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heuma
März/Apr. 2013
Management
Offizielles Mitteilungsorgan
Ambulante spezialfachärztliche Versorgung Wichtige Information zur ASV nach §116b SGBV Dr. med. Edmund Edelmann
Gesundheitspolitik Ist die Bürgerversicherung die bessere Alternative? Prof. Dr. Günter Neubauer
RheumaUpdate 2013 in Wiesbaden Überblick zu wichtigen Studien des Vorjahres
Osteologie-Kongress in Weimar Im Fokus: Aktualisierte DVOLeitlinie zur Osteoporose
Ausblick auf die Versorgungslandschaft Rheuma
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3 Editorial
Neues aus Berufspolitik, Rheumatologie und Osteologie Trotz des in manchen Gegenden gefühlt endlosen Winters schreitet das Jahr 2013 rasant voran, Rheuma Update, Osteologie- und Internisten-Kongress liegen schon hinter uns und der EULAR in Madrid wirft bereits seine Schatten voraus. Doch zunächst steht natürlich der BDRh-Kongress in Berlin unmittelbar vor der Tür.
Berufspolitisch gibt Dr. Edelmann in der aktuellen Ausgabe der „Rheuma Management“ einen Ausblick auf die Versorgungslandschaft Rheuma, ein gemeinschaftliches Projekt von BDRh und Hausärzteverband, sowie ein Update zur ASV nach §116b (ab Seite 8). Gleichfalls für niedergelassene Rheumatologen von Interesse ist der Beitrag von Prof. Neubauer zu den gesundheitspolitischen Vorstellungen der Parteien im Wahljahr und deren möglichen Auswirkungen im ärztlichen Bereich.
erythematodes standen im vergangenen Jahr hingegen weniger neue Therapiestudien als die Empfehlungen von ACR und EULAR im Vordergrund. Über alle diese und weitere Themen vom RheumaUpdate informieren wir Sie in der aktuellen Ausgabe ab Seite 26.
Aus dem Blickwinkel der Rheumatologie bot auch das diesjährige RheumaUpdate Anfang März in Wiesbaden – sich diesmal leider sowohl mit dem DVO-Kongress „Osteologie 2013“ als auch dem Deutschen Schmerztag überschneidend – wieder einen guten Überblick über die wichtigsten Publikationen des Jahres 2012. Im Hinblick auf die Rheumatoide Arthritis (RA) wurde erwartungsgemäß die neue S1-Leitlinie der DGRh mit aktualisiertem Therapiealgorithmus diskutiert. Überdies wurde ein Ausblick auf die in diesem Jahr erwartete Zulassung des oralen JAK-Inhibitors Tofacitinib gegeben.
Dr. Michael Lohmann Nicht wenige Rheumatologen besuchten in diesem Jahr die terminlich parallel ausgetragene DVO-Tagung in Weimar. Auf einem spannenden DGRh-Symposium wurden die vielfältigen Schnittpunkte von Rheumatologie und Osteologie dargelegt, insbesondere was bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie der RA unternommen werden muss, um effektiv einer sekundären, z. B. auch Glukokortikoid-begünstigten Osteoporose entgegen zu wirken. Ausführlich wurden die Effekte von Biologika und osteologischen Therapieformen auf den Knochenmetabolismus dargestellt.
Für eine wichtige Neuerung bei der nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (SpA) sorgte die Zulassung von Adalimumab, das zuletzt auch als erster TNF-Blocker in einer größeren Studie bei peripherer SpA geprüft wurde. Gerade bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) bestehen nach der Vorstellung mehrerer PhaseIII-Studien gute Aussichten auf eine künftige Verbreiterung des Therapiespektrums mit dem Anti-TNF Certolizumab Pegol (dieses auch bei axialer SpA), dem in der Psoriasis-Therapie bereits etablierten IL-12/23Rezeptorantagonisten Ustekinumab und auch einer oralen Therapie mit dem PDE-4-Inhibitor Apremilast. Nicht zuletzt wird mit Rituximab in Bälde ein Biologikum die Zulassung für die Behandlung ANCA-assoziierter Vaskulitiden erhalten. Beim Systemischen Lupus
Ihren besonderen Reiz bezog die „Osteologie 2013“ aus der Tatsache, dass die DVO-Leitlinien zur Osteoporose ihr zehnjähriges Jubiläum feierten. Das aktuelle Update hielt wieder einige Neuerungen parat, nicht zuletzt wird bei Betrachtung der aufgelisteten Risikofaktoren deutlich, dass die Leitlinien immer „internistischer“ werden. Schlagen Sie in dieser Ausgabe ab Seite 42 die wichtigsten Änderungen in den neuen Leitlinien nach. m
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Dr. Michael Lohmann, Chefredakteur
Rheuma Management · März/Apr. 2013
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Inhalt
1
Ausblick auf die Versorgungslandschaft Rheuma
9
2
Gesundheitspolitische Perspektiven im Wahljahr
18
Ambulante spezialfachärztliche Versorgung 8 Wichtige Information zur ASV nach §116b SGBV Dr. Edmund Edelmann
RheumaUpdate 2013 Wichtige Studien des Vorjahres
ab 26
Hot Topic Rheuma und Schwangerschaft
26
Strukturvertrag zur besseren Patientenversorgung 9 Versorgungslandschaft Rheuma: ein gemeinsames Projekt von Hausärzteverband und BDRh Dr. Edmund Edelmann
Rheumatoide Arthritis Update zu den pulmonalen und kardiovaskulären Risiken
28
Rheumatoide Arthritis Aktuelle Studien zu Therapiekonzepten
30
Deutsche Rheuma-Liga Osteoporose-Diagnostik: G-BA beschließt Erstattung der Knochendichtemessung für Risikopatienten
14
Spondyloarthritiden 32 Neue Erkenntnisse zu Therapiestrategien mit NSAR und TNF-Inhibitoren
Musterberufsordnung für Ärzte Nachtrag zu: Was es bei Verträgen mit der Industrie zu beachten gilt RA Christian Koller
15
Psoriasis-Arthritis 34 Neues zur Therapie aus dem Jahr 2012 Bildgebende Diagnostik Update zum Ultraschall bei RA und PMR
36
Steuern 16 Weitere Neuregelungen im Jahr 2013
Hyperurikämie und Gicht Rückblick auf das Jahr 2012
37
Sie fragen – Experten antworten Thema: Off-label-use RA Christian Koller
17
Systemischer Lupus erythematodes Neue Leitlinien zur Lupusnephritis
38
18
ANCA-assoziierte Vaskulitiden Aktuelle Therapiestudien zu Rituximab
39
Gesundheitspolitik in Deutschland Ist die Bürgerversicherung die bessere Alternative? Prof. Dr. Günter Neubauer BDRh-Kongress in Berlin Das Programm im Überblick
24
Osteoarthrose 40 Ausblick auf neue Therapieoptionen Fibromyalgie 40 Pharmakotherapie bleibt ein Problem
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Inhalt
RheumaUpdate: Wichtige Studien des Jahres 2012 DVO-Kongress „Osteologie 2013“ Highlights aus Weimar
26 ab 41
Osteologie-Kongress 41 Neue Wege und Initiativen in der Osteologie Osteoporose 42 DVO-Leitlinien-Update 2013: Was ist neu?
Osteologie 2013: Neue DVOLeitlinien zur Osteoporose
41
Rheumatologie 59 Neuer Fertigpen erleichtert parenterale Methotrexat-Therapie Rheumatoide Arthritis B-Zell-Therapie über bis zu 10 Jahre sicher und gut verträglich
60
Rheumatoide Arthritis Langfristig keine radiologische Progression unter Adalimumab
62
65
Rheumatoide Arthritis und Osteoporose Osteologische Therapien in der Praxis
44
Rheumatoide Arthritis Remissionskriterien erneut im Fokus
46
Symptomatische Hyperurikämie Neue ACR-Richtlinie empfiehlt Febuxostat als First-line-Therapie
Rheumatoide Arthritis Neue EULAR-Definition für einen erosiven Verlauf
48
Pharmanews 66
Rheumatoide Arthritis Lehren aus der PRESERVE-Studie
50
Axiale Spondyloarthritis Frauen sind oftmals stärker betroffen
53
Impressum 67
Psoriasis-Arthritis 54 Aktuelle Studien zur Therapie und Mortalität Hyperurikamie und Gicht Erneut Nachweis für höheres Mortalitätsrisiko
56
Arthritis urica Niedrig dosiertes ASS erhöht Risiko für Gichtanfälle
57
www.bdrh.de
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Ambulante spezialfachärztliche Versorgung
Wichtige Information zur ASV nach §116b SGBV
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Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 21.03.2013 die allgemeine Richtlinie über die Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) beschlossen. Nach mehr als einem Jahr vielfältiger Diskussionen und Tauziehen um eine Erweiterung des bisherigen §116b auf Niedergelassene, besteht nun ein verbindlicher Rahmen für diese neue Versorgungsebene.
Zentrale Fragen wie „Wer überweist in die ASV?“, „Ist der Zugang zur ASV bereits über eine Verdachtsdiagnose möglich?“, „Reicht wie bisher der Facharztstandard aus?“, „Kernteam oder großes MVZ als Basis für die ASV?“, „Wie werden hinzuzuziehende Fachärzte in die neue Versorgungsebene mit einbezogen?“ und viele weitere Details wurden in den Richtlinien festgelegt. In den folgenden Ausgaben der „Rheuma Management“ werden wir detailliert über die ASV berichten und auch möglichst die Verhandlungspartner von KBV, GKVSpitzenverband, DKG und vor allem auch vom G-BA zu Wort kommen lassen. Ohne einer Einzelbewertung der vielfältigen Aspekte der Richtlinie vorgreifen zu wollen, lässt das Ergebnis hoffen, dass – trotz der vielfältigen Unkenrufe im Vorfeld – eine tragfähige Basis für eine nachhaltige Versorgung von Patienten mit schweren und seltenen chronischen Erkrankungen geschaffen wurde. Für die Niedergelassenen bedeutet die Richtlinie nach §116b eine Wiederherstellung der Gleichbehandlung, die mit dem alten §116b in eklatanter Weise verletzt worden war. Für die Fachärzte in der Klinik bedingt die neue Vorgabe einer namentlichen, personenbezogenen Zulassung zur ASV eine deutliche Aufwertung sowie eine bessere Verhandlungsposition mit den Klinikverwaltungen. Am 21.03.2013 wurde darüber hinaus beschlossen, rheumatologische Erkrankungen an 3. Stelle nach den gastrointestinalen und gynäkologischen Tumoren in den Anlagen der Richtlinie zu konkretisieren. Dies ist ein denkbar großer Erfolg für die politische Zusammenarbeit von BDRh, VRA und DGRh, dem gemeinsamen, von der Politik unterstützten Auftreten aller Rheumatologen. Die ASV kann erst beginnen und eine Einschreibung ist erst dann möglich, wenn die jeweilige Indikationsbezogene Anlage erstellt ist. Um nicht erst in ein paar Jahren, sondern um möglichst bald in diese neue Versorgungsebene eintreten zu können, ist es wichtig, hier vorrangig berücksichtigt zu werden. Die Anlagen der Richtlinie haben eine zentrale Funktion in der indikationsspezifischen Ausgestaltung der ASV. Seitens des BDRh werden wir unseren Sachverstand für eine nachhaltige, qualitätsorientierte Versorgung nach §116b einbringen. Unser Ziel ist es, die Chance für eine medizinisch sinnvolle Ausgestaltung dieser neuen sektorenübergreifenden, budgetfreien Versorgungsebene zu nutzen und die ASV zu einem Erfolgsmodell für eine bessere Versorgung unserer Patienten zu machen. m Dr. med. Edmund Edelmann Erster Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh) e. V. Basistext_55x257mm_RZ.indd 1
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9 Strukturvertrag zur besseren Patientenversorgung
Versorgungslandschaft Rheuma: ein Projekt von Hausärzteverband und BDRh Ende 2011 trat der Hausärzteverband an den Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) heran, die Arbeit an einem gemeinsamen Versorgungsvertrag zu beginnen. Auf der Basis von hausarztzentrierten Verträgen nach §73b plante und plant der Hausärzteverband für wichtige chronische Erkrankungen zusätzliche qualitätsorientierte und kooperative Strukturverträge, so genannte Versorgungslandschaften nach §140ff, zu entwickeln. Eine dieser chronischen Erkrankungen sollte auch Rheuma sein.
Das ernsthafte Bemühen des Hausärzteverbandes, eine nachhaltige, kooperative und sektorenübergreifende Versorgung zu gestalten, war offensichtlich. Die bereits im Hausarzt-Manual „Entzündliche Gelenkerkrankungen“ im Jahre 2004 konsentierten Behandlungspfade und Schnittstellen sollten die Grundlage auch für eine neu angestrebte Versorgungslandschaft Rheuma sein. Damit bestand für den BDRh eine Basis, gemeinsam mit dem Hausärzteverband die GmbH „Versorgungslandschaft Rheuma“ zu gründen. Im Rahmen der Gründung der GmbH wurden im Jahre 2012 die Inhalte eines Vertragsentwurfs für eine kooperative Versorgung zwischen Hausärzten, internistischen Rheumatologen in Praxis und Klinik und pädiatrischen Rheumatologen (Transition) geschaffen. An der Erstellung des Vertragsentwurfes waren Hausärzte, Vorstandsmitglieder des Hausärzteverbands, der komplette BDRh-Vorstand mit Niedergelassenen und Klinikern einschließlich pädiatrischen Rheumatologen, sowie der Generalsekretär der DGRh, Prof. Dr. Ekkehard Genth, und die Geschäftsführung der Versorgungslandschaft Rheuma GmbH beteiligt. Bezüglich der Transition wurde als Expertin Frau Dr. Susanne Schalm, internistische Rheumatologin mit dem Schwerpunkt Transition, hinzugezogen. Ziele der Versorgungslandschaft Rheuma sind: – die frühzeitige Zuweisung zur differentialdiagnosti schen Abklärung, – Etablierung einer koordinierten und arbeitsteiligen Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Rheuma tologen als patientenbezogener Versorgungsver bund, – qualitätsgesicherte und sachgerechte Behandlung nach Leitlinien, – Arzneimittelmanagement, – Koordinierung der Verordnung von Heil- und Hilfs mitteln, – Wartezeitenmanagement,
Dr. med. Edmund Edelmann – Früharthritis-Sprechstunde, – Verringerung der Krankheitsaktivität, – Therapie nach Zielgrößen, Treat-to-target (T2T), – Erhöhung der Funktionskapazität, – Steigerung der Lebensqualität, der Lebensdauer und Teilhabe der Patienten, – Vermeidung von Doppeluntersuchungen, – Verbesserung der Transition durch strukturierte Zusammenarbeit von pädiatrischem Rheumatologen mit dem Erwachsenen-Rheumatologen und Hausarzt. Die Behandlungspfade zwischen Hausarzt und Rheumatologen umfassen für den Hausarzt: – das Stellen der Verdachtsdiagnose „entzündliches Rheuma“, – die kooperative Langzeitversorgung mit dem Rheu matologen, – das umgehende Konsil bzw. Rücküberweisung bei Komplikationen, – die Beschränkung der Initialdiagnostik im Labor auf CRP, BB, Crea, GPT, ggf. anti-CCP-Antikörper und RF, – in der Regel keine Veranlassung von fachbezoge ner Bildgebung, – Beschränkung der medikamentösen Therapie, in der Regel auf Analgetika, NSAR, – Nebenwirkungskontrolle bei Basistherapien. → Rheuma Management · März/Apr. 2013
10 Die Behandlungspfade des Rheumatologen: – er stellt die Diagnose, leitet die Therapie, insbeson dere die Basistherapie ein, – er legt Kontrolluntersuchungen fest, – er führt das Krankheitsassessment durch, – er leitet die gemeinsame Abstimmung mit Hausarzt in Hinblick auf die kooperative Langzeitversorgung, – er veranlasst die fachbezogenen-technischen Un tersuchungen wie z. B. die Bildgebung, das rheu matologische Speziallabor. Die Aufgaben des Hausarztes umfassen bei Verdachtsdiagnose einer entzündlichen Rheumaform: – Überweisung innerhalb von 14 Tagen an einen teilnehmenden Rheumatologen für eine gesicherte Diagnose und Einleitung der Therapie – Erstellung und Übergabe des qualifizierten Arzt briefes an den Versicherten bei gesicherter Diagnose – Überwachung und Fortführung der vom Rheuma tologen eingeleiteten Therapie – Überweisung des Versicherten mindestens 1x jähr lich zum Rheumatologen zur Therapiekontrolle – Festlegung/Überprüfung der individuellen Zielwerte /der Hinderungsfaktoren nach einem definierten Cluster entsprechend der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO – Konsiliarische Erörterung zwischen dem HzV-Haus arzt und dem Rheumatologen zur Abstimmung der Medikation und Behandlungsplanung – Abstimmung einer stationären Einweisung mit dem Rheumatologen – bevorzugte Einweisung in Vertragskrankenhäuser (Rheuma-Abteilung) – Begleitung des Transitionsprozesses zwischen Kinder- und Jugendrheumatologen mit dem Rheumatologen; Veranlassung, Berücksichtigung der Ergebnisse der Transition Die Aufgaben des Rheumatologen umfassen die: – Früharthritis-Sprechstunde innerhalb von 14 Tagen – Diagnosestellung, Behandlungseinleitung inner halb von 14 Tagen – Arzneimittelmanagement (S3/S1 Leitlinien) – strukturiertes IT-Assessment (DAS, FFbH, BASDAI, ECLAM, BVAS etc.) – Therapie nach Zielgrößen (T2T, z. B. DAS <2,6 bei früher RA etc.) – Tight-control bei schweren Krankheitsverläufen – Erfolgskontrolle über IT (Benchmarking ohne Da tenlieferung an Kassen) – Einbindung Rheumatologische Fachassistenz (Ziele: Entlastung Rheumatologe, Förderung Compliance, Rheuma Management · März/Apr. 2013
Krankheitswissen, engmaschigere Langzeitversor gung) – StruPI-Schulung – Infusionsmanagement (mind. zwei Infusionsplätze, Schulung, Notfallseminar) – Abstimmung stationäre Einweisung mit Hausarzt – Osteologische Diagnostik und Therapie – Abstimmung Transitionsprozess mit Kinderrheuma tologen und Hausarzt Die Teilnahmevoraussetzungen des Hausarztes am Vertrag sind die Zulassung als HzV-Arzt, strukturierte Fortbildungen und kontinuierliche Qualitätszirkel mit den regelmäßigen Themen der Rheumatologie, allerdings ohne definierte Zahl an CME-Punkten. Die Teilnahmevoraussetzungen des Rheumatologen sind jährliche rheumatologische Fortbildungen mit 30 CME-Punkten, davon 25 in Diagnose und nichtoperativer Therapie in Präsenzveranstaltungen. Ebenso gefordert ist die Behandlung von mindestens 250 Patienten mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen pro Quartal. Diese Vorgabe soll gewährleisten, dass nur Rheumatologen am Vertrag teilnehmen, die zum einen tatsächlich im Schwerpunkt tätig sind und über entsprechende Erfahrung verfügen, zum anderen, dass sich der Verwaltungsaufwand für alle Seiten, für den Rheumatologen, die Krankenkasse und die Managementgesellschaft lohnt. Die Teilnahmevoraussetzungen für Kinder- und Jugendärzte mit Zusatzbezeichnung Kinderrheumatologe wurden mit jährlicher Fortbildung von 30 CMEPunkten in der Rheumatologie und der Betreuung von mindestens 50 Patienten pro Quartal festgelegt. Das Krankenhaus mit einer rheumatologischen Abteilung bzw. die Rheuma-Klinik muss als Teilnahmevoraussetzung mindestens zwei Fachärzte für Rheumatologie angestellt haben, die hauptamtlich rheumatologisch tätig sind und die Behandlung von mindestens 250 Patienten jährlich mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen vorweisen. Für alle diese Leistungen ist bei Hausärzten wie bei Rheumatologen und pädiatrischen Rheumatologen eine modulare Struktur der Vergütung vorgesehen, die einzelne mit den Krankenkassen zu verhandelnde Leistungskomplexe darstellen (s. Tab. 1-3 zur Vergütungsstruktur, noch ohne Zahlen). Der Vertrag enthält im Vergleich zur Regelversorgung deutlich höhere diagnostische und therapeutische Anforderungen, erhöhte Anforderungen an die Dokumentation, an die Zusammenarbeit, die kooperative Versorgung und höhere Anforderungen an die
11 Patienten-orientierte Versorgung durch Einbindung der Rheumatologischen Fachassistenz wie durch Patientenschulungen. Die add-on-Vergütung bezieht sich auf den für eine bessere Versorgung erforderlichen und zielführenden Mehraufwand, der in der Regelversorgung nicht abgebildet ist, und mit dem EBM, der Vergütungsstruktur im GKV-System, auch in Zukunft nicht abgebildet sein wird. Die Einschreibung der Patienten setzt eine Teilnahme des Patienten an der Hausarztzentrierten Versorgung nach §73b voraus. Die Einschreibung kann durch den Rheumatologen und den Hausarzt erfolgen. Der Patient verpflichtet sich mit der Einschreibung, die Versorgung seiner chronisch-entzündlich rheumatischen Erkrankung durch die dem Vertrag „Versorgungslandschaft Rheuma“ beigetretenen Ärzte und Kliniken bzw. Rheuma-Abteilungen vornehmen zu lassen. Mit dem Vertrag „Versorgungslandschaft Rheuma“ wurde von den beteiligten Ärzteverbänden eine zukunftweisende Versorgungsstruktur entworfen, die geeignet ist, die Ziele geringere Morbidität und Mortalität von Patienten mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen zeitnah zu erreichen. Mittelfristig sind durch eine umfassende und qualitätsorientierte kooperative Versorgung erhebliche Kosteneinsparpotentiale nicht nur für die Gesellschaft (Verhinderung von Frühberentung), sondern auch für die Krankenkassen zu realisieren, die sich durch die verringerte Morbidität ergeben (weniger Langzeitarbeitsunfähigkeit, keine höheren Beiträge, da kein sozialer Abstieg, weniger und effektivere Krankenhausaufenthalte durch gezielte Zuweisung in Vertragskrankenhäuser, weniger Kosten durch Komorbidität, möglicherweise auch geringere Arzneimittelkosten). Es liegt nun an den Krankenkassen, diesen Ball aufzunehmen und mit dem Ziel einer besseren Versorgung ihrer Versicherten mit chronischen Erkrankungen zu spielen. Erste Gespräche mit verschiedenen Krankenkassen sind erfolgt. Aktuell prüft der VdEK im Auftrag seiner Krankenkassen die verschiedenen Versorgungsverträge, die der Hausärzteverband in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden als Versorgungslandschaften auf den Weg gebracht hat, darunter auch den Vertrag zur Versorgungslandschaft Rheuma.
