heuma R Management
Ausgabe 5/2012
rheumatologie/ Osteologie
ACR-Jahrestagung 2012 Highlights aus Washington
Berufsverband Deutscher Rheumatologen Rückschau auf das Jahr 2012
Internistische Rheumatologie JOINT-Weiterbildungsstipendien als Chance nutzen
Deutsche Rheuma-Liga Im Gespräch: Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle
Rheumatoide Arthritis RABBIT-Register schließt weiter Patienten ein Prof. Dr. Angela Zink
Offizielles Mitteilungsorgan des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh)
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3 Editorial
Rückschau auf das Jahr 2012 Im Rückblick auf das Jahr 2012 stehen für uns Rheumatologen sicherlich zwei Themen im Fokus: Das neue Versorgungsstrukturgesetz mit der Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung (ASV) und die Laborquotierung. Neue Perspektiven bietet das Projekt „Versorgungslandschaft Rheuma GmbH“, das ebenso wie andere berufs- und gesundheitspolitische Themen intensiv im Rahmen des 7. BDRhKongresses in Berlin diskutiert wurde.
Mit dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Versorgungsstrukturgesetz wurde die ASV als neue Versorgungsebene eingeführt. Als Berufsverband sehen wir in der ASV die Chancen einer Versorgung ohne Budget, ohne Fallzahlbegrenzung und mit einer Gleichstellung der Niedergelassenen zur bisherigen Versorgung über § 116 b-Ambulanzen. Der Vorstand setzt sich energisch für die an den G-BA, die KBV und den GKV-Spitzenverband adressierten Vorschläge ein, um die von den Krankenkassen aufgestellten Streitpunkte positiv für die Umsetzung der ASV im niedergelassenen Bereich zu lösen und das Beste für alle Kolleginnen und Kollegen herauszuholen. Die enge Kooperation mit dem Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) führte zu der gemeinsamen Forderung, die bisherige Richtlinie für die Diagnosen der schweren Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen und die Verbindung mit der Definition des Schweregrades wie immunsuppressive Behandlung zu übernehmen. Entscheidend ist unter dem Blickwinkel der ASV als sektorenübergreifende Versorgung unser Ziel der Transferierung eines wichtigen Teils der rheumatologischen Versorgung in die ASV. Bezüglich der Bedarfszulassung hat der BDRh den G-BA aufgefordert, die Vorgaben für die Sonderbedarfszulassung auf der Basis der Zahlen des Memorandums der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zu regeln. Somit könnten Internistische Rheumatologen über die im Versorgungsstrukturgesetz vorgesehene erleichterte Sonderbedarfszulassung leichter einen Praxis- oder Ambulanzsitz eröffnen, wenn der G-BA dem in einer entsprechenden Richtlinie nachkommt. Ein neues, ebenso erfolgversprechendes Konzept könnte ein gemeinsames Vorgehen bei Selektivverträgen mit dem Hausärzteverband sein. In das im Rahmen des 7. BDRh-Kongresses vorgestellte Projekt „Versorgungslandschaft Rheuma GmbH“ wird die stationäre Versorgung einschließlich § 116b und die vertragsärztliche Versorgung eingeschlossen. Ein Ziel dieser zu gleichen Teilen von BDRh und Hausärzteverband geführten GmbH – die gemeinsame Vertragsentwicklung auf der Basis von festgelegten
Prof. Dr. med. Jörn Kekow Schnittstellen – ist realisiert. Die gemeinsamen Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen stehen an. Auf Antrag des Vorstandes der KBV wurde im April eine Quotierung (=Abstaffelung) der Honorierung für alle Laborleistungen beschlossen. Zusätzlich wurde eine Mengenbegrenzung für Nicht-Laborärzte verfügt. Eine rechtswidrige Benachteiligung der NichtLaborärzte, die Honorar zu Gunsten der Laborärzte verschiebt! Der Vorstand versuchte mit Hilfe von Gutachten hochangesehener Anwaltskanzleien, ein „Honorardesaster“ für die betroffenen Rheumatologen abzuwenden. Nicht zuletzt hierdurch wurde eine Änderung der KBV-Vorgabe erreicht, die inzwischen einen stärkeren Einfluss der regionalen KVen auf die Umsetzung ermöglicht. In mehreren KVen wurde entsprechend die Mengenbegrenzung für Nicht-Laborärzte nicht umgesetzt. Der Vorstand des Berufsverbands wünscht allen ein erfolgreiches wie gesundes Jahr 2013 sowie eine Fortsetzung der vertrauensvollen Zusammenarbeit. m Prof. Dr. med. Jörn Kekow Zweiter Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e.V. (BDRh) Chefarzt des Medigreif Fachkrankenhaus für Rheumatologie und Orthopädie Sophie-von-Bötticher-Str.1 39245 Vogelsang-Gommern
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Inhalt
1
o
2
Internistische Rheumatologie: JOINT-Weiterbildungs10 stipendien nutzen! Berufsverband Deutscher Rheumatologen
8
BDRh bestellt Geschäftsführer für Verbandsarbeit
Internistische Rheumatologie
10
JOINT-Weiterbildungsstipendien zum Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie
Rheumatologische Fachassistenz
11
Ein Gewinn für alle Seiten – die persönliche Perspektive
DGRh-Jahrestagung 2012
Musterberufsordnung: Was es bei Verträgen mit der Industrie zu beachten gilt 18 Deutsche Rheuma-Liga
Patientenrechte
Ein Rückblick auf den Kongress in Bochum
16
Patientenrechtegesetz vom Bundestag verabschiedet
Sie fragen – Experten antworten
17
Einsichtsrecht für Angehörige
Arztrecht 12
14
Aktives Engagement für Patienten weiter fortführen Im Gespräch: Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle
18
§ 33 MBO: Was es bei Verträgen mit der Industrie zu beachten gilt RA Christian Koller
ACR Scientific Meeting 2012 Highlights aus Washington S. 19-38 ACR-Jahrestagung 2012
19
Highlights der Rheumatologie aus Washington
Rheumatoide Arthritis
20
Rheumatoide Arthritis Rheumatoide Arthritis Rheumatoide Arthritis und Gicht
Rheumatoide Arthritis
Gleichzeitiges Auftreten ist selten, aber möglich
22
Rheumatoide Arthritis Frühe Treat-to-target-Therapie zahlt sich aus
Juvenile Idiopathische Arthritis 24
26
Neue Erkenntnisse zu Risikofaktoren
Neue Therapieoptionen auf dem Vormarsch
Therapiestrategien nach Erreichen einer Remission
25
Geringere Mortalität unter Biologika
27
28
Positive Phase-III-Daten zu Tocilizumab bei pJIA
Axiale Spondyloarthritis Aktuelle Ergebnisse der RAPID-axSpA-Studie
29
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Inhalt
o
3
ACR-Kongress 2012: Rheumatologische Highlights 19 aus Washington Axiale Spondyloarthritis
29
Bei kurzer Krankheitsdauer besseres Ansprechen auf TNF-Blocker
Psoriasis-Arthritis
Systemische Sklerose
40 33
Neue ACR/EULAR-Klassifikationskriterien entwickelt
30
Zwei neue Medikamente überzeugen in Phase-III-Studien
Periphere Spondyloarthritis
Rheumatoide Arthritis: RABBIT-Register schließt weiter Patienten ein
Primäres Sjögren-Syndrom
34
Kein Nutzen von Hydroxychloroquin
31
Systemischer Lupus erythematodes 35 Neue Erkenntnisse zur SLE-Therapie
ABILITY-2: Vorteilhafte Daten für Adalimumab
Systemische Sklerose
32
Mit autologer HSCT das Langzeitüberleben steigern
Rheumatoide Arthritis
40
Deutsches Biologika-Register RABBIT schließt weiter Patienten ein! Prof. Dr. Angela Zink
Arthrose
36
Licht und Schatten in Therapiestudien
Rheumatoide Arthritis
50
Abatacept jetzt auch als subkutane Injektion zugelassen
Rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritiden und Vaskulitiden ab 42
S1-Leitlinie der DGRh
52
Neuer Stellenwert für Tocilizumab im Therapie-Algorithmus der RA
Aktuelle Studien- und Registerdaten
Arthrose
46
Neue Konzepte für medikamentöse Therapie
Rheumatoide Arthritis Spezifische JAK-Inhibition zeigt Wirksamkeit
48
Praxiserfahrungen mit Rituximab
56
RA -Patienten im Fokus: Neue Daten zur B-Zell-Therapie
Pharmanews
58
Impressum
59
Berufsverband Deutscher Rheumatologen
BDRh bestellt Geschäftsführer für Verbandsarbeit Der Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. hat die med info GmbH aus Heidenheim mit der Führung der Geschäfte beauftragt. Herr Michael Horst, Geschäftsführer der med info GmbH, wurde vom BDRh als Geschäftsführer bestellt.
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Der BDRh-Vorstand hat diesen schon vor Jahren geplanten Schritt unternommen, um das Sekretariat des BDRh von Verwaltungsaufgaben zu entlasten, die Organisation und die politische Verbandsvertretung weiter zu professionalisieren und um auf die absehbar zunehmenden Aufgaben im Rahmen des Managements von Selektivverträgen sowie der berufspolitischen Vertretung innerhalb der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung, besser vorbereitet zu sein. Mittlerweile gibt es kaum noch einen Arztverband ohne einen eigenständigen Geschäftsführer. Michael Horst Herr Horst ist seit über zehn Jahren im Gesundheitswesen, insbesondere in der Betreuung ärztlicher Berufsverbände, tätig. Seit fast 20 Jahren betreut die med info GmbH erfolgreich den Bundesverband der Pneumologen; seit 2007 wird auch der Bundesverband Niedergelassener Diabetologen (BVND) e.V. dort verwaltet. Damit verfügt die med info GmbH über umfassendes Wissen und einzigartige Erfahrungen bei der Organisation von Versorgungsstrukturen für chronisch kranke Patienten (Diabetes, Asthma, COPD). Die neue Geschäftsstelle bzw. der neue Geschäftsführer wird schrittweise die Mitglieder- und Beitragsverwaltung übernehmen und den Vorstand im Bereich der Berufspolitik und der Vertragsverhandlung unterstützen. Die jetzt gewählte Konstruktion mit einem beauftragten Geschäftsführer bietet dem BDRh viele Vorteile. Der Verband bleibt flexibel, muss kein eigenes Personal einstellen und bekommt einen erfahrenen Partner. Die med info ist an einem langfristigen Engagement interessiert und wird ihre gesamte Kompetenz für die Rheumatologen einsetzen. Die med info GmbH hat ihren Sitz in Heidenheim an der Brenz. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1992 und hat seitdem sein Service- und Dienstleistungsangebot kontinuierlich erweitert. Neben der Mitglieder- und Beitragsverwaltung bietet die med info ihren Kunden Veranstaltungs- und Kongressmanagement für Fortbildungsveranstaltungen und Verbandstermine. Das Leistungsspektrum wird abgerundet durch die Bereiche Versorgungsforschung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie den eigenen Verlag. Zum Team der med info GmbH gehören die beiden Geschäftsführer – Herr Michael Horst und Herr Frank Wallbrecht – sowie zehn Mitarbeiter. m Michael Horst Hainenbachstr. 25, 89522 Heidenheim Tel.: 07321/94691–11 Fax: 07321/94691–40 E-Mail: m.horst@med-info-GmbH.de
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JOINT-Weiterbildungsstipendien zum Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Dringend gesucht! Hier steht eine Anzeige.
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In der medizinischen Versorgung von Patienten mit rheumatischen Krankheiten in Deutschland fehlen mehr als 50 % der erforderlichen Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie. Obwohl der Bedarf im Zeichen des demografischen Wandels wächst, ist die Zahl der vorwiegend an Kliniken und Klinikambulanzen weitergebildeten Rheumatologen in den letzten Jahren rückläufig. Dabei lohnt sich ein berufliches Engagement in der Rheumatologie besonders: Der enorme wissenschaftliche Fortschritt in der Rheumatologie ermöglicht Behandlungserfolge, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Um jungen Ärztinnen und Ärzten eine Perspektive in diesem faszinierenden Feld der Medizin („It`s never Lupus…“) zu eröffnen und den Weg zum Facharzt für Rheumatologie zu bahnen, hat die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) gemeinsam mit dem Berufsverband der Rheumatologen (BDRh) und dem Verband der rheumatologischen Akutkliniken (VRA) mit Unterstützung der Pharmaindustrie eine Förderinitiative gestartet mit dem Ziel, Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung zum Facharzt für Inneren Medizin und Rheumatologie mit einem erfolgreichen Abschluss zu unterstützen. Träger der Förderinitiative ist die gemeinnützige Stiftung der DGRh, die durch großzügige Spenden von Abbott, Pfizer, MSD, BMS, Roche und UCB unterstützt wird. Die Initiative wird zudem von den Regionalen Kooperativen Rheumazentren getragen, die über das Projekt und über die Möglichkeiten der kooperativen Weiterbildung informieren. Aber auch die beteiligten Verbände und die Rheumaakademie in Berlin, die das Programm administrativ unterstützt, freuen sich, Anfragen zu beantworten. Die Weiterbildungsstipendien werden an Ärzte in Weiterbildung zum Facharzt für Rheumatologie und Innere Medizin auf Antrag vergeben, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen (Details sind bei der DGRh online unter http://dgrh.de/weiterbildungsstipendium.html verfügbar). Sie sollten einen Weiterbildungsplan der weiterbildenden Ärzte vorlegen, der auf den Inhalten des Curriculums der DGRh basiert. Zum Curriculum gehört auch die Teilnahme an den verfügbaren Kursen der Rheumaakademie. Anträge sollen an folgende Adresse gerichtet werden: Stiftung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie Köpenicker Straße 48/49, Aufgang A, 10179 Berlin Die Höhe des JOINT-Weiterbildungsstipendiums beträgt während der Tätigkeit in der rheumatologischen Praxis 2.500 €, während der Weiterbildung in der rheumatologischen Klinik 1.750 €. Die Anzahl der Förderungen richtet sich nach den zur Verfügung stehenden Geldmitteln. m Prof. Dr. med. Jürgen Braun, Präsident der DGRh Dr. med. Edmund Edelmann, Vorsitzender des BDRh Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek, Vorsitzender des VRA
21.06.12 15:23
11 Rheumatologische Fachassistenz
Ein Gewinn für alle Seiten – die persönliche Perspektive Seit 1994 bin ich im Rheumazentrum Ruhrgebiet in Wanne-Eickel als staatlich examinierter Krankenpfleger tätig, seit 1996 auch in der Funktion als Stationsleitung. Auf die Fachweiterbildung zur Rheumatologischen Fachassistenz bin ich durch den 1. Qualitätszirkel für Rheumatologische Fachassistenten der Firma Chugai aufmerksam geworden. Da ich die Fortbildungsveranstaltung mit meiner Pflegedienstleitung besucht hatte, war es nicht weiter schwer, sie von der Notwendigkeit einer solchen Weiterqualifizierung zu überzeugen. Beginn und Abschluss der Maßnahme war im Jahr 2009.
Als dann bekannt wurde, dass unser damaliger Oberarzt, Dr. Ertan Saracbasi-Zender, die Klinik verlassen wird, um eine rheumatologische Praxis in Oberhausen zu eröffnen, ergab sich plötzlich die Chance einer Mitarbeit in dessen neuer Praxis. Durch intensive Gespräche nahm die Idee konkrete Formen an. Wir einigten uns über die Aufgaben und den zeitlichen Umfang meiner Tätigkeit. Es galt hierbei auch abzuklären, inwieweit Kompetenzen abzugeben bzw. delegierbar waren. Hier scheint eine gewisse Rechtsunsicherheit zu bestehen. Als alle Unklarheiten soweit beseitigt waren, konnte dieses aus meiner Sicht überaus erfolgreiche Projekt in der Region starten. Zu meinen Aufgaben gehören schwerpunktmäßig Aufklärungsgespräche über Basistherapien und intraartikuläre Injektionen. Wichtig ist auch die Erhebung des DAS28, die dem Arzt wertvolle Untersuchungszeit einspart, da das Ergebnis bereits zur Patientenkonsultation vorliegt. Es kristallisiert sich aber auch immer mehr heraus, dass eine gewisse „seelsorgerische Komponente“ hinzukommt. Ein Gespräch dauert in der Regel 10 bis 15 Minuten. Mittlerweile bekommen wir immer häufiger die Rückmeldung der Patienten, wie zufrieden sie mit der Regelung sind. Sie empfinden es als sehr angenehm, in einer entspannten At-
Dietmar Cirkel mosphäre Fragen stellen zu können, Bedenken und Ängste zu äußern oder sich in ihrer Entscheidung einfach noch mal bestärken zu lassen. Natürlich erfülle ich auch noch andere Aufgaben wie z. B. Blutentnahmen oder Assistenz bei Punktionen. Nach und nach werde ich von Dr. Saracbasi-Zender auch in die Erhebung des BASMI und die Gelenksonographie eingeführt. Momentan beschränkt sich meine Tätigkeit in der Praxis auf 12 Stunden im Monat. Inwieweit diese Maßnahme noch ausgedehnt werden kann, hängt natürlich vom Praxisbedarf ab. Man darf gespannt sein. Ich jedenfalls bin froh, diesen Schritt getan zu haben. m
Vom Konzept der Rheumatologischen Fachassistenz profitieren alle Seiten: angefangen natürlich bei den Patienten über die Praxis bis hin zur Klinik, den Ärzten und nicht zuletzt auch ich selbst. Ich hoffe im Interesse aller, dass dieses Projekt Schule macht und mehr rheumatologische Praxen diesen Weg beschreiten.
Dietmar Cirkel Erster Kassenwart des Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. www.forum-rheumanum.de
Kompakt
Schon während der Ausbildung bemerkte ich, dass mir mehr und mehr Respekt und Anerkennung von Seiten der Kollegen und auch der Ärzte zuteil wurde. Durch den erworbenen Wissensvorsprung war ich den anderen Kollegen gegenüber durchaus im Vorteil. Man konnte aufgrund des umfangreicheren Fachwissens ganz anders Handeln und Entscheidungen besser begründen. Als Ratgeber hatte ich plötzlich einen ganz anderen Stellenwert bei den Mitarbeitern erworben. Vor allem die Patienten suchten das Gespräch, weil sie das Gefühl hatten, kompetente und fundierte Informationen ergänzend zur ärztlichen Behandlung zu bekommen. Leider eröffneten sich darüber hinaus zunächst keine größeren Möglichkeiten, mein neu erworbenes Wissen und meine Fähigkeiten in der Klinik einzubringen.
12 DGRh-Jahrestagung 2012
Ein Rückblick auf den Kongress in Bochum Bereits mehr als zwei Monate liegt der diesjährige Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) nun schon wieder zurück und inzwischen haben sich auch schon viele deutsche Rheumatologen wieder beim US-amerikanischen ACR Scientific Meeting in Washington getroffen. Das Ende des Jahres naht – Zeit für einen kurzen Rückblick. Kurz zusammengefasst war der 40. DGRh-Jahreskongress ein voller Erfolg für die Fachgesellschaft, brachte es Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne, auf den Punkt. Der Kongresspräsident 2012 rief zugleich nochmals einige Highlights in Erinnerung.
Mit über 340 eingereichten wissenschaftlichen Beitragen, über 70 wissenschaftlichen Sitzungen und knapp 2.400 Teilnehmern wurden nach Brauns Worten fast alle bisherigen Kongressrekorde gesprengt. Die Qualität der Beiträge war auf allen Ebenen hoch. Besonders stark besucht wurden laut Braun wieder die morgendlichen Plenarsitzungen, die mit Prof. Dr. Désirée van der Heijde, Leiden (Niederlande), Prof. Dr. Ernest Choy, London, Prof. Dr. Paul Emery, Leeds (beide Großbritannien), Prof. Dr. Hans Bijlsma, Utrecht (Niederlande), Prof. Dr. Ronald van Vollenhoven, Stockholm (Schweden), Prof. Dr. Johannes Pfeilschifter, Essen, Prof. Dr. Georg Schett, Erlangen, und Prof. Dr. Heike BischoffFerrari, Zürich (Schweiz), auch international absolut hochrangig besetzt waren. Auf der Eröffnungsveranstaltung hatte Fritz Pleitgen, Geschäftsführer der Europäischen Kulturhauptstadt und ehemaliger WDR-Intendant, einen kulturhistorisch hochinteressanten Streifzug durch das Ruhrgebiet präsentiert. Anschließend sprach Prof. Dr. Heiner Raspe, Lübeck, über Priorisierung in der medizinischen Versorgung – ein Thema, von dem Braun zufolge in Zukunft noch häufig zu hören sein wird und mit dem die Rheumatologie erneut zeigt, dass sie thematisch ganz vorne mit dabei ist.
Neu, so betonte Braun, war 2012 das Studentenprogramm – die DGRh hatte 60 Studenten eingeladen, einen tieferen und für einige vielleicht ganz neuen Einblick in das weite und interessante Fachgebiet der Rheumatologie zu bekommen. In Anbetracht des durchweg positiven Feedbacks sowohl seitens der teilnehmenden Studenten als auch der Mentoren und einer auch zukünftig gesicherten Finanzierung dank der freundlichen und nicht unerheblichen Unterstützung aus der Industrie, soll dieses Konzept auch beim DGRh-Kongress 2013 in Mannheim wieder aufgegriffen werden. Ein weiterer wichtiger Punkt: Erstmals präsentierten sich alle anwesenden Selbsthilfegruppen und -organisationen, Rheuma-Liga, DVMB und viele andere unter dem gemeinsamen Dach des „Rheumahauses“. Das Rheumahaus bot allen Interessierten eine zentrale Anlaufstelle, wo man sich über die Aktivitäten und Angebote der beteiligten Gruppen kompakt informieren konnte. Nicht zuletzt wurden auch dieses Jahr wieder viele Preise verliehen, zwei Start-up-Preise für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der neue Otfried-MüllerPreis für die beste Veröffentlichung im Bereich der Vaskulitiden und insgesamt 10 Posterpreise für das jeweils beste Poster in den einzelnen Postersessions, hob Braun hervor.
13
Start-up-Stipendien 2012-2013 So wurden im Rahmen des DGRh-Kongresses in Bochum die Gewinner der diesjährigen Ausschreibung der Start-Up-Forschungsförderung der DGRh gemeinsam mit dem Kompetenznetz Rheuma vorgestellt. Die Start-Up-Förderung für junge Wissenschaftler wird seit 2008 zunächst von der Firma Wyeth und jetzt von der Firma Pfizer für innovative Forschungsansätze gestiftet. In diesem Jahr haben die internationalen Gutachter die Forschungsanträge von Frau Dr. rer. nat. Jessica Bertrand, Münster, zu dem Start-Up-Projekt „Funktion von TRPC1 in der Osteoklasten vermittelten Knochenzerstörung in der rheumatoiden Arthritis" und von Frau Martina Rauner, Dresden, zu dem Start-Up-Projekt „Role of developmental endothelial locus (Del)-1 in arthritis", für förderungswürdig bewertet. Die Projekte werden jeweils mit ca. 50.000 € unterstützt.
Posterpreise auf dem DGRh-Kongress 2012 Die Posterpreise waren in diesem Jahr wieder mit jeweils 500 € dotiert und wurden von den Firmen
Chugai, GlaxoSmithKline und Roche gestiftet. Ausgezeichnet wurden Dr. Anne-Kathrin Tausche, Dresden, Mir-Farzin Mashreghi, Berlin, PD Dr. med. Jutta Richter, Düsseldorf, Dr. med. Oliver Sander, Düsseldorf, Dr. med. Anton Hospach, Stuttgart, Kristin Schubert, Leipzig, Dr. med. Dietmar Krause, Gladbeck, Dr. med. Roger Scholz, Leipzig, Dr. med. Uta Kiltz, Herne, und Gerlinde Brem, Augsburg.
Otfried-Müller-Preis 2012 Der erstmals von der Firma Actelion gestiftete OtfriedMüller-Preis soll der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen und zeichnete die beste Arbeit zur Pathogenese, Diagnostik und/oder Therapie der Vaskulopathien bei systemischer Sklerose aus. Den mit 1.000 € und der Teilnahme an einem der großen internationalen Kongresse dotierten Preis erhielt Dr. med. Florian Kollert, Freiburg, für seine Arbeit über „Lösliches CD90 als potentieller Biomarker pulmonaler Komplikationen bei systemischer Sklerose“. m
Quelle: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 10. Oktober 2012
Besuchen Sie uns! Auf der Internetseite www.bdrh.de finden Sie alle wichtigen Informationen rund um den Berufsverband Deutscher Rheumatologen e. V.:
14 Deutsche Rheuma-Liga
Aktives Engagement für Patienten weiter fortführen Die Deutsche Rheuma-Liga ist die größte Selbsthilfeorganisation im Gesundheitswesen und zeigt mit über 260.000 Mitgliedern heute ein stetiges Wachstum. Gemäß ihrem Leitbild wird sie von Ehrenamtlern, unterstützt durch wenige hauptamtliche Mitarbeiter, geführt und geleitet. Das höchste Ehrenamt bekleidet mit großem Engagement seit 2008 die Rheumatologin Prof. Erika Gromnica-Ihle. Soeben wurde sie mit den Stimmen aller Delegierten für weitere vier Jahre im Amt bestätigt.
Frau Prof. Erika Gromnica-Ihle, zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wiederwahl! Ihre Arbeit wird im Verband hochgeschätzt. Worauf führen Sie das zurück? Was sind Ihre Erfolge? Der Bundesverband hat als starke politische Vertretung rheumakranker Menschen dafür gesorgt, dass die Betroffenen stärker in den Mittelpunkt der Versorgung gestellt wurden. Unser „Aktionsplan Rheuma“ mit seinen Forderungen vor allem an Gesundheitspolitik, Kassen und Ärzteschaft wurde mit allen Akteuren breit diskutiert und hat unsere Forderungen zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bekannt gemacht. Die Arbeit von Patientenvertretern in gesundheitspolitischen Gremien, wie zum Beispiel im Gemeinsamen Bundesausschuss, wird anerkannt und geschätzt. Unsere Erfolge dabei waren beispielsweise, dass in 13 Bundesländern Ambulanzen an Krankenhäusern nach § 116b SGB V zur Versorgung von Kranken mit seltenen rheumatischen Erkrankungen eingerichtet wurden und jetzt die Diskussion läuft, dieses System auch als „Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung“ zu erweitern. Nicht zuletzt Aktivisten der Selbsthilfe ist zu verdanken, dass ein positiver Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss zur Nutzenbewertung für ein Medikament bei Systemischem Lupus erythematodes herbeigeführt wurde, das erste Präparat zur speziellen Behandlung dieser Erkrankung seit Jahrzehnten. Unser Erfolg ist, dass das Spektrum rheumatischer Erkrankungen weiter im Katalog des Morbi-Risikostrukturausgleichs verbleibt und sogar erweitert wurde. Neben dem Engagement für Menschen mit seltenen Erkrankungen wie Lupus, richten Sie Ihre Angebote verstärkt an Jüngere. Ja, besonders den rheumakranken Kindern und Jugendlichen galt in den letzten Jahren unsere Aufmerksamkeit. Der Aktionsplan zur besseren Versorgung und Teilhabe dieser Gruppe, der zusammen mit ärztlichen Experten erstellt wurde, konnte gerade der Öffentlichkeit übergeben werden.
