Rechtsprechung (z. B. auch LSG Meck.Pom. L 6 KR 11/08), dass eine Versorgung mit Hilfsmitteln zu Festbeträgen der Höhe nach nicht geeignet ist, eine in der Qualität gesicherte Versorgung zu gewährleisten. Zum Beispiel ist jedes mehr als nur geringfügige Mehr an Sprachverstehen und Richtungsgehör ein wesentlicher Gebrauchsvorteil und bewirkt einen Leistungsanspruch des Versicherten. Durch die aktuelle BSG-Rechtsprechung zu den Festbeträgen bei Arzneimitteln ist nunmehr auch in diesem Bereich festzustellen, dass der Leistungsanspruch des Versicherten nicht mehr zwingend auf den Festbetrag beschränkt ist. Wenn nachweisbar ist, dass eine ausreichende Versorgung des Patienten mit zum Festbetrag erhältlichen Arzneimitteln nicht möglich ist, hat er Anspruch auf Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten durch die Krankenkasse. Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die durch die zur Verfügung stehenden Festbetragsarzneimittel zu befürchten sind, müssen dabei die Qualität einer behandlungsbedürftigen Erkrankung erreichen. Entgegen der Auffassung der Krankenkassen ist es jedoch nicht erforderlich, dass die zu befürchtenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen lebensbedrohlich sein müssen. m
Rechtsanwältin und Apothekerin Isabel Kuhlen Kanzlei Kuhlen GbR Rathausplatz 5 34246 Vellmar Tel: 0561/3171517 Fax: 0561/3171518 E-Mail: isabel.kuhlen@kanzlei-kuhlen.de
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18 Arztrecht
Kann ein Vertragsarzt „Herr zweier Vertragsarztsitze sein!?“ Der durch das Versorgungsstrukturgesetz neu geregelte, aber bisher in der Zulassungspraxis eher selten angewendete § 103 Abs. 4 b Satz 2 SGB V eröffnet Vertragsärzten die Möglichkeit, sich auf einen Vertragsarztsitz eines Kollegen zu bewerben und diesen auch zu übernehmen. Auf diesem Vertragsarztsitz muss aber dann – da ein Vertragsarzt offiziell nicht zwei Sitze gleichzeitig besetzen kann – ein angestellter Arzt des „Übernehmers“ tätig werden.
Konkret hat in solchen Fällen der den Vertragsarztsitz übernehmende Arzt einen Antrag auf Kassenzulassung beim zuständigen Zulassungsausschuss zu stellen. Gleichzeitig hat er einen Antrag auf Beschäftigung eines angestellten Arztes bzw. einen Antrag auf Anstellung ohne Leistungsbegrenzung beim zuständigen Zulassungsausschuss zu stellen. Dadurch wird gewährleistet, dass durch dieses Konstrukt ein weiteres Budget geschaffen wird, was dem übernehmenden Vertragsarzt zu Gute kommt.
Möglichkeiten des § 103 Abs. 4 b Satz 2 SGB V Im Einzelnen: Gemäß § 103 Abs. 4 b Satz 2 kann eine Praxis, sofern sie von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden soll, auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Mit dieser Regelung werden die Vertragsärzte nunmehr den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gleichgestellt. Diesen war es bereits vor Geltung des Versorgungsstrukturgesetzes möglich, sich auf einen Vertragsarztsitz eines Kollegen als MVZ zu bewerben. Das MVZ mussten dann lediglich einen Arzt benennen, der den Vertragsarztsitz des abgebenden Arztes „weiterführen“ sollte. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass bei einem Nachbesetzungsverfahren, bei dem ein MVZ involviert ist, dieser übernommene Vertragsarztsitz stets zunächst zum Vertragsarztsitz des MVZ gezogen wird. Diese für das MVZ geltende Regelung wurde nun durch das ab dem 01.01.2012 geltende Versorgungsgesetz auch auf die Vertragsärzte übertragen. Sofern ein Arzt einen Vertragsarztsitz von einem Kollegen gemäß § 103 Abs. 4 b Satz 2 übernimmt und von einem angestellten Arzt weiterführen lässt, wird dieser Vertragsarztsitz zum Ort des übernehmenden Vertragsarztes überge-
RA Rainer Kuhlen leitet. Für den Fall, dass der Vertragsarztsitz am Ort des abgebenden Vertragsarztes weitergeführt werden soll, muss der übernehmende Vertragsarzt eine Zweigstellengenehmigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) (und nicht beim Zulassungsausschuss beantragen), der in solchen Konstellationen regelmäßig positiv beschieden wird. § 103 Abs. 4 b Satz 2 ist auch ohne weiteres übertragbar auf offene Planungsbereiche. Konkret bedeutet dies Folgendes: Sofern ein Vertragsarzt in einem offenen Planungsbereich eine „weitere“ Zulassung erwerben möchte, kann dieser beim zuständigen Zulassungsausschuss einen Antrag auf eine Kassenzulassung stellen. Da der Vertragsarzt nicht gleichzeitig zwei Zulassungen bekleiden kann, hat er gleichzeitig einen Antrag auf Anstellung ohne Leistungsbeschränkung bzw. einen Antrag auf Beschäftigung eines angestellten Arztes zu stellen, damit diese neu erworbene „Zweit“-Zulassung durch einen angestellten Arzt weitergeführt werden kann. Sofern der angestellte Arzt auf die „neu erworbene Zulassung“ an einem anderen Ort als Vertragsarztsitz tätig sein soll, hat der Vertragsarzt bzw. anstellende Arzt wiederum gleichzeitig einen Antrag auf eine Zweigstellengenehmigung bei der KV zu stellen. Da Gründe der vertragsärztlichen Versorgung in aller Regel dem nicht entgegenstehen, ist mit einer positiven Entscheidung sämtlicher Anträge zu rechnen. →
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20 In einigen KVen reicht es aber in „offenen Planungsbereichen“ aus, dass der Vertragsarzt lediglich einen Antrag auf Beschäftigung eines angestellten Arztes ohne Zulassungsbeschränkungen stellt, da in diesen Fällen dem antragstellenden Arzt für seinen Angestellten ein eigenes weiteres Budget eingeräumt wird. Welcher Weg am besten umsetzbar ist, sollte mit dem jeweils zuständigen Zulassungsausschuss vorab geklärt werden. Für den anstellenden Arzt bedeuten die vorgestellten Konstellationen des § 103 Abs.4 b Satz 2 SGB V, dass
er keine GbR oder eine Partnerschaftsgesellschaft mit seinem Kollegen gründen muss, sondern schlicht ein Angestelltenverhältnis abschließen kann, das im Zweifelsfall leichter zu beenden ist als eine Gesellschaft. Im Gegenzug aber darf bzw. muss er das wirtschaftliche Risiko der Praxis allein tragen. Aus Sicht des angestellten Arztes führt die dargestellte Konstellation dazu, dass er kein wirtschaftliches Risiko tragen muss, aber dennoch im niedergelassenen Bereich tätig sein kann. m
Sukzessive Übertragung eines Vertragsarztsitzes auf einen Nachfolger – ist das möglich? Viele Vertragsärzte wünschen sich am Ende ihrer ärztlichen Laufbahn, dass ihre Patienten, die sie jahrelang betreut haben, auch zukünftig in ihrem Sinne weiterbehandelt werden. So soll ihre Praxis von dem von ihnen ausgewählten Wunschnachfolger weitergeführt werden. Zu diesem Zweck ist es von Vorteil, wenn für einige Zeit beide Ärzte in der Praxis arbeiten können.
Die Möglichkeit einer solchen „sanfte Nachfolge“ kann realisiert werden: Konkret kann z. B. in einem ersten Schritt zunächst nur eine halbe Zulassung von dem abgabewilligen „Senior“ auf den Wunschnachfolger („Junior“) übergehen und dann einige Zeit später in einem zweiten Schritt die andere hälftige Zulassung. Zunächst kommt man hinsichtlich der Übertragung der „ersten halben“ Zulassung des Vertragsarztes (Senior) auf seinen Nachfolger (Junior) nicht umhin, ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen. Dies, da der Wunschkandidat in den meisten Fällen nicht selbst Vertragsarzt ist, sondern ein Arzt ist, der z. B. zuvor in einem Krankenhaus gearbeitet hat und nun eine Tätigkeit als Vertragsarzt aufnehmen möchte. Im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens muss sich dann der Wunschkandidat ggf. gegen mehrere Bewerber durchsetzen, wobei in einigen KVen der Wunschkandidat nach § 103 Abs. 6 SGB V jedenfalls dann privilegiert ist, wenn der die hälftige Zulassung ausschreibende Arzt und der Wunschkandidat für diese hälftige Zulassung eine Berufsausübungsgemeinschaft gründen möchten. In diesen Fällen wird in einigen KVen § 103 Abs. 6 SGB V analog angewendet. Diese Vorschrift besagt, dass, wenn ein Sitz in einer Berufsausübungsgemeinschaft ausgeschrieben wird, die verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen sind. In dem skizzierten Fall wird jedoch kein Vertragsarztsitz aus einer Berufsausübungsgemeinschaft, sondern aus einer Einzelpraxis ausgeschrieben. Da beide Ärzte dennoch zusammenarbeiten sollen, wird in der Regel
über eine analoge Anwendung der Vorschrift berücksichtigt, welchen Kandidat der „Senior“ bevorzugt. Die Übertragung der zweiten hälftigen Zulassung vom „Senior“ auf den „Junior“ lässt sich dagegen so planen, dass keine anderen Bewerber mehr eine Rolle spielen. Um ein möglicherweise zeitlich langwieriges Nachbesetzungsverfahren bezüglich dieser zweiten hälftigen Zulassung zu vermeiden, bietet sich zunächst ein Vorgehen nach § 103 Abs. 4 b SGB V an. Danach verzichtet der „Senior“ zu Gunsten des „Juniors“ auf seine verbleibende hälftige Zulassung zwecks Anstellung bei diesem. Durch diesen Schritt hat der „Senior“ nunmehr keine Zulassung mehr inne. Dies bedeutet aber nicht, dass der „Junior“ den zweiten halben Vertragsarztsitz des „Seniors“ auf sich gezogen hat bzw. Inhaber dieser Zulassung ist. Vielmehr sitzt – bildlich gesprochen – der Senior als Angestellter auf seinem ehemaligen hälftigen Vertragsarztsitz. Die Rechtslage vor dem 01.01.2012 sah so aus, dass derjenige, der Inhaber einer Arztstelle für einen angestellten Arzt (sog. Angestelltensitz) war, nur solange in den Genuss des damit auch verbundenen weiteren Budgets kam, wie dieser Sitz auch von einem Angestellten ausgefüllt wurde. Sofern der Inhaber einer solchen Arztstelle aber keinen Angestellten fand, der diesen Angestelltensitz ausfüllte, entfiel für ihn auch das weitere damit verbundene Budget. Durch das ab dem 01.01.2012 geltende GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde in § 95 Abs. 9 b SGB V
21 nunmehr eine Regelung geschaffen, wonach ein solcher Angestelltensitz auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes wieder in eine originäre Zulassung rückumgewandelt werden kann. In der Begründung zum GKV-VStG ist zu Absatz 9 b wörtlich Folgendes geregelt: „Hierzu sieht die Vorschrift vor, dass die genehmigte Anstellung vom Zulassungsausschuss auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes (hier Junior) in eine Zulassung umzuwandeln ist. Als Inhaber der bisherigen Arztstelle für einen angestellten Arzt kann der anstellende Vertragsarzt (Junior) entscheiden, ob er selbst (Junior) oder der bisher angestellte Arzt (Senior) Inhaber der neuen Zulassung werden möchte.“ Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der anstellende Vertragsarzt (Junior) auch die zweite hälftige Zulassung des „Seniors“ direkt auf sich ziehen bzw. auch selbst Inhaber dieser Zulassung werden kann. Damit hat er auch das zweite hälftige Budget unmittelbar inne und ist nicht davon abhängig, ob er einen angestellten Arzt findet, der den Angestelltensitz ausfüllt. Nur scheinbar in Widerspruch zu dem soeben Ausgeführten steht der folgende Satz nach der oben zitierten Passage in der Begründung zum GKV-VStG zu Absatz 9 b. Dort steht: „Will der anstellende Vertragsarzt Inhaber der Zulassung werden, hat er zugleich die Durchführung eines Nachbesetzungsverfah-
rens bei der KV nach § 103 Abs. 4 zu beantragen und kann dadurch eine nicht mehr benötigte Arztstelle im Zuge des Nachbesetzungsverfahrens wirtschaftlich verwerten.“ Diese Formulierung bezieht sich nur auf den Fall, dass der anstellende Arzt bereits eine „volle“ Zulassung hat und somit bei ihm keine Rückumwandlung einer (weiteren) Voll- oder Teilzulassung möglich ist, da dieser anstellende Arzt nicht „Herr zweier Vertragsarztsitze“ sein kann. So lässt sich im Ergebnis die Praxisnachfolge so gestalten, dass die sukzessive Übertragung eines Vertragsarztsitzes möglich ist und die Durchführung nur eines von zwei Nachbesetzungsverfahren erforderlich ist. Gleichzeitig haben „Senior“ und „Junior“ ausreichend Zeit, die Praxisübergabe so zu gestalten, dass die Patienten individuell in die Behandlung des Nachfolgers übergeben werden können. m Rechtsanwalt Rainer Kuhlen Fachanwalt für Medizinrecht Kanzlei Kuhlen GbR Rathausplatz 5 34246 Vellmar Tel: 0561/3171517 Fax: 0561/3171518 E-Mail: info@kanzlei-kuhlen.de
Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“ Thema: Ausstieg aus Gemeinschaftspraxis Frage: Ich plane zum 30.03.2013 aus einer Gemeinschaftspraxis auszusteigen. Wirtschaftlich soll ich auf Wunsch meiner Kollegen jedoch nur bis zum 31.12.2012 an Gewinn und Verlust beteiligt sein, da ich in den letzten Monaten die Zeit nutzen möchte, meinen neuen Standort aufzubauen. Kann ich meine Zulassung für ein Quartal in der Praxis einfach „parken“?
Zeit keine ärztliche Tätigkeit ausüben, so kann Ihre Tätigkeit gewerbesteuerpflichtig werden. Sie sollten also, wenn auch im geringen Umfang, im letzten Quartal ärztlich tätig sein. Gegebenenfalls kann zwischen Ihnen und den verRA Christian Koller bleibenden Gesellschaftern eine Vereinbarung getroffen werden, dass Sie für dieses Quartal entsprechend Ihrer tatsächlichen Arbeitsleistung an Gewinn und Verlust beteiligt werden. m
Antwort: Hier stellt sich schon ein steuerrechtliches Problem. Sollten Sie zwar noch Mitglied der Gesellschaft sein, jedoch über eine längere
Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
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22 Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung
Vorschläge des BDRh zur Umsetzung für den niedergelassenen Bereich Zur Erinnerung: Mit dem Versorgungsstrukturgesetz, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, wurde die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) als neue Versorgungsebene eingeführt und soll den alten § 116 b, die Versorgung von schweren Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen in entsprechenden Ambulanzen, ablösen. Für Praxen und Ambulanzen, die an der neuen Versorgungsebene teilnehmen, sollen gleiche Zugangsbedingungen und gleiche Struktur- und Vergütungsvorgaben bestehen.
Ende dieses Jahres sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Richtlinien für die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung festgelegt sein. Schon Ende letzten Jahres wurde dieser Zeitplan vom damaligen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA), Herrn Dr. Hess, in Frage gestellt. Anfang dieses Jahres verbreiteten vor allem die Referenten des Spitzenverbandes der Krankenkassen Skepsis über die Chance, zeitnah die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und stellten einen ganzen Katalog an Problempunkten zusammen, der zeigen sollte, wie schwierig und aufwändig eine Konsensbildung innerhalb des G-BA werden würde. In der Tat erscheint es auf den ersten Blick eine Mammutaufgabe, umfangreiche Richtlinien für 14 seltene Erkrankungen und die Gruppe der schweren Verlaufsformen von Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen, wie z. B. die onkologischen Erkrankungen, die rheumatologischen Erkrankungen und sieben weiteren Krankheitsformenkreisen zu erstellen, und Verwaltungsvorgaben für einen ganz neuen Versorgungssektor zu kreieren. Etwas in den Hintergrund geriet dabei, dass bereits detaillierte Vorgaben für die Ambulanzen nach § 116 b vorliegen und es eigentlich nahezu ausschließlich darum geht, die bisherigen Vorgaben auf die Situation der niedergelassenen Fachärzte, der Praxen, zu adaptieren. Bereits vor Monaten hatten der Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) und der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) in einer gemeinsamen Stellungnahme gefordert, die Rheumatologie bei der Erstellung der Richtlinien vorzuziehen. Insbesondere besteht Einigkeit in beiden Verbänden, dass die Vorgaben der bisherigen Richtlinie in Hinblick auf die Diagnosen der schweren Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen und die erfolgte Verbindung mit der Definition des Schweregrades (z. B. immunsuppressive Behandlung) übernommen werden sollen. Bezüglich der allgemeinen und fachgebietsbezogenen Diagnostik ist der Vorschlag des BDRh, die bild-
Dr. med. Edmund Edelmann gebende Diagnostik mit Großgeräten (MRT, CT etc.) außerhalb der ASV zu vergüten und die konventionelle Röntgendiagnostik dort, wo sie Bestandteil der ASV-Einrichtung ist, in der ASV-Vergütung zu belassen. Gleiches gilt für die spezielle fachgebietsbezogene Labordiagnostik. Ein wichtiger Punkt ist die Kooperation mit zahlreichen anderen Fachgruppen. Diese Kooperation mit in der Nähe des Praxisstandortes lokalisierten Fachgruppen kommt bei dem großen Einzugsgebiet der internistisch-rheumatologischen Praxen nur einem kleineren Teil der Patienten zu Gute. Als sinnvoller erscheint eine Kooperation mit einer nahegelegenen Akutklinik zur Nutzung der Infrastruktur für Notfälle, für den 24 hNotdienst und die im alten § 116 b vorgegebene Behandlung auf der Intensivstation. Bei einer vertraglich festgelegten Zusammenarbeit der/s Rheumatologin/ en vor Ort mit der jeweiligen Akutklinik würden sich neue Möglichkeiten der Sektoren-verbindenden Behandlung unserer Patienten ergeben. Zwei Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie sollen der Standard für die Krankenhäuser bleiben, die an der ASV teilnehmen. Für Einzelpraxen schlägt der BDRh eine Kooperation zur Urlaubs- und Krankheitsvertretung mit anderen internistisch-rheumatologischen Praxen bzw. einem MVZ mit einem Rheumatologen oder auch einer § 116 b-Ambulanz vor.
23 Die bisherigen Mindestzahlen (240 Patienten pro Jahr mit schweren Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen) im alten § 116 b können auch im niedergelassenen Bereich übernommen werden. Gleiches gilt für die Qualitätsvorgaben des alten § 116 b, wie z. B. eine Dokumentation, die eine ergebnisorientierte und qualitative Beurteilung der Behandlung ermöglicht.
Krankenkassen ins Feld geführten Konfliktpunkte für die Umsetzung der ASV im niedergelassenen Bereich positiv gelöst. Wir werden uns nachhaltig in allen Gremien dafür einsetzen, dass die Vorschläge des BDRh Eingang in die Richtlinien zur Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung bei schweren Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen finden. m
Dies sind die wichtigsten Vorschläge an den G-BA, an die KBV und an den GKV-Spitzenverband in der Stellungnahme des BDRh zur ASV. Mit Übernahme dieser Vorstellungen wäre die Mehrzahl der von den
Dr. med. Edmund Edelmann Erster Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e.V.
Neufassung der Heilmittel-Richtlinie 2011
Mehr Unzufriedenheit als Nutzen? Bereits im Juni 2011 trat eine Neuregelung der Heilmittel-Richtlinie in Kraft. Sie sollte Menschen mit dauerhaften und schweren funktionellen oder strukturellen Schädigungen eine langfristige Genehmigung der Verordnung von Heilmitteln außerhalb des Regefalls erleichtern. Ziel war außerdem, behandelnden Ärzten die Angst vor einem Regress durch eine langfristige Genehmigung zu nehmen. Nachdem diese Neuregelung in der Praxis bereits zu erheblichen Umsetzungsschwierigkeiten führte, hat der Gesetzgeber reagiert und mit § 32 Abs. 1a SGB V geregelt, dass die aufgrund einer Langzeitgenehmigung erfolgten Verordnungen nicht mehr einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen.
Bis heute gibt es allerdings erhebliche Probleme bei der Umsetzung der Langzeitverordnung von Heilmitteln für den betroffenen Personenkreis. Zum Teil betreffen sie die Ärzte, weil entsprechende Vordrucke für die Verordnung nicht vorliegen und die Feststellung des langfristigen Versorgungsbedarfs nach § 8 Abs. 5 der Heilmittel-Richtlinie durch diese dann nicht erfolgt. Letztlich geht dies aber zu Lasten der Patienten, denen diese Langfristverordnung verweigert wird. Zum anderen führen langwierige Prüfungen offensichtlich vorliegender Voraussetzungen für eine Verordnung durch die Krankenkassen und lange Bearbeitungszeiten der Anträge zur Verzögerung bei der notwendigen Versorgung der Betroffenen. Die Patientenvertretung im G-BA hat sich im Juli 2012 in einem offenen Brief an die Politik und die Spitzenverbände der Ärzte und Krankenkassen gewandt. Der Brief enthält die dringende Bitte, die Lücken bei der Versorgung mit Heilmitteln für Menschen mit schweren und dauerhaften Behinderungen endlich zu schließen und die notwendigen Veränderungen voranzutreiben. Mittlerweile hat sich das BMG eingeschaltet und sowohl den GKV-Spitzenverband als auch die KBV aufgefordert, eine einvernehmliche Lösung herzustellen. Dabei ist die rechtliche Grundlage für die Verordnung von Heilmitteln klar: Die Heilmittel-Richtlinie unterscheidet grundsätzlich zwischen Verordnungen innerhalb und außerhalb des
Regelfalls. Verordnungen innerhalb des Regelfalls erfolgen auf der Grundlage des § 7 der Richtlinie. Lässt sich die Behandlung nicht erfolgreich abschließen, so sind weitere Verordnungen möglich. Diese erfolgen dann außerhalb des Regelfalls. Grundlage für Verordnungen außerhalb des Regelfalls bzw. längerfristige Verordnungen ist § 8 Abs. 4 der Heilmittel-Richtlinie. Die Verordnung erfolgt durch den behandelnden Arzt, muss begründet und der Krankenkasse in der Regel zur Genehmigung vorgelegt werden. Krankenkassen haben die Möglichkeit des Genehmigungsverzichts, von dem bisher auch viele der Kassen Gebrauch gemacht haben. Zusätzlich zu der bereits bestehenden Möglichkeit der Verordnung nach § 8 Abs. 4 wurde 2011 – auf Initiative der Patientenvertretung – die sog. langfristige Genehmigung nach § 8 Abs. 5 in die Heilmittel-Richtlinie aufgenommen. Die langfristige Genehmigung hat zur Folge, dass ohne Besorgnis vor einem Regress die erforderlichen Heilmittel verordnen werden können. Die Verordnung von Heilmitteln nach § 8 Abs. 4 ist jedoch nach wie vor möglich, auch wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 nicht vorliegen. Auch die Deutsche Rheuma-Liga setzt sich dafür ein, dass die Regelungen der Heilmittel-Richtlinien entsprechend umgesetzt werden. Der Zugang zur langfristigen Verordnung von Heilmitteln für die Betroffenen darf nicht mit unnötigen Hürden verbunden sein. m
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
24 DGRh-Kongress 2012 in Bochum
Rheumatoide Arthritis: IQWiG-Bericht und S1-Leitlinie im Fokus Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Bochum wurde insbesondere mit Blick auf die Rheumatoide Arthritis (RA) von der Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher Evidenz in Form der neuen S1-Leitlinie zur RA-Therapie und der Nutzenbewertung von Biologika seitens des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) geprägt.
Im Zuge des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) müssen Pharmafirmen den Nutzen neu zugelassener Therapien im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten belegen, wenn die gesetzlichen Krankenkassen diese erstatten sollen. Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) prüft das IQWiG zurzeit den Nutzen von Biologika als Zweitlinientherapie bei RA-Patienten. Die neun zugelassenen Biologika zeigen größtenteils einen Zusatznutzen im Vergleich zu herkömmlichen DMARD-Therapien, wie das IQWiG Ende Juni 2012 in einem Vorbericht konstatierte. Die DGRh begrüßt diese Beurteilung, kritisiert jedoch grundsätzlich, dass Ergebnisse des RABBIT-Registers mit fast 11.000 RA-Patienten nicht beachtet werden. Die Ergebnisse aus RABBIT sind nicht nur in Bezug auf den Nutzen der Biologika eindeutig, sondern auch bezüglich der Sicherheit, was nicht nur im Hinblick auf Begleiterkrankungen wichtig ist. Das IQWiG berücksichtigt ausschließlich Direktvergleiche und placebokontrollierte Studien, jedoch entsprechen nur etwa ein Drittel der Probanden in Zulassungsstudien der „Real life“-Studienpopulation des RABBIT-Registers. „Die Datenbewertung des IQWiGs spiegelt den Nutzen für RA-Patienten daher nur partiell und insgesamt nicht realitätsnah wider“, erläuterte DGRh-Präsident Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne. Gerade im Hinblick auf vom IQWiG selbst geforderte Daten zur Mortalität und Morbidität müssten die Registerdaten beachtet werden. „Daher fordert die DGRh, dass das IQWiG
auch Ergebnisse der Versorgungsforschung in seine Bewertung einbezieht“, so Braun weiter. Denn die RABBIT-Daten zeigen, dass die Sterblichkeit der mit Biologika behandelten Patienten im Vergleich zu konventionellen DMARD-Therapien geringer ist. Die Zahl schmerzhafter, geschwollener Gelenke nimmt im historischen Vergleich zu den Daten von vor zehn Jahren ab. Zudem lassen sich Glukokortikoide einsparen – beides ein Zeichen einer im Mittel geringeren Krankheitsaktivität. Biologika vermindern damit auch z. B. kardiovaskuläre Folgeerkrankungen und eine dadurch bedingte kürzere Lebenserwartung bei RA-Patienten. „Leider hat das IQWiG seine negative Haltung zu Registern trotz dieser Fakten bei der am 14. September erfolgten Experten-Anhörung zum Biologika-Nutzen ungeachtet aller von der DGRh und weiteren Experten vorgebrachten Argumente nochmals bekräftigt“, kritisierte Prof. Dr. Klaus Krüger, Sprecher der Kommission Pharmakotherapie der DGRh, München. Dennoch besteht die Aussicht auf eine insgesamt positive Beurteilung der Biologika im abschließenden IQWiG-Bericht und eine angemessene Bewertung seitens des G-BA. Schließlich lässt sich der erhebliche Nutzen der Biologika nach evidenz- aber auch erfahrungsbasierten Kriterien auch überzeugend aus der neuen S1-Leitlinie zur Therapie der RA ablesen – es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnisse nicht von IQWiG und G-BA zu sehr konterkariert werden. m Quelle: Kongress-Pressekonferenz anlässlich des DGRhKongresses, Bochum, 20. September 2012
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
25 RABBIT-Register
Neue Langzeitdaten zu Biologika Über die aktuelle Datenlage des deutschen RABBIT-Registers berichtete im Rahmen des DGRh-Kongresses in Bochum Prof. Dr. Angela Zink vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) in Berlin. Wichtige Erkenntnisse lieferte RABBIT in letzter Zeit insbesondere zum Mortalitätsrisiko unter Biologika, sowie zum Risiko von Malignomen und schweren Infektionen.
Bei einer Auswertung von 9.108 RA-Patienten des RABBIT-Registers über 31.972 Beobachtungsjahre hinweg wurden 451 Todesfälle verzeichnet. Im Vergleich zur Normalbevölkerung entspricht dies einer standardisierten Mortalitätsrate (SMR) von 1,5. Die kumulative Krankheitsaktivität gemäß dem mittleren DAS28 im zeitlichen Verlauf war dabei ein starker Prädiktor für vorzeitige Mortalität, betonte Zink.