Bezeichnung der IV Vergütungsposition Leistungsinhalt Eingangsdiagnostik
Anamnese, Untersuchung Gelenk- Einzelleistung status, Laboruntersuchungen
Qualifizierte Überweisung inklusive Arztbrief oder Befundbogen
Arztbrief über Vorbefunde, Komor- Einzelleistung bidität und psychosoziale Bedingungen, Medikamente
Konsil
telefonisch oder persönlich
Koordinierungszuschlag
Motivation zum Selbstmanage- pro Quartal ment (Bewegung, Ernährung), psychologische Betreuung, Compliance
Dr. med. Edmund Edelmann Erster Vorsitzender des BDRh
Einzelleistung
Überleitungs- und Medikationscheck, Codierung Einzelleistung Entlassungsmanagement (persönlich) Überleitungs- und Einzelleistung Entlassungsmanagement (telefonisch) Infektmanagement
wenn zusätzl. Hausbesuch erforderlich, dann Extravergütung
Jahresuntersuchung bei Anamnese, klinische Untersu- Herz-Kreislauferkrankungen chung, EKG einmal im Kalenderjahr
Einzelleistung
Tab. 1: Modulare Vergütungsstruktur für Hausärzte Bezeichnung der IV Vergütungsposition Leistungsinhalt Eingangsdiagnostik
Frühdiagnostik innerhalb von 14 Tagen mit Anamnese, umfassender Gelenkstatus, Diff.labor, bildgebende Verfahren, Diagnose, Therapieeinleitung med.Ther., Heil-Hilfsmittel innerhalb von 14 Tagen
Vergütungsregel Betrag fallbezogen
Überleitungs- und fallbezogen Entlassungsmanagement Konsil
telefonisch oder persönlich
Leitlinienorientiertes Arzneimittelmanagement und Dokumentation
Arzneimittel-IT-Dokumentation pro Quartal Benchmarking, Therapiealgorithmus Basistherapie
Strukturiertes IT-Assessment von Krankheitsaktivität und Funktionskapazität
Umfassendes Krankheitsassess- pro Quartal ment einschließlich Parameter wie DAS, FFbH, BASDAI, BASFI etc. mit dem Ziel einer Therapieoptimierung einschließlich i.a. Injektionstherapie
fallbezogen
Strukturierte Patienten- Add-on-Leistung bei Erst- betreuung über die rheuma- information Diagnose, tolog. Fachassistenz Medikamenteneinleitung, vorstrukturierte Nachinformation Pat. Verbesserung Compliance, Entlastung
Zuschlag pro chronisch Krankem pro Quartal
StruPI
Vergütung pro Schulung pro Modul
Patientenschulung RA Andere Diagnosen SpA folgt
Tight-control Kurzfristige Terminvereinbarungen bei Problempatienten mit hoher Krankheitsaktivität, Komplikationen
Einzelleistung Voraussetzung: Ab Behandlungsfall innerhalb von 2 Monaten 3 Behandlungstermine
Infusionsleistung Mindestens 2 Infusionsplätze, geschultes Team, Notfall etc. Infusionsmanagement
Vergütung pro Infusion mit Biologikum bei fallbezogenem QZV bei fehlender Vergütung im EBM (RLV)
Rheumatische Multimorbidität
Vergütung bei Erstdiagnostik Vergütung bei Osteoporose einschließlich DXA
Anamnese, Untersuchung, Bild- gebung (z. B. DXA) , Diagnose und Therapieeinleitung bei Osteoporo- se, Wk-Frakturen, Osteonekrosen, sek. Arthrosen (z. B. Gon-/Coxarthrose), bakteriellen Arthritiden, Spondylitiden, Polyneuritis)
Pauschale für Transition
Unbenommen davon sind alle Landesverbände des BDRh aufgerufen, Gespräche mit regionalen Krankenkassen für einen Selelektivvertrag auf der Basis des Vertragsentwurfs „Versorgungslandschaft Rheuma“ zu beginnen. m
Vergütungsregel Betrag
pro Quartal
Tab. 2: Modulare Vergütungsstruktur für Rheumatologen Bezeichnung der IV Vergütungsposition
Leistungsinhalt
Pauschale für Transition
Vergütungsregel
Betrag
pro Quartal
Tab. 3: Modulare Vergütungsstruktur für pädiatr. Rheumatologen Rheuma Management · März/Apr. 2013
12 RheumaPreis 2013
Bewerbungen ab sofort einreichen Wer mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung seinen Beruf bewältigt, kann sich ab sofort wieder um den RheumaPreis bewerben. Bereits zum fünften Mal verleiht die Initiative RheumaPreis diese Auszeichnung an Berufstätige mit Rheuma und ihre Arbeitgeber, die partnerschaftlich Lösungen für ein Arbeitsleben mit Rheuma gefunden haben. Bewerber erhalten bei einer Prämierung ein Preisgeld von 3.000 Euro, ihre Arbeitgeber werden mit einer Auszeichnung für bemerkenswertes Engagement für Arbeitnehmer mit Rheuma geehrt.
Rheuma und Berufstätigkeit sind vereinbar – dies ist die Botschaft, mit der sich die vom Unternehmen AbbVie und 12 weiteren Partnern, wie z. B. dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) und verschiedenen Patientenorganisationen wie der Deutschen Rheuma-Liga, der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB), Kinder Rheumastiftung und Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft, unterstützte Initiative an die Öffentlichkeit wendet. Seit 2009 setzt sich die Initiative RheumaPreis für etwas eigentlich selbstverständliches ein, nämlich dass Menschen mit rheumatischen Erkrankungen weiter berufstätig sein können und die dafür nötige Unterstützung erhalten. Damit sich die erfolgreiche Einbindung von Menschen mit Rheuma in das Arbeitsleben weiter durchsetzt und andere zum Nachahmen motiviert, macht die Initiative RheumaPreis die besten Beispie-
le öffentlich. Mit Erfolg – für ihre Kampagne erhielt die Initiative RheumaPreis im vergangenen Jahr beim Kommunikationskongress der Gesundheitswirtschaft den KommGE-Preis für gelungene Kommunikation im Gesundheitswesen. Berufstätige mit entzündlichem Rheuma und ihre Arbeitgeber können sich bis zum 30. Juni 2013 um den RheumaPreis bewerben. Auch Selbstständige und im Haushalt Tätige sind zur Bewerbung eingeladen. Die Prämierten werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt und im Herbst 2013 bekannt gegeben. Bewerbungsunterlagen und weitere Inforrnationen gibt es unter www.rheumapreis.de. m Quelle: Pressemitteilung Initiative RheumaPreis, 4. Februar 2013
Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew
Neues Heft richtet sich erstmals direkt an Ärzte terew e.V.
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Die vierteljährlich erscheinende MitgliederZeitschrift der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) bot schon von jeher wertvolle Informationen für Patienten mit Spondyloarthritiden (SpA). Wichtige Inhalte der Hefte Nr. 1 „Morbus Bechterew – Leitfaden für Patienten“ und Nr. 13 „Messwerte für den Krankheitsverlauf, Klassifikations- und DiagnoseKriterien“, die auch bei Ärzten auf großes Interesse stießen, wurden nun in aktueller Form in das neue Heft Nr. 16 „Morbus Bechterew – eine Handreichung für Ärzte“ übernommen.
Bechterew Morbus reichung eine Hand zte Är für
estellt von hen zusammeng Feldtkeller, Münc Ernst Prof. Dr.
se 16 Metzgergas einfurt 97421 Schw erew e.V.
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21 22033 +49 (0)97 Tel 21 22955 +49 (0)97 .de Fax @bechterew E-Mail dvmb bechterew.de Web www.
Als Novum wendet sich das von Prof. Dr. Ernst Feldtkeller, München, zusammengestellte Heft erstmals primär an Ärzte und nicht Patienten. Nicht zuletzt Ärzten der Primärversorgung soll damit, wie Prof. Dr. Jürgen Braun in einem Geleitwort anmerkt, ein kleines NachRheuma Management · März/Apr. 2013
schlagewerk an die Hand gegeben werden, in dem sie wichtige Informationen zum Morbus Bechterew in einem handlichen Format im Praxis/Klinik-Alltag jederzeit griffbereit parat haben. Ziel der Broschüre ist es auch, zur Verkürzung der noch viel zu langen Diagnosezeit der axialen SpA bzw. einer ankylosierenden Spondylitis (AS) beizutragen. In diesem Kontext wird auf die wichtige Arbeit der „Assessment of SpondyloArthritis international Society“ (ASAS) hingewiesen, die einheitliche Definitionen, Kriterien, Beurteilungsmaßstäbe und Empfehlungen für die Diagnostik und Therapie der SpA erarbeitet. Das neue Heft ist wesentlich darauf aufgebaut worden und enthält alle für die Diagnosestellung und die Beurteilung des Krankheitsverlaufs relevanten Informationen. m Quelle: Mitteilung der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew e. V.
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14 Deutsche Rheuma-Liga
G-BA beschließt Knochendichtemessung für Risikopatienten Gemäß einer Pressemitteilung der Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vom 21. Februar 2013 haben chronisch-rheumakranke Patienten und solche mit Risiken jetzt Anspruch auf die Durchführung einer Knochendichtemessung zur Erkennung einer Osteoporose – damit wurde eine langjährige Forderung der Deutschen Rheuma-Liga umgesetzt. Die Patientenvertretung hatte einen entsprechenden Antrag gestellt und damit den entscheidenden Anstoß für den Beschluss gegeben.
Bisher musste es erst zu einer Fraktur kommen, damit eine Knochendichtemessung von den Krankenkassen erstattet wurde. Nun profitieren auch Patientinnen und Patienten mit Risiken und solche, bei denen der Verdacht einer sekundären Osteoporose, z. B. als Folge rheumatischer Erkrankungen oder einer längeren Glukokortikoid-Therapie besteht. Die Knochendichtemessung unterstützt die Therapieentscheidung des Arztes bei Einleitung einer medikamentösen Therapie bei begründeten anamnestischen und klinischen Merkmalen. So werden einerseits Patienten identifiziert, die einer Therapie bedürfen. Andererseits werden solche vor einer Übertherapie geschützt, bei denen noch keine medikamentöse Therapie notwendig ist oder noch keine Osteoporose vorliegt. Vor diesem Hintergrund kritisiert die Patientenvertretung an dem Beschluss, dass eine erneute Knochendichtemessung in der Regel frühestens nach fünf Jahren möglich ist. Die Patientenvertretung hatte eine Grenze von zwei Jahren gefordert. Die Einführung eines einmaligen Screenings auf Osteoporose für Frauen ab 55 Jahren – so ein weiterer, aber abgelehnter Antrag – hätte bedeutet, dass Männer und jüngere chronisch-kranke Patientinnen ausgeschlossen worden wären.
Kommentar der Deutschen Rheuma-Liga Für die Deutsche Rheuma-Liga hat sich Helga Germakowski seit 2009 als Vertreterin der Patientenorganisationen für die Kostenerstattung der Knochendichtemessung im G-BA eingesetzt. Warum es letztlich viele Jahre dauerte, bis die Entscheidung fiel, erklärt sie so: „Die Studienlage ist leider sehr schwierig. Es gibt keine stichhaltigen Forschungsergebnisse für die sekundären Osteoporosen. So mussten wir auf Expertenmeinungen und Leitlinien zurückgreifen.“ Man hofft nun, dass viele Patienten rechtzeitig die DXAKontrollen durchführen lassen und die behandelnden Ärzte Risikopatienten entsprechend beraten. Germakowski: „Letztlich haben wir erreicht, dass z. B. Rheumakranke, aber auch alle anderen Risikopatienten, die noch keinen Knochenbruch hatten, bei Verdacht auf Osteoporose die Knochendichtemessung nicht mehr aus eigener Tasche bezahlen müssen. Wird dabei eine verringerte Knochendichte festgestellt, die aber noch keinen Medikamenteneinsatz erfordert, werden frühzeitig Maßnahmen eingeleitet, die eine Verschlechterung zumindest hinauszögern. Ist ab einem bestimmten Score eine medikamentöse Therapie angezeigt, kann diese schwere und schwerste Folgen verhindern.“ m
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Erst Rheuma dann Osteoporose – Ein Ratgeber für Betroffene
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Für Rheumapatienten ist die Osteoporose eine besondere Gefahr. Diese Broschüre der Deutschen Rheuma-Liga will helfen, den Zusammenhang von Rheuma und Osteoporose zu verstehen. Therapieansätze zur Vorbeugung und Behandlung werden erläutert. Was macht die Knochen stark? Auch hierzu gibt es Tipps zur Bewegungstherapie, Sport und richtigen Ernährung. Der Ratgeber ist bei den Verbänden Rheuma Management · März/Apr. 2013
der Deutschen Rheuma-Liga gegen Einsendung von 1,45 Euro in Briefmarken erhältlich. Zur Erstinformation und Weitergabe an Patienten gibt es zweiseitige Kurzinformationen: Merkblatt 1.7 Osteoporose und Merkblatt 1.16 Sekundäre Osteoporose. m Kostenloser Download: https://www.rheuma-liga.de/ mediencenter/publikationen/merkblaetter/
15 Musterberufsordnung für Ärzte
Nachtrag zu: Was es bei Verträgen mit der Industrie zu beachten gilt In der Ausgabe 5-2012 der „Rheuma Management“ wurden Änderungen der Musterberufsordnung (MBO) für Ärzte (§33) in Bezug auf die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der Ärzteschaft und der Industrie dargestellt – auch unter dem Aspekt eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29.03.2012. Die Ärztekammer Niedersachsen hat nun ihrerseits die §§30ff Berufsordnung Niedersachsen geändert. Im Zuge dessen wurden auch die Regelungen über die Annahme von Zuwendungen neugeregelt. Die Niedersächsische Berufsordnung enthält im Vergleich zur Musterberufsordnung eine deutliche Verschärfung.
Nach §32 Abs. 1 Musterberufsordnung der Bundesärztekammer (BÄK) ist es Ärzten u. a. nicht gestattet, seitens der Industrie Geschenke oder andere Vorteile anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Gemäß Abs. 2 soll die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe jedoch dann nicht berufswidrig sein, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Dies bedeutet, dass Ärzte, die Tagungen zum Zwecke von Fortbildungen besuchen wollen, sich von der pharmazeutischen Industrie die Hotel- und Anreisekosten sowie die Tagungsgebühren bezahlen lassen dürfen. Die Niedersächsische Berufsordnung verzichtet nun in ihrer Neuregelung des §32 Berufsordnung auf diesen Absatz 2 komplett. Dies führt dazu, dass Ärzte, die Mitglieder der Ärztekammer Niedersachsen sind, ihre Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen komplett selber finanzieren müssen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der betreffende Arzt als Referent für ein Unternehmen auftritt. In diesem Zusammenhang ist die Übernahme der Reise- und der notwendigen Übernachtungskosten erlaubt.
§32: Die Niedersächsische Berufsordnung im Wortlaut Abs. 1: Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Eine Beeinflussung ist dann nicht berufswidrig, wenn sie einer wirtschaftlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise auf sozialrechtlicher Grundlage dient und der Ärztin oder
dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen. Abs. 2: Die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe ist nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Der für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährte Vorteil ist unangemessen, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht. Dieser Absatz wurde ersatzlos gestrichen! Abs. 3: Die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von Veranstaltungen (Sponsoring) ist ausschließlich für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem Umfang erlaubt. Das Sponsoring, dessen Bedingungen und Umfang sind bei der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offen zu legen. m
Die Verschärfung der Berufsordnung in Niedersachsen wird man als Reaktion auf die BGH-Rechtsprechung verstehen müssen, wonach die Annahme von Geld durch Ärzte nicht strafbar ist. Andere Ärztekammern werden wohl zunächst abwarten, ob sich der Gesetzgeber dieser „Regelungslücke“ im deutschen Strafrecht annimmt. Bis dahin werden niedersächsische Ärzte mit dieser „Ungleichbehandlung“ leben müssen.
RA Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
§32: Unerlaubte Zuwendungen
16 Steuern
Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen Für Buchführungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen. Im Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden. Mit Ablauf dieser Fristen können nach dem 31. Dezember 2012 folgende Unterlagen vernichtet werden.
10-jährige Aufbewahrungsfrist: – Bücher, Journale, Konten usw., in denen die letzte Eintragung 2002 und früher erfolgt ist – Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Inventare, die 2002 oder früher aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Unterlagen – Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege, Kontoauszüge, Lohn- bzw. Gehaltslisten) aus dem Jahr 2002 6-jährige Aufbewahrungsfrist: – Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2006 oder früher – Sonstige für die Besteuerung bedeutsame Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhrunterlagen, Aufträge, Versand- und Frachtunterlagen, Darlehensunterlagen, Mietverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2006 oder früher
Die Aufbewahrungsfristen gelten auch für die steuerlich und sozialversicherungsrechtlich relevanten Daten der betrieblichen EDV (Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung). Während des Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten möglich sein. Bei einem Systemwechsel der betrieblichen EDV ist darauf zu achten, dass die bisherigen Daten in das neue System übernommen oder die bisher verwendeten Programme für den Zugriff auf die alten Daten weiter vorgehalten werden. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist bzw. die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind. Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist. m
Steuerermäßigung für haushaltsnahe Leistungen Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Renovierungs-, Instandsetzungs- bzw. Modernisierungsarbeiten in einem privaten Haushalt oder der Pflege des dazugehörigen Grundstücks kann eine Steuerermäßigung in Form eines Abzugs von der laufenden Einkommensteuer in Anspruch genommen werden. Begünstigt sind danach 20 % der Arbeitskosten für höchstmögliche Steuerermäßigung im Jahr.
Im Einzelnen betrifft dies folgende haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. – haushaltsnahe Dienstleistungen: höchstmögliche Steuerermäßigung pro Jahr z. B. für Putz-, Reinigungsarbeiten in der Wohnung, Rasenmähen, Heckenschneiden 4.000 Euro – Handwerkerleistungen: höchstmögliche Steuerermäßigung pro Jahr für Renovierung und Modernisierung der Wohnung, Gartengestaltung, Reparatur bzw. Wartung von Heizung, Küchengeräten, Computern etc., Schornsteinfeger 1.200 Euro Rheuma Management · März/Apr. 2013
Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist u. a., dass eine entsprechende Rechnung vorliegt und die Zahlung unbar (auf das Konto des Dienstleisters) erfolgt ist. Für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung im jeweiligen Kalenderjahr kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zahlung an, wenn es sich nicht um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben handelt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass ein eventueller „Anrechnungsüberhang“ (Zahlbeträge, die über dem Höchstbetrag liegen) verloren ist, d. h., eine Anrechnung des übersteigenden Betrages kann auch nicht im folgenden Jahr nachgeholt werden. Die Steuerermäßigung kann nicht nur von (Mit-)Eigentü-
17 mern einer Wohnung, sondern auch von Mietern in Anspruch genommen werden. Dies setzt voraus, dass die vom Mieter zu zahlenden Nebenkosten Beträge umfassen, die für begünstigte haushaltsnahe Dienstleistungen und handwerkliche Tätigkeiten abgerechnet wurden. Der auf den Mieter entfallende Anteil an den Aufwendungen muss aus einer Jahresabrechnung hervorgehen oder durch eine Bescheinigung (des Vermieters bzw. Verwalters) nachgewiesen werden.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass vom Mieter geleistete pauschale Zahlungen an den Vermieter für die Durchführung von Schönheitsreparaturen an einer Wohnung nicht nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigt sind. Das Gericht erkannte eine Steuerermäßigung nicht an, weil die Zahlungen unabhängig davon erfolgt sind, ob und ggf. in welcher Höhe der Vermieter tatsächlich Reparaturen an der Wohnung des Mieters durchführen ließ. m
Unfallschäden bei beruflich genutztem PKW Aufwendungen zur Beseitigung von Unfallschäden, die an einem privaten PKW auf einer beruflich veranlassten Fahrt entstehen, können als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden. Ereignet sich der Unfall auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, können die Reparaturkosten zusätzlich zur Entfernungspauschale steuerlich geltend gemacht werden. Wird der Unfallwagen nicht instandgesetzt, sondern verkauft, kommt ggf. eine Berücksichtigung des Wertverlustes in Betracht. Zur Ermittlung dieser „Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung“ (AfaA) ist nicht vom Zeitwert des PKW auszugehen,
sondern von einem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert, d. h. von den um die normalen Absetzungen für Abnutzung (AfA) geminderten Anschaffungskosten. Insbesondere bei älteren Fahrzeugen kommt es vor, dass die Reparaturkosten den Zeitwert des PKW übersteigen. Ist der PKW zum Unfallzeitpunkt voll abgeschrieben, beträgt der rechnerische Buchwert 0 Euro, sodass bei Veräußerung des unreparierten Fahrzeugs keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung mehr möglich ist. m
Sie fragen – Experten antworten
Thema: Off-label-use Frage: Was muss ich bei der Verordnung von Präparaten beachten, die ich außerhalb der zugelassenen Indikation verordnen würde? Gibt es hierfür eine gesetzliche Regelung oder soll ich im Zweifel immer auf Privatrezept verordnen? Antwort: Zunächst sollten Sie in Abschnitt K der Arzneimittelrichtlinie prüfen, ob das zu verordnende Präparat in dem von Ihnen gewünschten Indikationsbereich als zulässiger Off-label-use gelistet ist. Falls dies nicht der Fall ist, sollten Sie nach Aufklä-
rung des Patienten ein Privatrezept ausstellen und es dem Patienten überlassen, sich bei der Krankenkasse um Erstattung der Kosten zu bemühen. In dem besonderen Fall eines medizinisch-fachlich RA Christian Koller umstrittenen Off-label-use können Sie auch zunächst selbst bei der Krankenkasse deren Auffassung als Kostenträger einholen und im Ablehnungsfall dem Patienten ein Privatrezept ausstellen. m Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
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Rheuma Management · März/Apr. 2013
Ein Service für BDRh-Mitglieder
Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“
18 Gesundheitspolitik in Deutschland
Ist die Bürgerversicherung die bessere Alternative? Im sich abzeichnenden Wahlkampf 2013 wird der Gesundheitspolitik eher ein mittlerer Stellenwert zugeordnet, obwohl es eine Reihe von Problemen zu beheben gäbe, die spätestens in der nächsten Legislaturperiode akut werden.
