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heuma
Jan./Feb. 2013
Management
Offizielles Mitteilungsorgan
ACR-Jahrestagung 2012 Berufsverband Deutscher Rheumatologen Ausblick auf 2013: Ein wegweisendes Jahr f端r die Rheumatologie
R端ckblick auf den ACR 2012 Neues zu RA, Spondyloarthritiden und SLE
Rheumatoide Arthritis Therapiestrategien bei fr端her RA
Hyperurik辰mie und Gicht Neue Leitlinie des ACR publiziert
Nachlese zum Kongress in Washington
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3 Editorial
Rheumatologie 2013: Aussicht auf ein spannendes Jahr Das Jahr 2013 verspricht für die Rheumatologie in Deutschland in vielfacher Hinsicht interessant zu werden. Dies nicht nur unter medizinischen Aspekten, sondern nicht zuletzt auch aufgrund erheblicher berufspolitischer Herausforderungen, die in diesem Jahr in der „Rheuma Management“ wieder stark im Fokus stehen werden.
Berufspolitisch wird 2013 für die Rheumatologie in Deutschland ein wichtiges Jahr sein. Dr. Edelmann geht in dieser ersten Ausgabe detailliert auf alle Punkte ein (siehe S. 12). Oben steht auf der Agenda unter anderem, ob und in welcher Form die niedergelassenen und stationär tätigen Rheumatologen die Möglichkeit erhalten, an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach §116b neu teilzunehmen. Spannend wird das Projekt eines mit dem Hausärzteverband zu gestaltenden umfassenden Selektivvertrages einer integrierten rheumatologischen Versorgung zu einer Verbesserung der Versorgungssituation. Bis Ende dieses Jahres fällt auch die Entscheidung über die Anlage im Bundesmantelvertrag, inwieweit das spezielle Labor zum Kern des Fachgebietes Innere Medizin und Rheumatologie gehört. Überdies wird die KBV darüber befinden, in welcher Form eine fachärztliche Grundversorgungspauschale ab Juli 2013 eingeführt werden wird. Wenngleich einige dieser Punkte erst in der zweiten Jahreshälfte einer Klärung zugeführt werden, sind die Weichen weiterhin auf ein positives Ergebnis zu stellen bzw. gestellt. Es ist ein Anliegen auch als Verantwortliche des Mitteilungsorgans des BDRh, dass im Rahmen des im Mai anstehenden BDRh-Kongresses in Berlin möglichst viele Berufsverbandsmitglieder diese Diskussionen aktiv gestalten und ihre Meinung und eigene Vorschläge einbringen. Aus der medizinisch-wissenschaftlichen Perspektive von besonderem Interesse ist in diesem Jahr der DGIM-Kongress, der unter dem Vorsitz von Prof. Märker-Hermann eine stärkere Ausrichtung auf entzündlich-rheumatische Erkrankungen erwarten lässt. Ebenso gilt dies später im Jahr für die Tagungen des EULAR in Madrid und des ACR in San Diego, und insbesondere natürlich die DGRh-Jahrestagung in Heidelberg/ Mannheim. Nicht zu vergessen ist auch die in diesem Jahr leider fast parallel zum beliebten Rheuma Update ausgetragene DVO-Jahrestagung in Weimar. Überdies steht z. B. für die Rheumatoide Arthritis (RA) mit der zu erwartenden Zulassung für den oralen
Sigurd Rudeloff
Dr. Michael Lohmann
JAK-Inhibitor Tofacitinib die Etablierung eines gänzlich neuen Therapieprinzips an. Eine Reihe weiterer, z. T. neuer Substanzen befindet sich für verschiedene rheumatologische Indikationen entweder bereits im Zulassungsverfahren oder auf dem Weg dorthin, auch erweitert die Entwicklung und sukzessive Einführung neuer Applikationswege für bereits etablierte Medikamente zusätzlich die Therapieauswahl für Ärzte und Patienten. Bestehen bleibt auch in diesem Jahr das Spannungsfeld zwischen dem Nutzen neuer Therapien und deren Erstattung. Mit Spannung zu erwarten ist in diesem Zusammenhang insbesondere der abschließende IQWiG-Bericht zur RA-Zweitlinientherapie mit Biologika. Leicht verändert zeigt sich im neuen Jahr das „Gesicht“ wie auch das „Innenleben“ der „Rheuma Management“. Anlässlich des nun inzwischen fünfjährigen Bestehens war es an der Zeit, die Zeitschrift etwas aufzufrischen und attraktiver zu gestalten. Wir hoffen, die Veränderung findet Ihr Gefallen, ein Feedback ist jederzeit willkommen. Allen unseren Lesern und im Besonderen dem Vorstand Ihres Berufsverbands wünschen wir den besten Erfolg bei der Umsetzung der Ziele und Pläne sowie allen ein gesundes neues Jahr! m
Ihre Redaktion Sigurd Rudeloff, Verleger Dr. Michael Lohmann, Chefredakteur
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
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Inhalt
1
BDRh: Berufspolitischer Ausblick auf 2013
12
Rheumatologische Fachassistenz „StruPI“ – mehr als nur ein Hundename?
8
Rheumatologische Facharztpraxis Die Bedeutung der Fachassistenz aus Perspektive eines niedergelassenen Rheumatologen Dr. med. Ertan Saracbasi-Zender
9
Deutsche Rheuma-Liga Rheuma-Lotsen auf Erfolgskurs
ab 20
Praxismanagement 14 RheumaDokM – ein Programm zur mobilen Erfassung von Patientendaten Medizinrecht 14 Neue Formulare für BtM-Rezepte RA Isabel Kuhlen
10
Berufsverband Deutscher Rheumatologen 12 Ausblick auf 2013: Ein wegweisendes Jahr für die Rheumatologie Dr. med. Edmund Edelmann
ACR-Tagung 2012 in Washington Nachlese zum Kongress
Rückblick auf die ACR-Jahrestagung 2012
Sie fragen – Experten antworten Vorgehen bei Mahnverfahren RA Christian Koller
15
Steuern 16 Neue Regelungen im Jahr 2013
S. 20-38
Rheumatoide Arthritis Neuigkeiten vom ACR-Kongress 2012: Biologika und Tofacitinib Prof. Dr. med. Klaus Krüger
20
Spondyloarthritiden 26 Wissenschaftliche Höhepunkte vom ACR-Kongress 2012 Prof. Dr. med. Joachim Sieper
Frühe Rheumatoide Arthritis Höheres Alter beeinflusst Schweregrad und Behandlungsqualität
23
Systemischer Lupus erythematodes Neues von der ACR-Jahrestagung Prof. Dr. med. Christof Specker
28
Rheumatoide Arthritis Aktuelle Studien zu Biologika
24
Rheumatoide Arthritis Neue Studiendaten zu Tofacitinib
34
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Inhalt
2
Therapiestrategien bei früher Rheumatoider Arthritis
40
2
Neue ACR-Leitlinie zu Hyperurikämie und Gicht
48
Psoriasis-Arthritis 36 Apremilast überzeugt in PALACE-1-Studie
Hyperurikämie und Gicht Die Gicht – ein rheumatologisches Stiefkind
50
Systemische JIA IL1-Antagonisierung als neuer Therapieansatz
37
Rheumatoide Arthritis Mit Certolizumab Pegol Prädiktion bereits nach 12 Wochen möglich
51
Rheumatoide Arthritis Mit Adalimumab drei zentrale Therapieziele erreichen
38
Rheumatoide Arthritis Neue S1-Leitlinie: Abatacept jetzt First-line-Biologikum
52
Frühe Rheumatoide Arthritis Aktuelle Studien zur Optimierung früher Therapiestrategien
40
Rheumatoide Arthritis Tocilizumab fest als First-line-Biologikum etabliert
54
Rheumatoide Arthritis Neue Studien zur Rolle von Vitamin D
42
Ausblick & Impressum
55
Rheumatoide Arthritis Unzureichendes Therapiemanagement kardiovaskulärer Risikofaktoren
43
Rheumatoide Arthritis Häufiger postoperative Komplikationen nach Knie- und Hüftgelenkersatz
44
Systemische JIA Erfreuliche Daten aus zwei Phase-III-Studien zu Tocilizumab und Canakinumab
45
Psoriasis-Arthritis 46 Von Etanercept profitieren Haut und Gelenke gleichermaßen Arthritis urica Neue Gicht-Leitlinie des ACR 2012
48
Unser Serviceangebot für BDRh-Mitglieder Sie fragen – Experten antworten Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben, z. B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de.
Rheumatologische Fachassistenz
„StruPI“ – mehr als nur ein Hundename? Hinter der vermeintlich als Hundename getarnten Buchstabenkombination StruPI verbirgt sich ein neues Konzept zur strukturierten Patienteninformation im ambulanten Bereich. Bisher bleibt das Schulungsangebot in diesem Bereich weit hinter dem Bedarf zurück, da hier entsprechende Angebote fehlen. Grund hierfür ist in erster Linie die fehlende adäquate Finanzierung durch die Krankenkassen.
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Seit vielen Jahren wird erkannt, dass die Informationslücke für ambulante Patienten geschlossen werden muss. Die nach einem einheitlichen Konzept neu entwickelte Patienteninformation für diesen Bereich unterscheidet sich deutlich von der bereits langjährig etablierten stationären Patientenschulung. Liegt im stationären Bereich der Schwerpunkt auf der Schulung, so werden im ambulanten Bereich die Information und der Austausch unter Mitbetroffenen gefördert. Auch die Veranstaltungsdauer beider Modelle ist un- Gabriele Müller terschiedlich. Dem zunehmenden Wunsch nach einer einheitlichen Patienteninformation, insbesondere für neu erkrankte ambulante Rheumapatienten, oder Patienten die einer Therapieumstellung bedürfen, wird somit begegnet. Die Rheumazentren mit dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) und die Rheuma-Liga nehmen sich diesem Problem an und haben gemeinsam ein Projekt entwickelt, das diesem Bedarf gerecht werden soll. Das Angebot umfasst jeweils drei 90-minütige Module mit folgenden Schwerpunkten: Modul 1: Krankheitsbild und Diagnose (Definition, Ursache, Symptome, Unter suchungen) Modul 2: Therapien (Therapieziele, -möglichkeiten und -überwachung) Modul 3: Leben mit Rheumatoider Arthritis im Alltag, Selbsthilfemöglichkeiten. Für jedes Modul stehen begleitende Materialien (Ordner und CDs) sowohl für die Patienten als auch für die Referenten zur Verfügung. Bisher wurden nur Schulungsinhalte zum Krankheitsbild der Rheumatoiden Arthritis (RA) entwickelt, es werden zukünftig jedoch noch Angebote für weitere rheumatische Krankheitsbilder folgen. Ziel ist es, Patienten die neu mit der Diagnose RA konfrontiert worden sind, oder Patienten mit der Notwendigkeit einer Therapieumstellung, Unterstützung in ihrer Krankheitsakzeptanz und ein besseres Verständnis im Umgang mit dieser neuen, ungewohnten und vielfach auch bedrohlichen Situation anzubieten. Neu an diesem Konstrukt ist die enge Zusammenarbeit der Rheumatologischen Fachassistenten und der Fachärzte für internistische Rheumatologie als Einheit. So wächst beim Patienten gleichzeitig das Vertrauen gegenüber seiner betreuenden rheumatologischen Praxis und auch zeitliche Ressourcen können durch gegenseitige Unterstützung besser genutzt werden. Letztlich könnte dieses Projekt langfristig zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beitragen.
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Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
An die Durchführung von StruPI sind einige Voraussetzungen geknüpft. Bedingung ist für das medizinische Assistenzpersonal die abgeschlossene Weiterbildung zur Rheumatologischen Fachassistenz, und für Ärzte die internistisch-rheumatologische Facharztausbildung. Gemeinsam besuchen Fachassistenten und internistische Rheumatologen ein eintägiges „Train the trainer-Seminar“ und erhalten nach Abschluss ein Zertifikat zur Befähigung der Durchführung dieser Patienten-Informationsveranstaltungen.
die sozioökonomischen Folgekosten hierdurch nachhaltig gesenkt werden. In Studien wurde mehrfach nachgewiesen, dass nur ein informierter Patient auch ein mündiger Patient ist, der aktiv an seinem Krankheitsgeschehen teilnehmen kann. Das erleichtert sowohl dem Arzt als auch dem Patienten deutlich den Umgang mit der veränderten Lebenssituation, erhöht die Compliance und fördert ein vertrauensvolles ArztPatienten-Verhältnis. m
Die Trainingsseminare werden bundesweit in regelmäßigen Abständen von der Rheumaakademie und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) angeboten. Die Organisation der StruPI-Veranstaltungen bleibt den Durchführenden überlassen. Angeboten werden entweder Tagesseminare oder drei Termine von jeweils 90-minütiger Dauer. Auch die Anzahl der angebotenen Veranstaltungen kann frei dem jeweiligen Bedarf angepasst werden. Die empfohlene Teilnehmerzahl liegt bei maximal zehn Personen. Die Schulungen werden häufig auch in Zusammenarbeit mit den Kooperativen Rheumazentren angeboten. Da dieses Angebot bisher noch nicht flächendeckend adäquat von den gesetzlichen Krankenkassen honoriert wird, erheben einige Veranstalter einen Unkostenbeitrag vom Patienten. Hier muss zukünftig sicherlich noch ein Umdenken von Seiten der Kostenträger stattfinden, denn nicht zuletzt können auch
Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass dieses Projekt, in einer Zeit immer knapper werdender Ressourcen im Gesundheitssystem, mit dem Resultat eines deutlichen Versorgungsdefizits speziell in der Rheumatologie, zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beiträgt und damit nachhaltig auch das Vertrauen und die Behandlung dieser Patientengruppe gestärkt wird. Weiterführende Informationen: www.dgrh.de/rheumastrupi.html.
Ausblick
9
Gabriele Müller Erste Schriftführerin Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. Tätig bei: PD Dr. med. Matthias Seidel, Med. Klinik III des Universitätsklinikums Bonn, Fachbereich Internistische Rheumatologie
Rheumatologische Facharztpraxis
Die Bedeutung der Fachassistenz aus Perspektive eines niedergelassenen Rheumatologen Dass und in welchen Bereichen einer rheumatologischen Facharztpraxis der Praxisinhaber von gut ausgebildeten Fachassistent/innen profitieren kann, erläutert in einem Gespräch Dr. Ertan Saracbasi-Zender, Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie, Rheumazentrum Oberhausen.
Braucht eine rheumatologische Facharztpraxis einen Mitarbeiter/in, die organisatorisch-administrative Mitverantwortung übernehmen kann? Auch wenn es unmedizinisch klingt, aber eine Arztpraxis ist nicht wie, sondern sie ist ein kleines Unternehmen. Daher bin ich der Meinung, dass eine rheumatologische Praxis einen Mitarbeiter braucht, der organisatorisch-administrative Mitverantwortung übernehmen kann. Diese Mitverantwortung bedeutet, die Aufgabe zu übernehmen, den Patienten in „kundenfreundlicher Manier“ durch dessen diagnostische und therapeutische Maßnahmen in der Praxis zu führen und natürlich auch dessen erster Ansprechpartner bei auftretenden Problemen und Sorgen zu sein. Ein entsprechend ausgebildeter Mitarbeiter könnte den Praxisinhaber dadurch Dr. Ertan Saracbasi-Zender Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
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10 deutlich entlasten und den Ablauf effizient organisieren. Deshalb werden so genannte Praxismanager zukünftig an Bedeutung gewinnen. Wenn ja, welche berufliche Voraussetzung hat sie/er zu erfüllen? Und wo erhält sie/er diese? Die berufliche Qualifikation sollte neben Organisation und Management auch eine rheumatologisch-fachliche Qualifikation enthalten. Der Mitarbeiter sollte in Qualitätsmanagement ausgebildet sein und zusätzlich die rheumatologische Fachassistenz erworben haben. In der medizinischen Disziplin bieten BDRh und DGRh über die Rheumaakademie entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen an. Der Fachverband ist in dieser Hinsicht sehr rührig. Was den Bereich Management anbetrifft, ist das Weiter- und Fortbildungsangebot jedoch etwas dünn, vielleicht ist dies künftig eine Aufgabe des Berufsverbands. Welche Mitverantwortlichkeiten sind dieser Fachkraft zu übertragen?
In dieser Hinsicht gibt es insbesondere bei der Delegation bestimmter ärztlicher Tätigkeiten auch juristische Aspekte zu berücksichtigen – hier ist derzeit einiges in Bewegung. Neben der Organisation der Abläufe könnte der Mitarbeiter die Dokumentation und in gewissem Maße auch die eine oder andere für die Patientenuntersuchung vorbereitende Rolle übernehmen. Hilft aus Ihrer Sicht ein Verband, der die Fortund Weiterbildungen in Bezug auf die Praxisorganisation übernimmt, aber auch für eine fachlich-rheumatologische Vertiefung einsteht? Ich denke, dass ein Verband hier wichtig ist, um Fortund Weiterbildungen zu organisieren und einen Austausch zu gewährleisten. Nur so können die Abläufe effizienter werden, da hier jeder von dem anderen lernen kann. Und je stärker ein Verband ist, desto attraktiver wird eine derartige Institution sowohl für das Praxispersonal als auch den Praxisinhaber. m Haben Sie vielen Dank für dieses Gespräch!
Deutsche Rheuma-Liga
Rheuma-Lotsen auf Erfolgskurs Das Modellprojekt „Rheuma-Lotse“ geht in die Verlängerung. Seit 2010 begleiten drei Lotsinnen Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung durch das Versorgungssystem. In Heilbronn und Leipzig haben sich die Beraterinnen Ursa Huhn und Heike Herbst als Rheuma-Lotsinnen durch ihre Beratungsarbeit einen guten Ruf erworben. Marion Trog-Siebert ist bundesweit für seltene rheumatische Erkrankungen zuständig und in Wuppertal bei der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft angesiedelt.
Die Lotsinnen haben schon mehr als tausend Menschen beraten und sich eine hohe Kompetenz erworben. Aber um in ausreichender Zahl Dokumentationen und Ergebnisse der Beratungen liefern zu können, war die Projektdauer zu kurz, wenn sich auch erste positive Effekte abzeichnen. Auf Anregung des Bundesministeriums für Gesundheit, das das Projekt von Anfang an unterstützt, ist es gelungen auch die drei Krankenkassen/verbände zu einem weiteren Jahr der Projektförderung bis Ende 2013 zu gewinnen. Die Kosten für die Lotsen werden von der BARMER GEK, dem AOK-Bundesverband und der DAK getragen. Bundesweit einmalig ist das Angebot der Lotsin für seltene rheumatische Erkrankungen. Marion TrogSiebert steht den Betroffenen als erfahrene Beraterin im Gesundheitswesen begleitend zur Seite. Als Lotsin engagiert sie sich in erster Linie für betroffene MenRheuma Management · Jan./Feb. 2013
schen und ihre Angehörigen. Bei Bedarf wird sie mit der Selbsthilfe, Ärzten, Therapeuten, Krankenkassen, Gemeinsamen Servicestellen und sonstigen Ansprechpartnern Kontakt aufnehmen und in der Vermittlung ihrer Anliegen aktiv werden. Darüber hinaus setzt sich die Lotsin für seltene rheumatische Erkrankungen grundsätzlich für eine bessere Vernetzung der Versorgungselemente und ihrer Akteure ein. Weitere Informationen und die Kontaktdaten der Lotsinnen im Internet: www.rheuma-lotse.de. Ein Kontakt-Flyer liegt dieser Ausgabe von „Rheuma Management“ bei. m
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12 Berufsverband Deutscher Rheumatologen
Ausblick auf 2013: Ein wegweisendes Jahr für die Rheumatologie Das Jahr 2013 wird für die Rheumatologie in Deutschland in mehrfacher Hinsicht ein wegweisendes Jahr sein. Es wird die Entscheidung fallen, ob und in welcher Form die niedergelassenen und stationär tätigen Rheumatologen die Möglichkeit erhalten, an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach §116b neu teilzunehmen. Im Laufe des Jahres wird sich erweisen, ob sich der Aufwand lohnte, mit dem Hausärzteverband einen umfassenden Selektivvertrag zur integrierten rheumatologischen Versorgung zu gestalten und ob erste Verträge auf den Weg gebracht werden konnten. Bis Ende des Jahres 2013 werden die Würfel gefallen sein, ob nach §25 Bundesmantelvertrag das Labor als zum Kern des Fachgebietes Innere Medizin und Rheumatologie gehörig zugeordnet werden wird. Es wird zudem die Entscheidung der KBV fallen, in welcher Form eine fachärztliche Grundversorgungspauschale ab Juli 2013 eingeführt werden wird.
Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) nach §116b Mit politischer Unterstützung, mit viel Verbandsarbeit und in enger Zusammenarbeit mit dem Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) ist es uns im Jahre 2011 gelungen, dass die Versorgung von schweren Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen im §116b neu verblieben ist. Durch Widerstände der Selbstverwaltung, in erster Linie betrifft dies die gesetzlichen Krankenkassen, wurde der vom Gesetzgeber vorgegebene zeitliche Rahmen, bis Ende 2012 die Richtlinien für die Versorgung nach §116b fertiggestellt zu haben, nicht eingehalten. Die diesbezüglichen Ängste des GKV-Spitzenverbandes sind rational kaum nachzuvollziehen. Für die Rheumatologie wurden z. B. im Jahre 2011 gerade einmal 4 Millionen Euro für die ambulante Versorgung nach §116b ausgegeben. Das sind weniger als 4 % des Gesamtvolumens. Es ist denkbar unwahrscheinlich, dass sich an diesen Kostenstrukturen Grundlegendes durch die Teilnahme der Niedergelassenen ändern wird. Bei Finanzreserven der Krankenkassen im Jahre 2012 von deutlich mehr als 23 Milliarden Euro und Gesamtausgaben von 179 Milliarden Euro z. B. im Jahre 2011, wird die neue Versorgungsebene der ASV in den nächsten Jahren finanziell eine untergeordnete Rolle spielen. Mehr Mut zur Gestaltung dieser neuen sektorenübergreifenden Versorgungsebene für schwer chronischerkrankte Patienten wäre dem Gesundheitswesen und vor allem den betroffenen Patienten zu wünschen. Die Chancen, mit der spezialfachärztlichen Versorgung die Morbidität und Mortalität der Betroffenen nachhaltig verbessern zu können, liegen auf der Hand, dies insbesondere in Bezug auf Patienten Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Dr. med. Edmund Edelmann mit chronisch-rheumatischen Erkrankungen. Wir haben seitens des BDRh-Vorstandes im Schulterschluss mit den Vorständen von VRA und der DGRh unsere Vorstellungen in die Konkretisierung für rheumatische Erkrankungen eingebracht und werden alles daran setzen, dass sich die Rheumatologen noch dieses Jahr in die ASV einschreiben können.
Selektivvertrag zur integrierten rheumatologischen Versorgung Der gemeinsame Entwurf mit dem Hausärzteverband für einen Selektivvertrag nach §140ff. ist Ende letzten Jahres fertiggestellt worden. Auf die Inhalte wird in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Rheuma Management“ detailliert eingegangen werden. Erfahrungen aus den bisherigen Selektivverträgen in mehreren Bundesländern sind eingeflossen. Die Gespräche mit den Krankenkassen werden Anfang dieses Jahres beginnen.
Vergütung des Speziallabors Seit fast einem Jahrzehnt sind Verschlechterungen bei der Laborvergütung eine missliche Konstante. Das OI/
13 OII-Labor als abrechenbare Leistung wurde schon vor Jahren abgeschafft. Die Vergütung des Speziallabors (OIII-Labor) befindet sich seit Jahren auf einer Talfahrt, die mit der KBV-Laborvorgabe, die seit Juli 2012 verbindlich ist, deutlich zugenommen hat. Nur noch 89,1 % der ursprünglichen Kostenerstattung von 100 % beträgt die Vergütung. In zwei juristischen Gutachten des BDRh wurde die Rechtswidrigkeit dieser Laborquotierung festgestellt.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass unserem Fachgebiet das Labor erhalten bleibt. Es geht hierbei um die Zukunft des Rheuma-Labors aus wissenschaftlicher Sicht, es geht um den Erhalt einer hohen Qualität der Laborerbringung und es geht um finanzielle Aspekte, die über die GKV hinausgehen. Auch hier sehen wir uns als BDRh-Vorstand im Schulterschluss mit der DGRh und werden die Interessen unseres Fachgebietes gemeinsam vertreten.
Darüber hinaus strafte die KBV die Rheumatologen und Endokrinologen mit einer Mengenbegrenzung auf maximal 40 Euro pro Fall ab. Andere Berufsgruppen wie Onkologen, Pneumologen, Dermatologen, Gynäkologen und Urologen sind analog betroffen. Auch diese Mengenbegrenzung verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen geltendes Recht. Eine Allianz der betroffenen Berufsverbände wird in den nächsten Wochen bei der KBV vorstellig werden, um Änderungen zu erreichen.
Fachärztliche Grundversorgungspauschale
§25 Bundesmantelvertrag Das größte Damoklesschwert für das eigenerbrachte Speziallabor liegt jedoch im §25 Bundesmantelvertrag. Bis zum 01.01.2014 soll definiert werden, bei welchen Fachgruppen das Labor zum Kern des Fachgebietes gehört. Ist dies nicht der Fall, darf das Speziallabor nicht mehr im GKV-System abgerechnet werden. Von zwei Leitern der Honorarabteilung der KBV wurde uns in den letzten beiden Jahren versichert, dass sie das Labor als zum Kern des Fachgebietes Innere Medizin und Rheumatologie gehörig ansehen. Beide sind nicht mehr in Amt und Würden und aus der KBV ausgeschieden. Inzwischen liegt uns ein juristisches Gutachten vor, das zweifelsfrei das Labor als zum Kern der inneren Fachgebiete Rheumatologie und Endokrinologie gehörig ansieht.