Mortalität, Krebsrisiko und schwere Infektionen im Fokus Während Frauen mit niedriger oder moderater Krankheitsaktivität (DAS28 <4,1) sogar eine niedrigere SMR hatten als die altersgleiche Normalbevölkerung und Männer etwa vergleichbare Raten, betrug die SMR 1,3 für Frauen und Männer mit moderat erhöhter Krankheitsaktivität (DAS28 ≥4,1, ≤5,1) und mehr als das Dreifache für Patienten mit lang anhaltend hoher Krankheitsaktivität. Insgesamt betrug die adjustierte Hazard Ratio 2,4 für Patienten, die persisitierend einen DAS28 >5,1 hatten, verglichen zu solchen mit niedriger Krankheitsaktivität. Im Vergleich zu einer konventionellen DMARD-Therapie zeigte sich für die mit TNF-Blockern behandelten Patienten eine signifikant niedrigere Mortalität, ein (aufgrund der geringen Gruppengröße) nicht-signifikanter Trend wurde auch für Rituximab und andere Biologika dokumentiert, so Zink weiter. Andererseits erhöhten Glukokortikoide in Dosierungen >10 bzw. >15 mg/Tag das Sterblichkeitsrisiko um den Faktor 2,0 respektive 3,6. Durch Zusammenführung mit dem bevölkerungsbezogenen Krebsregister konnte das schwedische ARTISRegister belastbare Analysen zum Risiko für Lymphome und solide Tumoren vorlegen. In beiden Fällen wurde insgesamt kein gegenüber anderen RA-Patienten gesteigertes Risiko für diejenigen gefunden, die mit TNFBlockern behandelt wurden – ein leicht erhöhtes Risiko könnte, wie Daten aus dem britischen BSRBR-Register nahelegen, jedoch für bestimmte Formen von Hautkrebs bestehen. Eine zweite Frage ist, ob und nach welchem Zeitpunkt Patienten mit früheren Tumoren mit TNF-Blockern behandelt werden können. Sowohl im BSRBR- als auch dem RABBIT-Register wurde keine signifikante Risikoerhöhung für TNF-Blocker gegen-
über DMARDs gesehen. Jedoch war die Relation unterschiedlich: Das relative Risiko für TNF-Blocker war im britischen Register tendenziell verringert mit 0,58, in RABBIT betrug es hingegen 1,4 (p=0,60). Die Zeitspanne zwischen Tumordiagnose und Beginn der Biologika- oder DMARD-Therapie war jedoch signifikant verschieden: Während TNF-Inhibitoren in Großbritannien im Median erst nach 11,5 und konventionelle DMARDs nach 8,5 Jahren eingesetzt wurden, geschah dies in Deutschland im Median bereits nach vier bzw. fünf Jahren. Dieses unterschiedliche Vorgehen könnte die bestehenden Differenzen erklären, erläuterte Zink. Verschiedene Register haben gezeigt, dass das Risiko für schwerwiegende Infektionen unter Biologika gegenüber konventionellen DMARDs erhöht ist. Eine gemeinsame Beobachtung ist darüber hinaus, dass das relative Risiko vor allem zu Beginn einer Therapie während der ersten drei bis sechs Monate deutlich erhöht ist und danach sukzessive abnimmt. Ab dem zweiten Behandlungsjahr ist kein nennenswert erhöhtes Risiko mehr festzustellen. Aus dem RABBIT-Register lässt sich ablesen, dass dieser Rückgang einerseits auf methodische Probleme von Kohortenstudien wie dem selektiven „Drop out“ von Risikopatienten und andererseits auf die Reduktion der Krankheitsaktivität bei erfolgreicher Therapie und dadurch möglicher Reduktion der Glukokortikoid-Dosis zurückzuführen ist. Zugleich wurden Risikofaktoren für schwerwiegende Infektionen wie höheres Alter, Komorbiditäten, frühere Infektionen, Therapieverlauf und die Komedikation (vor allem Glukokortikoide) identifiziert, die es dem behandelnden Rheumatologen ermöglichen, für individuelle Patienten zu jedem Zeitpunkt im Therapieverlauf das Infektionsrisiko zu berechnen. Der validierte RABBIT-Risiko-Score für schwerwiegende Infektionen erlaubt es somit, das individuelle Risiko eines Patienten einzuschätzen. Auf diese Weise, so Zink, können Ergebnisse aus Registern direkt für die Therapieentscheidung und -Überwachung genutzt werden. m Quelle: Vorab-Pressekonferenz, Berlin, 12. September 2012; Symposium „Biologika-Register in- und außerhalb der Rheumatologie“, DGRh-Kongress, Bochum, 22. September 2012
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
26 Rheumatoide Arthritis
Die neue S1-Leitlinie der DGRh zur sequenziellen medikamentösen Therapie der RA Mit der neuen, kurz vor Beginn des deutschen Rheumatologen-Kongresses vorgestellten S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zur sequenziellen medikamentösen Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA), liegt nun auch erstmals ein nicht nur experten- sondern auch evidenzbasierter Behandlungsalgorithmus vor, an dem sich rheumatologische Fachärzte in der täglichen Praxis orientieren können.
Neben innovativen hochwirksamen Medikamenten haben neue Therapiestrategien und nicht zuletzt evidenzbasierte Leitlinien und Therapieempfehlungen, in denen diese Strategien festgehalten sind, zu den enormen Behandlungsfortschritten der letzten zwei Jahrzehnte beigetragen. In Deutschland gibt es bereits seit Jahren die S3-Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis", deren dritte Auflage 2011 erschienen ist. Diese auf die frühe Phase der RA fokussierte Leitlinie ist an die Primärversorger, also Hausärzte und hausärztliche Internisten sowie Orthopäden gerichtet. Prof. Dr. med. Klaus Krüger Ein sequenzieller Behandlungsplan als Entscheidungshilfe für den Rheumatologen existierte national bisher nur in Form eines expertenbasierten Therapiealgorithmus, der in zwei Auflagen von Wollenhaupt et al. Schritte: DMARDMonotherapie
Vorgeschlagene Medikation:
Alternativen: Leflunomid Sulfasalazin
MTX (15 mg/Wo.) + Prednisolon 4-6 Wo.
MTX → Optimierung, Prednisolon → Anpassung 4-6 Wo.
DMARDKombination
MTX + LEF
MTX + SSZ + HCQ
*
Gold parenteral (Hydroxy)chloroquin Ciclosporin A Azathioprin MTX + CSA
3 Mo.
1. Biologikum
ABA, ADA**, CZP**, ETN**, GOL, INF, TCZ*** + MTX
Anakinra + MTX
3-6 Mo.
2. Biologikum
* ** ***
ABC, RTX, TNF**, TCZ*** + MTX
Weitere immunmodulierende Therapien inkl. Cyclophosphamid
bei Vorliegen einer hohen Krankheitsaktivität, insbesondere mit ungünstigen Prognosefaktoren ADA, CZP, ETN sind auch für die Monotherapie zugelassen, wenn MTX nicht einsetzbar ist TCZ ist auch für die Monotherapie zugelassen, wenn MTX nicht einsetzbar ist und hat sich in Studien als gleich effektiv in Monotherapie und in Kombination mit MTX erwiesen
Abk.: ABA: Abatacept, ADA: Adalimumab, CZP: Certolizumab, ETN: Etanercept, GOL: Golimumab, INF: Infliximab, RTX: Rituximab, TCZ: Tocilizumab, CSA: Ciclosporin A, HCQ: Hydroxychloroquin, LEF: Leflunomid, MTX: Methotrexat, SSZ: Sulfasalazin, TNF: TNF-Inhibitoren
Abb.: Therapiealgorithmus für die Rheumatoide Arthritis (RA) gemäß der neuen S1-Leitlinie (nach Z Rheumatol 2012; 71: 592-603)
2006 und 2010 herausgebracht wurde. Ein weitere, internationale Richtschnur für das Vorgehen beim Einsatz von Medikamenten lieferten 2010 die von Smolen et al. publizierten EULAR-Empfehlungen für das Management der RA mit synthetischen und biologischen DMARDs. Dem nationalen Therapiealgorithmus wie auch den internationalen EULAR-Empfehlungen ist jedoch gemeinsam, dass die zugrundeliegende Literatursuche bereits Mitte 2009 abgeschlossen wurde. Vor diesem Hintergrund erging vom Vorstand der DGRh der Auftrag an die Kommission Pharmakotherapie sowie an die für den früheren Algorithmus verantwortliche Expertengruppe, eine evidenzbasierte Leitlinie für die sequenzielle medikamentöse Therapie der RA zu erstellen. Grundlage der Leitlinie war eine systematische Literaturrecherche, die den Zeitraum bis zum Herbst 2011 erfasste. Auf der Basis der damit verfügbaren Evidenz wurde von den Leitlinien-Koordinatoren ein Entwurf für Empfehlungen erstellt, der die 2010er EULAR-Empfehlungen zur Grundlage hatte, jedoch den neuen Wissensstand und nationale Besonderheiten berücksichtigte. Dieser Entwurf wurde von der aus mehr als 20 Experten bestehenden LeitlinienArbeitsgruppe diskutiert, modifiziert und eine Endfassung mittels Delphi-Abstimmung erstellt.
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
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Was sind die wichtigsten Neuigkeiten dieser S1-Leitlinie? Vieles, was bereits im früheren, rein expertenbasierten Algorithmus festgehalten war, konnte evidenzbasiert bestätigt und durch neuere Studien erhärtet werden. Daneben ergeben sich jedoch auch neuere Gesichtspunkte und Fortentwicklungen. Im Therapieablauf ändert sich bei der Starttherapie nichts, weiterhin ist bei Fehlen von Methotrexat (MTX)-Kontraindikationen eine Kombination aus Methotrexat und Glukokortikoid (niedrig bis kurzzeitig mittelhoch dosiert bzw. nach dem COBRA-Schema) erste Wahl. Bei nicht ausreichendem Ansprechen sollte nach drei Monaten die Therapie eskaliert werden: Sofern keine Hinweise für eine ungünstige Prognose vorhanden sind, werden erstrangig die Kombinationen MTX plus Leflunomid oder MTX plus Sulfasalazin plus Hydroxychloroquin empfohlen. Bei Patienten mit hoher Aktivität und/oder ungünstiger Prognose rückt die Gabe von Biologika (vorzugsweise in Kombination mit MTX) im Ablauf nach vorne, sie kann bereits als Zweittherapie sinnvoll sein. Erstmals wird in dieser Leitlinie thematisiert, dass – aus ökonomischen Gründen sicher eher in Einzelfällen (extrem hohe Aktivität, schlechte Prognose, frühe strukturelle Schäden) – sogar der Ersteinsatz von Biologika in Kombination mit MTX sinnvoll sein kann – für diese Situation gibt es eine Zulassung allerdings nur für Infliximab, Etanercept und Adalimumab. Neu sind auch die Empfehlungen zum Biologika-Ersteinsatz nach unzureichendem Ansprechen auf DMARDs: Mittlerweile gibt es genügend Evidenz dafür, dass die sieben bei DMARD-Versagen zugelassenen Biologika (fünf TNF-Inhibitoren sowie Abatacept und Tocilizumab) hier als gleichwertig zu betrachten sind, die Wahl der Substanz ist somit individuell zu entscheiden. Eine Sondersituation liegt vor, wenn MTX als Kombinationspartner nicht mehr zur Verfügung steht. Drei TNF-Blocker (Etanercept, Adalimumab, Certolizumab) sowie Tocilizumab sind mo-
notherapeutisch zugelassen, die besten Studiendaten für die Monotherapie weist sicherlich bisher Tocilizumab auf. Nach Versagen einer ersten Biologika-Therapie sind alle weiteren Substanzen (also auch ein zweiter TNF-Blocker bei Versagen des ersten) prinzipiell einsetzbar, Rituximab kommt hier als zusätzliche Option hinzu. Auch hier ist – bei Fehlen von Head-to-head-Studien – keiner Substanz grundsätzlich der Vorrang zu geben. Schließlich stellt auch die ausführliche Diskussion einer möglichen Therapiedeeskalation bei langanhaltender Remission eine Neuerung in dieser S1-Leitlinie dar. Die Entscheidung hierfür sollte von Rheumatologe und Patient gemeinsam getroffen werden, Voraussetzung ist, dass die Remission zumindest seit 6 bis 12 Monaten konstant vorhanden ist. Nach überwiegender Expertenmeinung – Studiendaten hierzu gibt es kaum – sollte aus der laufenden Kombination zunächst die Glukokortikoid-Therapie ausschleichend beendet werden. Danach sprechen vor allem ökonomische Gründe für eine Deeskalation der BiologikaTherapie als nächstem Schritt, solange nicht Studien zeigen, dass zunächst das DMARD (in der Regel MTX) ausgeschlichen werden sollte. Die neue S1-Leitlinie versucht, dem Rheumatologen einen Behandlungsablauf vorzugeben, der in erster Linie die evidenzbasiert bestmögliche Versorgung des Rheumapatienten zum Ziel hat, dabei aber ökonomische Aspekte nicht aus den Augen verliert. Sie stellt einen Leitfaden dar, von dem im Einzelfall aus speziellen patientenbezogenen Gründen natürlich abgewichen werden kann. Der in der Leitlinie (siehe Z Rheumatol 2012; 71: 592-603) vorgeschlagene Therapieablauf ist in einem Übersichtsschema (s. Abb.) dargestellt. m Prof. Dr. med. Klaus Krüger Kommission Pharmakotherapie der DGRh Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Praxiszentrum St. Bonifatius St.-Bonifatius-Str. 5 81541 München
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28 Rheumatoide Arthritis
Aktuelle Studien zu Nicht-TNF-Biologika Im Rahmen des DGRh-Kongresses wurde eine Reihe von Therapiestudien zu Nicht-TNF-Biologika vorgestellt, zum einen die MIRAI-Studie zum frühen Ansprechen auf Tocilizumab, das zuletzt auf dem EULAR durch die Präsentation der Ergebnisse der ADACTA-Studie das Interesse auf sich gezogen hatte. Eine weitere dort gezeigte Head-to-head-Studie zweier Biologika war AMPLE mit überzeugenden Ergebnissen zu Abatacept – im Zuge der Zulassung der s.c.-Applikation wurden erneut Daten der ACQUIRE-Studie referiert. Die Effektivität von Rituximab speziell bei seropositiven Patienten wurde in der FIRST- und ReFIRST-Studie untersucht.
Ein Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit einer sequentiellen Therapie mit Tocilizumab und – bei zunächst unzureichendem Ansprechen – gefolgt von Rituximab bei Patienten mit inadäquater Response auf DMARDs (DMARD-IR), erfolgte in der MIRAI-Studie, die insbesondere das frühe Ansprechen auf den IL-6Rezeptorblocker untersucht. Die Ergebnisse einer ersten Interimsanalyse stellten Prof. Dr. Thomas Dörner, Berlin, und Kollegen vor.
verbesserte sich unter Tocilizumab der DAS28 deutlich von 5,7 auf 2,6, der HAQ-DI von 1,25 auf 0,71 und die VAS-Schmerz von 63,9 auf 27,6. In Woche 32 zeigten sich zudem weitere Verbesserungen unter fortgesetzter Tocilizumab-Therapie, so eine nochmalige Reduktion des DAS28 auf im Mittel 2,8 und des HAQ-DI auf 0,51. Zu den bislang wenigen auf Rituximab umgestellten Patienten können noch keine validen Aussagen getroffen werden.
MIRAI-Studie: Frühes Ansprechen auf Tocilizumab
Im Ergebnis belegt das frühe Ansprechen auf Tocilizumab eine substantielle Verbesserung aller Wirksamkeitsparameter innerhalb der ersten 16 Wochen. Interessanterweise war der Prozentsatz an Tocilizumab-Non-Respondern, die eine Rituximab-Folgebehandlung bekamen, sehr gering. Jene Patienten mit einem partiellen Ansprechen auf Tocilizumab profitierten eindeutig von einer fortgesetzten Therapie mit dem IL-6-Rezeptorblocker, der ebenso wie Abatacept in der neuen S1-Leitlinie gleichrangig zu den TNF-Inhibitoren als First-line-Biologikum gewürdigt wird.
Bei MIRAI handelt es sich um eine laufende, deutsche, multizentrische, offene, zweiarmige Phase IIIStudie bei DMARD-IR-Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA. Alle Patienten erhalten in der ersten Behandlungsperiode vier Tocilizumab-Infusionen (8 mg/ kg alle 4 Wochen) bis Woche 16. Partielle Responder (DAS28-Reduktion >1,2 oder DAS28 ≥2,6 und ≤3,2) erhalten in der folgenden Therapiephase bis Woche 32 einen zweiten Therapiezyklus mit vier Tocilizumab-Infusionen im selben Schema, während Non-Responder (DAS28-Reduktion <1,2 und DAS28 >3,2) anschließend auf Rituximab gesetzt werden (je 1 g zu Woche 16+18). Die Haupteinschlusskriterien sind ein DAS28 >3,2, ESR ≥28mm/h oder CRP-Wert ≥0,7 mg/dl, keine vorherige Biologika-Therapie und die zusätzliche Gabe von mindestens einem konventionellen DMARD. Als primärer Studienendpunkt ist die Remissionsrate (DAS28 <2,6) zu Woche 16 definiert, sekundäre Endpunkte sind der DAS28 <2,6 zu Woche 32, LDAS (<3,2), ACR-Response, CDAI/SDAI, Akutphaseproteine und unerwünschte Wirkungen. Insgesamt 253 Patienten (mittleres Alter 56 Jahre, 68 % Frauen) erhielten in der ersten Behandlungsperiode Tocilizumab. Alle Patienten waren mit DMARDs vorbehandelt, die Mehrzahl mit MTX. 155 Patienten absolvierten Woche 16, 44 Patienten Woche 32. Zu Woche 16 begannen 70 partielle Responder eine zweite Behandlungsperiode mit Tocilizumab, lediglich 10 Non-Responder erhielten Rituximab. Bis Woche 16
FIRST und ReFIRST: Seropositivität beeinflusst Effektivität von Rituximab Im Gegensatz hierzu gilt der CD20-Antikörper Rituximab bei RA weiter als effektives Second-line-Biologikum. Für die Anti-B-Zell-Therapie liegen vor allem nach Versagen eines TNF-Blockers gute Daten vor, wobei insbesondere seropositive RA-Patienten von Rituximab zu profitieren scheinen. Bei ReFIRST handelt es sich um eine multizentrische, offene Phase IIIb-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Wiederbehandlung mit Rituximab bei RAPatienten. Sie ist eine Folgestudie der FIRST-Studie mit 302 RA-Patienten, die Teilnehmer nach Versagen des ersten TNF-Inhibitors analysierte. In einer Substudie wurde der Einfluss verschiedener B-Zell-Biomarker auf das therapeutische Ansprechen untersucht. Aktuell wurde aus FIRST und ReFIRST die Korrelation zwischen dem Verlauf von Rheumafaktor (RF) bzw. Anti-CCP-
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29 Antikörpern (aCCP) und der EULAR-Response nach jedem Therapiezyklus analysiert und von Prof. Dr. HansPeter Tony, Würzburg, und Kollegen vorgestellt. Insgesamt 302 RA-Patienten unter stabiler MTX-Behandlung, aber nach unzureichendem Ansprechen auf einen TNF-Blocker, wurden zunächst in der FIRST-Studie an Tag 1 und 15 mit 1.000 mg Rituximab behandelt. 193 Patienten durchliefen anschließend im Rahmen von ReFIRST einen zweiten Therapiezyklus, 114 einen dritten und 42 einen vierten Zyklus, jeweils 24 Wochen bis zu 12 Monate nach dem vorhergehenden Therapiezyklus. Die EULAR-Response wurde jeweils 4, 8, 16 und 24 Wochen nach jedem Zyklus erfasst und in einer Substudie mit 154 Teilnehmern wurden als Biomarker der Rheumafaktor, RF-Isotypen (RF IgA, RF IgM) und aCCP-Antikörper gemessen. Die EULAR-Response zu Woche 16 stieg vom ersten bis zum vierten Therapiezyklus von 68,0 über 78,0, 92,0 auf schließlich 92,9 %. In der Substudie waren RF oder aCCP immer positiv (stabil+) bei 50 (RF) bzw. bei 68 % (aCCP) der Patienten. Konstant negativ (stabil-) war der RF bei 24 % der Teilnehmer, der aCCP bei 22 %. Änderungen von positiv zu negativ waren mit 18 % für RF und sogar nur 4 % für aCCP selten. Die mittleren Ausgangswerte von RF und aCCP betrugen für die stabil positiven Patienten 327 U/ml (RF) bzw. 1.114 (aCCP), für stabil negative 10 bzw. 8 und für Wechsler 62 respektive 380. Im Vergleich war die EULAR-Response nach 1, 2, 3 oder 4 Therapiezyklen höher für stabil seropositive Patienten (RF: 79,2, 80,7, dann je 100 %; aCCP: 75,0, 88,4, 98,2 und 90,9 %) als bei stabil seronegativen Teilnehmern (RF: 51,3, 64,0, 75,0 und 87,5 %; aCCP: 64,7, 65,4, 66,7 und 100 %). Bei einer Einteilung nach Terzilen fand sich eine höhere Dosisintensität bei stabil seronegativen (RF 43,2 %, aCCP 50 %) verglichen mit stabil seropositiven Patienten (RF 28,6 %, aCCP 26,0 %). Bei mehrfachen Behandlungszyklen mit Rituximab tritt somit bei den meisten Patienten keine Serokonversion auf. Im Vergleich zu stabil seronegativen Patienten wurden bei stabil seropositiven Patienten trotz niedrigerer Dosisintensität höhere EULAR-Responseraten dokumentiert, was die Ergebnisse früherer Studien erneut bestätigt.
ACQUIRE versus AIM: Abatacept s.c. ebenso effektiv wie i.v.-Gabe Ebenso wie für Tocilizumab wurde auch für den T-ZellCostimulationsmodulator Abatacept eine subkutane Applikationsform entwickelt, die Anfang Oktober die Zulassung erhielt.
Die Ergebnisse einer erstmals auf dem EULAR präsentierten Post-hoc Effektivitätsanalyse der Langzeitdaten aus den Studien ACQUIRE zu Abatacept s.c. im Vergleich zur AIM-Studie mit Abatacept i.v. präsentierte Dr. Rieke Alten, Berlin, auf dem DGRh-Kongress in Bochum. In der Phase IIIb-Studie ACQUIRE war bereits eine vergleichbare Effektivität von Abatacept s.c. und i.v. während einer 6-monatigen doppelblinden Therapiephase demonstriert worden. Anschließend erhielten alle Patienten in einer offenen Erweiterung Abatacept s.c. Bei AIM handelte es sich um eine 12-monatige, placebokontrollierte Phase III-Doppelblindstudie mit Abatacept i.v. und ebenfalls nachfolgender Langzeiterweiterung. Die Patienten beider Studien hatten jeweils eine moderate bis schwere RA, ein inadäquates Ansprechen auf MTX, und waren in Bezug auf die Krankheitsaktivität und Baselinecharakteristika vergleichbar. Für einen langfristigen Vergleich von Abatacept s.c. und i.v. wurden jetzt für eine Post-hoc Analyse die Langzeitdaten der offenen Erweiterungen von ACQUIRE und AIM ausgewertet. In ACQUIRE hatten die Patienten wöchentlich 125 mg Abatacept s.c. (nach einer 10 mg/kg i.v.-Aufsättigungsdosis an Tag 1) plus MTX erhalten, in AIM wurden 10 mg/kg Abatacept i.v. alle 4 Wochen (nach einer Aufsättigungsdosis an den Tagen 1, 15 und 29) plus MTX verabreicht. Die Langzeitanalyse begann an Tag 253 für ACQUIRE und Tag 225 für AIM. Die für ACQUIRE bislang letzte verfügbare Datenerhebung reichte bis Tag 897 und wurde als Vergleichszeitraum mit AIM gewählt. Erfasst wurden Parameter des Therapieansprechens mit dem ACR20/50/70 und der Krankheitsaktivität bzw. Remission gemäß DAS28-CRP, SDAI und CDAI. In den Vergleich flossen die Daten von 1.372 Patienten der Langzeiterweiterung von ACQUIRE mit Abatacept s.c. sowie 378 Patienten unter Abatacept i.v. aus AIM ein. Sowohl die ACR20/50/70-Ansprechraten, die DAS28- als auch die SDAI- und CDAI-Remissionsraten wurden sowohl unter der s.c.- als auch i.v.-Applikation im Langzeitverlauf aufrechterhalten, ohne relevanten Unterschieden zwischen beiden Applikationsarten. Zum Ende der Beobachtung betrug das ACR20/50/70Ansprechen für s.c. versus i.v. 90,6/76,8/66,3 vs. 91,1/73,8/62,5 %, die DAS28-Remission 62,7 vs. 68,5 % und die SDAI- and CDAI-Remissionsraten 20,2 bzw. 22,1 % vs. 15,0 bzw. 16,7 %. Im Ergebnis bestätigt sich somit auch im Langzeitverlauf die absolut vergleichbar hohe Effektivität der s.c.- und i.v.Applikation von Abatacept. m Quellen: DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster RA.06, RA.13, RA.17
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30 Rheumatoide Arthritis
Bessere Reduktion von Fatigue durch Biologika Die für TNFα beschriebene aktivierende Wirkung auf die zentrale Verarbeitung von Nozizeptor-Reizen lässt sich durch eine Blockade dieses Zytokins aufheben, wobei direkt anti-inflammatorische Mechanismen hierbei keine Rolle zu spielen scheinen. Auf der Basis dieser TNFα-Effekte auf das ZNS untersuchten deutsche Rheumatologen um Dr. Anja Strangfeld, Berlin, die Wirksamkeit unterschiedlicher Biologika auf die Fatigue, die das physische Wohlbefinden und soziale Leben von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) erheblich beeinträchtigt.
Aktuelle Daten aus dem RABBIT-Register In RABBIT wird das Ausmaß der Fatigue auf einer numerischen Ratingskala von 0 bis 10 gemessen. Mittels multipler logistischer Regression wurden Biologikaund konventionelle DMARD-Therapien hinsichtlich ihres Einflusses auf das Erreichen des Status „keine Fatigue” (NRS ≤1) sowie das Erreichen einer klinisch relevanten Verbesserung (um ≥3 Punkte auf der NRS) der Fatigue hin untersucht. Für die Erfassung des zuletzt genannten Endpunkts wurden nur Patienten mit einem Baseline-Score von ≥3 einbezogen. Zur Adjustierung auf Begleitfaktoren wurden zu Baseline neben
der Fatigue auch der DAS28, die Funktionskapazität gemäß FFbH, Begleiterkrankungen, Biologika-Vortherapie, Schmerz und Morgensteifigkeit ≥30 Minuten erfasst. Für die Auswertung wurden die Daten von 5.432 Patienten mit einem mittleren Alter von 55 Jahren und einer mittleren Krankheitsdauer von 12 Jahren genutzt. Zu Beginn der Erhebung hatten die Patienten im Mittel einen Fatigue-Score von 5,5, einen DAS28-Score von 5,5 und einen FFbH von 59 %. Die Fatigue verbesserte sich innerhalb von sechs Monaten auf 4,2. Im Ergebnis zeigte sich für die mit Biologika (37,0-43,8 %, Odds ratios, OR 1,6-2,1) behandelten Patienten im Vergleich zu jenen unter einer DMARD-Therapie (26,6 %, Ref.) eine signifikante klinisch relevante Verbesserung der Fatigue um ≥3 Punkte. Jene Patienten, die mit TNF-Blockern (15,6-18,3 %, OR 1,4-1,7) behandelt wurden, hatten verglichen mit DMARD-Patienten (11,7 %, Ref.) auch eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit den Status „keine Fatigue” in Monat 6 zu erreichen. Tendenziell zeigten sich unter Etanercept jeweils die größten Verbesserungen, unter den NichtTNF-Biologika schnitt im Trend jeweils Tocilizumab am besten ab, wobei allerdings die deutlich unterschiedlichen Patientenzahlen in den jeweiligen Therapiegruppen zu berücksichtigen sind. m
Unter einer Therapie mit Biologika und vor allem TNF-Blockern verbessert sich die Fatigue der Patienten – so die aktuelle Erkenntnis aus dem RABBIT-Register – signifikant häufiger als unter einer konventionellen DMARD-Therapie. Das Ergebnis wird den Autoren zufolge durch eine frühere Studie gestützt, in der gezeigt werden konnte, dass TNFα nicht nur anti-entzündliche Effekte aufweist, sondern auch ZNS-Prozesse beeinflusst.
Quelle: DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster RA.59
Kompakt
Die Untersuchung erfolgte anhand von Daten des deutschen Biologika-Registers RABBIT. Alle in die auf dem DGRh-Kongress in Bochum vorgestellte Analyse einbezogenen RA-Patienten hatten auf mindestens zwei DMARDs nicht ausreichend angesprochen und es mussten zudem 6-Monatsdaten zum Krankheitsverlauf vorliegen. Neben den TNF-Blockern Etanercept (n=1.249), Infliximab (n=516) und Adalimumab (n=1.389) wurden auch Daten zu Rituximab (n=840), Abatacept (n=182) und Tocilizumab (n=188) erfasst und mit 1.068 Patienten unter einer DMARD-Therapie verglichen.
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31 Rheumatoide Arthritis
Vitamin D-Mangel muss konsequent angegangen werden Kürzlich zeigte eine Metaanalyse von Prof. Dr. Heike Bischoff-Ferrari, Zürich, und Kollegen, dass sich bei älteren Patienten mit Osteoporose positive Effekte im Sinne einer Frakturprophylaxe erst bei einer langfristigen Supplementierung in ausreichender Dosierung einstellen. Aktuelle Studien liefern vermehrt Hinweise darauf, dass Vitamin D womöglich über eine anti-inflammatorische Wirkung auch gegen entzündlich-rheumatische Erkrankungen wirksam ist. Über die Bedeutung des Vitamin D-Mangels speziell bei Rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) und Spondylarthritiden (SpA) berichtete Bischoff-Ferrari nun auf der DGRh-Jahrestagung.
Bei 641 Patienten der Rheuma-Ambulanz (76,4 % weiblich, durchschnittliches Alter 57,9 Jahre, n=376 RA, n=129 PsA, n=88 SpA, n=48 sonstige Diagnosen) wurde im Winterhalbjahr zwischen Oktober 2011 und Februar 2012 der Cholecalciferol-Serumspiegel bestimmt (25-OH-Vitamin-D-ELISA). Für die Bewertung wurden folgende Kriterien zugrundegelegt: schwerer Mangel <25 nmol/l, mittelschwerer Mangel 25-50 nmol/l, insuffizient 50-75 nmol/l, optimale Versorgung >75 nmol/l. Im Ergebnis fand sich nur bei 33,4 % der Patienten eine optimale Versorgung. Bei der Mehrzahl der untersuchten Patienten fanden sich insuffiziente Vitamin D3-Spiegel, bei 7,8 % zeigte sich sogar ein schwerer Mangel. Der Anteil an Patienten mit Supplementation war mit 69,6 % hoch, aber selbst in dieser Gruppe bestand trotz einer durchschnittlichen Vitamin D3-Dosis von 1.720 IU/Tag nur bei 38,8 % eine optimale Versorgung. Unklar bleibt, ob dies auf mangelnde Adhärenz oder unzureichende Dosisempfehlungen für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zurückzuführen ist. Aufgrund der zunehmend ins Blickfeld rückenden extraossären, immunologischen Effekte von Vitamin D3 sollte dem Vitamin D-Status in rheumatologischen Patientenkollektiven besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, fordern die Autoren. Dies gilt umso mehr, nachdem im selben Kollektiv auch ein zumindest partieller Zusammenhang zwischen dem Vitamin D3-Serumspiegel und der Krankheitsaktivität bei Patienten mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen beobachtet wurde.