Prof. Dr. med. Erika Gromnica-Ihle Viele chronisch Kranke finden sich im Dschungel des Gesundheitswesens schlecht zurecht. Wie können Sie die Ratsuchenden unterstützen und damit auch den niedergelassen Facharzt entlasten? Die Rheuma-Liga hat hierzu das Pilotprojekt „Rheuma-Lotsen“ geschaffen. Es wird von Krankenkassen und vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützt. Drei Rheuma-Lotsen an verschiedenen Orten helfen neu Erkrankten, mit ihrer Krankheit besser fertig zu werden und unterstützen sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Das Projekt wurde gerade verlängert, wir kämpfen um seine Verstetigung. Darüber hinaus hat sich die Rheuma-Liga das Ziel gesetzt, den Kranken zum Experten seiner eigenen Erkrankung zu machen. Wir haben die Berater im Ehrenamt geschult, ein Handbuch für Ehrenamtler erstellt und bauen zurzeit Kurse für rheumakranke Menschen, geleitet von geschulten Betroffenen, als Selbstmanagementprogramme auf. „Patient Partner“, geschulte Patienten, die sowohl Studierenden an zahlreichen Universitäten als auch Ärzten bei Fortbildungsveranstaltungen den Umgang mit rheumakranken Menschen und ihre Besonderheiten näher bringen, sind ein weiteres Erfolgsprojekt unserer Organisation. Die Rheuma-Liga-Gruppen sind Ärzten und Rheumapatienten vor allem durch das Ange-
15 bot von Funktionstraining bekannt. Können die chronisch Kranken dieses Bewegungsprogramm bei Bedarf auf Dauer nutzen? Für das Funktionstraining sind die Fristen in der neuen Rahmenvereinbarung nur noch als Richtgrößen enthalten. Eine längere Kostenübernahme mit Begründung der Notwendigkeit ist im Einzelfall möglich. Wir haben zudem zahlreiche neue Bewegungsangebote in den Verbänden vor Ort eingeführt, zum Bespiel die Medizinische Trainingstherapie. „Rheuma heilbar machen“ – das ist das Ziel der Stiftung, die seitens der Rheuma-Liga gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie gegründet wurde, auch dies ein großer Meilenstein in Ihrem Engagement. Was kann man hier in naher Zukunft erwarten? Wir haben soeben eine Professur für Versorgungsforschung mit Spendengeldern der Deutschen Rheuma-Liga geschaffen und als Bundesverband fördern wir selbst erstmals einen Forschungsschwerpunkt zum Thema „Rheuma und Alter“. Ich persönlich bin sehr froh, dass wir die Zusammenarbeit mit der ärztlichen Profession deutlich weiter entwickeln konnten. Vertreter des Bundesverbandes nehmen an den Sitzungen der Vorstände/Beiräte der Gremien der Rheumatologen/Orthopäden teil und umgekehrt. Für unsere jüngste Kampagne „Aktiv gegen den Rheuma-Schmerz“ konnten wir be-
deutende Partner aus Rheumatologie und Orthopädie gewinnen, auch der Berufsverband der Rheumatologen hat uns unterstützt. Schirmherr ist übrigens Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Ein Truck tourte durch 29 Städte in Deutschland und motivierte mit zahlreichen Angeboten für mehr Bewegung bei Rheumakranken, aber auch in der Bevölkerung allgemein. Sie übernehmen nochmals für weitere vier Jahre die Führung des Verbandes. Welche Ziele sind Ihnen wichtig? Mehr Professionalität der Betroffenen, mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, denn Rheuma geht jeden an: 20 Millionen leiden in Deutschland an muskuloskelettalen Beschwerden. Deutliche Verjüngung der Rheuma-Liga, vor allem der Aktivisten im Ehrenamt, Erweiterung unserer kollektiven Patientenrechte und mehr Aufklärung über Rheuma in der Öffentlichkeit über Prävention, sinnvolle Diagnostik und optimale Therapie. In gleicher Weise müssen wir mehr Teilhabe für schwer erkrankte behinderte Menschen durchsetzen. Gesundheitspolitik und ärztliche Profession müssen akzeptieren, dass keine Entscheidung über Betroffene ohne Betroffene möglich ist. Die Deutsche RheumaLiga wird sich einmischen, dabei kommt es auf jeden einzelnen in unserer Selbsthilfeorganisation an. m Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Rheuma-Liga verleiht Medienpreis Mit einem Festakt vor 120 geladenen Gästen hat die Deutsche Rheuma-Liga in Berlin den Herta-SeebaßMedienpreis 2011/2012 verliehen. „Aktiv gegen Rheumaschmerz“ war das diesjährige Motto.
Fachzeitschrift „Physiopraxis“, erschienen Juni 2012 mit dem Titel „Optimisten haben's leichter“. Stifter des Preisgeldes ist Pfizer Deutschland. m 4
Der erste Preis ging an die Journalistin Carola Welt und die Redaktion „fit gesund“ der Deutschen Welle für den Fernsehbeitrag „Aktiv gegen Rheumaschmerz: Zwei Wege“, weltweit ausgestrahlt am 19.9.2012 in Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch per Satellit. 200 Millionen Haushalte empfangen dieses Programm. Gelobt wurde das Filmportrait von zwei Rheumabetroffenen und deren unterschiedliche Herangehensweisen, um mit Bewegung wie Qi Gong oder Muskelaufbautraining gegen die Erkrankung vorzugehen. Der zweite Preis wurde hälftig geteilt. Die Preisträger sind Werner Buchberger, Ressortleiter Gesundheit, Bayern 2, mit dem Sendebeitrag „Beweglich bleiben – Hilfe bei Rheuma“ und Gertrud Erhardt-Raum, Autorin und Physiotherapeutin, für den Beitrag in der
Bild: Gratulation und symbolische Scheckübergabe an die Medienpreisträger (von links): Dr. Thomas Grabowy, Pfizer, Gertrud ErhardtRaum, Werner Buchberger, Carola Welt, Prof. Erika Gromnica-Ihle
16 Patientenrechte
Patientenrechtegesetz vom Bundestag verabschiedet Das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (Patientenrechtegesetz) wurde am 29. November 2012 in zweiter und dritter Lesung vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Das Patientenrechtegesetz bündelt erstmals die Rechte von Patientinnen und Patienten und entwickelt sie in wesentlichen Punkten weiter.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr erklärt hierzu: „Unser Leitbild ist der mündige Patient. Patientenorientierung und Patientenautonomie sind erklärte Ziele unserer Gesundheitspolitik. Das Patientenrechtegesetz wird die Position der Patienten künftig stärken.“ Das Gesetz hat den Bundesrat noch zu passieren, wobei er nicht zustimmungspflichtig ist. Das Gesetz umfasst folgende Regelungsbereiche: • Der Behandlungsvertrag wird ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Hier wird die Vertragsbeziehung zwischen Patienten und Ärzten, aber auch zu anderen Heilberufen wie Heilpraktikern, Hebammen, Psycho- oder Physiotherapeuten zentral geregelt. • Patientinnen und Patienten müssen verständlich und umfassend informiert werden, etwa über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und beabsichtigte Therapien. Diese Informationspflicht besteht auch für die mit der Behandlung verbundenen Kostenfolgen: Werden Behandlungskosten nicht von der Krankenkasse übernommen und weiß dies der Behandelnde, dann muss er den Patienten vor dem Beginn der Behandlung entsprechend informieren. Auch muss der Behandelnde den Patienten unter bestimmten Voraussetzungen über einen Behandlungsfehler informieren. • Die gesetzlich vorgeschriebene Aufklärung erfordert, dass grundsätzlich alle Patientinnen und Pa-
tienten umfassend über eine bevorstehende konkrete Behandlungsmaßnahme und über die sich daraus ergebenden Risiken aufgeklärt werden müssen. Damit sich der Patient seine Entscheidung gut überlegen kann, muss rechtzeitig vorher ein persönliches Gespräch geführt werden. Eine schriftliche Aufklärung reicht alleine nicht aus. Auch Patientinnen und Patienten, die aufgrund ihres Alters oder ihrer geistigen Verfassung nicht in der Lage sind, allein über die Behandlungsmaßnahme zu entscheiden, werden künftig verstärkt mit in den Behandlungsprozess eingebunden, indem das Gesetz festlegt, dass auch ihnen die wesentlichen Umstände der bevorstehenden Behandlung zu erläutern sind. • Ferner werden auch die Dokumentationspflichten bei der Behandlung im Gesetz niedergeschrieben. Patientenakten sind vollständig und sorgfältig zu führen. Fehlt die Dokumentation oder ist sie unvollständig, wird im Prozess zu Lasten des Behandelnden vermutet, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht erfolgt ist. Behandelnde sind künftig auch verpflichtet, zum Schutz von elektronischen Dokumenten eine manipulationssichere Software einzusetzen. • Patientinnen und Patienten wird ein gesetzliches Recht zur Einsichtnahme in ihre Patientenakte eingeräumt, das nur unter strengen Voraussetzungen und künftig nur mit einer Begründung abgelehnt werden darf. • Schließlich wird es in Haftungsfällen mehr Transparenz geben. Die wichtigen Beweiserleichterungen berücksichtigen die Rechtsprechung und werden klar geregelt. Damit wird künftig jeder im Gesetz nachlesen können, wer im Prozess was beweisen muss. Auch die Versichertenrechte in der gesetzlichen Krankenversicherung werden gestärkt. • Ein wichtiges Anliegen im Interesse von Patientinnen und Patienten ist die Förderung einer Fehler-
17 vermeidungskultur in der medizinischen Versorgung. Behandlungsfehlern möglichst frühzeitig vorzubeugen, hat höchste Priorität. • Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stärkung der Rechte von Patientinnen und Patienten gegenüber den Leistungserbringern. Künftig sind die Krankenund Pflegekassen verpflichtet, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern zu unterstützen. Dies kann etwa durch Unterstützungsleitungen, mit denen die Beweisführung der Versicherten erleichtert wird, z. B. medizinischen Gutachten, geschehen. • Zudem werden Sanktionen bei Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie beispielsweise einer nicht fristgemäßen Entscheidung bei Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, eingeführt. Krankenkassen müssen binnen, drei, bei Einschaltung des medizinischen Dienstes innerhalb von fünf Wochen über einen Leistungsantrag entscheiden. Bei vertragszahnärztlichen Anträgen hat die
Krankenkasse innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden, der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für eine Fristüberschreitung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. • Die Patientenbeteiligung wird weiter ausgebaut. Patientenorganisationen werden insbesondere bei der Bedarfsplanung stärker einbezogen und ihre Rechte im Gemeinsamen Bundesausschuss werden gestärkt. • Um insgesamt mehr Transparenz über geltende Rechte von Patientinnen und Patienten herzustellen, erstellt der Patientenbeauftragte der Bundesregierung künftig eine umfassende Übersicht der Patientenrechte und hält sie zur Information der Bevölkerung bereit. m Quelle: Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums, 29. November 2012
Sie fragen – Experten antworten
Thema: Einsichtsrecht für Angehörige Frage: Ein Patient von mir ist vor einiger Zeit in einem Krankenhaus verstorben. Die Angehörigen haben mich nun mittels Anwaltsschreiben aufgefordert, eine Kopie der Behandlungsunterlagen des Verstorbenen zu versenden, da sie Ansprüche gegen das Krankenhaus prüfen wollen. Kann ich mich auf die ärztliche Schweigepflicht berufen? Antwort: Zunächst ist festzuhalten, dass allein der (hier verstorbene) Patient ein Einsichtsrecht in seine Krankenunterlagen hat. Aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht dürfen Sie deshalb die Behandlungsunterlagen an Dritte grundsätzlich nicht weitergeben. Da der Verstorbene Sie nicht mehr von Ihrer ärztlichen Schweige-
pflicht entbinden kann, gilt dies auch gegenüber seinen (nahen) Angehörigen. Etwas anderes gilt aber, wenn die Angehörigen gleichzeitig auch Erben des Verstorbenen sind. In diesem Fall würde das Einsichtsrecht des Patienten RA Christian Koller auf die Erben übergehen, soweit vermögensrechtliche Komponenten betroffen sind und kein widersprechender Wille des Patienten besteht. Soweit die Angehörigen Ihnen also ihre Erbenstellung nachweisen und Ihnen auch nicht positiv bekannt ist, dass der Patient sich zu Lebzeiten einer solchen Einsicht widersetzt hätte, müssen Sie die Kopien der Unterlagen gegen Kostenerstattung herausgeben. m Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
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18 Arztrecht
§ 33 MBO: Was es bei Verträgen mit der Industrie zu beachten gilt Auf dem 114. Ärztetag in Kiel wurde die Musterberufsordnung für Ärzte bezogen auf die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der Ärzteschaft und der Industrie geändert. Nach der Neufassung des § 33 Muster-Berufsordnung (MBO) dürfen Leistungen, die Ärzte für die Industrie erbringen, nur in angemessener Höhe vergütet werden. Zudem sind diese Verträge schriftlich abzufassen und sollen der jeweiligen Ärztekammer vorgelegt werden.
Zunächst ist festzuhalten, dass § 33 MBO alle Verträge umfasst, d. h. auch Studienverträge, Anwendungsbeobachtungen und Verträge über Referententätigkeiten. Er gilt aber nur für Verträge mit Herstellern von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder Erbringern von Heilmittelversorgung. Auf Verträge mit anderen Institutionen, z. B. Berufsverbänden, ist § 33 MBO unanwendbar.
Angemessene Vergütung Die Vorgabe einer angemessenen Vergütung soll das Gewähren von versteckten Vorteilen verhindern. Dabei bedeutet die vielbeachtete Entscheidung des BGH vom 29.03.2012, wonach die Annahme von Geldvorteilen durch niedergelassene Ärzte nicht strafbar ist, gerade nicht, dass dieses Verhalten auch berufsrechtlich keine Konsequenzen haben soll. Maßgeblich ist dabei, wann ein angemessenes Verhältnis zwischen der vom Arzt erbrachten Leistung und dem ihm gewährten Geldbetrag gegeben ist. Dies muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Eine gewisse Richtschnur bietet dabei der Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA-Kodex). Dieser Kodex ist zwar für Ärzte nicht verbindlich, spiegelt aber die allgemeine Verkehrsauffassung wider und kann somit als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden. § 18 Abs. 1 Nr. 6 des Kodex regelt, dass für die Bewertung der Angemessenheit einer Geldleistung unter anderem die GOÄ als Anhaltspunkt herangezogen werden kann. Dabei können auch angemessene Stundensätze vereinbart werden, um den Zeitaufwand zu berücksichtigen. Diese Regelung war nun schon mehrmals Gegenstand von Entscheidungen des FSA-Kodex-Spruchkörpers. Danach ist ein Stundensatz von € 75 für die Teilnahme an einer Anwendungsbeobachtung angemessen. Ein Stundensatz von € 150 ist hingegen zu hoch (Az.: FS II 5/08/2007.12-217). In einer anderen Entscheidung wurde für die Erstellung eines Fallberichts (Dauer: 30 Minuten) ein Honorar von € 150 ebenfalls als zu hoch angesehen (Az.: 2008.1-220). Hingegen wurde eine Vergütung von € 200 für die Durchführung einer
Patientenschulung (pneumologische Schulungen für Asthmapatienten), die neben einer Vorbereitungszeit von 1 Stunde eine Schulungszeit von 1,5 Stunden in Anspruch genommen hat, für angemessen erachtet (Az.: 2007.12-216) Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass nach dem FSAKodex eine Tätigkeit, die einer gutachterlichen Tätigkeit im Sinne von Ziffer 80 GOÄ vergleichbar ist, mit dem 2,3-fachen Satz = € 40,22 pro 20 Minuten vergütet werden darf. Dies entspricht einem Stundensatz von € 120. Voraussetzung ist aber, dass eine fachliche Leistung gefordert wird. Für einen 30-minütigen Fachvortrag, der einen tatsächlichen Vorbereitungsaufwand von 2 Stunden mit sich bringt, wäre somit ein Honorar von € 300 nach diesen Grundsätzen in jedem Fall angemessen. Ist der Vorbereitungsaufwand höher, darf auch das Honorar höher ausfallen. Hingegen ist für das Ausfüllen von Anwendungsbeobachtungen, die sich in dem Ankreuzen von gestellten Fragen erschöpft, nur ein Stundensatz von € 75 angemessen.
Vorlagepflicht? Gemäß § 33 Satz 2 MBO „sollen“ die Verträge der Ärztekammer vorgelegt werden. Diese sog. „Soll“-Vereinbarung bedeutet grundsätzlich, dass eine Vorlage erfolgen muss, es sei denn es liegen besondere Ausnahmefälle vor. Diese Sollvorschrift wurde jedoch nicht von allen Landesärztekammern übernommen. Nach den Berufsordnungen der Ärztekammern in Bayern, BadenWürttemberg, Berlin und Sachsen müssen die Verträge nur auf Verlangen vorgelegt werden. Die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern hat auf diese Vorlagepflicht gänzlich verzichtet. Hingegen schreibt die Berufsordnung in Thüringen vor, dass die Verträge ausnahmslos vorgelegt werden „müssen“. In allen anderen Ländern gilt die „Soll“-Bestimmung des § 33 Satz 2 MBO. m RA Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft Am Rindermarkt 3 und 4 80331 München
ACR-Kongress 2012 – Washington
19 ACR Scientific Meeting 2012
Highlights der Rheumatologie aus Washington Vom 9.-14. November war die US-amerikanische Hauptstadt Washington der Gastgeber des 2012 Annual Scientific Meeting des American College of Rheumatology (ACR), zu dem sich wiederum etwa 15.000 Rheumatologen aus aller Welt einfanden. Auf dem Kongress wurden über 2.700 Abstracts präsentiert und 475 orale sowie 2.080 Poster-Präsentationen abgehalten. Zu den wissenschaftlichen Höhepunkten zählte in Sachen Rheumatoide Arthritis (RA) vor dem Hintergrund der kurz zuvor erfolgten US-Zulassung die Präsentation neuer Daten zu dem JAK-Inhibitor Tofacitinib.
Im Rahmen der Late-breaking Abstract Sessions wurden hierzu positive Ergebnisse des ORAL-Studienprogramms zu Tofacitinib bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf eine Anti-TNF-Therapie vorgestellt. Neben weiteren vielversprechenden Daten zu neuen Therapiekonzepten bei RA, z. B. mit dem GM-CSF-Antikörper MOR-103, aber auch alternativen Applikationsformen sowohl von Tocilizumab (s.c.) als auch Golimumab (i.v.), wurden aktuelle Behandlungsstrategien zum Absetzen von TNF-Blockern bei Patienten in Remission präsentiert. Erneut im Mittelpunkt standen die ersten, zuvor auf dem EULAR präsentierten direkten Head-to-head-Studien zwischen Biologika, so AMPLE mit dem Vergleich von Abatacept und Adalimumab zusätzlich zu MTX, und ADACTA zum Vergleich einer Biologika-Monotherapie mit Tocilizumab und Adalimumab. Neue Erkenntnisse zum kardiovaskulären Risiko bei RA wurden vorgetragen, ebenso eine Studie, die zeigte, dass Gicht sehr wohl – wenn auch selten – zusätzlich zu einer RA auftreten kann. Aktuelle Daten wurden auch zu den Spondylarthritiden (SpA) gezeigt, auch bei der peripheren SpA überzeugte Adalimumab jetzt in der ABILITY-2-Studie. Von
besonderem Interesse waren zwei positive Therapiestudien zur Psoriasis-Arthritis, die PSUMMIT I-Studie zu dem IL1-2/23-Antikörper Ustekinumab und die PALACE-1-Studie zu dem oralen PDE-4-Inhibitor Apremilast. Im Blickpunkt stand zudem für die Systemische Sklerose die Vorstellung der neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien. Mit dem BAFF-Inhibitor Blisibimod wurde auch ein potentiell vielversprechendes neues Medikament für den Systemischen Lupus erythematodes (SLE) vorgestellt. Auf viel Interesse stieß auch RIM, die bislang größte Studie zu Myositis, in der Rituximab untersucht wurde. Dass Tocilizumab nicht nur bei der systemischen, sondern auch der polyartikulären Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA) gute Ergebnisse liefert, geht aus der CHERISH-Studie hervor. Nicht zuletzt wurden mehrere Studien zur Arthrose vorgestellt, so eine Studie zu dem oralen, selektiven p38-Inhibitor ARRY-797 und die SEKOIA-Studie zu Strontiumranelat. Bei postmenopausaler Osteoporose wurden schließlich neue Daten zu dem Cathepsin KInhibitor Odanacatib präsentiert. m Quelle: Annual Scientific Meeting des American College of Rheumatology (ACR), Washington (USA), 9.-14. November 2012
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ACR-Kongress 2012 – Washington
20 Rheumatoide Arthritis
Neue Therapieoptionen auf dem Vormarsch Im Rahmen der ACR Late-breaking Abstract Sessions wurden erneut neue Therapieformen bei Rheumatoider Arthritis (RA) vorgestellt. Aufgrund der aktuellen US-Zulassung des JAK-Inhibitors Tofacitinib von besonderem Interesse war die Präsentation einer gepoolten Analyse zu dessen kurz- und langzeitiger Effektivität bei TNF-Versagern. Vielversprechende erste Daten wurden zu dem neuen GM-CSF-Antikörper MOR103 berichtet. Überzeugende Ergebnisse lieferte zudem die BREVACTA-Studie zu einer neuen s.c.-Applikation des IL-6-Rezeptorblockers Tocilizumab bei Patienten mit unzureichendem DMARD-Ansprechen.
Gepoolte Phase-II- und III- sowie LangzeitextensionsDaten zur kurz- und langfristigen Effektivität des oralen JAK-Inhibitors Tofacitinib bei RA-Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf einen oder mehrere TNF-Blocker (TNF-IR) stellte eine internationale Studiengruppe um Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, vor (ACR 2012; Abstr. L12).
Überzeugende Kurz- und Langzeitdaten zu Tofacitinib Die demografischen und Krankheitscharakteristika der in die gepoolte Analyse einbezogenen TNF-IRPatienten waren vergleichbar. Erfasst wurden das ACR20-Ansprechen und die Veränderung im HAQDI nach drei Monaten bei Patienten, die Tofacitinib 5 oder 10 mg 2x täglich oder Placebo in insgesamt neun randomisierten Phase-II- und III-Studien für ≥3 Monate als Mono- oder zusätzlich zu einer konventionellen DMARD-Therapie erhalten hatten – aufgeschlüsselt nach der Anzahl zuvor erhaltener TNF-Blocker. Hinsichtlich der Langzeiteffektivität wurden zur Bestimmung der Krankheitsaktivität die ACR20/50/70-
100 90
Alle Tofacitinib-Gruppen (5 und 10 mg 2x tgl.) ACR20 ACR50 ACR70
ACR-Ansprechraten (%)
80 70 60 50 40 30 20 10 0
0 1 2 3 6 9 12 15 18 21 24 Zeit (Monate)
Abb.: ACR-Ansprechraten über eine Beobachtungszeit von 24 Monaten bei TNF-IR-Patienten in der gepoolten Langzeitextension
Ansprechraten, die DAS28-4(ESR)-Veränderung, ein DAS28-4(ESR]) ≤3,2 und <2,6) sowie zur physischen Funktion die Verbesserung des HAQ-DI über 24 Monate anhand gepoolter Daten aus zwei Langzeitextensionsstudien analysiert. In der ersten Analyse von 614 TNF-IR-Patienten zeigte sich nach drei Monaten für beide Tofacitinib-Dosierungen gegenüber Placebo eine signifikant größere Effektivität sowohl beim ACR20-Ansprechen (43,7 vs. 50,0 vs. 24,0 %; je p<0,0001) als auch der Veränderung des HAQ-DI (-0,30 vs. -0,42 vs. -0,09; je p<0,0008). Dieser signifikante Vorteil zeigte sich konsistent sowohl bei Patienten mit Versagen auf einen oder zwei TNF-Inhibitoren, lediglich bei unzureichendem Ansprechen auf ≥3 TNF-Blocker wurde nur noch ein positiver Trend zugunsten des neuen oralen DMARDs dokumentiert. Die zweite Analyse aus den beiden Langzeitextensionsstudien mit 510 Patienten ergab zudem eine andauernde hohe Wirksamkeit von Tofacitinib (beide Dosierungen zusammengefasst) über 24 Monate beim ACR20/50/70 mit 74,6, 49,3 und 32,8 % (s. Abb), einer DAS28-Reduktion von -2,67, geringen Krankheitsaktivität oder Remission gemäß DAS28 bei 32,8 bzw. 17,9 % der Patienten und einer Verbesserung des HAQ-DI um -0,67.
Anti-GM-CSF-Antikörper bewährt sich in erster Studie Von einer internationalen Studiengruppe um Harald Burkhardt, Frankfurt/M., vorgestellt wurden die Ergebnisse einer ersten randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Phase-Ib/IIa-Studie zu dem humanen monoklonalen Anti-GM-CSF-Antikörper MOR 103 bei Patienten mit leichter bis mittelschwer aktiver RA (ACR 2012; Abstr. L11). In dieser Studie (vier Wochen aktive Behandlung, subsequentes Follow-up bis Woche 16) wurde erstmals bei Patienten mit aktiver RA die klinische Akti-
ACR-Kongress 2012 – Washington
21 vität und Sicherheit von drei MOR103-Dosierungen untersucht. 96 erwachsene RA-Patienten mit einer Krankheitsdauer ≥6 Monate, moderater Krankheitsaktivität (≥ 3 geschwollene und druckschmerzhafte Gelenke), erhöhtem CRP, einem DAS28-ESR ≤5,1 und stabiler RA-Hintergrundtherapie wurden auf i.v. MOR103 (0,3 mg/kg, 1 mg/kg, oder 1,5 mg/kg alle 4 Wochen; n=69) oder Placebo (n=27) randomisiert. Die klinische Aktivität wurde an Tag 29 und 57 anhand des ACR20-Ansprechens, der DAS28-Veränderung und des EULAR-Ansprechens beurteilt, zudem wurde der RAMRIS-Score anhand sequenzieller MRT-Aufnahmen der primär betroffenen Hand bestimmt. Insgesamt 85 Patienten schlossen nach 16 Wochen die komplette Studie ab (Placebo n=22; MOR103 n=63). Unerwünschte Ereignisse waren zumeist nur leicht bis mäßig schwer mit ähnlicher Frequenz in den verschiedenen Gruppen. Am häufigsten waren in den MOR103-Gruppen – mit einer Ausnahme erst nach der aktiven Therapie – Nasopharyngitis und eine Verschlechterung der RA. Interessanterweise wurden mehr unerwünschte therapieassoziierte Nebenwirkungen in der Placebo- (25,9 %) als in den Verumgruppen (14,5 %) dokumentiert. Schwere unerwünschte Wirkungen mit erforderlicher Hospitalisierung traten bei je einem Patienten der Placebo- und der MOR103 (0,3 mg/kg)-Gruppe auf. Den Endpunkt ACR20 zu Woche 4 erreichten unter MOR103 1 mg/kg 68,2 vs. 7,4 % unter Placebo (p=0,0001), geringer war der Vorteil mit 30,4 % in der 1,5 mg/kg-Gruppe. Eine signifikante Reduktion des DAS28 zu Woche 4 von 1,12 und 0,61 zeigte sich in der 1,0 mg/kg- und 1,5 mg/kgGruppe, ein leichter Anstieg von 0,17 unter Placebo. Das EULAR-Ansprechkriterium erfüllten 68,2 % (1,0 mg/kg) und 69,5 % (1,5 mg/kg) vs. 7,4 % unter Placebo. Die Verbesserung der klinischen Aktivität durch MOR103 spiegelte sich auch in einer Reduktion des RAMRIS-Scores für Synovitis von bis zu -1,5 binnen vier Wochen wider. Zusammenfassend demonstrierte der GM-CSF-Antikörper MOR103 im Vergleich zu Placebo vor allem in einer Dosierung von i.v. 1,0 mg/kg eine rasche und signifikante klinische Aktivität mit einer zumindest kurzfristig mit Placebo vergleichbaren Sicherheit und Verträglichkeit. Diese vielversprechenden Daten bestätigen das Therapiekonzept der GM-CSF-Blockade bei RA und lassen eine weitere klinische Entwicklung von MOR103 als sinnvoll erscheinen.