Im Augenblick konzentriert sich die Diskussion auf zwei Felder. Die Leistungserbringer, das sind die Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser, fordern höhere Vergütungen, um die ansteigenden Kosten besser auffangen zu können. Vor allem die Krankenhäuser beklagen, dass die Anhebung der Entgelte längst nicht die laufenden Kostensteigerungen, insbesondere die tariflichen Lohnsteigerungen, kompensiert. Diese Diskussion gewinnt auch dadurch an Heftigkeit, weil gleichzeitig die Krankenkassen und der Gesundheitsfonds auf hohen Überschüssen sitzen, die dem System vorenthalten werden. Dass diese Überschüsse heute auch im Rahmen der Europapolitik des deutschen Finanzministers eine gewisse Rolle spielen, wird nur wenig thematisiert. In den zuvor aufgeführten Diskussionsfeldern unterscheiden sich die einzelnen Parteien nur wenig. Sie alle wollen die Vergütungen anheben, weisen aber gleichzeitig darauf hin, dass damit die mittelfristige Finanzierung nicht gefährdet werden darf.
Univ.-Prof. Dr. rer. pol. Günter Neubauer steigern. Insbesondere die größere Regierungspartei dürfte ein Zusatzbeitrag eher Stimmen kosten.
Die Bürgerversicherung à la SPD
Sowohl die SPD als auch die Grünen vertreten ein Konzept, das unter dem Schlagwort „Bürgerversicherung“ zusammengefasst wird. Dabei unterscheiden sich zwar beide Konzepte graduell, aber doch nicht so sehr, dass bei einer Regierungsübernahme keine rasche Einigung zu erwarten wäre.
Die SPD hat zur Bürgerversicherung eine Grundkonzeption erarbeitet, die zwar im Detail noch verfeinert werden muss, aber die Strukturen erkennen lässt. Zielpunkt ist, in Deutschland alle Bürger in einer Basisversicherung einzuschließen. Daraus folgt jedoch keineswegs eine Einheitsversicherung. Vielmehr soll allen Bürgern ein einheitlicher Leistungskatalog von verschiedenen Krankenversicherungen angeboten werden. Das bedeutet auch, dass die PKV in dieses System mehr oder weniger einbezogen werden muss. Hierfür schlägt die SPD vor, zu Beginn einer Neuordnung allen Privatversicherten für ein Jahr einen Übertritt von der privaten in die gesetzliche Versicherung anzubieten. Danach soll die PKV quasi geschlossen und ausgetrocknet werden, da dann keine Neuzugänge mehr möglich sein sollen.
Die Regierung Merkel/Rösler hingegen hält an ihrem Konzept des Zusatzbeitrages fest. Dieser soll auf absehbare Zeit den wieder wachsenden Finanzierungsbedarf der Krankenkassen auffangen. Bezeichnenderweise ist der Bundesgesundheitsminister derzeit eher froh, dass der Zusatzbeitrag nicht aktiviert werden muss. Schließlich dürfte ein Zusatzbeitrag für eine Partei, die gewählt werden will, kaum die Zustimmung
Die Mittelerhebung zur Bürgerversicherung erfolgt in der Form, dass die Arbeitgeber Versicherungsbeiträge auf die gesamte Lohnsumme abzuführen haben. Damit werden alle Lohneinkommen, insbesondere die hohen und höchsten Einkommen in einem Unternehmen zur Finanzierung herangezogen. In dem Umfange, wie hier zusätzliche Finanzmittel gewonnen werden, können auf der anderen Seite die Versicherten
Bürgerversicherung oder Zusatzbeitrag? Zu einem echten Streitthema hat sich dagegen die Vorstellung der großen Oppositionsparteien zur Neuordnung der Finanzierung der Gesundheitsversorgung entwickelt.
Rheuma Management · März/Apr. 2013
19 selber entlastet werden. Die SPD geht davon aus, dass durch die Einbeziehung aller Lohneinkommen in den Arbeitgeberbeitrag die paritätische Finanzierung hergestellt werden kann. Das heißt, für die Versicherten könnte der Beitrag von 8,2 auf 7,6 % sinken. Damit wird ein altes sozialpolitisches Ziel der SPD-Gesundheitspolitik faktisch erreicht, nämlich die paritätische Finanzierung. Das Beitragsvolumen der Versicherten und der Arbeitgeber wird gleich hoch. Insgesamt wird in dem Modell der SPD die Beitragsbemessungsgrenze für die Versicherten nicht verändert, jedoch der Beitragssatz abgesenkt, auch für die Arbeitgeber. Dafür wird aber die gesamte Lohnsumme einbezogen, so dass sich für die Arbeitgeber eine höhere Belastung ergibt, die zur Entlastung der Arbeitnehmer eingesetzt wird. Die Einbeziehung der Kapitaleinkommen ist ebenfalls ein langer Wunsch der SPD-Sozialpolitiker. Die Schwierigkeiten, die Kapitalerträge zu erfassen, haben es bislang verhindert, dass hier ein konkreter Lösungsvorschlag entstand. Nun ist seit Einführung der Zinsabgeltungssteuer als Quellensteuer dieses wesentlich vereinfacht. So gibt es den generellen Vorschlag, die Kapitalertragssteuer von 25 auf 32 % anzuheben. Ein entsprechender Anteil könnte in den Gesundheitsfonds und damit an die Krankenkassen abgeführt werden. Den Gesundheitsfonds selber will die SPD vom Grundsatz her nicht verändern, außer dass einige ihrer Mitglieder die Mittelzuweisung aus dem Fonds noch stärker nach der Morbidität der Versicherten ausrichten wollen. Ob auch ein Regionalfaktor eingebaut werden soll, wurde bislang nicht thematisiert.
Das Rezept der Grünen Die Vorschläge der Grünen gehen ein Stück weiter als die der SPD und sind in sich durchaus als geschlossen zu bewerten. Zunächst einmal wollen die Grünen generell die gesetzliche Krankenversicherung auf alle Privatversicherten ausdehnen und insofern die private Krankenversicherung als Vollversicherung kurzfristig auflösen. Des Weiteren will man die Beitragsbemessungsgrenze auf die Grenze in der Rentenversicherung anheben, das hieße von heute 3.937,50 Euro auf 5.800,00 Euro. Daraus lassen sich insgesamt mehr Einnahmen schöpfen, so dass auch bei den Grünen eine Absenkung des Beitragssatzes quasi als Belohnung winkt. Konsequent wollen die Grünen wieder den paritätischen Beitragssatz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. Rentner einführen.
Beitragsautonomie einräumen wollen, auch wenn die SPD sich neuerdings dieser Forderung anschließt. Das heißt, die Krankenkassen sollen wieder jeweils ihren eigenen Beitragssatz erheben können und nicht nur auf die Zuweisungen aus dem Fonds angewiesen sein. Der Risikostrukturausgleich müsste dann wieder auf den Status vor Einführung des Gesundheitsfonds zurückgeführt werden und im Wesentlichen einen Netto-Ausgleich der Risikostrukturen zwischen den Kassen beinhalten. Man verspricht sich dadurch mehr Innovationsfreudigkeit der Krankenkassen, bezogen auf neuere Versorgungsmodelle und bedarfsadäquate Tarife. Auch die Grünen wollen die Kapitaleinkommen verbeitragen, ohne dass sie hier genaue Vorstellungen entwickelt haben, wie das geschehen sollte. Vermutlich werden auch sie, ähnlich wie die SPD, letztlich auf die Zinsabgeltungssteuer zurückgreifen. Man sieht daran, dass die Konzepte der Grünen und der SPD nahe beieinander liegen und von daher relativ rasch bei einer gemeinsamen Regierung abgestimmt werden könnten.
Und was will die Linke? Auch die Partei „Die Linke“ spricht von einer Bürgerversicherung in ihrem Wahlprogramm. Dabei geht die Linke, ähnlich wie die Grünen, davon aus, dass die private Vollversicherung aufgelöst werden sollte. Für die PKV werden mittelfristig ausschließlich die Zusatzversicherungen vorgesehen. Die Partei spricht sich dafür aus, dass jeder Bürger einen eigenständigen Versicherungsschutz erhält. Dabei muss, wer kein eigenes Einkommen besitzt, auch keine Beiträge leisten. Die Familienmitversicherung wird sozusagen formal abgeschafft, bleibt aber faktisch erhalten. Da der Beitragssatz bei den Linken einheitlich festgesetzt werden soll, ist in deren Konzept keine Beitrags- → 2
Ein weiterer Unterschied zur Bürgerversicherung der SPD ist, dass die Grünen den Krankenkassen wieder Rheuma Management · März/Apr. 2013
20 autonomie der Kassen vorgesehen. In die Beitragserhebung sollen „alle Einkommensarten“ einbezogen werden, mit Ausnahme gewisser Sozialleistungen. Für die Verbeitragung von Zins- und Kapitaleinkünften findet der Sparerpauschbetrag Anwendung. Die Linke möchte, dass von den Beiträgen auf Bruttolöhne und -gehälter die Arbeitgeber „wieder die Hälfte“ übernehmen. Weil sich die Bemessungsgrundlage nicht unterscheidet, impliziert diese Forderung einen identisch hohen Beitragssatz. Denn die Beitragsbemessungsgrenze soll für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit Einführung der Bürgerversicherung auf das Niveau in der gesetzlichen Rentenversicherung (West) angehoben und perspektivisch ganz abgeschafft werden.
heren Vergütung mehr Zeit aufzuwenden und mehr Serviceleistungen anzubieten als für die Kassenpatienten. Hier werden immer wieder in der gesundheitspolitischen Diskussion die Unterschiede, etwa in den Wartezeiten auf einen Arzttermin, genannt. Diese zeitliche Diskriminierung ist für viele Gesundheitspolitiker sogar der Hauptgrund, die PKV in dieser Form abzulösen, da sie es als ein Grundrecht ansehen, dass man gleich lang auf Arzttermine warten muss, ohne Ansehen des Versicherungsstatus, sondern nur in Abwägung des Bedarfsstatus. Eine Einschätzung, die zwar theoretisch überzeugend klingt, faktisch aber wird sie sich jedoch nie in dem gewünschten Sinne umsetzen lassen.
Die Linke fordert schließlich die Einrichtung eines neuen morbiditätsorientierten Risikoausgleichs, der noch zielgenauer als der bestehende Morbi-RSA auszugestalten ist. Zuzahlungen der Patienten sollen abgeschafft werden. Auch hier müssen die daraus resultierenden Einnahmeausfälle über GKV-Beiträge gegenfinanziert werden.
Aus der Ökonomie kennen wir das Theorem der unterschiedlichen Opportunitätskosten. Dieses besagt, dass Wartezeit für verschiedene Personen unterschiedlich viel Einkommensausfall bedeutet. Personen, die aber einen hohen Einkommensausfall befürchten, wenn sie auf Leistungen warten müssen, werden immer bereit sein, für die Reduzierung ihrer Opportunitätskosten mehr Ausgaben bzw. höhere Kosten zu akzeptieren. Dass das nicht zu Lasten der übrigen Patienten gehen muss, lässt sich vor allen Dingen organisatorisch dadurch einfangen, dass der Arzt außerhalb der üblichen Sprechstunden etwa den Selbstzahler-Patienten eigene Behandlungszeiten anbietet. Die Erfahrungen in den Ländern, in denen die Privatversicherung quasi abgeschafft worden ist, z. B. in Ländern mit staatlichen Gesundheitsdiensten, zeigen, dass gerade dort die Unterschiedlichkeiten zwischen den Personen, die auf den staatlichen Gesundheitsdienst angewiesen sind und jenen, die über diese Warteschlangen hinwegspringen können – sei es aufgrund ihres Sozialprestiges, oder aufgrund ihrer Zahlungsfähigkeit – größer sind als in Deutschland.
Von der GOÄ zum EBM? Mit der Bürgerversicherung verbindet sich die Vorstellung der großen Oppositionsparteien, insbesondere aber der Grünen, dass bei einer Auflösung der PKV die Honorarsumme der privaten Krankenversicherer, die derzeit den Ärzten zufließt, dem System erhalten bleiben soll. Man plant, die GOÄ in den EBM zu überführen und nennt den Umrechnungsvorgang Transcodierung. Es gibt Berechnungen, die sagen, dass der EBM etwa um das 2,2-fache bis 2,5-fache angehoben werden müsste, wenn man die GOÄ als Einkommensquelle der Ärzte kompensieren wollte. Natürlich wird der durchschnittliche Transcodierungsfaktor keiner einzelnen Praxis vor Ort gerecht. So kommen z. B. die Arztpraxen in den neuen Bundesländern mit relativ wenig Privatpatienten aus, so dass eine allgemeine Höhercodierung sie deutlich besser stellen würde. Auf der anderen Seite werden vor allem die süddeutschen Vertragsarztpraxen Verlierer sein, da sie einen relativ hohen Anteil an Privatpatienten haben und etwa ein Drittel ihrer Erträge über die Privatliquidation erzielen. Einzelne Facharztgruppen, wie z. B. die Radiologen, beziehen bis zu 50 % und mehr ihres Einkommens von Privatpatienten. Eine durchschnittliche Kompensation könnte ruinöse Folgen haben.
Gleichbehandlung der Patienten Der ideologische Hintergrund der Angleichung von GOÄ und EBM ist, dass man für die Ärzte den Anreiz abschaffen will, für Privatpatienten wegen der höRheuma Management · März/Apr. 2013
170 Mrd. Euro Rückstellungen der PKV, für wen? Schließlich gibt es einen Vermögensstock der Privatversicherer, der sich auf etwa 170 Mrd. Euro beläuft, der bei einer Auflösung den Privatversicherten zugeordnet werden müsste, da er als Privateigentum verfassungsrechtlich geschützt ist. Spätestens an diesem Punkt werden verfassungsrechtliche Bedenken auftauchen, die bislang nicht ausgeräumt werden konnten. Es spricht also einiges dafür, dass die rasche Umstellung à la Grüne weniger Realisierungschancen hat, als etwa die Vorstellungen der SPD. Ein zweites, noch größeres Hindernis dürften die Innenminister der Länder darstellen. Die derzeitige Beihilfelösung für Beamte ist nämlich für die Länder kostengünstiger als eine Umstellung auf Arbeitge-
21 berbeiträge. Nur langfristig könnte sich für die Länder eine Umstellung rechnen. Hier muss sich zeigen, ob die Parteidisziplin die negativen Haushaltseffekte kompensieren kann!
Wer hat Angst vor der kleinen PKV? Wenn man die Diskussion in Deutschland für die Bürgerversicherung objektiv betrachtet, erstaunt es sehr, dass die kleine Gruppe der Privatversicherten offensichtlich als Bedrohung für die große Gruppe, sprich 90 % der Bevölkerung, empfunden wird. Kann es wirklich sein, dass die zehn Prozent Privatversicherten, die weitgehend ohne staatliche Subventionen auskommen und auch eine relativ „demografiefeste“ Kapitalrücklage für sich gebildet haben, das große System der GKV, das etwa das 7-fache an Gewicht hat, erschüttern kann? Es muss wirklich erstaunen, dass offensichtlich das Modell PKV auch deswegen verschwinden soll, weil es in einigen Punkten die Schwächen der GKV aufdeckt und deutlich macht, dass die PKV in mehreren Belangen das zukunftssicherere System hat. Schließlich ist es auch für die heutige Diskussion kennzeichnend, dass nicht mehr die Bürgergruppe, die für sich selbst sorgt, vom Staat Achtung erhält, sondern dass diese Gruppe eher geschmäht wird, weil sie sich nicht in die Solidarität für alle einbinden lässt. Und hier sind wir an einem Grundfehler unseres Gesundheitssystems angelangt. Der Staat sollte immer dann, wenn er die Hilfe aller Bürger einsetzen will, diese Hilfe über Steuermittel finanzieren und damit alle privat wie gesetzlich Versicherte, aber vor allen Dingen auch alle Einkommen, in die Finanzierung dieser Hilfeleistung einbeziehen. Eine quasi staatliche Lösung, die nicht dem Prinzip der Steuerunterstützung durch alle folgt, führt zu erheblichen systemischen Schwächen, insbesondere aber führt es zu einer stillen, indirekten Verstaatlichung.
GOÄ als Innovationsmotor Viel zu stark wird die GOÄ in ihrer Funktion als Innovationsmotor unterschätzt. Es ist in allen innovativen Wirtschaftsbereichen so, dass Innovationen zunächst von den zahlungskräftigeren Bevölkerungsgruppen nachgefragt und finanziert werden, da sie in der Lage sind, die relativ hohen Innovations- und Forschungskosten zu finanzieren. Zugleich möglichen es die ersten zahlungskräftigen Käufer, dass die Innovatoren in kurzer Zeit das Produkt kostengünstiger herstellen und dann für alle zu erschwinglichen Abgabepreisen zur Verfügung stellen können. Diese Innovationsfunktion wird heute zu wenig geschätzt. Es wäre an der Zeit, der PKV bzw. den Selbstzahlern diese Funktion
wieder stärker zuzuordnen. Das hieße aber auch, dass die PKV nicht zu früh und nicht zu oft in die Preisvereinbarungen der GKV eintreten darf.
Rolle der PKV als Zusatzversicherung Alle Parteien ordnen der PKV in Zukunft eine Hauptrolle bei dem Angebot von Zusatzversicherungen zu. Das gilt letzten Endes auch für die jetzige Koalitionsregierung. Das heißt, die PKV würde dann die innovatorischen Mehrleistungen finanzieren, die aus Sicht der solidarisch finanzierten GKV unter der Bewertung des Mehrnutzens und der Mehrkosten sich nicht rechtfertigen. Es geht dann darum, dass die Bevölkerungsgruppen, die sich diese Zusatzversicherungen leisten, einen Zusatznutzen für sich erreichen, der aber unter dem Gesichtspunkt der solidarischen Finanzierung nicht für alle Versicherten zur Verfügung gestellt werden sollte. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Versorgung mit Zahnersatzleistungen. Hier haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sehr frühzeitig darauf gedrängt, dass nicht alle möglichen zahntechnischen Leistungen in den GKV-Katalog aufgenommen werden. Die bewusste Beschränkung auf ein Zuschuss-System, bei dem nur nach Befundung bezuschusst wird, nicht aber nach der tatsächlich erfolgten Versorgung des jeweiligen Bedarfes, schafft vielfältige Lösungsmöglichkeiten. Patient und Arzt wägen Mehrnutzen und Mehrkosten jenseits des Zuschusses miteinander ab, um sich dann zu entscheiden, welche Lösung sie für angemessen halten. Im Ergebnis hat dies zu einer raschen Zunahme der Zusatzversicherungen für Zahnersatz geführt. Ähnliche Leistungen und ähnliche Abläufe sind auch für andere Bereiche der Gesundheitsversorgung vorstellbar. In jedem Falle werden immer einzelne Patientengruppen mehr Bedarf für sich artikulieren, als der Solidargemeinschaft in diesem Umfange zugemutet werden darf. Für diese Gruppen wird dann das Angebot von Zusatzversicherungen bedarfsgerecht sein. Da auch Patienten in ihren Vorstellungen und Ansprüchen unterschiedlich sind, kann man davon ausgehen, dass auch langfristig die privaten Krankenversicherer im Markt bleiben werden, allerdings ist die private Vollversicherung zumindest bei den Oppositionsparteien zum Abschuss freigegeben. m Univ.-Prof. Dr. rer. pol. Günter Neubauer IfG – Institut für Gesundheitsökonomik Nixenweg 2b 81739 München E-Mail: ifg@ifg-muenchen.com Internet: www.ifg-muenchen.com
Rheuma Management · März/Apr. 2013
22 Veranstaltungstipp
Rheuma Summer School Zum zweiten Mal veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Düsseldorf ein einwöchiges Intensivseminar für 20 Studierende der Humanmedizin. Vom 28. Juli bis zum 2. August 2013 geben Ihnen führende Wissenschaftler und Kliniker einen umfassenden Überblick über generelle und spezielle medizinische Erkenntnisse zu entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die Themen reichen von der Grundlagenforschung über aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapie bis zur klinischen Visite. Das Angebot wendet sich an Studierende ab dem 2. und 3. klinischen Studienjahr mit gutem Grundverständnis für Immunologie und Innere Medizin. Die ausgewählten Teilnehmer werden untergebracht auf Schloss Mickeln, dem Gästehaus der Heinrich-Hei-
ne-Universität Düsseldorf. Unterkunft und Verpflegung werden übernommen, die Anreise erfolgt auf eigene Kosten. Verspüren Sie ein brennendes Interesse an der Rheumatologie? Senden Sie Ihre Bewerbung an:
Martina Kümmel Kooperatives Rheumazentrum Rhein-Ruhr kuemmel@rz-rhein-ruhr.de www.dgrh.de
Rheumatologische Fachassistenz
Einladung zum BDRh-Kongress 2013 in Berlin Der Fachverband Rheumatologische Fachassistenz lädt ein zur Fortbildungsveranstaltung für Rheumatologische Fach- und Studienassistenz im Rahmen des BDRh-Kongresses am 3. Mai 2013 in Berlin. Für die Teilnehmer der Fortbildungsveranstaltung stehen berufspolitische Themenbereiche wie der Paragraph 116b, das Versorgungsstrukturgesetz und Neuigkeiten aus der Bedarfsplanung auf dem Programm. Des Weiteren wird die Entwicklung der Initiative T2T zur Optimierung der Versorgung von Menschen mit Rheumatoider Arthritis vorgestellt und das Patientenrechtegesetz erläutert. Der zweite Teil der Veranstaltung informiert medizinisch-wissenschaftlich zu Therapien wie dem Methotrexat (MTX), dem Goldstandard in neuer Darreichungsform, und zu Belimumab, einer Substanz, die erstmalig seit 50 Jahren als neues Medikament für den Systemischen Lupus erythematodes 2011 in der EU zugelassen wurde, sowie spannendes zum Thema Ernährung. Am 4. Mai 2013 findet ein Train-the-Trainer-Seminar StruPI von 09.00-18.00 Uhr statt. Hierfür ist eine gesonderte Anmeldung bei der Rheumaakademie erforderlich via E-Mail: info@rheumaakademie.de oder per Tel.: 030/24048482. Die Teilnahme am BDRh-Kongress ist für rheumatologische Fachkräfte kostenfrei.