Gegen eine fachärztliche Grundversorgungspauschale, die in jedem Fall die Schwerpunktinternisten mit Honorarverlusten benachteiligt, hat sich eine Allianz aus Schwerpunktinternisten und BDI gebildet. Wir sind ohne Zweifel die Grundversorger bei chronisch-entzündlichen Rheumaformen, gleiches gilt für Gastroenterologen bei Magen-Darmerkrankungen, für Pneumologen bei Asthma etc. Weder der Ausschluss von dieser Pauschale, noch die Umverteilung unseres Honorars an andere Fachärzte ist akzeptabel. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Pauschale nicht umgesetzt wird. Allerdings stehen wir hier gegen den KBV-Vorsitzenden und die Mehrheit in der KBV-Vertreterversammlung, die sich mehrheitlich für eine Grundpauschale, die durch eine Honorarumverteilung innerhalb der Fachärzteschaft finanziert wird, ausgesprochen hat. Einfach sind die Aufgaben, die auf uns im Jahre 2013 warten, nicht zu lösen. Wir können dies nur gemeinsam meistern und jede/r, die/der einen positiven Beitrag leisten kann, ist dazu aufgerufen, diesen einzubringen. m Dr. med. Edmund Edelmann Erster Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh) e. V.
Besuchen Sie uns im Internet! Auf der Internetseite www.bdrh.de finden Sie alle wichtigen Informationen rund um den Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) e. V.
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
14 Praxismanagement
RheumaDokM – ein Programm zur mobilen Erfassung von Patientendaten Da offenbar viele BDRh-Mitglieder das seit einiger Zeit kostenlos zur Verfügung stehende Programm RheumaDokM noch nicht kennen, soll an dieser Stelle noch einmal auf dessen Möglichkeiten hingewiesen werden.
Mit RheumaDokM können Rheumapatienten ihre Fragebögen papierlos auf mobilen Geräten in der Praxis ausfüllen. Hierzu wurde insbesondere die Dateneingabe mittels Stift oder Finger durch große, sicher zu treffende Eingabefelder verbessert.
3
Anforderungen für RheumaDokM Zur mobilen Eingabe werden z. B. Tablet-Computer mit Windows 7 (oder Windows 8) verwendet. Die eingegebenen Daten werden automatisch über WLAN an RheumaDok im Praxisnetz übergeben. Alternativ oder zusätzlich können mit RheumaDokM Patientendaten auch an einem speziell eingerichteten stationären Eingabeplatz mit großem Touchscreen-Monitor erfasst werden, dies hat den Vorteil einer besonders guten Lesbarkeit für sehbehinderte Patienten. Erforderlich ist also nur die Beschaffung eines TabletComputers (oder Notebooks mit Touch- oder Stiftbedienung) bzw. eines Touchscreen-Monitors, der an einem Praxisarbeitsplatz mit Windows 7 oder 8 angeschlossen wird. Das Programm RheumaDokM kann beim Sekretariat des BDRh angefordert werden. Versierte Nutzer können Programminstallation und Anbindung an das Praxisnetz selbst vornehmen, andernfalls kann auch der EDV-Betreuer beim Einrichten helfen anhand der
Bedienungsanleitung von RheumaDokM, in der alles genau beschrieben ist. Die neueste Version von RheumaDok (V 4.4) ermöglicht die mobile Erfassung des Gelenkstatus während der Patientenuntersuchung, z. B. mit einem AndroidTablet oder iPad. Auch hier bestehen vergrößerte Eingabefelder. Die Daten werden über WLAN in das DAS28-Modul am RheumaDok-Arbeitsplatz im Untersuchungszimmer übertragen (genaue Beschreibung in der Bedienungsanleitung; RheumaDok V4.4 ist ebenfalls im Sekretariat des BDRh erhältlich). m Für den Berufsverband Deutscher Rheumatologen: Dr. med. Rüdiger de la Camp, Erlangen
Medizinrecht
Neue Formulare für BtM-Rezepte Von der Bundesopiumstelle, der für den Betäubungsmittelverkehr im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuständigen Stelle, wurde für das erste Quartal 2013 angekündigt, dass neue Betäubungsmittelrezeptformulare herausgegeben werden sollen.
Ziel ist es, die Vergabe der Formulare durch die Bundesopiumstelle zu vereinfachen und gleichzeitig die Fälschungssicherheit zu erhöhen. Es soll in jeder ApoRheuma Management · Jan./Feb. 2013
theke möglich sein, die Echtheit der neuen BtM-Rezepte mit einfachen Mitteln zu überprüfen. Zum Beispiel mit Hilfe einer UV-A-Lampe, die zur Geldscheinprü-
15 fung verbreitet ist, soll die Echtheit überprüft werden können. Unter diesem besonderen Licht verändert das gelbliche BtM-Rezept seine Farbe. Die schwarz eingedruckte Rezeptnummer soll so grünlich-fluoreszierend erscheinen.
noch über die 9-stellige Rezeptnummer die Zuordnung zum verordnenden Arzt erfolgt, ist die Gefahr von Verwechselungen bei Praxen mit mehreren Verordnern wesentlich erhöht. Die Regelungen für das Ausfüllen der BtM-Rezepte und das Format des BtM-Rezeptes werden sich dagegen nicht ändern. Auch behalten die alten BtM-Rezepte „bis auf Weiteres“ ihre Gültigkeit. Ob es insoweit eine Übergangsfrist geben wird, ist derzeit offen.
RA Isabel Kuhlen
Künftig wird es aber keine individuell für einen Arzt kodierten Formulare mehr geben, weil dies zu zeitaufwendig für die Behörde ist. Durch eine fortlaufende 9-stellige Rezeptnummer soll künftig die eindeutige Zuordnung zum verordnenden Arzt möglich sein.
Die Ärzte werden aber gebeten, auf keinen Fall alte BtM-Rezepte unaufgefordert an die Bundesopiumstelle zurücksenden, um sie gegen neue BtM-Rezepte einzutauschen. Die alten BtM-Rezepte sollten verwendet werden bis sie vollständig aufgebraucht sind. m
Für die Bundesopiumstelle ist dies eine ganz entscheidende Vereinfachung. Praxen mit mehreren verordnenden Ärzten müssen dagegen zukünftig auf eine streng getrennte Dokumentation der BtM-Verordnungen achten, um keine Verwechselungen auszulösen. Weil nur
Isabel Kuhlen Rechtsanwältin und Apothekerin Rathausplatz 5, 34246 Vellmar Tel: 0561/3171519 isabel.kuhlen@kanzlei-kuhlen.de
Sie fragen – Experten antworten Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“
Frage: Ich habe gegen einen Privatpatienten einen Mahnbescheid beantragt. Hiergegen hat er Widerspruch eingelegt. Was muss ich nun beachten? Antwort: Sollten Sie bereits im Mahnbescheid die Abgabe an das zuständige Streitgericht beantragt haben, wird die Angelegenheit nun automatisch an das zuständige Gericht abgegeben. Anderenfalls wird das Mahngericht Sie anschreiben und Sie auffordern, die Abgabe an das Streitgericht zu beantragen. Anschließend werden Sie aufgefordert,
die Gerichtskosten einzubezahlen und Ihren Anspruch schriftlich zu begründen. Bitte beachten Sie dabei, dass Ihr Mahnbescheid zwar zunächst die Verjährung RA Christian Koller Ihrer Honorarforderung gegen den Patienten gehemmt hat. Diese Hemmung wirkt aber nicht endlos, sondern ist sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung beendet. Die Anspruchsbegründung muss deshalb innerhalb der kommenden sechs Monate erstellt werden. m Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben, z. B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de. Nicht alle Fragen/Antworten können publiziert werden. Die Expertenantworten ersetzen keine möglicherweise notwendige Rechtsberatung.
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Ein Service für BDRh-Mitglieder
Thema: Vorgehen bei Mahnverfahren
16 Steuern
Neue Werte in der Sozialversicherung für 2013 Ab dem 1. Januar 2013 gelten zum Teil neue Werte in der Sozialversicherung (Renten-, Arbeitslosen-, Krankenund Pflegeversicherung), die in der nachstehenden Übersichtsgrafik im Einzelnen aufgeschlüsselt sind.
Jahr
Monat
Beitragssätze*
Beitragsbemessungsgrenzen – Renten-/Arbeitslosenversicherung RV: 18,9 % / AV: 3 % • alte Bundesländer 69.600 € 5.800,00 € – • neue Bundesländer 58.800 € 4.900,00 € – – Kranken-/Pflegeversicherung 47.250 € 3.937,50 € KV: 15,5 % (Arbeitnehmer: 8,2 % Arbeitgeber: 7,3 %) PV: 2,05 % Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung
52.200 €
(4.350,00 €) –
–
325,00 € –
Geringverdienergrenze
Geringfügig Beschäftigte (Minijobs) – Arbeitslohngrenze – 450,00 € – – Krankenversicherung • allgemein – – Arbeitgeber (pauschal): 13 % • bei Beschäftigung in Privathaushalten – – Arbeitgeber (pauschal): 5 % – Rentenversicherung • allgemein – – Arbeitnehmer: 3,9 %, Arbeitgeber (pauschal): 15 % – bei Beschäftigung in Privathaushalten – – Arbeitnehmer: 13,9 % Arbeitgeber (pauschal): 5 % * soweit nichts anderes vermerkt, tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge jeweils zur Hälfte
Bei Arbeitnehmern, die in der gesetzlichen Krankenkasse (AOK, Ersatzkassen, Betriebskrankenkassen) pflichtversichert sind, trägt der Arbeitgeber die Hälfte des „paritätischen“ Beitragssatzes von 14,6 %. Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte erhalten einen steuerfreien Arbeitgeber-
zuschuss in Höhe von 50 % des paritätischen Beitragssatzes. Wenn sich Arbeitnehmer privat krankenversichern, hat der Arbeitgeber ebenfalls einen steuerfreien Zuschuss in Höhe von 50 % der Beiträge zu leisten; dieser Zuschuss ist für das Jahr 2013 aber auf einen Höchstbetrag von (50 % von 574,88 Euro =) 287,44 Euro monatlich begrenzt. m
Neue Grenzen für Minijobs und Gleitzone ab 2013 Zum 1. Januar 2013 wird die Arbeitslohngrenze bei geringfügiger Beschäftigung (sog. Minijobs) von 400 Euro auf 450 Euro angehoben; entsprechend steigt auch die Grenze für die anschließende Gleitzone um 50 Euro auf 850 Euro.
Minijobs: Für bereits bestehende Beschäftigungsverhältnisse gelten Übergangsregelungen mit Bestandsschutzgarantien. Das bedeutet, dass z. B. bei bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Arbeitslöhnen über 400 bis 450 Euro – die jetzt normalerweise „begünstigt“ wären – die Sozialversicherungspflicht bis Ende 2014 bestehen Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
bleibt, und zwar mit Anwendung der bisherigen Gleitzonenregelung. Die Arbeitnehmer können sich aber von der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bzw. in der Kranken- und Pflegeversicherung befreien lassen, nicht jedoch von der Rentenversicherungspflicht. Bei bestehenden Minijobs gelten die Befreiung in der
17 Rentenversicherung bzw. die Option zur Rentenversicherungspflicht weiter wie bisher. Bei Option zur Rentenversicherung wird ab 2013 der Beitragsanteil des Arbeitnehmers von 4,6 auf 3,9 % (bei Minijobs in Privathaushalten von 14,6 auf 13,9 %) gesenkt. Zu beachten ist, dass für ab 1. Januar 2013 neu begründete Minijobs automatisch Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht; dies gilt auch bei Anhebung der Vergütung auf über 400 Euro bei bestehenden Verträgen. Die Arbeitnehmer können sich aber von der Versicherungspflicht befreien lassen, sodass sie ihren Beitragsanteil von 3,9 % (bei Minijobs in Privathaushalten 13,9 %) sparen können. Der Antrag kann bei mehreren Minijobs nur einheitlich bei allen Arbeitgebern gestellt werden.
Gleitzone: Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsentgelt bereits 2012 über 800 Euro, aber höchstens 850 Euro (das neue Ende der Gleitzone) betragen hat, bleibt die Sozialversicherungspflicht unverändert – ohne Gleitzonenregelung – bestehen. Wünscht der Arbeitnehmer aber ab 2013 die Anwendung der neuen Gleitzonenregelung, muss er dies seinem Arbeitgeber gegenüber schriftlich erklären. In diesem Fall gilt die Gleitzonenregelung für alle Sozialversicherungszweige einschließlich der Rentenversicherung. Die Erklärung ist nur für die Zukunft möglich, für Januar 2013 muss sie dem Arbeitgeber spätestens an dem Tag vorliegen, an dem er die Lohnabrechnung durchführt. Die Erklärung ist vom Arbeitgeber aufzubewahren. m
Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben Aufwendungen für die Unterbringung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, bei Tagesmüttern oder für die Beschäftigung von Betreuungspersonen können in Höhe von zwei Drittel der Kosten, höchstens bis zu 4.000 Euro jährlich für jedes Kind, als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Nicht berücksichtigungsfähig sind Aufwendungen für Unterricht (z. B. Schulgeld, Nachhilfe oder Fremdsprachenunterricht), die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Musikunterricht oder Computerkurse) sowie sportliche und andere Freizeitbetätigungen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass die Unterbringung eines Kindes in einem zweisprachig geführten Kindergarten grundsätzlich begünstigt ist. Da im betreffenden Kindergarten neben deutschen Erzieherinnen auch französische „Sprachassistenten“ eingesetzt wurden, behandelte das Finanzamt die gesamten von den Eltern gezahlten Vergütungen als nicht abziehbare Unterrichtskosten. Dagegen erkannte der BFH die Aufwendungen für den Kindergarten in voller Höhe an, weil die Vermittlung besonderer (Sprach-) Fähigkeiten hier nicht im Vordergrund steht, sondern als „unselbständiger Bestandteil der Betreuung“ zu betrachten ist. Bis 2011 konnten Kinderbetreuungskosten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Zusam-
menhang mit einer Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung der Eltern standen. Diese Voraussetzungen sind ab 2012 weggefallen. Kosten für die Betreuung von Kindern bis zu 14 Jahren (in besonderen Fällen auch ältere Kinder) können nunmehr unabhängig von der persönlichen Situation der Eltern als Sonderausgaben geltend gemacht werden. In einem weiteren Urteil hat der BFH entschieden, dass die bis 2011 geltenden Anspruchsvoraussetzungen der Eltern sowie auch die derzeitigen gesetzlichen Abzugshöchstgrenzen verfassungsmäßig sind; der Gesetzgeber habe hier den Spielraum der zulässigen Typisierungen nicht überschritten. m
Steuergesetz 2013 – Private Kfz-Nutzung Für auf Firmen- oder die Praxis zugelassene Fahrzeuge, die auch für private Zwecke genutzt werden, ist der geldwerte Vorteil als Arbeitsentgelt (1 %-Regelung) anzurechnen. Diese wird bei der Ermittlung des Listenpreises gemäß dieser Regelung bei Elektro- und Hybridfahrzeugen um die Kosten der Batterie gemindert.
Hiernach wird für Anschaffungen bis zum 31.12.2013 der Bruttopreis um 500 Euro pro kWh Speicherkapazität (bis max. 10.000 Euro) jährlich gekürzt. Bei Erwerb ab 2014 verringert sich der Kürzungsbetrag von 500 Euro auf 50 Euro pro kWh. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden adäquat der Regelung angepasst. m Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
18 Steuerrecht
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Haushaltsgemeinschaft mit volljährigem Sohn Alleinstehende können einen Entlastungsbetrag von monatlich 109 Euro (1.308 Euro im Jahr) von der Summe ihrer Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt (mindestens) ein Kind gehört, für das ihnen Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht. Bei Arbeitnehmern wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bereits beim Lohnsteuerabzug (Lohnsteuerklasse II) berücksichtigt.
Voraussetzung ist u. a., dass der Alleinstehende nicht mit einer anderen volljährigen Person eine „Haushaltsgemeinschaft“ bildet. Eine Haushaltsgemeinschaft wird vermutet, wenn die andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet ist. Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass bei langjährig zusammenwohnenden Angehörigen strengere Anforderungen an die Widerlegung einer Haushaltsgemeinschaft zu stellen sind als z. B. bei wechselnden familienfremden Untermietern.
Im Streitfall hatte der volljährige, berufstätige Sohn schriftlich erklärt, dass er ohne jegliche wirtschaftliche Beteiligung im Haus seines Vaters wohne, keine Miete zahle und sich auch nicht an den sonstigen Kosten der Haushaltsführung beteilige. Er erklärte ferner, dass er seine persönlichen Lebenshaltungskosten selbst trage und seinen Vater auch sonst bei der Erfüllung der Aufgaben eines Alleinerziehenden nicht entlaste. Diese Erklärung reichte nach Auffassung des Gerichts zur Widerlegung einer Haushaltsgemeinschaft nicht aus, sodass der Vater keinen Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende hatte. m
Aushangpflichtige Gesetze 2013 für Praxen und Krankenhäuser Auch Praxen und Krankenhäuser sind als Arbeitgeber verpflichtet, ihren Mitarbeitern bestimmte Gesetze, Vorschriften und Verordnungen bereitzustellen.
Buchtipp
Neben den allgemein üblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften wie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, der Mutterschutzund Elternzeitverordnung, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Auszug) und dem Arbeitsgerichtsgesetz (Auszug) sind für Praxen und Krankenhäuser, je nach betrieblicher Gegebenheit noch weitere Verordnungen aushangpflichtig, wie etwa die Röntgen- und die Strahlenschutzverordnung mit sämtlichen Anhängen. Die Verlagsgesellschaft W.E. Weinmann e.K. hat eine für 2013 aktualisierte Ausgabe der Aushangpflichtigen Gesetze für Praxen und Krankenhäuser herausgegeben. Diese enthält neben den notwendigen Gesetzen auch alle wichtigen Anhänge. Die Sonderausgabe gibt es gedruckt für 18,50 Euro und als PDF zum Download (www.verlag-weinmann.com) für 14,50 Euro: Die
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Aushangpflicht ist nämlich bereits erfüllt, wenn die Gesetze jedem Mitarbeiter in Dateiform zugänglich gemacht werden. Voraussetzung ist allerdings, dass alle Beschäftigten auf die Datei zugreifen können. m Titelangaben: Aushangpflichtige Gesetze 2013 Ausgabe für Praxen und Krankenhäuser ISBN 978-3-921262-95-5 460 Seiten: 18,50 Euro, PDF-Version: 14,50 Euro Verlagsgesellschaft W.E. Weinmann e.K. Quelle: Pressemitteilung der Verlagsgesellschaft W.E. Weinmann e.K., 23. Januar 2013
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ACR-Kongress 2012 – Washington
20 Rheumatoide Arthritis
Neuigkeiten vom ACR-Kongress 2012: Biologika und Tofacitinib Im Rahmen der ACR-Jahrestagung 2012 in Washington wurde eine Vielzahl interessanter Arbeiten zu den Effekten biologischer Therapien bei Rheumatoider Arthrits (RA) vorgestellt. Neben aktuellen Daten zur TNFBlockade standen mit Tocilizumab, Abatacept und Rituximab weitere Biologika im Fokus. Überdies wurden aus dem ORAL-Studienprogramm erneut Studienergebnisse zu dem neuen Therapieprinzip mit dem oralen JAKInhibitor Tofacitinib präsentiert.
Auch rund 13 Jahre nach Zulassung des ersten TNFInhibitors reißen die Neuigkeiten zur Anwendung dieser Substanzgruppe nicht ab. Nach einer neuen Subgruppenanalyse aus der niederländischen BeST-Studie (ACR 2012; Abstr. 1330) lässt sich erneut feststellen, dass offensichtlich das therapeutische Ansprechen auf Infliximab mit zunehmendem Body Mass Index (BMI) immer schlechter wird. Ein BMI von ≥25 war hiernach zum einen mit einer höheren Krankheitsaktivität, zum anderen mit einem signifikant höheren Risiko für ein schlechtes Ansprechen (RR insgesamt 1,42, nach dem ersten Jahr sogar 2,20) verbunden. Eine Untersuchung aus dem dänischen BiologikaRegister DANBIO (ACR 2012; Abstr. 363) erarbeitete Prädiktoren für die radiologische Progression unter einer Anti-TNF-Therapie, die insgesamt bei 27 % der Patienten (oft jedoch in relativ geringem Ausmaß) festzustellen war. Als signifikante Prädiktoren erwiesen sich das Alter, ein positiver IgM-Rheumafaktor, eine begleitende Prednisolon-Therapie und ein höherer Total Sharp-Score zu Beginn.
Update zu TNF-Inhibitoren: Reduktion von Mortalität und kardiovaskulären Ereignissen Erneut bestätigte sich, dass der Einsatz von TNFInhibitoren mit einer Verringerung der Rate kardiovaskulärer Ereignisse sowie mit einer Reduktion der Mortalität verbunden ist. In einer Auswertung von mehr als 100.000 Fällen einer US-amerikanischen Versicherungsbank war das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nur für TNF-Inhibitoren (HR 0,87) signifikant verringert, nicht hingegen für Methotrexat (MTX) und weitere DMARDs (ACR 2012; Abstr. 1242). Diese Risikoreduktion nahm von Jahr zu Jahr zu, im ersten Jahr um 24 %, im zweiten um 42 %, im dritten sogar um 56 %. Bei einer fünfjährigen Auswertung der Abrechnungsdaten aller RA-Patienten in British Columbia (ACR Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
2012; Abstr. 1642) ergab sich eine Verringerung des Mortalitätsrisikos auf ein Viertel (HR 0,25) unter TNF-Inhibitoren im Vergleich zu einer Therapie mit synthetischen DMARDs. Hierzu passt, dass die Kosten für Hospitalisierungen im BiologikaZeitalter bei RA-Patien- Prof. Dr. med. Klaus Krüger ten dramatisch sinken. In einer irischen Auswertung (ACR 2012; Abstr. 2540) des Beobachtungszeitraums von 1995 bis 2010 zeigte sich ab dem Jahr 2001 eine jährliche Reduzierung der Krankenhaustage um 13 %, außerdem eine annähernde Halbierung der Anzahl an Gelenkeingriffen – diese Verläufe waren eng mit der Zunahme an Verschreibungen von TNF-Inhibitoren korreliert.
Deeskalation der Anti-TNF-Therapie bei anhaltender Remission Zunehmend wird in Studien die Frage untersucht, inwieweit im Status der anhaltenden Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität die Therapie reduziert werden kann. Bei Neubeginn einer Biologika-Therapie wirkt ein TNF-Inhibitor zweifelsfrei in Kombination mit MTX besser als monotherapeutisch. Wie aber ist es im Status der Remission – kann diese bei Weglassen von MTX aufrechterhalten werden? In einer Longterm-Extension (LTE) aus der PREMIERStudie wurde diese Fragestellung näher untersucht (ACR 2012; Abstr. 1304). Nach der kontrollierten Zweijahresphase wurden die Patienten mit Adalimumab als Monotherapie weiterbehandelt, immerhin 60 % davon behielten die Monotherapie bis zum Ende von Jahr 5 bei, bei 40 % wurde aufgrund einer Verschlechterung MTX wieder dazugegeben. Unter
ACR-Kongress 2012 – Washington
21 den monotherapeutisch mit Adalimumab behandelten Patienten waren am Ende noch 50 % in Remission und 88 % im Status der Low Disease Activity (LDA). In einer schwedischen Untersuchung wurden 73 schon über drei bis vier Jahre mit Etanercept plus MTX behandelte Patienten mit stabiler Remission oder LDA randomisiert mit 50 mg Etanercept plus MTX oder 25 mg Etanercept plus MTX oder Placebo plus MTX weiterbehandelt (ACR 2012; Abstr. L10). Nach 48 Wochen lag die jeweilige Responder-Rate bei 52, 44 und 13 %, zumindest die Dosisreduzierung gelang somit problemlos. Alle Patienten, bei denen Etanercept abgesetzt worden war, sprachen bei Wiederbeginn erneut gut auf die Therapie an. Beide Studien und einige weitere hier nicht referierte Untersuchungen sprechen dafür, dass ein Therapieabbau problemlos möglich ist, in einem Teil der Fälle erfolgreich, im Falle eines Misserfolges mit der Option, dass die ursprünglich wirksame Therapie wieder eingesetzt werden kann. In einer Untersuchung aus dem spanischen BiologikaRegister BIOBADASER wurde überprüft, ob und wann nach eingetretener Tuberkulose die TNF-Blocker-Therapie wieder begonnen werden kann (ACR 2012; Abstr. 1641). Im Zeitraum 2000-2011 traten in diesem Register 52 Fälle von Tbc unter TNF-Blocker auf. Bei 28 davon wurde die Therapie erneut begonnen, darunter in neun Fällen sogar unter noch laufender TuberkuloseTherapie. In vier Jahren Nachbeobachtungszeit kam es in keinem der 28 Fälle zu einem Tbc-Rezidiv.
Neues zu Tocilizumab, Abatacept und Rituximab Tocilizumab, bei intravenöser Gabe mittlerweile bestens bewährt, wird bald auch in subkutaner Applikationsform zur Verfügung stehen. In zwei Studien konn-
te gezeigt werden, dass die subkutane Form in einer Dosis von 162 mg alle zwei Wochen placebokontrolliert sehr gut wirkt (ACR 2012; Abstr. L8) bzw. bei Wechsel von der intravenösen zur subkutanen Form die gleiche Wirksamkeit aufrechterhalten wird (ACR 2012; Abstr. 1295). Die Impfantwort auf Pneumovax und Tetanus-Toxoid unter Tocilizumab plus MTX (n=60) im Vergleich zu einer MTX-Monotherapie (n=31) wurde in einer Substudie untersucht (ACR 2012; Abstr. 349). Sie lag bei Pneumovax zwar unter jener bei der MTX-Monotherapie, aber dennoch im protektiven Bereich, und war bei Tetanus-Toxoid numerisch sogar etwas größer als mit alleiniger MTX-Therapie. Im Unterschied zu Tocilizumab ist bei Abatacept der Schritt zur Zulassung der subkutanen Verabreichungsform schon getan. In der ACQUIRE-Studie wurden zunächst i.v.- und s.c.-Gabe kontrolliert über sechs Monate miteinander verglichen, dann nach Switch der i.v.-Patienten zu s.c. alle Patienten in einer OpenLabel-Extension über drei Jahre weiterverfolgt (ACR 2012; Abstr. 462). Die s.c.-Gabe erwies sich über den Gesamtverlauf als gleich gut wirksam wie die bisher übliche intravenöse Verabreichungsform. Der Zulassungstext von Abatacept s.c. empfiehlt zu Beginn eine intravenöse „Loading Dose“. Der indirekte Vergleich von zwei Studien mit (ACQUIRE) und ohne Loading Dose (AMPLE) ergab indes, dass sich im Kurz- und Langzeitverlauf Unterschiede in der Wirksamkeit nicht feststellen lassen (ACR 2012; Abstr. 2547). Die Sicherheit von Abatacept bei 31 Patienten mit positiver Hepatitis B-Serologie wurde in einer italienischen Studie erfasst (ACR 2012; Abstr. 356). 27 Patienten waren inaktive, vier okkulte Träger (anti-Hbcpositiv) Der Einsatz von Abatacept führte über ein Jahr – in fünf Fällen zwei Jahre – bei keinem Patienten zur → 4
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ACR-Kongress 2012 – Washington
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– Synthetische DMARDs (Methotrexat usw.) – Biologische DMARDs (TNF-Inhibitoren usw.) – Hemmstoffe der intrazellulären Signalwege (Tofacitinib) Tab.: Therapie der RA mit krankheitsmodulierenden Substanzen – Gruppeneinteilung 2013 Exazerbation, bei sieben Patienten allerdings unter einer gleichzeitigen virostatischen Schutztherapie. Auf die Möglichkeit eines späten Auftretens einer bedrohlichen Neutropenie nach Rituximab-Gabe weisen Daten aus dem französischen AIR-Register hin (ACR 2012; Abstr. 1699). In 85 Fällen trat eine solche Neutropenie (darunter 6 x <500/μl) im Median nach sechs bis sieben Monaten auf, in fünf Fällen kam es zu Infektionen.