Tocilizumab auch als s.c.Formulierung gut wirksam Nachdem unlängst eine alternative s.c.-Formulierung von Abatacept für die RA-Therapie zugelassen wur-
de, wird eine solche bessere Auswahl des Applikationsweges auch für andere Substanzen wie den TNFBlocker Golimumab – entsprechende positive Daten wurden hier in Washington für eine neue i.v.-Formulierung vorgelegt – und den IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab, hier wiederum in Form einer s.c.-Gabe, angestrebt. Dass dies aussichtreich erscheint, verdeutlichen die von einer internationalen Arbeitsgruppe um Alan J. Kivitz, Duncansville (USA), vorgestellten Ergebnisse der BREVACTA-Studie zur Sicherheit und Effektivität von Tocilizumab s.c. bei Patienten mit mäßiger bis schwerer RA und unzureichendem Ansprechen auf ein oder mehrere konventionelle DMARDs (ACR 2012; Abstr. L8). Die zweijährige randomisierte Parallelgruppenstudie der Phase-III umfasst einen 24-wöchigen doppelblinden, placebokontrollierten Teil, deren Daten hier präsentiert wurden, gefolgt von einer Open-label-Therapie für weitere 72 Wochen. 656 Patienten (mittleres Alter 52 Jahre, Krankheitsdauer 11 Jahre, DAS28 6,7) wurden für 24 Wochen im Verhältnis 2:1 randomisiert auf Tocilizumab (TCZ) s.c. 162 mg alle zwei Wochen (n=437) oder Placebo (n=219), jeweils in Kombination mit einem oder mehreren DMARDs in stabiler Dosis. Primärer Endpunkt war das Zeigen der Überlegenheit von TCZ s.c. versus Placebo beim ACR20-Ansprechen nach 24 Wochen. Mit 60,9 vs. 31,5 % (p<0,0001) erreichten signifikant mehr Patienten einen ACR20 unter TCZ s.c. im Vergleich zu Placebo, entsprechende signifikante Unterschiede zeigten sich auch für das ACR50- (39,8 vs. 12,3 %) und ACR70-Ansprechen (19,7 vs. 5,0 %; je p<0,0001), sowie für die DAS28- (-3,25 vs. -1,79) und HAQ-DI-Veränderung (-0,50 vs. -0,32). Ein signifikanter Vorteil zugunsten von Tocilizumab s.c. bestand bei der radiologischen Progression gemäß mTSS mit 0,62 vs. 1,23 (p=0,0149). Bis Woche 24 war der Anteil von Patienten mit allen oder schweren unerwünschten Wirkungen (am häufigsten jeweils Infektionen) in beiden Gruppen vergleichbar. Reaktionen an der Einstichstelle traten häufiger unter TCZ s.c. auf (7,1 vs. 4,1 %), die Anzahl von Hypersensitivitätsreaktionen (in keinem Fall schwerwiegend) war jedoch vergleichbar (4,3 vs. 3,7 %). Es kam es zu drei Todesfällen in der Tocilizumab-Gruppe und keinem unter Placebo. Somit zeigte Tocilizumab s.c. eine signifikante Wirksamkeit bezüglich Krankheitsaktivität, physischer Funktion und radiologischer Progression bei vergleichbarem Sicherheitsprofil mit der gewohnten i.v.-Formulierung. Nach derzeitigem Kenntnisstand dürfte Tocilizumab s.c. nach einer entsprechenden Zulassung eine effektive und patientenfreundliche Behandlungsalternative zur bisherigen i.v.-Applikation darstellen. m
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22 Rheumatoide Arthritis
Therapiestrategien nach Erreichen einer Remission Nach dem Erreichen einer DAS28-Remission stellt sich bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) stets die Frage, ob und wie sich die Medikation subsequent reduzieren lässt, ohne dass hierunter das Risiko für eine wieder erhöhte Krankheitsaktivität oder gar zunehmende radiologische Progression ansteigt. Mit einem möglichen Ausschleichen von TNF-Blockern beschäftigten sich zwei auf der ACRJahrestagung 2012 in Washington präsentierte Late-breaking Abstracts.
Die Ergebnisse einer Studie zu einer am DAS28 orientierten Step-down-Strategie mit Reduktion des TNF-Blockers stellten französische Rheumatologen um Bruno Fautrel, Paris, vor (ACR 2012; Abstr. L7). Dabei handelte es sich um eine 18-monatige randomisierte, kontrollierte PROBE (prospective open blinded endpoint)-Studie mit 137 Patienten mit etablierter RA gemäß den ACR-Kriterien von 1987, die unter Etanercept (ETA) oder Adalimumab (ADA) als Mono- oder Kombinationstherapie zusätzlich zu Prednison ≤5 mg/ Tag in einer stabilen DAS28-Remission (≥6 Monate) waren und zuletzt keine strukturelle radiologische Progression aufwiesen. Verglichen wurden für 18 Monate mit Evaluation alle drei Monate die Effekte einer DAS28-getriebenen Step-down-Strategie mit zunehmenden Abständen zwischen den TNF-Blocker-Injektionen (Arm 1, n=64) mit einer Fortführung der bestehenden Therapie in voller Dosierung (Arm 2, n=73).
Verlängerung des TNF-Blocker-Intervalls vielfach möglich In der Step-down-Gruppe (Arm 1) wurde das Zeitintervall zwischen zwei s.c.-Injektionen alle drei Mo5
p=0,2270
DAS28-Score
4 Arm 2 (TNF-Blocker in voller Dosis)
3
2
Arm 1 (Verlängerung des TNF-Blocker-Intervalls)
1
0
0 3 6 9 12 15 18 Zeit (Monate)
Abb.: Verlauf der Krankheitsaktivität (DAS28) mit gleichbleibender Anti-TNF-Therapie vs. Verlängerung des TNF-Blocker-Intervalls
nate um jeweils 50 % gesteigert bis zu einem kompletten Absetzen der Anti-TNF-Therapie. Wurde die DAS28-Remission nicht aufrechterhalten, wurde die Dosisreduktion ausgesetzt oder zurückgenommen bis zum letzten Dosisintervall mit adäquatem DAS28. Als primärer Endpunkt war die Krankheitsaktivität bei wiederholten DAS28-Messungen definiert, und zwar unter der Hypothese einer Nicht-Unterlegenheit der Step-down-Strategie in Arm 1. Sekundäre Endpunkte waren der Verlauf des DAS28 und HAQ über 18 Monate sowie ein als Rezidiv eingestufter DAS28-Anstieg >0,6 und/oder DAS28 >2,6. Die Charakteristika beider Therapiearme (78 % Frauen) waren vergleichbar. Im Mittel waren die Patienten 55 Jahre alt, mit einer Krankheitsdauer von 9,5 Jahren, RF- bzw. ACPA-positiv waren 68 bzw. 78 %, erosive Gelenke hatten 88 %, der mittlere DAS28 betrug 1,8, der HAQ 0,4 und im Schnitt hatten die Teilnehmer (ETN 54 %, ADA 46 %) zuvor 2,7 DMARDs. Nach 18 Monaten konnte bei 15 % der Patienten in Arm 1 der TNF-Blocker komplett abgesetzt, bei weiteren 67 % zumindest das Dosisintervall erhöht werden – bei ansonsten unveränderter Therapie. Bei 18 % der Patienten in Arm 1 war eine Dosisreduktion des TNF-Blockers nicht möglich, weshalb diese das initiale Intervall beibehielten. Die Krankheitsaktivität gemäß DAS28 (s. Abb.) und der funktionelle Status im HAQ unterschieden sich nicht signifikant zwischen den beiden Therapiearmen. Jedoch konnte keine Gleichwertigkeit der beiden Therapiestrategien gezeigt werden (p=0,6) und infolge der Step-down-Strategie kam es in Arm 1 signifikant häufiger zu einem DAS28-Rezidiv als in Arm 2 (81 vs. 56 %, p=0,0009). Alles in Allem war eine Verlängerung des Dosisintervalls des TNF-Blockers bei 82 % der Patienten möglich. Obgleich diese Strategie der Beibehaltung des ursprünglichen Regimes nicht gleichwertig war, kam es laut den Autoren jedoch nicht zu einem signifikanten Anstieg der Krankheitsaktivität oder der funktionellen Einschränkung – die Daten zur radiologischen Progression werden derzeit noch ausgewertet.
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Dosisreduktion realistisches Ziel, komplettes Absetzen ungünstig Mit der Möglichkeit bei RA-Patienten, die unter der Kombination Etanercept (ETN) plus Methotrexat (MTX) stabil eine niedrige Krankheitsaktivität (LDA) und/oder Remission (DAS28 ≤3,2) aufweisen, die EtanerceptDosis von 50 auf 25 mg/Woche zu reduzieren oder den TNF-Rezeptor ganz abzusetzen, befasste sich eine internationale Studiengruppe um Roland F. van Vollenhoven, Stockholm (Schweden), in der randomisierten, dreiarmigen doppelblinden DOSERA-Studie (ACR 2012; Abstr. L10). Eingeschlossen wurden RA-Patienten auf ETN 50 mg/ Woche plus MTX (stabile Dosis 7,5-25 mg/Woche) und dokumentierter LDA/Remission gemäß DAS28ESR über ≥11 Monate. Nach einer zweimonatigen Beobachtungszeit (ohne relevante Therapieänderungen) zur Sicherstellung einer weiter stabilen LDA/ Remission wurden die Patienten unter Beibehaltung von MTX entsprechend ihres DAS28-Status im Verhältnis 1:1:1 auf ETN 50 mg/Woche (ETN50), ETN 25 mg/Woche (ETN25) oder Placebo (PBO) randomisiert. Als Therapieversagen definiert waren ein DAS28 ≥3,2 und ein DAS28-Anstieg ≥0,6 sowie eine Krankheitsprogression (laut Urteil von Arzt und/oder Patient). Primärer Outcomeparameter war der Anteil von Patienten ohne Therapieversagen unter ETN50 vs. PBO nach 48 Wochen. Sekundäre Endpunkte umfassten einen Vergleich des Nicht-Therapieversagens
und des DAS28 für alle drei Gruppen sowie die Zeit bis zum Therapieversagen. Insgesamt wurden 73 Patienten auf die drei Gruppen randomisiert, die hinsichtlich ihrer Ausgangswerte gut vergleichbar waren. 70 % waren Frauen, das durchschnittliche Alter betrug 57 Jahre, die Krankheitsdauer 13,6 Jahre und 81 % hatten zu Baseline einen DAS28 ≤2,6. Nach 48 Wochen zeigte sich gegenüber Placebo ein signifikant größerer Anteil von Patienten ohne Therapieversagen in der ETN50-Gruppe mit 52 vs. 13 % (Odds ratio, OR 7,2; p=0,007 vs. PBO). Für die ETN25-Gruppe betrug dieser Anteil immerhin 44 % (OR 4,2; p=0,044 vs. PBO; p=n.s. vs. ETN50). Die mediane Zeit bis zum Therapieversagen waren sechs Wochen ab Randomisierung in der Placebo- und 48 bzw. 36 Wochen in den ETN50- und ETN25-Gruppen. Für RA-Patienten mit stabiler LDA/Remission unter Etanercept 50 mg/Woche plus MTX führte die fortgesetzte Behandlung mit ETN 50 mg/Woche oder in einer reduzierten Dosis von 25 mg/Woche somit zu einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit der Erhaltung einer stabil niedrigen Krankheitsaktivität über 48 Wochen versus Placebo. Das gänzliche Absetzen der Anti-TNFTherapie unter Beibehaltung einer stabilen LDA/Remission scheint nur bei einer Minderheit der Patienten erreichbar zu sein. Die in dieser Studie mit der halben Etanercept-Dosis erzielten positiven Daten deuten jedoch darauf hin, dass das Konzept einer „InduktionsErhaltungs-Strategie“ auch bei Patienten mit langjähriger RA in vielen Fällen umsetzbar ist. m
Frühe Rheumatoide Arthritis
Bessere Patientenversorgung mittels SMS-Monitoring Dass sich die Compliance und das Outcome von RA-Patienten mit Hilfe eines regelmäßigen, automatisiertem SMS-Monitoring verbessern lässt, wiesen finnische Rheumatologen um Kari Puolakka, Lappeenranta, nach (ACR 2012; Abstr. 375). Bei jedem Patienten mit früher RA wurde das Patient Global Assessment (PGA) zu Baseline erfasst. In den folgenden sechs Monaten versendete das SandRASystem alle zwei Wochen automatisch eine SMS an das Handy der Teilnehmer, die die beiden Anfragen („Haben Sie die Ihnen verordneten Medikamente eingenommen?” und „Hatten Sie Probleme mit Ihrer Medikation?”) mit einer Eingabe beantworten (Ja/Nein, J/N) konnten. Ab Woche 6 wurde zudem
der PGA abgefragt („Wie schwer ist die RA auf einer Skala von 0 bis 10?”). Die Angaben wurden von SandRA automatisch analysiert und (wenn keine Probleme vorlagen) dem Patienten per SMS bestätigt. Wenn die Antworten in Bezug auf die Einnahme, Wirksamkeit oder Verträglichkeit ein Problem anzeigten, wurde dem Patienten per SMS der Anruf einer parallel via E-Mail informierten Studynurse avisiert. Wenn erforderlich, wurde der Patient zur Therapieanpassung einbestellt. Insgesamt wurden 137 konsekutive Patienten erfasst, mit regulären Arztterminen nach drei und sechs Monaten. Die ersten Erfahrungen sind vielversprechend: Die meisten Patienten erreichten das per PGA definierte Behandlungsziel. SandRA selektierte zudem 34, 31, 29 und 31 % der Patienten in den Wochen 6, 10, 18 und 22 für eine erforderliche Therapieanpassung vor dem regulären Termin beim Rheumatologen. m
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24 Rheumatoide Arthritis
Frühe Treat-to-target-Therapie zahlt sich aus Dass es für eine sowohl kurz- als auch langfristig erfolgreiche Versorgung von Patienten mit undifferenzierter (UA) oder sehr früher Rheumatoider Arthritis (RA) unerlässlich ist, früh von einem rheumatologischen Facharzt behandelt zu werden, der sehr rasch eine konsequente, und wenn nötig aggressive, am Erreichen einer DAS28-Remission ausgerichtete Therapie einleiten kann, verdeutlichen in Washington vorgestellte Daten der ESPOIR- und IMPROVED-Studie.
Den Beleg dafür, dass die frühzeitige Therapieeinleitung durch einen Rheumatologen auch langzeitig Früchte trägt, liefern aktuelle 5-Jahres-Outcomedaten der prospektiven ESPOIR-Kohortenstudie, die von französischen Rheumatologen um Bernard G. Combe, Montpellier, präsentiert wurden (ACR 2012; Abstr. 830). Hierin eingeschlossen wurden 813 DMARDund Steroid-naïve Patienten mit sehr früher Arthritis (<6 Monate) und hohem Risiko für die Entwicklung einer RA, bei denen in den ersten zwei Jahren eine engmaschige Kontrolle erfolgte.
Ergebnisse aus ESPOIR und IMPROVED Die Patienten waren im Schnitt 48,1 Jahre alt, die Dauer bis zur Überweisung betrug im Mittel 103 Tage. Zu Beginn wurde ein DAS28-Score von 5,1, ein HAQDI von 1,0 und eine RF- bzw. ACPA-Positivität bei 44,2 bzw. 38,8 % der Teilnehmer ermittelt, 22 % wiesen bereits erste Erosionen auf. 78,5 % der Patienten erfüllten die 2010er ACR/EULAR-Kriterien für RA zu Baseline und 93,8 % im Follow-up. Für 573 Teilnehmer konnten die 5-Jahres-Daten ausgewertet werden. Insgesamt wurde bei den meisten Patienten ein langfristig milder Krankheitsverlauf mit einem mittleren DAS28 von 2,5 und HAQ-DI von 0,3 erreicht. Die radiologische Progression war sehr gering und nur wenige Patienten bedurften einer Gelenkchirurgie. Im Verlauf des 5-Jahres-Follow-up erhielten 82,7 % der Patienten mindestens ein DMARD, fast stets MTX (n=536; 65,9 %), meist als Monotherapie. 18,3 % der Patienten erhielten einen TNF-Blocker (Adalimumab, Etanercept oder Infliximab) und fast 60 % zumindest vorübergehend Prednison in einer mittleren Dosis von 8,8 mg/Tag. Das vorteilhafte Langzeit-Outcome dieser Kohorte mit sehr früher RA verdeutlicht die enorme Bedeutung einer frühen Zuweisung, frühen effektiven Therapie und engmaschigen Überwachung im Management von Früharthritis-Patienten in der klinischen Praxis.
Weitere Erkenntnisse zum klinischen und radiologischen Outcome einer frühen, an einer DAS28-Remission ≤1,6 orientierten Kombinationstherapie lieferten die von niederländischen Rheumatologen um Cornelia F. Allaart, Leiden, vorgestellten 1-Jahres-Daten der IMPROVED-Studie zu 610 Patienten mit UA oder früher RA (ACR 2012; Abstr. 1594). Zu Beginn erhielten alle Patienten MTX (25mg/Woche) und Prednison (initial 60 mg/Tag, reduziert auf 7,5 mg/Tag binnen sieben Wochen). Bei Patienten mit einer frühen Remission nach vier Monaten wurde das Prednison ganz ausgeschlichen und bei einem DAS28 ≤1,6 auch nach acht Monaten zusätzlich das MTX reduziert. Bei keiner Remission in Monat 4 wurden die Patienten randomisiert in Arm 1) auf eine Kombination aus MTX (25 mg/Woche), Hydroxychloroquin (400 mg/Tag), Sulfasalazin (2 g/Tag) und Prednison (7,5 mg/Tag) sowie in Arm 2) auf Adalimumab (40 mg/alle 2 Wochen) und MTX 25mg/Woche. Waren die Patienten auch nach acht Monaten noch nicht in Remission, wechselten die Teilnehmer aus Arm 1) in Arm 2) und bei jenen in Arm 2) wurde Adalimumab auf 40 mg/Woche eskaliert. Nach 12 Monaten erreichten 53 % der Patienten mit früher Arthritis unter der DAS28-gesteuerten Therapie eine DAS28-Remission ≤1,6. Jene Patienten, die unter der initialen Behandlung mit MTX und Prednison nach vier Monaten in eine frühe Remission gelangten (61 %), erhielten am häufigsten auch nach einem Jahr das Remissionsziel (69 %) und 32 % waren sogar in einer medikamentenfreien Remission. Jene 36 % der Patienten ohne frühe Remission profitierten in puncto DAS28 ≤1,6 nach 12 Monaten stärker von der Adalimumab plus MTX-Therapie als von der Mehrfach-DMARD-Kombination (41 vs. 25 %, p=0,01). Die insgesamt sehr positiven Ergebnisse in dieser Treat-to-remission-Kohorte werden zusätzlich dadurch untermauert, dass die radiologische Progression nach einem Jahr vernachlässigbar gering war. m
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25 Rheumatoide Arthritis
Geringere Mortalität unter Biologika Die Verordnung von Biologika kann im Vergleich zu einer ausschließlichen DMARD-Therapie das bei Rheumatoider Arthritis (RA) erhöhte Risiko für Mortalität senken. Dies schließen kanadische Rheumatologen um Diane Lacaille, Vancouver, aus den Daten einer populationsbasierten RA-Kohorte unter Nutzung von Abrechnungsdaten des Gesundheitsministeriums (ACR 2012; Abstr. 1642).
Erfasst wurden alle RA-Fälle zwischen 1996 und 2006 (mit einem Follow-up bis 2010), die ein Biologikum (TNF-Inhibitor, Rituximab, Anakinra oder Abatacept) erhalten hatten. Diese Biologika-Patienten wurden mit einer gleich großen, auf z. B. Alter, Geschlecht, Jahr des Einschlusses und ähnlichem Propensity-Score gematchten RA-Kontrollgruppe mit DMARD-Therapie verglichen, die jedoch mindestens drei DMARDs erhalten haben mussten und bei denen kürzlich (binnen sechs Monaten) auch ein Wechsel des DMARDs erforderlich war. In einen initial kalkulierten Propensity-Score gingen Marker für den Schweregrad der RA und das Sterblichkeitsrisiko erhöhende Komorbiditäten ein. Zur zeitabhängigen Abschätzung des Mortalitätsrisiko wurde ein Cox-proportionales Hazard Modell verwendet. Insgesamt umfasste die Kohorte 4.312 Teilnehmer mit einem mittleren Alter von 56,3 Jahren (74,7 % Frauen), davon 2.156 Biologika-Anwender und 2.156 passende Kontrollen. Im Verlauf wurden 573 Todesfälle verzeichnet, 326 in der Kontroll- und 247 in der
Biologika-Gruppe. Adjustiert auf Kofaktoren war die Therapie mit Biologika mit einem signifikant verminderten Mortalitätsrisiko assoziiert (adj. Hazard ratio, HR 0,25; p<0,0001). Ein ähnliches Bild zeichnete eine Sensitivitätsanalyse mit weniger strengen Anforderungen an die Definition der DMARD-Therapie (adj. HR 0,26; p<0,0001). Bestätigt wurde dies auch in einer weiteren Sensitivitätsanalyse, für die in der Kontrollgruppe als Anforderung die Gabe nur eines DMARDs ausreichend war (adj. HR 0,31; p<0,0001). In dieser populationsbasierten Kohorte war bei RAPatienten somit der Einsatz von Biologika im Vergleich zu einer alleinigen DMARD-Therapie mit einer signifikanten Reduktion der Mortalität assoziiert. Allerdings ist mit einem Blick auf das Ausmaß der Risikoreduktion doch erhebliche Vorsicht geboten, da die Limitation einer solchen Beobachtungsstudie trotz noch so ausgeklügelter Analyseverfahren in Hinsicht auf verbleibende Einflussfaktoren und einen Selektionsbias bestehen bleibt. m
TNF-Inhibitoren: Reduktion operativer Eingriffe Dass die Verordnung von TNF-Inhibitoren offenbar mit einer Reduktion sowohl von Krankenhausaufenthalten als auch rheuma-orthopädischen Interventionen aufgrund fortschreitender Gelenkzerstörung assoziiert ist, belegt eine aktuelle 16-Jahres-Analyse irischer Experten um Leonard C. Harty, Dublin (ACR 2012; Abstr. 2540).
Anhand des nationalen irischen „Hospital In-Patient Enquiry System“ (HIPE) wurde die Anzahl der Krankenhaustage und chirurgischen Eingriffen bei RA-Patienten (im Mittel 66 Jahre, zwei Drittel Frauen) im Zeitraum von 1995 bis 2010 evaluiert und auf eine Assoziation mit dem Einsatz von TNF-Blockern untersucht. Im Ergebnis stiegen die Verordnungszahlen von TNFBlockern von 2000 bis 2010 um jährlich 156 %. Dieser Anstieg der Anti-TNF-Verschreibungen ging ab 2002 mit einer signifikanten Reduktion der Krankenhausaufenthalte aus allen Gründen um 13 % pro Jahr (r= -0,78; p=0,0055) einher. Ebenso wurde ab dem Jahr 2002 eine deutliche Reduktion von rheuma-orthopä-
dischen Operationen um pro Jahr 10 % verzeichnet (insgesamt -47 %), die signifikant mit den Verordnungen von TNF-Blockern korrelierte (r= -0,96; p<0,0001). So reduzierten sich sich die Eingriffe an der Hüfte (meist Gelenkersatz) seit 2002 um insgesamt 44 % und jene am Knie (auch zumeist Gelenkersatz) seit 2004 um 53 %. Wenngleich auch andere Faktoren zu diesen Zahlen beigetragen haben dürften, scheinen TNF-Blocker doch die Anzahl von Krankenhaustagen und elektiven rheuma-orthopädischen Interventionen zu senken, mit dem Ergebnis einer erheblichen Kosteneinsparung im Krankenhaussektor. m
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26 Rheumatoide Arthritis
Neue Erkenntnisse zu Risikofaktoren Mit bekannten Risikofaktoren für die Entwicklung einer Rheumatoiden Arthritis (RA) sowie des damit assoziierten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse und die Mortalität beschäftigen sich gleich mehrere auf dem ACR-Kongress in Washington vorgestellte Beiträge.
Nachdem Fall-Kontroll-Studien bereits Hinweise lieferten, dass Übergewicht und Adipositas das Risiko für die Entwicklung einer RA erhöhen können, untersuchten US-amerikanische Experten um Bing Lu, Boston, diesen Zusammenhang in zwei großen prospektiven Kohorten, der Nurses' Health Study (NHS) mit 121.700 Teilnehmerinnen im Alter von 30-55 Jahren und der Nurses' Health Study II (NHSII) mit 116.608 25-44-jährigen Krankenschwestern (ACR 2012; Abstr. 1608). RA-Patienten wurden gemäß den ACR-Kriterien 1987 erfasst, als Übergewicht war ein BMI >25, als Adipositas ein BMI ≥30 definiert.
Adipositas, Atherosklerose und Depression im Fokus Insgesamt 1.292 Teilnehmerinnen entwickelten im Verlauf eine RA, wobei übergewichtige und adipöse Frauen ein erhöhtes Risiko hatten. Verglichen mit normalgewichtigen Frauen (BMI <25) ergab eine multivariate Analyse in der NHS Hazard ratios (adj. HR) für Übergewicht und Adipositas von 1,19 und 1,18 (p=0,029), in NHSII ergaben sich sogar HRs von 1,78 und 1,73 (p<0,001). Eine Subanalyse der NHS demonstrierte zusätzlich, dass der Effekt von Übergewicht und Adipositas auf das RA-Risiko stärker bei seronegativer als bei seropositiver RA war (HRs 1,30 und 1,34 vs. 1,12 und 1,08). Bereits vor dem Auftreten erster RA-Symptome ist von einem erhöhten Infarktrisiko auszugehen. Dass 6
RF- und ACPA-Antikörper bei bestimmten Subgruppen unabhängige Risikofaktoren für eine mittels koronarem Calcium-Score (CAC) bestimmte subklinische Atherosklerose und subsequente kardiovaskuläre Ereignisse darstellen können, belegte jetzt eine Analyse der prospektiven und multiethnischen Kohortenstudie MESA durch US-amerikanische Rheumatologen um Darcy S. Majka, Chicago (ACR 2012; Abstr. 1664). Von den 6.557 Teilnehmern mittleren bis höheren Alters wiesen 12,2 % einen hohen CAC-Score auf und binnen sieben Jahren kam es bei 3,0 bzw. 4,8 % zum Auftreten eines harten koronaren bzw. kardiovaskulären Endpunkts. RF IgM-, RF IgA- und ACPA- positiv waren 15,9, 8,7 und 2,0 % der Teilnehmer. Die RAspezifische Seropositivität variierte bei den Ethnien und war am höchsten bei Afro-Amerikanern (RF p<0,001; ACPA p<0,003). Eine Assoziation der RF- und ACPAPositivität mit dem CAC-Score als Marker für eine subklinische oder klinische Atherosklerose zeigte sich nach Adjustierung auf traditionelle Risikofaktoren bei kaukasischer Herkunft und afroamerikanischen Frauen. Auch wurde eine starke Assoziation zwischen RF- und ACPA-Positivität und kardiovaskulären Ereignissen bei afroamerikanischen Frauen ermittelt. Bei RA-Patienten ist auch mit einem höheren Risiko für eine Depression zu rechnen. Dass das Sterblichkeitsrisiko bei depressiven RA-Patienten erhöht ist, wies eine US-amerikanische Studiengruppe um Patricia P. Katz, San Francisco, in einer longitudinalen RA-Kohorte von 530 Patienten (im Mittel 60 Jahre, Krankheitsdauer 19 Jahre, 84 % Frauen) nach (ACR 2012; Abstr. 871). Als Depression war ein Score ≥5 in der Geriatric Depression Scale (GDS) definiert. Insgesamt 12 % der Patienten verstarben während des Follow-up, wobei eine Depression das Mortalitätsrisiko deutlich erhöhte (HR 3,5), ebenso galt dies für eine Verschlechterung des GDS-Scores um ≥2 Punkte (HR 2,5). Auch nach multivariater Adjustierung auf Kofaktoren blieben die Depression und eine Verschlechterung der depressiven Symptomatik signifikante Prädiktoren für die Mortalität. Besonders gefährdet sind hierbei, so betonen die Autoren, depressive Männer, die im Vergleich zu Frauen ohne Depression ein bis zu 5-fach erhöhtes Sterblichkeitsrisiko aufwiesen. m
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27 Rheumatoide Arthritis und Gicht
Gleichzeitiges Auftreten ist selten, aber möglich Vielfach hält sich noch der Irrglaube, dass bei einer bereits bestehenden Rheumatoiden Arthritis (RA) oder anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen keine Arthritis urica auftritt. Dass die Gicht als Komorbidität bei RA zwar relativ selten, aber doch durchaus vorliegen kann, wird gleich in zwei aktuell auf dem ACR-Kongress vorgestellten Studien dokumentiert.
Die Studienpopulation umfasste 813 RA-Patienten, davon waren 66 % RF-positiv, 33 % hatten Rheumaknoten und bei 53 % lagen Gelenkerosionen vor. Über ein Follow-up von 9.771 Personenjahren entwickelten 22 Patienten eine Gicht gemäß den klinischen Kriterien, entsprechend einer kumulativen 25-Jahres-Inzidenz von 5,3 %. Typische Harnsäurekristalle wurden bei 9 der 22 Patienten nachgewiesen, alle hatten diese erst nach dem Auftreten der RA entwickelt. Die kumulative 25-Jahres-Inzidenz für Gicht nach den klinischen Kriterien und vorliegenden Harnsäurekristallen belief sich auf 1,3 %. Am gewählten Stichtag 1. Januar 2008 betrug die Gicht-Prävalenz bei RA 1,9 % im Vergleich zu einer basierend auf einer Auswertung der NHANESStudie erwarteten alters- und geschlechtsbereinigten Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung von 5,2 %. Als Risikofaktoren für das Auftreten einer Gicht bei RA erwiesen sich ein höheres Alter (Hazard ratio, HR 1,5 pro Altersanstieg um 10 Jahre; p=0,04), männliches Geschlecht (HR 3,18; p=0,03) und Adipositas (HR 3,5; p=0,03). Bei Vorliegen erosiver RA-Gelenke reduzierte sich hingegen das Gichtrisiko (HR 0,24; p=0,03). Auffällig war, dass die Gicht häufiger bei den in den Jahren zwischen 1995 und 2007 mit RA diagnostizierten Patienten auftrat, als bei jenen im Zeitraum 1980 bis1994 (HR 5,6; p=0,007). Somit bleibt als Fazit, dass Gicht sehr wohl bei RA-Patienten auftreten kann, obgleich mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit als in der Allgemeinbevölkerung.