Wie Bischoff-Ferrari anmerkte, hatten bereits vorherige Studien auf eine inverse Assoziation zwischen Vitamin D3-Serumspiegel und Krankheitsaktivität bei SLE und RA hingedeutet. Im Rahmen der Düsseldorfer Studie wurde bei den 641 Patienten mit RA, PsA, SpA oder anderen rheumatischen Diagnosen der Cholecalciferol-Serumspiegel mit der BSG und dem Serum-CRP-Wert korreliert. Bei den RA- und PsA-Patienten erfolgte zusätzlich eine Korrelation mit dem am Tag der Blutentnahme erhobenen DAS28-Score. Über alle Patienten und Diagnosen hinweg betrachtet zeigte sich kein Zusammenhang zwischen den Cholecalciferol-Serumspiegeln und der systemischen Entzündungsaktivität (BSG, r=-0,054, CRP, r=-0,064). Dagegen wurde bei RA-Patienten mit schwerem Vitamin D3-Mangel (<25 nmol/l) ein signifikant höherer DAS28 beobachtet als bei Patienten mit optimalen Serumspiegeln (3,78 vs. 2,63, p<0,05). Im Gegensatz hierzu war eine solche Assoziation bei PsAPatienten nicht nachweisbar. m
Die aktuelle Studie erhärtet den Verdacht, dass Vitamin D3 einen Einfluss auf die Krankheitsaktivität bei Patienten mit RA hat. Ob sich durch eine Supplementation mit Vitamin D3 bei RA eine therapeutische Wirkung erzielen lässt, kann in einer Beobachtungsstudie nicht geklärt werden. Die Daten deuten aber nach Bischoff-Ferrari darauf hin, dass bei RA-Patienten eine ausreichende Vitamin D3-Supplementation nicht nur unter osteologischen Gesichtspunkten, sondern wohl auch aus immunologischen Aspekten heraus bedeutsam ist.
Quellen: DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster EV.07, RA.33
Kompakt
Laut der Schweizer Expertin liegt auch bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen häufig ein Vitamin D3-Mangel vor, der gemäß einer auf dem DGRh-Kongress von der Düsseldorfer Arbeitsgruppe um PD Dr. Hans-Eckhard Langer vorgestellten monozentrischen Querschnittstudie in einem ambulanten Kollektiv zumindest bei RA eine Korrelation mit der Krankheitsaktivität aufweist.
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32 Bildgebende Diagnostik
Aktuelle Studien zur Frühdiagnostik Neben mehreren Studien zu potentiellen Biomarkern für ein Therapieansprechen wurden auf dem DGRh-Kongress vor allem auch interessante Arbeiten zur bildgebenden Frühdiagnostik vorgestellt, so zur Arthrosonographie bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) und zur fluoreszenzoptischen Bildgebung im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren bei der frühen Rheumatoiden Arthritis (RA). Eine weitere Studie beschäftigte sich mit der Anwendbarkeit des SOLAR-Scores für große Gelenke in der täglichen rheumatologischen Praxis.
Die Verlaufsbeurteilung der Krankheitsaktivität bei PsA-Patienten ist aufgrund des heterogenen Krankheitsbildes, der geringen Sensitivität der klinischen Untersuchung und fehlender Biomarker häufig erschwert. Im Rahmen einer prospektiven Studie analysierten Münchener Rheumatologen um Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops die Korrelation zwischen klinischen Parametern und einem semiquantitativen Ultraschall (US)-Score bei Patienten mit früher PsA.
Frühe PsA: Mit Ultraschall das Therapieansprechen bewerten Für die Studie wurden 49 Patienten mit therapienaiver früher PsA (mediane Erkrankungsdauer 12 Monate) rekrutiert. Zu Studienbeginn sowie nach 3, 6 und 12 Monaten erfolgte jeweils die klinische Untersuchung (TJC68/SJC66, PGA, DAS28-CRP, Leeds Dactylitis Index, HAQ und CRP) und der Ultraschall von 56 Gelenken sowie der Streck- und Beugesehnen der Finger und Zehen mit semiquantitativer Graduierung von B-Bild (GSUS) und Power Doppler-Aktivität (PDUS) (Gelenke 0-3/Sehnen 0/1). Die Berechnung des US Synovitis-Scores erfolgte durch die Addition der GSUS- und PDUS-Grade aller Gelenke. Bei jeder Follow up-Visite erfolgte eine Kategorisierung des klinischen Ansprechens gemäß der EULAR-Kriterien und der für die PsA validierten „minimal disease activity“ (MDA)-Kriterien nach Coates. Die Therapie der Patienten erfolgte nach Maßgabe des behandelnden Rheumatologen auf Grundlage der gängigen internationalen Empfehlungen. Bei Diagnosestellung zeigte sich eine hochsignifikante Korrelation zwischen dem US Synovitis-Score und dem TJC68 (r=0,57), dem SJC66 (r=0,63), dem PGA (r=0,54) und dem DAS28-CRP (r=0,42). Im zeitlichen Verlauf zeigte sich zwischen den jeweiligen Follow up-Visisten eine signifikante Korrelation zwischen der relativen Veränderung des US Synovitis-Scores und der relativen Änderung von TJC68 (r=0,62), SJC66 (r=0,49) und PGA (r=0,42). Patienten mit gutem klinischen Ansprechen nach den EULAR- und MDAKriterien hatten initial höhere absolute US SynovitisScores und zeigten gegenüber Non-Respondern eine
signifikant höhere relative Reduktion des US Synovitis-Scores zwischen den Follow up-Visiten: 25,2 vs. 11,4 (p=0,05) (gutes EULAR-Ansprechen); 15,3 vs. 12,9 (p=n.s.) (moderates EULAR-Ansprechen); 12,3 vs. 13,4 (p=n.s.) (kein EULAR-Ansprechen); 13,3 vs. 6,8 (p=n.s.) (MDA-Kriterien erfüllt) und 16,1 vs. 14,5 (p=n.s.) (MDA-Kriterien nicht erfüllt). Sowohl bei Diagnosestellung als auch im Therapieverlauf zeigte sich bei Patienten mit früher PsA eine signifikante Korrelation der Ultraschall-Befunde mit der Krankheitsaktivität. Klinische Responder wiesen dabei gegenüber Non-Respondern bei Diagnosestellung einen höheren US Synovitis-Score sowie eine stärkere relative Reduktion des Synovitis-Scores unter Therapie auf. Die Arthrosonographie eignet sich somit als valides Verfahren zur Beurteilung des Therapieansprechens sowie zur Beurteilung der Prognose bei früher PsA.
Fluoreszenzoptische Bildgebung bei früher RA Die Indocyaningrün (ICG)-gestützte fluoreszenzoptische Bildgebungsmethode (FOB) Xiralite® ist ein noch relativ neues Bildgebungsverfahren in der rheumatologischen Diagnostik. In einer aktuellen Studie Berliner Rheumatologen um Prof. Dr. Marina Backhaus wurde Xiralite mit der Niederfeld-MRT und dem Gelenkultraschall zur Bestimmung einer Synovialitis bei Patienten mit früher RA verglichen. Insgesamt wurden 13 Patienten mit der Diagnose einer frühen RA (mittleres Alter 54 Jahre) eingeschlossen und ein Niederfeld-MRT (unter Gabe von 0,2 mmol/kgKG Dotarem®) und ein Ultraschall (GSUS und PDUS) der klinisch stärker betroffenen Hand durchgeführt. Die Ergebnisse beider Verfahren wurden anhand der OMERACT-Kriterien ausgewertet. Alle Patienten wurden zudem mit dem Xiralite-System (mit ICG-Pulsion® 0,1 mg/kgKG Bolus i.v., Untersuchungszeit von 6 Min.) untersucht. Die Xiralite-Bilder wurden anhand von drei vordefinierten Phasen bezogen auf die erhöhten Fluoreszenzsignale in den Fingerbeeren ausgewertet: Frühphase (P1), Intermediärphase (P2)
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33 und Spätphase (P3). Hieraus wurde die Sensitivität und Spezifität für das Erkennen einer Synovialitis mit dem Xiralite-Verfahren berechnet. Zudem wurden Interclass-Korrelationskoeffizienten (ICCs) zwischen allen drei Verfahren bestimmt. Für alle 104 ausgewerteten Gelenke (MCP n=52, PIP n=52) ergaben sich für das Xiralite-Verfahren eine Sensitivität von 88 % und eine Spezifität von 57 % für das Erkennen einer Synovialitis im Vergleich zur MRT. Es wurde eine Sensitivität von 70 bzw. 96 % und eine Spezifität von 81 bzw. 41 % für die Detektion von Synovialitis in den MCP- respektive PIP-Gelenken berechnet. Die ICCs zwischen MRT und Xiralite waren 0,77 bezogen auf die MCP- und 0,79 bezogen auf die PIP-Gelenke. Die ICCs zwischen Ultraschall und Xiralite betrugen 0,79 für die MCP- und 0,73 für die PIP-Gelenke. Im Vergleich mit der Niederfeld-MRT hat das neue fluoreszenzoptische Verfahren Xiralite in der Detektion einer Synovialitis eine hohe Sensitivität, insbesondere in den PIP-Gelenken, wo jedoch zugleich nur eine geringe Spezifität vorlag. In den MCP-Gelenken ergab sich eine höhere Spezifität für dieses Verfahren. Es konnten vergleichbar gute Korrelationen zwischen einerseits der MRT und Xiralite und andererseits zwischen Ultraschall und Xiralite ermittelt werden. Somit stellt den Autoren zufolge die fluoreszenzoptische Bildgebung insbesondere bei Patienten mit früher RA aufgrund ihrer hohen Sensitivität und guten Korrelation im Vergleich zu den etablierten Verfahren eine interessante neue Option dar.
SOLAR-Score bewährt sich Über ihre Erfahrungen mit dem neuen UltraschallScore SOLAR für große Gelenke in der täglichen rheumatologischen Praxis über ein Jahr berichteten deutsche Rheumatologen um Prof. Dr. Martin Fleck, Bad Abbach. Bei 251 Patienten mit RA (79 %), PsA (14 %), SpA (7 %) und anderen entzündlich-rheumatischen
Gelenkerkrankungen mit einer mittleren Krankheitsdauer von 7,5 Jahren wurde das klinisch dominante große Gelenk mittels B-Bild und PDUS bezüglich Synovitis (semiquantitativ Grad 0-3) gemäß des SOLARScores 0, 3, 6 und 12 Monate nach der Einleitung bzw. Änderung einer DMARD- oder Biologika-Therapie untersucht. Ergänzend hierzu wurden der DAS28 als klinischer Aktivitätsparameter sowie der radiologische Befund dokumentiert. Bei 148 Patienten (59 %) wurde als Indikatorgelenk das Kniegelenk, bei 46 Patienten (18,3 %) das Schulter-, bei 39 das Ellenbogen- (15,5 %) und bei 18 Patienten das Hüftgelenk (7,2 %) geschallt. Zu Studienbeginn zeigten die Patienten eine mittlere Krankheitsaktivität entsprechend eines mittleren DAS28-Wertes von 4,6. Die Synovitisscores für das Kniegelenk betrugen im BBild (GSUS) 5,2 und im PDUS 3,7, für die Schulter 2,8 im GSUS und 1,7 im PDUS, für den Ellenbogen 5,0 im GSUS und 2,4 im PDUS und für die Hüfte 2,2 im GSUS sowie 1,1 im PDUS. Bereits drei Monate nach Beginn oder Modifikation der Therapie zeigte sich eine signifikante Reduktion des DAS28 auf 3,6 (p<0,001). Parallel hierzu fielen auch die US-Scores für das Knie auf 3,2 im GSUS und 2,3 im PDUS, für die Schulter auf 2,2 im GSUS und 1,1 im PDUS, für den Ellenbogen auf 3,3 im GSUS und 1,5 im PDUS 1,5 und für die Hüfte auf 1,3 im GSUS und 0,3 im PDUS. Innerhalb der folgenden neun Monate zeigte sich eine weitere Verbesserung des DAS28 und des SOLAR-Scores. Demzufolge lässt sich, so schlussfolgern die Autoren, mit dem SOLAR-Score in der täglichen rheumatologischen Praxis der entzündliche Befall großer Gelenke ermitteln und quantifizieren. Der SOLAR-Score reflektiert ein therapeutisches Ansprechen nach Einleitung oder Modifikation einer DMARD- oder Biologika-Therapie über einen Zeitraum von 12 Monaten und eignet sich deshalb auch zur Therapieüberwachung. m Quellen: DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster DI.07, DI.12, DI.13
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34 Axiale Spondylarthritis
Hohe Krankheitslast nicht nur bei Ankylosierender Spondylitis Die neue ASAS-Klassifikation der axialen Spondylarthritis (axSpA) umfasst die ankylosierende Spondylitis (AS) sowie die nicht-röntgenologische axSpA (nr-axSpA). Über die Schwere und den progressiven Verlauf der nr-axSpA im Vergleich zur AS ist nur wenig bekannt. Eine Analyse der GESPIC-Kohorte (German Spondyloarthritis Inception Cohort) deutet darauf hin, dass die klinischen Manifestationen und die Krankheitsaktivität bei den nr-axSpA-Patienten und den Patienten mit einer frühen AS in hohem Maße vergleichbar sind.
Auch in frühem Krankheitsstadium erhebliche Beeinträchtigungen Für die Auswertung wurden die Basisdaten der Phase III-Studien ATLAS und ABILITY-1 herangezogen, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit von Adalimumab bei der Behandlung der mittelschweren bis schweren AS bzw. nr-axSpA untersucht wurde. Insgesamt wurden drei Kohorten gebildet: Patienten mit einer nr-axSpA seit ≤5 Jahren, Patienten mit einer AS seit ≤5 Jahren und Patienten mit einer AS seit >5 Jahren. Die klinische Beeinträchtigung, Schmerzen und körperliche Funktionsfähigkeit wurden mittels BASDAI, VAS Rückenschmerz, PGA und BASFI bestimmt. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule wurde mit dem BASMIIndex beurteilt.
nr-axSpA ≤5 Jahre AS ≤5 Jahre
AS >5 Jahre
Alter (Jahre)
36
38
44
BASDAI
6,6
6,5 6,2
BASFI
4,8
5,1 4,3
BASMI
1,8
3,3 4,3
Tab.: Mittlere Scores für Krankheitsaktivität, körperliche Funktionsfähigkeit und Beweglichkeit
Im Ergebnis waren AS-Patienten mit längerer Krankheitsdauer älter und wiesen eine signifikant geringere Beweglichkeit auf als diejenigen mit kürzerer Krankheitsdauer (BASMI 4,3 vs. 3,3, p<0,001). Im frühen Krankheitsstadium hatten die nr-axSpA-Patienten in Bezug auf die klinische Beeinträchtigung, die Schmerzen und die Gesamtbeurteilung ähnliche Scores wie die AS-Patienten, zeigten jedoch eine bessere Beweglichkeit (BASMI 1,8 vs. 3,3; p<0,001). Im Gegensatz zu den Ergebnissen der GESPIC-Studie fanden sich hinsichtlich der mittels BASFI-Skala gemessenen körperlichen Funktionsfähigkeit keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Allerdings wiesen die Populationen der ATLAS- und der ABILITY-1-Studie zum Ausgangszeitpunkt eine erheblich stärkere funktionelle Beeinträchtigung auf (BASFI 5,1 bzw. 4,8 für AS bzw. nr-axSpA) als die GESPIC-Kohorten (3,1 bzw. 2,5 für AS bzw. nr-axSpA), was auf eine aktivere Patientengruppe hindeutet. Lediglich für den BASMI-Index konnte ein Anstieg mit zunehmender Krankheitsdauer dokumentiert werden (s. Tab.). m
Insgesamt weisen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer AS oder nr-axSpA bei einem relativ hohen Maß an klinischer und funktioneller Beeinträchtigung eine vergleichbare Krankheitslast auf. Die mittels BASMI gemessene und im zeitlichen Verlauf zunehmende Beeinträchtigung der Wirbelsäulenbeweglichkeit scheint progressiv zu sein, wobei die nr-axSpA-Patienten weniger stark und die AS-Patienten stärker betroffen sind. Daher könnte der BASMI-Index ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der Progression der nr-axSpA sein.
Quelle: DGRh-Kongress 2012, Poster SP.26
Kompakt
Auf dem DGRh-Kongress wurde von Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin, und US-amerikanischen Kollegen eine aktuelle Analyse der Daten aus klinischen Phase III-Studien zur Therapie mit dem TNF-Blocker Adalimumab bei Patienten mit einer AS oder einer nraxSpA im Vergleich zu den Ergebnissen der GESPICStudie vorgestellt. Primäres Ziel war ein Vergleich der Krankheitslast von Patienten mit einer nr-axSpA mit jener von AS-Patienten mit einer ähnlichen Krankheitsdauer sowie mit AS-Patienten mit einer längeren Krankheitsdauer.
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35 Ankylosierende Spondylitis
Aktuelle Daten zu den Effekten von TNF-Blockern auf die Krankheitsprogression Bei ankylosierender Spondylitis (AS) sind die Effekte von TNF-Blockern auf die Knochenneubildung immer noch unklar. Bislang ist weder eine Hemmung noch Förderung der Knochenneubildung durch TNF-Blocker sicher belegt. Nach der „TNF brake“-Hypothese entwickeln sich Syndesmophyten an den Wirbelkanten, nachdem die Entzündung durch die TNF-Blockade abgeklungen ist. Deutsche Rheumatologen um Dr. Xenofon Baraliakos und Prof. Dr. Jürgen Braun aus Herne konnten kürzlich zeigen, dass entzündliche Läsionen im MRT mit der Bildung von Syndesmophyten im konventionellen Röntgen nach zwei Jahren korrelieren. Kürzlich wurden auch die degenerativen Verfettungen an den Wirbelkanten als potenziell bedeutsamer Faktor für eine Knochenneubildung bei AS identifiziert.
Keine feste Sequenz von Entzündung über Fettläsionen zur Knochenneubildung Insgesamt wurden MRT- und Röntgenaufnahmen von 73 AS-Patienten evaluiert, gesehen wurden 1.062 Wirbelkanten, davon 258 mit und 804 ohne Syndesmophyten oder Ankylose zu Studienbeginn. Nach fünf Jahren hatten sich bei 128 Wirbelkanten, die initial eine degenative Verfettung, aber keine Entzündung aufgewiesen hatten, insgesamt fünf Syndesmophyten entwickelt (3,9 %). Gleichzeitig hatte sich bei 116 Wirbelkanten, die zu Beginn eine Entzündung, aber keine „fatty lesions“ aufgewiesen hatten, kein einziger Syndesmophyt entwickelt (p<0,05), jedoch wiesen 32 nach zwei Jahren eine degenerative Verfettung auf (27,6 %), ohne dass daraus nach fünf Jahren ein Syndesmophyt hervorging. Lagen initial sowohl eine degenerative Verfettung als auch Entzündung vor, so war die überwiegende Mehrheit nach zwei Jahren nach wie vor von einer „fatty lesion“ betroffen (97 %), woraus sich nach fünf Jahren bei 61 Wirbelkanten insgesamt drei Syndesmophyten
entwickelten (4,9 %). Von den 438 Wirbelkanten ohne Entzündung oder degenerativer Verfettung zu Baseline hatten nach zwei Jahren 94 (21,5 %) und nach fünf Jahren weitere 13 (3 %) neu eine degenerative Verfettung entwickelt. Die Hypothese einer festen Sequenz aus Entzündung, degenerativer Verfettung und Knochenneubildung konnte bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis, die über fünf Jahre mit einem TNF-Blocker behandelt wurden, nicht bestätigt werden. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer zweiten Auswertung der Herner Rheumatologen, der zufolge Entzündung und Fettläsionen bei AS-Patienten von vergleichbarer Bedeutung für die Knochenneubildung unter einer Anti-TNF-Therapie waren. Zwar zeigte sich bei einem großen Prozentsatz der Wirbelkanten mit einer Entzündung bei Studienbeginn nach zwei Jahren eine degenerative Verfettung, doch hatte dies nach fünf Jahren nicht zu einer Knochenneubildung geführt. m
Den Autoren zufolge kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Entwicklung von einer degenerativen Verfettung zur Entstehung eines Syndesmophyten über einen noch längeren Zeitraum erfolgen kann. Andererseits legt die Beobachtung, dass sich die Entwicklung von Fettläsionen unter einer Behandlung mit TNF-Blockern zwischen Jahr 2 und Jahr 5 verzögert, nahe, dass insbesondere in den ersten fünf Therapiejahren in der großen Mehrzahl der Fälle keine Gefahr durch Reparaturprozesse wie eine degenerative Verfettung besteht.
Quelle: DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster SP.19, SP.35
Ausblick
In einer aktuellen Analyse verglich die Herner Arbeitsgruppe direkt die Auswirkungen einer Entzündung und/oder degenerativen Verfettung auf die Entwicklung von Syndesmophyten bei AS-Patienten nach zwei bzw. fünf Jahren Anti-TNF-Therapie. Hierzu wurden MRT- und Röntgenaufnahmen von Teilnehmern der EASIC-Studie ausgewertet, in der die meisten Patienten mit Infliximab behandelt wurden, einige auch mit einem anderen TNF-Blocker. Das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer Entzündung, degenerativen Verfettung oder von Syndesmophyten wurde auf der Ebene der einzelnen Wirbelkanten im vorderen Bereich der Wirbelsäule dokumentiert.
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
36 Axiale Spondyloarthritis
Praxisrelevante Erkenntnisse zur NSAR-Therapie Mit den bei Patienten mit Ankylosierender Spondylitis (AS) vielfach als First-line-Therapie eingesetzten nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) lässt sich nicht nur eine effektive Schmerzreduktion erzielen, sondern bei regelmäßiger Einnahme und in ausreichender Dosierung auch die röntgenologische Progression der Erkrankung bremsen. Dies gilt allerdings in erster Linie – so belegen erneut auf dem DGRh-Kongress vorgestellte Daten – für Patienten mit erhöhten CRP-Werten sowie bereits vorliegenden Syndesmophyten und einem somit erhöhten Progressionsrisiko.
Deutsche Rheumatologen um Dr. Denis Poddubnyy und Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin, sowie Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne, untersuchten anhand von Daten aus der German Spondyloarthritis Inception Cohort (GESPIC) den Einfluss von NSAR auf die röntgenologisch darstellbaren Befunde an der Wirbelsäule bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis (axSpA) über einen Zeitraum von zwei Jahren, wobei sich die in Bochum gezeigten Daten auf jene Patienten mit manifester AS beschränkten – die Gesamtergebnisse der GESPIC-Analyse wurden erst kürzlich publiziert (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1616-1622).
Deutsche GESPIC-Kohorte liefert Anhaltspunkte für Differentialtherapie Basierend auf den verfügbaren Röntgenbildern und Daten zur NSAR-Einnahme konnten 164 Patienten mit axialer SpA, davon 88 mit manifester AS und 76 ohne radiologischen Befund (nicht-röntgenologische ax-
7
a.
b.
mSASSS-Veränderung
4,36
4 3
p=0,02
p=0,48
2 1 0
0,14
Bei den AS-Patienten war die vermehrte Einnahme von NSAR (NSAR-Index ≥50; 27 % der AS-Patienten) im Vergleich zu einer niedrigen NSAR-Einnahme (NSAR-Index <50; 73 % der AS-Patienten) mit einer signifikant niedrigeren Wahrscheinlichkeit für eine als Verschlechterung des mSASSS von ≥2 Einheiten definierte signifikante radiologische Progression assoziiert (Odds ratio, OR=0,15, p=0,045), adjustiert auf zu Beginn vorliegende strukturelle Schäden, erhöhtes CRP und den Raucherstatus. Auch insgesamt zeigte sich unter der hohen im Vergleich zur niedrigen NSARZufuhr nach zwei Jahren eine geringere röntgenologische Progression an der Wirbelsäule gemäß einer Veränderung des mSASSS-Scores um 0,02 vs. 0,96 Einheiten.
Bei AS größter Nutzen bei Risikofaktoren für strukturelle Progression
6 5
SpA, nr-axSpA) ausgewertet werden. Die Röntgenbilder der Wirbelsäule wurden von zwei unabhängigen Fachleuten verblindet und randomisiert entsprechend dem modifizierten Ankylosing Spondylitis Spine Score (mSASSS) beurteilt. Für die Bewertung der NSAR-Einnahme wurde ein Index herangezogen, der die Dosierung und Einnahmedauer berücksichtigte.
0,35
0,07
-1 -2 -3 Niedrige Hohe Niedrige Hohe NSAR-Einnahme NSAR-Einnahme NSAR-Einnahme NSAR-Einnahme
Abb.: Einfluss einer niedrigen im Vergleich zu einer hohen NSAREinnahme bei AS-Patienten (a) mit Syndesmophyten und erhöhtem CRP zu Studienbeginn sowie (b) ohne Syndesmophyten und mit normalem CRP-Wert
Am meisten ausgeprägt und signifikant war dieser Effekt bei AS-Patienten mit zu Beginn vorliegenden bekannten Risikofaktoren für eine strukturelle Progression – Syndesmophyten plus ein erhöhter CRP-Wert – mit einer mittleren mSASSS-Progression von 4,36 bei Patienten mit geringer NSAR-Einnahme im Vergleich zu 0,14 bei Patienten mit hohem NSAR-Index (p=0,02). Lag initial hingegen keiner dieser beiden Risikofaktoren vor, zeigte sich sowohl unter einer hohen als auch niedrigen NSAR-Einnahme eine nur sehr geringe röntgenologische Progression gemäß mSASSS mit 0,35 vs. 0,07 (p=0,48) (s. Abb.). Bei Patienten mit einer nr-axSpA wurde, wie bereits früher berichtet, generell kein klinisch relevanter Unterschied zwischen
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37 Patienten mit hoher oder niedriger NSAR-Einnahme dokumentiert. Im Ergebnis war somit eine höhere NSAR-Einnahme mit einer verzögerten röntgenologisch darstellbaren Verschlechterung der Befunde an der Wirbelsäule bei Patienten mit AS assoziiert – ein Effekt, der jedoch fast ausschließlich bei Patienten mit hohem Progressionsrisiko aufgrund bereits vorliegender Syndesmophyten als Zeichen einer Knochenneubildung sowie einem erhöhten CRP-Wert als Marker einer aktiven systemischen Inflammation gesehen wurde. Kein solcher
Zusammenhang wurde bei Patienten mit nr-axSpA berichtet, wahrscheinlich aufgrund der insgesamt geringeren Bildung neuen Knochens an der Wirbelsäule in diesem frühen Stadium. Wie die Autoren auf dem DGRh-Kongress anmerkten, liefern diese Ergebnisse genügend Anhaltspunkte dafür, NSAR künftig noch konsequenter bei AS-Patienten einzusetzen. Die neuen GESPIC-Daten ermöglichen zudem eine zielgerichtete, am individuellen Risiko ausgerichtete Therapie, wurde doch überzeugend gezeigt, dass insbesondere Hochrisikopatienten für eine Röntgenprogression von dieser Therapie profitieren. m
Fortschritte bei AS: Therapie und Outcome Die sich im vergangenen Jahrzehnt für Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) aufgrund neuer Behandlungsoptionen ergebenden Verbesserungen der Therapie und des Outcomes in der Routineversorgung wurden von Prof. Dr. Angela Zink, Berlin, und Kollegen untersucht. Als Basis dienten Daten der Kerndokumentation der regionalen kooperativen Rheumazentren der Jahre 2000 bis 2010. Der Frauenanteil lag je nach Jahr zwischen 33 und 42 %. Das mittlere Alter der Patienten betrug 49 Jahre, die mittlere Krankheitsdauer 15 Jahre. Ab 2007 hat fast die Hälfte aller AS-Patienten Biologika erhalten. Der Anteil der bei AS vergleichsweise weniger wirksamen DMARDs ist entsprechend von 41 auf 21 % zurückgegangen. Steroide wurden 2000 noch 21 %, im Jahr 2010 hingegen nur noch 11 % der Patienten verordnet. NSAR sind mit 55 % und Coxibe mit 24 % in 2010 weiterhin wichtige Therapieoptionen – die Bedeutung der NSAR für AS-Patienten wurde auf dem DGRh-Kongress vor dem Hintergrund der neuen Studiendaten ausdrücklich hervorgehoben. Der Anteil von Patienten mit hohem Schweregrad sank von 20 auf 12 %. Auch die seit dem Jahr 2007 erhobenen krankheitsspezifischen Indizes BASDAI, BASFI und
BASMI lassen eine weitere Verbesserung in den letzten Jahren erkennen. Überdies stieg der Anteil von AS-Patienten, die keine Einschränkungen in täglicher Aktivität und Mobilität aufweisen, seit 2007 um 5 %. Zugleich erleben nur noch wenige Patienten schwere körperliche Einschränkungen (≤2,5 %). Signifikante Veränderungen zeigten sich auch bei der Beschäftigungssituation: 54 % der Patienten im erwerbsfähigen Alter waren 2000 in Arbeit gegenüber 65 % in 2010 – gleichzeitig war ein Rückgang der Erwerbsunfähigkeit von 20 auf 16 % zu verzeichnen. Zudem sank der Anteil von Patienten mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von 43 auf 33 %. Somit hat sich die Routineversorgung von AS-Patienten in der letzten Dekade grundlegend verändert. Zunehmend schlagen sich die verbesserten therapeutischen Möglichkeiten in einer besseren klinischen Präsentation, Lebensqualität und Arbeitsmarktteilhabe nieder. m Quellen: Kongress-Pressekonferenz und „Update Spondylarthritis (SpA)“, DGRh-Kongress 2012, Bochum, 21. September 2012; DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster SP.18, SP.33
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38 Systemischer Lupus erythematodes
Update zu Belimumab als neue Therapieoption Die Zulassung des BLyS-spezifischen Antikörper Belimumab bedeutet eine wichtige Bereicherung der Therapie des SLE, jedoch sind für einen breiteren Einsatz der Substanz auch Langzeitdaten und die Sicherheit etwa bei vorliegender Nierenbeteiligung von großer Bedeutung. Entsprechende Analysen wurden von deutschen Rheumatologen um Prof. Dr. Falk Hieper, Berlin, und Prof. Dr. Andreas Schwarting, Mainz, vorgestellt.