Ulrike Erstling Erste Vorsitzende Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e. V. Geschäftsstelle: c/o Ulrike Erstling Dombach-Sander-Str. 87a, 51465 Bergisch Gladbach Tel.: 0221/20431356, Mobil: 0176/84070559 info@forum-rheumanum.de, www.forum-rheumanum.de
Rheuma Management · März/Apr. 2013
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RheumaUpdate 2013 – Wiesbaden
26 Rheuma Update 2013
Hot Topic: Rheuma und Schwangerschaft Erneut besuchten über 650 Ärzte das 8. Rheumatologie-Update-Seminar am 8.-9. März 2013 in Wiesbaden. Den Schwerpunkt der Veranstaltung unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden, und Prof. Dr. Bernhard Manger, Erlangen, bildeten die wichtigsten Publikationen des Jahres 2012 aus allen relevanten rheumatologischen Indikationen. Das Hot Topic in diesem Jahr war „Rheuma und Schwangerschaft“, über das Dr. Rebecca Fischer-Betz aus Düsseldorf berichtete.
Laut Fischer-Betz haben Frauen mit entzündlichrheumatischen Krankheiten im Durchschnitt weniger Kinder als andere Frauen und weisen, wie für die Rheumatoide Arthritis (RA) beschrieben, eine längere Zeitdauer bis zu einer gewünschten Konzeption auf. Mögliche Ursachen hierfür sind eine ovarielle Dysfunktion bzw. veränderte Implantation, hormonelle Veränderungen, psychologische Faktoren oder eine negative Beeinflussung durch Medikamente.
Wechselwirkungen von RA und Schwangerschaft Dass bei Frauen mit RA das Zeitintervall bis zu einer Schwangerschaft verlängert ist, bestätigten kürzlich bevölkerungsbasierte Studien aus Dänemark (Arthritis Rheum 2011; 63: 1517-1521) und Norwegen (Rheumatology 2011; 50: 1162-1167). In der auf dem NOR-DMARD-Register basierenden Studie zeigte sich nach der RA-Diagnose auch eine signifikant niedrigere Fertilitätsrate. In einer US-amerikanischen Studie zum Vergleich von Frauen mit RA und Systemischem Lupus erythematodes (SLE) ergab sich nur für RA-Patientinnen eine erhöhte Infertilitätsrate (25 vs. 16 %). Jedoch bekommen Patientinnen nach der Diagnose SLE weniger Kinder als RA-Patientinnen, was insbesondere an der höheren Rate von Aborten und Schwangerschaftsterminierungen liegt (Arthritis Care Res 2012; 64: 668-674).
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Dr. med. Rebecca Fischer-Betz In der Schwangerschaft selbst besteht ein Schutz vor der Erstmanifestation einer RA, während sich das Risiko – offenbar vor allem bei jüngeren Frauen – postpartal im ersten Jahr nach der Entbindung zunächst erhöht (Ann Rheum Dis 2010; 69: 332-336). Umgekehrt scheinen Frauen mit vor allem multiplen Schwangerschaftskomplikationen vor Beginn einer RA, dies zeigen Daten aus dem britischen Norfolk Arthritis Register (NOAR), nach der Manifestation der RA eine höhere Krankheitsaktivität und größeren Funktionsverlust aufzuweisen (Ann Rheum Dis 2012; 71: 528-533). Dass sich bei RA-Patientinnen die Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft verringert, wurde in
RheumaUpdate 2013 – Wiesbaden
27 der prospektiven PARA-Studie untermauert (Arthritis Rheum 2008; 59: 1241-1248), wenngleich dieser Effekt im Vergleich zu früheren, kleineren Untersuchungen nicht allzu ausgeprägt war, was auch an der inzwischen generell besseren medikamentösen Krankheitskontrolle vor der Konzeption liegen dürfte. Vor allem bei Frauen mit zu Beginn höherer Krankheitsaktivität oder Seronegativität (RF- bzw. ACPAnegative RA) besserte sich deren Erkrankungsstatus, führte Fischer-Betz weiter aus.
Verlauf und Komplikationen einer ersten Schwangerschaft Dem Outcome von Erstentbindungen bei Frauen mit RA ging eine bevölkerungsbasierte Studie aus Schweden und Dänemark nach (J Intern Med 2010; 268: 329-337). Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung waren die RA-Patientinnen etwas älter und hatten häufiger eine Kaiserschnittentbindung. Hinsichtlich auftretender Schwangerschaftskomplikationen wie z. B. Tot- oder Frühgeburten sowie (aber insgesamt seltenen) Fehlbildungen hatten Frauen mit RA ein erhöhtes Risiko, was aber letztlich nur auf Patientinnen mit einer seropositiven und somit mutmaßlich schweren RA zutraf. Eine norwegische Studie beschäftigte sich ebenfalls mit Schwangerschaftsausgängen bei Frauen mit RA und anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie Spondylarthritiden und Psoriasis-Arthritis mit dem Fokus auf der ersten Entbindung (Arthritis Rheum 2011; 63: 1534-1542). Basierend u. a. auf Daten des NOR-DMARD-Registers ergab sich hier kein erhöhtes Risiko in Bezug auf eine Schwangerschaftskomplikation vor der Diagnose im Vergleich zur Normalbevölkerung. Nach der Diagnose kam es auch in dieser Studie zu vermehrten Komplikationen in der Erstgravidität, wie z. B. doppelt so häufig erforderlichen Kaiserschnitten, deutlich häufigeren Frühgeburten und einem niedrigeren Geburtsgewicht. Während Fehlbildungen nicht vermehrt beobachtet wurden, zeigte sich – auch nach Adjustierung auf das Alter der Mutter – eine höhere kindliche perinatale Mortalität. Jedoch, so schränkte Fischer-Betz ein, sind die diesbezüglichen Fallzahlen sehr klein und es wäre aus ihrer Sicht verfrüht, die erhöhte Mortalität allein auf die rheumatische Erkrankung zurückzuführen.
Medikamentöse Therapie in der Schwangerschaft Grundsätzlich sollte, wie Fischer-Betz erläuterte, in der Gravidität stets eine RA-Therapie mit konventionellen, lang erprobten Medikamentösen angestrebt werden – möglichst als Monotherapie und in niedriger Dosie-
rung. Bei therapiebedürftiger RA sind NSAR, Prednison, Sulfasalazin und Hydroxychloroquin die Therapien der ersten Wahl (Z Rheumatol 2010; 69: 63-641). Zum Einsatz von Biologika und hier insbesondere TNFBlockern während der Schwangerschaft (und in der Stillzeit) liegen insgesamt noch relativ wenig Erfahrungen vor, jedoch ergeben sich bislang keine belastbaren Hinweise auf ein erhöhtes Risiko von Fehlbildungen. Dies gilt auch für die bisher größte diesbezügliche Studie, in der anhand von Daten aus dem British Society for Rheumatology Biologics Register (BSRBR) vier Gruppen (1. TNF-Blocker plus Methotrexat (MTX) oder anderes DMARD bei Konzeption; 2. TNF-Blocker bei Konzeption; 3. TNF-Blocker vor Konzeption oder 4. keine Exposition mit TNF-Blocker) miteinander verglichen wurden (Ann Rheum Dis 2011; 70: 823-826). Während TNF-Blocker auch hierin nicht zu vermehrten Fehlbildungen führten, kam es zu einer etwas erhöhten Rate von Spontanaborten insbesondere in der Kombinationsgruppe – hier könnte sich zusätzlich aber auch die MTX-Therapie ausgewirkt haben. Die Fortsetzung einer Anti-TNF-Therapie bis zur Konzeption erscheint nach derzeitiger Datenlage unbedenklich. Bei Eintritt der Schwangerschaft sollte die Therapie unterbrochen werden. Ein Weiterführen über die gesamte Schwangerschaft kann momentan nicht empfohlen werden, so Fischer-Betz. Nur in Einzelfällen kann nach sorgfältiger klinischer Abwägung die Fortsetzung der Therapie auch im 2. und 3. Trimenon gerechtfertigt sein. Das Stillen unter TNFInhibitoren kann wahrscheinlich als sicher eingestuft werden. Noch nicht geklärt ist das fetale Risiko zur Exposition mit anderen Biologika wie z. B. Rituximab. Die Erhebung weiterer und vor allem vollständiger Registerdaten ist hier unerlässlich, so abschließend Fischer-Betz. m Quelle: 8. Rheumatologie-Update-Seminar, Vortrag „Hot Topic: Rheuma & Schwangerschaft“, Wiesbaden, 9. März 2013
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Update zu den pulmonalen und kardiovaskulären Risiken Wichtige Studiendaten zur Klinik, Diagnostik und dem Outcome bei Rheumatoider Arthritis (RA) des Jahres 2012 stellte Prof. Dr. Klaus Krüger, München, vor. Von besonderem Interesse waren neue Erkenntnisse zum Beitrag pulmonaler Manifestationen auf die RA-assoziierte Mortalität, dem mit RA verbundenen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Möglichkeiten einer entsprechenden Risikostratifikation.
Die Lungenbeteiligung, insbesondere die interstitielle Lungenerkrankung (ILD), gehören, wie Krüger betonte, zu den im Praxisalltag eher unterschätzten und wenig diagnostizierten RA- Manifestationen. Und dies obwohl pleurale und vor allem pulmonale Manifestationen für fast 20 % aller RA-assoziierten Todesfälle verantwortlich zeichnen, davon allein ein Drittel durch die ILD verursacht. Für letztere wurde nach Krüger sogar eine – womöglich durch eine bessere Diagnostik begünstigt – steigende Prävalenz nachgewiesen (Int J Clin Rheumatol 2012; 7: 297-308).
Mit RA-assoziierter ILD erheblicher Anstieg der Mortalität Die Prävalenz einer pulmonalen Beteiligung wurde kürzlich bei 60 Patienten mit früher RA (<1 Jahr Krankheitsdauer) erfasst (Resp Med 2012; 106: 1441-1446). Laut Krüger waren 30 % der Patienten symptomatisch (z. B. Dyspnoe und Husten), 20 % zeigten Zeichen einer Obstruktion in der Lungenfunktion und sogar 40 % eine Diffusionskapazität (DLCO) unter 80 % – letztere war besonders schlecht bei Rauchern und seropositiver RA. Rechnet man die Ergebnisse der hochauflösenden CT (HRCT) hinzu, steigen die pathologischen Befunde sogar auf 67 %. Nach US-amerikanischen Daten der Jahre 1998-2004 zeigte sich eine klinisch signifikante RA-assoziierte ILD bei 10 % der RA-Patienten (Am J Respir Crit Care Med 2011; 183: 372-378), die bei Männern in diesem Zeitraum um 12,5 % abnahm, während sie bei Frauen um 28,3 % anstieg. Unter Berücksichtigung der histologischen Befunde ergab eine aktuelle Studie eine 10-Jahres-Überlebensrate von 76,6 %, die jedoch bei Patienten mit einer idiopathischen interstitiellen Pneumonie mit 52,5 vs. 84,3 % signifikant niedriger lag als bei den anderen ILD-Typen (Resp Med 2012; 106: 1164-1169). In Anbetracht der ungünstigen Prognose gerade dieses ILD-Typs, der sich offenbar schon früh im Krankheitsverlauf manifestieren kann, forderte Krüger ein konsequentes stufenweises, von positiver Klinik über Rheuma Management · März/Apr. 2013
Prof. Dr. med. Klaus Krüger Lungenfunktion zur HRCT reichendes Vorgehen bei RA-Patienten mit Anhaltspunkten für eine Lungenbeteiligung.
Höheres kardiovaskuläres Risiko durch Hypothyreose und Adipositas Schon länger ist der Zusammenhang von Hypothyreose und einem erhöhten kardiovaskulären Risiko von RA-Patienten bekannt. Dies bestätige sich jetzt in einer bevölkerungsbasierten RA-Kohorte (J Rheumatol 2012; 39: 954-958): Beim Vergleich von je 650 RA-Patienten und gematchten Kontrollen lag die Inzidenz einer Hypothyreose in 10 Jahren bei jeweils ca. 15 %. Jedoch wiesen, wie Krüger betonte, RAPatienten mit Hypothyreose auch nach Adjustierung auf andere Risikofaktoren eine doppelt so hohe Rate an kardiovaskulären Erkrankungen auf. Daher sollte auch die Untersuchung der Schilddrüsenfunktion zum Standardprogramm des Rheumatologen gehören, nicht nur um eine therapiebedürftige Hypothyreose zu erkennen, sondern durch eine konsequente Therapie zugleich auch das kardiovaskuläre Risiko dieser Patienten zu senken. Wie der Hypothyreose sollte auch einer Adipositas erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden, da diese nicht nur ebenfalls per se das kardiovaskuläre Risiko
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Kardiovaskuläre Komorbidität im Fokus Eine Metaanalyse über 18 große Kohortenstudien lieferte nach den Worten Krügers interessante Erkenntnisse zum Lebenszeitrisiko für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse (N Engl J Med 2012; 366: 321-329). Entscheidend ist demnach das Vorliegen von Risikofaktoren: Hat ein 55-jähriger keinerlei Risikofaktoren, so liegt sein Risiko, bis zum 80. Lebensjahr an einer kardiovaskulären Erkrankung zu versterben bei 4,7 % (bei Frauen 6,4 %), sind aber zwei oder mehr traditionelle Risikofaktoren vorhanden, steigt es sprunghaft auf 29,6 bzw. 20,5 % an. Zu den wichtigen Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse und Tod ist nach den Erkenntnissen der letzten Jahre aufgrund der damit assoziierten systemischen Entzündung auch die RA zu rechnen. Dabei zeigte sich in einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie, in der untersucht wurde, ob bereits bei Diagnosestellung der RA ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko gegeben ist, eine geringe, aber signifikant erhöhte standardisierte Rate Ratio (SRR) von 1,10 (Ann Rheum Dis 2013; doi: 10.1136/annrheumdis-2012-202398). Auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko von RA-Patienten ist somit im Praxisalltag von Beginn an zu achten und es sollte – durch den Rheumatologen, Hausarzt und/oder Kardiologen – zeitnah zur Festlegung der RA-Therapie auch ein Management der traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren erfolgen, mahnte Krüger. Dass bei der kardiovaskulären Risikostratifikation durch die Verwendung traditioneller Scores das Risiko unterschätzt werden kann, verdeutlicht die Auswertung einer US-amerikanischen RA-Inzeptionskohorte mit 525 Patienten, die im Mittel über acht Jahre beobachtet wurden (Am J Cardiol 2012; 110: 420-424). Hierin war das tatsächliche kardiovaskuläre Risiko insgesamt
doppelt so hoch wie bei der Berechnung nach dem Framingham-Risikoscore, bei Männern mit RA war es sogar um 65 % höher. Dies bestätigt nach Krüger, dass die allgemein zur Anwendung kommenden Risikoscores bei RA-Patienten nicht ausreichend greifen, weshalb hier besser den EULAR-Empfehlungen zum kardiovaskulären Risikomanagement bei RA mit dem EULAR-Score gefolgt werden sollte, der durch einen Steigerungsfaktor das zusätzliche Risiko durch eine schwere RA berücksichtigt (Ann Rheum Dis 2010; 69: 325-331). Jedoch bildet selbst die Anwendung des EULAR-Scores, wie Krüger weiter ausführte, das Risiko insbesondere bei RA-Patienten im Frühstadium der Erkrankung nicht hinreichend ab. Daher wird vermehrt postuliert, dass zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung der Karotis mittels Doppler den EULAR-Score zur Detektion früher atherosklerotischer Veränderungen ergänzen sollte (Ann Rheum Dis 2012; 71: 796-798).
Auch das Risiko für Herzrhythmusstörungen ist erhöht Laut Krüger erbrachte die Auswertung einer großen Kohortenstudie, die auch über 18.000 RA-Patienten einschloss, nach einer durchschnittlichen Beobachtungsdauer von knapp fünf Jahren für die Patienten mit RA eine im Vergleich signifikant erhöhte Rate von Fällen mit Vorhofflimmern (8,2 vs. 6,0/1.000 Patientenjahre (PJ); Incidence Rate Ratio, IRR 1,41) und auch Schlaganfällen (7,6 vs. 5,7/1.000 PJ; IRR 1,32) – dies insbesondere bei älteren Patienten (BMJ 2012; 344: e257). Hinsichtlich des bei RA erhöhten Risikos für Schlaganfälle scheint es, dass dieses deutlich geringer als jenes für Myokardinfarkte ist und sich auch erst im Langzeitverlauf bemerkbar macht. Erstmals wird jetzt auch das Vorhofflimmern als relevanter Risikofaktor in den Vordergrund gerückt, betonte Krüger abschließend. m
Bei der Diagnostik einer mit der RA assoziierten Lungenbeteiligung und insbesondere der mit einer oftmals schlechten Prognose behafteten ILD besteht noch erheblicher Aufholbedarf. Mehr noch wird die Erfassung von Stoffwechselstörungen und kardiovaskulären Risiken bei RA-Patienten eher stiefmütterlich behandelt, weshalb gerade hier dringend Verbesserungen sowohl seitens der Rheumatologen als auch Hausärzte einzufordern sind.
Quelle: Vortrag „RA: Klinik, Diagnostik und Outcome“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 8. März 2013
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
von RA-Patienten erhöht, sondern offenbar auch die Inzidenz, Krankheitsschwere und Therapieansprechen negativ beeinflusst (Arthritis Care Res 2012; 64: 1471-1479). So war bei fast 1.600 Patienten mit früher RA aus der schwedischen BARFOT-Studie nicht nur über 10 Jahre hinweg ein Anstieg des BMI und der Adipositas zu verzeichnen, auch war ein hoher BMI unabhängig mit einer höheren Krankheitsaktivität, Schmerz und HAQ sowie geringeren Remissionsrate assoziiert (Arthritis Care Res 2013; 65: 78-87). Negative Auswirkungen auf das Therapieansprechen belegte auch eine Studie, in der 12 Monate nach Beginn der RATherapie eine DAS28-Remission bei 32,9 % der Teilnehmer mit einem BMI <25, 30,4 % mit einem BMI 25-30, aber nur 15,2 % der adipösen Patienten erzielt werden konnte (Arthritis Care Res 2013; 65: 94-100).
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Aktuelle Studien zu Therapiekonzepten Einen Überblick zu den aktuellen Therapiestrategien bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) gab Prof. Dr. Hubert Nüßlein, Nürnberg. Einen wichtigen Schwerpunkt bildete die neue S1-Leitlinie der DGRh zur RA. Darüber hinaus stand die in diesem Jahr zu erwartende Zulassung des oralen JAK-Inhibitors Tofacitinib im Fokus.
Zu den Fortschritten in der Therapie der RA haben nach Nüßlein maßgeblich drei Faktoren beigetragen: Mit Biologika die Einführung neuer effektiver Medikamente, die durch eine verbesserte bildgebende und Antikörper-Diagnostik sowie neue Klassifikationskriterien erfolgte Etablierung einer frühzeitigen und intensiven Therapie und die zunehmende Anwendung einer an der Krankheitsaktivität orientierten, engmaschigen „Treat-to-target“-Strategie mit Therapieänderungen, wenn das Ziel einer Remission oder zumindest niedrigen Krankheitsaktivität nicht erreicht wurde.