Einen umgekehrten Ansatz verfolgten die spanischen Rheumatologen Fernando Perez-Ruiz und Ana M. Herrero-Beites, Bilbao, die anhand der Daten einer 20-Jahres-Kohortenstudie prospektiv bei 904 GichtPatienten über 3.315 Patientenjahre hinweg das begleitende Auftreten anderer chronischer Arthritiden untersuchten (ACR 2012; Abstr. 145). Im Ergebnis zeigte sich, dass in dieser Gicht-Kohorte die kumulative Prävalenz für eine Chondrocalcinose/ Pseudogicht 5,09 %, RA 0,55 %, Psoriasis-Arthritis (PsA) 0,44 % und Spondylarthritis (SpA) 0,33 % betrug, was den in der Allgemeinbevölkerung zu erwartenden Zahlen recht nahe kommt. Jene Patienten mit begleitender Pseudogicht und RA hatten ein höheres Alter und häufiger chronische Nierenerkrankungen als solche mit zusätzlicher PsA und SpA, während die Risikofaktoren Übergewicht und Diuretika in allen Gruppen ähnlich präsent waren. m
Bei RA oder anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollte stets auch an die Gicht als mögliche Komorbidität gedacht werden – ebenso gilt der Umkehrschluss. Eine weitere wichtige Erkenntnis vom ACR, auf die in verschiedenen Präsentationen abgezielt wurde: Obwohl Hyperurikämie und Gicht gut behandelbar sind, mangelt es in der klinischen Praxis eklatant am Erreichen der von den Leitlinien definierten Zielwerte und Therapieziele.
Kompakt
Interessante Daten zur Häufigkeit einer Koexistenz von Gicht und RA und entsprechenden Risikofaktoren lieferten US-amerikanische Rheumatologen um Adlene Jebakumar und Eric L. Matteson, Rochester, anhand einer retrospektiven populationsbasierten Kohorte von RA-Patienten (gemäß den ACR-Kriterien 1987) zwischen den Jahren 1980 und 2007 (ACR 2012; Abstr. 134). Gicht wurde definiert als ärztliche Diagnose, dem Nachweis typischer Mononatrium-Urat (MSU)-Kristalle in der Synovialflüssigkeit oder nach den ARA-Kriterien von 1977. Ausgeschlossen wurden z. B. Patienten mit Pseudogicht, Hyperurikämie ohne Gicht und septischer Arthritis.
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28 Juvenile Idiopathische Arthritis
Positive Phase-III-Daten zu Tocilizumab bei pJIA Eine internationale Studiengruppe um Hermine Brunner, Cincinatti (USA) und Fabrizio De Benedetti, Genua (Italien), untersucht in der noch andauernden Phase-III CHERISH-Studie die Effektivität und Sicherheit des bereits bei systemischer JIA etablierten IL-6-Rezeptorblockers Tocilizumab (TCZ) jetzt auch bei 2-17-jährigen Patienten mit seit sechs Monaten aktiven, polyartikulären JIA-Verlaufsformen wie pJIA sowie RF+ und RF- poly- und extended oligoartikulärer JIA, die zuvor nicht auf MTX angesprochen hatten (ACR 2012; Abstr. 1597).
In den ersten 16 Wochen erhielten 188 Patienten (79 % MTX, 46 % orale Kortikosteroide) open-label TCZ alle 4 Wochen (bei einem Körpergewicht ≥30 kg, 8 mg/kg [n=119]; bei einem KG <30 kg entweder 8 mg/kg [n=34] oder 10 mg/kg [n=35]). Jene Patienten mit einem JIA ACR30-Ansprechen zu Woche 16 (n=166) erhielten dann in einer 24-wöchigen randomisierten, doppelblinden Phase in einem 1:1-Design Placebo oder TCZ in der jeweils selben Dosierung. Primärer Endpunkt war ein JIA ACR30-Flare während der 24-wöchigen kontrollierten Studienphase. Vorgestellt wurden jetzt die 40-Wochen-Daten, wobei die Studie noch bis Woche 104 open-label mit TCZ in der zuvor verabreichten Dosierung fortgeführt wird. Beim primären Endpunkt zeigte sich Tocilizumab signifikant überlegen (25,6 vs. 48,1 %, p=0,0024) und auch die JIA ACR30/50/70-Ansprechraten nach 40 Wochen waren unter TCZ im Vergleich zu Placebo je-
weils signifikant höher mit 74,4 vs. 54,3 %, 73,2 vs. 51,9 % und 64,6 vs. 42,0 %. Zu Woche 16 waren hohe JIA ACR30/50/70/90-Ansprechraten von im Mittel 89,4/83,0/62,2/26,1 % erzielt worden, wobei das Ausmaß der Verbesserung in der TCZ 8 mg/kg <30 kg KG-Gruppe im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen (TCZ 10 mg/kg <30 kg KG und TCZ 8 mg/ kg ≥30 kg KG) geringer ausfiel. Das Sicherheitsprofil entsprach recht gut jenem der mit TCZ behandelten sJIA-Patienten. Insgesamt erwies sich die monatliche TocilizumabTherapie auch bei polyartikulärer JIA als sehr effektiv mit andauernden, klinisch bedeutsamen Verbesserungen bei Dosierungen von 8 mg/kg bei einem Körpergewicht ≥30 kg sowie 10 mg/kg bei einem Gewicht <30 kg und könnte somit bei akzeptablem Sicherheitsprofil künftig das therapeutische Armamentarium bei pJIA ergänzen. m
Refraktäre Myositis
Prädiktoren für Rituximab-Ansprechen US-amerikanische Rheumatologen um Chester V. Oddis, Pittsburgh, evaluierten in der „Rituximab in Myositis“ (RIM)-Studie bei der mit 200 Patienten mit refraktärer adulter und juveniler Dermatomyositis sowie adulter Polymyositis größten solchen Kohorte klinische und serologische Prädiktoren für ein Ansprechen auf eine Anti-B-Zell-Therapie mit Rituximab (ACR 2012; Abstr. 1598).
Alle Patienten hatten auf Kortikosteroide sowie mindestens ein anderes Immunsuppressivum unzureichend angesprochen und erhielten Rituximab (RTX) früh in Woche 0/1 oder spät in Woche 8/9. Primärer Endpunkt der 44-wöchigen Studie war die Zeit bis zum Erreichen einer ≥20 % Verbesserung bei drei von sechs Krankheitsparametern und zugleich keiner Verschlechterung um ≥25 % bei mehr als zwei anderen Parametern bei zwei konsekutiven Visiten. Im Ergebnis erwiesen sich Anti-Syn- und Mi-2-Autoantikörper als starke Prädiktoren für eine klinische Ver-
besserung bei Rituximab-behandelten Patienten mit refraktärer Myositis. Sowohl das Vorliegen einer juvenilen Dermatomyositis als auch ein geringerer Krankheitsschaden waren prädiktiv für eine rasche Verbesserung im frühen Krankheitsverlauf. Ob bei Patienten mit höherem Krankheitsschaden und adulter Myositis die positiven Effekte von RTX verzögert eintreten, ist noch unklar. Laut den Autoren könnte eine frühe, aggressivere Therapie bei bestimmten klinischen und serologischen Subgruppen somit zu einem besseren Ansprechen auf RTX und zur Reduktion größerer Krankheitsschädigungen beitragen. m
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29 Axiale Spondyloarthritis
Aktuelle Ergebnisse der RAPID-axSpA-Studie Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) umfasst gemäß den aktuellen ASAS-Kriterien sowohl die Ankylosierende Spondylitis (AS) als auch die nicht-röntgenologische axSpA (nr-axSpA). Eine internationale Studiengruppe um Robert Landewe, Amsterdam (Niederlande), evaluierte in der randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie RAPID-axSpA, die erstmals die gesamte axSpA-Population einschloss, die Effektivität des pegylierten Anti-TNF Certolizumab Pegol (CZP) in dieser Indikation. Erste 24-Wochen-Ergebnisse wurden nun in Washington vorgestellt (ACR 2012; Abstr. 777).
Die doppelblinde, placebokontrollierte RAPID-axSpAStudie umfasst eine randomisierte, kontrollierte Phase bis Woche 24, eine Dosis-verblindete Phase bis Woche 48 und eine fortlaufende Open-label-Extension bis Woche 158. Eingeschlossen wurden Patienten mit aktiver axSpA (beginnend im Erwachsenenalter) gemäß den ASAS-Kriterien mit einem BASDAI ≥4, Rückenschmerzen, erhöhtem CRP oder Sakroillitis im MRT und Versagen auf mindestens ein NSAR. Bis zu 40 % hatten auch auf einen TNF-Blocker unzureichend angesprochen. Die Studienteilnehmer spiegeln das gesamte axSpA-Spektrum von Patienten mit AS gemäß den modifizierten New York-Kriterien bis zu solchen mit nr-axSpA nach den ASAS MRT- oder klinischen Kriterien wider. Die 325 Patienten erhielten entweder Placebo oder nach initial 400 mg CZP in Woche 0, 2 und 4 200 mg CZP alle 2 Wochen (Q2W) oder 400 mg CZP alle 4 Wochen (Q4W). Als primärer Endpunkt wurde das ASAS20-Ansprechen in Woche 12 definiert. Im Ergebnis zeigten sich beim
ASAS20-Ansprechen zu Woche 12 signifikante Vorteile sowohl von CZP 200 mg Q2W als auch CZP 400 mg Q4W gegenüber Placebo (57,7 und 63,6 vs. 38,3 %), die mit 40,5 und 34,6 vs. 14,2 % (p<0,001) bereits nach nur einer Woche bestanden. Auch beim ASAS40Ansprechen und der partiellen ASAS-Remission schnitten beide CZP-Arme signifikant besser ab, ebenso zeigten sich zu Woche 12 und 24 signifikante Verbesserungen beim BASDAI, BASFI und BASMI. Die Vorteile für CZP wurden gleichermaßen bei AS- und nr-axSpAPatienten dokumentiert. Damit, so das Fazit der Autoren, reduzierte Certolizumab Pegol bei Patienten mit axialer SpA effektiv und rasch die Krankheitsaktivität und -symptomatik einschließlich der Wirbelsäulenbeweglichkeit, ohne dass neue Sicherheitssignale gesehen wurden. Beide Dosisregime waren vergleichbar wirksam sowohl bei Patienten mit AS als auch mit nr-axSpA. m
Kurze Krankheitsdauer: besseres TNF-Ansprechen Deutsche Rheumatologen um Joachim Sieper, Berlin, untersuchten bei 112 axSpA-Patienten aus zwei randomisierten, kontrollierten Studien den Einfluss der Krankheitsdauer auf des Ansprechen auf eine Anti-TNF-Therapie mit Etanercept oder Adalimumab (ACR 2012; Abstr. 2229).
Bei insgesamt 66 Patienten unter Etanercept und 46 unter Adalimumab wurde nach 12 Monaten Therapie der Verlauf von BASDAI, BASFI, ASDAS, CRP und aktiver Entzündung im MRT in Abhängigkeit von einer kurzen (<4 Jahre) oder längeren Krankheitsdauer (≥4 Jahre) beurteilt. Für klinische Parameter wie den BASDAI, BASFI und ASDAS wurden jeweils signifikant größere Verbesserungen bei einer kürzeren Krankheitsdauer dokumentiert. Keine signifikanten Unterschiede wurden für die MRT-Scores und das CRP ermittelt. Nur bei kurzer Symptomdauer zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen BASDAI und den Veränderungen im MRT sowie dem CRP. Ein weiteres Ergebnis: In der Subgruppe von CRP-negativen
Patienten wurden größere Unterschiede beim TNF-Ansprechen bei kurzer und langer Erkrankung verzeichnet. Somit sprechen axSpA-Patienten mit kurzer Symptomdauer deutlich besser auf eine Anti-TNF-Therapie an. Eine gute Korrelation der klinischen Parameter mit der Entzündung im MRT wurde nur bei Patienten mit kurzer, nicht aber solchen mit längerer Krankheitsdauer dokumentiert. Nur bei CRP-negativen Patienten mit kurzer Erkrankung zeigte sich ein gutes TNF-Ansprechen. Im Umkehrschluss zeigt sich, ohne dass signifikante strukturelle Schäden vorlagen und trotz einer suffizienten Unterdrückung der Inflammation, ein bei Patienten mit langer Krankheitsdauer geringeres Ansprechen auf TNF-Blocker. m
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30 Psoriasis-Arthritis
Zwei neue Medikamente überzeugen in Phase-III-Studien Besonders im Vordergrund standen im Rahmen der Late-breaking Abstract Sessions auf der ACRJahrestagung in Washington die positiven Ergebnisse von zwei jeweils von einer internationalen Studiengruppe um Arthur Kavanaugh, San Diego (USA), vorgestellten Phase-III-Studien zur Therapie der Psoriasis-Arthritis (PsA). Dabei handelte es sich einerseits um die PSUMMIT I-Studie zu dem IL-12/23-Rezeptorblocker Ustekinumab und andererseits die PALACE 1-Studie zu dem neuen oralen PDE4-Inhibitor Apremilast.
Nachdem die bereits auf dem EULAR präsentierten 24-Wochen-Daten der doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie PSUMMIT I die Effektivität und Sicherheit von Ustekinumab (UST) bei aktiver PsA demonstriert hatten, wurden nun auf dem ACR die Ergebnisse nach einem Follow-up von 52 Wochen berichtet, die eine fortgesetzte Wirksamkeit des gegen IL-12/23 gerichteten Antikörpers belegen (ACR 2012; Abstr. L4).
PSUMMIT 1: Positive Studiendaten zu Ustekinumab In der Studie wurden 615 erwachsene Patienten mit aktiver PsA (≥5 SJC und ≥5 TJC; CRP ≥0,3 mg/dl) trotz DMARD- und/oder NSAR-Therapie randomisiert auf UST 45 mg, 90 mg, oder Placebo in Woche 0, 4 und dann alle 12 Wochen. In Woche 16 erfolgte bei Patienten mit <5 % Verbesserung im TJC und SJC eine frühe Eskalation von Placebo auf UST 45 mg und von UST 45 mg auf 90 mg. Eine stabile Begleittherapie mit MTX war erlaubt, Patienten mit vorheriger Anti-TNFTherapie waren ausgeschlossen. Jene Patienten in der Placebogruppe ohne frühe Eskalation in Woche 16, erhielten dann in Woche 24, 28 und fortgesetzt im weiteren Verlauf alle 12 Wochen UST 45 mg. Im Ergebnis zeigte sich unter Ustekinumab ab Woche 24 bis Woche 52 eine fortgesetzte Verbesserung der Krankheitsaktivität (ACR-Ansprechen/DAS28), der Gelenke (TJC/SJC), Haut (PASI75), Enthesitis, Daktylitis und physischen Funktion im HAQ-DI. So erhöhte sich z. B. der Anteil von Patienten mit ACR50-Ansprechen in diesem Zeitraum von 8,7 auf 38,0 % für die von Placebo auf UST umgestellten Patienten, sowie von 24,9 auf 31,4 % und 27,9 auf 37,0 % unter UST 45 bzw. 90 mg. Numerisch größer war das ACR-Ansprechen jener Teilnehmer ohne begleitende MTX-Therapie. Auch Patienten mit Enthesitis (n=425) oder Daktylitis (n=286) zu Studienbeginn profitierten über Woche 24 bis 52 kontinuierlich von Ustekinumab mit einer Reduktion von -87,5, -83,3, -74,2 (Enthesitis) und je -100,00 (Daktylitis) in den Placebo→UST-, UST 45 mg- und UST
90 mg-Gruppen. Der Anteil von Patienten mit ≥1 unerwünschter Wirkung belief sich auf 41,3, 66,8 und 64,7 %, jener mit ≥1 schweren unerwünschten Wirkung auf 5,3, 5,9 sowie 3,4 % und jener mit ≥1 schweren Infektion auf 0,5, 1,0 und 1,0 %. Bis Woche 52 kam es zu keinen Malignomen, TB-Fällen, opportunistischen Infektionen oder Todesfällen, jedoch wurden bei den von Placebo auf UST umgestellten Patienten drei schwere kardiovaskuläre Ereignisse verzeichnet. Damit zeigt sich für Ustekinumab bei Patienten mit aktiver PsA bei einem mit anderen Biologika vergleichbaren Sicherheitsprofil eine über 52 Wochen fortgesetzte Verbesserung der Arthritis, physischen Funktion, Enthesitis, Daktylitis und Plaque-Psoriasis.
PALACE 1: Apremilast überzeugt in Phase-III-Studie Gleichermaßen positive Daten aus einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie wurden zur Effektivität und Sicherheit des oralen PDE4-Inhibitors Apremilast bei Patienten mit aktiver PsA trotz einer Behandlung mit DMARDs oder Biologika präsentiert (ACR 2012; Abstr. L13). Im Verhältnis 1:1:1 wurden die 504 Studienteilnehmer auf eine Therapie mit Placebo, Apremilast 20 mg oder Apremilast 30 mg (jeweils 2x täglich) randomisiert. Zu Woche 16 wurden Patienten mit <20 % Reduktion von TJC/SJC erneut randomisiert auf Apremilast 20 oder 30 mg 2x/Tag (frühere Placebogruppe) oder die ursprüngliche Dosis (in den Apremilast-Gruppen) beibehalten. Die jeweilige Therapie wurde dann bis Woche 24 fortgesetzt. Eine stabile Begleittherapie mit MTX (54,2 %), Sulfasalazin, Leflunomid oder einer Kombination war erlaubt (64,9 % mit begleitendem DMARD). Interessanterweise hatten 23,6 % der Patienten bereits ein Biologikum erhalten, 9,3 % wurden als Biologika-Versager eingestuft. In Woche 16 erreichten unter Apremilast 20 mg (31,3 %; p=0,0140) und 30 mg (41,0 %; p<0,0001)
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31 signifikant mehr Patienten den primären Endpunkt ACR20-Ansprechen als unter Placebo (19,4 %). Für die höhere Apremilast-Dosis zeigte sich ein relativ besseres ACR20-Ansprechen unter Monotherapie (50,8 %) und dies stärker noch bei den Biologika-naïven Patienten (58,8 %). In Woche 24 war Apremilast gegenüber Placebo beim ACR20/50/70, HAQ-DI, SF-36 physische Funktion, DAS28 und EULAR-Response signifikant überlegen. Die besten Ergebnisse wurden jeweils unter Apremilast 30 mg 2x/Tag erzielt, so z. B. für den ACR50/70 mit 19,9 und 11,2 % (je p<0,0001). Insgesamt wurde Apremilast gut vertragen und fast alle unerwünschten Wirkungen waren leicht bis mäßig ausgeprägt. Häufige unerwünschte Wirkungen (≥5 %)
waren Diarrhö, Übelkeit (je bis zu 19 % unter Apremilast 30 mg), Kopfschmerzen und Infektionen der obere Atemwege. Die Anzahl der Studienabbrüche (5-7 %) und schweren unerwünschten Wirkungen war vergleichbar. Insbesondere traten keine opportunistischen Infektionen auf. Zusammengenommen verbesserte Apremilast signifikant die Krankheitsaktivität und Symptomatik der PsA und führte zu einer klinisch relevanten Besserung der physischen Funktion. Im Zusammenspiel mit einem insgesamt vorteilhaften Sicherheitprofil dürfte Apremilast ebenso wie auch Ustekinumab künftig zu einer Erweiterung des therapeutischen Armamentariums bei Psoriasis-Arthritis führen. m
Periphere Spondyloarthritis
ABILITY-2: Vorteilhafte Daten für Adalimumab Nachdem der TNF-Inhibitor Adalimumab bereits erfolgreich bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) und Ankylosierender Spondylitis (AS) eingesetzt wird, zeigte die jetzt von einer internationalen Studiengruppe um Philip Mease, Seattle (USA), vorgestellte randomisierte, kontrollierte Phase-III-Studie ABILITY-2 erstmals auch die Effektivität und Sicherheit von Adalimumab bei Patienten mit aktiver peripherer Spondyloarthritis (SpA) ohne PsA- oder Psoriasis-Diagnose und im Vordergrund stehender Arthritis, Enthesitis und/oder Daktylitis (ACR 2012; Abstr. 570).
Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten, die nach 12 Wochen das peripere SpA-Ansprechkriterium PSpARC 40 erreichen: ≥40 % Verbesserung im Patient’s Global Assessment of Disease Activity (PGA) und Schmerz (PGA-Schmerz) sowie ≥40 % Verbesserung in ≥1 der Parameter SJC/ TJC, Enthesitis oder Daktylitis. Andere Endpunkte umfassten das Physician’s Global Assessment (PhGA), den BASDAI, EnthesitisScores, das PSpARC 20/50/70-Ansprechen, den HAQS und SF-36 sowie unerwünschte Ereignisse. In Woche 12 war der Anteil von Patienten mit einem PSpARC 40 mit 39,3 vs. 19,8 % unter Adalimumab signifikant höher (p=0,006), vor allem aufgrund einer im Vergleich zu Placebo signifikanten Verbesserung von
PGA (54,3 vs. 28,8 %), PGA-Schmerz (53,7 vs. 31,3 %) und der SJC/TJC-Komponente (57,3 vs. 29,6 %). Auch insgesamt zeigten sich deutlich größere Verbessserungen in der Adalimumab-Gruppe mit signifikanten Unterschieden z. B. beim noch strengeren PSpARC 50/70-Ansprechen mit 34,5 vs. 11,1 % und 22,6 vs. 3,7 % (je p=0,001). Keine relevanten Differenzen waren bei der Anzahl unerwünschter Ereignisse (54,8 vs. 54,3 %), schwerer unerwünschter Ereignisse (je 1,2 %) und Infektionen (21,4 vs. 28,4 %) auszumachen. m
Insgesamt verbesserte Adalimumab in der ABILITY-2-Studie bei guter Verträglichkeit signifikant sowohl die Krankheitsaktivität, Symptomatik als auch physische Funktion von Patienten mit aktiver peripherer SpA ohne Anzeichen einer PsA. Der TNF-Blocker könnte somit künftig für Nicht-PsA-Patienten mit peripherer SpA und unzureichendem Ansprechen auf oder Unverträglichkeit von NSAR eine effektive Therapieoption darstellen. Zugleich erwies sich der PSpARC als ein valides Kriterium für das Therapieansprechen.
Kompakt
Die in die fortlaufende ABILITY-2-Studie eingeschlossenen Patienten mussten >18 Jahre sein, die ASASKriterien für periphere SpA erfüllen, keine Diagnose einer Psoriasis, PsA oder AS und ein unzureichendes Ansprechen oder Intoleranz auf bzw. gegen NSAR aufweisen. 165 Patienten wurden für 12 Wochen 1:1 auf Adalimumab (ADA) 40 mg alle zwei Wochen (n=84) oder Placebo (n=81) randomisiert, dieser kontrollierten Studienphase folgt eine Open-label-Extension über 144 Wochen.
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32 Systemische Sklerose
Mit autologer HSCT das Langzeitüberleben steigern Die von Alan G. Tyndall, Basel (Schweiz), für die EBMT/EULAR Scleroderma Study Group vorgestellten Daten der internationalen Phase-III-Studie ASTIS zeigen, dass die hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) bei Patienten mit früher diffuser kutaner Systemischer Sklerose (SSc) und schlechter Prognose im Vergleich zu einer konventionellen i.v.-Puls-Cyclophosphamid-Therapie zu einem besseren Langzeitüberleben führt (ACR 2012, Abstr. L2).
In die randomisierte, kontrollierte ASTIS-Studie wurden zwischen März 2001 und Oktober 2009 insgesamt 156 SSc-Patienten mit hohem Risiko für Organversagen und frühe Sterblichkeit eingeschlossen. Die in den Transplantationsarm (n=79) randomisierten Patienten wurden zunächst einer Mobilisierung mit Cyclophosphamid (CYC) 2x2 g/m2 + G-CSF 10 µg/kg/ Tag unterzogen, gefolgt von einer Konditionierung mit CYC 200 mg/kg + rbATG 7,5 mg/kg und einer Reinfusion von CD34+ autologer HSCT. Der Kontrollarm (n=77) wurde 12x monatlich mit einem i.v.-Puls-CYC 750 mg/m2 behandelt. Als primärer Endpunkt war das Ereignis-freie Überleben (EFS), definiert als Überleben bis Tod oder der Entwicklung eines schweren Organversagens nach zwei Jahren, festgelegt worden. Die Baselinedaten der Patienten mit einem mittleren Alter von 44 Jahren, 59 % Frauen, einer Krankheitsdauer von 1,4 Jahren, einem HAQ von 1,35 und zu 22 % vorheriger CYC-Therapie unterschieden sich nicht signifikant zwischen beiden Armen. Im Verlauf des (bis zum 1. Mai 2012) medianen Follow-up im HSCTund Kontrollarm von 33 bzw. 27 Monaten verstarben
40 Patienten, davon 16 in der HSCT- (plus zwei Fälle mit irreversiblem Nierenversagen) und 24 in der Kontrollgruppe, entsprechend einer Hazard ratio (HR) beim EFS von 0,22 (p=0,002) zugunsten der HSCT. Acht Todesfälle im HSCT-Arm wurden als mit der Behandlung assoziiert eingestuft, entsprechend einer Mortalität von 10 %. Dennoch war diese deutlich niedriger als im Kontrollarm, wo zwar keiner der Todesfälle der Therapie zugeordnet wurde, jedoch später auf einen progressiven Krankheitsverlauf zurückzuführen war. Auch hinsichtlich der sekundären Endpunkte, den Veränderungen im modifizierten Rodnan Skin Score (mRSS) (-19,7 vs. -8,7; p<0,001), im Stanford Health Assessment Questionnaire (SHAQ) (-0,57 vs. -0,20; p=0,03) und der Vitalkapazität (+4,5 vs. -2,2 %; p=0,005) war die HSCT signifikant überlegen, ebenso bei der Reduktion der Kreatinin-Clearance (-11,9 vs. -0,95 ml/min.; p=0,02). Künftig sollte die autologe HSCT bei diesen SSc-Risikopatienten mit schlechter Prognose als Therapieoption in Betracht gezogen werden, obgleich noch weitere Studien zur Optimierung des HSCT-Regime und der Patientenselektion erforderlich sind. m
Anti-TGFβ-Antikörper mit vielversprechenden Daten Dass die Behandlung von Patienten mit diffuser SSc mit dem neuartigen humanen Anti-TGFβ (Anti-Transforming Growth Factor-Beta)-Antikörper Fresolimumab mit einer Inhibition der TGFβregulierten Genexpression und raschen Abnahme des Hautscore assoziiert ist, zeigte eine von USamerikanischen Rheumatologen um Robert Lafyatis, Boston, in der Late-breaking Abstracts Oral Session präsentierte Studie. Zugleich wird damit die wichtige Rolle von TGFb in der Pathogenese der SSc bestätigt (ACR 2012; Abstr. L14).