Erste 6-Jahresdaten zur Langzeitwirksamkeit und -sicherheit von Belimumab bei SLE lieferte die Auswertung einer randomisierten, placebokontrollierten Phase II-Studie mit 449 Patienten. Nach einer 52-wöchigen doppelblinden Phase mit Belimumab in Dosierungen von 1, 4 und 10 mg/kg plus Standardtherapie wurden die Patienten der Placebo-Gruppe ab Woche 56 und die Belimumab-Patienten ab Woche 80 mit 10 mg/kg Belimumab in einer offenen Verlängerungsstudie behandelt. Von den 296 in die offene Verlängerungsphase eingeschlossenen Patienten vollendeten 208 das sechste Therapiejahr (ca. 1.500 Patientenjahre). Die Rate an unerwünschten Ereignissen blieb über sechs Jahre stabil bzw. sank sogar. Das Therapieansprechen gemäß dem SLE Responder Index (SRI) betrug unter Belimumab im ersten Jahr 46 vs. 29 % unter Placebo (p<0,05) und stieg im 6-Jahresverlauf auf 55-61 % an. Die Rate schwerer BILAG-Schübe (1Abzw. 2B-Schübe) betrug unter Belimumab nach einem Jahr 38 % (vs. 44 % unter Placebo) und sank auf 11 % im sechsten Behandlungsjahr. Unter Belimumab kam es zu einem nachhaltigen Anstieg der Komplementfaktoren und Absinken des Anti-dsDNA-Antikörpertiters. Der Glukokortikoidbedarf sank bis zum Jahr 6 im Mittel um 34 % im Vergleich zum Ausgangswert.
Positive Beeinflussung renaler Parameter Eine zweite Untersuchung zu Belimumab erfolgte bei SLE-Patienten mit renaler Beteiligung nach SELENASLEDAI oder BILAG bzw. signifikanter Proteinurie zu Studienbeginn in einer Post-hoc Subgruppenanalyse der beiden Phase III-Studien BLISS-52 und -76. In dem Studienprogramm hatten Patienten mit seropositivem SLE (ANA ≥1:80 und/oder Anti-dsDNA ≥30 IU/ml) und einem SELENA-SLEDAI ≥6 für 52 (BLISS-52) bzw. 76 (BLISS-76) Wochen, doppelblind-randomisiert, ent-
weder Belimumab 1 mg/kg oder 10 mg/kg oder Placebo zusätzlich zu einer Standardtherapie erhalten. Lediglich Patienten mit schwerer aktiver Lupusnephritis (Proteinurie >6 g/Tag, Serumkreatinin >2,5 mg/dl, Hämodialyse bzw. Hochdosis-Prednison ≤90 Tage vor Studienbeginn) waren ausgeschlossen. Von den 1.684 Patienten der gepoolten Studienpopulation wies eine Subgruppe von 267 Patienten (15,9 %) eine interventionsbedürftige renale Beteiligung nach SELENA-SLEDAI auf (n=179, 10,6 % nach BILAG A/B). 344 Patienten hatten eine Proteinurie >0,5 g/ Tag (n=99, 5,9 %: ≥2 g/Tag). Im Vergleich zeigte sich tendenziell eine positive Entwicklung wichtiger renaler Parameter nach 52 Wochen unter Belimumab (Placebo vs. Belimumab 1 mg/kg vs. Belimumab 10 mg/ kg): Häufigkeit renaler Schübe (2,8 vs. 2,5 vs. 1,4 %), Erreichen renaler Remission (58,7 vs. 65,7 vs. 70,5 %), Verbesserung im SELENA-SLEDAI (44,6 vs. 51,1 vs. 54,1%), mediane Reduktion der Proteinurie (-27,5 vs. -48,3 vs. -39,1 %) und Verbesserung einer Hämaturie (45,0 vs. 60,9 vs. 66,7 %). m
Belimumab wurde über die 6-jährige Behandlungsdauer gut vertragen, ohne Anzeichen für ein erhöhtes Mortalitäts-, Malignom- oder Infektionsrisiko. Letzteres nahm zudem im Beobachtungsverlauf stetig ab. Seropositive SLE-Patienten zeigten eine anhaltende Verbesserung der Krankheitsaktivität und Reduktion der Schubfrequenz bei verringertem Steroidbedarf. Die Subgruppenanalyse von Patienten mit Nierenbeteiligung deutet darauf hin, dass Belimumab günstige Effekte auf die renale Entwicklung bei SLE haben könnte und unterstützen die Durchführung einer randomisierten Studie zur Evaluierung der Effekte von Belimumab bei Lupusnephritis.
Quellen: DGRh-Kongress 2012, Poster VK.10, VK.26
Kompakt
Gute Sicherheitsdaten aus Langzeitbeobachtung
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39 Systemischer Lupus erythematodes
Ergebnisse der LuLa-Studie: Infektionen und Impfungen im Fokus Neben der Krankheitsaktivität und kardiovaskulären Komorbiditäten gehören Infektionen zu den wichtigsten Faktoren, die die Mortalität und Morbidität beim Systemischen Lupus erythematodes (SLE) beeinflussen. Düsseldorfer Rheumatologen um Dr. Gamal Chehab, Denise Trinh und Prof. Dr. Matthias Schneider untersuchten im Rahmen der LuLa-Studie an einem für deutsche SLE-Patienten repräsentativen Kollektiv die Häufigkeit von Infektionen und die damit verbundenen Folgen. Eine zweite Auswertung beschäftigte mit dem Impfstatus in dieser Kohorte, da Impfungen eine wichtige primärprophylaktische Maßnahme zum Schutz vor Infektionen darstellen.
Bei der LuLa-Studie handelt es sich um eine deutsche Langzeituntersuchung mit jährlichen Querschnittserhebungen unter Mitgliedern der Lupus erythematodes Selbsthilfegemeinschaft, in der systematisch Daten zu multiplen Krankheitsaspekten erfragt werden. Im Jahr 2007 wurden unter anderem Angaben zur Häufigkeit und Art von Infektionen in den vergangenen 12 Monaten sowie die dadurch bedingten therapeutischen Konsequenzen erhoben, ebenso wurden Angaben zu den seit der SLE-Erstdiagnose erfolgten Impfungen sowie deren Verträglichkeit gesammelt. Von den 758 Teilnehmern (mittleres Alter 50,5 Jahre, mittlere Krankheitsdauer 13,8 Jahre), hatten den Autoren zufolge 82,7 % über mindestens eine Infektion im letzten Jahr berichtet. Im Mittel wurden 5,71 Infektionen verzeichnet. Am häufigsten wurden Infektionen der Atemwege (56,6 %), Hautinfektionen durch Viren (36,5 %) und urogenitale Infektionen (30,5 %) genannt. Eine Antibiose erfolgte am häufigsten bei Urogenitalinfekten (66,7 %) und Atemwegsinfekten (60,4 %), wohingegen Krankenhausaufnahmen insbesondere bei Infektionen des Magen-Darm-Traktes (12,8 %) erforderlich waren. Mit dem Auftreten und der Häufigkeit von Infektionen waren sowohl in einer uni- als auch multivariaten Analyse signifikant chronische Atemwegserkrankungen, psychische Krankheiten und chronische Erkrankungen des MagenDarm-Traktes assoziiert (p<0,0001). Ein signifikante Assoziation mit medikamentösen Therapien war lediglich in den univariaten Analysen nachweisbar, und zwar sowohl für das Auftreten von Infektionen unter NSAR (88,6 vs. 81,0 % ohne NSAR, p=0,022) als auch deren Häufigkeit (im Mittel 5,8 vs. 4,4 Infektionen ohne NSAR, p=0,002), ebenso für Steroide in Dosierungen >7,5 mg (im Mittel 6 vs. 4,5 Infektionen ohne Steroide >7,5mg, p=0,013) sowie MMF (im Mittel 5,9 vs. 4,6 Infektionen ohne MMF, p=0,042). Insgesamt 500 dieser Teilnehmer der LuLa-Studie hatten zumindest eine Impfung nach der Diagnosestel-
lung erhalten. Am häufigsten handelte es sich dabei um Impfungen gegen Tetanus (45,3 %) und Influenza (39,1 %). Seltener wurden Impfungen zu Diphterie (21 %), Poliomyelitis (16,9 %), Hepatitis (12,4 %), Pneumokokken (11,9 %), Pertussis (2,9 %), HIB (0,8 %) und Meningokokken (0,8 %) angegeben. In einem Stichprobenvergleich zeigte sich kein signifikanter Unterschied der Impfraten zwischen Patienten mit und ohne einer immunsuppressiven Therapie (Steroide >7,5 mg oder Immunsuppressiva). Auch für die einzelnen Medikamente fanden sich keine signifikanten Unterschiede. Nebenwirkungen wurden je nach Impfung in 4,4 bis 17 % der Fälle beschrieben. Für Infektionen, die eine wichtige Rolle für die Therapie und den Erkrankungsverlauf des SLE spielen, konnten somit mehrere prädisponierende Komorbiditäten ausgemacht werden, während medikamentöse Einflussfaktoren nicht eindeutig nachweisbar waren. Die gefundenen Impfraten bei SLE-Patienten entsprechen nicht den DGRh-Empfehlungen, auch war keine klare Strategie in Abhängigkeit von der Therapieintensität erkennbar. Sinnvoll wären daher systematische Verlaufsuntersuchungen, um die Effektivität und die Umsetzung der Impfempfehlungen der letzten Jahre durch die behandelnden Rheumatologen zu beurteilen. m Quellen: DGRh-Kongress 2012; Abstr./Poster EV.08, EV.11
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40 Orthopädische Rheumatologie
Neues Komplikationsregister soll Klarheit schaffen Die heutigen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten haben zu einem grundlegenden Wandel des rheumatischen Krankheitsverlaufs bei vielen Patienten geführt. Erfreulicherweise sind die aggressiven Entzündungsverläufe mit rascher Zerstörung von gleichzeitig mehreren Gelenken selten geworden. Dies hat zu erheblichen Veränderungen in der operativen Versorgung von RheumaPatienten geführt, erläuterte PD Dr. Klaus Schmidt, Dortmund, Kongresspräsident der deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh).
Der Anteil von endoskopisch oder auch offen durchgeführten Entfernungen von rheumatischem Entzündungsgewebe ist selten geworden. Dafür ist jedoch die Anzahl von Gelenkrekonstruktionen unverändert hoch geblieben. In Deutschland werden jährlich etwa 400.000 Endoprothesen bei steigender Tendenz eingebaut.
Deutlicher Wandel in der operativen Versorgung Da die Anzahl von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA), die Hüft- und Knieprothesen erhalten konstant blieb, ging der relative Anteil von 3 auf 2 % zurück. Der Anteil von Patienten mit Endoprothesen an Schulter, Ellbogen, Finger, Sprunggelenk etc. ist mit mehr als 50 % deutlich höher. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eine Endoprothese zu bekommen für den Rheumatiker ca. 5-fach erhöht. Etwa 25.000 Endoprothesen werden bei RA-Patienten jährlich eingebaut. Gerade diese Eingriffe gelten als komplikationsträchtig und es gilt das bei einem operativen Eingriff unter einer immunsuppressiven Therapie mit DMARDs und Biologika bestehende potentielle Risiko gegen das Risiko, durch ein temporäres Absetzen der Medikation einen Krankheitsschub zu provozieren, gegeneinander abzuwägen, betonte Schmidt. Mittlerweile gilt die Empfehlung, das Basismedikament Methotrexat (MTX) bei den meisten Operationen weiter einzunehmen. Hingegen wird empfohlen, bei allerdings noch unklarer Datenlage, Biologika gezielt vor Operationen abzusetzen. Um wie für die DMARDs auch für die verschiedenen Biologika möglichst zeitnah verbindliche Empfehlungen bezüglich der Frage: „Vor der Operation absetzen oder weitergeben?“ zu erarbeiten, leiten jetzt rheumaorthopädische Schwerpunktkliniken unter der Organisation der DGORh anonymisierte Patientendaten in ein Zentralregister. Nach Auswertung und Analyse der Daten wird die Anzahl perioperativer Komplikationen wie Infektionen oder schwerer Rheumaschübe verringert werden können, so die Hoffnung von Schmidt.
Erste Daten wurden jetzt auf dem DGRh-Kongress vorgestellt: Zur Analyse, unter welchen DMARDs operative Indikationen anstehen und welche perioperativen Komplikationen auftreten, wurden die Daten von 500 konsekutiv zu rheumachirurgischen Eingriffen anstehenden Rheumapatienten in sechs rheumaorthopädischen Zentren prospektiv anhand eingereichter standardisierter anonymisierter Bögen erfasst.
Aktuelle Daten zur perioperativen Medikation Insgesamt nahmen 78 % der operierten Rheumatiker präoperativ klassische DMARDs, zu 46 % MTX, 17 % Leflunonid, 9 % Sulfasalazin, 3 % Hydroxychloroquin und 2 % Azathioprin, seit durchschnittlich 64/44/53/53/25 Monaten ein und 24/50/14/19/60 % hatten die Basistherapie durchschnittlich 16/12/12/ 12/8 Tage präoperativ abgesetzt. 30 % der Patienten erhielten präoperativ Biologika, zu 12 % Etanercept, 9 % Adalimumab, 3 % Tocilizumab, 3 % Rituximab, 2 % Abatacept, 1 % Golimumab und 1% Infliximab, dabei hatten 50/56/39/38/67/20/25% die Therapie durchschnittlich 11/17/15/14/11/1/15 Tage präoperativ abgesetzt. Die perioperative Komplikationsrate betrug 2 % und umfasste in zwei Fällen Wundheilungsstörungen, eine Serombildung sowie fünf Infektionen, die bei drei Patienten ohne Basistherapie, zwei Patienten unter Tocilizumab und je einem Patienten unter Adalimumab, Rituximab, Leflunomid und Sulfasalazin auftraten. Verglichen mit den Zahlen zur DMARD-Einnahme, scheint der Anteil von Patienten unter Biologika, die zu einem operativen Eingriff anstehen, nicht verringert zu sein. Eine erhöhte Komplikationsrate unter Biologika ist bislang allenfalls tendenziell erkennbar. m
Quellen: Kongress-Pressekonferenz, Bochum, 20. September 2012; DGRh-Kongress 2012, Abstr. LB.03
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41 Pädiatrische Rheumatologie
Gute Entwicklung der JIA-Versorgung in der Kinderkerndokumentation Jährlich erkranken etwa 1.200 Kinder bundesweit neu an Gelenkrheuma. Im letzten Jahr wurden in der deutschen Kinderkerndokumentation etwa 10.000 rheumakranke Kinder und Jugendliche erfasst. Insgesamt leiden in Deutschland etwa 20.000 Kinder an chronischen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Neue Daten der Kinderkerndokumentation („Kinderkerndok“) zeigen jetzt, dass sich die Versorgung und Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) im vergangenen Jahrzehnt deutlich verbessert haben.
Defizite bei früher Therapie der Oligoarthritis Die verbesserte Versorgungsstruktur hat dazu beigetragen, dass vom Symptombeginn bis zur kinderrheumatologischen Erstvorstellung nicht mehr acht Monate wie noch im Jahr 2000 vergehen, sondern im Schnitt nur noch zwei Monate. Nicht nur das Versorgungsnetz ist dichter geworden, auch die therapeutischen Möglichkeiten haben sich durch die Einführung mehrerer Biologika auch für schwere JIA-Formen erheblich verbessert. Inzwischen erhält laut Minden jedes dritte Kind mit schwer aktiver JIA mit unzureichendem Ansprechen auf eine Standardtherapie ein Biologikum. Hierdurch wurde nicht nur vielfach die Remission zu einem realistischen Therapieziel bei JIA, auch ist anhand der Kerndokumentation ein stetiger Rückgang der durchschnittlichen Krankheitsaktivität und Funktionseinschränkungen bei den Patienten zu beobachten. Dabei muss die hohe Effektivität der Biologika nicht mit inakzeptablen Risiken erkauft werden, wie die Daten aus den Biologika-Registern BiKeR und JuMBO zeigen, die eine gute Langzeitsicherheit zumindest von Etanercept als am längsten und bislang häufigsten eingesetzten Biologikum in der Kinderrheumatologie belegen. Aktuell in Bochum präsentierte Daten der „Kinderkerndok“ aus dem Jahr 2010 befassten sich mit der Versorgung neu erkrankter JIA-Patienten. Ein Schwerpunkt lag hier auf der frühen Verordnung von Basistherapien und deren Abhängigkeit vom JADAS, wofür 687 Patienten mit neu diagnostizierter Oligoarthritis (OA) oder RF-negativer Polyarthritis (RF-PA) mit einer
Krankheitsdauer ≤12 Monate an 56 Einrichtungen bundesweit erfasst wurden. Zehn Einrichtungen sahen fast zwei Drittel der Patienten, 25 Einrichtungen bis zu 5 Patienten. Die 513 OA-Patienten hatten einen mittleren JADAS von 7,1. Behandelt wurden diese mit NSAR (86 %), intraartikulären Glukokortikoiden (31 %), Basismedikamenten, meist MTX (28 %), und Physiotherapie (58 %). Jene Patienten mit einem höheren JADAS erhielten signifikant häufiger eine Basistherapie (p=0,016). Allerdings variierten die durchschnittlichen Verordnungshäufigkeiten dieser Therapien an den Einrichtungen ganz erheblich zwischen 0 % und 100 %. Insgesamt 16 % der Einrichtungen setzten bei der frühen OA keine lokalen Glukokortikoide ein. Jeweils ca. 20 % der Einrichtungen verordneten entweder in 0 % oder in ≥75 % der Fälle Basismedikamente. Jene 151 Patienten mit RF-PA wiesen einen mittleren JADAS von 13,5 auf und erhielten im ersten Krankheitsjahr zu 91 % NSAR, zu 76 % Basismedikamente und zu 63 % eine Physiotherapie. Lediglich an 4 % der Einrichtungen wurden Basismedikamente bei weniger als 25 % der betreuten Patienten eingesetzt, an ca. 60 % hingegen in ≥75 % der Fälle. m
Während die „Kinderkerndok“ insgesamt eine positive Entwicklung der Versorgung von JIA-Patienten zeichnet, bestehen vor allem in der Therapie der frühen Oligoarthritis bei unzureichender Evidenz über das beste Vorgehen keine übereinstimmenden Standards der Versorgung – hier ist eine prospektive Evaluierung von Therapieprotokollen anzustreben.
Quelle: Vorab-Pressekonferenz anlässlich des DGRhKongresses, Berlin, 12. September 2012; DGRh-Kongress 2012, Poster KR.22
Kompakt
Wie Dr. Kirsten Minden, Berlin, für die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) darlegte, wurde in Deutschland in den letzten Jahren ein engmaschiges kinderrheumatologisches Versorgungsnetz geknüpft, das heute etwa 130 zertifizierte Kinderund Jugendrheumatologen an ca. 100 Einrichtungen einschließt.
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42 Juvenile idiopathische Arthritis
Update zu aktuellen Therapieoptionen bei der JIA Bei der JIA handelt es sich um eine sehr inhomogene Gruppe von Erkrankungen mit Unterschieden in der Immunologie, der Pathogenese, der klinischen Präsentation, der Prognose und dem Ansprechen auf DMARDs und Biologika, betonte Prof. Dr. Gerd Horneff, St. Augustin. Für Therapieentscheidungen sind die verfügbaren Evidenzen, idealerweise aus kontrollierten, randomisierten klinischen Studien, und die Zulassungssituation maßgeblich.
Für die Polyarthritis, zu der neben der seropositiven und -negativen polyartikulären JIA (pJIA) auch die erweiterte Oligoarthritis (eOA), polyartikuläre Verläufe der Psoriasis-Arthritis (PsA) und der Enthesitis-assoziierten Arthritis (EAA) zählen, stehen derzeit die meisten klinischen Studien, insbesondere mit Biologika zur Verfügung. Letztere erlauben es inzwischen, die vollständige Remission zum Behandlungsziel zu erklären.
Bei pJIA ist Remission ein realistisches Ziel Die beiden TNF-Inhibitoren Etanercept und Adalimumab sowie Abatacept gelten bereits als etabliert. Für Etanercept wurde eine Erweiterung der Indikation ab einem Alter von zwei Jahren, für Adalimumab ab einem Alter von vier Jahren erreicht. Überdies wurde Etanercept, so betonte Horneff, bei polyartikulären Verläufen einer EAA, der PsA sowie eOA klinisch geprüft und kürzlich zugelassen. Neben Langzeitstudien zur Sicherheit und Wirksamkeit der etablierten Substanzen wurden auch klinische Studien zu neueren Biologika wie Tocilizumab, Golimumab und Certolizumab Pegol durchgeführt. Das Therapieziel der Remission wird nach Daten aus deutschen Biologika-Registern bei zumindest der Hälfte der Patienten erreicht, wobei sich ein früher Therapiebeginn innerhalb des „window of opportunity“ als günstig erwies. Eine Remission durch einen frühen Therapiebeginn hatten gleich zwei Konzeptstudien zum Ziel, bei denen eine intensive Frühtherapie untersucht wurde. Die Behandlung der frühen pJIA mit Infliximab plus Methotrexat (MTX) erzielte in einer randomisierten Studie nach einem Jahr signifikant häufiger eine hochgradige Verbesserung und Remission als eine MTX-Monotherapie oder eine DMARDKombination aus MTX, Sulfasalazin und Antimalariamitteln. Die frühe aggressive Therapie mit MTX plus Etanercept und Prednisolon in absteigender Dosierung führte in einer randomisierten Doppelblindstudie bei neu aufgetretener pJIA ebenfalls signifikant häufiger zu einer inaktiven Erkrankung oder Remissi-
on als eine MTX-Monotherapie, führte Horneff weiter aus. In internationalen Empfehlungen zur Therapie der JIA wird demzufolge in Anhängigkeit von Krankheitsaktivität und Prognose bei der Polyarthritis eine frühzeitige Biologika-Therapie empfohlen, betonte Horneff. Noch zu klären ist, ob und wie sich durch eine frühe Therapie mit Biologika neben der aktuellen Krankheitslast auch die Prognose verbessern lässt.
Systemische JIA bleibt Herausforderung Problematischer als bei der pJIA gestaltet sich nach Dr. Frank Weller-Heinemann, Bremen, die Situation bei der systemischen JIA (sJIA). Deren Therapie beinhaltet fast immer eine Mehrfachkombination, da mit NSAR meist keine ausreichende Fiebersenkung erreichbar ist. In der Regel werden bereits früh Steroide eingesetzt, anschließend wird vielfach als First-line-DMARD MTX hinzugefügt, um langfristig die Steroide minimieren zu können. Deutlich weniger effektiv als bei der pJIA sind TNF-Blocker. Attraktivere Zielmoleküle sind hier Interleukin-1 und -6. So wurden mit bereits mit dem täglich s.c. zu injizierenden IL-1-Blocker Anakinra früh sehr gute Ansprechraten von im Verlauf 70-85 % dokumentiert. Derzeit wird mit Canakinumab ein weiterer IL1-Blocker in einer weltweiten klinischen Phase III-Studie untersucht. Bei deutlich längerer Halbwertszeit sind 4-wöchentliche s.c.-Injektionen vermutlich ausreichend. Noch höhere Ansprechraten um 90 % sind für den IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab gezeigt worden. Basierend auf den Ergebnissen der weltweiten Phase III-Studie TENDER erfolgte die Zulassung von Tocilizumab bei sJIA ab einem Alter von zwei Jahren. Insgesamt, so Weller-Heinemann, bleibt die Therapie der sJIA eine Herausforderung und sollte nur von einem erfahrenen Kinder- und Jugendrheumatologen durchgeführt werden. m Quelle: Symposium „Update juvenile idiopathische Arthritis (JIA)“, DGRh-Kongress, Bochum, 22. September 2012
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
43 Rheumatologische Fachassistenz
Rheumatologen ziehen positives Fazit Aufgrund des auf lange Sicht persistierenden Versorgungsengpasses in der Rheumatologie wurde mittels der Zusatzqualifikation „Rheumatologische Fachassistenz DGRh-BDRh“ eine Weiterbildung für medizinische Assistenzberufe geschaffen, die bei den bisher über 700 Teilnehmern zu einem besseren Verständnis ihrer Arbeit und zu einem selbständigeren Arbeiten führte.
Insgesamt 92 Teilnehmer (27 %) beantworten mindestens eine Frage, 63 (68 %) waren in einer Praxis tätig, 17 (18 %) in einer Klinik und 12 (13 %) in beidem. 30 Ärzte (34 %) beschäftigten eine rheumatologische Fachassistenz, 46 (52 %) zwei bis vier und 10 (11 %) mehr als vier. Zur Einschätzung der Auswirkung der Ausbildung auf die Mitarbeiter/innen wurden mehrere Fragen gestellt. Die Frage „Hat Ihr/e Mitarbeiter/in nach Ihrer Meinung von der Ausbildung profitiert?“ wurde von 61 (69 %) mit „sehr profitiert“ beantwortet, 21 (24 %) gaben „eher profitiert“ an, nur 2 (2 %) bzw. 1 (1 %) gaben „eher nicht profitiert“ oder „gar nicht profitiert“ an. Auf die Frage „Haben Sie den Eindruck, dass das Verständnis für rheumatologische Erkrankungen verbessert wurde?“ antworteten 51 Ärzte (59 %) mit „stark verbessert“, 28 (32 %) mit „verbessert“, 5 (6 %) mit „ein wenig verbessert“ und 0 % mit „gar nicht verbessert“. Die Frage „Können Ihre Mitarbeiter/innen „Akut-Termine“ besser abschätzen?“ bejahte die große Mehrzahl der Befragten entweder mit „deutlich besser“ (n=33, 38 %) oder „eher besser“ (n=43, 50 %), nur 4 (5 %) bzw. 3 (4 %) Teilnehmer antworteten mit „eher nicht besser“ oder „gar nicht besser“. Auf die Frage „Haben sich die Arbeitsaufgaben für die Rheumatologische Fachassistenz verändert?“ antworteten 45 Rheumatologen (52 %) mit „Ja“, 37 (43 %) mit „Nein“. Eine weitere Frage war „Welche eigenständigen Tätigkeiten führen Ihre Rheumatologischen Fachassistenzen durch, seit sie den Kurs durchlaufen haben?“. Die Erhebung des DAS28 nannten 46 Befragte (54,8 %), die Erhebung des BASMI 35 (41,7 %), Infusionen/Überwachung 78 (92,9 %), Medikamenteninformationen 66 (78,6 %) und Sonstige 39 (46,4 %). Die wichtige Frage „Können Sie mit Hilfe Ihrer Rheumatologischen Fachassistenz mehr Patienten versor-
gen als vorher?“ beantworteten 21 (25 %) mit „Ja“, 26 (31 %) mit „eher Ja“, 21 (25 %) mit „eher Nein“ und 14 (17 %) mit „Nein“ (s. Abb.). 94 % der Befragten würden den Kurs weiterempfehlen: 69 (82 %) „Ja“ und 10 (12 %) „eher Ja“. 4 (5 %) antworteten hingegen mit „eher Nein“, 1 (1 %) mit „Nein“. Den Autoren zufolge kann eine Verzerrung bei einer Antwortquote von 26 % nicht ausgeschlossen werden, auch wenn dies einer üblichen Rücklaufquote bei Web-basierten Fragebogenuntersuchungen entspricht. m
Aus der Sicht der internistischen Rheumatolog/innen konnten die Mitarbeiter/innen somit eindeutig von der Zusatzqualifikation „Rheumatologische Fachassistenz DGRhBDRh“ profitieren, so dass von einer qualitativen Verbesserung der Patientenversorgung ausgegangen werden kann. Bei über 50 % der befragten Rheumatolog/innen konnte die Patientenversorgung quantitativ verbessert werden. Dies legt den Schluss nahe, dass die Professionalisierung medizinischer Assistenzberufe am Beispiel der rheumatologischen Fachassistenz einen deutlichen Schritt nach vorne in der spezialisierten Versorgung ermöglicht.
Kompakt
Auf dem DGRh-Kongress wurden jetzt von Dr. Stefan Kleinert, Würzburg, und Kollegen die Ergebnisse einer Ärztebefragung zur Wirksamkeit der Professionalisierung medizinischer Assistenzberufe vorgestellt. Diese erfolgte mittels einer Internet-basierten Umfrage an 344 internistische Rheumatolog/innen (per E-Mail verschickt) zur Evaluation des Kurses aus Sicht der beteiligten Ärzte.
Quelle: DGRh-Kongress 2012, Abstr./Poster V.04
17 %
25 %
25 %
Ja Eher ja Eher nein Nein
31 %
Abb.: Quantitative Veränderungen: Können Sie mit Hilfe Ihrer Rheumatologischen Fachassistenz mehr Patienten versorgen als vorher?
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
44 DGRh-Jahrestagung
Fortbildungstreffen der rheumatologischen Studien- und Fachassistent/innen in Bochum Der 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) fand in der Ruhrmetropole Bochum statt. Durch die nur bedingte Raumkapazität im eigentlichen RuhrCongress gab es auch Symposien im Hörsaalzentrum St. Josef-Hospital, in den Räumlichkeiten des Ramada- und Renaissance-Hotels und in der Gastronomie im Stadtpark. So hatte dieser Kongress einen gewissen sportlichen Nebeneffekt. Das 11. Fortbildungstreffen der rheumatologischen Studien- und Fachassistent/innen fand vom 19. bis 20. September 2012 in der „Gastronomie im Stadtpark Bochum“ mit 72 Teilnehmern statt.
Wissen gibt uns Sicherheit in unserer täglichen Arbeit, verschafft uns Respekt gegenüber den Vorgesetzten und fördert dadurch unsere Motivation. Neue Anforderungen und der Fortschritt in der Medizin ermöglichen auch den Assistenzkräften kontinuierliche Fortbildungsmaßnahmen mit immer wieder neuen interessanten Themen, die wir in diesem Jahr interdisziplinär und auch auf der juristischen Ebene mit beispielhaften Fallstricken aufgegriffen haben. Frau Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Berlin, Präsidentin der Rheuma-Liga, begrüßte die Teilnehmer in Ihrer Funktion als Schirmherrin. Sie lobte das rege Interesse der rheumatologischen Studien- und Fachassistent/ innen, und äußerte erneut, wie wichtig die Mitgliedschaft der Assistenzkräfte im Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. und die damit verbunde-
ne Außenwirkung ist. Im Anschluss hatte Frau Martina Niewerth, Berlin, Deutsches Rheumaforschungszentrum (DRFZ), mit ihrem Beitrag zur Transition in der pädiatrischen Rheumatologie das Wort. Bundesweit sind ca. 20.000 Kinder von chronischen entzündlichrheumatischen Erkrankungen betroffen. Es gibt viele Unterschiede in Symptomen und Behandlungen und bei jedem zweiten ist die Krankheit beim Übergang ins Erwachsenenalter noch aktiv. Dieses bringt ein weiteres Engpassproblem der derzeit nicht ausreichenden rheumatologischen Versorgung mit sich, denn für ca. 2.000 jugendliche Patienten pro Jahr steht der Betreuungswechsel zum Erwachsenenrheumatologen an.