JAK-Inhibition als gänzlich neue, orale Therapieoption: Update zu Tofacitinib Mit dem JAK-Kinase-Hemmstoff Tofacitinib wird in diesem Jahr vermutlich auch in Europa eine neue Wirkstoffklasse für die Therapie der RA verfügbar sein (s. Tab.), in den USA wurde Tofacitinib bereits eine Woche vor dem ACR-Kongress Anfang November zugelassen, und zwar sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit MTX und auch anderen DMARDs. Aus dem reichhaltigen Programm von Phase-IIIStudien, die mit Tofacitinib durchgeführt wurden, kamen in Washington unter anderem Zweijahresdaten aus der ORAL-Scan-Studie zur Darstellung, in die Röntgen-Verlaufsuntersuchungen integriert waren (ACR 2012; Abstr. 1277). Sowohl klinisch wie radiologisch zeigten sich in dieser Studie, die bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf MTX durchgeführt wurde, über zwei Jahre gute Ergebnisse, die radiologische Progression war im Gesamtverlauf minimal. Auch die Verträglichkeit war gut, schwere Nebenwirkungen traten in der Dosis von 2x 5 mg bei 5,6 %, schwere infektiöse Ereignisse bei 2,8 % der Patienten auf. In einer Auswertung der gepoolten Vierjahres-Langzeitdaten aus Extensions-Studien mit mehr als 4.000 erfassten Patienten (6.000 Patientenjahre) zeigte sich Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
eine über vier Jahre stabile Wirkung, insbesondere aber keine negativen Signale zur Langzeitverträglichkeit (ACR 2012; Abstr. 1282). Zur Sicherheit der Therapie mit Tofacitinib ist allerdings – wie bei jeder neu zugelassenen Therapie – anzumerken, dass bisher nur Erfahrungen mit Patienten aus klinischen Studien existieren. Die Phase von Erfahrungen mit in der Alltagspraxis behandelten Patienten hat soeben erst begonnen – erfahrungsgemäß dauert es fünf bis zehn Jahre, bis auch in dieser Klientel die Expertise groß genug ist. Eine Übersicht über die bisher unter Tofacitinib aufgetretenen zehn Tbc-Fälle wurde beim ACR-Kongress von Winthrop gegeben (ACR 2012; Abstr. 1278). Alle zehn Fälle traten unter der bisher noch nicht zugelassenen Dosis von 2x 10 mg auf (Zulassungsdosis 2x 5 mg), acht davon in Ländern mit hohem Tbc-Risiko. Der gleiche Autor berichtete auch über Impferfahrungen unter dieser Therapie (ACR 2012; Abstr. 1284). Sowohl bei Impfung mit Influenza-Vakzin als auch bei Pneumokokken-Impfung wurden ausreichend protektive Titer erreicht.
Intrazelluläre Signalhemmung: Weitere neue Substanzen in ersten klinischen Studien Eine ganze Reihe von weiteren Hemmstoffen der intrazellulären Signalwege befindet sich gegenwärtig in Erprobung. So wurde im Rahmen des ACR-Kongresses mit GLPG0634 ein vielversprechender JAK1/TYK-Inhibitor vorgestellt, der über vier Wochen in einer Proofof-concept-Studie mit einer ACR20/50/70-Response von 92, 58 und 25 % überraschte (ACR 2012; Abstr. 2489). m
Die kleine Auswahl vorgestellter Beiträge zeigt bereits, dass zu schon bewährten Therapieprinzipien immer neue Fakten zutage treten, aber auch, dass wir weiterhin mit Neuentwicklungen rechnen können, die unsere therapeutische Palette in naher Zukunft oder zumindest mittelfristig erweitern werden.
Prof. Dr. med. Klaus Krüger Kommission Pharmakotherapie der DGRh Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Praxiszentrum St. Bonifatius St.-Bonifatius-Str. 5 81541 München
Ausblick
– Glukokortikoide
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23 Frühe Rheumatoide Arthritis
Höheres Alter beeinflusst Schweregrad und Behandlungsqualität Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert, die durch eine hohe Krankheitsaktivität bzw. ausgeprägten Schweregrad der Erkrankung und bestimmte Komorbiditäten, wie z. B. kardiovaskuläre Risikofaktoren, zusätzlich negativ beeinflusst wird. Dieses Risiko kann durch eine adäquate frühzeitige und konsequente medikamentöse Therapie reduziert werden. Noch unklar war bislang, inwieweit das Alter zu Krankheitsbeginn das Outcome beeinflusst. Eine schwedische Arbeitsgruppe um Lena Innala, Umeå, untersuchte daher jetzt den Einfluss des Alters bei Krankheitsbeginn auf prognostische Faktoren und die Therapie in den ersten fünf Krankheitsjahren.
Bei älteren RA-Patienten oftmals weniger intensive Therapie Für die Datenanalyse erfolgte eine Stratifizierung der Patienten in solche mit einem Erkrankungsbeginn in jüngerem oder höherem Alter (Young Onset RA = YORA vs. Late Onset RA = LORA), wobei als Cutoff-Wert ein Alter von 58 Jahren (entsprechend dem durchschnittlichen Alter der Studienpopulation) gewählt wurde. Im Vergleich wiesen die LORA-Patienten mit späten Krankheitsbeginn zu Baseline eine höhere ESR (34,3 vs. 26,0 mm/h; p<0,001), VAS Gesamt (47,8 vs. 42,9; p=0,085) und einen höheren HAQ (1,0 vs. 0,8; p=0,075) auf. Überdies wurde für die älteren Patienten eine signifikant höhere akkumulierte Krankheitsaktivität (AUC für DAS28) in den Monaten 6 (p=0,01), 12 (p<0,01) und 24 (p<0,05) nachgewiesen. Hingegen waren die YORA-Patienten häufiger ACPA-positiv (72,4 vs. 65,0 %; p<0,01) und verfügten öfter über die PTPN22 T-Variante (37,8 vs. 29,5; p=0,056). Extraartikuläre Manifestationen waren in
beiden Gruppen zwar vergleichbar, jedoch zeigte sich für Rheumaknoten ein tendenziell häufigeres Auftreten bei den YORA-Patienten (p=0,069), die zudem eine signifikant ausgeprägtere radiologische Gelenkschädigung im Larsen-Score aufwiesen (je p<0,001 in Monat 0 und 24). Gravierende Unterschiede zeigten sich bei der medikamentösen Therapie. So wurden die älteren LORA-Patienten signifikant öfter mit Kortikosteroiden behandelt (77,5 vs. 68,8 %; p<0,01), erhielten aber signifikant seltener Methotrexat (81,9 vs. 90,2 %; p<0,01) und Biologika (7,6 vs. 24,9 %; p<0,001). Die jüngeren YORA-Patienten erhielten früher eine DMARD-Therapie sowohl binnen drei Monaten nach Studieneintritt (94,0 vs. 85,8 %; p<0,01) als auch insgesamt (98,9 vs. 96,7 %; p=0,05). NSAR wurden häufiger bei den älteren Patienten verordnet (90,0 vs. 75,9 %; p<0,001), keine Unterschiede ergaben sich für die COX-2-Inhibitoren. m
Jene Patienten mit einem Krankheitsbeginn in jüngeren Jahren (YORA) hatten zwar häufiger Risikofaktoren für eine schlechte Prognose, jedoch wiesen jene mit einem RA-Beginn in höherem Alter (LORA) eine höhere Krankheitsaktivität auf. Dennoch werden ältere Patienten oft schlechter behandelt, so erhalten sie seltener eine frühzeitige DMARD-Therapie binnen drei Monaten (HR 0,35; p<0,01), recht häufig jedoch trotz des höheren Risikos für Komorbiditäten Kortikosteroide (HR 1,58; p<0,05). Gerade bei diesen älteren Patienten sollte, so betonte Innala auf der ACR-Tagung, die Therapie überdacht und entsprechend angepasst werden.
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Kompakt
In das im Jahr 1995 begonnene Register eingeschlossen wurden bislang 950 konsekutive Patienten (649 Frauen, 301 Männer) aus Nordschweden mit einer RA-Diagnose <12 Monate und einem mittleren Alter zu Krankheitsbeginn von 58 Jahren (ACR 2012; Abstr. 2145). Alle Patienten wurden regelmäßig untersucht, insbesondere hinsichtlich der Krankheitsaktivität (ESR, CRP, TJC/SJC, VAS Schmerz/Gesamt, DAS28, HAQ) und Krankheitsschwere (z. B. extraartikuläre Manifestationen, Rheumaknoten). Zu Beginn und nach zwei Jahren wurde die radiologische Progression erfasst. Komorbiditäten wurden bei Studieneintritt und nach fünf Jahren erhoben. Regelmäßig dokumentiert wurde die Pharmakotherapie (DMARDs, Kortikosteroide, Biologika, NSAR/COX-2-Inhibitoren). Ebenso erfolgte eine Bestimmung der Autoantikörper (RF, ANA, ACPA) und genetischer Marker (HLA-Shared Epitop, PTPN22 T-Variante).
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24 Rheumatoide Arthritis
Aktuelle Studien zu Biologika Im Rahmen des ACR-Kongresses standen diverse Biologika-Studien im Vordergrund, so mit AMPLE die neben ADACTA einzige Head-to-head-Studie zwischen Biologika und zugleich die einzige vor dem Hintergrund einer Methotrexat (MTX)-Therapie. Die zuvor bereits auf dem EULAR präsentierte Studie hatte eine vergleichbare Wirksamkeit von Abatacept und Adalimumab demonstriert. Nachdem die ADACTA-Studie in der biologischen Monotherapie Vorteile von Tocilizumab gegeüber Adalimumab aufgezeigt hatte, wurden jetzt in Washington Daten einer Langzeit-Extension der AMBITION-Studie zu dem IL-6-Rezeptorblocker vorgestellt. Für verschiedene Biologika wurde oder wird derzeit eine s.c.-Applikation geprüft. Der umgekehrte Weg wird bei dem TNF-Blocker Golimumab eingeschlagen, für den weitere Ergebnisse aus der GO-FURTHER-Studie zu einer neuen i.v.-Applikation präsentiert wurden.
In die von Prof. Dr. Michael Weinblatt, Boston (USA), vorgestellte und auf 24 Monate angelegte randomisierte, verblindete Phase-IIIb-Studie AMPLE wurden 646 Biologika-naïve Patienten mit aktiver RA (mittlerer DAS28-CRP 5,5 und Krankheitsdauer je ca. 1,8 Jahre) und unzureichendem Ansprechen auf MTX eingeschlossen (ACR 2012; Abstr. 2449). Es erfolgte jeweils in Kombination mit MTX ein direkter Head-tohead-Vergleich des T-Zell-Costimulationsmodulators Abatacept (125 mg s.c. wöchentlich) mit dem TNFInhibitor Adalimumab (40 mg s.c. alle zwei Wochen).
AMPLE: In Kombination mit MTX Abatacept und Adalimumab gleich gut Nach 12 Monaten erreichten unter Abatacept 64,8 vs. 63,4 % unter Adalimumab den primären Endpunkt ACR20-Ansprechen, mit einer Differenz von 1,8 % wurde wie geplant die Nicht-Unterlegenheit von Abatacept gegenüber Adalimumab demonstriert, so Schiff. Bereits nach vier Wochen hatten 42,5 bzw. 47,6 % der Patienten eine ACR20-Response erreicht. Nach einem Jahr zeigten sich unter Abatacept und Adalimumab zudem vergleichbare ACR50- (46,2 vs. 46,0 %) und ACR70-Ansprechraten (29,2 vs. 26,2 %). Auch die Rate der radiologischen Nicht-Progression war nicht signifikant verschieden (durchschnittliche Änderung im modifizierten Total Sharp-Score, mTSS 0,58 vs. 0,38). In beiden Armen traten über ein Jahr hinweg keine neuen Sicherheitssignale auf, auch in dieser Hinsicht waren beide Biologika vergleichbar. Vorteile für Abatacept zeigten sich in einer geringeren Abbruchrate aufgrund unerwünschter Wirkungen (3,5 vs. 6,1 %) und signifikant weniger Reaktionen an der Injektionsstelle (3,8 vs. 9,1 %; p=0,006), betonte Weinblatt. Die wichtigste Erkenntnis aus der AMPLE-Studie für die klinische Praxis ist, dass Abatacept den Daten zufolge eine ebenso wirksame und sichere Alternative Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
zu den bislang in dieser Situation üblichen TNF-Inhibitoren wie Adalimumab darstellt – dem wurde in der aktuellen deutschen S1-Leitlinie zur RA-Therapie bereits Rechnung getragen, wo neben Abatacept jetzt auch Tocilizumab gleichrangig zu den TNF-Inhibitoren als First-line-Biologikum eingesetzt werden kann.
AMBITION: Tocilizumab-Monotherapie langfristig effektiv Eine biologische Monotherapie mit Tocilizumab wurde bereits in drei randomisierten klinischen Studien getestet, und zwar in AMBITION, ACT-RAY und der bereits erwähnten Head-to-head-Studie ADACTA. In AMBITION wurde erstmals die Überlegenheit eines Biologikums in Monotherapie gegenüber einer MTX-Monotherapie gezeigt. Die Patienten waren entweder MTX-naïv oder hatten in den sechs Monaten vor Studienbeginn kein MTX erhalten. Nach 24 Wochen war die Tocilizumab 8 mg/kg-Monotherapie beim ACR20/50/70-Ansprechen und einer DAS28-Remission <2,6 signifikant überlegen. In Washington stellte jetzt Prof. Dr. Graeme Jones, Hobart (Australien), die Ergebnisse einer Post-hoc-Analyse zur Langzeiteffektivität des IL-6-Rezeptorblockers vor, in die die Daten einer über bis zu 240 Wochen laufen-
ACR-Kongress 2012 – Washington
25 den offenen Langzeit-Extension (LTE) der AMBITIONStudie eingingen, in der speziell jene Patienten evaluiert wurden, die auf der Tocilizumab-Monotherapie blieben (ACR 2012; Abstr. 454). Von den 243 Patienten mit Tocilizumab-Monotherapie, die in die LTE eingeschlossen wurden, blieben 57,2 % auf der Monotherapie, bei 9,9 % wurde vor Beginn der LTE ein DMARD hinzugefügt, bei 32,9 % erfolgte die Zugabe des DMARDs erst nach Beginn der LTE. Die Zugabe eines DMARDs war insbesondere erlaubt bei einer TJC/SJC-Reduktion <50 %, in 93 % der Fälle handelte es sich dabei um MTX. Von jenen 139 Patienten unter einer Tocilizumab-Monotherapie blieben 73 % (n=102) die kompletten 240 Wochen auf dieser Therapie. Sowohl SJC, TJC als auch DAS28 nahmen bis Woche 24 deutlich ab und verharrten anschließend auf diesem Niveau oder gingen im Verlauf noch weiter zurück. Ähnliche Trends zeigten sich für eine Remission gemäß DAS28 und CDAI, die nach 24 Wochen 40,1 % und 16,7 % der Patienten erreichten, diese Raten – ebenso wie die entsprechenden DAS28- und CDAI-Werte für eine niedrige Krankheitsaktivität – blieben im weiteren Verlauf stabil oder stiegen noch an (s. Tab.). Für die Mehrzahl der Patienten konnte in dieser offenen Fortsetzung der AMBITION-Studie somit eine fortgesetzte Effektivität der Tocilizumab-Monotherapie im Langzeitverlauf gezeigt werden mit einem insgesamt steigenden Anteil von Teilnehmern, die eine klinische Remission oder zumindest niedrige Krankheitsaktivität erreichten, betonte Jones.
GO-FURTHER: Golimumab i.v. hemmt radiologische Progression Im Rahmen der ACR-Tagung wurden nicht nur Studienergebnisse zu der neuen s.c.-Applikation von Abatacept (in Deutschland bereits zugelassen) und auch von Tocilizumab vorgestellt, sondern auch Daten zu einer neuen i.v.-Applikation von Golimumab präsentiert. In der wiederum von Prof. Dr. Michael Weinblatt vorgetragenen, multizentrischen, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie GO-FURTHER wurden 592 Patienten mit aktiver mäßiger bis schwerer RA (TJC/SJC je ≥6), die mindestens für drei Monate MTX erhalten hatten, eingeschlossen (ACR 2012; Abstr. 812). Die Patienten erhielten in einem 2:1-Studiendesign zusätzlich zu MTX entweder eine 30-minütige i.v.Infusion von Golimumab 2 mg/kg oder Placebo in Woche 0, 4 und dann alle acht Wochen. In Woche 16 und 20 konnten die Patienten der Placebogruppe bei einer Verbesserung der Symptomatik <10 % zu Woche 16 in den Golimumab-Arm wechseln. In Woche
24 wurden dann alle zuvor auf Placebo randomisierten Patienten auf Golimumab eingestellt. Nach 24 Wochen zeigte sich eine signifikante Hemmung der Progression struktureller Schäden bei mehr Patienten unter Golimumab i.v. im Vergleich zu Placebo. Diese konnte bis Woche 52 aufrechterhalten werden, sowohl bei den durchgängig mit Golimumab i.v. behandelten Patienten als auch jenen, die im Verlauf auf den TNF-Blocker wechselten. Zu Woche 24 betrug die mittlere Veränderung im vdHS-Score ab Baseline 0,03 in der Golimumab i.v.- vs. 1,09 in der Placebogruppe (p<0,001). In Woche 52 zeigte sich eine mittlere Veränderung im vdHS-Score von 0,13 in der Golimumab i.v.-Gruppe vs. 1,22 für die von Placebo auf Golimumab gewechselten Patienten (p<0,001). Zwischen Woche 24 und 52 ergaben sich mittlere Veränderungen des vdHS-Scores von 0,15 und 0,12 für die durchgängig und erst ab Woche 24 mit Golimumab behandelten Patienten. Unter der i.v.-Formulierung traten keine neuen Sicherheitssignale auf, mit 4 vs. 2 % und 53 vs. 49 % waren die Anteile von Patienten mit schweren bzw. allen unerwünschten Wirkungen unter Golimumab i.v. und Placebo vergleichbar. In Woche 52 betrug der Anteil von Patienten mit schweren bzw. allen unerwünschten Wirkungen 9 bzw. 65 %. Insgesamt zeigen die Phase-III-Daten, dass Golimumab i.v. plus MTX im Vergleich zu einer MTX-Monotherapie deutlich und anhaltend über bis zu 12 Monate die Krankheitskontrolle der RA verbessert und die radiologische Progression struktureller Schäden hemmt. Die neue i.v.-Formulierung könnte gegenüber der herkömmlichen s.c.-Applikation einige Vorteile haben. Profitieren könnten Patienten, die Probleme mit der Selbstinjektion haben und daher die i.v.-Gabe bevorzugen, vermutlich eröffnet der i.v.-Weg auch eine größere Flexibilität bei der Dosierung. m Woche
0 24 72 120 168 192 216 240 n=139 n=138 n=126 n=121 n=113 n=108 n=102 n=90
SJC (66 Gelenke)
19,0 4,8 2,7 1,8 2,1 1,7 1,5 1,8
TJC (68 Gelenke)
32,5 10,5 6,2 4,8 4,2 3,7 4,0 3,8
n=138 n=137 n=121 n=115 n=111 n=107 n=100 n=87
DAS28 <2,6 0 55 65 69 70 73 62 58 n (%) (0) (40,1) (53,7) (60,0) (63,1) (68,2) (62,0) (66,7) DAS28 ≤3,2 n (%)
0 74 90 89 84 82 76 68 (0) (51,8) (74,4) (77,4) (75,7) (76,6) (76,0) (78,2) n=138 n=138 n=124 n=121 n=112 n=109 n=103 n=90
CDAI-Remission 0 23 36 52 43 43 39 37 (≤2,8), n (%) (0) (16,7) (29,0) (43,0) (38,4) (39,4) (37,9) (41,1) CDAI niedrige 0 66 77 85 77 84 80 72 Krankheitsaktivität (0) (47,8) (62,1) (70,2) (68,8) (77,1) (77,7) (80,0) (≤10), n (%)
Tab.: AMBITION-LTE: Effektivität der Tocilizumab-Monotherapie im zeitlichen Verlauf Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
ACR-Kongress 2012 – Washington
26 Spondyloarthritiden
Wissenschaftliche Höhepunkte vom ACR-Kongress 2012 Auf der ACR-Jahrestagung im November 2012 in Washington wurde eine ganze Reihe interessanter Abstracts zum Themenkomplex Spondyloarthritiden präsentiert, von denen hier drei in detaillierter Form vorgestellt werden sollen. Von besonderer Relevanz waren insbesondere die Daten aus der internationalen ABILITY-2-Studie zum Nutzen des TNFα-Blockers Adalimumab bei peripherer Spondyloarthritis, eine Studie zu dem Anti-TNF Certolizumab Pegol bei der Gesamtgruppe von Patienten mit axialer Spondyloarthritis und neue Erkenntnisse zum Risikofaktor Rauchen für die radiologische Progression bei ankylosierender Spondylitis.
ABILITY-2-Studie: Wirksamkeit von Adalimumab bei peripherer Spondyloarthritis Bei der ABILITY-2-Studie (1) handelt es sich um die erste randomisierte, kontrollierte Studie, in der die neuen ASAS-Klassifikationskriterien für die periphere Spondyloarthritis (2) in einer Studie angewendet wurden und zudem die erste Studie, die mit Adalimumab einen TNFa-Blocker bei peripherer Spondyloarthrtis (periphere SpA) getestet hat. In ABILITY-2 wurden 84 Patienten mit Adalimumab 40 mg alle zwei Wochen subkutan (s.c.) oder 81 Patienten mit Placebo für einen Zeitraum von 12 Wochen behandelt, danach erfolgte eine Weiterbehandlung aller Patienten mit Adalimumab. Zum Einschluss in die Studie mussten die Patienten eine periphere Arthritis mit vorwiegender Beteiligung der unteren Extremitäten haben und/oder eine Enthesitis und/oder Daktylitis aufweisen. Für die ABILITY-2-Studie wurde ein
Placebo (n=81)
Adalimumab (n=84)
60
39,3 Patienten (%)
40 30
19,8
10 0
spezieller primärer Endpunkt entwickelt. Als primärer Endpunkt definiert war der Anteil der Patienten, die eine 40%-ige Verbesserung der peripheren SpA-Response-Kriterien (PSpARC40) zu Woche 12 zeigten. Dieses Kriterium war erfüllt, wenn wenigstens eine 40%-ige Verbesserung in der allgemeinen Krankheitsaktivität der Patienten, eine 40%-ige Verbesserung in der Schmerzangabe des Patienten und eine 40%-ige Verbesserung bei mindestens einem der drei folgenden Kriterien (Anzahl der geschwollenen Gelenke, Anzahl der Enthesitis-Stellen, Anzahl der DaktylitisStellen) erreicht worden war.
p=0,006
50
20
Prof. Dr. med. Joachim Sieper
PSpARC40-Ansprechen
Abb. 1: ABILITY-2-Studie: Signifikante Überlegenheit von Adalimumab beim PSpARC40-Ansprechen in Woche 12 Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Der primäre Endpunkt eines PSpARC40-Ansprechens wurde in 39,3 % der Patienten in der AdalimumabGruppe im Vergleich zu 19,8 % der Patienten in der Placebo-Gruppe erreicht, ein Unterschied, der hochsignifikant war (p=0,006) (Abb. 1). Damit konnte erstmals in einer größeren placebokontrollierten, verblindeten Studie die Effektivität eines TNFα-Blockers für die Therapie der peripheren Spondyloarthritis gezeigt werden. Interessanterweise ist es aber auch generell die einzige medikamentöse Studie, die für diese Indikation durchgeführt worden ist. Es bleibt zu hoffen, dass diese Studie Anlass zur Durchführung weiterer therapeutischer Studien bei dieser bislang eher vernachlässigten Patientengruppe geben wird.
ACR-Kongress 2012 – Washington
27
Eine weitere auf dem ACR präsentierte Studie hatte zum ersten Mal die Gesamtgruppe der Patienten mit axialer Spondyloarthritis (sowohl Patienten mit nichtröntgenologischer axialer SpA als auch mit ankylosierender Spondylitis) entsprechend den ASAS-Kriterien für die axiale SpA (3) als Zielgruppe. In der doppelblinden, placebokontrollierten RAPID-axSpA-Studie zu dem Anti-TNF Certolizumab Pegol mussten die Patienten ähnlich wie bei den vorausgegangenen Studien bei der ankylosierenden Spondylitis einen BASDAI von mindestens 4 oder höher haben und mussten zusätzlich objektive Zeichen einer Entzündung aufweisen wie ein erhöhtes C-reaktives Protein oder eine aktive entzündliche Veränderung in der MRT-Untersuchung. Zum ersten Mal wurden damit in der gleichen Studie Patienten mit nicht-röntgenologischer axialer SpA und Patienten mit röntgenologischer axialer SpA mit dem gleichen Medikament behandelt. In die Placebo-Gruppe wurden 107 Patienten eingeschlossen, in die Certolizumab-Gruppe insgesamt 228 Patienten (4). 55 % der Patienten hatten eine ankylosierende Spondylitis (definitive röntgenologische Sakroiliitis) und 45 % eine nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis. Insgesamt zeigte sich in allen Parametern eine überlegene Wirksamkeit bei den mit Certolizumab Pegol behandelten Patienten im Vergleich zu Placebo. Certolizumab Pegol wurde in einem Arm als 400 mg-Injektion alle vier Wochen gegeben und in einem weiteren Arm als 200 mg-Injektion alle zwei Wochen. Zwischen diesen beiden Applikationsarten gab es keinen klaren Unterschied. Beispielhaft ist in Abb. 2 die ASAS40-Responserate gezeigt. Hier zeigt sich auch deutlich, dass diese bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis (röntgenologische axiale SpA) und Patienten mit nicht-röntgenologischer SpA praktisch identisch ist.