Im ersten Teil einer zweiphasigen Open-label-Dosisfindungsstudie erhielten sieben Patienten mit früher diffuser SSc (dSSc) den alle drei TGFβ-Isoformen inhibierenden humanen Antikörper Fresolimumab (1 mg/kg) in Woche 0 und 4, wobei sich eine gute Verträglichkeit zeigte. Primärer Endpunkt war die Analyse der Genexpression der bei dSSc hochregulierten Proteine COMP (Cartilage Oligomeric Protein) und THS1 (Thrombospondin 1). Hierzu wurden Hautbiopsien vor Studienbe-
ginn und in den Wochen 3, 7 und 24 nach der Therapie entnommen. Bei den meisten Patienten kam es zu einer Abnahme der Expression von THS1 und COMP in Biopsien nach der Therapie, statistisch signifikant war die Differenz (p<0,05) für die THS1-Expression nach sieben Wochen. Microarray-Analysen zeigten eine Downregulation vieler TGFβ-regulierter Gene in der Haut. Sowohl die Reduktion der THS1- als auch der COMPExpression korrelierten stark mit einer Abnahme des
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33 modifizierten Rodnan Skin Scores (mRSS) und könnten damit als Biomarker für die Hauterkrankung dienen. So zeigte sich ein durchschnittlicher Abfall des mRSS von initial 29,2 auf 24,0 nach drei Wochen (p<0,05) sowie eine weitere Reduktion im zeitlichen Verlauf (max. auf 20,2 nach 11 Wochen). Die Daten unterstützen die
Nutzung der mRNA-Expression von Biomarkern der Haut für eine Bewertung des Therapieansprechens bei SSc, auch liefern sie eine direkte Evidenz für die Bedeutung von TGFβ in der SSc-Pathogenese und zeigen das mögliche Potenzial für Fresolimumab in der Therapie der Hautfibrose bei SSc auf. m
Neue ACR/EULAR-Klassifikationskriterien entwickelt Die bislang vorliegenden Klassifikationskriterien für Systemische Sklerose (SSc) aus dem Jahr 1980 sind suboptimal für Patienten mit früher SSc und einige Patienten mit limitiert kutaner SSc, die oftmals die Kriterien nicht erfüllen. Die von einem gemeinsames ACR/EULAR-Kommittee aufgrund dessen neu erarbeiteten SSc-Klassifikationskriterien wurden stellvertretend von Janet E. Pope, London (Kanada), in einer Late-breaking Abstract Poster-Session vorgestellt (ACR 2012; Abstr. L3).
Alle Patienten mit Sklerodaktylie und einer Hautbeteiligung proximal bis zum MCP sind direkt als SSc einzustufen, Patienten mit Hautbeteiligung aufgrund anderer Sklerodermie-ähnlicher Erkrankungen (i.e. Skleromyxödem) sind hingegen ausgeschlossen. Patienten mit anderen Mischkollagenosen können als SSc klassifiziert werden, wenn der Cut-off-Wert erreicht wird. Zunächst wurde ein vorläufiger Cut-off zur Klassifikation einer definitiven SSc basierend auf der Summe der Gewichtung von 17 Einzelkriterien erstellt, die zuvor in mehreren Auswahlverfahren selektiert worden waren. Anschließend wurde der vorläufige Algorithmus prospektiv in Fall-Kontroll-Analysen überprüft und der Cut-off anhand von 25 Grenzfällen weiter verfeinert. Im Rahmen eines Meetings des Steering Committee wurde unter Beibehaltung einer adäquaten Sensitivität
und Spezifität die Anzahl der Einzelkriterien von 17 auf 9 reduziert. Nach einer weiteren Testung und erneuten Gewichtung der Klassifikationskriterien erfolgte die Validierung in einer abschließenden Fall-Kontroll-Analyse. Für die vorgeschlagenen Kriterien (s. Abb.) wird nur der maximale Score in jeder Domain gewertet, es zählt bereits ein einmaliges Auftreten des Symptoms im Krankheitsverlauf. Ein Cut-off ≥9 (max. 19) hatte eine Sensitivität von 91 % und Spezifität von 92 % in der Validierungskohorte (n=405). Die Sensitivität und Spezifität der bisherigen 1980er ARA-Kriterien betrug in dieser Datenbank lediglich 75 bzw. 72 %. Somit sind die neu entwickelten ACR/EULAR-Klassifikationskriterien deutlich besser für die (auch frühere) Identifizierung von SSc-Patienten geeignet und können für die Anwendung in klinischen und epidemiologischen Studien empfohlen werden. m
Kriterien Subkriterien Punkte Hautverdickung der Finger geschwollene Finger 2 ganzer Finger, distal bis MCP 4 Läsionen der Fingerkuppe digitale Ulzera 2 Narbengrübchen 3 Teleangiektasie 2 Abnorme Nagelfalzkapillaren 2 Lungenbeteiligung PAH und/oder interstitielle Lungenerkrankung 2 Raynaud-Syndrom 3 Sklerodermie-assoziierte Antikörper Anti-Centromere oder Anti-Topoisomerase I (Anti-ScL 70) 3 oder Anti-RNA-Polymerase III Bei einem Gesamtscore ≥9 Klassifikation als SSc Gesamt-Score: max. 19
Abb.: ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für Systemische Sklerose (SSc)
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34 Systemische Sklerose
Renale Krise: ACE-Hemmer vorsichtig einsetzen Bei Systemischer Sklerose (SSc) ist die Sklerodermie-assoziierte renale Krise (SRC) eine seltene, aber lebensbedrohliche Komplikation. Zwar hat sich seit Einführung der ACE-Hemmer deren Outcome verbessert und die Inzidenz verringert, jedoch lieferten zuletzt retrospektive Daten Hinweise darauf, dass die ACE-Hemmer-Gabe vor einer SRC sogar die Mortalität erhöhen könnte. Dies bestätigen jetzt von US-amerikanischen und kanadischen Rheumatologen um Marie Hudson, Montreal, vorgestellte Ergebnisse des International Scleroderma Renal Crisis Survey (ACR 2012; Abstr. 728).
Im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie wurden 88 SSc-Patienten mit einer SRC identifiziert (im Mittel 52 Jahre, 67 % Frauen, Krankheitsdauer 1,5 Jahre, 76 % diffuse SSc). Für das 1-jährige Follow-up konnten 76 Patienten ausgewertet werden. Bei den meisten dieser Patienten handelte sich dabei um eine hypertensive SRC. 24 % der Teilnehmer waren unmittelbar vor deren Beginn auf einem ACE-Hemmer. Nach 12 Monaten waren 36 % der SRC-Patienten verstorben und weitere 17 % benötigten eine Dialyse. Die kumulative 1-Jahres-Inzidenz für Tod und Dialyse betrug für Patienten unter einem ACE-Hemmer vor Beginn der renalen Krise im Vergleich zu solchen
ohne ACE-Hemmer 1,56 respektive 0,61. Im Hinblick auf die Zeit bis zum Tod wurde für die Patienten mit vorheriger ACE-Hemmer-Therapie eine Hazard ratio (HR) von 1,95 berechnet, nach Berücksichtigung einer Therapie mit Prednison und systemischer Hypertonie in der Anamnese betrug die adjustierte HR sogar 2,52 (p=0,0394). Erwartungsgemäß war die renale Krise mit einem schlechten 1-Jahres-Ergebnis assoziiert. Zusätzlich führte die Therapie mit einem ACE-Hemmer vor deren Beginn zu einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko im ersten Jahr des Follow-up nach der SRC. Daher sollten Rheumatologen künftig trotz der unbestrittenen Wirksamkeit der ACE-Hemmer diese bei Patienten mit früher SSc mit Bedacht einsetzen. m
Primäres Sjögren-Syndrom
Kein Nutzen von Hydroxychloroquin Dass das bei primärem Sjögren-Syndrom (pSS) trotz des Fehlens kontrollierter Studien relativ häufig verordnete Hydroxychloroquin (HCQ) zumindest kurzfristig keine Effektivität aufweist, belegen die Ergebnisse der von französischen Rheumatologen um Jacques-Eric Gottenberg, Strasbourg, als Late-breaking Abstract präsentierten randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten JOQUERStudie (ACR 2012; Abstr. L9).
Insgesamt 120 pSS-Patienten (im Mittel 56 Jahre, 91,7 % Frauen, Krankheitsdauer 5 Jahre, Anti-SSApositiv 55 %, ESSDAI 2, systemische Beteiligung 30 %, ESSPRI 6,3) erhielten randomisiert HCQ (400 mg) oder Placebo über ein Follow-up von 24 Wochen. Als primärer Endpunkt eines insgesamt guten Ansprechens wurde eine ≥30 % Verbesserung von zwei von drei VAS-Komponenten (Trockenheit, Schmerz, Fatigue) zwischen Woche 0 und 24 definiert.
Patienten mit Anti-SSA-Autoantikörpern, hohem IgGSpiegel oder systemischer Beteiligung waren keine signifikanten Differenzen auszumachen. Bei den mit HCQ behandelten Patienten war lediglich ein Trend für eine stärkere Abnahme des Serum-IgG-Spiegels (von 14,5 auf 13,4 g/l vs. von 14,2 auf 14,0 g/l; p=0,1) sowie eine signifikante Reduktion von IgM (von 1,3 auf 1,1 g/l unter HCQ vs. unverändert 1,4 g/l unter Placebo; p=0,01) zu beobachten.
Nach sechs Monaten erreichten 19,6 vs. 19,2 % der Patienten im HCQ- und Placeboarm den primären Endpunkt (p=0,9). Keine signifikanten Unterschiede wurden auch beim Verlauf der Krankheitsaktivität z. B. im ESSDAI sowie in puncto Trockenheit, Symptomatik und Lebensqualität dokumentiert. Auch bei
Die Ergebnisse dieser ersten randomisierten, kontrollierten Studie zum Einsatz von HCQ bei Patienten mit primärem Sjögren-Syndrom lassen somit keine Hinweise auf eine Wirksamkeit im Kurzzeitverlauf erkennen. Inwieweit dies bei bestimmten Subgruppen doch der Fall sein könnte, wird derzeit noch untersucht. m
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35 Systemischer Lupus erythematodes
Neue Erkenntnisse zur SLE-Therapie Zum Systemischen Lupus erythematodes (SLE) wurden in Washington mehrere aufschlussreiche Analysen der Phase-III BLISS-52 und -76-Studien mit dem BLyS-Inhibitor Belimumab und insbesondere eine Phase-IIb-Therapiestudie zu dem neuen BAFF-Inhibitor Blisibimod vorgestellt.
Zwei von der BLISS-Studiengruppe um Roland F. van Vollenhoven, Stockholm (Schweden), und Michelle Petri, Baltimore (USA), präsentierte Analysen nahmen erneut die beiden Phase-III-Zulassungstudien zu Belimumab unter die Lupe, um in den kombinierten Placebogruppen mit 562 Teilnehmern auf einer Standardtherapie nach Prädiktoren für einen SLE-Schub zu fahnden. Eine erste Analyse ergab, dass das Risiko für einen klinisch bedeutsamen Schub nach 52 Wochen bei SLE-Patienten mit mäßiger bis schwerer renaler, vaskulitischer, hämatologischer und serologischer Krankheitsaktivität und einem SELENA-SLEDAI ≥12 signifikant erhöht war (ACR 2012; Abstr. 614). Aus der zweiten Analyse geht hervor, dass niedriges C3/C4, erhöhtes CRP, Proteinurie >0,5 g/24 h, Anti-dsDNA-Positivität und – indirekt die Bedeutung des Therapieprinzips mit Belimumab unterstreichend – vor allem auch ein Serum-BLyS-Wert ≥2 ng/ml signifikante Prädiktoren für einen schweren Schub waren (ACR 2012; Abstr. 615).
Gemischte Ergebnisse zu neuem BAFF-Inhibitor Als Late-breaking Abstract vorgestellt wurde von einer internationalen Studiengruppe um Richard A. Furie, New York (USA), die Phase-IIb-Studie PEARL-SC zur Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit des neu entwickelten BAFF-Inhibitors Blisibimod bei Patienten mit mäßig bis schwer aktivem SLE (ACR 2012; Abstr. L6). Die 547 anti-dsDNA- und/oder ANA-positiven Teilnehmer mit einem SELENA-SLEDAI ≥6 wurden 1:1 auf Placebo oder Blisibimod s.c. in drei Dosierungen (100 mg/Woche, 200 mg/Woche, 200 mg/alle 4 Wochen) randomisiert. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten mit einem SLE Responder Index-5 (SRI-5)-Ansprechen in Woche 24 in den gepoolten Blisibimod- im Vergleich zu den Placeboarmen. Maßgeblich aufgrund zu geringer Effektivität der beiden niedrigeren Dosierungen wurde der primäre Endpunkt nicht erreicht. Ein deutlicher Vorteil beim SRI-5-Ansprechen versus Placebo zeigte sich nur für Blisibimod 200 mg/Woche mit einem ΔSRI 5 von 8,2 % nach 24 Wochen (p=0,15). In Subgruppenanalysen wurde für die Blisibimod 200 mg/Woche- ein im Vergleich zur gematchten Placebogruppe (je n=92) höherer Nutzen in Abhängigkeit von einer SELENA-SLEDAI-
Verbesserung um ≥7 oder ≥8 (ΔSRI 5=8,7 %, p=0,23; ΔSRI-7 =16,3 %, p=0,003; ΔSRI-8=17,4%, p=0,001) ermittelt. Blisibimod war ebenso effektiv bei 278 Patienten mit einem SELENA-SLEDAI ≥10 und einer Glukokortikoidtherapie (ΔSRI-5=13,8 %, p=0,18; ΔSRI7=28,9 %, p=0,002; ΔSRI-8=31,1%, p<0,001). Der BAFF-Inhibitor erwies sich als sicher und gut verträglich, (schwere) unerwünschte Ereignisse und Infektionen waren mit Placebo vergleichbar, häufiger waren nur Reaktionen an der Einstichstelle (15 vs. 7 %). Somit erscheint eine weitere Evaluation der 200 mg/ Woche-Dosis sinnvoll, jedoch in erster Linie wohl für Patienten mit hoher Krankheitsaktivität. Neue Erkenntnisse zur Therapie lieferte auch eine von US-amerikanischen Rheumatologen um Thomas J. Lehman, New York, vorgestellte kleine Studie mit 15 therapierefraktären SLE-Patienten (ACR 2012; Abstr. 621). Eine 18-monatige Behandlung mit einer Kombination aus Rituximab (750 mg/m2 an Tag 1, 15 und dann in Monat 6 und 18) und Cyclophosphamid (750 mg/m2 an Tag 2, 16 und dann in Monat 6 und 18 bzw. zusätzliche Dosen in Woche 6, 10, 14 und 18 bei Patienten mit diffus proliferativer Glomerulonephritis) stoppte die Progression des SLE für mindestens drei Jahre. Der SLEDAI-Score ging nach sechs Monaten von im Schnitt 8,9 auf 1,9 zurück und blieb auf diesem niedrigen Niveau. Nicht zuletzt konnte die Prednison-Dosis signifikant von zu Beginn 29,0 sukzessive auf 8,4 mg/Tag nach drei Jahren gesenkt werden (p<0,001). Bei insgesamt guter Compliance erlitt keiner der Patienten einen Krankheitsschub, der eine Hospitalisierung erforderlich machte. m
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36 Arthrose
Licht und Schatten in Therapiestudien Die diesjährige Tagung des American College of Rheumatology (ACR) bot ein breites Spektrum an Vorträgen zu allen Facetten rheumatischer Erkrankungen. Interessante Ansätze wurden für die Behandlung der Arthrose (engl. Osteoarthritis) vorgestellt: Während für das aus der Osteoporose bekannte Strontiumranelat (SR) ein strukturmodifizierender Effekt bei der Gonarthrose belegt wurde, enttäuschte die Therapie mit dem TNFα-Blocker Adalimumab.
Arthrose ist eine der häufigsten Erkrankungen des höheren Lebensalters: „Mehr als die Hälfte der über 60-Jährigen leidet daran“, konstatierte Prof. Dr. JeanYves Reginster, Liège (Belgien). Analgetika sind bei dieser Erkrankung die am häufigsten verordneten Medikamente, haben aber keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Die Phase-III-Studie SEKOIA (StrontiumranElate Knee OsteoarthrItis triAl) macht betroffenen Patienten Hoffnung, weist sie doch darauf hin, dass das derzeit bei der Osteoporose eingesetzte SR einen strukturmodifizierenden Effekt bei der Arthrose zu besitzen scheint und die Knorpelzerstörung bremst (ACR 2012; Abstr. 1596). Hinweise darauf kamen aus Studien zur Osteoporose, in der bei Patienten mit gleichzeitiger Arthrose unter SR gegenüber Placebo eine Reduktion arthrotischer Veränderungen in der Wirbelsäule um 43 % beobachtet wurde.
Strontiumranelat: Radiologische Progression verzögert Daraufhin wurde die über drei Jahre laufende SEKOIAStudie initiiert, in der rund 1.683 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Gonarthrose randomisiert drei Armen mit SR in Dosen von 1 oder 2 g täglich oder Placebo zugeteilt wurden. Primärer Endpunkt war
0
Gelenkspaltverschmälerung (mm)
-0,05 -0,10 -0,15 -0,20 -0,25
-0,27 p=n.s.
-0,35 -0,40 -0,45
Bereits nach einem Jahr hatten beide SR-Dosen zu einer Reduktion der radiologischen Progression um etwa ein Drittel geführt: Die Abnahme der Gelenkspaltweite fiel in den beiden SR-Armen mit 0,23 mm (1 g) bzw. 0,27 mm (2 g) signifikant geringer aus als unter Placebo mit 0,37 mm (p<0,001 bzw. p=0,018) (s. Abb.). Das Risiko für eine radiologische Progression um mindestens 0,5 mm wurde im Vergleich zu Placebo um 33 % (1 g) bzw. 23 % (2 g) gesenkt. Damit besitzt SR laut Reginster das Potenzial, betroffenen Patienten Gelenkoperationen ersparen zu können. Ein signifikanter klinischer Nutzen der Therapie in puncto Schmerzreduktion und körperliche Funktion wurde nur mit der 2 g-Dosis von SR beobachtet: Der globale WOMAC (Western Ontario and McMaster University)Score sank um 52 %, der Schmerz-Subscore um 19 % (p<0,045 bzw. p=0,028). Zudem wurde die Therapie mit Strontiumranelat gut vertragen; die Nebenwirkungsraten in den drei Studiengruppen waren vergleichbar. Einzige Kontraindikation für SR sind tiefe Venenthrombosen in der Anamnese. „Das Osteoporose-Medikament hat damit einen signifikanten Effekt auf die Arthrose-Progression und könnte das erste „Disease-Modifying Drug“ bei dieser Erkrankung darstellen“, resümierte Reginster.
TNFα-Blocker bei Arthrose weitgehend ineffektiv
-0,23
-0,30
die radiologisch erfasste Gelenkspaltverschmälerung (JSN) im Zielgelenk, ein sekundärer Endpunkt die radiologische Progression mit einer JSN von mindestens 0,5 mm innerhalb von drei Jahren. Letztere erhöht laut Reginster die Wahrscheinlichkeit für einen Kniegelenkseingriff in den Folgejahren um das Fünffache. Initial lag die Gelenkspaltweite bei im Schnitt 3,5 mm.
-0,37
Placebo Strontiumranelat 1 g/Tag Strontiumranelat 2 g/Tag
p<0,001 p=0,018
Abb.: SEKOIA-Studie: Signifikant geringere Gelenkspaltverschmälerung (JSN) mit Strontiumranelat in Dosen von 1 oder 2 g/Tag im Vergleich zu Placebo
Ein großes Problem bei der Arthrose als ausgesprochen schmerzhafter Erkrankung sind Patienten, bei denen Analgetika und nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) versagen, erinnerte Prof. Dr. Xavier Chevalier, Paris (Frankreich). In dieser Situation bestehe großer therapeutischer Bedarf an neuen effektiven Substanzen. Da TNFα als Entzündungsmediator bei der Arthrose an Knorpelzerstörung und Schmerzver-
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37 mittlung beteiligt ist, bezeichnete er es als logisch, die bereits u. a. bei der rheumatoiden Arthritis bewährten TNFα-Blocker auch bei dieser degenerativen rheumatischen Erkrankung zu evaluieren. Dies geschah in der DORA (Digital Osteoarthritis in Refractory hand oA)-Studie, in der 85 Analgetika- und NSAR-refraktäre Patienten mit schmerzhafter Arthrose in mindestens drei Interphalangealgelenken randomisiert einer aktiven Therapie mit zwei s.c.-Injektionen von Adalimumab oder Placebo zugeteilt wurden (ACR 2012; Abstr. 2472). Im Schnitt hatten die Teilnehmer 11 schmerzhafte Gelenke und 6 Gelenke mit radiologisch festgestellter Synovitis. Zu Studienbeginn lag der VAS-Score der Teilnehmer bei im Mittel 65,4 mm. Vier Wochen nach der letzten Injektion, d. h. nach insgesamt 6-wöchigem Follow-up, war der Unterschied im VAS-Score zwischen beiden Studienarmen mit -2,5 mm nicht signifikant. Im Placeboarm sprachen 27 % der Patienten mit einer 50%-igen Reduktion des Scores an, unter Adalimumab 35 % (p=0,67). „Der Unterschied ist nicht signifikant; DORA ist somit eine negative Studie“, kommentierte Chevalier. Auch bei den meisten sekundären Endpunkten (Zahl schmerzhafter und druckschmerzhafter Gelenke, Morgensteifigkeit und Funktion) gab es keinen Vorteil zugunsten von Adalimumab. Nur die Zahl geschwollener Gelenke konnte durch den TNFα-Blocker stärker verringert werden als mit Placebo. Auch mit dem Knorpelabbau assoziierte Biomarker wurden durch die Therapie nicht beeinflusst. Der ausbleibende Therapieerfolg ist laut Chevalier möglicherweise mit der zu geringen Zahl an Adalimumab-Injektionen zu erklären. Vielleicht wurde auch ein falsches Studienkollektiv gewählt: Es könnte sein, so Chevalier, dass ein TNFα-Blocker nur bei ArthrosePatienten mit stärker entzündlicher Komponente und damit höheren TNFα-Spiegeln effektiv ist.
„Small molecule“: Effekt auf Schmerzen und Biomarker Positive Ergebnisse für NSAR-refraktäre Arthrosepatienten stammen dagegen aus einer Phase-II-Studie mit einem neuen „small molecule“: Es handelt sich um den selektiven p38-Inhibitor ARRY-797, mit dem eine signifikante Schmerzlinderung und ein ausgeprägter Effekt auf Biomarker für Knochen- und Knorpelabbau erreicht wurde. Die oral verfügbare Substanz hemmt p38-Serin/Threonin-Proteinkinasen, die an der Regulation verschiedener Stress-Signale beteiligt sind. So führt die Aktivierung der p38-MAP-Kinase zu einer verstärkten Produktion proentzündlicher Zytokine
und Prostaglandin E. Die von Prof. Dr. Alan J. Kivitz, Duncansville (USA), und Kollegen in Posterform als Late-breaking Abstract vorgestellte 4-wöchige Phase-IIStudie umfasste 157 Gonarthrose-Patienten mit trotz einer NSAR-Therapie mäßigen bis schweren Schmerzen (ACR 2012; Abstr. L1). Sie wurden im Verhältnis 1:1:1 randomisiert der Gabe von ARRY-797 (400 mg alle 12 Std.), Placebo oder retardiertem Oxycodon als aktiver Kontrolle zugeteilt. ARRY-797 führte zu einer kontinuierlichen und bis Woche 4 anhaltenden Reduktion der mit dem WOMAC-Score erfassten Schmerzen – ein Effekt, der gegenüber Placebo signifikant ausfiel (p<0,05). Bei weiteren Subskalen des WOMAC-Scores wie körperliche Funktion, Steifigkeit und Patientenzufriedenheit erwies sich die neue Substanz Placebo als tendenziell überlegen. In puncto Schmerzlinderung waren ARRY797 und retardiertes Oxycodon vergleichbar wirksam. Auch beeinflusste das „small molecule“ Biomarker des Knorpel- und Knochenabbaus: So kam es unter der Therapie zu einem raschen Abfall von COMP (Cartilage Oligomeric Matrix Protein) um 10 % im Vergleich zu Placebo. Die Reduktion von CTX-1 (Cterminales Telopeptid von Kollagen 1) fiel mit 38 % noch stärker aus, hielt bis Woche 4 an und war erst nach Therapieende rückläufig. Häufigste Nebenwirkungen von ARRY-797 waren meist leicht bis mäßig ausgeprägte Hautreaktionen, Schwindel, Durchfall und Stomatitis. Allerdings wurde teilweise auch eine leichte Verlängerung der QTc-Zeit registriert. Die Abbruchrate war unter ARRY-797 mit 6 % ähnlich wie unter Placebo (8 %) und deutlich niedriger als mit Oxycodon (34 %). Aufgrund dieser Daten ist die weitere klinische Prüfung des neuen Nicht-Opioid-Analgetikums in Hinblick auf Schmerzlinderung und einen potenziellen krankheitsmodifizierenden Effekt nach Ansicht der Autoren durchaus gerechtfertigt. m
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38 Postmenopausale Osteoporose
Cathepsin K-Inhibitor bewährt sich In einer randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten 2-Jahres-Studie untersuchte eine internationale Studiengruppe um Roland Chapurlat, Lyon (Frankreich), die Effektivität und Sicherheit des oralen Cathepsin K-Inhibitors Odanacatib bei Frauen mit postmenospausaler Osteoporose, die zuvor mindestens drei Jahre mit einem Bisphosphonat vorbehandelt waren. Ebenso wie Bisphosphonate reduziert Odanacatib die Knochenresorption, erhöht aber anders als diese den Knochenaufbau (ACR 2012; Abstr. 727).
Eingeschlossen wurden 246 Frauen über 60 Jahre mit Osteoporose und nach langjähriger BisphosphonatTherapie niedriger Knochendichte (BMD; T-Score ≤-2,5, >-3,5), die für 24 Monate auf orales Odanacatib 50 mg/Woche oder Placebo randomisiert wurden. Alle Patientinnen (mittleres Alter 71,3 Jahre) erhielten zudem eine Calcium/Vitamin D-Supplementation. 73,7 % hatten eine vorherige Fraktur, 68,3 % eine Fraktur nach der Menopause. Im Schnitt waren die Frauen für 5,5 Jahre mit Alendronat vorbehandelt, 55 % hatten dieses für 3-5 Jahre eingenommen. Nach zwei Jahren betrugen die Anstiege der BMD am Oberschenkelhals, Trochanter, Gesamthüfte und Lendenwirbelsäule (LWS) unter Odanacatib 1,73, 1,83, 0,83 und 2,28 %. Für den primären Endpunkt BMD am Oberschenkelhals zeigte sich ein signifikanter Vorteil für Odanacatib mit einer Differenz von 2,67 % vs. Placebo (p<0,001), ebenso mit einem Unterschied von 2,7 % (p<0,001) galt dies für die BMD an der Gesamthüfte. Die positiven Odanacatib-Effekte traten infolge der verbleibenden Bisphosphonatwirkung erst nach sechs Monaten ein. Gegenüber Placebo zeigte sich auch eine
signifikante Differenz von 3,18 und 2,57 % für die BMD am Trochanter und der LWS nach zwei Jahren (je p<0,001). Zudem reduzierte Odanacatib signifikant s-CTx und u-NTx als Marker der Knochenresorption (p<0,001) und steigerte s-BSAP und s-P1NP als Marker der Knochenformation (p=0,011). Das Nutzen/Sicherheitsprofil des Cathepsin K-Inhibitors erwies sich als insgesamt günstig, die Verträglichkeit war gut. Keine signifikanten Unterschiede wurden hinsichtlich unerwünschter Wirkungen berichtet, obgleich die damit assoziierte Abbruchrate unter Odanacatib mit 9 vs. 3 % höher war. Wenngleich darauf nicht ausgelegt, zeigte die Studie mit 4,9 vs. 13,2 % eine niedrigere Frakturrate unter Odanacatib. Entsprechende Daten hierzu wird im nächsten Jahr eine noch andauernde Phase-III-Studie liefern. Insgesamt könnte die Substanz bei positiver Beeinflussung des harten Endpunkts Frakturinzidenz die Therapie der Osteoporose künftig bereichern, weniger anstelle von Bisphosphonaten, sondern eher als effektive Alternative im Rahmen einer einer sequenziellen Monotherapie, z. B. nach einem Bisphosphonat. m
Bisphosphonate: Atypische Frakturen selten Dass das mit einer langjährigen Bisphosphonat-Therapie einhergehende erhöhte Risiko für atypische Femurfrakturen nicht überschätzt werden sollte und von der Reduktion des Frakturrisikos bei Osteoporose bei weitem aufgewogen wird, zeigen die von US-amerikanischen Experten um John N. Mecchella, Lebanon, vorgestellten Ergebnisse eines systematischen Literaturreviews (ACR 2012; Abstr. 1974).