Fachübergreifende Vorträge Interdisziplinäres Verständnis in der Verbindung Rheumatologie und Gastroenterologie vermittelte der Gastroenterologe Dr. Hans-Joachim Toermer, Köln. Eine Fehlregulation des Immunsystems kann zu chronischentzündlichen Darmerkrankungen (CED) führen, die Mukosaheilung (Remission) gilt als Ziel. Zur Therapie werden Kortison, DMARDs und Biologika eingesetzt. Laut Statistik haben z. B. Patienten mit Spondylarthritis (SpA) in bis zu 2/3 der Fälle eine subklinische Kolitis und 8-10 % leiden an einer CED. Umgekehrt erkranken 20-40 % der CED-Patienten an entzündlichem Rheuma, davon entwickeln bis zur Hälfte der Betroffenen eine Osteoporose. Über das interessante Thema „Biomarker – Hilfreich in Therapie und Prävention?" berichtete PD Dr. Thomas Häupl, Berlin. Die Erforschung geeigneter Biomarker für Therapie und Prävention ist von hoher Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf den Therapieerfolg und die Früh- und Risikoerkennung. Objektivität und hohe Trennschärfe, Quantifizierbarkeit, einfache und kostenüberschaubare Analyseverfahren, um nur einige zu nennen, werden dabei von der Verfahrensweise erwartet.
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
45
Ein weiterer Programmpunkt: Der Bundesverband der Study Nurse/Studienassistenten in der klinischen Forschung e.V., gegründet am 13. März 2011, stellte sich vor und berichtete von seinen Aktivitäten und Zielen.
Zusatzqualifikation: Nutzen für alle Beteiligte Die Mittagspause wurde für den Besuch der Posterpräsentation im RuhrCongress genutzt. Ein besonderes Augenmerk galt dem Poster V.04 „Rheumatologische Fachassistenz DGRh-BDRh“ – Auswertung einer Ärztebefragung zur Wirksamkeit der Professionalisierung medizinischer Assistenzberufe" von Dr. Stefan Kleinert, Würzburg, und Kollegen. Zusammenfassend zeigt es den großen Zugewinn aus Sicht der internistischen Rheumatologen durch die Zusatzqualifikation ihrer Mitarbeiter zur „Rheumatologischen Fachassistenz DGRh-BDRh" beim gemeinsamen Einsatz in der Patientenversorgung des rheumatologischen Formenkreises. Nachfolgend äußerten sich Mitarbeiterinnen aus der Kinderrheumatologie zum Thema Weiterqualifikation. Sie regten an, dass es aufgrund des großen Unterschieds zur Erwachsenenrheumatologie, speziell für rheumatologische Fachkräfte in der Versorgung der Kinderrheumatologie, zusätzlich noch spezifischere Fortbildungen geben müsste. Weiter im Programm führte Prof. Dr. Falk Hiepe, Berlin. Er referierte über neue Erkenntnisse zum Systemischen Lupus erythematodes (SLE) und der Therapiemöglichkeit mit Belimumab, demonstrierte graphisch die Aktivierung der B-Zell-Differenzierung und stellte entsprechende Studienergebnisse vor. Die rheumatische Grunderkrankung birgt alleine schon ein vermehrtes Infektionsrisiko, berichtete anschließend Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin. Dazu nehmen der Grad der Krankheitsaktivität- und schwere, Komorbidität, Alter und die Tatsache einer immunsuppressiven Behandlung zusätzlich negativen Einfluss auf die Infekti-
onsgefahr. Eine Überprüfung des Impfstatus vor einer immunsuppressiven Therapie wird empfohlen und nur Totimpfstoffe sind indiziert. Zusätzlichen Schutz für die Patienten bietet ein kompletter Impfschutz der Angehörigen und Familienmitglieder.
Juristische Aspekte im Fokus Erstmalig referierte in diesem Jahr mit Thomas Hermans, Euskirchen, ein Rechtsanwalt über juristische Fallstricke und Notfallmanagement, sowie welche Gesichtspunkte während der täglichen Arbeit in Klinik und Praxis, z. B. bei Dokumentationen, Schweigepflicht und Datenschutz, zu beachten sind. Er erklärte, dass bei der ärztlichen Haftung als häufigstes Verfahren die Zivilrechtsfälle vorkommen (ca. 30.000/ Jahr), dass seit Mitte der 1970er Jahre Strafrechtsfälle zunehmen und dass als Hauptvorwurf Fehler bei Aufklärung, Dokumentation, Organisation und Behandlung gelten. Hermans schloss seinen eindrucksvollen Vortrag mit lebhaften Diskussionen, Wortmeldungen und Beispiel-Szenarien der Zuhörer mit dem Zitat: „Irren ist menschlich, vertuschen ist unmenschlich.“ Wir dürfen auf eine gelungene Fortbildungsveranstaltung zurückblicken, welche nicht nur rein medizinische Aspekte beinhaltete, sondern auch fachübergreifende Verbindungen vermittelte und auf therapeutische Zukunftsperspektiven neugierig machte. Verdeutlicht wurde, wie wichtig die Qualifikation zur „Rheumatologischen Fachassistenz DGRh-BDRh“ ist, dass in Bezug auf eine Kompetenzverbesserung, eine wirkungsvolle Unterstützung des Rheumatologen im Arbeitsalltag, eine höhere Arbeitszufriedenheit sowie eine adäquate Behandlung des Rheumapatienten maßgeblich erreicht wurde und noch weiter ausbaufähig ist. m
Im nächsten Jahr findet der DGRh-Kongress in Heidelberg/Mannheim statt und wir werden für den 17. und 18. September 2013 wieder ein interessantes Themenspektrum anbieten, welches Anwendung im Praxisund Klinikalltag findet und zur eigenen Arbeitszufriedenheit und zum Wohl unserer Patienten beiträgt. Das Organisationsteam freut sich auf ein Wiedersehen.
Ulrike Erstling Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. Geschäftsstelle: c/o Ulrike Erstling Dombach-Sander-Str. 87a, 51465 Bergisch Gladbach Tel.: 0221/20431356, Mobil: 0176/84070559 www.forum-rheumanum.de
Ausblick
Den Themenkomplex „Multimorbidität: Rheuma/Alterungsprozess“ erläuterte Prof. Dr. Hans-Georg Nehen, Essen. Wir leben in einer Generation mit einer wachsenden Gruppe von geistig gesunden und körperlich gebrechlichen Menschen. Die zukünftige Situation lässt eine erhöhte Lebenserwartung von bis zu 120 Jahren annehmen. Es sinkt die Geburtenquote, berufliche Mobilität der Jugend, eine Singularisierung und Kinderlosigkeit mit der daraus resultierenden Abnahme der Mehrgenerationensolidarität sind zu erwarten. Zudem wird jetzt schon das rheumatische Behandlungsfeld „Gerontorheumatologie“ beschrieben. Die sog. „LORA (Late onset rheumatoid arthritis), d. h. die Rheumatoide Arthritis (RA) im Alter, mit der Erstdiagnose nach dem 60. Lebensjahr, weist viele spezifische Merkmale auf.
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46 Rheumatoide Arthritis
Schnelle und lang anhaltende Remission möglich Die im Rahmen des diesjährigen DGRh-Kongresses in Bochum präsentierten Daten der nicht-interventionellen Studie (NIS) FαsT zeigen, dass mit dem PEGylierten anti-TNF Certolizumab Pegol auch in der Praxis eine schnelle und lang anhaltende Remission erreichbar ist. Wie aus Daten der Phase IIIb-Studie REALISTIC hervorging, korreliert das schnelle Ansprechen von Certolizumab Pegol innerhalb von 12 Wochen dabei mit einer guten Vorhersagbarkeit für den Therapieerfolg. Einer Post-hoc Analyse der RAPID 1-Studie zufolge ist mit Certolizumab Pegol durch das schnelle Ansprechen eine zuverlässige Therapieentscheidung nach 12 Wochen möglich.
Dass die Therapie mit Certolizumab Pegol (Cimzia®) die vom IQWiG geforderte Remission auch unter Alltagsbedingungen schnell und lang anhaltend erreichen kann, zeigten neue Daten der NIS FαsT. Die von Prof. Dr. Hubert Nüßlein, Nürnberg, vorgestellten 1-Jahres-Daten ergaben, dass bereits nach 12 Wochen 34 % der Patienten das Therapieziel Remission (DAS28 ≤2,6) erreichten (Burmester G et al., DGRh 2012; Poster RA.08). Bis Woche 52 steigerte sich dieser Anteil sogar weiter auf fast 45 %. „Bemerkenswert an diesen Ergebnissen ist die Tatsache, dass der Anteil der Patienten mit einer Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität nach 12 Wochen mit ca. 60 % auch dem Ergebnis nach einem Jahr entsprach“, so Nüßlein zum schnellen Ansprechen von Certolizumab Pegol in der FαsT-Studie. „Auch die patientenrelevanten Größen Arthritisschmerz, Körperfunktion, Fatigue und Morgensteifigkeit verbesserten sich nach 12 bzw. 52 Wochen deutlich“, stellte Nüßlein fest. Unter Certolizumab Pegol zeigten sich im Vergleich zu den Zulassungsstudien keine neuen Verträglichkeitshinweise. Dass das schnelle Ansprechen von Certolizumab Pegol als prädiktiv für einen langfristigen Therapieerfolg gelten könne, erläuterte Prof. Dr. Andrea Rubbert-Roth, Köln. Ergebnisse einer Post-hoc Analyse der praxisnahen Phase IIIb-Studie REALISTIC zeigten die Möglichkeit, bereits nach Woche 12 die Wahrscheinlich-
keit des Erreichens einer niedrigen Krankheitsaktivität (DAS28 <3,2) zu Woche 28 zu bestimmen (Weinblatt M et al., EULAR 2012; Abstr. 12-2691). „Wer nach 12 Wochen keine DAS28(ESR)-Verbesserung um mindestens 1,2 Punkte aufweist, wird auch nur mit einer knapp 4%igen Wahrscheinlichkeit einen DAS28 <3,2 zu Woche 28 erreichen“, kommentierte Rubbert-Roth die Studienergebnisse. Damit bestätigten sich Beobachtungen aus den klinischen Zulassungsstudien zur guten Vorhersagbarkeit von Certolizumab Pegol. Wie Rubbert-Roth deutlich machte, zeigten aktuell publizierte Daten einer Post-hoc Analyse der RAPID 1-Studie in den ersten 12 Wochen eine Verbesserung der Krankheitsaktivität (DAS28-Verbesserung ≥1,2) bei ca. 87 % aller Studienteilnehmer; etwa 72 % sprachen bereits nach 6 Wochen auf die Behandlung an. Entscheidend für die langfristige Prognose war die Tatsache, dass von den 13 % Non-Respondern lediglich 2 % eine niedrige Krankheitsaktivität nach einem Jahr aufwiesen (van der Heijde D et al., J Rheumatol 2012; 39: 1326-33). m
Unter einer Behandlung mit Certolizumab Pegol ist es möglich, bereits zu Woche 12 eine Entscheidung über die Fortführung oder Umstellung der Therapie zu treffen. Dies trägt zur Optimierung des RA-Therapiemanagements bei und steht in Einklang mit den aktuellen Therapiealgorithmen, die eine Entscheidung über Fortführung oder Therapiewechsel innerhalb von 12 Wochen fordern. Certolizumab Pegol bietet somit gute Voraussetzungen für eine First-Line-Therapie bei TNF-naiven Patienten.
Quelle: Satellitensymposium und Pressekonferenz der UCB Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
Kompakt
Wie Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, verdeutlichte, bescheinigten die aktuellen Ergebnisse des IQWiG-Vorberichts den Biologika einen generell positiven Nutzen in der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA). „Das IQWiG hat damit erstmals die guten klinischen Erfahrungen mit dieser Wirkstoffklasse durch konkrete Zahlen belegt“, so Müller-Ladner. Als besonders wichtig erachtete das Institut in seiner Bewertung das Erreichen einer Remission der Patienten. Der Stellenwert der Biologika beim Erreichen dieses Therapieziels wird auch in der aktuell vorgestellten S1Leitlinie zur Therapie der RA unterstrichen.
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47 Rheumatoide Arthritis
Update zum JAK-Inhibitor Tofacitinib Der kurz vor der Zulassung stehende neue, oral einzunehmende Janus-Kinase (JAK)-Inhibitor Tofacitinib wird in dem sechs Phase III-Studien umfassenden ORAL-Programm mit beinahe 5.000 Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) untersucht. In verschiedenen Patientenkollektiven wurde hierin Tofacitinib jeweils eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit attestiert.
Trotz der Verfügbarkeit effektiver Therapieoptionen kommt es, so Prof. Dr. Jörn Kekow, Magdeburg, bei etwa einem Drittel der Patienten dennoch zu einer weiteren Progression der RA. Speziell für solche Patienten könnte das auf einem gänzlich anderen Wirkmechanismus als Biologika beruhende und eigentlich eher als orales DMARD zu bezeichnende Tofacitinib einen großen Fortschritt bedeuten. Ob die Zulassungsbehörden Tofacitinib eher als Second-line-DMARD (ORAL Solo) oder First- (ORAL Standard) bzw. Secondline-Biologikum (ORAL Step) einstufen, bleibt nach Kekow abzuwarten. In der ORAL Solo-Studie war Tofacitinib (2x 5 oder 10 mg/Tag) als Monotherapie ohne Methotrexat (MTX) mit Placebo bei 611 Patienten mit hoher Krankheitsaktivität und inadäquater Response auf wenigstens ein DMARD oder Biologikum verglichen worden. Primäre Endpunkte waren das ACR20-Ansprechen, eine Verbesserung des HAQ-DI und die DAS28-4[ESR]-Remission <2,6 nach jeweils drei Monaten (N Engl J Med 2012; 367: 495-507). Beide Tofacitinib-Dosierungen waren im Vergleich zu Placebo beim ACR20-Ansprechen (59,8 und 65,7 % vs. 26,7 %) und im HAQ-DI (-0,50 und -0,57 vs. -0,19) signifikant überlegen (je p<0,001). Ein positiver Trend zeigte sich laut Kekow für die DAS28-4[ESR]-Remission. In der 12-monatigen ORAL Standard-Studie erfolgte der Vergleich von Tofacitinib plus MTX mit einer aus dem TNF-Blocker Adalimumab und MTX bestehenden Kombination so-
wie mit Placebo plus MTX als Kontrolle bei 717 RAPatienten mit hoher Krankheitsaktivität und unzureichendem Ansprechen auf eine MTX-Monotherapie. Die primären Endpunkte waren ein ACR20-Ansprechen nach sechs Monaten, eine Verbesserung des HAQ-DI nach drei Monaten und eine DAS28-4[ESR]Remission <2,6 in Monat 6 (N Engl J Med 2012; 367: 508-519). In allen Endpunkten erzielten beide Tofacitinib-Dosierungen eine mindestens vergleichbar gute Wirksamkeit wie Adalimumab und waren gegenüber Placebo signifikant überlegen. Beim ACR20 zeigte sich mit 51,5 bzw. 52,6 % sogar ein signifikant höheres Ansprechen als unter Adalimumab mit 47,2 % (je p<0,001), so PD Dr. Eugen Feist, Berlin. Die ORAL Step-Studie hatte zudem bereits die gute Effektivität bezüglich dieser Endpunkte bei Patienten nach vorherigem TNF-Versagen demonstriert – somit wären letztlich alle Einsatzszenarien für Tofacitinib denkbar. Eine wichtige Rolle für den künftigen Stellenwert von Tofacitinib dürfte letztlich auch das Sicherheitsprofil spielen, das gemäß den Erfahrungen aus dem ORALStudienprogramm, wie Dr. Rieke Alten, Berlin, betonte, sowohl hinsichtlich des Infektions- und Malignomrisikos als auch der kardiovaskulären Sicherheit mit dem anderer immunsuppressiver Therapien einschließlich der Biologika vergleichbar erscheint. m Quelle: Satellitensymposium der Pfizer Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
Chugai Science Award Rheumatologie 2012 Im Rahmen des DGRh-Kongresses 2012 in Bochum wurde Dr. Cindy Strehl von der Charité Berlin mit dem diesjährigen Chugai Science Award Rheumatologie ausgezeichnet. Den von Prof. Dr. Thomas Pap, Münster, überreichten und mit 10.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis erhielt die Forscherin für ihre herausragende
Arbeit auf dem Gebiet der entzündlich-rheumatischen Systemerkrankung mit ihrer in Arthritis & Rheumatism publizierten Arbeit: „Origin and Functional Activity of the Membrane-Bound Glucocorticoid Receptor". Dr. Cindy Strehl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Frank Buttgereit an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. GerdRüdiger Burmester. m
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48 Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
Deutlicher therapeutischer Nutzen unter Anti-TNF-Therapie Was leisten TNF-Blocker bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA), Ankylosierender Spondylitis (AS) und Psoriasis-Arthritis (PsA)? Dieser Frage gingen Experten auf einem Symposium im Rahmen des DGRh-Kongresses anhand aktueller Studiendaten zu Golimumab und Infliximab nach.
Wie Dr. Siegfried Wassenberg, Ratingen, betonte, schützen TNF-Blocker vor einer radiologischen Progression sowohl bei Patienten mit RA, AS als auch PsA. Bei der RA ist die Gelenkdestruktion langfristig entscheidend für die Behinderung des Patienten, denn die radiologisch messbare Gelenkzerstörung führt auch zum Funktionsverlust. TNF-Blocker können die Röntgenprogression verhindern, auch dann, wenn klinisch kein ausgeprägtes zusätzliches Ansprechen festzustellen ist. Dies wurde für den TNF-Blocker Infliximab (Remicade®) in Kombination mit Methotrexat (MTX) in den randomisierten kontrollierten Studien ATTRACT und ASPIRE sowohl bei etablierter als auch früher RA gezeigt.
Positive Studiendaten für Infliximab und Golimumab Auch Golimumab (Simponi®) schützte die Gelenke sowohl bei MTX-Versagern als auch bei MTX-naiven RA-Patienten vor Destruktion. Im MRT wurde die Besserung der Entzündung erfasst, der Unterschied in Bezug auf knöcherne Erosionen war aber in der GO-FORWARD-Studie nicht, in der GO-BEFORE-Studie nur knapp signifikant. Es gelte hier zu beachten, dass sich die Patientenmerkmale in klinischen Studien verändern, erklärte Wassenberg. So sei in den neueren Studien mit TNF-Inhibitoren die beobachtete Röntgenprogression auch in den Placebo-Gruppen deutlich geringer, als sie nach der Berechnung der durchschnittlichen Röntgenprogression zu erwarten wäre. Wie bei der RA ist auch bei der PsA die Gelenkzerstörung langfristig entscheidend für die Behinderung des Patienten. TNF-Blocker können die Röntgenprogression bei der PsA aufhalten, verhindern oder sogar rückgängig machen, wie z. B. in der IMPACT 2-Studie für Infliximab gezeigt wurde. Bei der AS gilt der Knochenanbau als langfristig entscheidend für die Funktionseinschränkung des Patienten und die Entzündung als Wegbereiter der Verknöcherung. TNF-Blocker können die Entzündung bei der AS verhindern, ob sie dadurch auch die zunehmende Verknöcherung aufhalten können, muss noch gezeigt werden. Langfristig
angelegte placebokontrollierte Studien, die den progressionshemmenden Effekt beweisen könnten, sind aus ethischen Gründen allerdings heute nicht mehr durchführbar, konstatierte Wassenberg.
Funktionsverbesserung macht sich im Alltag bemerkbar Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg, referierte darüber, welche Funktionssteigerung eine Verbesserung der Lebensqualität im Patientenalltag bewirkt. Die Funktionsfähigkeit hängt von Alter, Geschlecht – Frauen sind hier schlechter gestellt – und der Krankheitsdauer ab. Britische Untersuchungen haben gezeigt, dass die jährlichen Krankheitskosten bei RA-Patienten proportional mit den HAQ-Werten ansteigen. In der niederländischen BeSt-Studie hatten Patienten unter einer Therapiestrategie mit Infliximab weniger Schwierigkeiten bei der Hausarbeit und weniger Schlafprobleme. Als entscheidend für die Funktionaliät über acht Jahre erwies sich dabei bereits die radiologische Progression im ersten Jahr, die unter Infliximab vergleichsweise gering war. Auch mit Golimumab erreichten fast 70 % der Patienten in der GO-FORWARD-Studie eine relevante Funktionsverbesserung. Bei AS-Patienten korrelieren der BASFI und BASDAI mit den Krankheitskosten. Unter Infliximab wurde eine rasche und lang anhaltende Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit über mittlerweile acht Jahre erreicht. In der GO-RAISE-Studie kam es zu einer schnellen und anhaltenden Besserung der körperlichen Funktion mit Golimumab. Lorenz wies darauf hin, dass üblicherweise der BASDAI nach langer Therapiezeit ansteigt, da es den Patienten so gut geht, dass sie plötzlich auch auf Kleinigkeiten reagieren und diese bewerten. Die bessere Funktionalität resultiert in einer signifikanten Steigerung der Lebensqualität durch die TNF-Blockade, weniger Arbeitsfehltagen und einem späteren Renteneintritt. m
Quelle: Satellitensymposium der MSD Sharp & Dohme GmbH, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
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49 Rheumatoide Arthritis
Mit Prednison MR den Kortikoid- und NSAR-Verbrauch reduzieren Glukokortikoide gehören zu den wichtigen Therapiebausteinen nicht nur bei Rheumatoider Arthritis (RA). In dieser Indikation wird deren Bedeutung auch durch die aktuelle S1-Leitlinie hervorgehoben, so gilt es initial RA-Patienten konsequent auf eine optimierte Methotrexat- und Glukokortikoidtherapie einzustellen. Gerade im Langzeiteinsatz ist es jedoch wichtig, eine möglichst geringe Kortikoiddosis zu erreichen, um unerwünschte Wirkungen zu limitieren.
Insgesamt wurden in die Untersuchung die Verordnungszahlen von 1.875 Patienten eingeschlossen, die mindestens sechs Monate lang mit konventionellen Glukokortikoiden behandelt wurden, anschließend mindestens sechs Monate lang Prednison MR (Lodotra®) erhielten und denen im gesamten Beobachtungszeitraum keine Biologika verordnet wurden. „Diese Reduktion sehen wir sowohl bei der kumulativen Kortikoiddosis als auch bei anderen RA-spezifischen Medikamenten wie NSAR. Besonders auffällig ist dieser Rückgang bei Diclofenac und dem verordneten Kortison selbst – das ist ein deutlicher Hinweis auf die hohe Effizienz von Prednison MR“, so Dr. Fabian Peissker, Limburg/Cambridge, einer der Mitautoren. Da der Wirkstoff im Gegensatz zu konventionellen Kortikoiden bereits zu Beginn der nächtlichen Entzündungskaskade eingreift, kann man von einer hocheffizienten antiinflammatorischen Wirkung ausgehen, einhergehend mit weniger Schmerzen, folgerte Peissker. Grundlage der Analyse sind die dem Marktforschungsinstitut IMS Health übermittelten, anonymisierten Verordnungsdaten; hier werden 85 % aller in Deutschland eingereichten Rezepte registriert. Für die Rezepte von RA-Patienten wurde ein „Index-Datum“ definiert: Das ist der Zeitpunkt, an dem die Patienten von konventionellen Kortikoiden auf Prednison MR wechselten. In die Analyse floss dann jeweils die Gesamtmedikation sechs Monate vor und nach diesem Zeitpunkt ein. Bei den Patienten, denen nach dem Index-Datum nur Prednison MR ohne zusätzliche konventionelle Kortikoide verordnet wurde (n=1.316), ergab sich eine Reduktion der kumu-
lativen Kortikoiddosis von 1.049 auf 671 mg (-36,1 %, p<0,001). In der Gesamtgruppe (n=1.875), in der auch Patienten eingeschlossen waren, die neben Prednison MR weiterhin konventionelle Kortikoide erhielten, sank die Dosis von 1.116 auf 773 mg (-30,7 %, p<0,001) (s. Abb.). Prof. Dr. Martin Fleck, Regensburg, verwies auf den Gesamtkontext der medikamentösen RA-Therapie, in den diese Ergebnisse einzuordnen sind. Im Verlaufe der häufig jahrzehntelangen Behandlung, in denen die Patienten sich einer Vielzahl unterschiedlicher Substanzen in Rezidiv und Remission gegenübersehen, ist jede Reduktion der Medikamentenlast wünschenswert und trägt zur Sicherheit bei. Die Wirksamkeit einer Low-Dose-Kortikoid-Therapie hinsichtlich einer signifikanten Verminderung der Gelenkdestruktion ist bereits bekannt. Jetzt liegen starke Indizien vor, dass durch die Gabe von Prednison MR die Patienten weniger Schmerzen haben und gleichzeitig noch weniger Kortison benötigen, so das Fazit der Experten. m Quelle: Pressegespräch der Mundipharma Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
1.200
a.
-30,7 %
b.
-36,1 %
1.000 Mittlere kumulative Glukokortikoiddosis (mg)
Dass RA-Patienten, die von einem konventionellen Kortikoidpräparat zu Prednison MR (modified-release) wechseln, gleich in mehrfacher Hinsicht profitieren, verdeutlicht eine Analyse eingereichter Rezepte über einen Zeitraum von zwölf Monaten, die erstmalig beim DGRh-Kongress in Bochum vorgestellt wurde (DGRh 2012, Poster EV.19). Die verordnete Kortikoiddosis reduzierte sich dadurch um über 30 %, gleichzeitig sank der Bedarf an NSAR (im Falle von Diclofenac um gut 25 %), Coxiben und Analgetika.
800 600 400 200 0 6 Monate vor 6 Monate nach 6 Monate vor 6 Monate nach ID ID ID ID
Abb.: Mittlere Reduktion des Verbrauchs von Glukokortikoiden (a. einschließlich Prednison IR, b. ausschließlich Prednison MR) sechs Monate vor und nach dem Index-Datum (ID)
DGRh-Kongress 2012 – Bochum
50 Systemischer Lupus erythematodes
Zielgerichtete Therapie mit Belimumab konsequent nutzen Nachdem kürzlich auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem BLyS-spezifischen Antikörper Belimumab Hinweise auf einen beträchtlichen Zusatznutzen bei der Therapie von Patienten mit aktivem Systemischen Lupus erythematodes (SLE) trotz optimierter Standardtherapie zuerkennt, gilt es jetzt, diese wichtige neue Therapieoption konsequent in der Praxis einzusetzen. Im Zuge der neuen Behandlungsmöglichkeiten sollten auch vermeintlich gut eingestellte SLE-Patienten reevaluiert werden, wobei gerade solche mit höherer Krankheitsaktivität beträchtlich von Belimumab profitieren.
Tatsächlich ist Belimumab die erste seit vielen Jahrzehnten neu zugelassene SLE-Therapie. Es ist indiziert als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit Autoantikörper-positivem SLE, die trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität (z. B. positiv auf Anti-dsDNA-Antikörper, niedriges Komplement) aufweisen. Nach den Worten von Prof. Dr. Andreas Schwarting, Mainz, basierte die Zulassung auf den randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase III BLISS-Studien, in denen über 52 bzw. 76 Wochen bei weltweit 1.684 Patienten mit aktivem SLE (SELENA-SLEDAI ≥6 Punkte und Seropositivität) Belimumab zusätzlich zu einer Standardtherapie mit Placebo verglichen wurde. Primärer Wirksamkeitsendpunkt war jeweils der SLE Responder Index (SRI) nach 52 Wochen. Beim primären Endpunkt zeigte sich in einer gepoolten Analyse der BLISS-52 und -76-Studie für die 10 mg/kg Belimumab-Dosis ein gegenüber Placebo signifikant höheres Ansprechen (50,6 vs. 38,8 %, p<0,0001), noch ausgeprägter waren diese Unterschiede bei Patienten mit einem SELENASLEDAI ≥10 mit 63,2 vs. 44,3 % und niedrigem C3/ C4-Spiegel plus positivem Anti-dsDNA mit 51,5 vs.
31,7 % (je p<0,0001). Besonders bemerkenswert ist, so Schwarting, dass in der großen Subgruppe mit niedrigen C3/C4-Spiegeln plus Anti-dsDNA-Positivität unter Belimumab bei signifikant mehr Patienten der Steroidbedarf auf <7,5 mg/Tag gesenkt werden konnte (p=0,035). Laut Schwarting lieferte die Subgruppenanalyse für Patienten mit Anti-dsDNA-Positivität und niedrigen C3/C4-Spiegeln auch Hinweise für einen erheblichen Nutzen von Belimumab bei einer kleineren Gruppe von Teilnehmern mit Nierenbeteiligung (50 vs. 34 %). Nicht angewendet werden sollte Belimumab lediglich bei schwerem aktivem Lupus des ZNS und schwerer aktiver Lupusnephritis, z. B. bei ausgeprägter Proteinurie >6 g/24 h oder einem Serumkreatinin >2,5 mg/dl. Generell können auch Patienten mit leichter bis moderater Nierenbeteiligung von Belimumab profitieren, so ist selbst bei Patienten mit schwer eingeschränkter Nierenfunktion keine Dosisanpassung von Belimumab erforderlich, stellte Schwarting klar. m
Rheumatologen sollten, so waren sich die Experten einig, bei SLE die sich mit Belimumab bietende neue Therapieoption in Zukunft noch viel konsequenter nutzen, um Patienten mit unzureichender Krankheitskontrolle und vielen Nebenwirkungen eine bessere Perspektive zu bieten. Belimumab erhöht bei guter Verträglichkeit vor allem bei Patienten mit höherer Krankheitsaktivität, Antikörper-Positivität und erhöhtem Komplementverbrauch das Therapieansprechen und reduziert sowohl die Krankheitsaktivität als auch den Steroidbedarf.