Damit wird zunehmend klar, dass Rauchen bei verschiedenen chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie der Ankylosierenden Spondylitis, der Rheumatoiden Arthritis und auch dem Morbus Crohn einen Risikofaktor darstellt. m Quellen: 1 Mease P et al., ACR 2012; Abstr. 570 2 Ruidwaleit M et al., Ann Rheum Dis 2011; 70: 25-31 3 Rudwaleit et al., Ann Rheum Dis 2009; 68: 777-783 4 Landewé R et al., ACR 2012, Abstr. 777 5 Poddubnyy D et al., Arthritis Rheum 2012; 64: 1388 1398 Prof. Dr. med. Joachim Sieper Med. Klinik I, Rheumatologie Charité Universitätsmedizin Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin Tel.: 030/84454547, Fax: 030/84454582 Placebo
Patienten (%)
RAPID-axSpA-Studie: Certolizumab Pegol bei axialer Spondyloarthritis
CZP 200 mg Q2W
Alle Patienten (axSpA)
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
CZP 400 mg Q4W
AS
nr-axSpA
58,9 51,4 52,3
48,6
50,0
43,2
56,5
47,7
47,8 47,1
45,1
40,0
17,8
15,0
Woche 12 Woche 24
n=107 n=111 n=107
19,3
15,8
Woche 12 Woche 24
n=57 n=65 n=56
16,0
14,0
Woche 12 Woche 24
n=50 n=46 n=51
Abb. 2: RAPID-axSpA-Studie: Höhere ASAS40-Ansprechraten unter Certolizumab Pegol (CZP) in beiden Patientenpopulationen
p=0,008
Rauchen als Risikofaktor für die radiologische Progression bei ankylosierender Spondylitis
28,6
30 Patienten (%)
Kürzlich konnte gezeigt werden, dass Rauchen ein Risikofaktor für die radiologische Progression in der Wirbelsäule ist, d. h. für eine Zunahme der Verknöcherung (5). Auf dem ACR-Kongress wurden jetzt neue Daten zu dieser Fragestellung präsentiert und es konnte gezeigt werden, dass starke Raucher – gemessen anhand einer Verschlechterung des mSASSSScores um >2 Punkte in zwei Jahren – eine signifikant stärkere radiologische Progression der Wirbelsäule zeigen im Vergleich zu mäßigen Rauchern und diese wiederum im Vergleich zu Nichtrauchern (s. Abb. 3).
35
25
18,6
20 15
10,1
10 5 0 Nichtraucher (n=139)
Raucher, ≤10 Raucher, >10 Zigaretten pro Tag Zigaretten pro Tag (n=43) (n=28)
Abb. 3: Einfluss des Rauchens auf die radiologische Progression (Verschlechterung des mSASSS-Scores um >2 Punkte binnen zwei Jahren) in der Wirbelsäule bei axSpA-Patienten Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
ACR-Kongress 2012 – Washington
28 Systemischer Lupus erythematodes
Neues von der ACR-Jahrestagung In 2012 sind neue Klassifikationskriterien für den Systemischen Lupus erythematodes (SLE) von der Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC)-Gruppe vorgeschlagen worden, welche auch auf der ACRTagung 2012 in Washington diskutiert wurden. Ganz neue Substanzen zur Behandlung des SLE wurden nicht vorgestellt, vielmehr wurden weitere Daten zu den neuen Therapien der letzten Jahre (Belimumab, Rituximab, Epratuzumab) präsentiert.
Klassifikationskriterien für den SLE Die bisherigen SLE-Klassifikationskriterien (s. Tab. 1) stammen aus dem Jahr 1982 und wurden 1997 dahingehend revidiert, dass das LE-Zell-Phänomen gestrichen und die falsch positive Lues-Serologie durch Anti-Phospholipid-Antikörper ergänzt wurde (1, 2). Berechtigte Kritik an diesen Kriterien wurde in der Arbeit der SLICC-Gruppe dahingehend geäußert, dass Hautveränderungen überbewertet und teilweise redundant (Schmetterlingserythem, diskoides Erythem und UV-Sensibilität) oder auch unvollständig (z. B. leukozytoklastische Vaskulitis) seien und dass eine Klassifikation als SLE möglich ist, ohne dass Auto-Ak nachweisbar sind und dies bei einer prototypischen Auto-Antikörper vermittelten Erkrankung (3). Außerdem sollten neue Standards in der Feststellung und Quantifizierung einer Proteinurie sowie erniedrigte Komplement-Faktoren berücksichtigt werden. Die neu vorgeschlagenen Kriterien wurden von 716 Patienten in 25 SLICC-Zentren abgeleitet, die sich wie folgt aufschlüsselten: SLE: n=293; RA: n=119; Myositis: n=55; chronisch-kutaner LE: n=50; undifferenzierte Kollagenosen: n=44; Vaskulitis: n=37; primäres APS: n=33; Systemsklerose: n=28; Fibromyalgie: n=25; Sjögren-Syndrom: n=15; Rosazea: n=8; Psoriasis: n=7; Sarkoidose: n=1; JIA: n=1. Unter 26-32 Klinikern betrug die Übereinstimmung >80 % in 616 1 Schmetterlingserythem 2
Diskoides Erythem
3 Licht-(UV-)empfindlichkeit 4 Mundschleimhautulcera 5 Arthritis 6 Serositis 7 Nephritis 8 ZNS-Beteiligung 9
Hämatologische Beteiligung (hämolytische Anämie, Leukopenie, Lymphopenie, Thrombopenie)
10 dsDNA-Ak, Sm-Ak, Antiphospholipid-Ak 11 ANA
Tab. 1: Die ACR-Klassifikationskriterien für den SLE von 1982/1997 (1, 2) Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Prof. Dr. med. Christof Specker Fällen (86 %), von denen in 91 % die gestellte mit der übermittelten Diagnose übereinstimmte. 86 der verbliebenen 100 Fälle konnte in einer zweiten Runde mit >80 % Übereinstimmung klassifiziert werden (98 %; 702 Patienten). Von ursprünglich über 20 Kriterien in unterschiedlichen Kombinationen wurden (nach linearer Regressionsanalyse und inhaltlicher Diskussion) 18 als SLE-assoziiert identifiziert. Daraus wurden dann elf klinische und sechs immunologische Kriterien „destilliert“ (s. Tab. 2). Die Klassifizierung eines Patienten als SLE soll dann gegeben sein, wenn vier Kriterien, davon mindestens ein klinisches und ein immunologisches, erfüllt sind oder histologisch eine Lupusnephritis (LN) mit ANA oder anti-dsDNA-Ak nachgewiesen ist. Der Vorteil dieser neuen Kriterien soll nun darin bestehen, dass weniger Patienten missklassifiziert würden. Dieser Unterschied war aber schon wesentlich geringer, wenn man die neuen Kriterien an einer zweiten Kohorte von 690 rheumatologischen Patienten überprüft (s. Tab. 3). Wie immer geht eine bessere Sensitivität auf Kosten der Spezifität und vice versa, was auch die Zahl der „Missklassifikationen“ relativiert. Wenn in der Grundgesamtheit mehr Fälle sind, welche die (Ziel-)Diagnose aufweisen, führt eine höhere Sensitivität zu weniger Missklassifikationen, wenn die Diagnose eher selten ist, führt eine höhere Spezifität zu weniger „Fehldiagnosen“.
ACR-Kongress 2012 – Washington
29 Die neuen Kriterien wurden nun bei 640 SLE-Patienten der LUMINA-Inzeptionskohorte danach überprüft, ob diese eher erfüllt sind und damit früher die Einordnung als SLE erlauben (4). 50 % der SLE-Patienten erfüllten die Kriterien zum selben Zeitpunkt, in 12 % waren die SLICC-, in 35 % die ACR-Kriterien früher erfüllt, hauptsächlich aufgrund des gleichzeitigen Vorliegens mehrerer kutaner Kriterien. Insgesamt bieten die SLICC-Kriterien zwar keine wesentlichen Vorteile, der Ansatz, die alten Kriterien zu revidieren, ist aber sicher richtig. Vorteile der neuen Kriterien sind: – häufig gemeinsam auftretende Hautkriterien wurden zusammengefasst und führen damit allein nicht mehr so schnell zur „Diagnose“ eines SLE. – es müssen Auto-Antikörper vorliegen, um einen Patienten als SLE klassifizieren zu können (so wiesen z. B. auch in der LUMINA-Kohorte alle 640 Patienten ANA auf). – die immunologischen Parameter sind genauer definiert und um die Komplementerniedrigung ergänzt. – eine (typische) Nierenbeteiligung reicht aus für eine Klassifikation als SLE, wenn auch ANA oder dsDNA-Ak nachweisbar sind. Nachteile der SLICC-Kriterien sind: – wichtige und umfangreichere Ergänzungen sowie Ausnahmen im „Kleingedruckten“. – etwas komplexere Handhabung. – keine bessere Performance, z. B. da immer noch vier von elf klinischen Kriterien Haut und Schleimhäute betreffen und da ANA allein nicht SLE-spezifisch sind (dadurch wird die Sensitivität höher und die Spezifität geringer).
Serologie Antinukleäre Antikörper (ANA) Antinukleäre Antikörper, untersucht auf HEp2-Zellen, sind sehr sensitiv (>98 %), aber wenig spezifisch für den SLE, da sie auch bei anderen Bindegewebserkrankungen, bei Infektionen, bestimmten Medikamenten und anderen Erkrankungen gefunden werden. So sind sie in bis zu 13 % der Normalpersonen positiv (5). Da die indirekte Immunfluoreszenz (IFT) auf HEp2Zellen einen relativ hohen und personengebundenen (Verdünnung, Präparation, Mikroskopie) Aufwand darstellt, wird immer wieder versucht, automatisierbare Festphasenassays als Ersatz zu etablieren. In Washington wurde eine Untersuchung einer USamerikanischen Gruppe zur Bestimmung von ANA (110 Anforderungen rheumatologischer Einrichtungen) mittels eines Multiplex-Immunobead-Assays
(MIA) gegenüber dem IFT präsentiert (6). Es zeigte sich eine geringere Sensitivität mit hoher Rate von falschnegativen Befunden wenn man den (automatisierten) Festphasenassay für das ANA-Screening verwendet. Im Festphasenassay fehlklassifizierte (ANA-negative) Patienten waren solche mit definierten ANA-assoziierten Autoimmunerkrankungen (s. Tab. 4). In einer guten Session zur Methodik und Bedeutung von ANA (und anderen Auto-Antikörpern) wurden am letzten Kongresstag folgende Grundsätze betont (7): – Wenn ein entsprechender klinischer Verdacht für das Vorliegen eines SLE bei einem Patienten besteht, ist eine Bestimmung der ANA der beste diagnostische Labortests, da es praktisch keinen ANAnegativen SLE gibt. – Auch bei Patienten mit Verdacht auf eine systemische Sklerose sollte eine Untersuchung auf ANA durchgeführt werden, da ein negatives Ergebnis → Klinische Kriterien 1 Akuter kutaner LE 2 Chronisch-kutaner LE 3 Orale Ulcera 4 Nicht vernarbende Alopezie 5 Synovitis (≥2 Gelenke) oder Druckschmerz (≥2 Gelenke) und Morgensteifigkeit ≥30 Minuten 6 Serositis 7 Nierenbeteiligung Tageseiweißausscheidung ≥500 mg (Urin Protein/Kreatinin-Ratio oder 24 h-Urin) oder Erythrozytenzylinder 8 Neurologische Beteiligung 9 hämolytische Anämie 10 Leukopenie (<4.000/µl) 11 Thrombozytopenie (<100.000/µl) Immunologische Kriterien 1 ANA-Titer oberhalb des Labor-Referenzwertes 2 Anti-dsDNA-Ak 3 Anti-Sm 4 Anti-Phospholipid-Ak 5 Erniedrigtes Komplement 6 Direkter Coombs-Test (ohne hämolytische Anämie)
Tab. 2: Die von der SLICC-Gruppe vorgeschlagenen neuen klinischen (n=11) und immunologischen (n=6) Klassifikationskriterien (Kurzform) für den SLE, wobei mindestens vier, davon mindestens je ein klinisches und ein immunologisches Kriterium erfüllt sein müssen (3)
Derivationskohorte (n=702) Validierungskohorte (n=690) ACR-Kriterien SLICC-Kriterien ACR-Kriterien SLICC-Kriterien
Sensitivität (%)
86 %
94 %
83 %
97 %
Spezifität (%)
93 %
92 %
96 %
84 %
70
49
74
62
0,79
0,82
Missklassifizierte Fälle (n) Kappa
Tab. 3: Sensitivität und Spezifität der neuen SLICC-SLE-Kriterien und Missklassifikationen in den 702 Patienten, von denen die Kriterien abgeleitet wurden („Derivationskohorte“), und in 690 anderen rheumatologischen Patienten („Validierungskohorte“) (3) Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
ACR-Kongress 2012 – Washington
30 den Verdacht auf andere fibrosierende Erkrankungen lenken würde. – Die Bestimmung der ANA mittels Immunfluoreszenz auf HEp2-Zellen ist der Goldstandard für die ANA-Bestimmung (im Gegensatz zu automatisierbaren Festphasenassays). – Je niedriger die Prätest-Wahrscheinlichkeit von ANA, umso weniger bedeutsam ist das Ergebnis. Je weniger gezielt (sei es von Seiten der Fachrichtung, sei es von Seiten des klinischen Verdachtes) eine Anforderung erfolgt, umso häufiger wird man irrelevante ANA (bei Normalpersonen oder anderen Erkrankungen) finden. – Je höher der Titer (ab ~1:640) und je spezifischer das Muster, um so eher handelt es sich um eine systemische Autoimmunerkrankung. Anti-DNA-Antikörper Antikörper gegen doppelsträngige DNA (Anti-dsDNAAk) gelten aufgrund ihrer hohen Spezifität als pathognomonisch für den SLE (siehe auch voriges Kapitel). Inwieweit deren Bestimmung aber verlässliche (reliable) und bedeutsame (signifikante) Ergebnisse in der Routine liefert, wurde von einer skandinavischen Arbeitsgruppe untersucht (8). 1.073 konsekutive Patienten von drei skandinavischen rheumatologischen Zentren waren auf ANA untersucht worden. Von diesen wiesen 292 positive ANA auf und wurden mit 292 ANA-negativen Patienten „gematcht“ und verglichen. Anti-dsDNA-Antikörper wurden zu Beginn der Studie in verschiedenen LaboIFT ≥1:160
IFT negativ
Immuno-Bead-Assay + n (%)
12 (10 %)
9 (8 %)
21
Immuno-Bead-Assay - n (%)
15 (14 %)
74 (67 %)
89
ratorien mit Immunfluoreszenz (CLIFT, 4x mit zwei verschiedenen Kits) und ELISA (4x mit drei Kits) bestimmt und Änderungen der Serologie oder Diagnose wurden über insgesamt ca. fünf Jahre (median 4,8 Jahre) erfasst. Anti-dsDNA-Ak waren in 164 Patienten mindestens einmal positiv, aber bei nur sieben Patienten in allen Untersuchungen. Bei 65 als SLE diagnostizierten Patienten waren 40 Anti-dsDNA-Ak positiv, es wurden aber auch viele andere Diagnosen bei positiven Anti-dsDNA-Ak beobachtet und etwa ein Drittel der Patienten mit Anti-dsDNA-Ak waren ANA negativ. Nach fünf Jahren bestätigte sich die SLE-Diagnose bei 63 der 65 Patienten (39 Anti-dsDNA-Ak positiv), sie wurde revidiert bei zwei (davon einer Anti-dsDNA-Ak positiv). Von den 120 ursprünglich Anti-dsDNA-Ak positiven Patienten, welche aber nicht die Diagnose eines SLE erfüllten, wurde in nur einem Fall nach fünf Jahren ein SLE diagnostiziert. Anti-dsDNA-Ak-Assays messen recht unterschiedlich und dsDNA-Ak werden auch bei anderen Diagnosen gefunden. Dies betont die Wichtigkeit der richtigen Interpretation der Laborbefunde. Es sollten nur eindeutig erhöhte Titer (die oft höher sind als die vom Hersteller angegeben Schwellenwerte) als diagnoseweisend gewertet werden. Dann wird man auch keine ANA-negativen Befunde bei Anti-ds-DNA-Ak positiven Patienten finden, was es zellbiologisch auch gar nicht geben kann. Außerdem sollte man sich nicht nur auf eine einzelne Testmethode verlassen (z. B. ELISA als Suchtest, RIA oder CLIFT als Bestätigungstest). Es wurden auf dem Poster keine Angaben zu den Titern gemacht, was bei einer Publikation sicher zu fordern wäre.
27 83
Tab. 4: Vergleich der automatischen (Immuno-Bead-Assay) und Immunfluoreszenzbestimmung (IFT) von ANA (6)
DNA H1-Histone
H8-Histone
Abb. 1: Schemazeichnung von Nukleosomen mit DNA-Strängen, H1- und H8-Histonen Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Nukleosomen-Antikörper In den letzten Jahren wurde immer wieder über einen zusätzlichen diagnostischen Wert von Anti-Nukleosomen-Antikörpern (Nukleosomen-Ak) gegenüber dsDNA-Antikörpern beim SLE berichtet. Diese sollen (noch) sensitiver für den SLE sein, noch vor den dsDNA-Ak auftreten und besser mit der Krankheitsaktivität, insbesondere mit der Nierenbeteiligung, korrelieren. Nukleosomen sind komplexere Bestandteile des Zellkerns, welche aus Histonen, DNA und Proteinen bestehen (s. Abb. 1). Dies erklärt eine hohe Kreuzreaktivität von dsDNA-Ak mit Nukleosomen-Ak, wobei die Idee, dass Neo-Epitope durch Histon-DNA-Interaktionen entstehen, eher eine Theorie ist, um den eventuellen „Mehrwert“ dieser Antikörper erklären zu können. Angaben zur Häufigkeit von NukleosomenAk beim SLE schwanken zwischen 50 bis 90 %, sie
ACR-Kongress 2012 – Washington
31 werden aber häufiger auch bei anderen Kollagenosen (bis zu 40 %) gefunden.
Auch die Möglichkeit Steroide zu reduzieren war relativ größer bei den aktiveren Patienten (s. Abb. 2).
In einer neuen Untersuchung wurden 349 Serumproben von 49 SLE-Patienten über 89 (14-180) Monate untersucht und mit den Ergebnissen von 40 Normalpersonen verglichen (9). Nukleosomen-Ak sind zwar signifikant mit der Krankheitsaktivität assoziiert, am stärksten aber mit Anti-dsDNA-Ak, die auch mit der Krankheitsaktivität assoziiert sind. Dass NukleosomenAk diagnostisch besser sind als diese, ist nicht bewiesen (s. Tab. 5).
Belimumab in der klinischen Praxis Insgesamt 10 „Lupologen“, die zuvor an den PhaseIII-Studien zu Belimumab mitgewirkt hatten, wurden mittels 1-seitigem Fragebogen zum Einsatz von Belimumab in der täglichen Routine befragt (13). Es wurden 83 (auf dem Poster waren es inzwischen 132) →
Man sieht wieder, dass Sensitivität und Spezifität miteinander gekoppelte Eigenschaften von Laborassays sind. Wenn man die Sensitivität verbessert, verliert man an Spezifität und umgekehrt. Man kann jeden Test (in gewissen Grenzen) hinsichtlich Sensitivität oder Spezifität so „einstellen“, wie man ihn haben möchte und dabei ist die Frage, ob man den Test eher zur Identifizierung von Patienten gegenüber Gesunden einsetzt (Sensitivität), zur Abgrenzung von anderen Erkrankungen (Spezifität) oder eventuell auch zur Beurteilung der Krankheitsaktivität.
Daten zum Einsatz von Belimumab
Anzahl der Nukleosomen- p-Wert Proben (n) Ak (im Mittel) hoch vs. niedr.
Anhaltend moderate/hohe Aktivität
209
59,1
Anhaltend niedrige Aktivität
166
49,1
BILAG <5
166
49,1
BILAG ≥5
209 59,0
Anti-dsDNA >50 IU/ml
177
37,5
Anti-dsDNA <50 IU/ml
170
78,5
Komplement C3 ≤90 mg/dl
138
68,9
Komplement C3 >90 mg/dl
209
50,1
Wirkstärke in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität Von 1.684 SLE-Patienten der beiden BLISS-Studien hatten 877 (52 %) einen S-SLEDAI >10 (>6 war das Einschlusskriterium). Patienten mit einem SLEDAI ≥10 hatten gegenüber jenen mit einem SLEDAI ≤9 häufiger serologische Aktivitätszeichen (ds-DNA-Ak/ Komplementerniedrigung) und sprachen besser auf die Therapie mit Belimumab an (kombinierter SLE Responder Index (SRI), Steroidreduktion, Fatigue) (12).
<0,0001 0,04
1 neuer BILAG A jeder BILAG A SFI schwerer Schub oder 2 B [%] [%] [%] mit ohne mit ohne mit ohne 180 382 130 432 133 429
Labor zu Baseline C3 <90 mg/dl 52,8^ 40,1 51,5 41,9 59,4^ 39,4 C4 <16 mg/dl 61,1+ 50,5 60,8 51,9 63,2* 51 CRP >0,3 mg/dl 43,4+ 34,9 46,0* 35,2 44,6* 35,5 Proteinurie ≥0,5 g/24 h 29,5+ 17,3 32,3^ 17,8 32,3^ 17,7 anti-dsDNA >200 IU/ml 44,4^ 28,0 46,2^ 29,4 49,6^ 28,2 Serum-BLyS ≥2 ng/ml 35,8^ 20,1 37,8^ 21,3 41,7^ 19,9 ^
p<0,001; + p<0,01; *p<0,05
Tab. 6: Prädiktoren für einen SLE-Schub aus den beiden BLISS-Studien (10, 11) Prednisonreduktion >25 % auf ≤7,5 mg in Woche 52 S-SLEDAI ≥10
S-SLEDAI ≥6
25
Anteil Patienten (%)
Die Risikofaktoren für einen Schub waren somit auch in den BLISS-Studien wieder die „üblichen Verdächtigen“ (und auch die BLyS-Spiegel). Bemerkenswert ist die Bedeutung der Nierenbeteiligung, da eine floride Lupusnephritis ein Ausschlusskriterium in beiden Studien darstellte.
0,0243
Tab. 5: Assoziation von Nukleosomen-Ak mit unterschiedlichen Parametern der Krankheitsaktivität aus 349 Seren von 49 SLE-Patienten (9)
n
Prädiktoren für SLE-Schübe aus den BLISS-Studien Aus den beiden BLISS-Studien (BLISS-52 und BLISS76) wurden die 562 SLE-Patienten der Placebo-Arme (Standardtherapie) im Hinblick auf Prädiktoren für einen Krankheitsschub im Verlauf der Studien (52 Wochen) untersucht (10, 11). Risikofaktoren waren eine renale, vaskulitische, hämatologische Beteiligung, serologische Aktivitätszeichen und ein S-SLEDAI ≥12 zu Studienbeginn. In der multivariaten Analyse war eine Nierenbeteiligung der stärkste Prädiktor für einen späteren Schub (s. Tab. 6).
0,0243
20 15 10 5 0
Placebo
Belimumab 1 mg/kg
Belimumab 10 mg/kg
Abb. 2: Der Unterschied (hier in der Prednisolonreduktion) einer zusätzlichen Therapie mit Belimumab zur Standardtherapie (Placebo) ist größer bei SLE-Patienten mit höherer Krankheitsaktivität (12) Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
ACR-Kongress 2012 – Washington
32 SLE-Patienten mit Belimumab behandelt, davon 42 (bzw. 88) für mindestens drei Monate. Das Alter lag im Schnitt bei 44 Jahren, 94 % waren Frauen, 65 % Weiße. Die Krankheitsdauer betrug im Mittel 11 Jahre. Die begleitende Therapie (97,6 %) bestand aus Anti-Malariamitteln (75 %), Mycophenolat Mofetil (43 %), Azathioprin (19 %), Methotrexat (13 %) und Prednison (72 %) (mittlere Dosis 11,3 mg; 63 % ≥10 mg). Klinische Manifestationen bei Beginn der Behandlung mit Belimumab waren Arthritis (75 %), Hautmanifestationen (41 %), Serositis (16 %), Hämatologie (8 %) und Lupusnephritis (7 %, davon 4 membranös, 2 proliferativ). Hinsichtlich der Wirksamkeit zeigte sich ein klinisches Ansprechen (Gelenke und/oder Haut) in 23 Patienten (55 %) nach drei Monaten (n=42) und 61 % nach sechs Monaten (n=23). Bei sechs Patienten wurde die Therapie mit Belimumab wieder abgesetzt (in zwei Fällen ZNS-Beteiligung, in je einem Fall Myokardinfarkt, Infektion, Infusionsreaktion und OP). In einer weiteren Studie wurden 23 (auf dem Poster 35) SLE-Patienten aus einem Tertiärzentrum in New York mit Belimumab behandelt (>90 % weiblich), mittleres Alter 38 Jahre, Krankheitsdauer im Mittel 12 Jahre mit (bislang) 133 (im Poster 229) Infusionen (14). Gründe für die Therapie mit Belimumab waren muskuloskelettale (n=13) oder mukokutane Beschwerden (n=8), eine ZNS-Beteiligung in Remission mit anhaltendem hohen Kortikosteroid-Bedarf (n=2) und außerdem Serositis sowie Zytopenie/Kryoglobulinämie. Prednison (mg/d) C3 (mg/dl) C4 (mg/dl)
Hb (g/dl) ESR (mm/h) SLEDAI
35
140
30
120
25
100
20
80
15
60
10
40
5
20
0
0
0
12 24 36 60 Monate n= 15 15 15 13 9
Abb. 3: Effekt einer 3-maligen Therapie mit Rituximab und CYC innerhalb von 1,5 Jahren über einen Zeitraum von bis zu 60 Monaten in der Nachbeobachtung (18) Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Die Begleitmedikation bestand aus Prednison (83 %), Anti-Malariamitteln (78 %), Mycophenolat Mofetil (26 %), Azathioprin (17 %) und Methotrexat (4 %). Eine Prämedikation vor der Infusion wurde in 56 % der Patienten gegeben. Bei vier Patienten kam es zu Infusionsreaktionen. Folgende Daten wurden zur Wirksamkeit (Daten vom Poster, n=35) ermittelt. Bei 18 Patienten mit einem SLEDAI ≥6 ist dieser von durchschnittlich 8,0 auf 4,9 nach drei Monaten (n=10), 4,6 nach sechs Monaten (n=5) und 2,25 nach 12 Monaten (n=4) gesunken. Bei jenen Patienten, die über 7,5 mg Prednison einnahmen (n=18), konnte dieses von im Schnitt 13,4 mg auf 9,5 nach drei Monaten (n=10), 6,7 nach sechs Monaten (n=7) und 7,1 nach 12 Monaten (n=4) reduziert werden. Diese beiden „Real-life-Studien“ zum Einsatz und zur Wirksamkeit von Belimumab decken sich, was das Patientenspektrum und das Ansprechen angeht, weitgehend mit den Ergebnissen der klinischen Studien. Eine Wirkung scheint (frühestens) nach ca. drei Monaten einzutreten, die 1-Jahresdaten sind noch zu spärlich. Bemerkenswert ist wieder, dass auch bei diesen SLEPatienten Mycophenolat Mofetil das am häufigsten gegebene Immunsuppressivum in der „Standardtherapie“ ist.