Mittels einer Analyse von MEDLINE (1948-2012) und der Cochrane Library (2012) wurden letztlich 12 geeignete Studien zur Inzidenz atypischer Femurfrakturen unter zur Behandlung der Osteoporose eingesetzten Bisphosphonaten identifiziert: drei randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), sechs retrospektive Kohortenstudien und drei populationsbasierte Fall-Kontroll-Studien mit insgesamt 205.466 Teilnehmern mit einem Follow-up von <1 bis 10 Jahre, bei denen insgesamt 1.440 atypische Femurfrakturen dokumentiert
wurden. Deren Inzidenz pro 1.000 Patientenjahren (PJ) einer antiosteoporotischen Bisphosphonat-Therapie schwankte zwischen 0,02 und 1 in Studien, in denen eine radiologische Bestätigung gefordert war, von 0,23 bis 3,4 in Beobachtungsstudien oder RCTs und 1,55 bis 3,4 in Studien zur Sekundärprävention. Damit erscheint das Risiko für solche Frakturen mit max. 3,4 pro 1.000 PJ als insgesamt gering, vor allem in Anbetracht eines Risikos erneuter osteoporotischer Frakturen von ca. 100 pro 1.000 PJ. m
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40 Rheumatoide Arthritis
Deutsches Biologika-Register RABBIT schließt weiter Patienten ein! Eine Zwischenbilanz nach 11 Jahren Seit dem Jahr 2001 werden Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), die mit Biologika oder konventionellen DMARDs behandelt werden, im Biologika-Register RABBIT langfristig über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren beobachtet. Fast 400 deutsche Rheumatologen und knapp 11.000 Patienten haben bisher zu RABBIT beigetragen und das Projekt zu einer Erfolgsstory gemacht.
Auf der Basis der bisher gewonnenen Daten können wir das Sicherheitsprofil und die Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen für die TNFα-Inhibitoren der ersten Generation gut beurteilen. Um Effektivität und Sicherheit auch der später zugelassenen und der in Kürze zu erwartenden Substanzen bewerten zu können und für die etablierten Substanzen dem veränderten Patientenspektrum Rechnung zu tragen, wird die Rekrutierung neuer Patienten in allen Therapiegruppen fortgesetzt. Von den verschiedenen Themen, die bisher bearbeitet wurden, sollen drei hier kurz dargestellt werden, weil sie in der täglichen Praxis von besonderer Bedeutung sind: Wie wirken sich TNFα-Inhibitoren auf die Risiken für Infektionen, Krebs und vorzeitige Sterblichkeit aus?
Wie hoch ist das Risiko für schwerwiegende Infektionen? Verschiedene Register haben gezeigt, dass das Risiko für schwerwiegende Infektionen unter Biologika gegenüber konventionellen DMARDs erhöht ist. Übereinstimmend wurde beobachtet, dass das relative Risiko in den ersten drei bis sechs Monaten einer Therapie deutlich erhöht ist und danach abnimmt; ab dem zweiten Jahr der Behandlung ist kein nennenswert erhöhtes Infektionsrisiko mehr festzustellen. RABBIT hat gezeigt, dass dieser Rückgang teilweise auf methodische Probleme von Kohortenstudien (selektiver Verlust von Risikopatienten), teilweise auf die Besserung des klinischen Bildes bei erfolgreicher Therapie und die dadurch mögliche Reduktion der Glukokortikoiddosis zurückzuführen ist. Um diese unterschiedlichen, beim einzelnen Patienten im Zeitverlauf variierenden Risiken bei einer Therapieentscheidung abschätzen zu können, wurde der RABBIT Risiko-Score für schwerwiegende Infektionen entwickelt. Er bezieht Alter, Ko-Morbidität, frühere
Prof. Dr. rer. pol. Angela Zink Infektionen, Funktion und Therapie ein und kann unter www.biologika-register.de/RisikoScore.htm mit Hilfe des DocCheck-Zugangs genutzt werden.
Wie hoch ist das Risiko für Krebserkrankungen? Für neu auftretende Krebserkrankungen haben weder RABBIT noch andere europäische Register eine Risikoerhöhung durch Biologika beobachtet. Nicht abschließend geklärt ist das Risiko für Hautkrebs. Zwei aktuelle Studien aus dem britischen und dem dänischen Register legen nahe, dass bei RA unter allen Therapien mit einem erhöhten Hautkrebsrisiko gerechnet werden muss (1, 2). Eine zweite Frage ist, ob und nach welchem Zeitpunkt Patienten mit früheren Tumoren mit TNFα-Inhibitoren behandelt werden können. Sowohl das britische als auch das deutsche Register haben keine signifikante Risikoerhöhung für TNFα-Inhibitoren gegenüber synthetischen DMARDs gesehen. Jedoch war die Relation unterschiedlich: Das relative Risiko für TNFα-Inhibitoren war im britischen Register tendenziell verringert, in RABBIT hingegen leicht, aber nicht signifikant erhöht. Einen großen Unterschied gab es bei der Zeitspanne zwischen Tumordiagnose und Beginn der Biologika-
41 oder DMARD-Therapie: TNFα-Inhibitoren wurden in Großbritannien im Median nach 11,5 Jahren und konventionelle DMARDs nach 8,5 Jahren eingesetzt, während dies in Deutschland im Median bereits nach 4 bzw. 5 Jahren erfolgte. Der Zusammenhang zwischen Zeitpunkt des Therapiebeginns und Rezidivrisiko soll in internationaler Kooperation verschiedener Register weiter untersucht werden.
Wie hoch ist das Sterberisiko unter Biologika? In RABBIT wurde im Vergleich mit der deutschen Normalbevölkerung eine standardisierte Mortalitätsrate von 1,5 gefunden, also ein um 50 % erhöhtes Sterberisiko. Das entspricht dem, was man aus anderen RA-Kohorten kennt. Ein starker Prädiktor für vorzeitige Mortalität war eine dauerhaft erhöhte Krankheitsaktivität: Patienten mit niedriger oder moderater kumulativer Krankheitsaktivität (DAS28 im Mittel unter 4,1) unterschieden sich in ihrem Sterberisiko nicht von der altersgleichen Normalbevölkerung. Hingegen war das Sterberisiko der Patienten mit lang anhaltend hoher Krankheitsaktivität (DAS28 >5,1) dreimal höher als in der Bevölkerung. Zusätzlich erhöhten Glukokortikoide in einer Dosis von mehr als 15 mg/Tag das Mortalitätsrisiko um den Faktor 3,6. Patienten, die mit TNFα-Inhibitoren oder Rituximab behandelt wurden, hatten ein signifikant geringeres Mortalitätsrisiko als Patienten, die nicht mit Biologika, sondern mit einer konventioneller Basistherapie (Methotrexat) behandelt wurden.
Danksagung Wir danken allen Rheumatologinnen und Rheumatologen, die Patienten in RABBIT beobachten und regelmäßig dokumentieren. Diese sorgfältige Arbeit macht die beschriebenen Analysen erst möglich. Wir danken unserem wissenschaftlichen Beirat, Prof. Dr. Peter Herzer, Prof. Dr. Jörn Kekow, Prof. Dr. Bernhard Manger und Prof. Dr. Matthias Schneider, sowie den Förderern von RABBIT, den Firmen Abbott, Biovitrum, BMS, MSD, Pfizer, Roche und UCB. m Prof. Dr. rer. pol. Angela Zink Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin Ein Leibniz Institut Charitéplatz 1 10117 Berlin zink@drfz.de
Literatur: 1. Dreyer L, Mellemkjaer L, Andersen AR, Bennett P, Poulsen UE, Juulsgaard ET, Hansen TH et al. Incidences of overall and site specific cancers in TNFalpha inhibitor treated patients with rheumatoid arthritis and other arthritides - a follow-up study from the DANBIO Registry. Ann Rheum Dis 2012, doi: 10.1136/annrheumdis-2012-201969 2. Mercer LK, Green AC, Galloway JB, Davies R, Lunt M, Dixon WG, Watson KD et al. The influence of anti-TNF therapy upon incidence of keratinocyte skin cancer in patients with rheumatoid arthritis: longitudinal results from the British Society for Rheumatology Biologics Register. Ann Rheum Dis 2012; 71: 869-874
Ausblick
Deshalb bitten wir alle deutschen Rheumatologen, weiterhin Patienten bei einem Therapiewechsel auf ein Biologikum oder auf ein konventionelles DMARD (Kontrollpatienten) nach vorausgegangenem DMARDVersagen in RABBIT einzuschließen. Besonders wichtig ist es, alle Patienten bei einem Therapiebeginn mit einer seit 2009 zugelassenen Substanz aufzunehmen. In die Kontrollgruppe (Wechsel einer DMARD-Therapie) sollten Patienten eingeschlossen werden, die hinsichtlich der Schwere ihrer Erkrankung den BiologikaPatienten möglichst ähnlich sind.
Anmeldung zur Teilnahme für Ärzte Der Ablauf der Teilnahme am RABBIT-Register gestaltet sich wie folgt: - Anmeldung als teilnahmebereite(r) Arzt/ Ärztin beim Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) per Fax (030/28460790) oder per E-Mail auf der Webseite www. biologika-register.de (links unter dem Menüpunkt Kontakt) unter Angabe der eigenen Fax- und Telefonnummer. - Erhalt der Studienunterlagen und eines Vertrages mit dem DRFZ sowie einer Kopie des Vertrages zwischen Herstellerfirmen und DRFZ.
Info
Nachdem die wichtigsten „Events of Interest“ für die TNFα-Inhibitoren der ersten Generation weitgehend bearbeitet sind, wird es nun in RABBIT verstärkt um die Untersuchung seltener Ereignisse und die Bewertung neuerer Therapien gehen. Hier fehlen uns noch aussagefähige Fallzahlen.
42 Rheumatoide Arthritis
Mäßiger Alkoholkonsum mit protektiver Wirkung assoziiert? Nach den Ergebnissen einer von schwedischen Experten um Alicja Wolk, Stockholm, angestrengten prospektiven Kohortenstudie haben Frauen, die über zehn Jahre pro Woche mehr als drei alkoholische Getränke konsumieren, ein um die Hälfte reduziertes Risiko für die Entwicklung einer Rheumatoiden Arthritis (RA).
Ausgewertet wurden für die Studie 34.141 Teilnehmerinnen der „Swedish Mammography Cohort“, in der zwischen 1914 und 1918 geborene Frauen aus Zentralschweden erfasst und vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2009 nachverfolgt wurden. Neu diagnostizierte RA-Fälle wurden über ein Follow-up von 226.032 Personenjahre hinweg durch den Abgleich mit zwei nationalen schwedischen Registern identifiziert, die Daten zum Alkoholkonsum wurden in den Jahren 1987 und 1997 gesammelt. Unter den 197 Probandinnen, die neu an einer RA erkrankten, waren zwar überdurchschnittlich viele Frauen, die niemals oder nur selten Alkohol tranken. Jedoch wurde diese Assoziation erst signifikant, nachdem die Daten auf den bei Alkohol konsumierenden Frauen häufig vorliegenden Kofaktor Rauchen adjus-
tiert wurden. Danach erkrankten Frauen, die vier oder mehr alkoholische Getränke pro Woche zu sich zu nahmen, zu 37 % seltener an einer RA (relatives Risiko RR 0,63, p=0,04). Jene Frauen mit längerfristigem Alkoholkonsum (drei oder mehr alkoholische Getränke pro Woche) hatten sogar ein um 52 % geringeres Risiko für eine RA (RR 0,48). Keine Rolle spielte dabei, ob es sich bei den einzelnen Getränken um 500 ml Bier, 150 ml Wein oder 50 ml Spirituosen handelte. Daher dürfte der protektive Effekt auf den Alkohol selbst zurückzuführen sein, folgern die Autoren und vermuten, dass für das verminderte RA-Risiko eine Hemmung der Autoimmunreaktion durch den Alkohol verantwortlich ist. m Quelle: Brit Med J 2012; 345: e4230
Häufiger schwere Infektionen bei älteren Patienten Kanadische Rheumatologen und Epidemiologen um Claire Bombardier, Toronto, haben in einer aktuellen Arbeit das Risiko und Risikofaktoren für schwere Infektionserkrankungen bei älteren Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) untersucht. Basierend auf einer retrospektiven RA-Kohorte mit Patienten im Alter von mindestens 66 Jahren aus einer Datenbank der Provinz Ontario zwischen 1992 und 2010 wurde eine genestete Fall-Kontroll-Studie durchgeführt.
Hierbei wurden die Daten von RA-Patienten mit Erstdiagnose einer Infektion mit denen passender RA-Kontrollpatienten verglichen. Als Risikofaktoren wurden die medikamentöse Therapie, demografische Daten, Komorbiditäten und Marker für den Schweregrad der RA erfasst. Insgesamt wurden 20.575 Infektionen bei 86.039 RA-Patienten dokumentiert, entsprechend 46,4 Ereignissen pro 1.000 Personenjahren. Zu den häufigsten Ereignissen gehörten Infektionen der Atemwege, Herpes zoster und Haut- bzw. Bindegewebsinfektionen. Als Risikofaktoren wurden vermehrte Komorbiditäten, eine schwere RA und vorangegangene Infektionserkrankungen ermittelt. Sowohl die Behandlung mit
TNF-Inhibitoren als auch DMARDs ging mit einem erhöhten Infektionsrisiko einher (Odds Ratio, OR 1,23,5). Das diesbezüglich höchste Risiko wurde wie in anderen Studien für Glukokortikoide vor allem in höheren Dosierungen bestimmt (OR 4,0-7,6). Bei älteren RA-Patienten besteht ein erhebliches Risiko für schwere Infektionserkrankungen, das jenes von jüngeren RA-Patienten deutlich übersteigt. Wichtige Risikofaktoren sind vermehrte Begleiterkrankungen, schwere RA und frühere Infektionen. TNF-Inhibitoren und DMARDs können das Infektionsrisiko erhöhen, wobei Glukokortikoide ein besonderes Risiko darstellten. m Quelle: Arthritis Care Res 2012; doi: 10.1002/acr.21812
43 Rheumatoide Arthritis
Rauchen und Übergewicht als Risikofaktoren Bei der Rheumatoiden Arthritis (RA) ist eine genetische Prädisposition bekannt. Sie ist sowohl mit dem Vorliegen von Autoantikörpern im Serum als auch Lebensstilfaktoren assoziiert. In einer aktuellen Studie untersuchten niederländische Rheumatologen um Danielle M. Gerlag, Amsterdam, ob Rauchen und Übergewicht zur Entstehung von RA bei Menschen ohne Anzeichen einer RA, aber mit RA-spezifischen Autoantikörpern, beitragen.
Hierzu wurden 55 Personen ohne RA, jedoch mit erhöhtem RA-Risiko aufgrund vorliegender RA-spezifischer Autoantikörper im Serum, erfasst. Beim Rauchen wurde zwischen niemals und jemals rauchend unterschieden, beim Gewicht erfolgte die Differenzierung anhand des BMI (<25 normal oder ≥25 kg/ m2 übergewichtig). Klinischer Endpunkt war die Entwicklung einer RA. Zur Untersuchung des potentiellen (kombinierten) Effektes dieser Variablen auf die Entwicklung einer RA im zeitlichen Verlauf wurde eine proportionale Regressionsanalyse durchgeführt. Nach einem medianen Follow-up von 13 Monaten hatten 15 Teilnehmer (27 %) eine RA entwickelt. Rauchen war signifikant mit der Entwicklung einer RA assoziiert (Hazard ratio, HR 9,6; p=0,029), ebenso, und
zwar unabhängig vom Raucherstatus, auch Übergewicht (HR 5,6; p=0,023). Das Gesamtrisiko für RA von 28 % nach einer medianen Beobachtungszeit von 27 Monaten stieg auf 60 % bei jenen Teilnehmern, die in Kombination sowohl jemals geraucht hatten als auch übergewichtig waren. Den Autoren zufolge ist dies somit die erste prospektive Studie, in der gezeigt wurde, dass Rauchen und Übergewicht das Risiko für die Entwicklung einer RA in einer Kohorte mit Autoantikörper-positiven Individuen und dadurch bereits per se erhöhtem RA-Risiko steigert. m Quelle: Ann Rheum Dis 2012; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202254
Neue Erkenntnisse zur Parodontitis bei RA Für den Zusammenhang zwischen RA und Parodontitis wird Porphyromonas gingivalis eine wichtige Rolle zugeschrieben. Um zu untersuchen, inwieweit die zwischen Parodontitis und RA beschriebene Assoziation tatsächlich durch P. gingivalis vermittelt wird, haben niederländische Experten um Menke de Smit, Groningen, in einer klinischen, mikrobiologischen und serologischen Querschnittssstudie die Immunantwort auf P. gingivalis bei RA-Patienten mit und ohne Parodontitis mit einer Kontrollgruppe ohne RA verglichen.
Bei 95 RA-Patienten wurde der parodontale Status mit dem Dutch Periodontal Screening Index erhoben. Die Proben aus den Zahnfleischtaschen wurden mit einer anaeroben Kulturtechnik auf P. gingivalis untersucht. IgA-, IgG- und IgM-Antikörpertiter gegen P. gingivalis wurden mit einem ELISA-Test gemessen. Die Messwerte aus dem Serum und den subgingivalen Plaques wurden anschließend mit Werten einer passenden Kontrollgruppe von Personen ohne RA verglichen. Bei den RA-Patienten lag im Vergleich zu den Kontrollen signifikant häufiger eine schwere Parodontitis vor (27 vs. 12 %; p<0,001). Die RA-Patienten mit einer schweren Parodontitis hatten auch signifikant höhere DAS28-Scores als die RA-Patienten ohne oder mit moderater Parodontitis (p<0,001), während bei der
Reaktivität des IgM-Rheumafaktors oder den ACPAAntikörpern keine relevanten Unterschiede beobachtet wurden. Als weiteres Ergebnis zeigte sich, dass bei den RA-Patienten höhere IgG- und IgM-Titer gegen P. gingivalis als bei den Kontrollen ohne RA vorlagen (p<0,01 bzw. p<0,05), obwohl sich bei beiden Gruppen das Vorliegen von P. gingivalis nicht unterschied. Der Schweregrad der Parodontitis war somit in dieser Studie mit dem Schweregrad der RA assoziiert. Jene Patienten mit schwerer RA zeigten eine stärkere Antikörperantwort gegen P. gingivalis als die Kontrollpersonen. Andererseits konnte jedoch nicht bei allen RAPatienten P. gingivalis kultiviert werden. m Quelle: Arthritis Res Ther 2012, 14: R222
44 Spondyloarthritiden
Aktuelle Erkenntnisse zur Pathogenese In Anbetracht der Erkenntnis, dass die Ankylosierende Spondylitis (AS) mit einer klinischen und subklinischen Entzündung der Darmmukosa einhergeht, könnten die symbiotisch im Darm lebenden Bakterien womöglich zur Pathogenese der Erkrankung beitragen. Dies scheint eine aktuelle Studie deutscher Experten um Uta Syrbe und Joachim Sieper, Berlin, jetzt zu bestätigen.
Im Rahmen dieser Analyse untersuchten die Berliner Gastroenterologen und Rheumatologen sowohl bei Patienten mit AS als auch solchen mit Rheumatoider Arthritis (RA) die Frequenz, mit der Th1-Zellen auf konservierte Escherichia coli (E. coli)-Proteine und pathogene Faktoren bei peripheren mononukleären Zellen aus dem Blut (PBMNC) und mononukleären Zellen aus der Synovialflüssigkeit (SFMNC) reagieren. Als Kontrolle dienten PBMNC von gesunden Personen. Bei den AS-Patienten wurde eine höhere Reaktionsfrequenz der Th1-Zellen auf die konservierten E. coli-Proteine bei den SFMNC und in einem geringeren Ausmaß auch bei den PBMNC gemessen als bei den RA-Patienten (SFMNC, p<0,01; PBMNC, p<0,05). Im Gegensatz dazu bestand kein Unterschied bei der Reaktionsfrequenz der durch Cytomegalovirus- und
Staphyloccocus-Enterotoxin B (SEB) induzierten Th1Zellen bei den SFMNC zwischen AS- und RA-Patienten. Die durch SEB induzierte Th1-Zelldichte bei den PBMNC war bei den RA-Patienten sogar höher als bei den AS-Patienten (p<0,05). Der Umstand, dass nur in den entzündeten Gelenken von AS-Patienten, nicht aber bei solchen mit RA, eine höhere Dichte und Anreicherung von E. coli-spezifischen CD4 T-Zellen gemessen wurde, lässt die Autoren vermuten, dass kommensale Bakterien relevante Antigene bei der Ankylosierenden Spondylitis darstellen und möglicherweise eine Rolle in deren Pathogenese spielen können. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2012; 71: 1573-1576
Beachtliches Langzeitrisiko bei Morbus Crohn-Patienten Die Spondyloarthritis (SpA) gehört zu den extraintestinalen Manifestationen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) mit signifikanten klinischen Auswirkungen. Da die Häufigkeit, mit der diese Komorbidität auftritt, nicht gesichert ist, haben US-amerikanische Mediziner um Raina Shivashankar von der Mayo Clinic in Rochester die kumulative Inzidenz und das klinische Spektrum der SpA bei Patienten mit Morbus Crohn in einer bevölkerungsbasierten Studie untersucht.
Dazu wurden die Aufzeichnungen einer bevölkerungsbasierten Kohorte aus dem Olmsted County im US-Bundesstaat Minnesota zwischen 1970 und 2004 gesichtet. Der Verlauf der Morbus Crohn-Patienten wurde erfasst bis sie entweder verzogen, verstarben oder bis der 31. Dezember 2010 erreicht war. In der Kohorte waren insgesamt 311 Patienten an Morbus Crohn erkrankt (48,8 % Frauen, mittleres Alter 29,9 Jahre). Im Verlauf entwickelten 32 Patienten eine SpA gemäß den ASAS-Klassifikationskriterien. Die kumulative Inzidenz einer SpA nach der Diagnose eines Morbus Crohn betrug nach zehn Jahren 6,7 %, nach 20 Jahren 13,9 % und 18,5 % nach 30 Jahren. Die kumulative Inzidenz einer ankylosierenden Spon-
dylitis (AS) lag nach zehn Jahren bei 0 %, und in der Folge nach 20 und 30 Jahren jeweils bei 0,5 %. Die Autoren haben erstmalig die kumulative Inzidenz einer Spondyloarthritis bei Patienten mit Morbus Crohn anhand der kompletten medizinischen Aufzeichnungen einer bevölkerungsbasierten Kohorte definiert. Die kumulative Inzidenz aller Formen einer SpA stieg bis auf fast 20 % dreißig Jahre nach der Erstdiagnose eines Morbus Crohn an. Die Ergebnisse legen nahe, dass bei der Betreuung dieser Patienten immer auch an eine eventuell auftretende SpA gedacht werden sollte. m Quelle: J Rheumatol 2012; 39: 1248-1252
45 ANCA-assoziierte Vaskulitiden
Genetische Unterschiede zwischen Vaskulitis-Formen Ein internationales Konsortium von 25 Studienzentren mit deutscher Beteiligung konnte nachweisen, welche genetischen Veränderungen bei Patienten mit einer ANCA-assoziierten Vaskulitis (AAV) vorliegen. Letztere umfasst zwei Hauptformen: die Granulamatose mit Polyangiitis (GPA), früher als Wegener’sche Granulamatose bezeichnet, und die mikroskopische Polyangiitis (MPA).
Die Experten um Paul A. Lyons und Kenneth C. Smith, Cambridge (Großbritannien), hatten in einer genomweiten Assoziationsstudie zunächst 1.233 britische Patienten mit ANCA-assoziierter Vaskulitis und 5.884 Kontrollen verglichen. Anschließend erfolgte eine Replikation bei 1.454 nordeuropäischen AAV-Fällen und 1.666 Kontrollen, so dass insgesamt eine beachtliche Zahl von AAV-Patienten analysiert werden konnte. Im Ergebnis zeigten sich sowohl im Major-Histocompatibility-Complex (MHC) als auch Nicht-MHC Assoziationen mit AAV und genetische Unterschiede zwischen GPA und MPA. Die stärkste genetische Assoziation bestand mit der ANCA-Antigenspezifität, nicht mit dem klinischen Syndrom. Anti-Proteinase 3 ANCA war assoziiert mit HLA-DP und den für α1-Antitrypsin (SERPINA1) und Proteinase 3 (PRTN3) kodierenden Ge-
nen (P=6,2×10-89, P=5,6×10-12 und P=2,6×10-7). AntiMyeloperoxidase ANCA war mit HLA-DQ (P=2,1×10-8) assoziiert. Die Studie bestätigt, dass die Pathogenese der AAV eine genetische Komponente aufweist mit einer genetischen Unterscheidung zwischen GPA und MPA, die mit der ANCA-Spezifität assoziiert ist. Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass die Antwort gegen die Autoantigen Proteinase 3 ein zentrales pathogenetisches Merkmal der Proteinase 3 ANCA-assoziierten Vaskulitis ist. Überdies scheinen die Daten die Hypothese zu stützen, dass es sich bei Proteinase 3 ANCA-assoziierter Vaskulitis und Myeloperoxidase ANCA-assoziierter Vaskulitis um unterschiedliche Autoimmunsyndrome handelt. m Quelle: N Engl J Med 2012; 367: 214-223
Großgefäßvaskulitiden
IL-6-Blockade als mögliche Therapieoption Bei Großgefäßvaskulitiden wie der Riesenzellarteriitis (RZA), der Takayasu Arteriitis (TA) oder bei Polymyalgia rheumatica (PMR) ist der Interleukin (IL)-6-Signalweg hochreguliert. US-amerikanische Experten um John H. Stone, Boston, haben daher in einer retrospektiven Studie die Therapieeffekte des IL-6-Rezeptorblockers Tocilizumab bei zehn Patienten mit rezidivierender/refraktärer RZA, TA und PMR analysiert.
Sieben Patienten wiesen eine RZA auf, zwei litten an einer TA und ein Patient an einer PMR, die Mehrzahl hatte bereits auf mindestens eine Basistherapie nicht angesprochen. Erfasst wurden die Symptomatik, Krankheitsaktivität, Entzündungsmarker, Reduktion von Glukokortikoiden sowie moderne Schnittbildverfahren, wenn sie klinisch erforderlich waren. Die mittlere Beobachtungszeit seit der Diagnosestellung betrug 27 Monate. Die Therapie mit Tocilizumab dauerte im Mittel 7,8 Monate, vor deren Beginn traten durchschnittlich 2,4 Rezidive pro Jahr auf. Alle Patienten gelangten unter Tocilizumab in eine klinische Remission. Die mittleren täglichen Prednisondosen lagen vor Tocilizumab bei 20,8 mg/Tag und nach Therapiebeginn bei 4,1 mg/Tag (p=0,0001). Auch die mittlere BSG nahm signifikant von 41,5 auf 7 mm/h
(p=0,0001) ab. Zu den unerwünschten Wirkungen unter Tocilizumab zählten leichte Neutropenien (n=4). Zwei Monate nachdem Tocilizumab abgesetzt worden war, erlitt ein Patient ein Rezidiv. Unter Tocilizumab kam es bei Patienten mit refraktärer/ rezidivierender Riesenzellarteriitis, Takayasu Arteriitis und Polymyalgia rheumatica zu einer Besserung der klinischen und serologischen Parameter. Die autoptisch gesicherte persistierende Vaskulitis großer Gefäße bei einem Patienten, der auf Tocilizumab sehr gut angesprochen hatte, erfordert eine genauere Überprüfung in größeren Studien. m Quelle: Arthritis Care Res 2012; 64: 1720–1729
46 Arthrose
Neue Konzepte für medikamentöse Therapie Die bei Arthrose (oder Osteoarthritis, OA) auftretende Gelenkdegeneration wird inzwischen als ein komplexer aktiver Prozess mit Umbau der beteiligten Gelenke verstanden. Charakteristisch sind hierbei Veränderungen im Chondrozytenmetabolismus und der Knorpelmatrix, zunehmende Verknöcherungen des Gelenkknorpels und auch Entzündungsschübe. Noch unzureichend aufgeklärt ist die Pathogenese der Arthrose, auch gibt es bislang keine effektive krankheitsmodifizierende Therapie. Die Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten erstreckt sich jetzt auch auf bereits z. B. bei Rheumatoider Arthritis (RA) bewährte Substanzen wie den TNF-Inhibitor Adalimumab oder den bei Osteoporose etablierten Wirkstoff Strontiumranelat.
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Eckpfeiler der symptomatischen Therapie mit dem Ziel einer effektiven Schmerzreduktion und Entzündungshemmung sind in erster Linie Analgetika wie Paracetamol, traditionelle NSAR, selektive COX-2-Hemmer, aber auch Opioide, sowie intraartikulär Glukokortikoide. Nur für diese Wirkstoffe ist eindeutig eine klinische Evidenz belegt.
das große Manko der Arthrose-Therapie weiterhin darin, dass es anders als für die RA keine kausale Behandlung mit nachweislich effektiven DMARDs (oder hier „echte“ DMOADs) gibt, die nicht nur symptomatisch wirksam sind, sondern auch den progressiven Verlauf einer Osteoarthritis substantiell und langfristig aufhalten können.