Quelle: Satellitensymposium und Expertengespräch der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
Kompakt
Dass bei SLE trotz gewisser Fortschritte im Vergleich zu anderen rheumatologischen Indikationen noch ein erheblicher Aufholbedarf besteht, verdeutlichte Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf. In Anbetracht der zahlreichen Organmanifestationen und Komplexität des SLE fällt es bereits schwer, einheitliche und verbindliche Kriterien für eine Remission zu definieren. Hinzu kommen, so führte Prof. Dr. Christof Specker, Essen, weiter aus, die in Ermangelung spezifisch für SLE zugelassener Medikamente in Sachen Therapie oftmals bestehende „Off-label-Problematik“ und der häufig erforderliche Einsatz von hohen Glukokortikoid-Dosen mit ihren vor allem langfristig auftretenden Nebenwirkungen. Gerade in dieser Hinsicht könnte das relativ gut verträgliche Belimumab (Benlysta®) in hohem Maße dazu beitragen, die bestehenden Therapiedefizite zu beheben.
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51 Nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis
Wichtige Zulassungserweiterung für Adalimumab Vor kurzem wurde Adalimumab als erstes und einziges Biologikum zur Behandlung der axialen Spondyloarthritis (axSpA) ohne Röntgen-Nachweis einer ankylosierenden Spondylitis (AS) für Patienten zugelassen, die aufgrund erhöhter CRP-Werte und/oder im MRT objektive Zeichen einer Entzündung zeigen und auf NSAR unzureichend angesprochen haben. Die nicht-röntgenologische axiale SpA (nr-axSpA) wird bislang zumeist recht spät und insgesamt nur unzureichend diagnostiziert. Die Zulassungserweiterung von Adalimumab auf nun alle drei Stadien der axialen SpA basierte auf den Ergebnissen der fortlaufenden Phase III-Studie ABILITY-1.
Neue Daten aus ABILITY-1 Die zur Zulassung von Adalimumab (Humira®) für die Behandlung der nr-axSpA führende randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte 12-wöchige ABILITY-1Studie mit 185 Patienten legte als Bewertungsmaßstab erstmals die neuen ASAS-Klassifikationskriterien zur Klassifizierung von axSpA-Patienten ohne röntgenologischen Befund zugrunde (Rudwaleit M et al., Ann Rheum Dis 2009; 68:777-783) und bewertete auf ihrer Basis die Effektivität der Anti-TNF-Therapie mit Adalimumab. Beim Erreichen des primären Endpunkts der ABILITY-1-Studie, dem ASAS40-Ansprechen nach 12 Wochen, erläuterte Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin, internationaler Studienleiter von ABILITY-1, zeigte sich Adalimumab gegenüber Placebo mit 36,3 vs. 14,9 % signifikant überlegen (p<0,001). Prädiktoren für einen besonders großen Therapienutzen von Adalimumab in puncto ASAS40-Response waren eine kurze Symptomdauer <5 Jahre (49 %), erhöhtes CRP (55 %) und eine aktive Entzündung im MRT (Sieper J et al., Ann Rheum Dis 2012; doi:10.1136/ annrheumdis-2012-201766). Inzwischen liegen auch
erste Daten der offenen, auf 144 Wochen angelegten Verlängerung von ABILITY-1 vor, in der alle Patienten auf Adalimumab eingestellt wurden. Wie Sieper betonte, war in Woche 68 der Therapieerfolg noch offensichtlicher, denn 67 % der Patienten erreichten ein ASAS40- und 65 % ein BASDAI50-Ansprechen (Sieper J et al., DGRh 2012, Poster SP.03). Die Studie bestätigt Adalimumab als eine signifikant wirksame Alternative zu NSAR in der Therapie der axialen SpA ohne Röntgen-Nachweis einer AS und schließt damit eine wichtige Behandlungslücke. Dies ist nach Sieper umso bedeutender, da Patienten mit nicht-röntgenologischer axialer SpA unter ähnlichen Beschwerden wie Patienten mit AS leiden, obwohl sie röntgenologisch keine strukturellen Schäden einer Sakroiliitis aufweisen (Sieper J et al., DGRh 2012, Poster SP.26). Dies führt dazu, dass die Krankheit häufig erst spät eindeutig diagnostiziert wird. Doch auch bei korrekter Diagnosestellung stand dem Arzt bisher lediglich die Verordnung von NSAR als zugelassene Therapieoption zur Verfügung. m
Die ABILITY-1-Studie bedeutet einen wichtigen Meilenstein für die Versorgung von axSpA-Patienten: Zum einen setzen sich damit die überarbeiteten Klassifikationskriterien der ASAS weiter durch und führen hoffentlich dazu, dass diese belastende Erkrankung künftig frühzeitig diagnostiziert wird. Zum anderen schließt die Zulassung von Adalimumab eine therapeutische Lücke, die auch Patienten mit nicht-röntgenologischer axSpA eine langfristig effektive Behandlungsoption jenseits der NSAR eröffnet.
Quelle: Satellitensymposium und Pressegespräch der Abbott GmbH, DGRh-Kongress, Bochum, 21. September 2012
Kompakt
Lange wurden die modifizierten New York-Kriterien als Goldstandard zur Diagnosestellung herangezogen – basierend auf radiologisch nachweisbare Schäden, die als Folge einer chronischen Entzündung der Sakroiliakalgelenke (SIG) entstehen, erläuterte Prof. Dr. Martin Rudwaleit, Berlin. Die MRT ermöglicht heutzutage aber die Detektion einer Sakroiliitis direkt über den Entzündungsprozess und nicht erst über die von ihr verursachten, über Jahre entstandenen, schmerzhaften und irreversiblen Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule. Für die Überarbeitung der nun drei Stadien umfassenden Klassifikationskriterien sprachen mehrere Gründe, darunter die Erkenntnis, dass die axiale SpA nicht zwangsläufig radiologisch sichtbare Veränderungen in Form einer AS nach sich zieht und dass der Entzündungsprozess auch ohne Verknöcherungsfolgen chronisch aktiv sein kann, führte Rudwaleit weiter aus.
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52 Gicht
Folgen und Risiken der Arthritis urica Gicht ist in Deutschland ein eher randständiges Thema, erklärte Dr. Rieke Alten, Berlin, im Rahmen des DGRh-Kongresses in Bochum. Dabei hat die Gicht in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen, wie die steigende Anzahl an Veröffentlichungen zeigt. Dennoch ist viel Aufklärungsarbeit zu leisten, da nicht einmal die Patienten selbst die Gicht als chronische progrediente Erkrankung wahrnehmen und häufig erst auf gezieltes Fragen über Gichtanfälle berichten.
Vorteile von Febuxostat gegenüber Allopurinol Der akute Beginn eines Gichtanfalls findet oft nachts statt und ist äußerst schmerzhaft. In 90 % der Fälle handelt es sich um eine Monarthritis mit Podagra bei jedem zweiten Patienten. Wichtige Differentialdiagnosen sind septische Arthritis, aktivierte Arthrose, andere Kristallarthropathien, Psoriasis-Arthritis, Hämochromatose, Rheumatoide Arthritis und Borreliose. Zu beachten ist auch, dass bei Frauen häufiger von Beginn an eine polyartikuläre Arthritis unter Beteiligung der kleinen Fingergelenke auftritt. Häufig besteht bei Frauen ein Zusammenhang mit der Einnahme von Diuretika, auch Fructose in Fruchtsäften erhöht das Risiko eines Anfalls. In der Diagnose ist die Gelenkpunktion mit Nachweis von nadelförmigen negativ doppelbrechenden Kristallen in der Synovialflüssigkeit (2-10 µm) der Goldstandard. Die Arthrosonographie ist als Diagnostik sinnvoll, wenn keine Punktion möglich ist. Sie zeigt spezifische Veränderungen (Doppelkonturzeichnung, Tophi) bereits, wenn das Röntgen noch unauffällig ist. Zum spezifischen Nachweis von Harnsäurekristallen an peripheren Körperregionen kann auch ein DECT (Dual Energy CT) eingesetzt werden. Die Therapie der Gicht sollte im Akutfall symptomatisch sein, langfristig ist eine kausale Therapie der Hyperurikämie anzusetzen. Durch eine Umstellung
auf purinarme Ernährung kann der Harnsäurewert nur um ca. 1 mg/dl gesenkt werden, erklärte Prof. Dr. Monika Reuss-Borst, Bad Kissingen. Die EULAR-Empfehlungen besagen, dass der Serumharnsäurespiegel durch eine uratsenkende Therapie dauerhaft unter den Sättigungspunkt für Mononatriumurat auf einen Wert von <6 mg/dl (<360 µmol/l) abgesenkt werden sollte. Durch eine Therapie mit Urikosurika wird die tubuläre Harnsäure-Rückresorption gehemmt. Allopurinol ist ein nicht selektiver Purin-Hemmer der Xanthinoxidase, der sich gut zur Prophylaxe eignet. Die Harnsäuresenkung ist aber häufig unzureichend. Seit 2010 steht Febuxostat (Adenuric®) als neue Therapieoption zur Verfügung. Febuxostat hemmt selektiv die Xanthinoxidase und ist signifikant wirksamer als Allopurinol bei der Erreichung des Serumharnsäure-Zielwertes. Auch sind keine Dosisanpassungen bei leicht oder mittelschwer eingeschränkter Nierenfunktion oder bei älteren Patienten notwendig. Ebenso sind keine Interaktionen mit Marcumar bekannt. Zur Behandlung der chronischen Gicht, bei Therapie-refraktärer Gicht oder bei Niereninsuffizienz und kardiovaskulären Vorerkrankungen werden Interleukin-1-Antagonisten derzeit in klinischen Studien untersucht. m
Epidemiologische Studien und kleinere Therapiestudien haben die Hyperurikämie als unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie der Progredienz einer Niereninsuffizienz erkannt. Die Bedeutung der Gicht als Systemerkrankung und chronisch verlaufende Erkrankung wird oft unterschätzt. Dennoch werden zu selten die Zielwerte für die Serumharnsäure erreicht, wofür gerade Febuxostat als hocheffektive und gut verträgliche Therapieoption prädestiniert erscheint.
Quelle: Satellitensymposium der Berlin-Chemie AG, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
Kompakt
Neben dem Alter sind Niereninsuffizienz, Arthrose und die Einnahme von speziellen Medikamenten, wie z. B. Diuretika und ASS bekannte Risikofaktoren für die Erkrankung an Gicht. Auch ein Zusammenhang zwischen Adipositas und Gicht konnte gezeigt werden. Umgekehrt fand sich bei der Untersuchung von 5.707 Gichtpatienten ein signifikant höheres Auftreten von arterieller Hypertonie (74 %), chronischer Niereninsuffizienz (71 %), Adipositas (53 %), Typ-2-Diabetes (26 %), Nephrolithiasis (24 %), Myokardinfarkt (14 %), Herzinsuffizienz (11 %) und Schlaganfall (10 %), jeweils verglichen mit der gesunden Normalbevölkerung.
53 Frühe Rheumatoide Arthritis
Mit rascher Therapie zur Remission Dass sich bei früher Rheumatoider Arthritis (RA) die besten Behandlungsergebnisse und höchsten Remissionsraten mit einer frühen Therapie binnen drei Monaten nach Symptombeginn erreichen lassen, ist mehrfach in klinischen Studien demonstriert worden. Eine italienische Beobachtungsstudie belegt nun, dass dieses „window of opportunity" auch bei unselektierten RA-Patienten in der Praxis entscheidend ist.
An der Studie von Gianfranco Ferracioli, Rom (Italien), und Kollegen beteiligten sich drei Rheumakliniken. Dort stellten sich im Studienzeitraum 1.795 Patienten mit Verdacht auf RA vor, der sich bei 711 Patienten bestätigte. Die mittlere Symptomdauer der RA-Patienten (mittleres Alter 55 Jahre, 74 % Frauen) betrug zum Zeitpunkt der Diagnose 6,4 Monate, nur bei jedem fünften Patienten lag der Symptombeginn weniger als 12 Wochen zurück (very early RA, VERA). Bei 69 % der Patienten zeigte sich bereits eine mittlere bis hohe Krankheitsaktivität (DAS28 ≥3,2) und bei 30 % waren sogar schon Gelenkerosionen in Händen oder Füßen nachweisbar. Nach 12 Monaten erreichten 34 % der Patienten eine DAS28-Remission ≤2,6. Die ACR-Remissionskriterien erfüllten 15 % der Patienten.
Prädiktiv für eine Remission waren lediglich eine RADiagnose innerhalb von 12 Wochen und ein ebenso frühzeitiger Beginn einer DMARD-Therapie. Nicht mit dem Therapieerfolg korreliert waren dagegen Krankheitsaktivität, Gelenkerosionen und der Nachweis von Autoantikörpern. Darüber hinaus hatten die VERAPatienten zum Erreichen der Remission nur zu 10 % TNF-Blocker benötigt, bei Patienten mit späterem Therapiebeginn waren es 32 %. Wichtigstes Ergebnis der Studie ist den Autoren zufolge, dass sich auch in der Praxis bei einem hohen Anteil der Patienten eine Remission erzielen lässt. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2012; doi: 10.1136/annrheumdis-2012-201456
Niedrig-dosiertes Prednison erhöht Remissionsraten Bei früher RA führt die Therapie mit oralem Low-dose Prednison zu besseren klinischen Ergebnissen als eine DMARD-Monotherapie. Auch lassen sich im Ultraschall (US) schnelle und signifikante Effekte der Glukokortikoide auf die subklinische Synovitits nachweisen. In einer aktuellen Studie evaluierten nun italienische Rheumatologen um Carlomaurizio Montecucco, Pavia, den Nutzen einer begleitenden Glukokortikoid-Therapie gegenüber einer DMARD-Monotherapie bei früher RA.
In der offenen, randomisierten Studie wurden 220 Patienten mit früher RA (Symptomdauer <12 Monate) und vergleichbaren demografischen und Krankheitscharakteristika im Verhältnis 1:1 nach einem Step-up Protokoll bei niedriger Krankheitsaktivität mit Methotrexat (MTX) und im aktiven Behandlungsarm zusätzlich mit niedrig-dosiertem Prednison (6,25 mg/Tag) über 12 Monate behandelt. Zu Studienbeginn und nach bis zu 12 Monaten wurde die klinische Krankheitsaktivität (DAS28) dokumentiert, ein US (GS/PD) der Hände wurden zu Baseline, nach 6 und 12 Monaten durchgeführt. Die mit GS/PD-US dargestellte Synovitis wurde für jedes Gelenk mit 0-3 Punkten bewertet. Der klinische Endpunkt am Studienende wurde als DAS28-Remission und der mit dem Ultraschall zu ermittelnde Endpunkt
als ein US-Score =0 definiert. Im Ergebnis war der Patientenanteil mit niedriger Krankheitsaktivität nach 12 Monaten in beiden Gruppen vergleichbar. Jedoch war sowohl die Wahrscheinlichkeit für eine klinische DAS28-Remission (Risk ratio, RR 1,61) als auch für einen US-Score =0 (RR 1,31) unter der Kombinationstherapie mit MTX plus Prednison signifikant größer. Die zusätzliche Behandlung mit Low-dose Prednison bewirkte bei Patienten mit früher RA, die mit MTX behandelt wurden, im Vergleich zu Patienten unter MTX-Monotherapie somit eine bessere Krankheitskontrolle mit häufigerer Remission und keiner Synovitis im Ultraschall. m
Quelle: Arthritis Res Ther 2012, 14: R112
54 Rheumatoide Arthritis
Faktoren für strukturelle Progression Beim Rheumafaktor (RF) handelt es sich um ein typisches Merkmal der Rheumatoiden Arthritis (RA), der sowohl diagnostisch als auch prognostisch relevant ist. Bekannt ist eine Assoziation zwischen dem RF und der Gelenkdestruktion, wobei bislang die Rolle der Krankheitsaktivität als potentiellem Mediator für diese strukturellen Effekte noch nicht eindeutig geklärt ist.
Daher untersuchten jetzt österreichische Rheumatologen um Daniel Aletaha, Wien, ob eine weiter fortgeschrittene radiologische Gelenkprogression (Total Sharp Score, TSS) bei RF-positiven Patienten von der Krankheitsaktivität abhängt. Hierzu führten die Autoren eine multivariate Querschnittsanalyse zu Studienbeginn und eine gematchte Kohortenstudie mit RA-Patienten durch. Die Behandlungsarme mit Methotrexat (MTX) wurden gepoolt und die Differenz im TSS bei RF-positiven (RF+) und RF-negativen (RF-) Patienten vor und nach Adjustierung auf relevante Kofaktoren verglichen. Von den insgesamt 686 RA-Patienten waren 124 RFund 526 RF+, von letzteren wiesen 343 Teilnehmer hohe RF-Titer (>160 U/ml) auf. Für diese drei Gruppen zeigte sich in Abhängigkeit von der RF-Positivität eine signifikant größere strukturelle Progression (ΔTSS 1,03 vs. 3,23 vs. 3,58; p<0,0001). Ähnliche Befunde ergaben sich für einzelne Komponenten des TSS, wie
dem Erosions- und dem JSN-Score als Maß für die Gelenkspaltverschmälerung. Nach Adjustierung auf andere prognostisch relevante Variablen lag die Differenz beim TSS bei 61 RF-negativen immer noch niedriger als bei 61 RF-positiven Patienten (0,52 vs. 3,09; p=0,028). Im Ergebnis war dieser Unterschied maßgeblich auf Differenzen beim Erosions-Score (0,31 vs. 2,07; p=0,035) und weniger auf den JSN-Score (0,21 vs. 1,02; p=0,162) zurückzuführen. Die strukturelle Progression bei seropositiven RA-Patienten ist mit einer höheren Krankheitsaktivität und unabhängigen Effekten des Rheumafaktors insbesondere auf die Gelenkzerstörung assoziiert. Daher sollte der RF-Status auch ungeachtet der Krankheitsaktivität ins Kalkül gezogen werden. m Quelle: Ann Rheum Dis 2012; doi: 10.1136/annrheumdis-2012-201517
Erhöhtes Risiko für Thromboembolien US-amerikanische und kanadische Rheumatologen um Hyon K. Choi, Boston, befassten sich in einer aktuellen Kohortenstudie mit dem Risiko von zuvor meist nicht hospitalisierten RA-Patienten für die Entwicklung einer Lungenembolie (LE) oder tiefen Venenthrombose (TVT) im zeitlichen Verlauf. Frühere Studien hatten bereits ein 6-fach erhöhtes Risiko von RA-Patienten für eine Lungenembolie binnen 12 Monaten nach vorheriger Krankenhausaufnahme belegt.
Für die Studie zogen die Experten die Daten einer elektronischen Datenbank mit RA-Patienten aus Großbritannien der Jahre 1986 bis 2010 heran. Für die Definition der RA-Kohorte und das Outcome nach LE/TVT wurden durch Ärzte gestellte Diagnosen und die dazugehörigen Therapien verwendet. Von 9.589 RA-Patienten (zu 69 % weiblich, mittleres Alter 58 Jahre) entwickelten 82 eine LE und 110 Personen eine TVT, entsprechend einer Inzidenzrate von 1,5 bzw. 2,1 pro 1.000 Personenjahren. Im Vergleich zu den 95.776 Personen aus der Nicht-RA-Kohorte betrug das Alters-, Geschlechts- und nach Zeitpunkt der Diagnose adjustierte relative Risiko (RR) 2,23 für eine LE und 2,20 für eine TVT. Nach Adjustierung auf weitere Kofaktoren ergab sich ein RR von je 2,16. Die zeitspe-
zifischen RRs für eine LE lagen bei 3,27, 1,88 und 2,35 nach Beobachtungszeiten von <1 Jahr, 1-4,9 Jahren und ≥5 Jahren. Die entsprechenden RRs für TVT lagen bei 3,16, 1,82 und 2,32. Aus den Ergebnissen dieser bevölkerungsbasierten Studie kann geschlossen werden, dass RA-Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko für LE und TVT aufweisen. Daher sollte unabhängig von einem vorherigen stationären Krankenhausaufenthalt vermehrt auf venöse thromboembolische Komplikationen und Risikofaktoren bei RA geachtet werden. m Quelle: Ann Rheum Dis 2012, doi: 10.1136/annrheumdis-2012-201669
55 Rheumatoide Arthritis
Impfung gegen Herpes zoster sicher Eine retrospektive Kohortenstudie US-amerikanischer Experten um Jie Zhang, Birmingham, scheint zu bestätigen, dass bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen trotz einer immunsuppressiven Therapie insbesondere mit TNF-Blockern oder anderen Biologika eine Impfung gegen Herpes zoster, die mit einer Lebendvakzine erfolgt, sicher durchführbar ist und langfristig die Herpes zoster-Inzidenz senkt.
Die in der Studie analysierten 463.500 Medicare-Versicherten über 60 Jahre mit vor allem Rheumatoider Arthritis (RA), aber auch Psoriasis, Psoriasis-Arthritis (PsA), Spondylarthritis (SpA) oder CED weisen bereits per se ein etwa ein- bis zweifach erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Herpes zoster auf. Da eine Reaktivierung einer zumeist im Kindesalter erworbenen Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) gerade bei älteren, immunsupprimierten Patienten mit Autoimmunerkrankungen begünstigt wird, wäre hier eine Impfung gegen Herpes zoster besonders sinnvoll. Da jedoch der Impfstoff aus abgeschwächten Lebendviren besteht, wird den Patienten zumeist von einer Impfung abgeraten, da diese vor allem unter einer Biologika-Therapie als kontraindiziert gilt. Nach einem medianen Follow-up von zwei Jahren hatten 4 % der Kohorte die Vakzine erhalten. Von diesen 7.780 geimpften Patienten erkrankten weniger als 11 in den ersten 42 Tagen an einem Herpes zoster, ent-
sprechend einer Inzidenzrate von 7,8 pro 1.000 Personenjahre (PJ). In keinem Fall kam es zu schweren Komplikationen wie Meningitis oder Enzephalitis. Im Vergleich war die Inzidenzrate niedriger als bei den nicht geimpften Patienten der gleichen Kohorte mit 11,6 pro 1.000 PJ. Unter den 633 Patienten, die trotz der Kontraindikation Biologika erhalten hatten, kam es in keinem einzigen Fall zu einem Herpes zoster. Nach einer multivariaten Adjustierung war die Vakzinierung mit einer Hazard ratio (HR) von 0,61 für einen Herpes zoster nach 42 Tagen verbunden. Nachdem sich auch im Langzeitverlauf über 24 Monate kein erhöhtes Herpes zoster-Risiko für die Teilnehmer unter einer Therapie mit TNF-Blockern oder anderen Biologika zeigte, stellen die Autoren die derzeitige Kontraindikation der Impfung für diese Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen infrage. m Quelle: JAMA 2012; 308: 43-49
Kein umfassender Impfschutz gegeben Dass in Deutschland trotz eindeutiger Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) beim Impfschutz für Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) noch ein erheblicher Nachholbedarf besteht, verdeutlicht eine nicht-interventionelle Querschnittsstudie von Martin Feuchtenberger, Würzburg, und Kollegen. In der prospektiven Studie waren 301 RA-Patienten in standardisierter Form zu ihrem Impfstatus befragt worden.
Drei Gruppen waren gebildet worden: eine Kohorte 1) mit 125 Patienten unter DMARDs, eine Kohorte 2) mit 117 Patienten unter TNF-Blockern und eine Kohorte 3) mit 59 Patienten unter Rituximab. Im Ergebnis sind sich die meisten Patienten, vor allem wenn sie mit Biologika wie TNF-Blockern (83,3 %) oder Rituximab (89,9 %) behandelt werden, ihres im Vergleich zur reinen DMARD-Kohorte (67,7 %) erhöhten Infektionsrisikos bewusst (p<0,05). Entsprechend war auch die Impfrate gegen Pneumokokken in den beiden Biologika-Kohorten mit 36,8 und 39,0 % versus 20,2 % signifikant höher als in der
DMARD-Gruppe (p<0,05). Weniger ausgeprägt war diese Differenz zwischen den Gruppen jedoch bei der Grippeimpfung, eine solche erhielten unter konventionellen DMARDs nur 65 % und unter Biologika 69 % der analysierten Patienten. Signifikant öfter erfolgten diese beiden Impfungen bei Patienten ≥60 Jahre. Insgesamt betrachtet ergibt sich daraus ein völlig ungenügender Impfstatus bei den RA-Patienten. Dies spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass in der Gesamtkohorte mehr als 15 % der Patienten nicht einmal einen Impfpass besaßen. m Quelle: Rheumatol Int 2012; 32: 1533-1539
56 Rheumatoide Arthritis und Osteoporose
Effektive Frakturprophylaxe nur mit hoch dosiertem Vitamin D Nachdem die bislang zur Vitamin D-Prophylaxe von osteoporotischen Frakturen im Alter durchgeführten randomisierten kontrollierten Studien kein eindeutiges Bild geliefert haben, kommt nun eine von Schweizer Experten um Heike Bischoff-Ferrari, Zürich, angestrengte neue Metaanalyse zu dem Ergebnis, dass ein Effekt nur bei höheren Dosierungen zu erwarten ist.
Aufgrund der Vermutung, dass für die unbefriedigenden Ergebnisse früherer Studien zur oralen Vitamin D-Supplementation eine häufig zu niedrige Dosierung verantwortlich war, erfolgte in der Metaanalyse über 11 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 31.022 Teilnehmern über 65 Jahre (91 % Frauen) eine Aufschlüsselung nach der aktuellen Vitamin D-Einnahme unter Berücksichtigung der Therapieadhärenz und der zusätzlichen Einnahme von Supplementen, insbesondere Calcium. Alles in Allem wurden 1.111 Hüft- und 3.770 nichtvertebrale Frakturen verzeichnet. Im Ergebnis zeigte sich für das Quartil mit der höchsten Vitamin D-Zufuhr (median 800 IU pro Tag) eine Reduktion der Hüftfrakturen um 30 % (Hazard Ratio HR 0,70) und aller nichtvertebraler Frakturen um 14 % (HR 0,86) gegenüber Placebo, während es in der Gruppe aller Patienten mit Vitamin D-Supplementation nur zu einem Rückgang der Hüftfrakturen um 10 % (HR 0,90) und der nichtvertebralen Frakturen um 7 % (HR 0,93) im Vergleich zur Kontrollgruppe kam. Dieses Ergebnismuster zeigte sich konsistent in allen untersuchten Subgruppen,
überraschenderweise und früheren Metaanalysen widersprechend wurde auch keine relevante Beeinflussung durch die zusätzliche Einnahme von Calcium nachgewiesen. Zusammengefasst ließ sich somit zumindest bei adäquater, höherer Vitamin D-Dosierung ≥800 IU/Tag) eine moderate Effektivität bei der Prävention von Hüft- sowie allen nicht-vertebralen Frakturen bei über 65-jährigen Risikopatienten nachweisen. Womöglich ließe sich die Wirkung noch steigern, wenn – anders als in den meisten durchgeführten Studien – die Dosis in Abhängigkeit von der Vitamin D-Ausgangskonzentration an den tatsächlichen Bedarf angepasst würde. Während bei sehr niedrigen Basiswerten selbst diese Dosis zu gering sein könnte, um eine ausreichend hohe Wirksamkeit zu entfalten, könnten bei sehr hohen Basiswerten durch eine zusätzliche Supplementation sogar negative Effekte zum Tragen kommen, ohne zugleich die Frakturrate weiter zu senken. m
Quelle: N Engl J Med 2012; 367: 40-49
Von der Autoimmunreaktion zur Osteoporose Entzündliche Autoimmunerkrankungen wie die Rheumatoide Arthritis (RA) können Osteoporoseähnliche Knochenveränderungen verursachen. Auslöser sind ACPA-Autoantikörper, die schon in einem frühen Krankheitsstadium oder sogar noch vor dem Symptombeginn nachweisbar sind, wie eine internationale Studiengruppe um Prof. Dr. Georg Schett, Erlangen, jetzt nachgewiesen hat.
Bei jenen zwei Dritteln aller RA-Patienten mit positivem ACPA-Antikörperstatus treten im Krankheitsverlauf starke Gelenks- und Knochenschäden auf, die auf eine höhere Osteoklasten-Aktivität zurückzuführen sind. Der genaue Zusammenhang zwischen den ACPA-Antikörpern und Osteoklasten war bisher unbekannt. Jetzt konnten die Forscher in einer experimentellen Studie belegen, dass ACPA-Antikörper, und zwar genauer solche gegen mutiertes citrulliniertes Vimentin (MCV), direkt die Bildung der Osteoklasten
anregen und damit schon vor Krankheitsbeginn osteoporotische Knochenveränderungen auslösen. Die Ergebnisse zeigen, dass ACPA-Antikörper Rezeptoren auf Osteoklasten erkennen können, die Osteoklastogenese und Knochenresorption fördern, und somit zu einem Ungleichgewicht des Knochenumbaus in Richtung Knochendestruktion führen. m Quelle: J Clin Invest 2012; 122: 1791-1802
57 Osteologie für Rheumatologen (Teil 4)
Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GIOP): Kenntnisstand, Diskussionsbedarf und Handlungsanleitung Glukokortikoide (GC) gehören zum unverzichtbaren Armamentarium in der Therapie immunologisch getriebener entzündlicher Erkrankungen. Eine umfangreiche internationale Metaanalyse (1) kommt zu dem Ergebnis, dass ca. 3 % der Population >50 Jahre und sogar 5,2 % der Population >80 Jahre mit GC behandelt werden oder wurden. GC wirken vorrangig über einen genomischen Pathway, besonders bei hohen Dosen aber zusätzlich auch über nicht genomische Mechanismen.
Beim genomischen Pathway bindet das GC an den zytosolischen GC-Rezeptor (GCR). Der GC/GCRKomplex transloziert intrazellulär zum Nukleus und löst dort diverse pleiotrope Effekte aus. So kommt es z. B. zur Hochregulation antiinflammatorischer Proteine (Transaktivierung) sowie zur Suppression der Expression proinflammatorischer Proteine (Transrepression), was zur „Beruhigung“ eines überaktiven Immunsystems führt bzw. beiträgt. Andererseits lösen GC auf diesem Wege eine Reihe unerwünschter Synthesen, Reaktionen und Wirkungen aus (2). Als deren Folgen seien nur beispielhaft das Auftreten einer Insulinresistenz, einer arterielle Hypertonie, Glaukomentwicklung und Osteoporose genannt.