Anti-B-Zell-Therapie Neue Daten zu Rituximab Zur Therapie des SLE mit Rituximab haben die kontrollierten Studien EXPLORER (15) und LUNAR (16), in denen zusammen 401 Patienten behandelt wurden, aus unterschiedlichen Gründen ihren Endpunkt verfehlt. In einer Metaanalyse der bis dahin veröffentlichten offenen Studien fand sich aber ein signifikanter Rückgang des Aktivitätsscore SLEDAI um 59 % (8,8 Punkte, p<0,001). Die Rate der Vollremissionen einer proliferativen LN betrug 27 %, die der Teilremissionen 39 % (17). Auch auf der ACR-Tagung 2012 in Washington wurden wieder Daten zum Einsatz von Rituximab bei SLE vorgestellt. Über eine besonders lang anhaltende Wirkung einer Anti-B-Zell-Therapie mit Rituximab in Kombination mit Cyclophosphamid (CYC) berichtete eine New Yorker Arbeitsgruppe (18). Insgesamt 15 therapierefraktäre SLE-Patienten (10 weiblich) erhielten Rituximab 750 mg/m², max. 1 g an Tag 1 und 15, und i.v.-CYC, 750 mg/m² an Tag 2 und 16 in den Monaten 0, 6 und 18. Die Patienten mit Lupusnephritis (n=7) erhielten zusätzlich i.v.-CYC in Woche 6, 10, 14 und 18. Die Follow-up-Periode reichte über zwei (n=15), drei (n=13) und fünf (n=9) Jahre.
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33 In dieser offenen Studie mit allerdings kleiner Patientenzahl konnte ein über fünf Jahre anhaltender Effekt einer 1,5-jährigen Therapie mit Rituximab und CYC dokumentiert werden und dies ohne die Gabe neuer oder zusätzlicher Immunsuppressiva. Der SLEDAI sank signifikant ab und blieb über 36 Monate niedrig, die Komplementfaktoren verbesserten sich und der Steroidbedarf sank bis zu 60 Monate deutlich (s. Abb. 3). Eine Londoner Arbeitsgruppe veröffentlichte interessante Hinweise für Unterschiede in der biologischen Wirksamkeit von Rituximab bei RA und SLE (19). Prospektiv wurden die Rituximab-Spiegel sowie Ausmaß und Dauer einer B-Zell-Depletion (CD19 < 5/µl) nach 2x 1 g Rituximab bei 16 SLE-Patienten mit 23 RA-Patienten verglichen. 40 % der SLE-Patienten und 26 % der RA-Patienten depletierten nicht vollständig. Nach einem Monat lag die Zahl der CD19+ B-Zellen bei SLE-Patienten im Median bei 0,02/µl, hingegen bei RA-Patienten bei 0,008/ µl. Die Rituximab-Spiegel (EIA) waren beim SLE signifikant (~1/10) niedriger als bei der RA und korrelierten reziprok mit der B-Zell-Depletion (3 Monate). Dabei waren die Rituximab-Spiegel nicht durch das Vorliegen einer LN beeinflusst. Nach dieser (kleinen) Studie könnte ein CD19-Monitoring der Rituximab-Therapie beim SLE womöglich mehr Bedeutung haben als bei der RA.
se-IIb-Studie, welche gerade im Januar 2013 veröffentlicht wurde, bereits in Woche 12 eine Besserung der Krankheitsaktivität gegenüber einer Standardtherapie zeigte (20). Ergebnisse einer offenen Verlängerungsstudie zweier anderer randomisierter, klinischer Studien (ALLEVIATE 1 & 2, die aufgrund Produktionsschwierigkeiten von Epratuzumab unterbrochen werden mussten) wurden jetzt auf dem ACR 2012 vorgestellt (21). Insgesamt 29 Patienten erhielten alle 12 Wochen zwei Infusionen Epratuzumab, die Studiendauer betrug im Mittel 4,0 Jahre. Die mittlere Prednisolon-Dosis sank von 21 mg/Tag auf 7,5, der BILAG von 17 auf 12 und der SLEDAI von 10 auf 8. Die CD19-Reduktion lag nur bei 34-45 %, bei 14 Patienten (48,3 %) kam es zu einem schweren unerwünschten Ereignis, aber nur bei vier Patienten (13,8 %) musste Epratuzumab deswegen abgesetzt werden. Somit zeigte sich unter kontinuierlicher Therapie mit dem CD22-Ak Epratuzumab eine anhaltende Besserung der SLE-Aktivität über bis zu vier Jahre bei einem tolerablen Sicherheitsprofil. Für eine genauere Beurteilung der Wirksamkeit dieses monoklonalen B-Zell-Antikörpers bei SLE bleiben die Ergebnisse weiterer laufender Phase-III-Studien mit hohen Patientenzahlen abzuwarten. m
Epratuzumab (anti-CD22) Epratuzumab ist ein humanisierter anti-CD22-Ak, der nicht so stark B-Zell-depletierend wirkt wie Rituximab, und in einer ersten 12-wöchigen, doppelblinden Pha-
Prof. Dr. med. Christof Specker Klinik für Rheumatologie & Klinische Immunologie, Katholisches Krankenhaus St. Josef Zentrum für Innere Medizin der Kliniken Essen Süd Propsteistraße 2, 45239 Essen Tel. 0201/8408-1214, Fax -1883 specker@rheumanet.org
Literatur 1 Tan EM et al., Arthritis Rheum 1982; 25: 1271-1277 2 Hochberg MC et al., Arthritis Rheum 1997; 40: 1725 3 Petri MA et al., Arthritis Rheum 2012; 64(8): 2677 2686 4 Alarcon GS et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #604 5 Mariz HA et al., Arthritis Rheum 2011; 63(1): 191 200 6 Dang N et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #1405 7 Andrade LEC et al., ACR-Session, 14. November 2012 8 Compagno M et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #1388 9 Croca S et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #1403 10 van Vollenhoven RF et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #614 11 Petri MA et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #615
12 Clarke AE et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #2241 13 Shum KM et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #1417 14 Kim SS et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #2246 15 Merrill JT et al., Arthritis Rheum 2010; 62(1): 222 233 16 Rovin BH et al., Arthritis Rheum 2012; 64(4): 1215 1226 17 Murray E, Perry M. Clin Rheumatol 2010; 29: 707 716 18 Lehmann TJA et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #621 19 Reddy V et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #652 20 Wallace DJ et al., Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/ annrheumdis-2012-202760 21 Hobbs K et al., Arthritis Rheum 2012; 64: #639
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
ACR-Kongress 2012 – Washington
34 Rheumatoide Arthritis
Neue Studiendaten zu Tofacitinib Auf der ACR-Jahrestagung 2012 wurden neue Studienergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit des oralen JAK-Inhibitors Tofacitinib bei Rheumatoider Arthritis (RA) präsentiert. Diese belegen neben der langfristigen Wirksamkeit von Tofacitinib auch dessen Effektivität nach unzureichendem Ansprechen auf eine Anti-TNFTherapie. Der JAK-Inhibitor hemmt nicht nur in Kombination mit Methotrexat (MTX), sondern auch als Monotherapie signifikant die radiologische Progression.
Tofacitinib ist ein im Gegensatz zu Biologika intrazellulär wirkendes, oral zu verabreichendes „small molecule“, das in den USA bereits zugelassen ist. Die beantragte europäische Zulassung von Tofacitinib basiert auf dem Studienprogramm ORAL. Dieses umfasst sechs Studien, in denen ca. 5.000 erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA Tofacitinib erhielten, sowie zwei offene Extensionsstudien.
ORAL-Studienprogramm im Überblick Laut Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, wurden sechs Phase-III-Studien randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert über sechs, zwölf oder 24 Monate durchgeführt, wobei die Patienten 2x 5 bzw. 10 mg/ Tag Tofacitinib erhielten. Das orale DMARD wurde als Monotherapie, in Kombination mit DMARDs/MTX, bei MTX-naïven Patienten und bei Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf DMARDs oder TNFαInhibitoren untersucht. Primäre Endpunkte waren das ACR20-Ansprechen, die Veränderung des HAQ-DI sowie eine DAS28-4[ESR]-Remission <2,6. Primärer Endpunkt in ORAL Start war das ACR70-Ansprechen, ebenso in ORAL Scan, wo die Hemmung der radiologischen Progression im mTSS ein weiterer primärer Endpunkt war. Tofacitinib alle Dosierungen (n=4.102) 5 mg 2x tgl. (n=1.421) 10 mg 2x tgl. (n=2.681)
kombiniert mit DMARDs (n=2.742) Monotherapie (n=1.360)
ACR20-Ansprechrate (%)
100 80 60 40 20 0 0 1 6 12 24 36 48 Monate
Abb.: Hohes ACR20-Ansprechen auf Tofacitinib in Mono- oder Kombinationstherapie im Langzeitverlauf über 48 Monate Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Langfristige Wirksamkeit von Tofacitinib nachgewiesen Dass Tofacitinib über mindestens vier Jahre keinen Wirkverlust zeigt, belegt eine auf dem ACR präsentierte gepoolte Analyse der beiden offenen Extensionsstudien (1). Berücksichtigt wurden 4.102 Patienten, die in den Phase-II/III-Studien Tofacitinib in einer zweimal täglichen Dosierung von 5 mg (n=1.421) oder 10 mg (n=2.681) in Kombination mit einem DMARD (n=2.742) oder als Monotherapie (n=1.360) erhielten. Die gepoolten Ergebnisse der zweimal täglichen Dosierung von 5 mg zeigen in Bezug auf das ACR20Ansprechen den Erhalt der Wirksamkeit vom Ende des ersten Therapiemonats an durchgehend bis Monat 48 (67 vs. 69 %) (s. Abb.). Ebenfalls konstant blieben die durchschnittlichen Veränderungen hinsichtlich der Verbesserungen im DAS28-4[ESR] (-3,8 vs. -3,6) und beim HAQ-DI (-0,85 vs. -0,81). Laut Witte ergaben sich in diesen drei Endpunkten zudem keine wesentlichen Effektivitätsunterschiede zwischen Tofacitinib als Mono- oder Kombinationstherapie.
Hohe Effektivität auch nach TNF-Versagen Eine gepoolte Subgruppenanalyse von neun Phase-II/ III-Studien (n=614) und zwei offenen Erweiterungsstudien (n=510), in denen die Patienten zweimal täglich 5 bzw. 10 mg Tofacitinib allein oder in Kombination mit einem DMARD erhielten, zeigt, dass Tofacitinib auch nach unzureichendem Ansprechen auf einen einer oder mehrere TNFα-Inhibitoren kurz- und langfristig wirksam ist (2). Mit der 5 mg- Dosierung konnten nach drei Monaten 46,2 % der Patienten mit ein- und 40,6 % der Patienten mit zweimaligem Nichtansprechen auf TNFαInhibitoren ein ACR20-Ansprechen erreichen (Placebo: 27,4 bzw. 15,6 %; p<0,01). Unter der 10 mg-Dosierung war dies bei 50 und 53,1 % der Patienten der Fall (p≤0,0001). Signifikante Verbesserungen gegenüber Placebo ergaben sich unter beiden Dosierungen
ACR-Kongress 2012 – Washington
35 zudem im HAQ-DI, sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Versagen einer Anti-TNF-Therapie.
dem Ansprechen bereits nach drei Monaten) auf die in den Armen 1 und 2 verwendeten Regime umgestellt.
„Die Analyse der offenen Erweiterungsstudien ergab darüber hinaus, dass die Wirksamkeit von Tofacitinib bei TNF-Versagern über 24 Monate bestehen blieb“, erklärte Witte. So zeigten die gepoolten Ergebnisse der 5 mg- und 10 mg-Dosierungen, dass am Ende des ersten Therapiemonats 70,1 % der Patienten, bei denen die Anti-TNF-Behandlung versagt hatte, ein ACR20Ansprechen aufwiesen, nach zwei Jahren waren es 74,6 %. In diesem Zeitraum blieben auch die durchschnittlichen Verbesserungen im DAS28-4[ESR] (-2,43 vs. -2,58) und im HAQ-DI erhalten (-0,51 vs. –0,67).
„Im Vergleich zur Interimsanalyse nach einem Jahr zeigen die neuen Daten, dass die radiologische Progression im mTSS über alle vier Gruppen hinweg auch im zweiten Jahr nur langsam und in vergleichbarem Maße wie im Vorjahr voranschritt“, so Wassenberg. Insbesondere bei Hochrisiko-Patienten (Anti-CCPpositiv, DAS28 >5,1, Erosions-Score ≥3 zu Baseline, Baseline mTSS >Median) konnte unter Tofacitinib ein Aufhalten der radiologische Progression im Vergleich zu Placebo nachgewiesen werden (5).
In Monotherapie signifikante Inhibition der Gelenkprogression Dass Tofacitinib als Monotherapie sehr effizient sein kann, zeigt die Interimsanalyse von ORAL Start. Die 24-monatige randomisierte, doppelblinde Phase-IIIStudie umfasst 958 MTX-naïve Patienten, die entweder zweimal täglich 5 oder 10 mg Tofacitinib oder MTX (initial 10 mg, über acht Wochen auf 20 mg gesteigert) erhalten (3). Ko-primäre Endpunkte waren die Veränderung im mTSS sowie das ACR70-Ansprechen. Nach sechs Monaten zeigten sich signifikante Vorteile für Tofacitinib gegenüber MTX im Hinblick auf die radiologische Progression. Während sich im mTSS unter MTX eine mittlere Veränderung von 0,84 ergab, betrug sie unter zweimal täglich 5 bzw. 10 mg Tofacitinib 0,18 (p<0,001) und 0,04 (p<0,0001). Auch bezüglich des ACR70-Ansprechens waren beide Tofacitinib-Arme mit 25,5 bzw. 37,7 % gegenüber MTX (12,0 %) jeweils signifikant überlegen (je p<0,0001). „Tofacitinib ist bisher der einzige Wirkstoff, der im Vergleich zu MTX auch als Monotherapie eine signifikant deutlichere Verbesserung der klinischen Symptome und gleichzeitig eine stärkere Hemmung der radiologischen Progression zeigte“, erläuterte Dr. Siegfried Wassenberg, Ratingen.
Hemmung der radiologischen Progression über zwei Jahre Aktuelle Daten aus ORAL Scan belegen, dass die radiologische Progression unter Tofacitinib plus MTX auch nach zwei Jahren deutlich inhibiert werden kann (4). Die 24-monatige randomisierte, doppelblinde Studie umfasste 800 Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf DMARDs. Während die Patienten in den Armen 1 und 2 entweder zweimal täglich 5 oder 10 mg Tofacitinib plus MTX erhielten, wurden Patienten der Arme 3 und 4 zunächst mit Placebo und MTX behandelt und nach sechs Monaten (bei unzureichen-
Konsistentes Sicherheitsprofil Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, betonte, dass sich aus den beim ACR 2012 vorgestellten aktuellen Daten keine neuen Hinweise hinsichtlich des bereits bekannten Sicherheitsprofils von Tofacitinib ergeben hätten, wobei hierzu aus den offen weitergeführten Verlängerungsstudien mittlerweile mehr als vierjährige Erfahrungen vorlägen. „Tofacitinib zeigte in den klinischen Studien unter beiden Dosierungen ein konsistentes Sicherheitsprofil“, so Schulze-Koops. Häufigste unerwünschte Ereignisse waren Infektionen, die meist mild oder moderat ausgeprägt waren (6). Schwere unerwünschte Ereignisse traten unter Tofacitinib vergleichbar häufig wie unter Biologika auf, genauso wie schwere Infektionen. Dosisabhängige Veränderungen der Laborwerte betrafen erhöhte Spiegel des LDL-, HDL- und Gesamtcholesterins, die sich mit Statinen erfolgreich regulieren ließen, so Schulze-Koops. Zudem wurden Erhöhungen der Transaminasen sowie ein Abfall der Neutrophilen beobachtet, wobei Neutropenien meist leicht bis moderat waren und keine bedrohlichen Reduktionen der Neutrophilen beobachtet wurden. Die im Studienprogramm von Tofacitinib aufgetretenen Malignome entsprachen der bei Patienten mit moderater bis schwerer RA bekannten Art und Häufigkeit. „Insgesamt weisen die bisher vorliegenden Daten darauf hin, dass Tofacitinib ein ausgewogenes NutzenRisiko-Verhältnis besitzt“, schloss Schulze-Koops. m Quelle: Pressegespräch der Pfizer Deutschland GmbH, München, 29. November 2012 Literatur 1 Wollenhaupt J et al., ACR 2012; Abstr. 1282 2 Burmester G et al., ACR 2012; Abstr. L12 3 Fleischmann RM et al., ACR 2012; Abstr. 2486 4 van der Heijde D et al., ACR 2012; Abstr. 1277 5 van der Heijde D et al., ACR 2012; Abstr. 2546 6 Geier J et al., ACR 2012; Abstr. 1697
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
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36 Psoriasis-Arthritis
Apremilast überzeugt in PALACE-1-Studie Im Rahmen der ACR-Jahrestagung 2012 in Washington wurden die Ergebnisse einer ersten Phase-III-Studie zu dem neuartigen, oral verabreichten, kleinmolekularen Phosphodiesterase-4 (PDE-4)-Inhibitor Apremilast bei Psoriasis-Arthritis vorgestellt. Die Daten der PALACE-1-Studie lassen auf eine potenziell wirksame und sichere orale Therapie für Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) schließen, betonte Studienleiter Prof. Dr. Arthur F. Kavanaugh, San Diego (USA).
Bei PALACE-1 handelt es sich um die erste von drei zulassungsrelevanten, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien zur Bewertung des PDE-4Inhibitors bei PsA-Patienten, die oral verabreichte DMARDs und/oder Biologika erhalten hatten und/ oder bei denen Therapien mit einem TNF-Inhibitor erfolglos waren. Die Behandlung in der Studie erfolgte mit Apremilast allein oder in Kombination mit oral verabreichten DMARDs. PALACE-1 ist die erste PhaseIII-Studie bei Psoriasis-Arthritis, die sowohl bei Patienten mit früherer Exposition zu Biologika (23,6 %) als auch nach unzureichendem Ansprechen auf Biologika (9,3 %) eine statistische Signifikanz aufwies. In der Studie führte Apremilast zu einem statistisch signifikant höheren ACR20-Ansprechen in Woche 16, dem primären Endpunkt, bei Patienten, die Apremilast als 20 oder 30 mg BID-Monotherapie erhielten (31,5 % bzw. 50,8 % vs. 10,5 % für Placebo; p<0,05 und p≤0,0001), wobei zusätzlich zu Apremilast verabreichte orale DMARDs keinen bedeutsamen Vorteil ergaben. Ein besseres ACR20-Ansprechen in Woche 16 wurde vor allem auch bei Biologika-naïven Patienten dokumentiert, die eine Apremilast 30 mg BID-Monotherapie erhielten, wiederum im Vergleich zu PlaceboPatienten (59 vs. 12 %; p<0,005).
In der gesamten Studienpopulation wurden für den primären Endpunkt ACR20 in Woche 16 statistisch signifikante Veränderungen für Apremilast 30 mg BID vs. Placebo (41,0 vs. 19,4 %; p≤0,0001) verzeichnet. Die Wirksamkeit wurde durch solide und konsistente Resultate (p≤0,0001) über alle arthritisrelevanten sekundären Endpunkte hinweg untermauert, wie z. B. im ACR50/70-Ansprechen, DAS28, gute oder moderate EULAR-Response und CDAI in Woche 24. Statistisch signifikante Vorteile zeigten sich auch für die physische Funktionsfähigkeit (HAQ-DI, SF-36) in Woche 16 (p=0,0015 bzw. p=0,0049). Das gesamte Sicherheitsprofil stimmte mit früheren Erfahrungen aus dem Phase-II-Programm überein. Von besonderer Bedeutung ist auch, dass bis zur Woche 24 unter Apremilast keine opportunistischen Infektionen (wie z. B. Tuberkulose) oder Lymphome beobachtet wurden und auch kein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse vorlag. Apremilast wurde im Allgemeinen gut vertragen. Die überwiegende Mehrzahl der unerwünschten Ereignisse (>95 %) war nur schwach oder mäßig ausgeprägt. m Quelle: Pressemitteilung der Celgene GmbH, 13. November 2012
Psoriasis-Arthritis
Zulassung für Ustekinumab beantragt Basierend auf überzeugenden Phase-III-Daten hat das Unternehmen Janssen-Cilag bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA und deren europäischem Pendant, der EMA, jeweils einen Antrag für die Zulassung des humanen, monoklonalen Anti-IL-12/23-Antikörpers Ustekinumab für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis eingereicht. Das Medikament könnte künftig vor allem für Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf TNF-Inhibitoren eine wichtige Alternative darstellen.
Dass in der Psoriasis-Therapie etablierte und in dieser Indikation zugelassene Ustekinumab (Stelara®) hatte in den beiden randomisierten, doppelblinden placeRheuma Management · Jan./Feb. 2013
bokontrollierten Phase-III-Studien PSUMMIT I und II die Effektivität und Sicherheit der s.c.-Applikation von Ustekinumab 45 oder 90 mg zu Woche 0 und 4 und
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37 dann alle 12 Wochen bei Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) demonstriert. Eingeschlossen waren Patienten mit aktiver PsA mit einem TJC bzw. SJC ≥5 und einem CRP ≥0,3 mg/dl trotz einer konventionellen Therapie mit DMARDs und NSAR in PSUMMIT I sowie zusätzlich mit TNF-Blockern in PSUMMIT II. Als primärer Endpunkt war in beiden Studien das ACR20Ansprechen nach 24 Wochen definiert, sekundäre Endpunkte zu Woche 24 waren das ACR50/70-Ansprechen, der HAQ-DI und – bei Patienten mit einer Hautbeteiligung von ≥3 % der Körperoberfläche – der PASI75. In beiden Studien wurden sowohl der primäre Endpunkt als auch weitere wichtige sekundäre Endpunkte erreicht. Erst kürzlich zeigten die auf der ACR-Jahrestagung 2012 in Washington vorgestellten 52-Wochen-Daten aus der PSUMMIT I-Studie eine fortgesetzte Verbes-
serung der Krankheitskontrolle im Beobachtungszeitraum zwischen Woche 24 und 52. Erstmals präsentiert wurden auf dem ACR-Kongress zudem die Ergebnisse der PSUMMIT II-Studie, die nach 24 Wochen beim ACR20-Response auch bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf TNF-Inhibitoren eine signifikante Überlegenheit von Ustekinumab 45 (36,7 %; p=0,006) und 90 mg (34,5 %; p=0,011) gegenüber Placebo (14,5 %) demonstrierten. Signifikante Vorteile wurden überdies bei weiteren wichtigen Endpunkten wie dem ACR50/70-Ansprechen und bei der Verbesserung des HAQ-DI dokumentiert (ACR 2012; Abstr. 2557, 2562). m
Quelle: Internationale Pressemitteilung von JanssenCilag, 6. Dezember 2012
Systemische JIA
IL1-Antagonisierung als neuer Therapieansatz Mit Canakinumab hat sich ein weiterer monoklonaler Antikörper als effektive Option bei der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (sJIA) bewährt. Die Interleukin-1b (IL-1b) neutralisierende Substanz führte in Phase-III-Studien zu einer raschen und anhaltenden Besserung der Beschwerden und reduzierte das Rezidivrisiko. Auch ist vielfach ein Ausschleichen von Steroiden möglich.