Überdies werden als symptomatisch langsam wirkende Medikamente jeweils ohne direktem analgetischen Effekt oral vor allem Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat eingesetzt, wobei – die eher schwachen Empfehlungen seitens der Fachgesellschaften EULAR und ACR widerspiegelnd – die Studienlage für diese beiden Substanzen durchaus inkonsistent ist. Letzteres gilt ebenso für die intraartikulär zu injizierende Hyaluronsäure. Ebenso umstritten und derzeit nicht empfohlen wird eine intraartikuläre Therapie mit Orthokin, einem aus Eigenblut „angereicherten“ Interleukin (IL)-1-Antagonisten. Noch im experimentellen Stadium oder in der frühen klinischen Studienphase sind neuere Therapieansätze wie z. B. mit dem Fibroblasten-Wachstumsfaktor-18 (FGF-18). Damit besteht
Zwei Studien zur TNF-Blockade mit Adalimumab Neu im Fokus sind jetzt auch bereits aus anderen Indikationen bekannte Wirkprinzipien wie z. B. die TNFBlockade, da die als wichtiges Merkmal der Arthrose vorliegende Entzündung mit einer synovialen Expression von TNFα assoziiert ist. In einer doppelblinden, randomisierten Studie untersuchten Gust Verbruggen, Ghent (Belgien), und Kollegen kürzlich die Wirksamkeit einer Anti-TNF-Therapie mit Adalimumab auf die Progression der strukturellen Schädigung bei Patienten mit einer erosiven Osteoarthritis (OA) der interphalangealen (IP)-Fingergelenke (1). Im Rahmen der Studie erhielten über ein Jahr hinweg 60 Patienten mit röntgenologisch gesicherter OA der Hand alle zwei Wochen 40 mg Adalimumab s.c. oder Placebo. Im Verlauf des 12-monatigen Beobachtungszeitraums zeigte sich bei 40,0 und 26,7 % der Patienten des Placebo- und Adalimumab-Arms eine aktive Erkrankung mit mindestens einem neuen erosiven IPGelenk. Dieses Ergebnis war jedoch nicht signifikant und auch insgesamt wurde kein Nutzen des TNF-Blockers nachgewiesen. Als wichtigster Risikofaktor für eine erosive Progression des IP-Gelenks wurde eine tastbare Schwellung zu Studienbeginn ermittelt. In dieser Subgruppe zeigte sich eine signifikant geringere Erosivität im Röntgenbild unter Adalimumab (3,7 vs. 14,5 %, p=0,009). Überdies wurde eine verringerte Rate des mittleren Anstiegs des Erosions-Scores ermittelt. Somit wurde zumindest bei Patienten mit hö-
47 herem Progressionsrisiko ein geringeres Fortschreiten der Gelenkschädigung gezeigt – nur bei diesen dürfte sich eine weitere Evaluation tatsächlich lohnen. Weitere Daten zu einer Anti-TNF-Therapie als neuem Behandlungsansatz bei Arthrose lieferte eine kanadische Open-label-Studie von Walter P. Maksymowych, Edmonton, und Kollegen (2). Hierin wurde wiederum Adalimumab, diesmal über 12 Wochen, bei 20 Patienten mit entzündlicher Gonarthrose und Nachweis eines Blutergusses eingesetzt, die zudem im Monat vor Therapiebeginn täglich Knieschmerzen und einen hohen WOMAC Pain-Score von 125-400 (max. erreichbar 500) aufweisen mussten. Primärer Endpunkt war das OARSI/OMERACT-Ansprechen in Woche 12, sekundäre Endpunkte waren Verbesserungen des WOMAC Pain-Scores um 20 und 50 %, WOMAC Steifigkeits- und Funktions-Scores, Gesamt-VAS Patient/Arzt und die Schwellung des Zielgelenks. Die Behandlung mit Adalimumab wurde gut vertragen und 17 der 20 Patienten schlossen die Studie ab, wobei die Abbrüche nicht auf mangelnde Effektivität oder unerwünschte Wirkungen zurückzuführen waren. In einer ITT-Analyse zeigte sich ein OARSI/ OMERACT-Ansprechen bei 70 % der Teilnehmer. Eine Reduktion des WOMAC Pain-Scores um 20 bzw. 50 % wurde von 70 bzw. 40 % der Patienten erreicht. Signifikante Verbesserungen wurden nach 12 Wochen auch bei allen weiteren sekundären Endpunkten erzielt (je p<0,0001). Nach Beendigung der Therapie konnten 16 Patienten auch nach 22 Wochen ausgewertet werden und es konnte im Vergleich zum Ausgangswert bei Studienbeginn ein OARSI/OMERACT-Ansprechen bei immer noch 50 % dokumentiert werden. Demnach könnte eine TNF-Blockade z. B. mit Adalimumab bei Arthrose einen therapeutischen Nutzen aufweisen, den es in kontrollierten Studien weiter zu evaluieren gilt. Insgesamt scheint dieser Therapieansatz in erster Linie bei Vorliegen einer deutlichen entzündlichen Komponente sinnvoll zu sein.
Positive Phase-III-Daten zu Strontiumranelat Aufgrund seiner in-vitro gezeigten positiven Wirkungen auf den Chondrozytenmetabolismus gab es bereits Anhaltspunkte dafür, den bei postmenopausaler Osteoporose etablierten Wirkstoff Strontiumranelat auch bei Arthrose zu testen. Dies gilt umso mehr, nachdem eine von Olivier Bruyère, Liège (Belgien), und Kollegen durchgeführte Post-hoc-Analyse der beiden Zulassungsstudien für Osteoporose mit Patienten mit begleitender Arthrose an der Lendenwirbelsäule eine signifikante Reduktion der Progression gegenüber Placebo um 42 % (p=0,0005) gezeigt hatte (3).
Daraufhin wurde in einer doppelblinden, randomisierten placebokontrollierten Phase-III-Studie über drei Jahre von einer internationalen Studiengruppe um Jean-Yves Reginster, gleichfalls Lüttich (Belgien), sowohl die Effektivität (hinsichtlich der Reduktion der radiologischen Progression) als auch die Sicherheit von Strontiumranelat bei der Behandlung von Patienten mit symptomatischer primärer Gonarthrose gemäß den ACR-Kriterien (z. B. fast durchgehende Knieschmerzen VAS ≥40 im Monat vor Therapiebeginn) untersucht (4). In die SEKOIA-Studie wurden 1.683 Patienten (ITT-Population n=1.371) mit Gonarthrose (Kellgren and Lawrence-Score 2-3, Gelenkspaltweite 2,5-5 mm) eingeschlossen, die für 36 Monate entweder Strontiumranelat 1 g/Tag (n=558), 2 g/ Tag (n=566) oder Placebo (n=559) erhielten. Primärer Endpunkt war die radiologische Veränderung der Gelenkspaltweite, als sekundäre Endpunkte wurden die radiologische Progression, der WOMAC-Score und Knieschmerzen erfasst. Im Ergebnis war die Behandlung mit Strontiumranelat (SR) mit einer signifikant geringeren Reduktion der Gelenkspaltweite assoziiert (SR 1 g/Tag -0,23 mm, SR 2 g/Tag -0,27 mm; Placebo -0,37 mm; p<0,001 für SR 1 g/Tag und p=0,018 für SR 2 g/Tag vs. Placebo). Auch wurde unter Strontiumranelat eine signifikant geringere radiologische Progression (Gelenkspaltverschmälerung, JSN ≥0,5 mm; p<0,001 und p=0,012 für SR 1 und 2 g/Tag) und auch radiologisch/klinische Progression (JSN ≥0,5 mm und Verbesserung des WOMAC-Scores <20 %; p=0,049 und p=0,008 für SR 1 und 2 g/Tag) beobachtet. Für Strontiumranelat 2 g/ Tag wurde zudem eine größere Reduktion des WOMAC-Scores (p=0,045), eine Besserung der WOMACSubscores Schmerz (p=0,028) und physische Funktion (p=0,099) und auch der Knieschmerzen (p=0,065) dokumentiert. Insgesamt zeigte sich eine gute Verträglichkeit von Strontiumranelat. Damit könnte Strontiumranelat durchaus eine neue interessante Therapieoption sein, die es aber in weiteren Studien und auch bei anderen Arthroseformen noch genauer zu untersuchen gilt. Bei Gonarthrose ist Strontiumranelat mit einem signifikant positiven Effekt auf die strukturelle Progression assoziiert, unter der höheren Dosierung zeigt sich auch eine moderate symptomatische Wirksamkeit. m
Literatur: 1 Ann Rheum Dis 2012; 71: 891-898 2 Arthritis Res Ther 2012; 14: R206 3 Ann Rheum Dis 2008; 67: 335-339 4 Ann Rheum Dis 2012; doi:10.1136/annrheumdis 2012-202231
48 Rheumatoide Arthritis
Spezifische JAK-Inhibition zeigt Wirksamkeit Auf dem DGRh-Kongress in Bochum wurden aktuelle Neuentwicklungen in der Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) präsentiert. Im Fokus der klinischen Forschung am weitesten fortgeschritten ist die Untersuchung von kleinen Molekülen, die die intrazellulären Signalwege der Janus-Kinasen (JAK) und der Spleen Tyrosine-Kinasen (Syk) hemmen. Ein Vertreter der JAK-Inhibitoren ist Tofacitinib, während Fostamatinib die Syk-Signalweiterleitung inhibiert.
Tofacitinib überzeugt in Phase-III ORAL-Studien „Viele der proinflammatorischen Zytokine wirken ganz wesentlich über die Signalwege der Janus-Kinasen“, erläuterte Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden. Er berichtete, dass sich derzeit für die RA z. B. mehrere Inhibitoren der JAK-Signalwege in der klinischen Prüfung befinden. Für den JAK-Inhibitor Tofacitinib ist die Zulassung beantragt. Die Entwicklung dieser neuen oralen DMARDs könnte dazu beitragen, mögliche Limitationen bisheriger Therapieoptionen zu überwinden. „Wir brauchen neue Ansätze, die über das hinausgehen, was wir heute zu Verfügung haben, und die geringere Anforderungen an die Lagerung der Medikamente und Bereitstellung von Infusionsplätzen mit sich bringen“, betonte PD Dr. Eugen Feist, Berlin. Das in der klinischen Forschung am weitesten fortgeschrittene neue orale DMARD ist Tofacitinib, sagte Feist. Weltweit wurden bisher mehr als 4.000 erwachsene Patienten mit mittelschwerer bzw. schwerer aktiver RA im großen Phase-III-Studienprogramm ORAL mit Tofacitinib behandelt. In allen sechs Phase-IIIStudien erhielten die Studienteilnehmer randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert zweimal täglich eine von zwei Dosierungen des JAK-Inhibitors. In der 12-Monats-Studie ORAL Standard erhielten 717 Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf MTX zusätzlich zu einer stabilen MTX-Dosis zweimal täglich eine von zwei Dosierungen Tofacitinib oder alle zwei Wochen s.c. den TNF-α-Blocker Adalimumab oder Place-
bo. Die Wirksamkeit von Tofacitinib und Adalimumab wurde jeweils mit Placebo, nicht aber untereinander verglichen. „Tofacitinib hat in der Studie ein schnelles und gutes Ansprechen sowie eine anhaltende Wirksamkeit über 36 Monate in der offenen Studienfortführung gezeigt“, hob Feist hervor. „Safety first ist das oberste Gebot in der Behandlung von Patienten“, so Dr. Rieke Alten, Berlin, die Daten zur Sicherheit und Verträglichkeit von Tofacitinib in den klinischen Studien vortrug. Insgesamt liegen Erfahrungen über drei Jahre vor, es gibt keine neuen Sicherheitssignale über das hinaus, was in den randomisierten klinischen Studien beobachtet wurde, zu berichten. Grundsätzlich zeigt sich u. a. ein ähnliches Risiko für Infektionen, wie es auch bei den etablierten Biologika zur Behandlung der RA bekannt ist. Im Labor zeigte sich neben einem dosisabhängigen Abfall der Neutrophilenzahl, ein Anstieg der Transaminasen und eine Erhöhung des mittleren LDL-, HDL- und Gesamtcholesterins. Diese Parameter sollten unter einer Tofacitinib-Therapie monitoriert werden. m
„Die Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten von Tofacitinib lassen uns hoffen, dass wir mit den neuen oralen DMARDs therapeutische Lücken schließen können“, resümierte Prof. Dr. Jörn Kekow, Magdeburg. Dies gelte im Besonderen für Non-Responder auf eine Standardtherapie bzw. als Alternative bei lokalen Unverträglichkeitsreaktionen sowie Kontraindikationen bei herkömmlichen antirheumatischen Medikamenten. Zudem würde die orale Gabe der neuen DMARDs die Anwendung für Patient und Arzt z. B. im Vergleich zu parenteral zu verabreichenden Biologika erleichtern.
Quelle: Satellitensymposium der Pfizer Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
Ausblick
Anders als Biologika, die Entzündungsvorgänge im extrazellulären Raum blockieren, greifen die in der klinischen Entwicklung befindlichen „small molecules“ in die intrazelluläre Signaltransduktion verschiedener Zytokine ein. Indem sie die Weiterleitung der ZytokinSignale von der Zelloberfläche in den Zellkern von Immunzellen und damit die konsekutive Aktivierung von Transkriptionsfaktoren modulieren, können sie die für eine RA typische überschießende Immun- und Entzündungsreaktion günstig beeinflussen.
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50 Rheumatoide Arthritis
Abatacept jetzt auch als subkutane Injektion zugelassen Als einziger selektiver T-Zell-Costimulationsmodulator zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven RA ist Abatacept als First-Line-Biologikum nach DMARD/MTX-Versagen zugelassen und in den aktuellen Leitlinien empfohlen. Besonders profitieren Patienten vom frühen Einsatz von Abatacept durch einen schnellen Wirkeintritt (1) und eine über sieben Jahre anhaltende Wirksamkeit (2). In der AMPLE-Studie war die Wirksamkeit von Abatacept jener des TNF-Blockers Adalimumab vergleichbar (3). Die in dieser Studie bereits eingesetzte subkutane (s.c.) Injektion wurde vor kurzem zugelassen. Abatacept ist damit das erste und einzige Biologikum, das in beiden Darreichungsformen zur Verfügung steht.
Beispielhaft für den raschen Wirkeintritt von Abatacept (ORENCIA®) sind die auf dem EULAR-Kongress präsentierten Daten einer Power Doppler (PD)-Ultraschalluntersuchung der einarmigen internationalen Open-label Phase IIIb-Studie IM 101-179 mit 104 Patienten mit aktiver RA und unzureichendem Ansprechen auf MTX. In der Studie kam erstmals der neu entwickelte globale PD-Ultraschall (US)-Synovitisscore zur Anwendung. Nach bereits sieben Tagen zeigte sich unter Abatacept eine signifikante Abnahme der synovialen Inflammation im globalen PDUS-Score (-0,7 Punkte), die zum Ende des Beobachtungszeitraums nach sechs Monaten noch deutlicher war (-4,8 Punkte) (1).
Patienten mit LDAS oder DAS28-Remission (%)
Die ausgezeichnete Langzeitwirksamkeit von Abatacept wurde exemplarisch in einer Open-label-Erweiterung der auf 12 Monate angelegten randomisierten, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie IM 101-100 mit 235 Patienten mit aktiver RA und DMARD-Versagen nachgewiesen. Zum Ende der kontrollierten Studienphase erreichten unter Abatacept 48,2 bzw. 25,3 % der Teilnehmer eine niedrige Krankheitsaktivität (LDAS ≤3,2) respektive DAS28-Remission <2,6. In der offenen Verlängerung mit Abatacept betrugen Umstellung aller Patienten auf Abatacept s.c.
Abatacept s.c. Abatacept i.v. umgestellt auf s.c.
60 LDAS
s.c. 39,5% i.v. 41,3%
40 DAS28Remission 20
s.c. 24,2% i.v. 24,8%
0 0 15 29 57 85 113 141 169
253
365
449
533
617
729
Tag
Abb. 1: ACQUIRE-Studie: Vergleichbar gute Wirksamkeit gemäß Erreichen von LDAS oder DAS28-Remission von Abatacept s.c. und i.v. (5)
nach sieben Jahren bei guter Verträglichkeit die Anteile der Patienten mit LDAS und in Remission 69,7 bzw. 51,5 % (2).
Neue s.c.-Applikation ebenso wirksam wie i.v.-Gabe Eine noch höhere Akzeptanz von Abatacept verspricht jetzt die kürzlich zugelassene s.c.-Injektion, die dem Arzt ermöglicht, flexibler auf die Bedürfnisse und die individuelle Situation des Patienten einzugehen. Die Zulassung von Abatacept s.c. basiert auf den Daten der Phase-IIIb-Studie ACQUIRE, in der 1.457 RA-Patienten im Verhältnis 1:1 auf Abatatcept s.c. (125 mg/Woche) oder i.v. (~10 mg/kg) randomisiert wurden. Nach sechs Monaten zeigte sich die Nicht-Unterlegenheit von Abatacept s.c. hinsichtlich des primären Endpunkts ACR20-Ansprechen (4). In der offenen Extensionsphase der Studie wurden dann auch die i.v. Patienten auf Abatacept s.c. umgestellt. Bei insgesamt hoher Retentionsrate waren nach zwei Jahren bei vergleichbar guter Therapiesicherheit keine Unterschiede bei der DAS28Remission, dem LDAS (Abb. 1), den ACR/20/50/70-Ansprechraten oder dem HAQ erkennbar (5). Dass die Umstellung auch von langjährig mit Abatacept i.v. behandelten Patienten auf die s.c.-Darreichungsform problemlos möglich ist, bestätigen auch die Ergebnisse der einarmigen Phase-IIIb-Studie ATTUNE mit 123 Patienten. Wie schon in ACQUIRE ergaben sich keine relevanten Hinweise auf eine erhöhte Rate unerwünschter Ereignisse oder eine erhöhte Immunogenität (6). Ein absoluter Höhepunkt des diesjährigen EULARKongresses war die Vorstellung der Ergebnisse der Head-to-head-Studie AMPLE zum Vergleich zweier First-line-Biologika in der Kombination mit Methotrexat (MTX). In die von Studienleiter Prof. Dr. Michael
51
AMPLE: Abatacept vergleichbar wirksam wie Adalimumab Die Studie erfüllte überzeugend den primären Endpunkt der Nicht-Unterlegenheit: Mit Abatacept/MTX erreichten nach einem Jahr 64,8 % der Patienten ein ACR20-Ansprechen im Vergleich zu 63,4 % unter Adalimumab/MTX. Auch bei den strengeren Kriterien des ACR50- und 70-Ansprechens sowie der Reduktion der Krankheitsaktivität gemäß DAS28-CRP zeigten beide Biologika eine vergleichbar gute Wirksamkeit. Ebenfalls vergleichbar war die Schnelligkeit des Wirkeintritts, so z. B. hinsichtlich des ACR20-Ansprechens mit 42,5 vs. 47,6 % nach vier Wochen (Abb. 2). In beiden Behandlungsarmen wurde zudem jeweils eine ausgeprägte Hemmung der radiologischen Progression verzeichnet: Nach 12 Monaten war unter Abatacept/MTX bei 84,8 vs. 88,6 % der Patienten unter Adalimumab/MTX keine radiologische Progression nachweisbar. Aufgrund von unerwünschten Ereignissen respektive schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen brachen 3,5 bzw. 1,3 % der Patienten der Abatacept/MTX-Gruppe die Therapie ab im Vergleich zu 6,1 bzw. 3,0 % der Patienten unter Adalimumab/MTX. Die Daten zur Sicherheit waren nach 12 Monaten somit vergleichbar, jedoch traten Reaktionen an der Injektionsstelle im Abatacept/ MTX-Arm statistisch signifikant seltener auf (3,8 vs. 9,1 %, p=0,006). Die Ergebnisse aus AMPLE zeigen eindrücklich, so betonte Prof. Schiff, dass Abatacept s.c. im Vergleich zu einem meist bei Patienten nach MTX/DMARD-Versagen primär eingesetzten TNF-Blocker wie Adalimumab nicht nur in puncto Wirksamkeit, sondern auch hinsichtlich der Schnelligkeit des Wirkansprechens absolut vergleichbar ist und somit eine ebenbürtige Therapiealternative darstellt. Laut Prof. Dr. Désirée van der Heijde, Leiden (Niederlande), ist die Studie auch deshalb so wichtig, da sie als erste Head-to-Head-Studie zweier Biologika auch Endpunkte zur radiologischen
Progression berücksichtigt und wichtige Angaben zu Erosion und Gelenkspaltverschmälerung bei Patienten lieferte.
Zusammenfassung Bei AMPLE handelte es sich um die erste Head-to-HeadStudie bei erwachsenen RA-Patienten zum Vergleich zweier Biologika in Kombination mit MTX nach MTXVersagen. Die mittels ACR20-Ansprechen bestimmte Wirksamkeit von Abatacept s.c. und Adalimumab war nach 12 Monaten vergleichbar. Vor allem zeigte Abatacept s.c. einen vergleichbar schnellen Wirkeintritt wie Adalimumab. Die radiologisch nachweisbare Progression war über ein Jahr für beide Substanzen ebenfalls vergleichbar. Nach MTX- bzw. DMARD-Versagen ist Abatacept in der neuen anwendungsfreundlichen s.c.-Applikationsform somit eine gleichwertige Alternative zum TNF-Blocker Adalimumab. Abatacept ist das erste und einzige Biologikum, das in beiden Darreichungsformen zur Verfügung steht. In der aktualisierten DGRh-Leitlinie wird Abatacept als First-lineBiologikum nach DMARD-Versagen empfohlen (7). m Quellen: 1. D’Agostino M et al., Ann Rheum Dis 2012; 71(Sup pl3): 186 (EULAR 2012, Poster THU0095) 2. Westhovens R et al., Ann Rheum Dis 2009; 68(Sup pl3): 577 (EULAR 2009, Abstr. SAT0108) 3. Schiff M et al., Ann Rheum Dis 2012; 71(Suppl3): 60 (EULAR 2012, Abstr. OP0022) 4. Genovese MC et al., Arthritis Rheum 2011; 63(10): 2854-2864 5. Genovese MC et al., ACR 2011, Abstr. 402 6. Keystone EC et al., Ann Rheum Dis 2012; 71(6): 857 861 7. Krüger K et al., Z Rheumatol 2012; 71: 592-603 Abatacept + MTX (n=318) Adalimumab + MTX (n=328)
80
66,5 %
70 ACR20/50/70-Ansprechen (%)
Schiff, Denver (USA), präsentierte randomisierte, doppelblinde, multinationale Phase-IIIb-Studie über 24 Monate wurden 646 Biologika-naive Patienten mit mäßiger bis schwerer RA und unzureichendem MTXAnsprechen eingeschlossen. Die Patienten erhielten randomisiert 125 mg Abatacept s.c. wöchentlich oder 40 mg Adalimumab alle zwei Wochen, jeweils in Kombination mit MTX. Primärer Endpunkt war die Nicht-Unterlegenheit von Abatacept s.c. plus MTX gegenüber Adalimumab plus MTX anhand des ACR20Ansprechens nach 12 Monaten. Sekundäre Endpunkte berücksichtigten Reaktionen an der Injektionsstelle, die mit dem modifizierten Total Sharp-Score (mTSS) erfasste radiologische Progression, sowie die Sicherheit und Retention (3).
60
ACR 20
66,0 %
47,6 %
50 40,5 %
40
42,5 %
ACR 50
30
23,2 %
17,1 %
20 10 0
40,3 %
ACR 70
21,1 %
13,5 % 4,7 % 3,7 %
0 15 30 45 60 75 90 105 120 135 150 165 Tag ITT-Population, D/C=NR-Analyse
Abb. 2: AMPLE-Studie: Vergleichbar schneller Wirkeintritt von Abatacept s.c. und Adalimumab (jeweils plus MTX) bei den ACR20/50/70Ansprechraten (3)
52 S1-Leitlinie der DGRh
Neuer Stellenwert für Tocilizumab im Therapiealgorithmus der RA Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) veröffentlichte mit der neuen S1-Leitlinie zwölf Empfehlungen zur Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA). Hiernach wird nun auch Tocilizumab als First-Line-Biologikum aufgeführt. Der Interleukin-6 (IL-6)-Rezeptorblocker kann direkt in der Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) eingesetzt werden, wenn die Vorbehandlung mit klassischen Basismedikamenten (DMARDs) versagt hat. Zudem erhält Tocilizumab einen exklusiven Status: Wenn eine MTX-Unverträglichkeit vorliegt, wird es als einziges Biologikum für die Monotherapie empfohlen. Diese Neuerungen im Therapiealgorithmus eröffnen neue Möglichkeiten in der Praxis und kommen vor allem RA-Patienten zugute, bei denen DMARDs wie MTX keine Therapieoption darstellen.
Die neuen Empfehlungen und der überarbeitete Therapiealgorithmus (Abb. 1) in der S1-Leitlinie der DGRh zur sequenziellen medikamentösen Behandlung von Patienten mit RA basieren auf den EULARVorgaben des Jahres 2010. Als oberstes Therapieziel bei fortgeschrittener RA ist die Remission bzw. eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität definiert. Daher empfiehlt die S1-Leitlinie, bei der Diagnose RA die Behandlung mit klassischen DMARDs wie MTX einzuleiten. Zeigt die Basismedikation mit MTX in Mono- bzw. in der Kombinationstherapie mit anderen DMARDs nur unzureichende Wirksamkeit, wird, speziell bei ungünstigen Prognosefaktoren, eine Kombinationsbehandlung von MTX plus Biologikum empfohlen (1).
Schritte: DMARDMonotherapie
Vorgeschlagene Medikation:
Alternativen: Leflunomid Sulfasalazin
MTX (15 mg/Wo.) + Prednisolon 4-6 Wo.
MTX → Optimierung, Prednisolon → Anpassung 4-6 Wo.
DMARDKombination
MTX + LEF
MTX + SSZ + HCQ
*
Gold parenteral (Hydroxy)chloroquin Ciclosporin A Azathioprin MTX + CSA
3 Mo.
1. Biologikum
ABA, ADA**, CZP**, ETN**, GOL, INF, TCZ*** + MTX
Anakinra + MTX
3-6 Mo.
2. Biologikum
* ** ***
ABC, RTX, TNF**, TCZ*** + MTX
Weitere immunmodulierende Therapien inkl. Cyclophosphamid
bei Vorliegen einer hohen Krankheitsaktivität, insbesondere mit ungünstigen Prognosefaktoren ADA, CZP, ETN sind auch für die Monotherapie zugelassen, wenn MTX nicht einsetzbar ist TCZ ist auch für die Monotherapie zugelassen, wenn MTX nicht einsetzbar ist und hat sich in Studien als gleich effektiv in Monotherapie und in Kombination mit MTX erwiesen
Abk.: ABA: Abatacept, ADA: Adalimumab, CZP: Certolizumab, ETN: Etanercept, GOL: Golimumab, INF: Infliximab, RTX: Rituximab, TCZ: Tocilizumab, CSA: Ciclosporin A, HCQ: Hydroxychloroquin, LEF: Leflunomid, MTX: Methotrexat, SSZ: Sulfasalazin, TNF: TNF-Inhibitoren
Abb. 1: Aktueller Therapiealgorithmus in der RA (mod. nach [1])
Richtungsweisende Empfehlungen für Tocilizumab Nach unzureichendem Ansprechen auf zwei klassische DMARDs soll eine Biologika-Therapie erfolgen. Neben den Tumornekrosefaktor (TNF)-α-Hemmern wird nun auch der IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab (RoACTEMRA®) als so genanntes First-Line-Biologikum herausgestellt. Die besondere Stellung innerhalb der RA-Therapie wird zudem durch eine weitere Neuerung im Therapiealgorithmus deutlich: Als einziges Biologikum wird Tocilizumab für die Monotherapie ausdrücklich empfohlen, wenn eine Unverträglichkeit gegenüber MTX vorliegt, da Tocilizumab allein ähnlich wirksam wie in der Kombination mit MTX ist (1).