S1-Leitlinie: Neuer Therapiealgorithmus für die RA Den derzeitigen „State-of-the-Art“ zur sequentiellen medikamentösen Therapie der RA bildet die im vergangenen Jahr publizierte und auf den EULAR-Empfehlungen des Jahres 2010 basierende S1-Leitlinie der DGRh ab (Z Rheumatol 2012; 71: 592-603). Unter der Prämisse, dass das Therapieziel für die RA generell die Remission und bei bereits fortgeschrittener RA eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität ist, wurde ein Therapiealgorithmus erarbeitet (s. Abb.). Die besten Therapieergebnisse, so fasste Nüßlein zusammen, werden mit Biologika in Kombination mit MethrotreSchritte: DMARDMonotherapie
Vorgeschlagene Medikation:
MTX → Optimierung, Prednisolon → Anpassung 4-6 Wo.
DMARDKombination
MTX + LEF
MTX + SSZ + HCQ
MTX + CSA
Anakinra + MTX
Remission: Therapiestrategien im Vergleich
Leflunomid Sulfasalazin
4-6 Wo.
*
Gold parenteral (Hydroxy)chloroquin Ciclosporin A Azathioprin
3 Mo.
1. Biologikum
ABA, ADA**, CZP**, ETN**, GOL, INF, TCZ*** + MTX 3-6 Mo.
2. Biologikum
* ** ***
ABC, RTX, TNF**, TCZ*** + MTX
xat (MTX) erzielt, lediglich für Tocilizumab ist eine vergleichbare Effektivität auch in Monotherapie gezeigt worden. Auch ein sekundäres Therapieversagen ist unter einer solchen Kombinationstherapie seltener, wobei im Vergleich zu MTX eine Basistherapie z. B. mit Leflunomid wohl ähnlich effektiv ist. Wichtigste Neuerung ist beim Ersteinsatz eines Biologikums die auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse der beiden Head-to-head-Studien ADACTA und AMPLE verständliche Gleichsetzung von Tocilizumab und Abatacept mit den TNF-Blockern. Auch ist es jetzt möglich, bei Risikopatienten mit hoher Krankheitsaktivität und/oder ungünstigen Prognosefaktoren frühzeitig, direkt nach unzureichender Effektivität einer optimierten MTX-Monotherapie, ein Biologikum einzusetzen. Gerade in der Frühphase sind Glukokortikoide weiter unverzichtbar, wobei genauere Angaben zur Höhe der Dosis und Therapiedauer wünschenswert wären, so Nüßlein.
Alternativen:
MTX (15 mg/Wo.) + Prednisolon
Prof. Dr. med. Hubert Nüßlein
Weitere immunmodulierende Therapien inkl. Cyclophosphamid
bei Vorliegen einer hohen Krankheitsaktivität, insbesondere mit ungünstigen Prognosefaktoren ADA, CZP, ETN sind auch für die Monotherapie zugelassen, wenn MTX nicht einsetzbar ist TCZ ist auch für die Monotherapie zugelassen, wenn MTX nicht einsetzbar ist und hat sich in Studien als gleich effektiv in Monotherapie und in Kombination mit MTX erwiesen
Abk.: ABA: Abatacept, ADA: Adalimumab, CZP: Certolizumab, ETN: Etanercept, GOL: Golimumab, INF: Infliximab, RTX: Rituximab, TCZ: Tocilizumab, CSA: Ciclosporin A, HCQ: Hydroxychloroquin, LEF: Leflunomid, MTX: Methotrexat, SSZ: Sulfasalazin, TNF: TNF-Inhibitoren
Abb.: Aktueller Therapiealgorithmus in der RA Rheuma Management · März/Apr. 2013
In der SWEFOT-Studie wurden Patienten mit früher RA nach MTX-Versagen entweder zusätzlich mit Sulfasalazin und Hydroxychloroquin als Triple-Therapie oder mit Infliximab weiter therapiert, während Patienten mit gutem Ansprechen auf MTX dieses weiter als Monotherapie erhielten. Unter der fortgesetzten MTX-Monotherapie zeigte sich eine hohe DAS-Remissionsrate von 71,8 % und ein mittlerer DAS von 2,25. Allerdings wurde unabhängig vom guten klinischen
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31 Ansprechen ein Anstieg der radiologischen Progression gesehen (Ann Rheum Dis 2012; 71: 186-191). Während bei den MTX-Versagern nach 12 Monaten beim klinischen Ansprechen noch ein Vorteil der Kombination von MTX mit dem TNF-Blocker bestand, war dieser nach zwei Jahren nicht mehr nachweisbar (Lancet 2012; 379: 1712-1720). Ein signifikanter Vorteil der Biologika-Kombination nach 24 Monaten bestand jedoch weiter bei der radiologischen Progression bei allerdings insgesamt niedriger Progressionsrate – was, so Nüßlein, das hierbei wichtigste Argument für einen TNF-Blocker im Vergleich zur Triple-Therapie sein dürfte. In Übereinstimmung mit diesen Daten zeigen auch die 2-Jahres-Ergebnisse der TEAR-Studie für die Kombination aus MTX und Etanercept gegenüber der DMARD-Triple-Therapie lediglich bei der radiologischen Progression einen signifikanten Vorteil (Arthritis Rheum 2012; 64: 2824-2835).
„Tight-control“ vor allem bei schwererer RA klar im Vorteil Die Bedeutung einer DAS-gesteuerten Treat-to-targetStrategie zum Erzielen einer dauerhaften therapiefreien Remission wurde beim Vergleich von 508 bzw. 424 RA-Patienten der BeSt-Studie und Leiden-Früharthritis-Kohorte angestrebt (Rheumatoloy 2012; 51: 1120-1128). Während in der Gesamtgruppe der Patienten der DAS-orientierte Ansatz nur leichte Vorteile aufwies, profitierten die ACPA-positiven Teilnehmer in erheblichem Maße. Laut Nüßlein zeigte auch eine weitere niederländische Studie die Überlegenheit einer DAS-gesteuerten „tight-control“-Therapie gegenüber einer konventionellen Behandlung mit einer DAS-Remissionsrate von 55 vs. 30 % nach einem Jahr (Ann Rheum Dis 2012; 71: 845-850).
nur schwer zu halten sein. In diesem Zusammenhang verwies Nüßlein auf die BRASS-Studie mit 871 Patienten, die prospektiv über zwei Jahre hinweg beobachtet wurden (Arthritis Res Ther 2012; 14: R68). Zwar wurde selbst ohne festgelegte Therapiestrategie oft ein- oder mehrfach eine Remission erreicht, jedoch hielt diese bei weniger als 50 % der Patienten länger als ein Jahr an. Eine persistierende Remission ist mit den gegenwärtigen Therapieoptionen zwar zu erreichen, bestätigte Nüßlein, im Behandlungsalltag aber mitunter nur schwer aufrechtzuerhalten.
Ausblick auf orale RA-Therapie mit Tofacitinib In dem umfassen Phase-III-Studienprogramm ORAL wurde der orale JAK-Inhibitor in einer Dosierung von 2x 5 bzw. 10 mg/Tag in einer ganzen Reihe von Therapiesituationen geprüft, so z. B. nach MTX bzw. DMARDVersagen, nach einer vorherigen Anti-TNF-Therapie, in Kombination mit MTX, aber auch als Monotherapie. Dass Tofacitinib auch in Monotherapie eine gute Wirksamkeit entfaltet, hatte mit ORAL Solo erst kürzlich eine der insgesamt sechs Phase-III-Studien gezeigt (N Engl J Med 2012; 367: 495-507). Nach Einschätzung von Nüßlein zeigen die Studiendaten insgesamt eine überzeugende Wirksamkeit von Tofacitinib, durchaus vergleichbar jener eines TNF-Blockers. Darauf weisen auch Ergebnisse der Phase-III-Studie ORAL Standard hin, in der jeweils in Kombination mit MTX Tofacitinib 2x 5 oder 10 mg/Tag nach sechs Monaten im Vergleich zu Adalimumab in puncto ACR-Ansprechen, DAS28Remission und HAQ mindestens ebenso gut abschnitt (N Engl J Med 2012; 367: 508-519).
Dass eine solche intensive Therapie vor allem Patienten mit schwererem Verlauf nützt, verdeutlichen die Ergebnisse der STREAM-Studie. Bei Patienten mit früher, nur moderater RA war eine intensive „tightcontrol“-Therapie (initial MTX, dann Adalimumab) einer konventionellen DMARD-Behandlung bei insgesamt sehr gutem Therapieansprechen nicht signifikant überlegen (Rheumatoloy 2012; 51: 686-694). In der IMPROVED-Studie führte bei Patienten mit sehr früher, teils auch undifferenzierter Arthritis die kombinierte Gabe von 25 mg MTX und 60 mg Kortison, letzteres innerhalb von sieben Wochen auf 7,5 mg reduziert, zu einer hohen Remissionsrate von 61 % – dies vor allem bei ACPA-positiven Patienten (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1472-1477).
In den USA ist Tofacitinib seit Herbst 2012 trotz meist etwas größerer Wirksamkeit der höheren Dosis zunächst nur in der 2x 5 mg/Tag-Dosierung nach MTXVersagen zugelassen worden, um noch weitere Informationen zum Nutzen/Risiko-Verhältnis der 2x 10 mg/ Tag-Dosierung abzuwarten. Laut Nüßlein beinhaltet das Nebenwirkungsspektrum, das von den DMARDs als auch Biologika bekannte Elemente umfasst, neben Infektionen auch Diarrhö sowie die Veränderung von Blutbild und -fetten. Genauere Aussagen hierzu werden, wie bei anderen neuen Medikamenten auch, erst nach breiter Anwendung bei Patienten aus dem Praxisalltag möglich sein. Generell kann mit Spannung auf die seit langem erste Zulassung einer neuen oralen Therapie bei der RA gewartet werden, und nicht zuletzt darauf, welchen Platz Tofacitinib künftig im Therapiealgorithmus der RA einnehmen wird, so abschließend Nüßlein. m
Außerhalb engmaschig kontrollierter Studienkohorten dürften sehr gute Therapieergebnisse auf Dauer
Quelle: Vortrag „RA: Therapie“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 8. März 2013
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32 Spondyloarthritiden
Neue Erkenntnisse zu Therapiestrategien mit NSAR und TNF-Inhibitoren Über aktuelle Studien zur Therapie der axialen und peripheren Spondyloarthritis (SpA) informierte Prof. Dr. Martin Rudwaleit, Berlin. Im Fokus standen neue Erkenntnisse zu NSAR bei Ankylosierender Spondylitis (AS), aktuelle Daten zu Biologika bei früher axialer SpA, neue Therapieansätze und Studienergebnisse zu dem TNFInhibitor Adalimumab bei peripherer SpA.
Für eine kontinuierliche NSAR-Therapie wurden in der deutschen SpA-Inzeptionskohorte GESPIC hemmende Effekte auf die Syndesmophytenneubildung bei AS nachgewiesen (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1616-1622). Hierin war bei 88 Patienten mit AS und 76 mit nicht-röntgenologischer (nr)-axSpA der NSARGebrauch bestimmt worden. Im Ergebnis hatten AS-Patienten mit hohem NSAR-Gebrauch signifikant seltener als solche mit geringer NSAR-Einnahme eine mSASSS-Progression von ≥2 Punkten. Am stärksten ausgeprägt war der hemmende Einfluss der NSAR bei Patienten mit bereits vorliegenden Syndesmophyten und erhöhtem CRP. Bestätigt wurden diese Befunde in einer Post-hocAnalyse der „Wanders-Studie“, in der gleichfalls unter kontinuierlicher NSAR-Einnahme (hier der Cox-2Hemmer Celecoxib) vor allem bei AS-Patienten mit erhöhtem CRP und/oder BSG, nicht aber mit erhöhtem BASDAI ein solcher hemmender Effekte gesehen wurde (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1623-1629). Da vor allem AS-Patienten mit erhöhter Entzündungsaktivität und bereits vorhandenen Syndesmophyten von NSAR profitieren, eröffnet sich für die Praxis ein differenziel-
ler Einsatz von NSAR anhand einer entsprechenden Risikostratifikation, erläuterte Rudwaleit.
Erster TNF-Blocker für nichtröntgenologische axSpA zugelassen Ein Höhepunkt des vergangenen Jahres war, dass basierend auf den Ergebnissen der randomisierten, placebokontrollierten ABILITY-1-Studie mit Adalimumab erstmalig ein TNF-Blocker auch für Patienten mit nraxSpA zugelassen wurde. In der Studie hatten 185 Patienten mit aktiver nr-axSpA und vorherigem NSARVersagen für 12 Wochen entweder Adalimumab oder Placebo erhalten (Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-201766). Primärer Endpunkt war das ASAS40-Ansprechen zu Woche 12, das bei zugleich guter Verträglichkeit mit 36 vs. 15 % (p<0,001) signifikant häufiger von Patienten der Adalimumab-Gruppe erreicht wurde. Signifikante Verbesserungen fanden sich unter Adalimumab auch bei fast allen sekundären Endpunkten, wobei laut Rudwaleit jeweils Patienten mit kurzer Krankheitsdauer (<5 Jahre), jüngerem Alter (<40 Jahre), erhöhtem CRP und aktiver Entzündung im MRT besonders gut auf den TNF-Blocker ansprachen. Infolgedessen erfolgte die Zulassung von Adalimumab für nr-axSpA-Patienten mit Entzündung im MRT und/oder erhöhtem CRP. Dass eine langanhaltende Remission auch bei Patienten mit früher axSpA (<5 Jahre Krankheitsdauer) nur relativ selten erreicht wird, verdeutlichen nach Rudwaleit die Daten der deutschen ESTHER-Studie (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1212-1215). Insgesamt 76 Patienten mit nr-axSpA und AS hatten für 12 Monate Etanercept oder Sulfasalazin erhalten. Nach einem Jahr erreichten mit 33 vs. 11 % (p=0,03) signifikant mehr Patienten unter Etanercept eine klinische und MRT-Remission, jedoch zeigten sich zwei Jahre nach Absetzen der aktiven Therapie vergleichbar oft Krankheitsschübe (69 vs. 75 %) und nur 8 bzw. 3 % blieben in anhaltender Remission.
Rheuma Management · März/Apr. 2013
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Neben Daten zu den bereits etablierten TNF-Blockern wurden auf dem letztjährigen ACR-Kongress auch die Ergebnisse der doppelblinden, placebokontrollierten RAPID-axSpA-Studie zu zwei Dosierungsregimen von Certolizumab Pegol (400 mg alle vier Wochen oder 200 mg alle zwei Wochen) bei Patienten mit axialer SpA vorgestellt (Arthritis Rheum 2012; 64 (Suppl): S336-337). Von den 335 Patienten hatten 55 % eine AS (definitive röntgenologische Sakroiliitis) und 45 % eine nicht-röntgenologische axSpA. Für beide Dosierungsregime von Certolizumab Pegol zeigte sich beim primären Endpunkt ASAS20-Ansprechen zu Woche 12 mit 58 und 64 vs. 38 % unter Placebo eine signifikante Überlegenheit (p<0,05), ebenso galt dies für die sekundären Endpunkte. Zwischen den Patienten mit AS und nr-axSpA zeigte sich kein relevanter Unterschied bezüglich des Ansprechens. Jenseits der TNF-Inhibitoren wurden im Jahr 2012 auch Studienergebnisse zu weiteren Biologika präsentiert. Nach den bereits auf dem EULAR-Kongress vorgestellten Daten zweier randomisierter, doppelblinder Studien hat die IL-6-Blockade mit Tocilizumab keinen signifikant positiven Effekte bei Patienten mit aktiver AS. Auch hinsichtlich Rituximab weisen eine Reihe kleinerer Studien laut Rudwaleit bei Anti-TNF-naïven AS-Patienten auf eine bestenfalls mäßige Effektivität hin. Etwas interessanter erscheinen erste Daten zu dem derzeit auch bei Psoriasis-Arthritis in klinischer Prüfung befindlichen PDE-4-Inhibitor Apremilast, wenngleich sich auch hier, wie Rudwaleit weiter ausführte, eine eher geringe bis moderate, nicht mit den TNFBlockern zu vergleichende Effektivität abzuzeichnen scheint. In einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit allerdings nur 38 Patienten mit aktiver AS führte Apremilast (2x 30 mg/Tag) bei akzeptablem Sicherheitsprofil im Vergleich zu Placebo nach 12 Wochen numerisch häufiger zu einem ASAS20/40Ansprechen (35 vs. 16 % bzw. 23,5 vs. 5 %; p=0,17), auch beim BASDAI – dem primären Endpunkt – und weiteren Parametern wie BASFI und BASMI zeigte sich nur ein positiver Trend zugunsten von Apremilast (Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-201915).
Adalimumab mit guter Wirksamkeit bei peripherer SpA Nachdem bereits eine kleinere Studie positive Effekte von Adalimumab auch bei aktiver peripherer SpA gezeigt hatte, bestätigte sich dies nun in der kürzlich
auf dem ACR-Kongress vorgestellten größeren randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie ABILITY-2 (Arthritis Rheum 2012; 64 (Suppl): S248). Die in die fortlaufende Studie eingeschlossenen 165 Patienten mit NSAR-Versagen oder Intoleranz waren >18 Jahre, erfüllten die ASAS-Kriterien für periphere SpA und hatten keine Psoriasis, PsA oder AS. Für 12 Wochen wurden die Teilnehmer auf Adalimumab 40 mg alle zwei Wochen oder Placebo randomisiert, gefolgt von einer Open-label-Extension über 144 Wochen. Nach 12 Wochen wurde der primäre Endpunkt eines PSpARC40-Ansprechens mit 39,3 vs. 19,8 % unter Adalimumab signifikant häufiger erreicht (p=0,006), noch größere Unterschiede zeigten sich z. B. beim PSpARC50/70-Ansprechen mit 34,5 vs. 11,1 % und 22,6 vs. 3,7 % (je p=0,001). Insgesamt verbesserte Adalimumab bei guter Verträglichkeit signifikant sowohl die Krankheitsaktivität, Symptomatik als auch physische Funktion von Patienten mit aktiver peripherer SpA ohne Anzeichen einer PsA. Der TNF-Blocker könnte somit künftig für auf NSAR versagende Patienten mit peripherer SpA eine effektive Therapieoption darstellen. Positive Daten zu Adalimumab erbrachte auch eine kleine doppelblinde, placebokontrollierte Studie bei 32 AS-Patienten mit juvenilem Beginn im Alter von 12-17 Jahren über 12 Wochen mit offener Phase bis Woche 24 (Arthritis Res Ther 2012; 14: R230). Zu Woche 12 wurde der primäre Endpunkt ASAS40-Ansprechen mit 53 vs. 33 % (p≤0,05) signifikant häufiger unter dem TNF-Blocker erreicht und der BASDAI und BASFI nahm um 65 bzw. 47 % ab. Zu Woche 24 war das Ansprechen bei erneut guter Verträglichkeit der Therapie sogar noch besser, so Rudwaleit. m
Bei Patienten mit AS hemmt die kontinuierliche NSAR-Einnahme vor allem bei erhöhter Entzündungsaktivität und vorliegenden Syndesmophyten die weitere Progression. Bei den Biologika ist der Fokus weiter auf die TNF-Blocker zu richten, nachdem weder Tocilizumab noch Rituximab überzeugende Daten lieferten – dies gilt wohl auch für den neuen oralen PDE-4-Inhibitor Apremilast. Für die Therapie der nr-axSpA ist die Zulassung von Adalimumab als großer Durchbruch zu werten und auch für die periphere SpA könnte der TNF-Blocker eine wichtige Rolle spielen.
Quelle: Vortrag „Spondyloarthritiden I“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 9. März 2013
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Kompakt
Weitere Studien zu Biologika und neuen Therapieansätzen
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34 Psoriasis-Arthritis
Neues zur Therapie aus dem Jahr 2012 Einen Überblick zu Neuigkeiten bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) und insbesondere den verfügbaren und potentiellen neuen Therapieoptionen vermittelte auf dem RheumaUpdate Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin. Da die Psoriasis zumeist einer PsA vorausgeht, kommt den Dermatologen bei der PsA-Frühdiagnostik eine besondere Verantwortung für die Überweisung an einen Rheumatologen zu, betonte Krause. In diesem Zusammenhang haben sich die CASPAR-Kriterien auch als diagnostisch relevant für die PsA erwiesen.
Zum rheumatischen Beschwerdebild bei PsA-Patienten tragen nach Krause in erheblichem Maße Enthesitiden bei. Subklinisch lassen sich diese im Ultraschall und MRT bei vielen Psoriasis-Patienten nachweisen. Deren weiterer Verlauf und sich aus dem Nachweis ableitende therapeutische Konsequenzen gilt es aber zunächst in prospektiven Studien zu evaluieren. Bei Psoriasis ist ein Nagelbefall und vor allem die Onycholyse ein signifikanter Risikofaktor für die Entwicklung von Enthesitiden und Arthritiden. Vor allem bei PsA mit HLA-B27-Positivität und Spondyloarthritis kommt es gehäuft zu einer Uveitis. Eine signifikante Assoziation besteht mit dem Morbus Crohn, nicht aber der Colitis ulcerosa. Erneut bestätigt hat sich das bei PsA signifikant erhöhte kardiovaskuläre Risko, das laut Krause u. a. durch die chronische Entzündung mit Insulinresistenz bzw. Typ-2-Diabetes und endothelialer Dysfunktion, Dyslipidämie, Adipositas, Blutdruckregulationsstörungen und womöglich auch Thrombozytenfunktionsstörungen vermittelt wird. Vor allem bei stark adipösen Patienten lässt sich dieses erhöhte Risiko durch eine Gewichtsreduktion vermindern und generell durch eine konsequente Therapie der PsA mit TNF-Blockern und wohl auch Methotrexat (MTX) und anderen DMARDs, so Krause.