Bei der sJIA (Morbus Still) handelt es sich um die schwerste Form der JIA. In der Pathogenese dieser durch Fieberschübe, Gelenkentzündung und Hautausschlag charakterisierten autoinflammatorischen Erkrankung spielt IL-1 eine Schlüsselrolle, erläuterte Prof. Dr. Hermine Brunner, Cincinnati (USA). Mit Canakinumab (Ilaris®) wurde ein monoklonaler Antikörper entwickelt, der IL-1b mit hoher Affinität abfängt. Damit wird die Interaktion dieses proinflammatorischen Zytokins mit seinem Rezeptor, die Aktivierung IL-1-abhängiger Gene und die Produktion von Entzündungsmediatoren verhindert. Für die Effektivität von Canakinumab bei der sJIA sprechen zwei unabhängige Phase-III-Studien. Die erste schloss 84 Patienten (2-19 Jahre) mit aktiver sJIA und Fieberattacken (>38°C) ein, die randomisiert eine Einmaldosis des Antikörpers (4 mg/kg s.c.) oder Placebo erhielten. „Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt“, berichtete Brunner: Bereits 15 Tage nach der Einmalgabe hatten 84 % der Patienten im Verumarm mit einer mindestens 30%-igen Besserung von drei oder mehr Kernvariablen der adaptierten pädiatrischen ACR-Kriterien (aACRped30) angesprochen,
unter Placebo waren es nur knapp 10 % (p<0,0001). Bei fast einem Drittel der mit dem Antikörper behandelten Patienten war die Erkrankung nach zwei Wochen nicht mehr aktiv. In der zweiten Studie erhielten 177 Patienten den Antikörper (4 mg/kg s.c. alle 4 Wochen) zunächst offen und konnten die Steroiddosis bei Ansprechen ab Woche 2 reduzieren. Wiederum zeigte sich ein rascher Effekt von Canakinumab mit einer aACRped30-Responderrate bis Tag 15 von 81 %. Auch hatten zu diesem Zeitpunkt 16 % der Patienten eine inaktive Erkrankung. Zudem konnten 46 % die Steroiddosis reduzieren, 33 % waren steroidfrei. Im zweiten placebokontrollierten Studienteil führte Canakinumab zudem zu einer signifikanten Reduktion des Schubrisikos um relativ 64 % (p=0,0032). Die mediane Zeit bis zum Schub betrug unter Placebo 236 Tage, war im Verumarm dagegen noch nicht erreicht. Derzeit wird die Zulassungseinreichung von Canakinumab bei der sJIA vorbereitet. m Quellen: Wissenschaftliche Sitzungen und ExpertenMeetings der Novartis Pharma GmbH, ACR-Kongress, Washington (USA), 10.-14. November 2012
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
ACR-Kongress 2012 – Washington
38 Rheumatoide Arthritis
Mit Adalimumab drei zentrale Therapieziele erreichen Aus den Daten einer auf dem ACR-Kongress 2012 vorgestellten Post-hoc-Analyse geht hervor, dass mit dem TNF-Blocker Adalimumab in Kombination mit Methotrexat (MTX) nach einem Jahr bei 19 % der Patienten mit etablierter Rheumatoider Arthritis (RA) mit der Reduktion der Krankheitsaktivität, der Prävention weiterer Gelenkschäden und dem Erhalt der körperlichen Funktionsfähigkeit, die drei bei RA wesentlichen Therapieziele erreicht werden – unter einer MTX-Monotherapie gelang dies nur bei 5 %. Bei knapp 30 % der Patienten mit früher RA ließen sich nach initial unzureichendem Ansprechen auf MTX in einer offenen Erweiterungsphase mit Adalimumab plus MTX nach einem Jahr alle drei Behandlungsziele realisieren.
Eine Post-hoc-Analyse zu Adalimumab (Humira®) bei Patienten mit früher und etablierter mittelschwerer bis schwerer RA bewertete das Erreichen von drei zentralen Therapiezielen: niedrige Krankheitsaktivität, normale körperliche Funktionsfähigkeit und ein Stopp der radiologischen Progression nach einem Jahr. Die auf dem ACR-Kongress 2012 in Washington vorgestellten Ergebnisse der Analyse stützen sich auf die drei randomisierten, kontrollierten Studien DE019, OPTIMA und PREMIER (1). Im Rahmen der Analyse wurde eine niedrige Krankheitsaktivität anhand eines DAS28-CRP <3,2 beurteilt. Die normale Funktionsfähigkeit wurde anhand eines HAQ-DI <0,5 bewertet. Als Stopp der radiologischen Progression galt eine Veränderung des mTSS ≤0,5 nach einem Jahr. In allen in der Post-hoc-Analyse berücksichtigten Studien wurde das Ansprechen unter Adalimumab plus MTX mit Placebo plus MTX verglichen.
Die Ergebnisse im Überblick Bei den Patienten der DE019-Studie (2) mit etablierter RA erreichten 19 % unter Adalimumab plus MTX alle drei zentralen Therapieziele nach einem Jahr, gegenüber 5 % der Patienten unter Placebo plus MTX. In die DE019-Studie wurden Patienten mit etablierter mittelschwerer bis schwerer RA (mittlere Erkrankungsdauer 11 Jahre) und unzureichendem Ansprechen auf MTX aufgenommen. Bei den Patienten der OPTIMA-Studie (3) mit früher RA, die nach unzureichendem Ansprechen auf eine 26-wöchige MTX-Monotherapie in der offenen Erweiterungsphase Adalimumab plus MTX erhielten, erreichten sogar 29 % nach einem Jahr alle drei zentralen Therapieziele. Dieser Wert ist vergleichbar mit den Beobachtungen der PREMIER-Studie (4) bei MTXnaïven Patienten mit früher RA, die Adalimumab plus MTX erhielten (32 %). In die OPTIMA- und die PRERheuma Management · Jan./Feb. 2013
MIER-Studie wurden MTX-naïve Patienten mit früher mittelschwerer bis schwerer RA (mittlere Erkrankungsdauer 0,4 bzw. 0,7 Jahre) aufgenommen. Gemäß den Therapieleitlinien von ACR und EULAR sollte das primäre Ziel einer RA-Therapie die klinische Remission sein, die als „Fehlen von Anzeichen und Symptomen signifikanter entzündlicher Krankheitsaktivität“ definiert ist. Bei Patienten mit lange bestehender Erkrankung empfehlen ACR und EULAR eine „niedrige Krankheitsaktivität“ als angemessenen alternativen Richtwert. „In den letzten Jahren haben wir uns über die Notwendigkeit eines breiteren Therapieansatzes Gedanken gemacht, beispielsweise dass man neben der Krankheitsaktivität auch strukturelle Veränderungen und Einschränkungen der Funktionsfähigkeit erfasst. Das kann Ärzten und Patienten helfen, den irreversiblen Auswirkungen der Erkrankung zu begegnen“, sagte Prof. Dr. Edward C. Keystone, Toronto (Kanada), als an der DE019-Studie beteiligter Prüfarzt. „Die vorliegende Analyse bewertet, ob dies ein realistisches Therapieziel für RA-Patienten ist. Sie veranschaulicht gut, dass eine Therapie mit Adalimumab Patienten beim Erreichen dieser Therapieziele effektiv unterstützt. Die Analyse untermauert außerdem die Überlegung, dass die Ansprechraten bei frühzeitig diagnostizierten und therapierten Patienten höher sein dürften.“ m Quelle: Pressemitteilung der Abbott GmbH (jetzt AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG), 15. November 2012 Literatur 1 Keystone EC et al., ACR 2012; Abstr. 1303 2 Keystone EC et al, Arthritis Rheum 2004; 50: 1400 1411 3 Kavanaugh A et al., Ann Rheum Dis 2013; 72: 64-71 4 Breedveld FC et al., Arthritis Rheum 2006; 54: 26-37
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40 Frühe Rheumatoide Arthritis
Bei früher RA höhere Remissionsraten mit einer Glukokortikoid-Komedikation Bei früher Rheumatoider Arthritis (RA) erzielt die Komedikation mit niedrig dosiertem Prednison bessere Therapiergebnisse als eine Monotherapie mit einem DMARD. Überdies sind schnelle und signifikante Effekte von Glukokortikoiden auf die subklinische Synovitis bekannt. Bislang lagen jedoch noch keine Daten zu den klinischen und sonografischen Ergebnissen einer Glukokortikoid-Komedikation im Vergleich zu einer DMARDMonotherapie bei früher RA vor.
Die Daten zur klinischen Krankheitsaktivität wurden zu Beginn, nach 2, 4, 6, 9 und 12 Monaten erhoben. Eine sonografische Untersuchung der Hände erfolgte zu Beginn und nach 6 und 12 Monaten. Die Synovitis wurde per B-Scan (Grauwert) und Power Doppler dargestellt und für jedes Gelenk von 0 bis 3 bewertet. Eine Remission gemäß DAS28 und ein GesamtPower Doppler (PD)-Score von Null nach 12 Monaten waren als die jeweiligen klinischen bzw. BildgebungsEndpunkte definiert. Die beiden Gruppe umfassten je 110 Patienten mit vergleichbaren demografischen, klinischen, Labor- und sonografischen Daten.
Nach 12 Monaten war der Anteil von Patienten mit einer niedrigen Krankheitsaktivität in beiden Gruppen ähnlich, hingegen war die Wahrscheinlichkeit für klinische DAS28-Remissionen (Risk ratio, RR 1,61) und für einen Gesamt-PD-Score von Null (RR 1,31) in der Gruppe der Patienten, die mit der Kombination von MTX und Prednison behandelt worden waren, jeweils signifikant höher. m
Die Komedikation mit niedrig dosiertem Prednison führte im Vergleich zu einer MTXMonotherapie zwar zu vergleichbaren Raten einer niedrigen Krankheitsaktivität, jedoch erreichten unter der Kombination mehr Patienten eine klinische Remission und einen Gesamt-PD-Score von Null – also eine bessere Kontrolle der Krankheitsaktivität.
Quelle: Arthritis Res Ther 2012; 14: R112
tREACH-Studie: Vorteile für eine Triple-DMARDKombination? Ob eine Kombination mehrerer DMARDs als Induktionstherapie bei früher Rheumatoider Arthritis (RA) besser geeignet ist als eine MTX-Monotherapie, sollten die Ergebnisse der tREACH-Studie beantworten. Niederländische Rheumatologen um Pascal Hendrik de Jong, Rotterdam, untersuchten hierin die effektivste Induktionsstrategie mit DMARDs und verglichen zudem den Nutzen einer Einzeldosis eines intramuskulär (i.m.) verabreichten Glukokortikoids mit einer täglichen oralen Glukokortikoid (GK)-Therapie während der Induktionsphase.
In die einfach verblindete, klinische tREACH-Studie, für die jetzt die 3-Monats-Daten vorliegen, wurden 281 Patienten mit erst vor kurzem aufgetretener Arthritis und hoher Wahrscheinlichkeit (>70 %) für die Progression zu einer persistierenden RA eingeschlossen und auf drei verschiedene Induktionstherapiestrategien randomisiert: (A) Triple-DMARD-Kombination (MeRheuma Management · Jan./Feb. 2013
thotrexat [MTX], Sulfasalazin [SSZ], Hydroxychloroquin [HCQ]) mit GK i.m., n=91; (B) Triple-DMARD-Kombination mit oralem GK, (n=93) und (C) MTX-Monotherapie mit oralem GK (n=97) wie in B mit sukzessivem Ausschleichen des Glukokortikoids. Nach drei Monaten zeigte sich ein niedrigerer DAS bei jenen Patienten mit einer initialen Triple-DMARD-Kombinationsthera-
Kompakt
Italienische Rheumatologen um Carlomaurizio Montecucco, Pavia, haben daher 220 Patienten mit früher RA (Krankheitsdauer <1 Jahr) 12 Monate lang nach einem „step-up“-Protokoll mit dem Ziel einer niedrige Krankheitsaktivität (LDA; DAS28 ≤3,2) behandelt, das einerseits Methotrexat (MTX) und im aktiven Arm zusätzlich niedrig dosiertes orales Prednison (6,25 mg/ Tag) beinhaltete.
pie im Vergleich zu einer MTX-Monotherapie. In puncto DAS wurde jedoch kein Unterschied hinsichtlich der verschiedenen GK-Strategien ermittelt. In den beiden Gruppen mit einer DMARD-Kombination mussten nach drei Monaten zu 50 % seltener Biologika eingesetzt werden. Der Anteil von Patienten mit erforderlicher Anpassung der Therapie unterschied sich signifikant zwischen den Gruppen, was aber offenbar nicht auf eine erhöhte Zahl unerwünschter Ereignisse zurückzuführen war. m
Im Gegensatz zu früheren Studien führte die auch in der deutschen RA-Leitlinie nicht empfohlene initiale Triple-DMARD-Induktionstherapie zumindest in tREACH bei sehr früher RA ohne eine evidente Erhöhung unerwünschter Ereignisse zu einer besseren Kontrolle der Krankheitsaktivität als eine MTX-Monotherapie. Zusätzlich intramuskulär oder oral verabreichte GK erwiesen sich als vergleichbar effektiv.
Kompakt
41
Quelle: Ann Rheum Dis 2013; 72: 72-78
OPTIMA-Studie: Aggressive Induktionstherapie im Fokus Die klinischen, funktionellen und radiologischen Konsequenzen des Erreichens einer stabilen niedrigen Krankheitsaktivität und/oder Remission mit dem TNF-Blocker Adalimumab in Kombination mit Methotrexat (MTX) oder mit einer MTX-Monotherapie bei Patienten mit früher Rheumatoider Arthritis (RA) untersuchte eine internationale Studiengruppe um Arthur Kavanaugh, La Jolla (USA), in der randomisierten, kontrollierten OPTIMAStudie. Publiziert wurden hierzu kürzlich die Studienergebnisse nach 26 Wochen.
Vorteile für frühe Kombination Insgesamt 44 % der die kompletten sechs Monate mit Adalimumab plus MTX behandelten Patienten (n=466), aber nur 24 % der Patienten der MTX-Monotherapie-Gruppe (n=460) erreichten eine stabile LDA in Woche 22 und 26 (p<0,001). Die Kombinationstherapie war gegenüber der MTX-Monotherapie ebenfalls statistisch signifikant überlegen beim Erreichen höherer ACR20/50/70-Ansprechraten, häufigeren klinischen Remissionen, größeren mittleren Reduktionen des DAS28-CRP, keiner radiologischen Progression und einem normal funktionellen Status in Woche 26 (alle p<0,001). Als einziger Faktor erwies
sich die Krankheitsaktivität in Woche 12 als prädiktiv für eine stabile LDA nach sechs Monaten. Jene Patienten, die die ACR/EULAR-Remissionskriterien, insbesondere unter der MTX-Monotherapie, erfüllten, hatten gewisse Vorteile bei den radiologischen Outcomes im Vergleich zu Patienten, die nur eine LDA (aber keine Remission) erzielten. Die Häufigkeit aller unerwünschter Ereignisse war vergleichbar in beiden Therapiearmen, jedoch wurden in der Adalimumab plus MTX-Gruppe mehr schwere Infektionen und Todesfälle verzeichnet, wobei möglicherweise das Alter der Patienten eine Rolle spielte. m
Die frühe aggressive Behandlung mit Adalimumab plus MTX war nach sechs Monaten einer MTX-Monotherapie hinsichtlich des klinischen, radiologischen und funktionellen Outcome bei den untersuchten Patienten mit früher RA signifikant überlegen. Vor der Initiierung einer solchen frühen Kombinationsstrategie einschließlich eines TNF-Blockers wie Adalimumab sollte aber nach Ansicht der Autoren das Nuzen/Risiko-Verhältnis sorgfältig abgewogen werden.
Quelle: Ann Rheum Dis 2013; 72: 64-71
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Kompakt
Ziel der Studie war es, die Effektivität und Sicherheit von Adalimumab plus Methotrexat (MTX) mit einer MTX-Monotherapie beim Erreichen einer stabil niedrigen Krankheitsaktivität (LDA; DAS28-CRP <3,2 in den Wochen 22 und 26) und klinischer, radiologischer und funktioneller Outcomeparameter bei MTX-naïven Patienten mit früher RA zu vergleichen. Hierzu wurden 1.032 Patienten mit aktiver RA im Verhältnis 1:1 für 26 Wochen auf eine Therapie mit Adalimumab plus MTX oder Placebo plus MTX randomisiert. In Post-hoc-Analysen erfolgte ein Vergleich jener Patienten mit einer stabilen Remission gemäß DAS28 und den ACR/EULAR-Kriterien von 2010 mit jenen Teilnehmern, die eine LDA, aber keine Remission erreichten.
42 Rheumatoide Arthritis
Zu wenig Vitamin D erhöht Erkrankungsrisiko Südkoreanische Rheumatologen um Gwan Gyu Song, Seoul, untersuchten in einer aktuellen Metaanalyse den Zusammenhang zwischen der Vitamin D-Einnahme und der Entwicklung einer Rheumatoiden Arthritis (RA) sowie die Assoziation zwischen Vitamin D-Serumspiegel und der Krankheitsaktivität der RA.
In die Auswertung flossen die Daten aus drei Kohortenstudien mit 215.757 Teilnehmern und 874 Fällen einer neu aufgetretenen RA sowie acht Studien mit 2.885 RA-Patienten und 1.084 Kontrollpersonen zur Evaluation des Zusammenhangs zwischen Vitamin DSerumspiegeln und der RA-Krankheitsaktivität ein. Im Ergebnis konnte eine signifikante Assoziation zwischen der Gesamtaufnahme von Vitamin D und der Häufigkeit einer RA zwischen der Gruppe mit der höchsten und der niedrigsten Vitamin D-Aufnahme (relatives Risiko (RR) 0,76; p=0,047) demonstriert werden. Die Personen in der Gruppe mit der höchsten Vitamin D-Einnahme hatten somit ein um 24,2 % geringeres Risiko für eine RA als die Personen in der Gruppe mit der niedrigsten Vitamin D-Zufuhr. Eine Subgruppenanalyse ergab zudem eine signifikante Assoziation zwischen einer Vitamin D-Supplementa-
tion und der Inzidenz einer RA (RR 0,76; p=0,007). In allen bis auf einer Studie zur Krankheitsaktivität wurde eine inverse Assoziation zwischen den Vitamin DSerumspiegeln und der RA-Aktivität dokumentiert. In dieser einen Studie wurde bei 85 RA-Patienten keine Korrelation zwischen der Höhe der Vitamin D-Serumkonzentration und der Krankheitsaktivität festgestellt. Viele dieser Patienten hatten allerdings ein eklatantes Vitamin D-Defizit, was womöglich die Studienergebnisse beeinflusst haben könnte. Die Ergebnisse der Metaanalyse legen nahe, dass eine niedrige Vitamin D-Zufuhr mit einem erhöhten RARisiko assoziiert ist. Überdies könnte ein Zusammenhang zwischen den Vitamin D-Serumspiegeln und der Krankheitsaktivität bestehen. m Quelle: Clin Rheumatol 2012; 31: 1733-1739
Vitamin D-Status: Einfluss auf Krankheitsaktivität? Nachdem vorherige Studien zur Assoziation zwischen Vitamin D-Spiegeln und der Krankheitsaktivität der Rheumatoiden Arthritis (RA) widersprüchliche Ergebnisse geliefert hatten, bestimmten US-amerikanische Experten um Joshua F. Baker, Philadelphia, in der randomisierten, klinischen GO-BEFORE-Studie zu dem TNF-Inhibitor Golimumab die Serum-25(OH)-Vitamin D-Spiegel bei 499 Teilnehmern mit aktiver RA.
Die untersuchten 18-85-jährigen RA-Patienten waren sowohl Methotrexat- als auch Biologika-naïv. Mittels linearer Regression wurden die Assoziationen zwischen Vitamin D-Spiegeln und der Krankheitsaktivität (DAS28), dem van der Heijde-Sharp (vdHS)-Score und Entzündungsmarkern im Serum ermittelt. Evaluiert wurde die Assoziation zwischen dem Vitamin D-Status und dem Therapieansprechen (DAS28, ACR-Ansprechen) über ein Follow-up von 52 Wochen. Insgesamt 48 % der Patienten wiesen einen Vitamin D-Mangel auf, definiert als Serum-25(OH)-Vitamin D <20 ng/ml. Ein solches Vitamin D-Defizit war aber auch nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht, BMI, Krankheitsdauer und glomerulärer Filtrationsrate nicht mit einem höheren DAS28 (β -0,021) assoziiert, auch ein Zusammenhang mit den vdHS-Scores zu Baseline oder Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Entzündungsmarkern war nicht auszumachen. Auch konnte keine signifikante Assoziation zwischen einem Vitamin D-Mangel zu Baseline und der Veränderung im DAS28 (β -0,024), dem Anteil von Patienten mit ACR-Ansprechen (OR 0,82) und der radiologischen Progression nach 52 Wochen (OR 0,91) nachgewiesen werden. Den Autoren zufolge waren die Vitamin D-Spiegel somit nicht mit der Krankheitsaktivität, Entzündungsmarkern oder den vdHS-Scores zu Studienbeginn assoziiert. Überdies zeigte sich kein Zusammenhang zwischen dem Vitamin D-Spiegel zu Baseline und dem Ansprechen auf die Therapie oder die radiologische Progression. m Quelle: Clin Exp Rheumatol 2012; 30: 658-664
43 Rheumatoide Arthritis
Kardiovaskuläre Risikofaktoren therapieren! Vor allem fortgeschrittene kardiovaskuläre Erkrankungen tragen maßgeblich zur erhöhten Mortalität von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) bei. Hierbei spielen traditionelle und lange etablierte kardiovaskuläre (CV) Risikofaktoren eine wichtige Rolle. Im Rahmen einer Studie untersuchten US-amerikanische Experten um Shailey S. Desai, Ann Arbor, wie und ob diese klassischen CV-Risikofaktoren bei RA-Patienten von Rheumatologen und Allgemeinärzten (APIs) identifiziert und gehandhabt werden.
In der retrospektiven Kohortenstudie wurden drei auf Alter, Geschlecht und Ethnizität gematchte Gruppen von je 251 Patienten untersucht: 1) Patienten mit RA, 2) Patienten mit Typ-2-Diabetes (als sich vergleichbar auf die Mortalität niederschlagender Risikofaktor) und 3) sonstige Patienten ohne RA und Typ-2-Diabetes. Anschließend erfolgte ein Review der elektronischen Patientenakten in einer durchgehenden 12-MonatsPeriode zwischen Juni 2007 und April 2011 unter dem Gesichtspunkt, ob traditionelle CV-Risikofaktoren identifiziert und dann auch behandelt wurden. Bei den RA-Patienten behandelten APIs signifikant häufiger Adipositas, Hypertonie und Dyslipidämie als Rheumatologen. Die APIs wiederum therapierten signifikant häufiger Adipositas, Hypertonie und Dyslipidämie bei Diabetikern als in den beiden anderen Gruppen und leider auch öfter bei den anderen Patienten
als bei den RA-Patienten – womit diese im Hinblick auf das Risikomanagement unbewusst besonders schlecht gestellt wurden. So erfolgte z. B. bei Patienten mit erhöhtem BMI seitens der APIs ein Gewichtsmanagement bei 68 % der Typ-2-Diabetes-Gruppe, 46 % der sonstigen Patienten, aber nur 31% der Patienten in der RA-Gruppe (p<0,0001 für alle Gruppen, p=0,006 zwischen der RA- und anderen Patientengruppe). In Anbetracht des mit RA assoziierten stark erhöhten kardiovaskulären Risikos, besteht sowohl bei Ärzten in der Primärversorgung als auch bei den rheumatologischen Fachärzten ein dringender Bedarf für ein konsequenteres Management kardiovaskulärer Risikofaktoren. m
Quelle: Arthritis Res Ther 2012, 14: R270
Viele Patienten benötigen kardiovaskuläre Prävention Dass bei vielen Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA), Ankylosierender Spondylitis (AS) und Psoriasis-Arthritis (PsA) eine kardiovaskuläre Primär- oder Sekundärprävention erforderlich ist, wiesen norwegische Experten um Anne G. Semb, Oslo, nach, die in einer Kardio-Rheuma-Klinik eine sofortige kardiovaskuläre Risikostratifizierung durchführten und anschließend ein adäquates Lipidmanagement anstrebten.
Bei der kardiovaskulären Risikostratifizierung wurden bei 426 Teilnehmern alle bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren bzw. -Erkrankungen ermittelt, Lipide und Blutdruck gemessen, ein Ultraschall der Karotis angefertigt und basierend hierauf die Patienten entsprechend des Risikos keiner Intervention in Bezug auf Lipide (36,6 %) oder (n=270, davon 165 mit RA, 70 mit AS und 35 mit PsA) einer kardiovaskulären Primär(n=63) oder Sekundärprävention (n=207) zugeführt. Eine lipidsenkende Therapie wurde solange angepasst, bis mindestens zwei der Lipidzielwerte erreicht waren. Das Lipidmanagement führte zu einer Senkung des Gesamt-Cholesterins um durchschnittlich -1,86 mmol/l (p<0,001), des LDL-Cholesterins um -1,74 (p<0,001), keiner Abnahme des HDL-Cholesterins mit +0,01
(p=0,61) und einer Reduktion der Triglyzeride um -0,28 (p<0,001). Der Anteil der Studienteilnehmer, die mindestens zwei der Lipidzielwerte erreichten, betrug für die RA-Patienten 92,1 %, für die AS-Patienten 90,0 % und die PsA-Patienten 82,9 %. Für einen Großteil der zur kardiovaskulären Risikostratifizierung zugewiesenen Patienten mit RA, AS oder PsA bestand die Indikation für eine kardiovaskuläre Prävention. Die Einstellung auf leitliniengerechte Lipidzielwerte war bei etwa 90 % der Patienten erfolgreich. m Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi: annrheumdis-2012-202789
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
44 Rheumatoide Arthritis
Häufiger Komplikationen nach Knie- und Hüftgelenkersatz Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA), die einem operativen Eingriff wie Hüft- oder Kniegelenkersatz unterzogen werden, haben im Vergleich zu Arthrose-Patienten ein größeres Risiko für bestimmte postoperative Komplikationen wie Hüftgelenksluxation oder Kniegelenksinfektion, wie kanadische Experten um Bheeshma Ravi, Toronto, in einem systematischen Literaturreview nachweisen konnten.