Individuelle Therapiestrategie und optimale medizinische Betreuung Als weiteres Behandlungsziel wird in der S1-Leitlinie – neben der Remission bzw. einer niedrigen Krankheitsaktivität – eine bestmögliche Betreuung des Patienten mit einer gemeinsamen patientenorientierten Therapieplanung definiert. Radiologische Progression, Krankheitsaktivität und Prognosefaktoren sind bei der Festlegung einer individuellen Therapiestrategie zu berücksichtigen. Zudem ist Hintergrundwissen über die Toxizität der Substanzen, Komorbiditäten, Begleitmedikationen und Complianceverhalten des Patienten bei der Therapieauswahl erforderlich (1). So erhalten aus den genannten Aspekten etwa 30 % der BiologikaPatienten ihre Therapie ohne begleitendes DMARD (2). Die S1-Leitlinie trägt dieser Praxisrealität mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit eines individuellen Behandlungskonzeptes Rechnung. Falls eine Biologika-
53 Monotherapie angezeigt ist, kann Tocilizumab nach den S1-Leitlinien als Therapie der Wahl empfohlen werden.
Der erste direkte Vergleich zweier Biologika-Monotherapien in der Studie ADACTA brachte den Beweis für die überlegene Wirksamkeit der Tocilizumab-Monotherapie: Gemessen anhand der mittleren Veränderung des DAS28-Scores (primärer Endpunkt) erreichten Patienten unter Tocilizumab eine signifikant größere Reduktion der Krankheitsaktivität (DAS-Reduktion um 3,3) als Patienten unter Adalimumab (DAS-Reduktion um 1,8). Besonders markant waren die Vorteile zugunsten von Tocilizumab hinsichtlich der Endpunkte DAS28-Remission (≤2,6) und niedriger Krankheitsaktivität (Low-DAS28 ≤3,2). Auch bei dem vom CRP nicht beeinflussten Kriterium des CDAI ließ sich eine signifikante Überlegenheit des IL-6-Rezeptorblockers sowohl in puncto CDAI-Remission (≤2,8) als auch niedriger Krankheitsaktivität (>2,8-10) plus Remission im CDAI nachweisen (Abb. 2) (3). m
p=0,0003
47,9
50 40 Anteil Patienten (%)
Studienergebnisse sprechen für Biologika-Monotherapie mit Tocilizumab
Adalimumab Tocilizumab (n=162) (n=163)
29,1
30 p=0,0389
17,2
20 10 0
9,3
Remission (0-2,8 Pkt. im CDAI)
geringe Krankheitsaktivität (>2,8-10 Pkt. im CDAI) plus CDAI-Remission ≤2,8 Pkt.
Abb. 2: Die Tocilizumab-Monotherapie zeigte in der ADACTA-Studie zu Woche 24 eine signifikant überlegene Krankheitskontrolle im CDAI gegenüber der Adalimumab-Monotherapie (mod. nach [3]).
Quellen: 1. Krüger K et al., Z Rheumatol 2012; 71: 592–603 2. Listing J et al., Arthritis Res Ther 2006; 8: R66 3. Gabay C et al., EULAR 2012, oral presentation, Abs tract LB0003
Rheumatoide Arthritis
Mit Etanercept Dosissteigerungen vermeiden Eine Behandlung mit TNFα-Inhibitoren ist in vielen Fällen mit einer Dosiseskalation assoziiert, was aber kaum zu einer anhaltenden Steigerung der Effektivität führt. Bei Einsatz von Etanercept sind Dosisanpassungen hingegen nur selten notwendig.
Die unterschiedliche Molekülstruktur der derzeit verfügbaren TNFα-Blocker hat Auswirkungen auf die Immunogenität, das klinische Ansprechen und die Notwendigkeit zur Dosiseskalation. Anti-Drug-Antikörper können die Wirksamkeit der TNFα-Inhibitoren vermindern und allergische oder anaphylaktische Reaktionen auslösen, berichtete Dr. Peer M. Aries, Hamburg. Die Bildung neutralisierender Antikörper könne in der Folge häufige Dosiserhöhungen erforderlich machen. Generell führe die Dosiseskalation jedoch bei allen TNFα-Blockern kaum zu einer anhaltenden Steigerung der Effektivität und bewirke auch keine dauerhafte Verbesserung der Gelenkfunktionen. Im Gegensatz zu den monoklonalen TNFα-Inhibitoren habe das lösliche TNFαRezeptorfusionsprotein Etanercept (Enbrel®) ein sehr geringes Potenzial für die Induktion von Anti-DrugAntikörpern, so der Experte.
Eine Dosiseskalation ist bei Etanercept seltener notwendig. Die Ergebnisse aus dem dänischen DREAMRegister zeigen, dass es bei 12 % der mit Adalimumab und bei 35,6 % der mit Infliximab behandelten RAPatienten zu einer Dosiseskalation kam, aber nur bei 7,6 % der mit Etanercept behandelten Teilnehmer (Arthritis Care Res 2010; 62: 1335-1341). Drei Monate nach der Dosiseskalation erreichten nur die mit Etanercept behandelten Patienten eine signifikante Verbesserung der Krankheitsaktivität, die sich aber nach sechs Monaten wieder relativierte. Bei den beiden anderen TNFα-Blockern wurde aber weder nach drei noch nach sechs Monaten eine verbesserte Wirkung beobachtet. Sinnvoller als eine Dosissteigerung sei daher die Umstellung der Therapie, riet Aries. m Quelle: Presse-Intensivkurs der Pfizer Deutschland GmbH, Berlin, 26. Oktober 2012
54 Systemischer Lupus erythematodes
Therapieziele mit Belimumab höher stecken In einigen rheumatologischen Indikation wie der Rheumatoiden Arthritis sind Biologika schon als fester Bestandteil integriert, in anderen müssen sie ihren Stellenwert erst noch unter Beweis stellen. Ein z. B. bei der Therapie des Systemischen Lupus erythematodes (SLE) weiter Weg, begleitet von wichtigen neuen Fragen und Antworten, etwa zu definierten Therapiezielen. Das Umdenken hinsichtlich patientenrelevanter Outcomes und Therapiemonitoring hat bereits begonnen.
Nach Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf, ist beim SLE mit Remission in der klinischen Praxis ein Zustand beschrieben, bei dem Krankheitsaktivität und Therapietoxizität in einem akzeptablen Verhältnis zueinander stehen. SELENA-SLEDAI-Score, BILAG und PGA sind Instrumente zur Erfassung von Remission und Krankheitsaktivität unter einer Therapie. Doch auch bei niedriger Krankheitsaktivität ist mit einer weiteren Organschädigung zu rechnen. Es scheint das Gefühl für Remission zu fehlen. „Es ging dem Patienten schon mal schlechter“ heißt noch lange nicht „er ist gut eingestellt“. Zwar wurde eine deutliche Abnahme der Gesamtmortalität des SLE erreicht, dies vor allem durch den Rückgang von infektions- und renal bedingten Todesfällen. Gleichzeitig ist aber ein diskreter Anstieg der Mortalität durch kardiovaskuläre Erkrankungen (i. e. KHK) zu verzeichnen. „Kurzfristige Schäden sind auf Cyclophosphamid zurückzuführen, langfristige sind dem Einsatz von Kortison geschuldet“, erläuterte Prof. Dr. Christof Specker, Essen. „Um die Häufigkeit der KHK nachhaltig zu reduzieren, hilft nur die konsequente Reduktion des Kortisons, bis hin zu einem vollständigem Verzicht“, so Specker. Noch sind die Therapieziele beim SLE nicht erreicht, denn das Ziel ist langfristig die steroidfreie Remission, unter der die Patienten von einer besseren Lebensqualität profitieren.
Bis Mitte 2011 konnten zur Therapie des SLE nur unspezifisch wirkende Medikamente eingesetzt werden, so explizit zugelassene Substanzen wie z. B. Hydroxychloroquin und Kortison, oder implizit zugelassene wie z. B. Ciclosporin A. Seit Juli 2011 steht mit Belimumab (Benlysta®) erstmals ein eigens für die Therapie des SLE entwickelter und zugelassener Wirkstoff zur Verfügung. Laut Prof. Dr. Andreas Schwarting, Mainz, zeigte die Zulassungsstudie BLISS-52, dass mit Belimumab 10 mg/kg ab Woche 16 eine signifikante Verbesserung des Therapieansprechens gemäß SLE-Responder Index (SRI) gegenüber einer Standardtherapie erreicht wurde, die bis Woche 52 bestehen blieb. Subgruppenanalysen ergaben, dass Belimumab plus Standardtherapie besonders effektiv ist bei Patienten mit hoher serologischer und klinischer Krankheitsaktivität. „Die Ergebnisse aus den klinischen Studien spiegeln sich auch in meinem Praxisalltag wider“, so Schwarting. Er sieht den Stellenwert von Belimumab in der gezielten, „kausalen“ Langzeittherapie bei serologisch und klinisch aktivem SLE. Mit diesen Möglichkeiten gehört nach seiner Ansicht jeder einzelne SLE-Patient mit dem Ziel einer Therapieoptimierung erneut auf den Prüfstand. m Quelle: Satellitensymposium und Expertengespräch der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
Postmenopausale Osteoporose
Überzeugende Daten zu Denosumab Für postmenopausale Frauen mit Osteoporose mit prävalenten Wirbelkörperfrakturen, sehr niedriger Knochendichte oder einem Alter über 75 Jahre ist das Risiko für neue Frakturen besonders hoch. Dass auch solche Patientinnen von dem RANKL-Inhibitor Denosumab profitieren, belegte eine Subanalyse der FREEDOM-Studie.
In der Auswertung wurde untersucht, inwieweit Denosumab (Prolia®) das Risiko neuer Hüft- und Wirbelkörperfrakturen in zwei Hochrisikokollektiven senkte, erläuterte Prof. Dr. Matthias Schieker, München. In das
Kollektiv mit hohem Risiko für Hüftfrakturen wurden Patientinnen über 75 Jahre und/oder einem T-Score ≤-2,5 am Schenkelhals eingeschlossen, in jenes mit hohem Risiko für Wirbelkörperfrakturen Patientinnen
55 mit zwei oder mehr prävalenten Wirbelkörperfrakturen beliebigen Schweregrades und/oder mindestens einer moderaten bis schweren Wirbelkörperfraktur und/oder einem T-Score ≤-2,5 am Schenkelhals. „Zum Ende der dreijährigen FREEDOM-Studie war das Frakturrisiko bei allen Patientinnen in den HochrisikoKollektiven unter Denosumab signifikant niedriger als unter Placebo“, berichtete Schieker. Im Kollektiv mit hohem Risiko für Hüftfrakturen betrugen die Inzidenzraten 0,9 vs. 2,3 % (>75 Jahre, relative Risikoreduktion, RR 62 %; p=0,007), 1,4 vs. 2,8 % (T-Score ≤-2,5 am Schenkelhals, relative RR 47 %; p=0,02), bzw. 1,7 vs. 4,1 % (beide Risikofaktoren; relative RR 60 %; p=0,02) für Denosumab vs. Placebo. Die Frakturinzidenzraten unter Denosumab verglichen mit Placebo im Kollektiv mit hohem Risiko für Wir-
belkörperfrakturen waren 7,5 vs. 16,6 % (prävalente vertebrale Frakturen; p<0,001), 3,1 vs. 9,9 % (T-Score ≤-2,5 am Schenkelhals; p<0,001), bzw. 8,1 vs. 20,1 % (beide Risikofaktoren; p=0,001). Signifikante Unterschiede bei der Wirbelkörper- und der Hüftfrakturreduktion traten zum Teil bereits nach 12 Monaten ein. Überdies wurde Denosumab auch gut vertragen. „Während die FREEDOM-Studie zeigt, dass Denosumab im Gesamtkollektiv der postmenopausalen Frauen mit Osteoporose gut wirkt und verträglich ist, belegt diese Subanalyse, dass dies auch für Subgruppen mit besonders hohem Risiko gilt“, betonte Schieker. m Quelle: OsteoTalk der Amgen GmbH und GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, DKOU-Kongress, Berlin, 25. Oktober 2012
Therapie der Osteoporose
Effektiver Frakturschutz auch für Männer Immer noch bestehen hinsichtlich der spezifischen medikamentösen Therapie der Osteoporose erhebliche Defizite, insbesondere Männer sind hier als das „schwache Geschlecht“ zu bezeichnen. Eine deutliche Verbesserung dieser Situation ermöglicht das bei postmenopausaler Osteoporose lange etablierte und seit dem 27. Juni 2012 auch für Männer mit Osteoporose zugelassene Strontiumranelat.
Obwohl 20 % der Osteoporose-Patienten Männer sind, werden diese therapeutisch klar benachteiligt. Neue Medikamente werden stets zunächst für Frauen zugelassen, vielfach mit der Folge einer jahrelangen Off-label-Therapie bei Männern, beklagte Prof. Dr. Johann D. Ringe, Leverkusen. Überdies sind die Zulassungsstudien deutlich kleiner und haben statt der Frakturinzidenz den Anstieg der Knochendichte als primären Endpunkt. Für Strontiumranelat (Protelos®) wurde bei postmenopausalen Frauen in den beiden Phase-III-Zulassungsstudien SOTI und TROPOS ein Anstieg der Knochendichte und vor allem eine effektive Reduktion vertebraler und nicht-vertebraler Frakturen gezeigt, die – so das Ergebnis einer offenen Verlängerung – über zehn Jahre aufrecht erhalten wurde. Nachdem die deutsche CASIMO-Studie erste Anhaltspunkte für eine auch bei Männern mit Osteoporose vergleichbare Wirksamkeit von Strontiumranelat erbrachte, wurde dies in der internationalen, randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie MALEO bestätigt. Hierin erhielten 261 Männern mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko in einem 2:1-Studiendesign für zwei Jahre zusätzlich zu einer Calcium/Vitamin DSupplementation Strontiumranelat 2 g/Tag oder Placebo. Beim primären Endpunkt, der Veränderung der
Knochendichte an der Lendenwirbelsäule nach einem Jahr, erwies sich Strontiumranelat gegenüber Placebo als signifikant überlegen. Nach 12 Monaten stieg unter Strontiumranelat die Knochendichte sowohl an der Lendenwirbelsäule als auch am Schenkelhals um +5,3 bzw. +2,9 % (je p<0,001), was den Befunden der Phase-III-Studien zur postmenopausalen Osteoporose entsprach. Bis zum Studienende nach zwei Jahren wurde ein anhaltender Anstieg der Knochendichte an der Lendenwirbelsäule, am Schenkelhals und der Gesamthüfte um +9,8, +3,3 bzw. +3,7 % (alle p<0,001) verzeichnet. Dazu passend wurde auch eine numerisch deutlich geringere Inzidenz vertebraler und nicht-vertebraler Frakturen beobachtet. Als Konsequenz aus der Phase-III-Studie MALEO wurde Strontiumranelat kürzlich zur Behandlung der Osteoporose bei Männern mit erhöhtem Frakturrisiko zugelassen. Dieser Wortlaut der Zulassung lässt viel Freiraum für die Verordnung von Strontiumranelat, den es künftig von ärztlicher Seite aber auch entschlossen zu nutzen gilt, forderte Ringe. m
Quelle: Symposium der Servier Deutschland GmbH, DKOU-Kongress, Berlin, 25. Oktober 2012
56 Praxiserfahrungen mit Rituximab
RA-Patienten im Fokus: Neue Daten zur B-Zell-Therapie Zwei Registerauswertungen weisen erneut auf die Überlegenheit von Rituximab gegenüber dem TNF-Cycling nach Versagen des ersten Tumornekrosefaktor (TNF)-α-Hemmers hin. Zudem bestätigt eine aktuelle Meta-Analyse, dass Patienten mit positivem Serostatus besonders von der B-Zell-Therapie profitieren. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) wird der B-Zell-Therapie bei positiver Malignomanamnese und bestimmten Gegenanzeigen auf TNF-α-Hemmer ein exklusiver Status zugesprochen.
Bei etwa einem Drittel aller Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) kommt es zu einem nicht ausreichenden Ansprechen unter TNF-α-Hemmern oder sie leiden unter Unverträglichkeiten (1). Nach der neuen S1-Leitlinie der DGRh kommt dann die Gabe eines alternativen TNF-α-Hemmers oder eines Biologikums mit anderem Wirkungsansatz („mode of action“) wie die B-Zell-Therapie infrage (2). Demnach ist für Rituximab (RTX, MabThera®), Abatacept, Golimumab und Tocilizumab eine gute Wirksamkeit nach Versagen der Biologika-Ersttherapie mit TNF-αHemmern unter kontrollierten Studienbedingungen gezeigt worden.
Rituximab ist beste Option nach Versagen des TNF-α-Hemmers In die multizentrische, prospektive Beobachtungsstudie MIRAR wurden 1.124 RA-Patienten eingebunden, die vorher nur unzureichend auf eine Behandlung mit TNF-α-Hemmern angesprochen hatten. Davon wurden 533 mit einem weiteren TNF-α-Hemmer behandelt, 591 Patienten erhielten die B-Zell-Therapie. Die Verringerung der Krankheitsaktivität gemessen via DAS28 nach sechs, neun und zwölf Monaten war unter Rituximab signifikant Rituximab Adalimumab/ Infliximab DAS28
Mittelwert n Mittelwert n
p-Wert*
6 Monate
-1,61 221 -1,04 143 0,001
9 Monate
-1,35 78 -1,39 72 0,36
12 Monate -1,81 121 -1,55 104 0,05 *p-Wert im Vergleich zu Rituximab
Abb.: Änderung des DAS28 unter Rituximab bzw. den TNF-αHemmern Adalimumab und Infliximab zu Monat 6, 9 sowie 12; nach (3)
stärker als bei Patienten unter den TNF-α-Hemmern Adalimumab und Infliximab (Abb.). Die Verbesserungen der Funktionalität und Lebensqualität der Patienten wurden anhand des HAQ-Fragebogens beurteilt: Zu jedem Untersuchungszeitpunkt waren die Verbesserungen unter RTX signifikant stärker ausgeprägt (3). In einer Arbeit von Soliman et al. des British Society for Rheumatology Biologics Register (BSRBR) wurden Daten zu den EULAR-Ansprechraten sowie zu den HAQWerten veröffentlicht. 54,8 % der Patienten, die nach Versagen des ersten TNF-α-Hemmers auf RTX wechselten, zeigten ein signifikant besseres Ansprechen nach den EULAR-Kriterien. Dagegen erreichten dies nur 47,3 % der mit dem alternativen TNF-α-Hemmer behandelten Patienten. Bei Betrachtung der Auswertung der Patientenfragebögen des BSRBR konnte gezeigt werden, dass 38,4 % unter RTX gegenüber 29,6 % unter einem TNF-α-Hemmer eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit und Lebensqualität erreichten (4).
Serostatus: Prädiktor für Therapieansprechen Die Identifizierung von bestimmten Biomarkern kann als Prädiktor für ein mögliches Therapieansprechen bei RA herangezogen werden. Die Ergebnisse einer aktuellen Meta-Analyse mit 2.177 Patienten deuten darauf hin, dass RA-Patienten mit positivem Rheumafaktor (RF)- und/oder Autoantikörper-Status gegen citrullinierte Peptide (anti-CCPAK) besonders gut auf Rituximab ansprechen: In den Biomarker-positiven Gruppen kam es zu einer durchschnittlich stärkeren Abnahme der Krankheitsaktivität (DAS28-ESR). Darüber hinaus sprechen die Verbesserungen des HAQ und der visuellen Schmerzanalogskala (VAS) sowie die Reduktion der Anzahl der geschwollenen Gelenke (SJC) für den Serostatus als Prädiktor des RTX-Ansprechens (5).
57
Alleinstellungsmerkmal für Rituximab Nach der neuen S1-Leitlinie sind neben der Krankheitsaktivität weitere Faktoren wie radiologische Progression, Begleiterkrankungen und Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. In dieser Hinsicht hat Rituximab ein Alleinstellungsmerkmal als geeignete Substanz bei positiver Malignomanamnese bzw. bei bestimmten Kontraindikationen gegen eine Anti-TNF-Therapie wie z. B. bei Patienten mit früherer Tuberkulose.
Fazit Die Fortführung einer initialen Behandlung mit TNF-αHemmern aufgrund von ungenügender Wirksamkeit oder Intoleranzen erscheint nicht immer sinnvoll. Dies
zeigen Erfahrungen aus der rheumatologischen Praxis. Davon betroffene Patienten können dann von einem Wechsel auf RTX profitieren. Vor allem für seropositive Patienten aber auch Patienten mit latenter Tuberkulose oder mit Malignomen in der Vorgeschichte sollte die B-Zell-Therapie in Betracht gezogen werden. m Quellen: 1. Navarro-Sarabia F et al., BMC Musculoskelet Disord 2009, 10: 91 2. Krüger K et al., Z Rheumatol 2012; 71: 592-603 3. Gomez-Reino JJ et al., Ann Rheum Dis 2012; 71: 1861-1864 4. Soliman M et al., Arthritis Care Res 2012; 64: 1108 1115 5. Isaacs JD et al., Ann Rheum Dis 2012; doi: 10.1136/ annrheumdis-2011-201117
Rheumatische Erkrankungen
Coxibe sind wichtiger Therapiebaustein Traditionelle oder selektive NSAR sind bei den meisten Rheuma-Patienten zur Entzündungs- und Schmerzhemmung ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Bei Patienten mit Arthrose und Spondyloarthritiden (SpA) zählen NSAR jeweils zur Basistherapie. Bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) sind NSAR erste Wahl, wenn neben der Therapie mit DMARDs eine zusätzliche Schmerzreduktion erforderlich ist.
Rund 50 % der über 60-Jährigen haben eine Arthrose. Die Gelenkdegeneration hat nichts mit Abnutzung zu tun, betonte Prof. Dr. Thomas Pap, Münster, sondern ist ein aktiver Prozess mit Umbau der beteiligten Gelenke. Die Schlüsselmerkmale sind Veränderungen im Chondrozytenmetabolismus und der Knorpelmatrix, zunehmende Verknöcherungen des Gelenkknorpels sowie Entzündungsschübe. Die Pathogenese der Arthrose ist noch nicht vollständig verstanden. Es gibt bisher auch keine effektiven DMARDs, sagte Pap, die den progressiven Verlauf deutlich bremsen können. Die Behandlung basiert somit nach wie vor auf einer symptomatischen Therapie mit NSAR und Glukokortikoiden. Allerdings gibt es Verbesserungen bei der Schmerztherapie durch die Optimierung von NSAR und die Entwicklung COX2-selektiver Substanzen. Coxibe wie z. B. Celecoxib (Celebrex®) sind laut Pap bei Arthrose genauso wirksam wie traditionelle NSAR, gastrointestinal jedoch deutlich besser verträglich. NSAR stellen auch die erste Stufe der medikamentösen Therapie bei SpA dar und ermöglichen den Patienten häufig erst die Teilnahme an einer Physiotherapie. Besonders wirksam ist eine kontinuierliche NSAR-Therapie, berichtete Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne, vor allem
bei Patienten mit erhöhten CRP-Werten. In einer 2-Jahres-Studie bei 215 SpA-Patienten konnte durch eine kontinuierliche NSAR-Therapie – meist mit Celecoxib (100 mg oder 200 mg 2x täglich) – die radiologische Progression der Erkrankung im Vergleich zu einer Therapie nach Bedarf deutlich verlangsamt werden. NSAR/Coxibe werden auch zum Schmerzmanagement von RA-Patienten empfohlen, wenn DMARDs nicht ausreichen, so Prof. Dr. Michael Hammer, Sendenhorst. Patienten mit GI-Risikofaktoren (>65 Jahre, Begleiterkrankungen, Ulkusanamnese oder bekannte NSAR-Komplikationen) können mit NSAR plus PPI oder mit Coxiben behandelt werden. GI-Patienten profitieren jedoch mehr von der Coxibgabe, da diese auch im unteren GI-Trakt signifikant weniger unerwünschte Ereignisse als klassische NSAR verursachen, wie in der CONDOR-Studie für Celebcoxib gezeigt werden konnte. Bei Patienten mit besonders hohem GI-Risiko oder Komedikation mit ASS, sind ausschließlich Coxibe Mittel der Wahl, die bei Hochrisikopatienten auch mit einem PPI kombiniert werden sollten. m Quelle: Satellitensymposium der Pfizer Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Bochum, 20. September 2012
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Osteoporose: Umstellung auf Denosumab lohnt sich Die auf dem ASBMR Annual Meeting 2012 in Minneapolis (USA) präsentierten Ergebnisse zweier offener Studien zeigen, dass die Umstellung von täglicher oder wöchentlicher BisphosphonatApplikation auf Denosumab (Prolia®) zu einer signifikanten Zunahme der Knochendichte im Vergleich zu monatlich gegebenem Ibandronat oder Risedronat führte. An einer Studie von Roux et al. zum Vergleich von Denosumab mit Risedronat nahmen 870 postmenopausale Patientinnen teil, die unter Alendronat nicht ausreichend therapietreu waren (ASBMR 2012, Late-breaking Abstr. 1-6SSN) und Denosumab (60 mg s.c alle sechs Monate) oder Risedronat (150 mg oral monatlich) für zwölf Monate erhielten. Zum Studienende hatte die Knochendichte unter Denosumab signifikant stärker zugenommen als unter Risedronat (Gesamthüfte: 2,0 vs. 0,5 %; Oberschenkelhals 1,4 vs. 0,0 %; Lendenwirbelsäule: 3,4 vs. 1,1 %; je p<0,0001). Ein ähnliches Bild ergab eine Studie von Recknor et al. an 833 Patientinnen, die zuvor von Bisphosphonaten nicht ausreichend profitiert hatten (ASBMR 2012, Abstr. 1-69RO8) und s.c. alle sechs Monate 60 mg Denosumab oder oral monatlich 150 mg Ibandronat erhielten. Auch hier verbesserte Denosumab die Knochendichte signifikant stärker (Gesamthüfte: 2,2 vs. 0,9 %; Oberschenkelhals: 1,7 vs. 0,5 %; Lendenwirbelsäule: 4,1 vs. 2,1 %; je p<0,0001). m Quelle: Pressemitteilung der Amgen GmbH und GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 15. Oktober 2012
Pharmanews
Initiative RheumaPreis wurde ausgezeichnet Großer Erfolg für die vom Unternehmen Abbott unterstützte Initiative Rheuma Preis: Der Kommunikationskongress der Gesundheitswirtschaft (KommGe) zeichnete den RheumaPreis am 9. Oktober mit dem KommGe Award aus. Der RheumaPreis belegte den ersten Platz in der Kategorie „beste Kampagne“. Der RheumaPreis prämierte in diesem Jahr bereits zum vierten Mal Beispiele, bei denen Arbeitnehmer mit Rheuma und ihre Arbeitgeber gemeinsam Wege gefunden haben, um Menschen mit Rheuma den Verbleib im Beruf zu ermöglichen. Die KommGe-Juroren beeindruckte am RheumaPreis vor allem, dass er die
betroffene Zielgruppe aktiv einbezieht und ihre Eigenkompetenz im Krankheitsmanagement anerkennt. Bemerkenswert sei außerdem, dass der Preis Gräben zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern überwindet und Anstöße zu neuen, mutigen Ideen gibt. m Quelle: Pressemitteilung der Initiative Rheuma Preis, 10. Oktober 2012
Vier Förderpreise für rheumatologische Forschung vergeben Mit insgesamt 27 Projektanträgen für die Forschungsförderung Rheumatologie war die Resonanz auf die Initiative des Unternehmens Pfizer auch im sechsten Jahr ihres Bestehens groß. Vier Forschungsprojekte wurden nun anlässlich des Pfizer-Forschungssymposiums „Tight Junctions“ in München mit Fördergeldern in Höhe von jeweils 60.000 Euro ausgezeichnet. Die internationale, unabhängige Jury bestehend aus Prof. Dr. Maxime Dougados, Paris (Frankreich), Prof. Dr. Paul Emery, Leeds (Großbritannien), Prof. Dr. Lars Klareskog, Stockholm (Schweden), sowie Dr. Nicola Ruperto, Genua (Italien), prämierte die Forschungsvorhaben von Dr. Jürgen Rech und Dr. Arnd Kleyer, Prof. Dr. Christian Kneitz und Prof. Dr. Brigitte Müller-Hilke, der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Harald Burkhardt sowie von Dr. Daniel Windschall. Im Fokus der Projekte steht die Früherkennung der Rheumatoiden Arthritis (RA) mittels HR-pQCT (High Resolution Peripheral Quantitative Computer Tomography), die Identifizierung von spezifischen Biomarkern – insbesondere die Rolle von ACPA-Isoptypen für die Prädiktion eines Ansprechens auf TNFα-Blocker bei RA und die Wechselwirkung von TNFα und Interleukin-17 (IL-17) bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) – und die muskuloskelettale Ultraschall-Bildgebung zur besseren Klassifizierung der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA). m Quelle: Pressemitteilung der Pfizer Deutschland GmbH, 8. November 2012
Ausblick
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Weitere Berichte zur ACR-Jahrestagung 2012 in Washington (USA) Lesen Sie in der nächsten Ausgabe alles Wissenswerte zu diesem Kongress und weitere Neuigkeiten aus der Rheumatologie und Osteologie.
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Jahrgang 4 · 5-2012 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.
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