Neue Erkenntnisse zur MTX-Therapie Eine der nach Krause wichtigsten Studien des letzten Jahres befasste sich mit der Effektivität des bei PsA vermeintlichen Therapiestandards Methrotrexat (MTX). In der randomisierten, kontrollierten Studie mit 221 Patienten erfolgte für sechs Monate ein Vergleich von MTX 15 mg/Woche mit Placebo (Rheumatology 2012; 51: 1368-1377). Im Ergebnis zeigte sich unter MTX nur eine numerische, aber keine signifikante Verbesserung im PsARC (Odds ratio, OR 1,77; p=0,06), ACR20 (OR 2,00; p=0,23) und DAS28 (OR 1,70; p=0,10). Ähnlich verhielt es sich mit dem SJC/TJC und CRP sowie BSG als Entzündungsmarker; nur die PGA von Arzt und Patient sowie der PASI waren unter der MTX-Monotherapie signifikant stärker verbessert als Rheuma Management · März/Apr. 2013
Prof. Dr. med. Andreas Krause unter Placebo. Damit schließt die Studie, wie Krause betonte, eine wichtige Wissenslücke und bestätigt nur die Wirksamkeit von MTX auf den Hautbefall, während die niedrig dosierte MTX-Monotherapie nur moderate Effekte bei der arthritischen Komponente ausübte. Weiter ungeklärt sind die optimale MTX-Dosis, die Effekte bei verschiedenen PsA-Verlaufsformen und der Stellenwert von MTX in einer Kombinationstherapie.
Update zu TNF-Blockern und Rituximab Bei den TNF-Blockern gab es neue Studiendaten zu Golimumab aus der randomisierten, kontrollierten GO-REVEAL-Studie zu Patienten mit aktiver PsA trotz MTX-Therapie (Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/ annrheumdis-2012-202035). Nach einer 24-wöchigen kontrollierten Phase hatten alle Teilnehmer bis Woche 52 Golimumab 50 mg alle vier Wochen erhalten, anschließend erfolgte eine offene Extensionsphase, in der alle Patienten mit 50 oder 100 mg Golimumab weiterbehandelt wurden. Auch nach zwei Jahren zeigte sich eine anhaltende Wirksamkeit des TNF-Blockers beim ACR20 (63-70 %), moderaten bis guten DAS28-CRP-Ansprechen (77-86 %) und PASI75 (56-72 %) sowie eine effektive Hemmung der radiologischen Progression. Auf dem ACR-Kongress 2012 vorgestellt wurden die Ergebnisse der 24-wöchigen doppelblinden, placebo-
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Eine interessante Studie zu Adalimumab in Kombination mit MTX mit 76 Patienten mit früher PsA bestätigte zudem, dass bei jenen Patienten, die unter einem Dosisregime von 40 mg alle zwei Wochen in Remission gelangten, die Dosis auf 40 mg alle vier Wochen halbiert werden konnte, erklärte Krause. Nach zweieinhalb Jahren waren noch 88,6 % dieser Patienten in Remission (Biologics 2012; 6: 201-206). In einer kleinen Explorationsstudie zeigten sich zudem vorteilhafte Effekte von Rituximab (2x 1 g) in Kombination mit niedrig dosiertem MTX bei Patienten mit aktiver PsA mit einer guten Verbesserung des PsARC und DAS28, während eine Verbesserung des PASI ausblieb (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1868-1871).
Neue Therapieoptionen im Fokus Ebenfalls auf dem ACR 2012 präsentiert wurden die Daten aus einer 24-wöchigen randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie PALACE-1 zu dem oralen PDE-4-Inhibitor Apremilast bei 504 Patienten mit aktiver PsA trotz DMARD- oder Biologika-Vortherapie (ACR-Kongress 2012; Abstr. L13). Im Verhältnis 1:1:1 erhielten die Patienten Placebo oder Apremilast 20 mg bzw. 30 mg (je 2x täglich). Zu Woche 16 wurden Patienten mit <20 % Reduktion von TJC/SJC auf Apremilast 20 oder 30 mg 2x/Tag rerandomisiert. Eine stabile MTX/DMARD-Begleittherapie war erlaubt. In Woche 16 erreichten vor allem unter Apremilast 30 mg signifikant mehr Patienten den primären Endpunkt ACR20-Ansprechen als unter Placebo (41,0 vs. 19,4 %; p<0,0001). Dabei zeigte sich ein relativ besseres ACR20-Ansprechen unter Monotherapie (50,8 %) und dies stärker noch bei Biologika-naiven Patienten (58,8 %). Auch in Woche 24 war Apremilast z. B. beim ACR20/50/70, HAQ-DI und DAS28 signifikant überlegen. Zugleich wurde für Apremilast ein akzeptables Sicherheitsprofil dokumentiert.
Aktuelle Daten zur IL-12/23-Inhibition Mindestens ebenso erfreulich sind die Ergebnisse der doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie PSUMMIT 1 zu dem IL-12/23-Rezeptorblocker Ustekinumab (Arthritis Rheum 2012; 64 (Suppl): S1083S1084). In der Studie wurden 615 Patienten mit aktiver PsA trotz DMARD- und/oder NSAR-Therapie auf Ustekinumab 45 mg, 90 mg, oder Placebo in Woche 0, 4 und dann alle 12 Wochen randomisiert. In Woche 16 erfolgte bei <5 % Verbesserung im SJC/TJC eine frühe Eskalation von Placebo auf Ustekinumab 45 mg und von Ustekinumab 45 auf 90 mg. Eine stabile MTX-Begleittherapie war erlaubt. In Woche 24 zeigte sich eine signifikant bessere Wirksamkeit (alle p<0,001) bei allen Parametern, so z. B. beim ACR20 (42,4 und 49,5 vs. 22,8 %), ACR50 (24,9 und 27,9 vs. 8,7 %) oder PASI75 57,2 und 62,4 vs. 11 %). Im weiteren Follow-up zeigte sich ab Woche 24 bis 52 eine fortgesetzte Verbesserung der Krankheitsaktivität, der Gelenke, Haut, Enthesitis, Daktylitis und physischen Funktion (ACR-Kongress 2012; Abstr. L4). Die Therapie mit Ustekinumab wurde zudem gut vertragen, betonte Krause. In der identisch aufgebauten PSUMMIT 2-Studie zeigte Ustekinumab vor allem in höherer Dosierung eine gute Effektivität auch bei 180 mit TNF-Blockern vorbehandelten Patienten, wenngleich nicht so ausgeprägt wie bei den Anti-TNFnaïven Patienten (Arthritis Rheum 2012; 64 (Suppl): S1080-1081). In beiden Studien hatte eine begleitende MTX-Therapie keinen Einfluss auf den Therapieerfolg. m
Bei PsA ist MTX in einer Dosis von 15 mg/ Woche offenbar nur unzureichend wirksam. Bei Erreichen einer stabilen Remission unter einem TNF-Blocker, bleibt diese auch unter einer reduzierten Dosis vielfach erhalten. Mit Certolizumab Pegol dürfte demnächst ein weiterer TNF-Blocker zugelassen werden und auch Ritxuximab könnte bei PsA wirksam sein. Von den neuen Therapieansätzen wurden für Ustekinumab, unabhängig von einer begleitenden MTXTherapie, vor allem bei Anti-TNF-naïven Patienten gute Effekte auf Haut und Gelenke berichtet. Auch Apremilast könnte künftig eine Therapieoption bei PsA darstellen.
Quelle: Vortrag „Spondyloarthritiden II“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 9. März 2013
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Kompakt
kontrollierten Phase-III-Studie RAPID-PsA zu Certolizumab Pegol (200 mg alle zwei oder 400 mg alle vier Wochen) bei Patienten mit aktiver PsA mit und ohne vorheriger Anti-TNF-Therapie (Arthritis Rheum 2012; 64 (Suppl): S1107). Beim primären Endpunkt ACR20Ansprechen nach 12 Wochen waren beide Certolizumab-Dosierungsregime signifikant überlegen (58,0 und 51,9 % vs. 24,3 %; p<0,001). Diese Ergebnis wurde für die gepoolten Certolizumab-Gruppen auch nach 24 Wochen bestätigt, sowohl bei Patienten mit (59,3 vs. 11,5 %) und ohne vorherigem TNF-Blocker (60,3 vs. 26,4 %). Künftig könnte Certolizumab Pegol zusätzlich das Spektrum verfügbarer TNF-Blocker bei PsA erweitern.
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36 Bildgebende Diagnostik
Update zum Ultraschall bei RA und PMR Über die aktuelle Studienlage zur Bildgebung mittels Ultraschall (US), MRT, Röntgen/CT und neuen Verfahren berichtete Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin. Vorgestellt wurden zwei neue Studien zum Nutzen des Ultraschalls bei der Verlaufskontrolle der Krankheitsaktivität und verschiedener Therapien bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA). Von großem Interesse war zudem eine US-Studie zur Polymyalgia rheumatica (PMR).
Der US7 ist, wie Backhaus betonte, der UltraschallScore mit der geringsten Anzahl der zu untersuchenden Gelenke. Bei RA spiegelt der US7-Score unter verschiedenen Therapieregimen ein gutes Ansprechen auf die Behandlung wider und korreliert mit dem klinischen Verlauf (DAS28) und Laborparametern (CRP, BSG). Dies zeigen die Ergebnisse einer Studie mit 432 RA-Patienten zur Änderungssensitivität des US7-Scores über ein Jahr bei vier Subgruppen mit unterschiedlichen Therapiestrategien (Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-201397). Signifikante Prädiktoren für die Entwicklung von Erosionen nach 12 Monaten waren hohe Scores der US7Synovitis, US7-Erosionen im B-Mode und des DAS28 zu Studienbeginn. Insbesondere bei Patienten, die von einem ersten auf ein zweites Biologikum wechselten, zeigten sich signifikante Abnahmen der Erosionen nach 12 Monaten, während die Erosions-Scores in den anderen Therapiegruppen stabil blieben. Insgesamt ist der US7-Score damit für ein Therapiemonitoring gut geeignet. Dass der Ultraschall auch im Vergleich zum MRT sehr sensitiv für den Nachweis früher Knochenerosionen und dem Monitoring der Krankheitsaktivität an der Schulter bei Patienten mit RA ist, belegt eine aktuelle Studie mit 50 RA-Patienten (Acad Radiol 2012; 19: 693-700). Häufigster Befund im US war eine Tenosynovitis der langen Bizepssehne. Zwischen US und MRT konnten beim Nachweis von Erosionen keine signifikanten Unterschiede nachgewiesen werden. Backhaus empfahl daher, bei der Abklärung von Schulterbeschwerden initial den Ultraschall einzusetzen, und zwar sogar noch vor dem konventionellen Röntgen, da letzteres nur knöcherne strukturelle Veränderungen erfassen kann. Der Vorteil des US liegt, wie Backhaus weiter ausführte, im Nachweis entzündlicher Weichteilzeichen wie Erguss, Tenosynovitis, Bursitis, Rotatorenmanschettenläsionen und von Knochenerosionen.
Vorteile bei Polymyalgia rheumatica Laut Backhaus kann der US – insbesondere die Bursitis an der Schulter und Hüfte sind typische US-Befunde Rheuma Management · März/Apr. 2013
Prof. Dr. med. Marina Backhaus bei der PMR – die Spezifität in der Unterscheidung zwischen PMR- und Vergleichspatienten erhöhen und somit auch bei der Diagnosestellung hilfreich sein. Kürzlich wurde der Ultraschall erstmals optional in die neu entwickelten PMR-Klassifikationskriterien von EULAR und ACR aufgenommen (Arthritis Rheum 2012; 64: 943-954). In einer sechsmonatigen Kohortenstudie wurden 125 Patienten mit früher PMR mit 169 Nicht-PMRPatienten mit ähnlicher Symptomatik verglichen und die Hauptkriterien der der neuen PMR-Klassifikation untersucht. Basierend auf einer Morgensteifigkeit >45 Min. (2 Punkte), Hüftschmerz/limitierter Bewegungsumfang (1 Punkt), Fehlen von RF- und/oder ACPA (2 Punkte) und Fehlen von peripherem Gelenkschmerz (1 Punkt) wurde ein Scoring-Algorithmus entwickelt. Im Ergebnis hatte ein Score ≥4 eine Sensitivität von 68 % und eine Spezifität von 78 %. Bei Addition des Ultraschalls erhöht ein Score ≥5 die Spezifität auf 81 %. Auch wenn die Klassifikationskriterien nicht zu diagnostischen Zwecken gedacht sind, können Backhaus zufolge nun Patienten ≥50 Jahre mit bilateralen Schulterschmerzen, die nicht anderweitig erklärbar sind, bei Morgensteifigkeit >45 Min., erhöhtem CRP und/oder BSG und neuem Hüftschmerz als PMR klassifiziert werden. m Quelle: Vortrag „Bildgebung“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 8. März 2013
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37 Hyperurikämie und Gicht
Rückblick auf das Jahr 2012 Über neue Erkenntnisse zur Pathogenese, Diagnostik, Komorbiditäten und Therapie der Gicht und Hyperurikämie berichtete Prof. Dr. Bernhard Manger, Erlangen. Diagnostisch gilt es, so Manger, bei schwerer Arthritis urica auch an einen axialen Befall und ein CT zur Abklärung zu denken. Der Nachweis von Tophi und Doppelkontur sollte per Ultraschall erfolgen, der Nachweis von Uratablagerungen mittels Dual Energy-CT.
Bei der Gicht handelt es sich um eine Systemerkrankung, die nicht nur Gelenke und periartikuläre Weichteilgewebe betrifft. Zu beachten sind auch die renalen und kardiovaskulären Komorbiditäten. Aktuelle NHANES-Daten belegen für Patienten mit Gicht oder ausgeprägter Hyperurikämie sehr häufig eine arterielle Hypertonie (74 bzw. 66 %) und Niereninsuffizienz (71 bzw. 86 %). Gehäuft treten auch Adipositas, Typ-2-Diabetes, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz und Schlaganfall auf (Am J Med 2012; 125: 679-687). Dass bei Hyperurikämie oder einem erhöhten Gichtrisiko bei einer erforderlichen antihypertonen Therapie aufgrund ihrer zusätzlichen urikosurischen Wirkungen bevorzugt Losartan und Calciumantagonisten eingesetzt werden sollten, unterstreichen britische Registerdaten (BMJ 2012; 344: d8190). Generell, so erinnerte Manger, ist bereits die Hyperurikämie mit schlechteren renalen und kardiovaskulären Outcomes assoziiert, es fehlen jedoch prospektive, interventionelle Studien, die den positiven Effekt einer Harnsäuresenkung auf die Mortalität belegen könnten.
Prof. Dr. med. Bernhard Manger
Harnsäuresenkung mit Allopurinol, Febuxostat und Pegloticase
in Dosen von 80 und 120 mg/Tag im Vergleich zu 300 mg/Tag Allopurinol eine bessere Wirksamkeit beim Erreichen einer dauerhaften Normourikämie (<6 mg/dl) gezeigt hat (Lancet 2011; 377: 165-177). Während in den Zulassungsstudien keine schweren Hypersensitivitätsreaktionen unter Febuxostat auftraten, wurden solche in der Zeit nach der Zulassung doch vereinzelt beobachtet, was im Mai 2012 zur Aussendung eines Rote-Hand-Briefs führte, so Manger.
Seit langer Zeit ist Allopurinol als First-line-Therapie zur Harnsäuresenkung etabliert. Bei etwa 2 % der Patienten kommt es allerdings zu einer Hypersensitivitätsreaktion. In einer retrospektiven Analyse wurde eine klare Korrelation zur Allopurinol-Anfangsdosis gefunden (Arthritis Rheum 2012; 64: 2529-2536). Laut Manger empfehlen die Autoren mit einer Allopurinol-Dosis von 1,5 mg/Tag pro ml/Min. errechneter glomerulärer Filtrationsrate (eGFR) zu starten und diese langsam bis zum Erreichen des SerumharnsäureZielwerts zu steigern. Entsprechend sollte die Behandlung mit einer Dosis von 150 mg/Tag bei normaler Kreatinin-Clearance beginnen, bei leichter Einschränkung der Nierenfunktion (66 ml/Min.) mit 100 mg/Tag, bei schwerer Einschränkung (33 ml/Min.) mit 50 mg/Tag.
Bereits Ende 2010 wurde Pegloticase in den USA als weitere Alternative zur Therapie der Hyperurikämie zugelassen, in Europa erfolgte die Zulassung im Januar 2013. In zwei Phase-III-Studien führten Infusionen von 8 mg Pegloticase alle zwei Wochen über sechs Monate hinweg bei 42 % der Patienten zu einer anhaltenden Senkung der Harnsäure auf >6 mg/ dl (JAMA 2011; 306: 711-720). Bei den übrigen Patienten lässt die Wirkung nach anfänglichem Ansprechen allerdings rasch wieder nach, was auf einer Antikörperbildung gegen den Wirkstoff beruht. Daher ist der sekundäre Wirkverlust von Pegloticase auch mit einem erhöhten Risiko von Infusionsreaktionen assoziiert (Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-201795), so abschließend Manger. m
Als Alternative bei Unverträglichkeit oder fehlender Wirksamkeit von Allopurinol steht mit Febuxostat ein weiterer Xanthinoxidasehemmer zur Verfügung, der
Quelle: Vortrag „Metabolische Arthritiden, seltene Erkrankungen“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 8. März 2013
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38 Systemischer Lupus erythematodes
Neue Leitlinien zur Lupusnephritis Beim Systemischen Lupus erythematodes (SLE) standen im vergangenen Jahr neue Therapien weniger im Vordergrund als aktuelle Daten zu bereits etablierten Substanzen, zu denen inzwischen auch Belimumab und Rituximab gezählt werden können. Vor allem wurden mehrere wichtige Empfehlungen zur Klassifikation und Therapie publiziert, die auf dem RheumaUpdate 2013 von Prof. Dr. Christof Specker, Essen, bewertet wurden.
Neben neuen SLICC-Klassifikationskriterien für den SLE (Arthritis Rheum 2012; 64: 2677-2686) wurde für den deutschsprachigen Raum ein Konsensusbericht zum Einsatz von Off-label-Therapien erarbeitet und publiziert (Lupus 2012; 21: 386-401), berichtete Specker. In letzterer wird bei der Lupusnephritis (LN) neben der Standardtherapie mit Glukokortikoiden und Puls-Cyclophosphamid (CYC) auf die Bedeutung von Mycophenolat Mofetil (MMF) und Rituximab hingewiesen.
ACR- und EULAR-Empfehlungen des Jahres 2012 Im Fokus des Interesses standen insbesondere aktuelle Empfehlungen zur Behandlung der Lupusnephritis, die unabhängig voneinander sowohl von ACR (Arthritis Care Res 2012; 64: 797-808) als auch EULAR (Ann Rheum Dis 2012; 71: 1771-1782) veröffentlicht wurden. Die ACR-Empfehlungen zur Diagnose der Lupusnephritis, der Indikation zu einer ersten Nierenbiopsie, zur supportiven Therapie, zur Induktionstherapie der proliferativen LN, zur membranösen LN, zur Erhaltungstherapie, zur Therapie bei refraktären Verläufen, zur Schwangerschaft bei Patientinnen mit LN und zum Monitoring unterscheiden sich laut Specker dabei kaum von den jeweiligen Empfehlungen der EULAR.
Insbesondere wird, so betonte Specker, auch in den ACR-Leitlinien die Behandlung mit MMF der mit i.v.CYC als absolut gleichrangig eingestuft. Dabei wird die Zieldosis von MMF mit 2-3 g als Bereich definiert, in den EULAR-Empfehlungen sind es 3 g. Auch vom ACR wird eine dreitägige i.v.-Pulstherapie mit Methylprednisolon im Rahmen der Ersttherapie empfohlen und bei therapierefraktären Fällen der Wechsel zwischen MMF und i.v.-CYC, letzteres – wie in den EULAR-Empfehlungen – auch in höherer Dosierung, und zudem auch der Einsatz von Rituximab. Ein Unterschied ist, dass der ACR bei therapierefraktären Patienten neben Rituximab auch die Gabe von Calcineurin-Inhibitoren empfiehlt. Die große Übereinstimmung der Empfehlungen von ACR und EULAR liefert deutschen Rheumatologen vor allem vor dem Hintergrund eines Off-label-Einsatzes von MMF aber auch Rituximab gute Argumente gegenüber den Kostenträgern, betonte Specker. Erst kürzlich wurden zudem, so führte Specker weiter aus, ein systematisches Cochrane-Review zur LNTherapie (Cochrane Database Syst Rev 2012; 12: CD002922) und zusätzlich eine ausführliche Zusammenfassung dieser Metaanalyse über 45 Studien zur Induktions- und sechs Studien zur Erhaltungstherapie mit insgesamt über 3.000 Patienten publiziert (Am J Kidney Dis 2013; 61: 74-87). Demzufolge ist MMF genauso wirksam wie CYC bei der Induktion einer Remission bei Lupusnephritis, aber sicherer mit einem geringeren Risiko ovarieller Insuffizienz. Überdies ist MMF effektiver als Azathioprin in der Erhaltungstherapie zur Verhinderung von renalen Rückfällen ohne Erhöhung klinisch bedeutsamer Nebenwirkungen. Damit, so Specker, kommt das systematische Review für die Induktionstherapie mit MMF oder i.v.-CYC zum selben Ergebnis wie die ACR- und EULAR-Empfehlungen. Im Gegensatz dazu wird in der Erhaltungstherapie aber eindeutig MMF gegenüber Azathioprin der Vorzug gegeben, während diese in den beiden Empfehlungen als gleichrangig eingestuft werden. m Quelle: Vortrag „SLE & APS“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 9. März 2013
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39 ANCA-assoziierte Vaskulitiden
Aktuelle Therapiestudien zu Rituximab Im Fokus der Therapie ANCA-assoziierter Vaskulitiden (AAV) stand wiederum Rituximab (RTX), das gegenüber Cyclophosphamid (CYC) seine Ebenbürtigkeit bei der Remissionsinduktion bereits in den kontrollierten Studien RAVE und RITUXVAS unter Beweis gestellt hatte. Wenig effektiv sind vor allem bei Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) die bisherigen Therapiestrategien zur Remissionserhaltung, betonte PD Dr. Eva Reinhold-Keller, Hamburg. Hierzu sind im Jahr 2012 drei Studien zu Rituximab bei GPA bzw. AAV vorgestellt worden.