Höheres Risiko nach Hüft-/Knie-TEP Sowohl Knie- als auch Hüft-TEPs werden weitaus häufiger aufgrund einer Arthrose durchgeführt und bislang standen kaum Vergleichsstudien zum Outcome und Komplikationen nach solchen Arthroplastien bei RA- und Arthrose-Patienten zur Verfügung. Um hier mehr Klarheit zu schaffen, führte die Arbeitsgruppe um Ravi basierend vor allem auf Daten aus Medline, EMBASE, CINAHL und Web of Science ein systematisches Review und eine Metaanalyse durch, wobei insgesamt 40 Studien identifiziert werden konnten, in denen potentielle Komplikationen von Gelenkersatzprozeduren erfasst wurden. Eingeschlossen wurden Arbeiten aus den Jahren zwischen 1990 und 2011 zu primären Knie- und Hüft-TEPs mit Informationen zu den Outcomes in ≥200 RA- und Arthrose-Gelenken. Die wichtigsten Outcomes waren Revisionen, Infektionen, Luxationen, sowie die Mortalität und venöse Thromboembolien nach 90 Tagen. Signifikante Unterschiede zwischen RA- und Arthrose-Patienten zeigten sich nur für Hüftluxationen und Kniegelenksinfektionen. In vier Studien, in denen die Wahrscheinlichkeit einer Revision nach Hüft-TEP binnen fünf Jahren erfasst wurde, war das Risiko für RA-Patienten erhöht (OR 1,33), wohingegen in einer Studie, in der auch eine Adjustierung auf Alter, Geschlecht und Komorbiditäten erfolgte, das Risiko innerhalb der ersten 12 Monate nicht erhöht war (OR Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
1,11). Auch zeigten sich keine Unterschiede bei Hüftrevisionen in den Jahren 6-10, nach dem zehnten Jahr war das Risiko für RA-Patienten sogar deutlich geringer (OR 0,28). Für Knierevisionen ergab eine Metaanalyse über drei Studien ein leicht erhöhtes Risiko für RA-Patienten in den ersten fünf Jahren (OR 1,24), was aber für längere Zeiträume nicht mehr der Fall war. Kein signifikant erhöhtes Risiko für RA-Patienten wurde hinsichtlich der Mortalität (OR 1,40) oder bei venösen Thromboembolien (OR 0,84) binnen drei Monaten nach der TEP verzeichnet. Das bemerkenswerteste Ergebnis dieser Analyse, das erhöhte Luxationsrisiko nach einer Hüft-TEP bei RAPatienten, war so nicht zu erwarten, weshalb die Autoren eingehende Untersuchungen zu den Gründen für diesen Befund für erforderlich halten. Dass das erhöhte Risiko für postoperative Hüftluxationen nicht von einem erhöhten Bedarf an Revisionen begleitet war, könnte daran liegen, dass diese Luxationen häufig auch nicht-chirurgisch korrigiert werden. Das erhöhte Infektionsrisiko von RA-Patienten nach einer Knie-TEP kommt in Anbetracht deren intensiver immunsuppressiver Behandlung wenig überraschend, so Ravi und Kollegen. Generell gilt es allerdings einige Studienlimitationen zu beachten, so war die RA-Diagnose in vielen Studien nicht hinreichend abgesichert und in der Mehrzahl der Studien erfolgte auch keine Adjustierung auf wichtige Faktoren wie das Alter und Komorbiditäten. m
Im Vergleich zu Arthrose-Patienten haben solche mit einer RA nach einer TEP ein höheres Risiko für Hüftgelenksluxation und Kniegelenksinfektionen, während andere postoperative Komplikationen wie Revisionen, die Sterblichkeit oder venöse Thromboembolien sich in den beiden Patientengruppen nicht unterschieden.
Quelle: Arthritis Rheum 2012; 64: 3839-3849
Kompakt
Aus den Studien, in denen die Rate für eine Hüftgelenksluxation bei RA-Patienten innerhalb von fünf Jahren nach der Hüft-Totalendoprothese (TEP) bestimmt wurde, ergab sich eine substantielle Evidenz für ein erhöhtes Risiko gegenüber Arthrose-Patienten mit einer adjustierten Odds ratio (OR) von 2,16. Zweites wesentliches Ergebnis: In einer Studie, in der eine Adjustierung auf Alter, Geschlecht und Umstände der Operation vorgenommen wurde, zeigte sich für RAPatienten, die eine Knie-TEP erhalten hatten, ein deutlich erhöhtes Risiko für postoperative Kniegelenksinfektionen (Hazard ratio, HR 1,86).
45 Systemische JIA
Erfreuliche Daten aus zwei Phase-III-Studien Bei der schwersten Variante der Juvenilen Idiopatischen Arthritis (JIA), der systemischen JIA (sJIA), die zugleich besonders therapieschwierig ist, steht ein Paradigmenwechsel bevor, nachdem mit dem Interleukin (IL-6)-Rezeptorblocker Tocilizumab und dem gegen IL-1 gerichteten Canakinumab gleich zwei monoklonale Antikörper in randomisierten, klinischen Phase-III-Studien eine überzeugende Wirksamkeit gezeigt haben.
Noch kürzer war mit 15 Tagen die placebokontrollierte Phase in der zweiteiligen Studie mit sJIA-Patienten (2-19 Jahre) zu Canakinumab (eine Einzeldosis von 4 mg/kg s.c.). Nach einer 32-wöchigen open-labelTherapie mit Canakinumab wurde die Evidenz für den IL-1-Hemmer in einer zweiten randomisierten Phase durch den Versuch des Absetzens von Canakinumab noch weiter erhärtet.
Gutes Ansprechen auf Tocilizumab und Canakinumab Beide Antikörper erwiesen sich bereits in der kontrollierten Studienphase als überaus wirksam. Unter Tocilizumab erreichten gegenüber Placebo nach 12 Wochen 85 vs. 24 % (p<0,001) den primären Endpunkt eines JIA ACR30-Ansprechens (kein Fieber, eine Verbesserung um ≥30 % in ≥3 und keine Verschlechterung um >30 % in ≥1 von 6 JIA ACR-Kriterien). Wie die internationale Studiengruppe um Fabrizio de Benedetti, Rom (Italien), weiter berichtet, erreichten in Woche 52 80 % der mit Tocilizumab behandelten Teilnehmer ein JIA ACR70- und 59 % sogar ein JIA ACR90-Ansprechen. Überdies wiesen 48 % der Patienten keine Gelenke mit aktiver Arthritis auf und bei 52 % konnten orale Glukokortikoide abgesetzt werden (1). Ähnlich positive Phase-III-Daten vermeldete eine internationale Studiengruppe um Nicolino Ruperto, Genua (Italien), für Canakinumab, unter dem nach 15 Tagen 84 vs. 10 % unter Placebo (p<0,001) das
Kriterium eines JIA ACR30-Ansprechens als primärem Endpunkt erfüllten. In der zweiten Studienphase nach 32 Wochen offener Canakinumab-Therapie wurde bei einem Teil der Responder, bei denen eine Dosisreduktion des Glukokortikoids möglich war, der IL-1Hemmer abgesetzt, bei den anderen Patienten die Therapie fortgeführt. Während unter der fortgesetzten Canakinumab-Therapie bei 74 % der Patienten kein erneuter Krankheitsschub auftrat, war dies nur bei 25 % der Patienten der Fall, bei denen Canakinumab abgesetzt worden war (Hazard ratio, HR 0,36; p=0,003). Die durchschnittliche Glukokortikoid-Dosis konnte deutlich reduziert werden, bei 33 % konnte das Glukokortikoid abgesetzt werden (2). Aufgrund der kurzen Placebophase wird die Beurteilung der Sicherheitsdaten erschwert, jedoch erscheinen die Sicherheitsprofile – gerade vor dem Hintergrund der nach wie vor schlechten Prognose der sJIA – akzeptabel zu sein. Unter beiden Substanzen kam es zu einer erhöhten Rate (schwerer) unerwünschter Ereignisse, insbesondere Infektionen. Weiterhin kommt es gehäuft zu Neutropenien und bei Tocilizumab zu einer Störung der Leberfunktion. Für Canakinumab wurde in einigen Fällen auch das Auftreten eines Makrophagen-Aktivierungssyndroms beschrieben. m
Die gegen IL-1 und IL-6 gerichteten Antikörper Canakinumab und Tocilizumab werden mit ihrer hohen Wirksamkeit künftig die bislang noch unbefriedigenden Therapiemöglichkeiten bei der sJIA erheblich verbessern, wenngleich auf die damit assoziierten Nebenwirkungen zu achten ist. Besonders erfreulich ist auch, dass gleich zwei neue Wirkstoffe mit unterschiedlichem Ansatzpunkt zur Verfügung stehen.
Quellen: 1 N Engl J Med 2012; 367: 2385-2395 2 N Engl J Med 2012; 367: 2396-2406
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Kompakt
Nachdem erste Therapieversuche mit beiden Antikörpern bei der sJIA eine hohe Effektivität vermuten ließen und eine längere Placebogabe als ethisch bedenklich einzustufen war, wurde die placebokontrollierte Studienphase jeweils möglichst kurz gehalten. In der Studie zu Tocilizumab (8 mg/kg KG bei einem Gewicht ≥30 kg und 12 mg/kg KG bei einem Gewicht <30 kg i.v. alle 2 Wochen) bei sJIA-Patienten (2-17 Jahre) mit unzureichendem Ansprechen auf NSAR und Glukokortikoide durften nach 12 Wochen alle Patienten der Placebogruppe mit Nicht-Ansprechen open-label auf Tocilizumab wechseln (offene Phase bis Woche 52).
46 Psoriasis-Arthritis
Von Etanercept profitieren Haut und Gelenke gleichermaßen In der Behandlung der Psoriasis-Arthritis (PsA) hat der Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNFα)-Rezeptor Etanercept einen hohen Stellenwert: Bereits innerhalb von zwölf Wochen wird die Doppelbelastung der Patienten durch Gelenkschmerzen und stigmatisierende Hautsymptome maßgeblich reduziert. Dies bestätigt eine aktuelle nichtinterventionelle Studie (NIS) bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis aus rheumatologischen und dermatologischen Praxen in Deutschland.
Bis zu 30 % der Patienten mit Plaque-Psoriasis entwickeln im weiteren Verlauf der Erkrankung eine PsA (1). In solchen Fällen sollte ein Rheumatologe hinzugezogen und der PsA-Patient idealerweise interdisziplinär behandelt werden. Vom Rheumatologen betreute PsA-Patienten werden laut der nicht-interventionellen Studie intensiver systemisch-medikamentös behandelt (1). Irreversible Schädigungen an Gelenken und Wirbelsäule lassen sich dank des Einsatzes von TNFαInhibitoren eher vermeiden. Auch mit Blick auf die Lebensqualität der Patienten und eine drohende Berufsunfähigkeit kommt es auf eine frühe und effektive systemische Therapie an. Sie hilft zudem die Doppelbelastung der PsA-Patienten durch stigmatisierende Hautprobleme und Gelenkschmerzen einzudämmen.
Überzeugende Daten aus Studien Die klinische Wirksamkeit des TNFα-Rezeptors Etanercept (Enbrel®) auf die arthritischen Symptome von Patienten mit PsA ist durch randomisierte, klinische Studien überzeugend belegt (2, 3, 4, 5). Nicht nur die EULAR-Response gut EULAR-Response mäßig EULAR-Response schlecht 100 90
24,4
Patientenanteil in %
80 70
34,1
19,7
14,8 26,4
29,6
60 50 40 30
41,5
58,8
50,7
20 10 0
Woche 12 n=863
Woche 24 n=745
Woche 52 n=599
Abb. 1: EULAR-Response im Studienverlauf: Die Gelenksymptomatik sprach schnell und anhaltend auf eine Therapie mit Etanercept an (mod. nach [9]) Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
psoriatischen Hautveränderungen, gemessen mit dem Psoriasis Area and Severity Index (PASI), sondern auch die Gelenksymptome, gemessen mit den Psoriasis Arthritis Response Criteria (PsARC), bessern sich schnell und lang anhaltend, was sich in einer signifikant besseren Lebensqualität niederschlägt (6).
Etanercept kompakt Etanercept ist ein rekombinant hergestelltes, humanes, lösliches TNFα-Rezeptor-Fusionsprotein und unterscheidet sich damit von den TNFα-Inhibitoren, deren Wirkmechanismus auf monoklonalen Antikörpern beruht. Während Antikörper-basierte TNFα-Inhibitoren die Bildung von neutralisierenden Antikörpern induzieren können (7, 8), ist dies für Etanercept nicht beschrieben (8). Anti-DrugAntikörper können zu einer Herabsetzung der klinischen Response führen.
Wirksam und sicher im Praxisalltag? Die anlässlich des DGRh-Kongresses 2012 in Bochum erstmals vorgestellte Zwischenauswertung der NIS belegt, dass sich diese Therapieerfolge auch in der klinischen Praxis erzielen lassen (1, 9). In der prospektiven, offenen NIS wurde in 294 Fachzentren aus Deutschland die Sicherheit und Wirksamkeit einer erstmaligen Etanercept-Therapie unter den Bedingungen der täglichen Praxis beim Rheumatologen bzw. Dermatologen untersucht. Eingeschlossen wurden Patienten mit gesicherter PsA ab einem Alter von 18 Jahren, bei denen die Entscheidung für eine Therapie mit Etanercept vor Einschluss in die Studie und unabhängig davon gefallen war – insgesamt 1.170 PsA-Patienten von Rheumatologen und 143 von Dermatologen. Als Zielparameter wur-
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Bereits nach zwölf Wochen hatte sich der DAS28 der PsA-Patienten deutlich verbessert. 37,7 % der Patienten hatten eine Remission (DAS28 <2,6) erzielt, 75,6 % eine gute oder mäßige EULAR-Response. Bis Woche 52 nahm der mittlere DAS28 von 4,8 ± 1,4 auf 2,7 ± 1,4 Scorepunkte ab. Die Remissionsrate lag zu diesem Zeitpunkt bei 53,8 % (9). Im Studienverlauf bis Woche 52 erhöhte sich auch weiter der Anteil von Patienten mit guter EULAR-Response (s. Abb. 1) (9). Bereits nach wenigen Wochen zeigten sich schnelle und deutliche Verbesserungen der Hauterscheinungen (PASI, BSA). Unter einer initialen Dosis von 2 x 50 mg Etanercept pro Woche besserten sie sich schneller als bei einmal wöchentlicher Gabe (1) – ein Befund, der zuvor bereits in der PRESTA-Studie dokumentiert wurde (10).
Schnelle PASI-Besserung und überzeugende Sicherheit In Woche 52 war die betroffene BSA von 11,5 ± 17,6 % zu Beginn auf 3,9 ± 7,5 % zurückgegangen (9), die Verbesserung der von Dermatologen und Rheumatologen bestimmten BSA ist in Abb. 2 aufgeführt (1). Der PASI (nur durch Dermatologen erhoben) besserte sich von anfänglich 15,3 ± 12,8 Scorepunkten auf 6,8 ± 8,1 nach 24 und 3,4 ± 5,3 nach 52 Wochen (9). Nahezu alle Patienten wurden am Studienende der PASI-Kategorie „leicht“ zugeordnet. Insgesamt ergaben sich zwischen den Subgruppen der durch Rheumatologen bzw. Dermatologen betreuten PsA-Patienten in Bezug auf die Wirksamkeitsparameter keine relevanten Unterschiede. Patienten und Ärzte beurteilten die Wirksamkeit mit großer Mehrheit als „sehr gut“ oder „gut“ (90,0 bzw. 92,7 %) (9). Die in der NIS gefundenen Sicherheitshinweise entsprachen insgesamt den bisher beobachteten. Ärzte und Patienten beurteilten die Verträglichkeit am Studienende mit großer Mehrheit als „sehr gut“ oder „gut“ (98,2 bzw. 97,1 %) (9).
Fazit für die Praxis Insgesamt bestätigt die Zwischenauswertung der NIS das aus früheren Studien bekannte positive Nutzen-
80 70 60 50 40 30 20 10 0
Woche 12
Woche 24
Woche 36
Woche 52
Baseline-Werte: BSA Dermatologen = 25 % BSA Rheumatologen = 10 % PASI = 15 BSA=Body Surface Area; PASI=Psoriasis Activity Severity Index
Abb. 2: Prozentuale Verbesserung von PASI und BSA im Studienverlauf relativ zu Baseline (mod. nach [1]) Risiko-Verhältnis von Etanercept und zeigt, so Prof. Dr. Jörg Prinz, Universitätsklinikum der Ludwig Maximilians Universität München, Klinik für Dermatologie, „dass Etanercept auch unter Alltagsbedingungen eine geeignete Behandlung für Patienten mit PsA darstellt, mit der sowohl die dermale (BSA, PASI), als auch die arthritische (DAS28)-Komponente schnell und dauerhaft verbessert werden können.“ Dabei sei bereits nach zwölf Behandlungswochen ein deutlicher Effekt nachweisbar. Stehen die stigmatisierenden Hauterscheinungen im Vordergrund, scheint eine initial zweimal wöchentliche Gabe von 50 mg Etanercept sinnvoll zu sein, um diese schneller zum Abklingen zu bringen. Mit Blick auf die Gelenke ist der PsA-Patient gut beim Rheumatologen aufgehoben, da dieser meist eher mit der systemischen Therapie mit TNFα-Inhibitoren vertraut ist. m Quellen: 1 Norgauer J et al., Abstract DGRh 2012; SP.09 2 Mease PJ et al., Ann Rheum Dis 2003; 62 (Suppl I): FRI0180 3 Mease PJ et al., Lancet 2000; 356: 385-390 4 Mease PJ et al., Arthritis Rheum 2004; 50: 2264-2272 5 Sterry W et al., Brit Med J 2010; 340: c147 6 Mease PJ et al., J Rheumatol. 2010; 37(6): 1221-1227 7 Moots RJ et al., Clin Exp Rheumatol 2011; 29: 26-34 8 Anderson PJ, Semin Arthritis Rheum 2005; 34 (Sup pl1): 19-22 9 Prinz J et al., Abstract DGRh 2012; SP.10 10 Schewe S et al., Abstract EULAR 2009; SAT0366 Dr. Wiebke Kathmann München
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
62820
Jeder Zweite in DAS28-Remission
BSA Dermatologen BSA Rheumatologen PASI Dermatologen
Prozentuale Verbesserung relativ zur Baseline (%)
den der Krankheits-Aktivitäts-Score DAS28 (Disease Activity Score), der PASI, die betroffene Körperoberfläche (BSA, Body Surface Area) sowie unerwünschte Ereignisse gewählt. Die Beurteilung erfolgte jeweils zu Beginn, nach 2, 6, 12, 24, 36 und 52 Wochen. Durch Rheumatologen bzw. Dermatologen behandelte Patienten wurden getrennt ausgewertet.
48 Arthritis urica
Neue Gicht-Leitlinie des ACR 2012 Die ersten Leitlinien zur Gicht des American College of Rheumatology (ACR) sollen helfen, das unbefriedigende Management von Hyperurikämie und Gicht zu verbessern. Die kürzlich von Robert Terkeltaub, San Diego (USA), und Kollegen publizierte zweiteilige Leitlinie beinhaltet klare, praxisnahe und einfach zu implementierende Empfehlungen zur harnsäuresenkenden Therapie, zur chronisch-tophösen Gicht, dem medikamentösen Management der akuten Gichtarthritis und Prophylaxe akuter Gichtattacken. Mit berücksichtigt werden auch neue Substanzen wie Febuxostat und Pegloticase (letztere in Europa nicht zugelassen), die (noch) nicht in den EULAR-Leitlinien aufgeführt sind.
Die Empfehlungen wurden im Rahmen eines zweijährigen Projekts von einer ACR Task Force erarbeitet, das sieben Rheumatologen, zwei Allgemeinärzte, einen Nephrologen und einen Patientenvertreter umfasste. Insgesamt durchlief der Leitlinienentwurf drei Peer Review-Runden bis zum Vorliegen der jetzt publizierten Fassung. Im ersten Teil der Leitlinien stehen die Hyperurikämie und chronisch-tophöse Gicht im Fokus (1). Die wichtigste Empfehlung bezieht sich auf eine bessere Schulung der Patienten in Bezug auf eine geeignete Ernährungsweise (mit sehr konkreten Ratschlägen), Modifikation des Lebensstils, die Therapieziele und die Behandlung von Begleiterkrankungen. Überdies wurde eine Checkliste zu wichtigen und praxisrelevanten Komorbiditäten bei Gicht-Patienten erstellt, die vor allem Übergewicht, Fehlernährung, exzessive Alkoholzufuhr, metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes, Hypertonie, Dyslipidämie, die Serum-Harnsäure erhöhende Medikamente, Urolithiasis, chronische Nierenerkrankungen und potentielle genetische oder erworbene Ursachen für eine HarnsäureÜberproduktion einschließt.
Auf Harnsäure-Zielwert <6 mg/dl einstellen! Laut Terkeltaub und Kollegen ist es hinsichtlich der Hyperurikämie von höchster Bedeutung, Patienten auf einen Serum-Harnsäurespiegel <6 mg/dl einzustellen, weshalb dieser klinisch einfach zu erhebende Laborparameter bei Gichtpatienten stets routinemäßig erfasst werden muss, was in der ärztliche Praxis aber leider nicht immer der Fall sei. Eine falsche Ernährung oder übermäßiger Alkoholgenuss können den Harnsäurespiegel erhöhen und akute Gichtattacken triggern, jedoch führt eine gesündere Lebensweise mit angepasster Ernährung alleine nur selten dazu, die Serum-Harnsäurewerte so stark zu reduzieren, um Gichtpatienten vor Gelenkschädigungen zu bewahren. So weist der typische Gichtpatient in klinischen Studien Serum-Harnsäurewerte zwischen 9,5 und 10 mg/dl auf. Selbst mit einer idealen Diät und reduzierter Alkoholaufnahme kann der Harnsäurespiegel nur um etwa 10-15 % gesenkt werden, was in der Regel nicht ausreicht, um die Patienten auf den Fallszenarien 1-9 Keine Tophi bei Untersuchung
Eskalation der harnsäuresenkenden Pharmakotherapie Monotherapie mit Xanthinoxidase-Inhibitor (XOI): Titration auf max. tolerierbare Dosis (bei Kontraindikation oder Unverträglichkeit gegen XOI alternativ Probenecid)
Tophi bei Untersuchung chronisch-tophöse Gicht
intermittierende Symptome
1
2
3
4
5
6
7
8
9
±
+
+
+
+
+
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+
+
+
+
+
–
±
+
+
+
+
Serum-Harnsäure-Zielwert <6 mg/dl nicht erreicht, fortgesetzte Krankheitsaktivität Übergang zu Kombinationstherapie mit Xanthinoxidase-Inhibitor plus Urikosurikum: Beide Substanzen auf max. tolerierbare Dosis titrieren
±
+
+
Serum-Harnsäure-Zielwert <6 mg/dl nicht erreicht, fortgesetzte Krankheitsaktivität Pegloticase (in Europa nicht zugelassen)
–
–
+
Fallszenarien 1-3: Milde, moderate und schwere intermittierende Gicht-Symptome in zunehmender Häufigkeit, aber ohne Tophi bei der körperlichen Untersuchung Fallszenarien 4-6: Milde, moderate und schwere intermittierende Gicht-Symptome in zunehmender Häufigkeit mit einem oder mehreren Tophi bei der körperlichen Untersuchung Fallszenarien 7-9: Zunehmend schwere chronisch-tophöse Gichtarthritis (milde, moderate und schwere chronisch-tophöse Gicht)
Abb.: ACR-Therapiealgoritmus für harnsäuresenkende Therapie bei chronischer Gicht Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
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Medikamentöse Therapie bei Hyperurikämie und chronisch-tophöser Gicht Als First-line-Pharmakotherapie zur Harnsäuresenkung auf einen Serumwert <6 mg/dl empfehlen die ACR-Leitlinien den Einsatz eines Xanthinoxidase-Inhibitors, wobei in der Praxis zumeist Allopurinol verordnet wird. Empfohlen wird gemäß einer „start low, go slow”-Eskalation eine initiale Allopurinol-Dosierung von 50-100 mg/Tag, die nachfolgend sukzessive auf eine geeignete Erhaltungsdosis gesteigert werden sollte, die selbst bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung ≥300 mg/Tag (unter engmaschiger Kontrolle) betragen kann. Zu oft werde mit einer zu hohen Allopurinol-Dosis begonnen, dann aber mit einer zu geringen Dosis weiter behandelt, betonen die Autoren. Zur Vermeidung von Toxizitätsreaktionen auf Allopurinol empfehlen die Leitlinien, vorab ein Screening auf HLA-B*5801 in Betracht zu ziehen, insbesondere bei Patienten mit erhöhtem Risiko für schwere unerwünschte Reaktionen auf Allopurinol. Für Patienten mit chronisch-tophöser Gicht mit nicht erreichtem Harnsäure-Zielwert empfehlen die Leitlinen eine Kombinationstherapie, bestehend aus einem Xanthinoxidase-Inhibitor (Allopurinol oder Febuxostat) und einem Urikosurikum. In Fällen mit einer Kontraindikation oder Intoleranz gegen mindestens einen Xanthinoxidase-Inhibitor (außer bei einer KreatininClearance <50 ml/min.) kann Probenecid als alternatives First-line-Medikament zur Harnsäuresenkung eingesetzt werden. Ebenfalls empfohlen wird (die in Europa nicht zugelassene) Pegloticase bei Patienten mit schwerer Gicht, die nicht auf eine adäquat dosierte harnsäuresenkende Standardtherapie ansprechen. Zur Veranschaulichung wurde für die ärztliche Praxis ein Schaubild entwickelt, dass für neun Fallszenarien mit unterschiedlichem Schweregrad der Gicht-Symptomatik die empfohlene Eskalation der harnsäuresenkenden Pharmakotherapie darlegt (s. Abb.).
Akute Gicht erfordert sofortige Therapie Der zweite Teil der ACR-Leitlinie deckt die medikamentöse Therapie und Prophylaxe der akuten Gichtarthritis ab (2). Empfohlen wird dabei Einleitung einer Pharmakotherapie binnen 24 h nach dem Beginn eines akuten Gichtanfalls unter ununterbrochener Beibehaltung der bestehenden harnsäuresenkenden Therapie. Als First-line-Medikamente können bei aku-
ter Gicht NSAR (in voller Dosis bis zum vollständigen Abklingen des Gichtanfalls) oder alternativ COX-2-Inhibitoren, orales Colchicin (initial 1,2 mg, dann 1 h später 0,6 mg, nach 12 h oder später Übergang zu Gabe in prophylaktischer Dosierung bis zum Abklingen der Gichtattacke) und Kortikosteroide (höchste Evidenz für orales Prednison 0,5 mg/kg/Tag für 5-10 Tage) eingesetzt werden, in schweren Fällen oder bei ungenügendem Ansprechen auch Kombinationen dieser Medikamente, so z. B. NSAR und Colchicin, orale Kortikosteroide und Colchicin oder ein i.a. Kortikosteroid mit allen anderen empfohlenen Substanzen. Zur Prävention akuter Gichtanfälle, die im Frühstadium einer harnsäuresenkenden Therapie auftreten können, empfehlen die ACR-Leitlinien als First-lineTherapie orales Colchicin (1-2x 0,6 mg/Tag) oder niedrig-dosierte NSAR (insbesondere Naproxen 2x 250 mg/Tag, ggf. plus PPI), wenn keine Kontraindikation oder Intoleranz vorliegt. In diesem Fall oder bei Ineffektivität können auch niedrig-dosiertes Prednison oder Prednisolon (≤10 mg/Tag) eingesetzt werden. Die Prophylaxe sollte bei sich einstellendem Therapieerfolg im Regelfall über sechs Monate hinweg durchgeführt werden, bei weiter aktiver Gicht-Symptomatik auch für längere Zeiträume. Besonderen Augenmerk legen die ACR-Experten auf eine vorsichtige Colchicin-Dosierung seitens der Ärzte, das in der Frühphase des akuten Gichtanfalls in der klinischen Praxis noch zu oft zu hoch dosiert wird und dann zu einer inakzeptabel hohen Rate an unerwünschten Ereignissen führt. m
Die relativ praxisnahen und gut implementierbaren Leitlinien mit einer übersichtlich gehaltenen Zahl von Empfehlungen bedeuten sicher einen Fortschritt hinsichtlich des bislang unzulänglichen Managements von Gichtpatienten, ohne dass die Standardversorgung revolutioniert würde. Hauptanliegen ist auf Ärzteseite eine höhere Awareness für das zu oft vernachlässigte Krankheitsbild Gicht und den bislang ungedeckten Therapiebedarf zu schaffen und auch die Patientenschulung zu verbessern. Dass bei der Gicht auch hinsichtlich der verfügbaren Studien noch vieles im Argen liegt ist auch daran ablesbar, dass nur ca. 20 % der ACR-Empfehlungen den Evidenzgrad A haben, ungefähr die Hälfte basiert nur auf Evidenzgrad C.