Entitätskritische Bemerkungen und Nomenklatur der GIOP Trotz enormer Fortschritte bei der Analyse der Wirkmechanismen der GC auf den Knochen bleiben eine Reihe von Unsicherheiten bzw. Unwägbarkeiten besonders in der individuellen Bewertung des tatsächlichen Ausmaßes des Einflussfaktors „Glukokortikoid“ auf das Knochenremodeling, die Knochenfestigkeit und das Frakturrisiko. 1. GC werden nicht am gesunden Menschen, sondern bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen verordnet und eingesetzt. Diese Erkrankungen können aber bereits ohne Einsatz von GC (z. B. durch die verstärkte Synthese proinflammatorischer Zytokine inklusive RANKL) zu einem gestörten Knochenremodeling und damit zur Ausbildung einer „entzündungsbedingten“ Osteoporose führen. 2. Bekanntermaßen gibt es erhebliche individuelle Unterschiede, was den negativen Einfluss der GC auf den Knochen betrifft (3). Bei einem Teil der Patienten mit sehr hohen täglichen und kumulativen GC-Dosen zeigen sich keine messbaren Effekte, während andere bereits bei niedrigen Dosen in der frühen Behandlungsphase Frakturen erleiden.
Prof. Dr. Gert Hein
Insofern wäre es sachlich korrekter, nicht von einer GC-induzierten, sondern von einer GC-begünstigten Osteoporose zu sprechen. Dem tragen die neuen deutschen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Osteoporose in gewisser Weise Rechnung. Hier werden die GC zwar als bedeutsamer Risikofaktor gewertet, aber in die Therapieentscheidung auch weitere Faktoren eingebunden und die GC-induzierte Osteoporose (GIOP) nicht als komplett eigenständige Osteoporoseform dargestellt. Ungeachtet dieser Einschränkungen hat die GIOP aber Besonderheiten, die eine Abhebung von der postmenopausalen Osteoporose rechtfertigen. Als solche Besonderheiten seien beispielsweise genannt: 1. Der Anstieg des Frakturrisikos ist im statistischen Mittel abhängig von der verabfolgten GC-Dosis (4). Dabei ist strittig, ob die Höhe der Tagesdosis oder die kumulative Dosis entscheidend ist. 2. Der Knochenmasseverlust tritt vorrangig an trabekulären Strukturen auf (z. B. Wirbelkörper, Rippen) (5). 3. Bei hohen GC-Dosen kommt es zusätzlich zu strukturellen Schäden in Form von Verlusten trabekulärer Konnektivitäten (6). 4. Das gestörte Knochenremodeling betrifft sowohl die verminderte Formation als auch die verstärkte Resorption. →
58 5. Zusätzlich wird eine verminderte Matrixqualität des Knochens deutlich. 6. GC können durch die Ausbildung einer Steroidmyopathie/Sarkopenie das Sturzrisiko und damit die Frakturneigung erhöhen.
Pathophysiologie der GIOP Frühe histologische bzw. histomorphometrische Untersuchungen an Patienten, die zumeist mit hohen GC-Dosen behandelt worden waren, zeigten vordergründig eine gestörte Knochenformation (7). Erst später wurde deutlich, dass auch verstärkte osteoklastische Effekte bzw. eine verlängerte Lebensdauer der Osteoklasten und weitere Faktoren bei der Entwicklung einer GIOP bedeutsam sind. GC vermögen sowohl eine Osteoblasten-, als auch eine Osteozytenapoptose zu induzieren, indem sie Caspase 3 aktivieren (8). Darüber hinaus führen GC zum Anstieg der Synthese von Wnt-Pathway-Inhibitoren, z. B. von Dickkopf 1 (DKK 1), und damit zur Störung der osteoblastischen Knochenformation (9). Ebenfalls neueren Datums sind Ergebnisse, die belegen, dass unter GC pluripotente Stammzellen im Knochenmark verstärkt zu Adipozyten und nicht zu Osteoblasten ausreifen (10). Dagegen wird durch GC die Apoptose von Osteoklasten verzögert. Dies geschieht durch eine Hochregulation von RANKL und einer Suppression von Osteoprotegerin (10). Ob neben der verlängerten Lebensdauer der Osteoklasten auch eine verstärkte Aktivierung dieser Zellen resultiert, ist umstritten. Direkte Effekte der GC auf Osteoklasten zeigen sogar eine verminderte Knochenresorption, was möglicherweise durch negative Einflüsse der GC auf das Zytoskelett und die „ruffled border“ der Osteoklasten bedingt ist (11).
Glukokortikoide
DKK1
Caspase 3
Runx2
RANKL OPG
Wnt-Signaling
Osteozytenapoptose
Osteoblastenapoptose
Knochenfestigkeit
Adipozyten
OsteoklastenApoptose
Osteoblastendifferenzierung
Knochenmasse
Abb.: Einfluss von Glukokortikoiden auf den Knochenstoffwechsel
Ob die verschlechterte Matrixqualität und das gestörte Knochenremodeling besonders im Falle einer GC-Langzeittherapie noch durch weitere Faktoren bedingt wird, etwa einer verstärkten Modifikation der Knochenproteine durch intensivere Generation von z. B. advanced glycation endproducts (AGE), ist denkbar, aber noch unzureichend untersucht. Der durch GC in Richtung diabetogene Stoffwechsellage veränderte Metabolismus und das erhöhte Frakturrisiko bereits bei kaum geminderter Knochendichte lassen auf jeden Fall in diese Richtung denken. Grundsätzliche Einflüsse von AGE auf den Knochenstoffwechsel sind auch belegt (12-14). Sehr wahrscheinlich ist weiterhin, dass es durch die Caspase 3 induzierte Osteozytenapoptose zu lokalen Signalausfällen der Osteozyten kommt, die die regenerativen Prozesse initiieren. Schließlich ist seit langem bekannt, dass GC auch auf indirektem Wege das Knochenremodeling stören. Sie hemmen die Calcium-Resorption aus dem Darm und auch die renale Calcium-Reabsorption. Möglicherweise wird dadurch die PTH-Sensitivität erhöht. Schließlich wirken GC bremsend auf die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HHGA) mit dem Resultat der reduzierten Sexualhormonproduktion, was die Abbautendenz des Knochens verstärkt (s. Abb.).
Weitere Risikofaktoren für die GIOP Wie bei der postmenopausalen Osteoporose (PMO) gelten auch bei der GIOP vorbestehende Frakturen nach Bagatelltrauma, hohes Lebensalter, Untergewicht (BMI <20) und andere als zusätzliche Risikofaktoren. Einige davon (z. B. Immobilität, Vitamin D-Mangel, erhöhtes hsCrP, eingeschränkt auch Wachstumshormonmangel und Bremsung der HHGA) sind dabei selbst Folge der Grundkrankheit bzw. der GC-Therapie. Auch die Einnahme von Protonenpumpenhemmern, die faktisch bei der kombinierten Einnahme von GC und NSAR nahezu ausnahmslos angezeigt ist, erhöhen bei Langzeittherapie das Osteoporoserisiko.
Diagnostik der GIOP Grundsätzlich unterscheiden sich die diagnostischen Methoden bei der GIOP nicht von jenen bei PMO. Neben der subtilen Anamnese inklusive Erhebung der Risikofaktoren, der klinischen Untersuchung, dem Basislabor und ggf. der Röntgendiagnostik kommt auch hier der Osteodensitometrie eine wesentliche Bedeutung zu. Eine Indikation zur Basisdiagnostik wird laut DVOLeitlinie 2009 bereits bei Frauen im Alter <50 Jahren bzw. bei Männern <60 Jahren gesehen, wenn eine
59 GC-Therapie ≥7,5 mg Prednisolonäquivalent (PÄ) täglich über >3 Monate geplant ist. Bei Frauen >60 Jahre und Männern >70 Jahre ist diese Indikation bereits bei geringeren GC-Dosen ohne unterem Grenzwert gegeben. Die routinemäßige Erfassung von Knochenstoffwechselparametern wird hingegen nicht empfohlen, da die komplizierte pathophysiologische Situation nur zu eingeschränkt deutbaren Resultaten führt. In Einzelfällen kann die Messung aber hilfreich sein und frühe Therapieentscheidungen beeinflussen. Als Methode der Wahl zur Messung der Knochendichte gilt nach wie vor die Messung mit der DXA-Technik, obwohl mittels quantitativer CT (15) und des quantitativen Ultraschalls (16) möglicherweise Patienten mit Frakturgefährdung in Einzelfällen besser identifiziert werden können, wie schon vor Jahren gezeigt wurde.
Epidemiologie der GIOP am Beispiel der Rheumatoiden Arthritis Die Knochendichte ist bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) im Mittel gegenüber einem gesunden Vergleichskollektiv vermindert, allerdings noch nicht zu Beginn der RA, sondern erst im Verlauf von 6-12 Monaten (17). Es wird geschätzt, dass die Knochendichte an der LWS um ca. 5 % und an der Hüfte bis zu 10 % geringer ist als bei Gesunden. Auch die Frakturhäufigkeit ist um das 1,5-2-fache erhöht (18, 19). Ohne Zweifel besteht ein Zusammenhang mit der GCEinnahme, jedoch ist deren präziser Anteil an der Frakturrate nicht genau bestimmbar. Den relativ geringsten schädlichen Einfluss scheinen GC bei Frauen vor der Menopause zu haben. Signifikant gehäuft finden sich eine Osteopenie bzw. Osteoporose und Frakturen bei postmenopausalen Frauen und auch bei Männern (20). Eine sichere untere „Schwellendosis der Nichtschädlichkeit“ oral applizierter GC existiert nicht. Bereits bei Tagesdosen <2,5 mg PÄ/Tag ist das relative Risiko für Wirbelkörperfrakturen um den Faktor 1,55 erhöht, steigt bei Dosen bis 7,5 mg auf den Faktor 2,6 und verfünffacht sich bei Dosen >7,5 mg. Die Therapiedauer hat ebenfalls einen wesentlichen Einfluss. Der Knochendichteverlust ist in den ersten 3-12 Monaten besonders deutlich ausgeprägt und wird dann geringer (4), auch das Frakturrisiko steigt bereits innerhalb der ersten drei Monate an, an der Hüfte auf den Faktor 1,7, an den Wirbelkörpern auf den Faktor 2,6 (21, 22). Nach ca. sechs Monaten erreicht es ein stabiles Niveau. Umgekehrt sinkt das Frakturrisiko bereits innerhalb des ersten Jahres nach Beendigung der GC-Therapie (23), wenngleich die Knochendichte noch unverändert erniedrigt sein kann (24). Von GC der „neuen Generation“ ist bisher kein niedrigeres Frakturrisiko belegt. Schlecht untersucht sind die Auswirkungen parenteral
oder intermittierend zugeführter GC. Grundsätzlich ist aber auch hier ein erhöhtes Frakturrisiko anzunehmen. Inhalativ applizierte GC scheinen erst bei mehrjähriger Anwendung in relativ hohen Dosen diesbezüglich negative Auswirkungen zu haben.
Therapie der GIOP: Generelle Maßnahmen Grundsätzlich soll die Grunderkrankung, die Anlass zur GC-Therapie war, möglichst mit anderweitigen suffizienten Maßnahmen (z. B. entsprechenden Basistherapeutika) behandelt und die ggf. noch notwendige GC-Dosis so niedrig wie möglich veranschlagt werden. Die Indikation zur weiteren GC-Therapie und der noch zu belassenden Tagesdosis ist regelmäßig zu evaluieren. Ebenso ist die Indikation zur Verordnung weiter Medikamente zu überprüfen, die potentiell den Knochenmetabolismus negativ beeinflussen (z. B. Schilddrüsenhormone, Glitazone, Antiepileptika, Protonenpumpenhemmer). Ein angemessenes Muskeltraining, eine ausreichende Calciumzufuhr und eine die Grunderkrankung (z. B. SLE) bzw. den Hauttyp berücksichtigende Sonnenlichtexposition sollte dem Patienten erläutert und seine aktive Mitarbeit angeregt werden. Hierzu gehört auch der Hinweis auf das Einstellen des Rauchens.
Therapie der GIOP: Calcium und Vitamin D Während in der deutschen Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der GIOP von 2006 noch eine generelle Prophylaxe bei GC-Langzeittherapie >3 Monate mit 400-1.200 mg Vitamin D und 1.000-1.500 mg Calcium empfohlen wurde, ist dieser Kombinationsbedarf in der neuen Leitlinie von 2009 nicht mehr explizit aufgeführt. Eine Calciumaufnahme bis 1.000 mg soll möglichst durch die Nahrung erreicht werden. Nur wenn dies nicht gelingt, wird eine Supplementation nahegelegt. Hingegen wird auch in der neuen DVOLeitlinie eine tägliche Vitamin D-Gabe von 800 bis zu 2.000 IE empfohlen, da bei etwa 50 % der Patienten ein relativer Vitamin D-Mangel mit erhöhter Sturzneigung vermutet wird (25). Nach neueren Untersuchungen sollte ein Serumspiegel des 1,25 (OH)-Vitamin D von >50 nmol/l erreicht werden (26).
Medikamentöse Therapie der GIOP Bei einer GC-Tagesdosis von ≥7,5 mg über mehr als drei Monate wird bereits eine medikamentöse Therapie empfohlen, wenn der T-Wert bei der Knochendichtemessung -1,5 oder niedriger ist. Bei Dosen <7,5 mg täglich gilt die orale GC-Therapie als Risikofaktor und →
60 geht in die Berechnung des Cut-off der Therapieindikation (in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Einbeziehung weiterer Risikofaktoren) ein.
Frauen Männer T-Wert
Beispiel: Eine 63-jährige Frau mit RA, aber ohne GCTherapie und ohne weitere Risikofaktoren, bei der ein T-Wert von -2,5 gemessen wird, hätte die Indikation zur medikamentösen Osteoporosetherapie noch nicht erfüllt. Bei Einnahme von GC wäre ein weitere Risikofaktor gegeben und die Therapie gerechtfertigt (s. Tab.).
50-60 60-70 -4,0
International sind verschiedene Tools zur Berechnung des Frakturrisikos unter Einbeziehung der GC-Therapie als Risikofaktor erarbeitet worden, so z. B. von der WHO das Fracture Risk Assessment (FRAX) (27). Bei der GIOP zeigt dieses Modell aber Schwächen, so gehen u. a. die GC-Dosierung und Therapiedauer nicht ein. Zugelassen zur Therapie der GIOP sind laut gültigen Leitlinien Alendronat, Risedronat, Zolendronat und Teriparatid. Die durchschnittliche Zunahme der Knochendichte unter verschiedenen Bisphosphonaten (BP) beträgt 4,6 % im Vergleich zu Placebo (28), bei gleichzeitiger Vitamin D-Supplementation bis zu 6 %. Eine fraktursenkende Wirkung lässt sich bei allen Bisphosphonaten belegen, vorrangig aber nur bei vertebralen Frakturen. Nicht-vertebrale Frakturen werden hingegen nicht signifikant reduziert. Wegen der durch GC vorrangig reduzierten Knochenformation ist theoretisch von einer osteoformativen Therapie ein stärkerer klinischer Effekt zu erwarten. In der Tat zeigte eine Studie mit Teriparatid vs. Alendronat nach 18 Monaten eine signifikant höhere Knochendichte an der LWS der GIOP-Patienten (7,2 vs. 3,4 %) und auch eine signifikant niedrigere Frakturrate an der Wirbelsäule (0,6 vs. 6,1 %). Aber auch in dieser Studie konnte keine signifikante Minderung der nichtvertebralen Frakturen nachgewiesen werden (29). Bemerkenswert sind schließlich neue Daten zu Denosumab, einem RANKL-Antikörper, die signifikant positive Effekte dieser Substanz auf die Knochendichte von RAPatienten mit GIOP belegen, selbst wenn diese bereits mit Alendronat behandelt waren (30). In einer Studie mit einem Kombinationspräparat von Alendronat und Alfacalcidol war andererseits eine eindeutige Reduzierung des Sturzrisikos bei GIOP-Patienten zu erzielen (31).
Zusammenfassende Bemerkungen Die GIOP (eigentlich GC-begünstigte-Osteoporose) ist zunehmend besser in ihrer Pathophysiologie verstanden und die Anerkennung von Spezifika gegenüber der PMO ist gerechtfertigt. Im Individualfall bleibt aber das nicht lösbare Problem der präzisen Bewertung des Ein-
<50 <60 -4,0 60-65 70-75 -3,5 65-70 75-80 -3,0 70-75 80-85 -2,5 75
85 -2,0
Tab.: T-Schwellenwerte für eine medikamentöse Osteoporosetherapie allgemein (ohne prävalente Frakturen und ohne Risikofaktoren) laut DVO-Leitlinie 2009 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Erwachsenen (25) flussfaktors „GC“ gegenüber anderen Risiko/-Einflussfaktoren. Die diagnostischen Methoden unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen bei der PMO. Zur Prophylaxe bzw. als „Basistherapie“ wird unverändert Vitamin D empfohlen, die nötige Calciumzufuhr soll hingegen möglichst über die Nahrung erreicht werden. Obwohl bei der GIOP die Störung der Knochenformation vordergründig zu sein scheint, werden (u. a. aus pekuniären Erwägungen und aus Gründen der meist einfacheren Applikation) in erster Linie Bisphosphonate mit gutem Erfolg eingesetzt. Studiendaten deuten aber eine Überlegenheit von z. B. Teriparatid an. Neuere Entwicklungen wie Denosumab (darunter auch Hemmung der Gelenkdestruktion) oder Kombinationen wie Alfacalcidol/Alendronat (darunter auch Reduktion der Fallneigung) sind interessant und sollten weiter in Studien bzw. in der Praxis bewertet werden. m Prof. Dr. Gert Hein Medizinisches Versorgungszentrum Qsana Henry van de Velde-Str. 1 99425 Weimar
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62 Juvenile Idiopathische Arthritis
Etanercept: Zulassungserweiterung für drei JIA-Subtypen Das TNF-α-Rezeptorfusionsprotein Etanercept hat Zulassungserweiterungen für drei weitere Subtypen der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA) erhalten. Seit August 2012 steht diese Behandlungsoption nun auch für Kinder und Jugendliche mit erweiterter (extended) Oligoarthritis ab einem Alter von zwei Jahren sowie für Jugendliche mit Enthesitis-assoziierter Arthritis und Psoriasis-Arthritis ab zwölf Jahren zur Verfügung, wenn die Betroffenen zuvor auf eine andere Therapie nicht ausreichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben.
Wie Dr. Bettina Rogalski, Bensheim, erläuterte, kennt die ILAR-Klassifikation insgesamt sieben JIA-Subtypen, die nach Ablauf der ersten sechs Erkrankungsmonate anhand von klinischen Kriterien sowie genetischen und laborchemischen Parametern unterschieden werden. Laut Registerdaten leiden 20 % der über vierjährigen Patienten unter dem Subtyp der erweiterten Oligoarthritis (eOA). Weitere 15 % macht die Enthesitis-assoziierte Arthritis (EAA) aus, 8 % sind von einer PsoriasisArthritis (PsA) betroffen. „Bei allen Formen der JIA ist eine möglichst frühe Diagnosestellung und der Beginn einer effektiven, möglichst nebenwirkungsarmen Therapie von entscheidender Bedeutung für den Patienten“, betonte Rogalski. Die Biologika haben hierbei einen hohen Stellenwert: Therapieziel ist heute die vollständige Remission mit normalem Wachstum, normaler Entwicklung und höchster Lebensqualität. Seit dem letzten Jahr dürfen Kinder mit polyartikulärer JIA bereits ab zwei Jahren mit Etanercept behandelt werden. Auch wurden die Dosierungen an die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen angepasst. „So eignet sich z. B. die Enbrel® 10 mg-Durchstechflasche zum einmaligen Gebrauch insbesondere für Patienten mit einem Körpergewicht bis zu 25 kg. Die Zulassungserweiterungen für drei JIA-Subtypen sind nun ein weiterer Meilenstein“, erklärte PD Dr. Peter-Andre100
Gesamt
eOA
EAA
PsA
80
Prof. Dr. Gerd Horneff, St. Augustin, stellte die Ergebnisse der CLIPPER-Studie vor, die die Grundlage für die Zulassungserweiterung lieferten. An der Phase III-Studie nahmen über 120 Kinder und Jugendliche mit unzureichendem Ansprechen oder Unverträglichkeit einer Standardtherapie teil. Kinder ab zwei Jahren mit einer eOA und Kinder von zwölf bis 17 Jahren mit einer EEA oder PsA wurden für mindestens 12 Wochen mit Etanercept 0,8 mg/kg KG einmal wöchentlich behandelt. Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten mit einem Ped ACR30-Ansprechen in Woche 12. Um die klinische Wirksamkeit zu evaluieren, wurden die Ped ACR30-Ansprechraten mit historischen Daten durch eine logistische Regressionsanalyse verglichen. Insgesamt erzielten in Woche 12 88,6 % der Kinder einen Ped ACR30. Dabei erwies sich Etanercept bei allen Subtypen gegenüber den historischen Placebodaten als signifikant überlegen. Ebenfalls in Woche 12 erreichte ein überwiegender Teil der Patienten auch die anderen Endpunkte: Ped ACR50 81,1 %, Ped ACR70 61,5 %, Ped ACR90 29,8 % und Ped ACR100 23,0 % (s. Abb.). Zudem erwies sich Etanercept in der einmal wöchentlichen Dosierung als gut verträglich. „Die guten Ped ACR-Ansprechraten in der CLIPPERStudie bestätigen die Wirksamkeit von Etanercept in den JIA-Subformen erweiterte Oligoarthritis, Enthesitis-assoziierte Arthritis und Psoriasis-Arthritis. Die nun für diese Subtypen erfolgten Zulassungserweiterungen ergänzen unsere therapeutischen Möglichkeiten bei der JIA“, erklärte Horneff. m
60 Patienten (%)
as Löschmann, Berlin. Überdies darf Etanercept neben der zweimal wöchentlichen Anwendung (0,4 mg/kg bis zu einer Höchstdosis von 25 mg pro Anwendung) jetzt auch als wöchentliche Einmalgabe (0,8 mg/kg, bis zu einer Höchstdosis von 50 mg pro Anwendung) verabreicht werden.
40
20
0
Ped ACR50
Ped ACR70
Ped ACR90
Ped ACR100
Abb.: Ped ACR-Ansprechen unter Etanercept zu Woche 12
Quelle: Pressegespräch der Pfizer Pharma GmbH, Berlin, 5. September 2012
63 RheumaPreis 2012
Gelungene berufliche Einbindung bei Rheuma prämiert Drei Berufstätige mit Rheuma sind bei einer feierlichen Preisverleihung mit dem RheumaPreis 2012 ausgezeichnet worden. Carolin Tillmann, Sina Harders und Raymund Vogl-Hainthaler erhielten den Preis als Anerkennung für ihre außergewöhnlichen Ideen, mit denen ihnen eine erfolgreiche Berufstätigkeit mit Rheuma gelungen ist. Geehrt wurden auch ihre Arbeitgeber, die bemerkenswertes Engagement für Arbeitnehmer mit Rheuma bewiesen hatten.
Die Initiative RheumaPreis, bei der sich Patientenorganisationen, Berufsverbände und das Unternehmen Abbott engagieren, verleiht den Preis seit 2009 jährlich an Arbeitnehmer und Arbeitgeber für ihren partnerschaftlichen Einsatz zum Erhalt der Berufstätigkeit mit Rheuma. Das Ziel ist, Beispiele gelungener beruflicher Einbindung öffentlich zu machen und so zu zeigen, dass arbeiten auch mit Rheuma möglich ist. Alexander Würfel, Geschäftsführer von Abbott Deutschland, betonte: „Die Beispiele der Preisträger und ihrer Arbeitgeber zeigen auch, wie Unternehmen das Engagement von Mitarbeitern mit chronischen Erkrankungen zugutekommt, wenn sich diese entsprechend ihrer Fähigkeiten in ihrem Arbeitsumfeld einbringen können. Wir wollen andere Arbeitgeber ermutigen, den guten Beispielen zu folgen.“ Aus 72 Bewerbungen wählte die Jury drei Preisträger aus, die die Würdigung mehr als verdient haben: „Menschen mit Erkrankungen wie Rheuma brauchen kein Mitleid, sondern eine faire Chance, sich am Arbeitsmarkt – soweit gesundheitlich möglich – beteiligen zu können“, so Preisträgerin Carolin Tillmann. Die 34-Jährige SLE-Patientin erhielt diese Chance am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Dort wurde ihr Arbeitsplatz so gestaltet, dass sie ihr Potenzial voll ausschöpfen kann: Ein automatischer Türöffner, eine leichtgängige Tastatur und PC-Maus machen tägliche Handgriffe leichter, ein Behindertenparkplatz verkürzt die Wege ins Büro. Die Preisträgerin ist überzeugt, dass chronisch kranke Mitarbeiter eine Bereicherung für Arbeitgeber sein können, da sie sehr motiviert sind und um ihren Platz gekämpft haben. Ähnlich sieht das auch Sina Harders, bei der im Alter von 24 Jahren eine RA diagnostiziert wurde: „Wer etwas will, findet einen Weg“ ist ihr Motto, mit dem sie vor allem jüngeren Menschen Mut machen möchte. Ihr Beispiel zeigt, dass Krankheit beruflichem Erfolg nicht im Wege stehen muss. Die heute 47-Jährige ist regionale Verkaufsleiterin der REWE-Vertriebslinie „nahkauf“ und für etwa 25 Mitarbeiter verantwortlich. „Mir kommt zugute, dass ich meinen Arbeits-
Abb.: von links nach rechts: Sina Harders, Raymund Vogl-Hainthaler, Carolin Tillmann (Bild: Stefan Wernz) platz relativ frei gestalten und meine Arbeitszeiten flexibel einteilen kann“, sagt die Bornheimerin. Ihr Arbeitgeber war von Anfang an über ihre Erkrankung informiert und ließ es nicht an Unterstützung fehlen, so die Preisträgerin. Sina Harders ist der Ansicht, dass der Erkrankung im täglichen Leben kein zu hoher Stellenwert eingeräumt werden sollte. Beruflich und privat äußerst aktiv ist auch Raymund Vogl-Hainthaler, der seit 25 Jahren an Ankylosierender Spondylitis leidet. Neben seiner Arbeit als Chemiewerker engagiert sich der Familienvater ehrenamtlich in seiner Gemeinde, im Elternbeirat und in verschiedenen politischen Gremien. Sein Rat an andere Menschen mit chronischen Erkrankungen lautet: „Bloß nicht zurückziehen, sondern rausgehen“. Der 50-Jährige ist seit 25 Jahren bei der Siltronic AG, Burghausen, beschäftigt und wird dort aufgrund seiner Erfahrung hoch geschätzt. Gemeinsam mit der Betriebsärztin wurden dort die Arbeitsabläufe und -bedingungen so angepasst, dass Raymund Vogl-Hainthaler seine Tätigkeiten leichter ausführen kann und hofft, dass er noch viele Jahre berufstätig sein kann. m Quelle: Veranstaltung der Initiative RheumaPreis, Heidelberg, 26. September 2012
64 Rheumatoide Arthritis
Frühe Therapieentscheidung nach 12 Wochen Eine Post-hoc Analyse der RAPID 1-Studie zeigte die Bedeutung einer schnellen DAS28-Verbesserung innerhalb von drei Monaten mit dem PEGylierten anti-TNF Certolizumab Pegol auf: Die meisten Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) erreichten unter Certolizumab Pegol eine klinisch relevante DAS28-Verbesserung innerhalb von nur 12 Wochen.
Sowohl die aktuellen EULAR-Empfehlungen als auch das Treat-to-Target-Konzept betonen den Zeitrahmen von 12 Wochen als entscheidend für die erste Bewertung des klinischen Ansprechens und für die Entscheidung über die Fortführung der individuell eingeschlagenen Therapiestrategie bei RA. In der erst kürzlich publizierten RAPID 1 Post-hoc Analyse zeigte sich, dass mit Certolizumab Pegol (Cimzia®) etwa 87 % der Patienten eine klinisch relevante Verbesserung ihrer Krankheitsaktivität (DAS28Verbesserung ≥1,2) innerhalb von 12 Wochen erzielten; für etwa 72 % der Patienten traf dies bereits nach 6 Wochen zu. Von den 13 % der Patienten, bei denen zu Woche 12 keine ausreichende DAS28-Verbesserung festzustellen war, erreichten nur 2 % eine niedrige Krankheitsaktivität (DAS28 <3,2) zu Woche 52 (van der Heijde D et al., J Rheumatol 2012; 39: 1326-1333). Für einen Großteil der Patienten war folglich das Therapieansprechen innerhalb der ersten 12 Wochen stark prädiktiv für den Therapieerfolg nach einem Jahr.
Die aktuellen Ergebnisse könnten folglich zur Optimierung des RA-Therapiemanagements beitragen: Unter Berücksichtigung der EULAR-Empfehlungen sollte die Therapie bei den TNF-naiven Patienten, die zu Woche 12 eine DAS28-Verbesserung von weniger als 1,2 Punkten mit Certolizumab Pegol aufweisen, konsequent umgestellt werden. Ein Fortführen der Therapie würde hier nur bei einem sehr geringen Anteil der Patienten zum Erfolg führen. Hierdurch bietet Certolizumab Pegol sehr gute Voraussetzungen für eine First-Line-Therapie bei TNF-naiven Patienten: Während für den Großteil der Patienten binnen 12 Wochen eine klinisch relevante Verbesserung ihrer Krankheitsaktivität möglich ist, besteht für den geringen Anteil der DAS28-Non-Responder immer noch eine gute Chance, langfristige Funktionseinschränkungen oder Gelenkdestruktionen zu vermeiden, wenn diese früh leitliniengemäß umgestellt werden. m Quelle: Pressemitteilung der UCB Pharma GmbH, 12. September 2012
Neues zu Golimumab vom EULAR 2012 Auf der EULAR-Jahrestagung 2012 in Berlin wurden die Daten einer Phase III-Studie vorgestellt, die die Wirksamkeit und Sicherheit einer intravenösen (i.v.) Therapie mit dem TNF-α-Inhibitor Golimumab bei Rheumatoider Arthritis (RA) zeigen. Demzufolge kann Golimumab die Symptome und Krankheitsaktivität einer aktiven, mittelschweren bis schweren RA verbessern.