In einer retrospektiven britischen Analyse hatten 73 fast durchweg mit CYC-vortherapierte AAV-Patienten (zu 80 % GPA) nach der Remissionsinduktion mit 2x 1 g RTX (oder 4x 375 mg/m2) entweder eine erneute RTX-Therapie 1) nur nach einem Rezidiv oder 2) alle sechs Monate 1 g RTX für zwei Jahre erhalten (Arthritis Rheum 2012; 64: 3760-3769).
der RTX und Azathioprin zur Remissionserhaltung bei 114 Patienten (davon 86 mit GPA) miteinander verglichen wurden (Arthritis Rheum 2012; 64(Suppl): S706).
Laut Reinhold-Keller konnte bei 93 % der ersten und 96 % der zweiten Gruppe ein Ansprechen erzielt werden, bei 82 bzw. 85 % sogar eine komplette Remission. In beiden Gruppen konnte die begleitende Prednison-Therapie nach 24 Monaten von 11 auf 5 mg/Tag bzw. von 10 auf 2,75 mg/Tag reduziert werden. Nach zwei Jahren erlitten 73 % der ersten Gruppe ein Rezidiv, aber nur 12 % unter durchgehender RTX-Therapie, nach vier Jahren war dies bei 81 und 26 % der Patienten der Fall (je p<0,001). Die Zeit bis zum ersten Rezidiv betrug 12 vs. 34 Monate. Schwere Nebenwirkungen traten bei 32 bzw. 47 % der Teilnehmer auf.
Von den Patienten waren 91 neu erkrankt, 23 waren Rezidiv-Patienten. Nach Remissionsinduktion erfolgte eine Randomisierung in eine Gruppe mit 2x 500 mg RTX in zweiwöchentlichem Abstand alle sechs Monate über insgesamt 18 Monate oder 2 mg/Tag Azathioprin für 22 Monate. Insgesamt beendeten 73,7 % der Patienten das komplette Follow-up von 28 Monaten bis zur letzten Visite im Oktober 2012. Bis dahin, so führte Reinhold-Keller weiter aus, erlitten lediglich 3,6 % der Patienten der RTX-Gruppe ein Rezidiv im Vergleich zu 27,1 % in der Azathioprin-Gruppe. Dieser therapeutische Vorteil unter RTX wurde erfreulicherweise nicht durch vermehrte Nebenwirkungen (15 vs. 18) oder Infektionen (11 vs. 12) erkauft. m
Eine retrospektive französische Analyse untersuchte den Verlauf von 28 AAV-Patienten (meist GPA), die nach unterschiedlichen remissionsinduzierenden Therapien über einen Zeitraum von im Mittel 38 Monaten im Schnitt vier preemptive RTX-Infusionen (halbjährlich 1 g oder 375 mg/m2) zur Remissionserhaltung bekamen (J Rheumatol 2012; 39: 125-130). Im Ergebnis war das langfristige Ansprechen auf RTX gut, nach der ersten RTX-Gabe waren sechs Patienten in kompletter Remission. Bei der letzten Visite mussten nur noch 57 % der Patienten begleitend Prednison in einer mittleren Dosis von 5 mg/Tag und 25 % ein weiteres Immunsuppressvium (Azathioprin, MMF, Leflunomid oder MTX) einnehmen. Eines der Highlights auf dem letzten ACR-Kongress waren nach Reinhold-Keller die als Abstract präsentierten Ergebnisse der französischen prospektiven, randomisierten, kontrollierten MAINRITSAN-Studie, in
Nach wie vor bleibt die hohe Rezidivrate ein Problem in der remissionserhaltenden Langzeittherapie der AAV. Nachdem mehrere retrospektive Analysen eine gute Effektivität und Verträglichkeit einer Remissionserhaltung mit der insbesondere preemptiven Gabe von RTX gezeigt haben, konnte eine prospektive kontrollierte Studie bei vergleichbaren Nebenwirkungen erstmals eine deutliche Überlegenheit von RTX zur Remissionserhaltung mit 2x 500 mg alle sechs Monate im Vergleich zu Azathioprin zeigen – trotz der zunächst noch vorläufigen Daten ein bemerkenswertes Ergebnis, so Reinhold-Keller.
Quelle: Vortrag „Vaskulitiden“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 9. März 2013
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Kompakt
Steigende Evidenz für effektive Remissionserhaltung
Vorteile für Rituximab in randomisierter, kontrollierter Studie
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40 Osteoarthrose
Ausblick auf neue Therapieoptionen Bislang sind die Möglichkeiten einer krankheitsmodifizierenden Pharmakotherapie bei Osteoarthrose noch sehr limitiert. Einen Überblick zu möglichen Kandidaten, die die bisherigen Behandlungsoptionen verbessern könnten, lieferte auf dem RheumaUpdate 2013 Prof. Dr. Christoph Baerwald, Leipzig.
Neue potentiell krankheitsmodifizierende Therapiekandidaten bei Osteoarthrose wurden kürzlich in einem sehr interessanten Übersichtsartikel dargelegt (Bone 2012; 51: 289-296). Aufgeführt werden osteoanabole Ansätze wie mit dem rekombinanten humanen Fibroblasten-Wachstumsfaktor 18 (FGF-18) oder mit primär antiresorptiv wirksamen Substanzen wie z. B. Calcitonin, Strontiumranelat oder Bisphosphonaten. Auch Gewebeersatztherapien werden vorgestellt, dabei wird u. a. über die autologe Chondrozytentransplantation berichtet, die lokale Knochenmarksstimulation oder auch die autologe matrixinduzierte Chondrogenese. Obwohl manche dieser Verfahren und Medikamente sich schon in Phase-III befinden, dürfte es bis zu einer routinemäßigen Anwendung noch dauern. Unklar ist auch noch der Stellenwert der neuen Therapieansätze an unterschiedlichen Skelettlokalisationen oder in verschiedenen Stadien der Osteoarthrose.
Besonders interessant, so erläuterte Baerwald, erscheint eine aktuelle Studie, in der in Tiermodellen eine Stammzell-basierte Therapie untersucht wurde, die zur Reparatur des Knorpels geführt hat (Science 2012; 336: 717-721). In umfangreichen Vorarbeiten war mit Kartogenin ein „small molecule“ identifiziert worden, das dosisabhängig die Entwicklung von humanen mesenchymalen Stammzellen in Chondrozyten vermittelt. Sowohl die systemische als auch intraartikuläre Gabe von Kartogenin führten zu einer signifikanten Reduktion von arthrotischen Gelenkveränderungen. Die Bedeutung für die Therapie einer Osteoarthrose muss jedoch noch für den geschädigten Knorpel beim Menschen in Studien nachgewiesen werden, schränkte Baerwald ein. Auch hier dürfte es noch ein weiter Weg bis zum Einsatz in der klinischen Praxis sein. m
Fibromyalgie
Pharmakotherapie bleibt ein Problem Schwierig gestaltet sich, wie Prof. Dr. Christoph Baerwald, Leipzig, weiter ausführte, auch die Pharmakotherapie von Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom (FMS). Bezeichnend ist, dass für diese Indikation in Deutschland noch kein Medikament zugelassen ist und verschiedene Substanzen wie Milnacipran oder Pregabalin bei eher moderater Wirksamkeit in puncto Schmerzreduktion vielfach mit Nebenwirkungen behaftet sind.
Als neues Therapieprinzip wurde ein hochselektiver Nordrenalin-Wiederaufnahmehemmer über 14 Wochen in verschiedenen Dosierungen in einer randomisierten, kontrollierten Studie mit über 1.100 Patienten untersucht (Arthritis Rheum 2012; 64: 2387-2397). Für Esreboxetin wurde gegenüber Placebo u. a. eine signifikante Verbesserung des Schmerzscores und des „Fibromyalgia Impact Questionnaire“ verzeichnet, jedoch brachen 30 % der Patienten die Therapie zumeist aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig ab. Trotz guter Effektivität in der niedrigsten Dosis von 4 mg/Tag bleibt der künftige Stellenwert der Substanz unklar. Ähnliches gilt laut Baerwald auch für Natriumoxybat, das in einer weiteren kontrollierten Studie bei Rheuma Management · März/Apr. 2013
573 Fibromyalgie-Patienten geprüft wurde (Ann Rheum Dis 2012; 71: 935-942). In beiden untersuchten Dosierungen zeigte sich im Vergleich zu Placebo eine signifikante Verbesserung der Schmerzen, des Schlafs und anderer FMS-assoziierter Symptome. Auch hier wurde eine relativ hohe Nebenwirkungsrate dokumentiert. Damit kommt auch Natriumoxybat für die Therapie des FMS infrage, jedoch bedarf es, wie auch für Esreboxetin, weiterer Studien, um das therapeutische Potenzial genauer zu evaluieren. m
Quelle: Vortrag „Arthrose, Schmerztherapie, Fibromyalgie“, RheumaUpdate, Wiesbaden, 8. März 2013
Osteologie 2013 – Weimar
41 DVO-Kongress „Osteologie 2013“
Neue Wege und Initiativen in der Osteologie Vom 6.-9. März 2013 wurde der Kongress des Dachverbandes Osteologie (DVO) „Osteologie 2013“ unter der Leitung der beiden Kongresspräsidenten PD Dr. Gabriele Lehmann, Jena, für die Deutsche Gesellschaft für Osteologie (DGO), und PD Dr. Andreas Roth, Eisenberg, für die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), im thüringischen Weimar abgehalten. Über 1.400 Besucher, die Vorstellung des Leitlinien-Updates 2013, insgesamt 35 wissenschaftliche Sessions, drei Workshops, eine große Posterausstellung und nicht zuletzt ein angeschlossener Patiententag machten den Kongress zu einem großen Erfolg.
Im Fokus des Interesses stand wiederum die Osteoporose, da aufgrund der zunehmenden Alterung der Gesellschaft mit einem weiteren Anstieg der Fallzahlen zu rechnen ist. Die Kosten für krankheitsspezifische Therapien belaufen sich allein in Deutschland auf ca. 24 Milliarden Euro. Dabei ist Deutschland im internationalen Vergleich immer noch Schlusslicht bezüglich der medikamentösen Therapie. Lediglich 25 % der Patienten erhalten eine Osteoporose-spezifische Behandlung. „Nur wenn wir eine bestmögliche Prävention und Therapie von osteologischen Erkrankungen zur Verfügung stellen können, erreichen wir langfristig eine Reduzierung von Osteoporose-bedingten Brüchen und können somit zu einer Senkung der sozio-ökonomischen Kosten in diesem Fachbereich beitragen“, erklärte Prof. Dr. Heide Siggelkow, Göttingen, Erste Vorsitzende des DVO. Aktuell in Deutschland leiden nach Daten der BESTStudie 6,3 Millionen Menschen an Osteoporose, davon 5,2 Millionen Frauen in einem Alter über 50 Jahre. Bereits 2010 wurde das DVO-Osteoporose-Register eingerichtet, um aus den Ergebnissen der Auswertung der Patientendaten verbesserte und effizientere Behandlungsstrategien abzuleiten. „Bereits nach zwei Jahren haben wir eine große Anzahl von Folgedokumentationen und davon 50 % der aufgenommenen Patienten mehr als eine abgeschlossene Dokumentation im Register. Damit sind wir auf einem guten
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Weg in die Zukunft, um noch deutlichere Aussagen machen zu können“, so Dipl.-Med. Alexander Defèr, Dresden, Leiter des DVO-Osteoporose-Registers. Die Basis für wirksame Behandlungskonzepte ist die Erstellung und ständige Weiterentwicklung von Leitlinien. Bereits 2009 erarbeitete der Dachverband eine S3-Osteoporose-Leitlinie, das Leitlinien-Update 2013 wurde auf dem Kongress von Prof. Dr. Andreas Pfeilschifter, Essen, vorgestellt. In Kürze wird zudem, wie PD Dr. Andreas Roth berichtete, mit einer S2-Leitlinie zu atraumatischen Femurkopfnekrosen bei Erwachsenen auch einer selteneren Osteoporose-assoziierten Erkrankung Rechnung getragen. Mit der Gründung der Osteologischen Forschungszentren DVO hat der Dachverband 2012 eine Initiative ins Leben gerufen, deren langfristiges Ziel es ist, eine Zunahme der Forschungsförderung und der Gründung von osteologischen Instituten und Kliniken zu bewirken. „In den deutschsprachigen Ländern haben wir bereits ein enormes wissenschaftliches Potenzial, so dass wir diese hervorragenden Forschungsaktivitäten stärker bündeln müssen“, fasste Prof. Dr. ClausChristian Glüer, Kiel, zusammen. m
Quelle: DVO-Pressekonferenz, Kongress „Osteologie 2013“, Weimar, 7. März 2013
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Rheuma Management · März/Apr. 2013
Osteologie 2013 – Weimar
42 Osteoporose
DVO-Leitlinien-Update 2013: Was ist neu? Mit Spannung war in Weimar die Erstpräsentation des Leitlinien-Updates der DVO zur Osteoporose erwartet worden, die über 800 Interessenten passten nur mit Mühe in den großen Saal. Im Vergleich zu den letzten Leitlinien aus dem Jahr 2009 bietet der, wie Prof. Dr. Andreas Kurth, Mainz, betonte, noch nicht abschließend beschlossene Entwurf einige wichtige Neuerungen, so z. B. modifizierte Empfehlungen zur Basisprophylaxe und -diagnostik, die Einbeziehung und Gewichtung weiterer Risikofaktoren, die Ausrichtung der Diagnose- und Therapieindikation am 1-Jahres-Frakturrisiko sowie die detailliertere Aufschlüsselung der Effekte spezifischer Antiosteoporotika an verschiedenen Skelettlokalisationen und auf die Mortalität.
Für die Aktualisierung der bislang bestehenden DVOLeitlinienversion des Jahres 2009 wurde im Verlauf der Konsensfindung zwischen dem 1. September 2009 und dem 31. März 2012 von einem alle relevanten Fachgruppen umfassenden Leitliniengremium 2.807 Publikationen herangezogen. Ziel ist es, in diesem Jahr sowohl eine Langfassung als auch Kitteltaschenversion der Leitlinie zu publizieren, ebenso soll noch eine Patientenleitlinie erstellt werden, sagte Dr. Friederike Thomasius, Frankfurt/M.
Basistherapie und -diagnostik Die wichtigsten Änderungen des neuen Leitlinienentwurfs erläuterten Prof. Dr. Andreas Pfeilschifter, Essen, und Prof. Dr. Claus-Christian Glüer, Kiel. Empfohlen wird die Förderung von Muskelkraft und Koordination durch eine regelmäßige, und – so neu formuliert – risikobewusste und dem funktionellen Zustand angepasste körperliche Aktivität. Während hinsichtlich der Basistherapie die Empfehlungen zum Calcium (Gesamtzufuhr 1.000 mg/Tag, max. 1.500 mg, Supplementation nur wenn der Bedarf nicht über die Nahrung zu decken ist) weiter Bestand haben, soll jetzt,
↓Mortalität ↓Wirbelkörper- ↓Periphere ↓Proximale frakturen Frakturen Femurfrakturen
Alendronat B A A A Bazedoxifen –
A B
–
Denosumab – A A
A
Ibandronat – A B – Östrogene – A A A PTH 1-34 (Teriparatid)
–
A
B
–
PTH 1-84
–
A
–
–
Raloxifen C A – – Risedronat B A A A Strontiumranelat –
A
A
B
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Prof. Dr. med. Andreas Pfeilschifter
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Prof. Dr. rer. nat. Claus-Christian Glüer
wenn eine tägliche Sonnenlichtexposition von 30 Min. unterschritten wird, eine Supplementation mit 1.000 I.E. Vitamin D täglich oral erfolgen und/oder wie auch zuvor schon ein Serum-25-OH-Vitamin D-Spiegel >20 ng/ml (50 nmol/l) erreicht werden. Eine Basisdiagnostik wird nach Pfeilschifter weiter empfohlen bei einer bestehenden oder geplanten Therapie mit oralen Glukokortikoiden ≥7,5 mg Prednisolonäquivalent täglich für >3 Monate im Jahr und bei niedrigtraumatischen Wirbelkörperfrakturen singulär ≥2. Grades bzw. multipel ≥1. Grades, wenn eine andere Ursache der Frakturen nicht wahrscheinlicher ist. Neu definiert wurde die Empfehlung zur Basisdiagnostik bei niedrigtraumatischen multiplen peripheren Frakturen (keine Knöchel-, Hand-, Finger- und Gesichtsfrakturen) und einem Typ-1-Diabetes bei Patienten ab dem 70. Lebensjahr. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit einer Basisdiagnostik ab einem 1-Jahres-Risiko für Wirbelkörper- und proximale Femurfrakturen von ≥1 %, ab einem jährlichen Risiko von ≥2 % sollte diese auf jeden Fall erfolgen. Darüber hinaus kann auch Frauen nach der Menopause und Männern ab dem 60. Lebensjahr mit einem oder mehreren nichtmodifizierbaren Risikofaktoren individuell eine Basisdiagnostik angeboten werden.
Zoledronat B A A A
Abb.: Medikamentöse Therapie zur Frakturreduktion Rheuma Management · März/Apr. 2013
Generell wurde die Tabelle der in moderat (Faktor 1,5), stark (Faktor 3,0) und sehr stark (Faktor 6,0) un-
Osteologie 2013 – Weimar
43
Risikostratifizierung und medikamentöse Therapie Für die Risikostratifizierung gemäß T-Score maßgeblich ist die Knochendichte (BMD) des Gesamtfemurs mit einer Korrektur bei stark abweichendem T-Wert der Wirbelkörper. Neu besteht die Indikation für eine medikamentöse Therapie bei einer niedrigtraumatischen Wirbelkörperfraktur jetzt individuell auch bei T-Werten >-2,0, wenn andere Ursachen einer Fraktur nicht wahrscheinlicher sind. Ebenso gilt dies bei niedrigtraumatischen multiplen peripheren Frakturen bei postmenopausalen Frauen und bei Männern mit T-Werten ≤-2,0 an der Lendenwirbelsäule (LWS) und/oder am Femurhals und/oder proximalen Gesamtfemur. Individuell ist jetzt auch eine Therapie bei einem T-Wert >-1,5 möglich. Generell empfohlen wird eine Therapie bei einem 1-Jahres-Risiko ≥3 % für Wirbelkörper- und proximale Femurfrakturen bei TWerten <-2,0. Bei postmenopausalen Frauen und bei Männern kann eine medikamentöse Frakturprophylaxe individuell nach einer Nutzen/Risiken-Abwägung auch bei einem 1-Jahres-Frakturrisiko <3 % erfolgen, und zwar bei einem T-Wert ≤-2,0 an LWS und/ oder Femurhals und/oder proximalen Gesamtfemur. Bei einem jährlichen Frakturrisiko von >6 % besteht die Indikation für eine Therapie auch ohne vorherige DXA-Messung. Einige Änderungen ergeben sich auch für die medikamentöse Therapie, wo jetzt die Risikoreduktion für vertebrale Frakturen, periphere Frakturen, proximale Femurfrakturen und die Mortalität aufgeschlüsselt wird (s. Abb.). Mit Bazedoxifen und Denosumab sind zwei Medikamente neu hinzugekommen. Bezüglich der Differentialtherapie wird in Bezug auf vertebrale Frakturen eine effektivere Fraktursenkung von Teriparatid gegenüber oralen Bisphophonaten angenommen. Für intravenöse Bisphosphonate, Strontiumranelat und Denosumab fehlen Vergleichsstudien mit Frakturendpunkten. Bei allen therapierten Patienten sollte auf eine ausreichende Vitamin D-Supplementation geachtet werden, um eine bestmögliche Fraktursenkung zu erreichen. Hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen wird auf das Risiko von Kieferos-
teonekrosen unter Bisphosphonaten und Denosumab (1-Jahres-Inzidenz ca. 1:10.000) hingewiesen, ebenso auf das seltene Auftreten schwerer Hypokalzämien bei Patienten mit entsprechender Neigung unter einer Therapie mit Denosumab. Eine vorbestehende Hypokalzämie stellt hier eine Kontraindikation dar. Zur Therapie von Schmerzen und funktionellen Einschränkungen werden die Kypho- bzw. Vertebroplastie bei schmerzhaften Wirbelkörperfrakturen nur nach einem dokumentierten intensiven konservativen Therapieversuch, nach Berücksichtigung anderer Schmerzursachen und dokumentierter interdisziplinärer Einzelfalldiskussion empfohlen. In puncto Verlaufskontrollen soll die Bestimmung der Knochendichte (BMD) mittels DXA bei Patienten ohne medikamentöse Therapie in Abhängigkeit vom Gesamtrisiko und dem vorherigen Messwert bei einem T-Wert -1,5 bis -1,9 alle 12 Monate, bei einem T-Wert von -1,0 bis -1,5 alle 2-3 Jahre und einem T-Wert >-1,0 in der Regel nach 5-10 Jahren wiederholt werden. In Ermangelung entsprechender Studien gibt es bislang noch keine neuen Aussagen zu sequentiellen Monotherapien, Therapiepausen oder zur Therapiedauer. Prinzipiell ist eine Dauertherapie bei einem hohen persistierenden Frakturrisiko unter einer regelmäßigen Nutzen/Risiken-Abwägung gerechtfertigt. m
Die Vielfalt klinischer Risikofaktoren für eine Osteoporose steigt weiter, als besonders gravierend werden Typ-1-Diabetes, Glukokortikoide, multiple vertebrale Frakturen und ≥3 nicht-vertebrale Frakturen eingestuft. Eine optionale Indikation zur Basisdiagnostik besteht ab einem 1-JahresFrakturrisiko von 1 %, eine klare Empfehlung ab 2 %. Für die Indikation zur spezifischen Osteoporosetherapie wird nun statt des Mortalitäts-adjustierten 10-Jahres-Frakturrisikos von 30 % ein 1-JahresFrakturrisiko von 3 % und ein T-Wert <-2,0 angelegt. Ab einem jährlichen Frakturrisiko >6 % besteht eine Indikation auch unabhängig von einem T-Wert <-2,0. In Anbetracht des Fehlens entsprechender Studien können weiter kaum Angaben zu einer Differentialtherapie, zu Therapiepausen/ wechseln oder zur Therapiedauer gemacht werden.