Quellen: 1 Arthritis Care Res 2012; 64: 1431-1446 2 Arthritis Care Res 2012; 64: 1447-1461
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Kompakt
so wichtigen Zielwert von <6 mg/dl zu bringen, unter dem sich keine neuen Harnsäurekristalle bilden bzw. vorhandene auflösen können. In den meisten Fällen ist somit eine medikamentöse Therapie unausweichlich.
50 Hyperurikämie und Gicht
Die Gicht – ein rheumatologisches Stiefkind Bei der Gicht handelt es sich vor allem bei Männern um die häufigste entzündliche Arthritisform. So sind in Europa 1-2 % und den USA fast 4 % der Erwachsenen betroffen – mit zunehmender Prävalenz und Schwere der Erkrankung. Mit der Frage, warum die meist problemlos zu diagnostizierende und gut behandelbare Gicht in der klinischen Praxisrealität dennoch so selten adäquat therapiert wird, beschäftigten sich in einem aktuellen Review britische Rheumatologen um Michael Doherty, Nottingham.
Wie aus zahlreichen Studien hervorgeht, erhält nur eine Minderheit der Patienten mit Gicht eine adäquate Beratung und Behandlung. Die suboptimale Versorgung spiegelt nach Auffassung der Autoren die negative Wahrnehmung der Erkrankung sowohl auf Seiten der Ärzte als auch Patienten wider. Historisch wird die Gicht mitunter als gutartige und (z. B. in Filmen) fast schon „komische” Erkrankung porträtiert, die sich die Patienten aufgrund zu vielem und falschen Essen und übermäßigen Alkoholkonsum z. T. selbst zuzuschreiben haben – auch ein Grund, warum die Gicht (und Hyperurikämie) trotz ihrer erheblichen metabolischen Komplikationen mit erhöhten Risiken für z. B. kardiovaskuläre und renale Ereignisse offenbar nicht ernst genug genommen wird. Manche Ärzte konzentrieren sich den Autoren zufolge zu sehr auf die Therapie akuter Gichtanfälle und vernachlässigen dabei, die Gicht als eine chronischprogressive Erkrankung zu sehen, die eines konsequenten Langzeitmanagements bedarf. Als besonders problematisch wird eingestuft, dass harnsäuresenkende Therapien zu selten verordnet und dann auch
oft nicht ausreichend dosiert sind – einhergehend damit wird der Serum-Harnsäurespiegel nicht immer routinemäßig bestimmt und folglich der in den Leitlinien vorgegebene Zielwert <6 mg/dl vielfach nicht erreicht. Diese Defizite sind offenbar nicht nur auf Allgemeinärzte beschränkt, sondern betreffen durchaus auch die Rheumatologen. Die Autoren mahnen eindringlich eine bessere Aufklärung der Patienten im Hinblick auf ein besseres Verständnis der Gicht, ihrer möglichen Auswirkungen auf andere Krankheitsbilder und Maßnahmen der Lebensstilmodifikation, wie z. B. geeignete Diäten und maßvollen Alkoholgenuss. Die ausführlichen Forschungsarbeiten der letzten Jahre und die – nach einer langen Durststrecke – inzwischen verfügbaren oder in Aussicht stehenden neuen Therapieoptionen lassen hoffen, dass auch auf ärztlicher Seite die derzeit noch bestehenden Barrieren für eine konsequente medikamentöse Versorgung von Gichtpatienten nach und nach abgebaut werden. m Quelle: Ann Rheum Dis 2012; 71: 1765-1770
Den genetischen Grundlagen auf der Spur Erhöhte Serum-Harnsäurespiegel stehen in einem engen Zusammenhang mit der Entwicklung einer Gichtarthritis. Nach genetischen Faktoren hierfür fahndeten 220 Wissenschaftler des internationalen „Global Urate Genetics Consortium (GUGC)" um Anna Köttgen, Freiburg, im Erbgut von über 140.000 Studienteilnehmern europäischer Abstammung. In die Analyse flossen die Daten von über 70 Einzelstudien aus Europa, den USA, Japan und Australien ein, was auch einen Vergleich mit nicht-europäischen Teilnehmern ermöglichte.
Insgesamt identifizierte das Konsortium 28 genetische Risikofaktoren für erhöhte Harnsäurespiegel, darunter auch 18 neue mit einem erhöhten Serum-Harnsäurespiegel assoziierte Genloci. Zugleich zeigte sich, dass die zu einem höheren Harnsäurespiegel führenden Genvarianten auch mit einem deutlich erhöhten Gichtrisiko assoziiert waren. Diese Zusammenhänge zeigten sich für viele Genloci sowohl bei den Teilnehmern europäischer als auch nicht-europäischer AbRheuma Management · Jan./Feb. 2013
stammung. Weitere Analysen ergaben, dass InhibinActivin-Signalwege und der Glukosemetabolismus eine wichtige Rolle bei der systemischen Regulation des Harnsäurespiegels spielen. Die neu identifizierten Risikogene liefern somit potentielle Ansatzpunkte für die medikamentöse Therapie und Prävention der Gicht. m Quelle: Nat Genet 2013; doi:10.1038/ng.2500
51 Rheumatoide Arthritis
Mit Certolizumab Pegol Prädiktion bereits nach 12 Wochen möglich Zwei aktuelle Analysen der RAPID-1-Studie belegen, dass sich unter einer Therapie mit dem Anti-TNF Certolizumab Pegol bei einer großen Mehrheit der Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) und zumeist hoher Krankheitsaktivität innerhalb von nur 12 Wochen nach Therapiebeginn vorhersagen lässt, ob diese eine niedrige Krankheitsaktivität (DAS28 ≤3,2, LDA) nach einem Jahr erreichen würden.
Das Nicht-Erreichen einer LDA nach einem Jahr konnte im besten Prädiktionsmodell nach 12 Wochen mit einer Genauigkeit von 90 % vorhergesagt werden. Dabei unterschied der erste Entscheidungsknotenpunkt Responder und Non-Responder anhand eines erreichten oder verfehlten DAS28 von ≤4,9 nach 12 Wochen. Die Patienten mit einem DAS28 ≤4,9 wurden im zweiten Schritt des Entscheidungsmodells mittels des bereits nach 8 Wochen erzielten DAS28-Werts nochmals unterteilt (DAS28 nach Woche 8 ≤4,4 vs. >4,4). Die prozentual korrekte Zuordnung von jenen Patienten, die nach einem Jahr eine LDA erreichten, betrug in diesem Modell 74 %. CART-Modelle basierend auf dem CDAI bzw. der LDA und/oder ACR50 lieferten vergleichbare Ergebnisse. Insgesamt zeigte die Analyse, dass für die große Mehrheit der Patienten in RAPID-1 sehr früh – innerhalb von 12 Wochen nach Therapiebeginn mit Certolizumab Pegol – eine Klassifikation unter dem Gesichtspunkt möglich war, ob eine LDA nach einem Jahr erreicht würde oder nicht. Je früher ein Ansprechen eintrat, desto besser war auch das spätere Ergebnis: Patienten, die bereits nach Woche 4, 6 oder 8 auf die Therapie ansprachen, hatten auch eine größere Chance auf das Erreichen einer LDA nach einem Jahr. Ein solches Entscheidungsbaum-Modell kann somit bei einer Therapie mit Certolizumab Pegol dazu beitragen, bereits nach 12 Wochen Patienten, bei denen kein Erreichen
einer LDA prognostiziert wird, auf eine andere Therapie umzustellen. CART-Modelle könnten daher eine sinnvolle Ergänzung im prospektiven RA-Management darstellen und es dem Rheumatologen erleichtern, möglichst frühzeitig die optimale Therapieform für den Patienten zu wählen, um ein Fortschreiten der Krankheit schnell zu stoppen und dauerhafte Gelenkdestruktionen zu verhindern. Dass eine zuverlässige Therapieentscheidung mit Certolizumab Pegol innerhalb von 12 Wochen möglich ist, zeigte auch eine Post-hoc-Analyse der RAPID-1-Studie von Desirée van der Heijde, Leiden (Niederlande), und Kollegen (J Rheumatol 2012; 39: 1326-1333). Demnach sprachen 9 von 10 Patienten innerhalb von 12 Wochen auf die Therapie mit Certolizumab Pegol an, definiert als Verbesserung des DAS28-ESR ≥1,2. Von den 13 % Non-Respondern hatten lediglich 2 % die Chance auf das Erreichen einer LDA nach einem Jahr. Daher sollten Non-Responder nach 12 Wochen konsequent auf ein anderes Biologikum umgestellt werden. Eine derartig zuverlässige Therapieentscheidung ist von anderen Biologika bislang nicht bekannt. m
Die zuverlässige Therapieentscheidung, wie sie in der RAPID-1-Studie mit Certolizumab Pegol beobachtet wurde, ermöglicht die Umsetzung des in den EULAR-Empfehlungen sowie der aktuellen S1-Leitlinie der DGRh geforderten Treat-to-Target-Konzepts, welches eine Entscheidung über Fortführung oder Anpassung der Therapie möglichst innerhalb von 12 Wochen fordert. Damit bietet Certolizumab Pegol optimale Voraussetzungen für den Einsatz als eine First-line-Therapie nach DMARD-Versagen.
Quelle: Pressemitteilung der UCB Pharma GmbH, 13. Dezember 2012
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Kompakt
Eine Arbeitsgruppe um Jeffrey R. Curtis, Birmingham (USA), untersuchten in ihrer Analyse die Daten von 703 Patienten aus der Zulassungsstudie RAPID-1 hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Erreichens einer LDA nach einem Jahr in Abhängigkeit vom DAS28Ansprechen innerhalb von 12 Wochen (Arthritis Care Res 2012; 64: 658-667). Hierzu wurden mit Certolizumab Pegol (Cimzia®) behandelte Patienten anhand von Prädiktionsmodellen mit Entscheidungsbäumen (CART) jeweils drei Kategorien zugeordnet. Darüber hinaus wurden Modelle entwickelt, die auf dem CDAI als Endpunkt basierten, sowie Modelle mit einem kombinierten Endpunkt aus LDA und/oder ACR50.
52 Rheumatoide Arthritis
Neue S1-Leitlinie: Abatacept jetzt First-line-Biologikum Die DGRh hat kürzlich eine neue S1-Leitlinie für die sequenzielle medikamentöse Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) publiziert. Darin hat der T-Zell-Costimulationsmodulator Abatacept einen neuen Stellenwert im Therapiealgorithmus der RA erhalten: Nach unzureichendem Ansprechen von zwei DMARDs wird Abatacept nun auch als First-line-Biologikum empfohlen. Das Therapieziel einer Remission (DAS28 <2,6) bzw. niedrigen Krankheitsaktivität (DAS28 ≤3,2) sollte dabei innerhalb von drei bis sechs Monaten erreicht werden. Andernfalls ist eine Therapieeskalation angezeigt.
Die neue S1-Leitlinie basiert auf den 2010 publizierten EULAR-Empfehlungen. In diesen wurde bei inadäquatem Ansprechen auf Methotrexat (MTX) und/oder andere DMARDs empfohlen, eine Biologikatherapie mit einem TNFα-Inhibitor in Kombination mit MTX einzuleiten. In der aktuellen deutschen Leitlinie wird das Vorgehen nach DMARD-Versagen neu bewertet: Als First-line-Biologikum wird jetzt auch Abatacept (Orencia®) empfohlen. Für diese Indikation ist es in Kombination mit MTX seit Juli 2010 zugelassen. „Die Neubewertung von Abatacept ist eine folgerichtige Konsequenz aus der Zulassungserweiterung für den First-line-Einsatz nach MTX-Versagen. Die Zulassungserweiterung basiert unter anderem auf den Daten der AGREE-Studie. Es wurde gezeigt, dass mit Abatacept ein früher Wirkeintritt erzielt werden kann, wenn es in Kombination mit MTX bereits frühzeitig in der RATherapie eingesetzt wird“, so Prof. Dr. Klaus Krüger, München, Erstautor der neuen S1-Leitlinie. Die Therapie mit Abatacept zeichnet sich durch einen schnellen Wirkeintritt und durch eine anhaltende und über sieben Jahre nachhaltige Wirksamkeit aus. Das gute Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Abatacept ist in doppelblinden und in offenen klinischen Stu-
dien in mehr als 12.000 Patientenjahren dokumentiert. Patienten können von einem frühen Einsatz von Abatacept in der First-line-Therapie nach DMARD-Versagen profitieren. Dies wurde nun durch die neue S1-Leitlinie von der DGRh als klare Empfehlung bestätigt. Ein weiterer Vorzug von Abatacept ist nach Krüger, dass es seit dem 4. Oktober 2012 auch zur subkutanen Selbstinjektion für Erwachsene mit mäßiger bis schwerer aktiver RA zugelassen ist. Die europäische Zulassung der s.c.-Formulierung von Abatacept basiert auf der Phase-III-Zulassungsstudie ACQUIRE sowie auf Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit aus Phase-II-Studien. In ACQUIRE erwiesen sich die s.c.- und i.v.-Formulierung hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit als vergleichbar. Abatacept ist damit das erste Biologikum, das sowohl in der subkutanen als auch in der intravenösen Darreichungsform zur Verfügung steht. Nicht zuletzt konnte in der AMPLE-Studie für Abatacept s.c. eine vergleichbare Wirksamkeit zu dem TNFα-Blocker Adalimumab gezeigt werden, betonte Krüger. m Quelle: Pressegespräch der Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München, 30. Oktober 2012
Antiphlogistische Schmerztherapie
Besonders ältere Patienten profitieren von Celecoxib Bei der Behandlung von Patienten mit Osteoarthrose (OA) oder Rheumatoider Arthritis (RA) stehen die Schmerzreduktion und der Erhalt der Alltagsfunktionen im Mittelpunkt. Goldstandard für die Therapie sind NSAR, die jedoch abhängig vom Wirkstoff unterschiedlich hohe Risiken bergen.
Bei der antiphlogistischen Schmerztherapie stehen neben den traditionellen NSAR auch selektive COX-2Inhibitoren wie Celecoxib (Celebrex®) zur Verfügung. „Die Wahl des geeigneten NSAR spielt insbesondere für ältere Patienten eine erhebliche Rolle“, erläuterte Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Prof. Dr. Rainer Wigand, Frankfurt/M. Bei Patienten von etwa 65 Jahren muss unter NSAR mit einem 2- bis 3,5fach erhöhten gastrointestinalen (GI) Risiko gerechnet werden. Sind die Patienten über 75 Jahre alt, erhöht sich dieses Risiko sogar um den Faktor 7,5.
53 „Beim älteren Patienten sind es die oft unbemerkten langfristigen Sickerblutungen, die uns Sorgen machen“, führte Wigand weiter aus. Durch den langsamen Blutverlust rutschen die Patienten in eine Anämie, die für ältere Menschen schnell zu einem Risiko wird. Zwischen den verschiedenen traditionellen NSAR wie Diclofenac oder Ibuprofen und den modernen COX-2selektiven NSAR wie Celecoxib bestehen dabei erhebliche Unterschiede hinsichtlich des gastrointestinalen Risikos. Dies konnte überzeugend in der CONDORStudie gezeigt werden (Lancet 2010; 373: 173-179). 4.448 Patienten mit RA oder OA erhielten in der dieser Studie entweder eine Celecoxib-Monotherapie (2x 200mg/Tag) oder eine Kombinationstherapie aus Diclofenac (2x 75 mg/Tag) und Omeprazol (1x 20 mg/ Tag). Bewertet wurden klinisch relevante Ereignisse im oberen wie unteren GI-Trakt, zu denen neben Perforation, Obstruktion und Blutungen auch ein signifikanter Hämoglobin- oder Hämatokrit-Abfall zählte. „Es zeigte sich ein enormer Unterschied zwischen den beiden Therapiearmen“, so Wigand. Die Patienten der Kombinationsgruppe hatten 4-mal häufiger GI-
Komplikationen als unter Celecoxib. Die Anämien, die insbesondere für ältere Menschen kritisch sind, wurden unter Celecoxib sogar 5-mal seltener beobachtet (10 vs. 53 Fälle). „Gerade für ältere Patienten konnten wir für Celecoxib einen noch stärkeren positiven Effekt ausmachen“, betonte Wigand. In einer aktuellen Subgruppenanalyse der CONDOR-Studie wurden über 2.400 Patienten, die über 65 Jahre alt waren, separat ausgewertet (Curr Med Res Opin 2012; 28: 1537-1545). Während sich unter Diclofenac plus Omeprazol 52 Ereignisse im oberen und unteren GI-Trakt zeigten, waren es unter Celecoxib alleine nur 8 Ereignisse. Die Patienten in der Celecoxib-Gruppe waren also 6-mal weniger von schweren GI-Nebenwirkungen betroffen. Im Hinblick auf die wichtigsten Nebenwirkungen der NSAR, die gastrointestinalen Komplikationen, erweist sich eine Behandlung mit Celecoxib für ältere Patienten somit als Mittel der Wahl. m Quelle: Expertengespräch der Pfizer Deutschland GmbH, Bremen, 21. November 2012
Rheumatoide Arthritis
Aussicht auf flexiblere Therapie mit Golimumab Bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) wurde die gute Wirksamkeit des s.c. zu applizierenden TNF-Inhibitors Golimumab in verschiedenen Therapiesituationen hinsichtlich einer Verbesserung der Krankheitsaktivität, Funktionalität, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit unter Beweis gestellt. Bei Patienten mit sich verschlechternder Krankheitsaktivität könnte eine potenziell rascher wirksame i.v.-Applikation von Goliumumab sinnvoll sein, die, wie Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, erläuterte, derzeit in Studien getestet wird.
Eine i.v.-Applikation von Golimumab (Simponi®) wurde in der Phase-III-Studie GO-FURTHER mit 592 Patienten mit aktiver mäßiger bis schwerer RA (TJC/SJC je ≥6, CRP >1,0 mg/dl, RF- und/pder ACPA-positiv) getestet. Die Patienten erhielten zusätzlich zu Methotrexat (MTX) entweder eine 30-minütige i.v.-Infusion von Golimumab 2 mg/kg KG oder Placebo in Woche 0, 4 und dann alle acht Wochen. In Woche 24 wurden alle zuvor auf Placebo randomisierten Patienten auf Golimumab eingestellt. Nach nur 14 Wochen wurde mit Golimumab im Vergleich zu Placebo ein ACR20-Ansprechen von 58,8 vs. 24,9 % und ein gutes/moderates EULAR(DAS28CRP)-Ansprechen bei 81,3 vs. 40,1 % erreicht (je p<0,001). Bei beiden Endpunkten zeigte sich eine statistisch signifikante Überlegenheit von Golimumab i.v. bereits nach zwei Wochen, so Schulze-Koops. Ähnlich
positive Ergebnisse wurden für die Verbesserung des HAQ-DI- und des FACIT-Fatigue-Scores ermittelt. Bis Woche 24 wurde ein gutes Sicherheitsprofil mit Infusionsreaktionen bei 3,5 % der Patienten berichtet. Erste, noch nicht veröffentlichte Daten der GO-MOREStudie mit einem direkten, randomisierten Vergleich von Golimumab i.v. und s.c. nach zuvor sechsmonatiger s.c.-Gabe weisen für die DAS28-Remission und weitere Endpunkte auf eine nicht signifikant verschiedene Effektivität beider Darreichungsformen hin, mit numerischen Vorteilen für die i.v.-Gabe in den ersten drei Therapiemonaten. Somit könnte die i.v.-Applikation für bestimmte RA-Patienten künftig eine gute Therapiealternative darstellen. m Quelle: TNFα-Forum, unterstützt von der MSD Sharp & Dohme GmbH, München, 25. Januar 2012
Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
54 Rheumatoide Arthritis
Tocilizumab fest als First-line-Biologikum etabliert Seit kurzem ist der IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab bei Rheumatoider Arthritis (RA) als First-line-Biologikum in der Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) eingestuft. Darüber hinaus wird es als einziges Biologikum für die Monotherapie empfohlen, wenn die Fortführung der MTX-Therapie nicht adäquat erscheint. Verankert sind beide Empfehlungen in der S1-Leitlinie der DGRh, die im September 2012 veröffentlicht wurde.
Ein Expertengremium hatte den bestehenden Therapiealgorithmus überarbeitet und 12 Empfehlungen für ein sequenzielles medikamentöses Vorgehen bei der RA erstellt (1). „Die S1-Leitlinie ist ein Therapiefahrplan für die rheumatologischen Fachärzte in der Praxis“, erklärte Prof. Dr. Klaus Krüger, München. „Mithilfe des Therapiealgorithmus kann die Behandlung frühzeitig auf das individuelle Krankheitsbild jedes Patienten angepasst werden. Vorrangig ist dabei das Erreichen der Remission oder einer möglichst niedrigen Krankheitsaktivität.“ Wichtige Neuerungen hält die Leitlinie in Hinblick auf Tocilizumab (RoActemra®) bereit: Es wird jetzt neben den TNFα-Hemmern und Abatacept erstmalig den First-line-Biologika zugeordnet. Damit können RA-Patienten das Biologikum direkt nach unzureichendem Ansprechen auf mindestens zwei DMARDs erhalten. Eine zentrale und exklusive Rolle nimmt Tocilizumab vor allem bei der Monotherapie ein: Es wird als einziges Biologikum für den monotherapeutischen Einsatz empfohlen, wenn MTX keine Therapieoption darstellt. „Nach aktueller Studienlage hat Tocilizumab innerhalb der Gruppe der zur Monotherapie zugelassenen Biologika die beste Wirksamkeit“, erläuterte Krüger. Denn die Ergebnisse der Studie ACT-RAY zeigen, dass Tocilizumab (n=162) 60
p<0,0001
51,5
50 Patienten (%)
Adalimumab (n=163)
39,9
40 30
10,5
10 0
Low-DAS28 (≤3,2)
Ein Blick in die Praxis zeigt, wann eine Monotherapie mit einem Biologikum angezeigt ist. „Viele Patienten vertragen eine DMARD-Therapie nicht“, erläuterte Dr. Brigitte Krummel-Lorenz, Frankfurt/M. „Unverträglichkeiten, wie gastrointestinale Beschwerden oder auch Haarausfall, können der Grund sein, warum wir z. B. MTX absetzen müssen. Ebenso gibt es einige Kontraindikationen, wie eine Leberschädigung oder Nierenfunktionsstörungen, die MTX von Anfang an ausschließen.“ Registerdaten zeigen, dass etwa 30 % der Biologika-Patienten ihre Therapie ohne begleitendes DMARD erhalten (5). „Bei Patienten, für die eine begleitende DMARD-Therapie zu Ihrem Biologikum nicht möglich ist, stellt Tocilizumab eine sehr vielversprechende Therapieoption als Monotherapie dar“, so Krummel-Lorenz: „In der S1-Leitlinie wird im Falle der Notwendigkeit einer Biologikum-Monotherapie deshalb auch explizit Tocilizumab empfohlen.“ Mithilfe des neuen Therapiealgorithmus wird für Ärzte die Patienten-orientierte Therapieplanung vereinfacht. Sie berücksichtigt stärker die individuellen Bedürfnisse des Patienten und zielt auf eine raschere Verbesserung der Krankheitsaktivität und damit auch der Lebensqualität. m Quelle: Presse-Workshop der Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG, Frankfurt/M., 6. Dezember 2012
19,8
20
Tocilizumab nach 24 sowie 52 Wochen in Kombinations- und Monotherapie vergleichbar effektiv ist (2, 3). Untermauert wird die Empfehlung durch die Ergebnisse der Head-to-Head-Studie ADACTA. Im direkten Monotherapie-Vergleich mit Adalimumab konnte für Tocilizumab eine signifikant bessere Wirksamkeit belegt werden (4) (s. Abb.).
DAS28-Remission (<2,6)
Abb.: ADACTA-Studie: Unter Tocilizumab signifikant mehr Patienten mit Low-DAS und DAS28-Remission Rheuma Management · Jan./Feb. 2013
Literatur: 1 Krüger K et al., Z Rheumatol 2012; 71: 592-603 2 Dougados M et al., EULAR 2011; OP0020 3 Dougados M et al., EULAR 2012; Poster THU0093 4 Gabay C et al., EULAR 2012; Abstr. LB0003 5 Listing J et al., Arthritis Res Ther 2006; 8: R66
2013 Wiesbaden, 2. und 3. März 2012 Wissenschaftliche Leitung: Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden Bernhard Manger, Wiesbaden
RHEUMAUPDATE
Ausblick
Rheuma Update 2013
Osteologie 2013
Wie in jedem 7. Jahr bietet das RheumaUpdate in Wiesbaden einen Rheumatologie-Update-Seminar Überblick zu den wichtigsten Studien des Vorjahres.
Lesen Sie in der nächsten „Rheuma-Management“-Ausgabe alles Wissenswerte vom DVO-Kongress in Weimar.
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IV. Quartal 2012
Jahrgang 5 · 1-2013 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.
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