In der multizentrischen doppelblinden, placebokontrollierten Phase III-Studie GO-FURTHER wurden Patienten mit aktiver RA trotz Methotrexat (MTX)-Therapie im Verhältnis 2:1 randomisiert, um in Woche 0 und 4 und anschließend alle 8 Wochen entweder Golimumab (Simponi®) 2 mg/kg als 30-minütige Infusion (n=395) oder Placebo (n=197) jeweils in Kombination mit MTX zu erhalten (Weinblatt E et al., Ann Rheum Dis 2012; 71 (Suppl3): 368). Den primären Endpunkt eines ACR20-Ansprechens bis Woche 14 erreichten 59 % der Patienten unter Golimumab i.v., aber nur 25 % unter Placebo (p<0,001).
Ebenso signifikant war die Differenz beim ACR50-Kriterium mit 30 vs. 9 % (p<0,001). Das bessere ACR-Ansprechen auf Golimumab versus Placebo war bereits ab Woche 2, also nach nur einer Golimumab-Infusion, statistisch signifikant. Diese positive Ergebnis für Golimumab blieb im Vergleich zu Placebo auch zu Woche 24 bestehen mit 63 vs. 35 % und 32 vs. 13 % für die ACR20/50-Ansprechraten (je p<0,001). Bei 81 % der mit Golimumab behandelten Patienten, jedoch nur 40 % in der Placebo-Gruppe kam es bis Woche 14 zu einer Reduktion der Krankheitsaktivität gemäß einem guten/moderaten EULAR-Ansprechen, erfasst mittels DAS28-CRP (p<0,001). Dieser Unterschied zuguns-
65 ten der Kombinationstherapie war wiederum bereits in Woche 2 signifikant (p<0,001). Zudem führte die Therapie mit Golimumab versus Placebo in Woche 14 (68 vs. 43 %, p<0,001) und Woche 24 (68 vs. 45 %, p<0,001) zu klinisch bedeutsamen Verbesserungen (>0,25) des HAQ-Scores als Maß für die körperliche Funktion. Die Rate unerwünschter und schwerer unerwünschter Ereignisse bis Woche 24 betrug 53 vs. 49 % bzw. 4 vs. 2 % unter Golimumab und Placebo.
Aktuelle Ergebnisse der GO-FURTHER-Studie Im Rahmen der GO-FURTHER-Studie wurde auch der Zusammenhang von Fatigue mit der körperlichen Funktion und der Krankheitsaktivität sowie der Einfluss einer
i.v.-Golimumab-Therapie auf Fatigue bei RA-Patienten untersucht (Westhovens R et al., Ann Rheum Dis 2012; 71 (Suppl3): 665). Als Bewertungsinstrument kam der FACIT-Fatigue-Fragebogen (0-52 Punkte) zum Einsatz. Eine klinisch relevante Verbesserung der Fatigue war definiert als Anstieg des FACIT-Fatigue-Scores um ≥4 Punkte. In Woche 12 und 24 kam es bei einem größeren Anteil von Patienten im Golimumab-Arm (58 bzw. 66 %) als in der Placebo-Gruppe (43 bzw. 40 %) zu klinisch relevanten Verbesserungen der Fatigue (je p<0,001). Die Fatigue war somit ein signifikanter unabhängiger Prädiktor für die körperliche Funktion und Krankheitsaktivität bei RA-Patienten. m Quelle: Pressemitteilung der MSD Sharp & Dohme GmbH, 6. Juni 2012
Update zu Therapiestrategien mit Methotrexat Bei Rheumatoider Arthritis (RA) kann mit einer möglichst frühzeitigen effektiven Therapie der Krankheitsverlauf günstig beeinflusst und eine klinische Remission sowie Hemmung der radiologischen Progression erreicht werden. Im Rahmen des EULAR-Kongresses in Berlin präsentierte Prof. Dr. Stefan Schewe, München, hierzu eine Auswahl aus Postern und Abstracts zu bewährten und innovativen Therapieoptionen mit dem Basistherapeutikum Methotrexat (MTX).
Bei der Therapie der RA lautet heute die Devise „möglichst rasch, möglichst effektiv behandeln“, sagte Schewe. Nach höchstens drei Monaten wird bei unzureichendem Ansprechen von MTX in der Regel dieses mit einem weiteren DMARD oder Biologikum kombiniert. Die Ergebnisse klinischer Studien zeigen nahezu übereinstimmend, dass die Kombination eines TNFα-Blockers mit Methotrexat (z. B. MTX Hexal®) der jeweiligen Monotherapie überlegen ist. Therapieziele sind die frühe Remission oder niedrige Krankheitsaktivität und die Hemmung der radiologischen Progression. Interessante Aspekte hierzu liefern deutsche Daten der randomisierten, doppelblinden Multizenterstudie HIT HARD, in der der langfristige Effekt einer frühen Induktionstherapie mit Adalimumab plus MTX versus MTX-Monotherapie auf die Krankheitsaktivität bei Patienten mit früher RA (≤12 Monate) untersucht wurde. Die Patienten erhielten über 24 Wochen Adalimumab plus MTX oder Placebo plus MTX, danach bis Woche 48 eine MTX-Monotherapie. Nach 24 Wochen Behandlung zeigte sich eine klare klinische Überlegenheit der initialen Adalimumab/MTX-Kombination. Deren klinische Wirksamkeit nach 48 Wochen war allerdings gleich wie die der MTX-Monotherapie, wenn Adalimumab nur über 24 Wochen verabreicht wurde. Jedoch konnte die Kombination Adalimumab/MTX nach 48 Wochen eine radiologische Progression wirksamer verhindern, selbst wenn
Adalimumab nach 24 Wochen abgesetzt wurde (Ann Rheum Dis 2012; 71 (Suppl3): 102). Unter einer MTX-Monotherapie erreichen laut Schewe etwa 30 % der RA-Patienten eine klinische Remission; die radiologische Progression lässt sich zwar nicht stoppen, jedoch vermindern. MTX weist ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf und ist bei regelmäßiger Kontrolle empfohlener klinischer und Laborparameter relativ gut verträglich. Eine der vorgestellten Studien beschäftigte sich mit der Verträglichkeit des in der Regel einmal wöchentlich subkutan (s.c.) oder oral verabreichten MTX in Abhängigkeit von der jeweiligen Applikationsart. Eine retrospektive Analyse zeigte, dass ein Wechsel von (zunächst) oraler auf s.c. MTX-Therapie sowohl in Hinblick auf die Verträglichkeit als auch die Wirksamkeit sinnvoll sein kann (Ann Rheum Dis 2012; 71 (Suppl3): 672). Laut Schewe handelt es sich hier um ein vernünftiges Konzept bei Anzeichen für Intoleranz oder Wirksamkeitsverlust einer oralen MTX-Therapie: „Alleine die Tatsache, dass sich durch den Wechsel Nebenwirkungen in einem hohen Prozentsatz vermeiden ließen und gleichzeitig eine bessere Wirkung beobachtet wurde, ist durchaus beachtenswert.“ m Quelle: Pressemitteilung der Hexal AG, 26. Juni 2012
66 Hyperurikämie und Gicht
Mit Febuxostat die Nierenfunktion stabilisieren Daten einer Post-hoc Analyse der FOCUS-Studie haben erstmalig den Zusammenhang zwischen einer langfristigen Harnsäurereduktion mit Febuxostat und der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bei Gichtpatienten verdeutlicht. Mit Febuxostat konnte eine Stabilisierung der Nierenfunktion erreicht werden. Eine weitere Studie zeigte zudem die signifikante Überlegenheit von Febuxostat 80 mg gegenüber Allopurinol in Bezug auf eine effektive Harnsäurereduktion bei Gichtpatienten mit einer milden bis moderaten Nierenfunktionsstörung.
In einer Post-hoc Analyse der FOCUS-Studie konnte der Zusammenhang zwischen einer harnsäuresenkenden Therapie mit Febuxostat und einer Verbesserung der Nierenfunktion nachgewiesen werden (Whelton A et al., J Clin Rheumatol 2011; 17: 7-13). Insgesamt wurden 116 mit Febuxostat (Adenuric®) behandelte Gichtpatienten über einen Zeitraum von fünf Jahren beobachtet. Der durchschnittliche Harnsäurewert lag zu Baseline bei 9,7 mg/dl. Zur Bestimmung der Langzeitwirkung der Harnsäurereduktion auf die Nierenfunktion wurden die in der Studie regelmäßig erfasste Harnsäurekonzentration und die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate nun im Rahmen der Post-hoc Analyse in Bezug gesetzt. Dabei zeigte sich folgender Effekt: Je stärker die Harnsäure im Vergleich zum Ausgangswert gesenkt werden konnte, desto positiver war die Wirkung auf die Nierenfunktion. Während bei einer Harnsäuresenkung um mehr als 6 mg/dl die geringste GFR-Abnahme und beste Stabilisierung der Nierenfunktion erreicht wurde, führte hingegen eine Harnsäuresenkung um ≤3 mg/dl zu einer Verschlechterung der GFR. In der Langzeitbehandlung unterschritten die meisten Patienten dauerhaft den Harnsäurezielwert von 6 mg/dl (360 µmol/l). Dass die Harnsäurereduktion mit Febuxostat eine effektive und langfristige Therapieoption für Gichtpatienten
mit eingeschränkter Nierenfunktion darstellen kann, bestätigt auch die CONFIRMS-Studie. Verglichen wurden 40 mg Febuxostat, 80 mg Febuxostat und Allopurinol 300 mg bzw. Allopurinol 200 mg bei Patienten mit moderater Nierenfunktionsstörung. Bei den insgesamt 2.269 untersuchten Gichtpatienten war eine Nierenfunktionsstörung mit 65 % die häufigste Komorbidität. Von den Studienteilnehmern mit eingeschränkter Nierenfunktion unterschritten zum Studienende 71,6 % der mit Febuxostat 80 mg behandelten Patienten den angestrebten Harnsäurezielwert von 6 mg/dl. In der Allopurinol-Gruppe wurde dieser nur von 42,3 % der Patienten erreicht. Demnach kann Febuxostat in der Dosierung 80 mg bei Patienten mit milder bis moderater Nierenfunktionsstörung die Harnsäure bei vergleichbarem Nebenwirkungsprofil effektiver senken als Allopurinol (Becker MA et al., Arthritis Res Ther 2012; 12: R63). Mit Febuxostat steht Gichtpatienten mit einer leicht bis mittelschwer eingeschränkten Nierenfunktion folglich eine langfristig effektive Therapieoption zur Verfügung, die zudem im Gegensatz zu Allopurinol keine Dosisanpassung erfordert. m Quelle: Pressemitteilung der Berlin-Chemie AG, 29. Juni 2012
Antiphlogistische Schmerztherapie
Bei Risikopatienten sind Coxibe erste Wahl Eine entscheidende Rolle bei der medikamentösen Langzeitbehandlung mit Antiphlogistika auch bei rheumatischen Erkrankungen spielt das gastrointestinale Risiko. Insbesondere die säureabhängige Wirkung der traditionellen NSAR (tNSAR) auf die Magen-Darm-Schleimhaut stellt für GI-Risikopatienten ein großes Problem dar.
Aus diesem Grund werden zusätzlich zu den tNSAR häufig Protonenpumpenhemmer (PPI) gegeben, die den Magen-Darm Trakt schützen sollen. Auch Kombinationspräparate werden angeboten. Doch die Gabe
der PPI ist oft unzureichend, da sie nur im oberen GITrakt wirken. Ca. 40 % der Blutungen treten jedoch im unteren GI-Trakt auf und sind zudem mit einer höheren Hospitalisierungs- und Todesrate verbunden.
67 Mit dem selektiven Cox-2-Hemmer Celecoxib (Celebrex®) ist eine Risikominimierung auch im unteren GITrakt möglich (Goldstein JL et al., Clin Gastroenterol Hepatol 2005; 3: 133-141): In einer zweiwöchigen verblindeten Untersuchung erhielten 238 Probanden täglich entweder 2x 200 mg Celecoxib oder eine Kombination aus 2x 500 mg Naproxen plus 1x 20 mg Omeprazol oder Placebo. Mit Hilfe der Videokapselendoskopie wurde gezeigt, dass sich unter Celecoxib neunmal weniger Läsionen im Dünndarm bildeten, als unter dem tNSAR Naproxen + PPI (Naproxen/Omeprazol: 2,99; Celecoxib: 0,32; Placebo: 0,11). In der CONDOR-Studie wurde erstmals die Toxizität von NSAR sowohl im oberen wie auch im unteren GITrakt umfassend dokumentiert (Chan FK et al., Lancet 2010; 376:173-179). 4.448 Patienten im Alter ab 65 Jahren oder erhöhtem gastrointestinalen Risiko, er-
hielten entweder Celecoxib (2x 200 mg/Tag) oder eine Kombination aus Diclofenac (2x 75 mg/Tag) + Omeprazol (1x 20 mg/Tag). Für den primären Endpunkt ergab sich hierbei, dass unter Celecoxib das Risiko schwerwiegender gastrointestinaler Nebenwirkungen im Vergleich zu Diclofenac plus Omeprazol um den Faktor vier statistisch und klinisch hochsignifikant verringert ist. Anämien gastrointestinalen Ursprungs bzw. infolge okkulter Blutungen wurden unter Celecoxib fünfmal seltener beobachtet. (5 vs. 24 bzw. 10 vs. 53 Fälle). Bei GI-Risikopatienten gilt Celecoxib daher als Mittel der Wahl und ist insbesondere im Hinblick auf unerwünschte Nebenwirkungen im unteren GI-Trakt der Kombinationsbehandlung aus tNSAR und PPI vorzuziehen. m Quelle: Pressemitteilung der Pfizer Deutschland GmbH, 18. Juli 2012
Osteoporose
Strontiumranelat jetzt auch für Männer zugelassen Seit dem 27. Juni 2012 ist Strontiumranelat basierend auf den Ergebnissen der MALEO-Studie auch zur Therapie der Osteoporose von Männern mit erhöhtem Frakturrisiko zugelassen und damit voll verordnungs- und erstattungsfähig. Aufgrund einer vergleichbaren Zunahme der Knochendichte an Wirbelsäule, Oberschenkelhals und Gesamthüfte kann bei Männern auf eine ebenso effektive Frakturreduktion wie bei Frauen geschlossen werden.
In der zur Erweiterungszulassung führenden randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie MALEO mit 261 Männern mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko diente die Veränderung der Knochendichte nach 12 Monaten als primärer Endpunkt. In einem Verhältnis von 2:1 erhielten die Patienten für zwei Jahre zusätzlich zu einer Calcium/Vitamin DSupplementierung Strontiumranelat (Protelos®) 2 g/ Tag oder Placebo. Der primäre Endpunkt wurde gegenüber Placebo signifikant erreicht, erläuterte Prof. Dr. Johann Ringe, Leverkusen. So stieg unter Strontiumranelat die Knochendichte an der Lendenwirbelsäule und am Schenkelhals um 5,3 bzw. 2,9 % (je p<0,001) gegenüber dem Ausgangswert, was sich mit den in den Zulassungsstudien SOTI und TROPOS zur postmenopausalen Osteoporose gefundenen Werten deckt. Auch nach zwei Jahren zeigte sich eine gegenüber dem Studienbeginn fortgesetzte Erhöhung der Knochendichte an der Lendenwirbelsäule um 9,8 %, sowie am Schenkelhals und an der Gesamthüfte um 3,3 bzw. 3,7 % (alle p<0,001) (Kaufman JM et al., Osteoporos Int 2012; 23 (Suppl2): S260). Im Trend zeigte sich un-
ter Strontiumranelat eine gegenüber Placebo geringere Inzidenz vertebraler und nicht-vertebraler Frakturen (5,8 vs. 7,8 % bzw. 3,5 vs. 4,6 %). Während Strontiumranelat schon seit langem zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen zur Reduktion des Risikos von Wirbelsäulenund Hüftfrakturen indiziert ist, kann es jetzt aufgrund der überzeugenden Daten aus MALEO auch generell zur Behandlung der Osteoporose bei Männern mit erhöhtem Frakturrisiko eingesetzt werden. Somit lässt der Zulassungstext bei den bisher therapeutisch vielfach schlechter gestellten Männern mit Osteoporose viel Spielraum für die Verordnung von Strontiumranelat, den die behandelnden Ärzte im Sinne ihrer Patienten auch nutzen sollten, resümierte Ringe. In Anbetracht der im Vergleich zu Frauen noch stärkeren Unterversorgung von Männern mit Osteoporose sollte den Patienten diese sehr gut verträgliche und effektive Therapieoption zur langfristigen Senkung des Frakturrisikos nicht vorenthalten werden. m Quelle: Pressegespräch der Servier Deutschland GmbH, München, 4. September 2012
68 Rheumatoide Arthritis
Tocilizumab als First-Line-Biologikum anerkannt Die neue S1-Leitlinie zur Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) beinhaltet zwei wegweisende Empfehlungen für den Einsatz des IL-6-Rezeptorblockers Tocilizumab: Dieser kann nach unzureichendem Ansprechen auf DMARDs jetzt als First-Line-Biologikum in der Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) eingesetzt werden. Fällt MTX als Therapieoption aus unterschiedlichen Gründen aus, ist Tocilizumab die erste Wahl bei der Biologika-Monotherapie.
Laut Prof. Dr. Klaus Krüger, München, hält der Therapiealgorithmus vor allem in Hinblick auf den Einsatz von Tocilizumab (RoActemra®) wichtige Neuerungen bereit. So gehört der IL-6-Rezeptorblocker aufgrund seiner nachgewiesenen Wirksamkeit jetzt neben den TNF-α-Hemmern und Abatacept zu den First-Line-Biologika nach unzureichendem Ansprechen auf mindestens zwei DMARDs. Neu ist auch die exklusive Empfehlung von Tocilizumab für die Biologika-Monotherapie bei RA-Patienten. „Die aktuelle Studienlage lässt den Schluss zu, dass Tocilizumab innerhalb der Gruppe der zur Monotherapie zugelassenen Biologika die beste Wirksamkeit hat“, fasste Krüger im Rahmen des DGRh-Kongresses zusammen. Die Monotherapie ist indiziert bei Patienten mit MTX-Unverträglichkeiten oder wenn die
Fortführung der MTX-Therapie aus anderen Gründen nicht adäquat erscheint. Die Empfehlung der DGRh, Tocilizumab monotherapeutisch einzusetzen, basiert auf den Ergebnissen der Studie ACT-RAY. Hier konnte nach 24 Wochen eine vergleichbare Effektivität der Mono- und Kombinationstherapie mit MTX nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse konnten in der beim EULAR in Berlin vorgestellten Studienauswertung über 52 Wochen bestätigt werden. Dort wurde auch die bislang einzigartige Head-to-head-Studie ADACTA präsentiert, die ebenfalls die Effektivität von Tocilizumab in der Monotherapie demonstriert und zudem im direkten Monotherapie-Vergleich mit Adalimumab die signifikant bessere Wirksamkeit zeigt. m Quelle: Pressemittteilung der Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG, 4. Oktober 2012
Psoriasis-Arthritis
Gelenkdestruktion durch frühe Therapie aufhalten Die Psoriasis-Arthritis (PsA) macht eine frühe systemische Therapie notwendig, um einer Progresson der Gelenkdestruktion vorzubeugen. Sowohl bei axialer PsA als auch bei Daktylitis und Enthesitis ist dabei die TNF-α-Blockade die Therapie der ersten Wahl.
Etwa 20 % der Psoriasis-Patienten entwickeln im Krankheitsverlauf eine Psoriasis-Arthritis mit der Gefahr einer fortschreitenden radiologischen Gelenkprogression und einem damit einhergehenden allmählichen Funktionsverlust. Um diesem Verlauf entgegenzuwirken, muss die PsA frühzeitig erkannt und effektiv behandelt werden. Patienten mit Psoriasis sollten deshalb immer auch konkret nach Gelenkbeschwerden gefragt werden, selbst wenn die Hauterscheinungen nur leicht sind. Die PsA erfordert eine langfristige systemische Behandlung, die die Entzündung von Haut und Gelenken in Schach hält. Möglich ist dies durch eine AntiTNF-Therapie. Sie ist bei axialer PsA sowie bei Daktylitis und Enthesitis nach den Empfehlungen von GRAPPA und EULAR die Therapie der ersten Wahl. Bei peri-
pherer PsA gelten TNF-α-Inhibitoren als Second-lineTherapie, wenn NSAR und DMARDs nicht ausreichend effektiv sind. Die rasche und anhaltende Wirksamkeit bei mittelschwerer bis schwerer PsA ist für den TNF-αInhibitor Adalimumab (Humira®) in der ADEPT-Studie überzeugend belegt: Innerhalb von 24 Wochen ließen sich hohe ACR-Ansprechraten erzielen, die über einen Beobachtungszeitraum von 104 Therapiewochen aufrechterhalten werden konnten. Unterstrichen wird der hohe Stellenwert von Adalimumab bei PsA durch die Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung: Hier kam es innerhalb eines Jahres zu einem raschen Rückgang druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke. m Quelle: Symposium und Meet-the-Expert der Abbott GmbH, München, 24. Juli 2012
69
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Belimumab (Benlysta®) in seiner Sitzung am 2. August 2012 einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen attestiert. Die Beschlussfassung des G-BA steht damit der Einschätzung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) entgegen. Das IQWiG kam in seiner Nutzenbewertung vom 2. Mai 2012 zu dem Schluss, dass in den PhaseIII-Studien zu Belimumab keine optimierte Standardtherapie vorgelegen habe, welche vom G-BA als die zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt wurde und bescheinigte Belimumab in Folge dessen aus formalen Gründen keinen Zusatznutzen. Damit kam der G-BA dem Appell nach einer erneuten Prüfung des eingereichten Nutzendossiers nach und ließ sich von den Argumenten des Herstellers und der rheumatologischen Fachgesellschaften während der mündlichen Anhörung überzeugen. Als nächste Phase des Verfahrens stehen auf Grundlage der G-BA-Bewertung Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband an. m Quelle: Pressemitteilung der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 2. August 2012
Neue Ratgeberreihe: Leben mit Rheuma Hilfreiche Tipps und Empfehlungen für den alltäglichen Umgang mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis oder Psoriasis-Arthritis hat Pfizer jetzt in der neuen Ratgeberreihe „Leben mit Rheuma“ zusammengestellt. In der Patientenbroschüre „Was ist eigentlich Rheuma?“ wurden Informationen zum Krankheitsbild einschließlich Diagnostik, modernen Therapien und einem ausführlichen Serviceteil zusammengestellt. Das Heft „Essen und Trinken mit Rheuma“ zeigt, wie man durch gesunde Ernährung die Erkrankung positiv beeinflussen kann. Der Ratgeber „Unterwegs mit Rheuma“ enthält wertvolle Tipps sowie Checklisten für Rheumapatienten zur Planung der Urlaubsreise.
Wie man trotz Krankheit gemeinsam mit dem Partner und auch Kindern Kraft und Energie für eine glückliche Beziehung aufbringen kann, verraten die Ratgeber „Leben und Lieben mit Rheuma“ und „Familienleben mit Rheuma“. In „Rheuma und Lebensqualität“ erfahren die Patienten, wie sie lernen können den Alltag zu meistern und ihre Krankheit zu akzeptieren. Die Broschüre „Stress und Rheuma“ zeigt Auswege aus dem Teufelskreis Krankheit, Stress und alltägliche Belastungen. Die Informationsbroschüren für Patienten können als kostenfreier Service für Ärzte bei Pfizer per E-Mail bestellt werden: monika.poellot@pfizer.com. m Die Patienten ist Teil eine broschüre „Rheuma r neuen sieb und Lebe nsqualität enteiligen “
Informationsr Gern send eihe en wir Ihnen Bitte wend en Sie sich das Bild auf Wunsch an Heike.Ha in llenberg@ Druckqualität zu. medizin-p r.de, Tel. 0221/7754 3-0
Quelle: Pressemitteilung der Pfizer Deutschland GmbH, 9. Juli 2012
10 Jahre Expertendialog Mit einem hochkarätig besetzten Symposium unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, feierte das Unternehmen medac das zehnjährige Bestehen von „medactuell Rheumatologie“. Zielsetzung der Fachpublikation war und ist es, behandelnden Ärzten in knapper Form einen Überblick über neue Forschungsergebnisse in der Rheumatologie zu bieten und praxisrelevante Informationen für die konkrete Patientenarbeit an die Hand zu geben. Auf dem Symposium ließen die Referenten die enormen Fortschritte des Fachgebietes anhand der wichtigsten Beiträge in dem hochangesehenen Review-Journal Revue passieren. Das Unternehmen medac, das die Publikation herausgibt, ist in Deutschland Marktführer für den Wirkstoff Methotrexat (MTX), das als Fertigspritze, Tablette und Injektionslösung als Goldstandard zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) eingesetzt wird. In den vergangenen Jahren wurden neue Darreichungsformen für MTX mit höherer Wirksamkeit und größerem Patientenkomfort entwickelt, darunter die MTX-Fertigspritze metex® FS. Neben MTX hat medac zudem die Wirkstoffe Leflunomid, Sulfasalazin und Azathioprin im Portfolio. m Quelle: Symposium der medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, Hamburg, 1. September 2012
Zulassung für subkutane Abatacept-Formulierung Die Europäische Kommission hat die Zulassung für die subkutane Formulierung von Abatacept (Orencia®) in Kombination mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung von Erwachsenen mit mäßiger
Pharmanews
G-BA: Hinweis auf beträchtlichen Zusatznutzen von Belimumab
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bis schwerer aktiver Rheumatoider Arthritis (RA) erteilt. Das in der neuen S1-Leitlinie zur RA-Therapie als First-line-Biologikum anerkannte Abatacept ist damit die erste Substanz, die sowohl in einer s.c. Formulierung zur Selbstinjektion als auch in einer intravenösen (i.v.) Formulierung verfügbar ist. Dies kommt den Bedürfnissen und Wünschen von Patienten und Ärzten entgegen, da manche Patienten aus gewissen Gründen eine bestimmte Verabreichungsart bevorzugen. Die europäische Zulassung der s.c. Formulierung von Abatacept basiert sowohl auf der Phase III-Zulassungsstudie ACQUIRE als auch auf Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit aus Phase II-Studien. In ACQUIRE, der größten zulassungsrelevanten Phase III-Studie zu Biologika bei RA-Patienten, wurden die s.c. und i.v. Formulierungen von Abatacept miteinander verglichen, wobei sie sich (in einem Nicht-Unterlegenheitsvergleich) hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit als vergleichbar erwiesen. m Quelle: Pressemitteilung der Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, 5. Oktober 2012
Einfache Therapie mit Golimumab Erfreuliche Nachrichten für Patienten mit Rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis und Ankylosierender Spondylitis: Golimumab (Simponi®) ist seit September 2012 wieder mit dem vorgefüllten Autoinjektor zur subkutanen Selbstinjektion erhältlich. Die Injektionshilfe wurde in Zusammenarbeit mit Patienten entwickelt, um deren Bedürfnissen besser gerecht zu werden. Sie zeichnet sich durch einfache und bequeme Anwendbarkeit aus. Dank dieser Eigenschaften und weil der Wirkstoff nur einmal monatlich s.c. verabreicht werden muss, ist der Simponi® Autoinjektor ausgesprochen patientenfreundlich. m
Pharmanews
Quelle: Pressemitteilung der MSD Sharp & Dohme GmbH, 29. August 2012
Tocilizumab in BiKeR-Register aufgenommen Vor einem Jahr ist der IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab als erstes Biologikum zur Behandlung der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (sJIA) bei Kindern ab zwei Jahren zugelassen worden. Jetzt wurde Tocilizumab (RoActemra®) auch in BiKeR, dem Register der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie
(GKJR) unter der Leitung von Prof. Dr. Gerd Horneff, St. Augustin, aufgenommen. In klinischen Studien erreichte Tocilizumab eine hohe Remissionsrate bei günstiger Verträglichkeit, auch in der Langzeittherapie. Beobachtet werden in BiKeR die Langzeitwirksamkeit von Biologika unter Dokumentation der demografischen Daten, Diagnose, Nebendiagnosen, Vorbehandlung, Begleittherapie und dem PedACR30/50- und 70-Ansprechen sowie die Langzeitverträglichkeit unter Beachtung der Komplikationen, Nebenwirkungen und Therapieabbrüche. Bisher wurden 3.000 Kinder und Jugendliche mit rheumatischer Erkrankung in das Register eingeschlossen, inzwischen auch 21 Kinder mit sJIA unter einer Therapie mit Tocilizumab. m Quelle: Pressemitteilung der Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG, 4. September 2012
Exklusiver Rabattvertrag für Methotrexat Ab dem 1. November 2012 gilt für Pfizer und die Barmer GEK ein Rabattvertrag für das langwirksame Methotrexat Lantarel®. Die Kooperation sichert die qualitative, hochwertige und wirtschaftliche Versorgung von Barmer-Versicherten mit schwerer Formen der Rheumatoiden Arthritis, Psoriasis-Arthritis, Psoriasis vulgaris und der polyartikulären JIA. Durch den Rabattvertrag wird die Belastung des Praxisbudgets verringert und der Einsatz des Originals nun wirtschaftlicher. Neben den Fertigspritzen besteht mit den Lantarel®-Tabletten auch die Möglichkeit der oralen Therapie. Die Tabletten stehen in den Wirkstärken 2,5 mg, 7,5 mg und 10 mg zur Verfügung. Die Lantarel®-Fertigspritzen sind in den Wirkstärken 7,5 mg, 10 mg, 15 mg, 20 mg und 25 mg erhältlich. Jede Dosisstärke gibt es als 1er, 5er und 12er-Packung. Mit dieser Bandbreite kann die Behandlung genau auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden. m Quelle: Pressemitteilung der Pfizer Deutschland GmbH, 9. Oktober 2012
Ausblick
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AMERICAN CONGRESS ON RHEUMATOLOGY (ACR) 2012 IN Washington D.C., USA Lesen Sie in der nächsten Ausgabe alles Wissenswerte zu diesem Kongress und weiteren Neuigkeiten aus der Rheumatologie und Osteologie
Chefredaktion: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de Redaktion: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de, Dr. Klaus-Georg Maiwald, info@wortreich-gik.de Herausgeber: Dr. Edmund Edelmann, Prof. Dr. Jörn Kekow, Sigurd Rudeloff
Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · Wilfried Bridts, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · PD Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · Dr. Ralph Steinbrück, München Grafik: Inken Pöhlmann, www.ip-design.net Druck: Druckzentrum Lang, Mainz
II/2012
Jahrgang 4 · 4-2012 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.
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