Quelle: DVO-Symposium „Leitlinien-Update Osteoporose 2013“, Kongress „Osteologie 2013“, Weimar, 7. März 2013
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
terteilten Risikofaktoren (allgemein, Krankheiten, Medikamente) zusätzlich erweitert. Hinzugekommen sind z. B. die Hyponatriämie, Ankylosierende Spondylitis, Herzinsuffizienz, Zöliakie, COPD, dopaminerge Medikamente und Schleifendiuretika – das Spektrum der Risikofaktoren wird damit zunehmend internistischer. Als besonders starke Risikofaktoren (Faktor 6,0) stechen Typ-1-Diabetes, Glukokortikoide, multiple vertebrale Frakturen und ≥3 nicht-vertebrale Frakturen hervor.
Osteologie 2013 – Weimar
44 Rheumatoide Arthritis und Osteoporose
Osteologische Therapien in der klinischen Praxis Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) oder anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen weisen ein deutlich erhöhtes Risiko für eine sekundäre Osteoporose auf, womit im Zusammenspiel mit dem schmerzbedingten Bewegungsmangel, der antirheumatischen Medikation und der systemischen Entzündung ein Anstieg osteoporotischer Frakturen einhergeht, erläuterte Dr. Winfried Demary, Hildesheim. Auch aus osteologischer Sicht ist die Remission der RA das wichtigste Behandlungsziel, wobei langfristig eine möglichst geringe Glukokortikoid-Dosis anzustreben ist.
Bei RA-Patienten ist nach Demary bereits sehr früh im Krankheitsverlauf mit einem Verlust der Knochendichte zu rechnen, der im ersten Krankheitsjahr ohne adäquate Therapie an der Lendenwirbelsäule (LWS) 2,5 % und an der Hüfte sogar 5 % beträgt. Gemäß den Daten aus der Kerndokumentation 2010 erhalten deutlich zu wenige RA-Patienten – selbst unter einer Glukokortikoid-Behandlung – eine ausreichende antiosteoporotische Therapie. Und dies, obwohl das für RA-Patienten mit höherem Alter, weiblichem Geschlecht, einer verringerten körperlichen Aktivität, der Krankheitsdauer, der Entzündungsaktivität und vor allem der kumulativen Glukokortikoid-Dosis ansteigende Risiko osteoporotischer Frakturen gut dokumentiert ist. Eine frühzeitige Erfassung von Risikopatienten und – neben einer immunsuppressiven Behandlung – auch die rasche Einleitung einer adäquaten osteologischen Therapie auf Basis der DVO-Leitlinien zum Schutz des Knochens muss künftig besser gewährleitet werden, forderte Demary. Generell liegen bislang keine randomisierten, klinischen Studien (RCTs) zu RA-Patienten mit dem Ziel
Verminderung Verminderung Glukok.-induz. Zulassung von vertebr. Fx von nichtvert. Fx Osteoporose für Männer
Alendronat x
x
x x
Risedronat x
x
x x
Zoledronat x
x
x x
Ibandronat
x
–
Raloxifen x
–
– –
Strontiumran. x
x
–
Teriparatid x
x
x x
PTH 1-84
–
–
–
x
–
–
x
x
Denosumab x
–
x
Abb.: Spezifische medikamentöse Therapie der Osteoporose Rheuma Management · März/Apr. 2013
einer Frakturreduktion vor. Kleinere Studien mit TNFBlockern weisen jedoch darauf hin, dass diese die Knochendichte (BMD) insbesondere im Bereich der Hüfte verbessern oder einen weiteren BMD-Verlust aufhalten können. So zeigte eine kleine kontrollierte Studie mit 20 Patienten mit früher, schwerer RA (mittlerer DAS28 6,6) für Infliximab plus Methotrexat (MTX) nach 12 Monaten gegenüber einer MTX-Monotherapie eine deutlich geringere und nur marginale BMD-Abnahme. In einer Kohortenstudie mit 102 Patienten mit aktiver RA führte Infliximab nach einem Jahr bei jenen Patienten mit einer guten EULAR-Response sogar zu einem BMD-Anstieg an LWS und Hüfte.
Spezifische antiosteoporotische Therapien im Fokus Auch für Patienten mit einer Osteoporose bei zugleich vorliegender RA fehlt es an klinischen Studien mit der Frakturreduktion als primärem Endpunkt. Jedoch wurden verschiedene RCTs zur Knochendichteveränderung publiziert. Laut Demary konnte bei RA-Patienten unter den Bisphosphonaten Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Pamidronat trotz GlukokortikoidTherapie ein Anstieg der BMD erreicht werden. Beispielhaft ergab eine kontrollierte Studie mit Alendronat nach 12 Monaten eine signifikante Zunahme der BMD an der LWS und einen geringen BMD-Anstieg an der Hüfte. Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie mit 833 Patienten, in denen Zoledronat und in etwas geringerem Umfang Risedronat nach einem Jahr zu einem deutlichen Anstieg der BMD an der LWS und am Schenkelhals führten. Eine Vergleichsstudie mit 428 Teilnehmern, in der auch Daten zur Frakturinzidenz erhoben wurden, wies nach 18 Monaten zumindest für vertebrale Frakturen eine größere Reduktion für Teriparatid gegenüber Alendronat aus. Schließlich liegen, wie Demary weiter ausführte, auch für Denosumab interessante Daten einer randomisierten, kontrollierten Phase-II-Studie mit 215 Patienten
Osteologie 2013 – Weimar
45 mit aktiver RA vor. Nach 12 Monaten führte der monoklonale Antikörper in Dosierungen von 60 oder 180 mg zu einem Anstieg der Knochendichte an der LWS um 3,0 bzw. 4,0 % und an der Hüfte um 1,6 bzw. 1,7 %. Aus einer weiteren Publikation geht hervor, dass die positiven Effekte von Denosumab auf die Knochendichte von einer begleitenden Glukokortikoid-Therapie nur unwesentlich beeinflusst wurden. Zusammenfassend betonte Demary die Notwendigkeit, vor allem RA-Patienten mit erhöhtem Risiko, insbesondere wenn diese Glukokortikoide in höherer Dosierung erhalten, neben der immunsuppressiven Behandlung der RA auch mit einer spezifischen antiosteoporotischen Therapie vor Frakturen zu schützen. Hierfür sollten die in der DVO-Leitlinie empfohlenen Medikamente eingesetzt werden (s. Abb.), wobei nach der derzeitigen Studienlage die Gabe von Bisphosphonaten und Denosumab aufgrund deren Wirkung auf den Osteoklasten der Vorrang zu geben ist. m
Wie wirken Biologika auf den Knochen? Bei RA führt die autoimmunologische Inflammation zunächst zu einer lokalen, gelenknahen Osteoporose, bevor es dann zu Erosionen kommt und sich im Verlauf entzündungsbedingt auch eine systemische Osteoporose entwickeln kann. Hierfür ist laut PD Dr. Peter Peichl, Wien, die gleichzeitige Aktivierung der Osteoklasten durch Entzündungsfaktoren und Hemmung der Osteoblastenfunktion verantwortlich.
Betrachtet man die verschiedenen Biologika genauer, so ergibt sich laut Peichl für TNF-Blocker und Tocilizumab eine Wirksamkeit gegen Erosionen und die gelenknah auftretende Osteoporose. Auch wirken diese Substanzen direkt antiinflammatorisch und führen zu einer Zunahme der Knochendichte. Für Rituximab und Abatacept besteht nur Evidenz für eine antierosive Wirkung, bei Anakinra werden zusätzlich positive Effekte auf die gelenknahe Osteoporose diskutiert. Für alle diese antiinflammatorisch wirksamen Biologika gibt es jedoch keinen klaren Nachweis für die Besserung einer systemischen Osteoporose. Im Gegensatz zu den aus der RA bekannten Biologika hat der monoklonale Antikörper Denosumab keine antientzündliche Effektivität. Allerdings wirkt Denosumab antierosiv und hat einen positiven Effekt bei
gelenknaher und insbesondere systemischer Osteoporose im Sinne einer Zunahme der Knochendichte und Reduktion osteoporotischer Frakturen. m
Aus osteologischer Sicht überwinden insbesondere TNF-Blocker und Tocilizumab die bei RA auftretende Entkoppelung der Aktivität der Osteoklasten von der der Osteoblasten und können über die Zunahme der Knochendichte potentiell positive Effekte auf die systemische Osteoporose ausüben. Denosumab, das selbst nicht antientzündlich wirkt, könnte bei RA und Osteoporose zusätzlich zu einer immunsuppressiven, antiinflammatorischen Therapie eine wichtige Rolle spielen.
Quellen: DGRh-Symposium „Auswirkungen von rheumatischen Erkrankungen auf den Knochen“ und ÖGRhSymposium „Biologika in der Rheumatologie und deren Wirkung auf Knochen“, DVO-Kongress „Osteologie 2013, Weimar, 7./8. März 2013
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
Zum Teil wird die Entkoppelung zwischen Osteoblasten und Osteoklasten durch Biologika beeinflusst. Alle für RA zugelassenen Biologika hemmen die erhöhte Osteoklastenaktivität, jedoch bewirken nur TNF-Blocker und Tocilizumab eine Stimulation der Osteoblasten. Belege für eine dadurch erreichbare Frakturreduktion fehlen jedoch bislang.
46 Rheumatoide Arthritis
Der RADAI-5 als alternatives Remissionskriterium? Auch nach der Vorstellung der im Jahr 2011 neu vorgeschlagenen ACR/EULAR-Kriterien für eine Remission bei Rheumatoider Arthritis (RA) beschäftigen sich viele Rheumatologen mit Alternativen zur Definition einer Remission. Österreichische Rheumatologen um Bernhard Rintelen, Stockerau, untersuchten, ob eine von RAPatienten selbst berichtete Remission gemäß den Kriterien des Rheumatoid Arthritis Disease Activity Index-5 (RADAI-5) eine mit den ACR/EULAR-Remissionskriterien vergleichbare Aussagekraft besitzt.
Die beiden Ansätze zur Definition einer Remission bei RA gemäß den ACR/EULAR-Kriterien (Boolean- und SDAI-basiert) und der RADAI-5 wurden in der aktuellen Untersuchung verglichen, in der die jeweilige Sensitivität, Spezifität sowie positiv und negativ prädiktive Werte (PPV, NPV) für eine Remission bei RA-Patienten bestimmt wurden. In die Analyse flossen die Daten von 705 Patienten ein. 89 Patienten wurden gemäß der Boolean-basierten und 169 gemäß der SDAI-basierten Definition der ACR/EULAR-Kriterien als sich in Remission befindend eingestuft, im Vergleich zu 154 nach dem RADAI-5. Insgesamt 68 der Patienten erfüllten alle drei Remissionskriterien für die RA. Im Falle der Remission nach der RADAI-5-Definition betrug die Sensitivität 78 %, die Spezifität 86 %, der PPV 45 % und NPV 96 % für eine Remission gemäß der Boolean-basierten Definition und 60 %, 92 %, 66 % bzw. 90 % für eine Remission gemäß der SDAIbasierten Definition. Im Falle der Remission nach der
SDAI-basierten ACR/EULAR-Definition betrug die Sensitivität 52 %, Spezifität 100 %, PPV 98 % und NPV 87 % für das Anzeigen einer Remission gemäß der Boolean-Definition, während für die BooleanDefinition selbst die Werte 98 %, 87 %, 52 % und 100 % betrugen. Statistisch zeigte sich eine gute Übereinstimmung zwischen allen drei Definitionen. Im Vergleich zur Boolean-basierten Definition wurden sowohl mit der SADI-basierten als auch mit der von den Patienten selbst berichteten RADAI-5-Definition fast doppelt so viele Patienten als in Remission befindlich klassifiziert. Die Remission gemäß dem RADAI-5 erwies sich als hochspezifisch für beide ACR/EULARRemissionskriterien. Die Sensitivität für das RADAI5-Kriterium war den Autoren zufolge sogar besser für die Boolean-basierte Definition als für die SDAIbasierte Definition. m Quelle: J Rheumatol 2013; 40: 394-400
Vereinfachte Remissionsdefinition unter der Lupe US-amerikanische und französische Rheumatologen um Theodore Pincus, New York, untersuchten anhand der ESPOIR-Kohorte Patienten mit früher RA, basierend auf dem von Patienten selbst berichteten Routine Assessment of Patient Index Data (RAPID3)-Score und einer eingehenden Gelenkuntersuchung sowie globalen Arzteinschätzung, die Anwendbarkeit einer vereinfachten Remissionsdefinition mit fünf möglichen Kriterien ohne die Bestimmung von Laborparametern und formeller Erhebung des Gelenkstatus.
Die ESPOIR-Kohorte mit 813 zwischen den Jahren 2002 und 2005 rekrutierten französischen Patienten mit früher RA wurde dahingehend untersucht, jene Patienten zu identifizieren, die sechs Monate nach Studienbeginn eine Remission gemäß den beiden neuen ACR/EULAR-Remissionskriterien (Boolean ≤1 für TJC-28, SJC-28, CRP und Patienteneinschätzung oder SDAI ≤3,3) erreichten. Analysiert wurde hinsichtlich Spezifität und Sensitivität die Übereinstimmung mit insgesamt sieben weiteren Remissionskriterien, dem DAS28 ≤2,6 und CDAI ≤2,8 Rheuma Management · März/Apr. 2013
sowie fünf Kandidatenkriterien basierend auf RAPID3, Gelenkuntersuchung und globaler Arzteinschätzung: RAPID3R (RAPID3 ≤3,0), RAPID3R+SJ1 (RAPID3 ≤3,0, ≤1 geschwollenes Gelenk), RAPID3R+SJ1+D1 (RAPID3 ≤3,0, ≤1 geschwollenes Gelenk, globale Arzteinschätzung ≤1), RAPID3R+SJ0 (RAPID3 ≤3,0, kein geschwollenes Gelenk) und RAPID3R+SJ0+D1 (RAPID3 ≤3,0, kein geschwollenes Gelenk, globale Arzteinschätzung ≤1). Von den insgesamt 813 ESPOIR-Patienten war es bei 720 möglich, alle neun möglichen Remissions-
47 kriterien miteinander zu vergleichen. Den Autoren zufolge zeigte sich eine substantielle Übereinstimmung mit den Boolean-Kriterien für den SDAI, CDAI, RAPID3R+SJ1, RAPID3R+SJ1+D1, RAPID3R+SJ0 und RAPID3R+SJ0+D1 (92,2 bis 94,7 %, kappa 0,670,79), aber nur eine mäßige Übereinstimmung mit dem DAS28 oder RAPID3R (79,9 bis 85,8 %, kappa 0,46-0,55). Eine Bestimmung der Remission gemäß CDAI und RAPID3R+SJ1, nicht aber mittels DAS28 oder RAPID3R,
besitzt eine vergleichbare Aussagefähigkeit wie die beiden ACR/EULAR-Remissionskriterien. Der von Patienten selbst berichtete RAPID3-Score erfordert vor dem Treffen einer klinischen Entscheidung auf jeden Fall eine zusätzliche, sorgfältige Gelenkuntersuchung und könnte zumindest als Ergänzung zu anderen Remissionskriterien mit formeller Gelenkzählung in einem klinischen Setting mit sehr hohen Patientenzahlen zum Einsatz kommen. m Quelle: J Rheumatol 2013; 40: 386-393
ACR/EULAR-Remissionskriterien im Fokus: Ein Update Nachdem sich die Behandlungsmöglichkeiten bei Rheumatoiden Arthritis (RA) in der letzten Dekade durch neue Medikamente und Treat-to-target-Konzepte deutlich verbessert haben, bleibt weiter die Frage nach den idealen Kriterien für die Definition einer Remission, selbst nach den von ACR und EULAR vorgelegten neuen Remissionskriterien. Mit dieser Problemstellung befassten sich in einem aktuellen Beitrag die beiden US-amerikanischen Rheumatologen Yusuf Yazici und Ismail Simsek, New York.
Die Boolean-Definitionen mit den höchsten LRs (2,6) waren jene mit mindestens fünf Einzelkriterien (TJC, SJC, CRP, Patient und Physician Global Assessment), während die von ACR/EULAR-empfohlene, vier Einzelkriterien umfassende Definition ähnlich gut abschnitt (LR 2,4). In Bezug auf die Index-basierten Definitionen schnitt der von ACR/EULAR empfohlene SDAI ≤3,3 besser ab als der DAS28 <2,6. Bei den Remissionsdefinitionen für die klinische Praxis (ohne CRP) war der CDAI mit vier Einzelpunkten (TJC, SJC, Patient und Physician Global Assessment) besser im Vergleich zu der von ACR/EULAR empfohlenen Variante (TJC28, SJC28, Patient Global Assessment ≤1 und CDAI ≤2,8) mit einer LR von 2,3 vs. 2,0. Insgesamt schnitten die neuen RA-Remissionskriterien somit auch in einem praxisnahen Setting ähnlich gut wie in den klinischen Studien ab. Die ACR/EULAR-Remissionskriterien waren entwickelt worden, nachdem die Anwendung von DAS28, SDAI, CDAI und RAPID3 in der ärztlichen Routine als vergleichbar geeignet erschienen, aber z. B. bei einer DAS28-Remission <2,6 Bedenken bestanden, dass dennoch eine Reihe aktiver Gelenke im SJC/TJC vor-
liegen konnten. Für eine stringentere Definition sollten die neuen Kriterien insbesondere prädiktiv für ein künftig gutes funktionelles und radiologisches Outcome sein – und daher auch SJC, TJC und CRP beinhalten. Dahinter steckt nach Ansicht der Autoren aber auch, dass bei der Remission vor allem auf vom Arzt objektivierbare Parameter gesetzt wird, während mitunter die Angaben des Patienten, wie z. B. in RAPID3 erfasst, ein zumindest vergleichbar gutes Bild liefern könnten. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass z. B. das CRP bei der Visite oft nicht vorliegt und der SJC/ TJC28 in der Praxisroutine oft nur schwer durchführbar ist, was die Implementierung gerade dieser Kriterien – im Gegensatz etwa zu einem Patientenfragebogen – erschwert. m
Die Autoren schlussfolgern, dass die ACR/ EULAR- oder auch andere Remissionskriterien in klinischen Studien und zumeist auch im Praxisalltag gut anwendbar sind, ohne dass zwischen den verschiedenen Definitionen wirklich eklatante Unterschiede bestehen. Wichtiger als die Verfeinerung bestehender oder die Entwicklung neuer Remissionsdefinitionen sei es letztlich, die vorhandenen Kriterien zu implementieren und auch tatsächlich zur weiteren Verbesserung des Treat-to-target-Konzeptes einzusetzen.
Quelle: Arthritis Res Ther 2013; 15: 104
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
Im vergangenen Jahr war die Praxistauglichkeit der ACR/EULAR-Remissionskriterien an 641 Patienten der ESPOIR-Kohorte getestet worden, die diese Kriterien erfüllten (Arthritis Res Ther 2012; 14: R156). Im Fokus stand neben der Wahrscheinlichkeit für eine Remission auch das Erreichen eines guten funktionellen und radiologischen Outcomes, ausgedrückt als Likelihood ratio (LR).
48 Rheumatoide Arthritis
Neue EULAR-Definition für einen erosiven Verlauf Eine EULAR Task Force hat einen Vorschlag für einen erosiven Verlauf der Rheumatoiden Arthritis (RA) publiziert. Demzufolge besteht ein erosiver Verlauf der RA zur Klassifizierung mit den ACR/EULAR-Kriterien, wenn eine oder mehrere Erosionen in mindestens drei verschiedenen Gelenken der folgenden Regionen vorliegen: den proximalen Interphalangealen (PIP), Metacarpophalangealen (MCP), am Handgelenk (gewertet als ein Gelenk) und den Metatarsophalangealen (MTP).
Für den evidenzbasierten Teil wurden sowohl die Daten der niederländischen Leiden-Früharthritis-Kohorte als auch der französischen ESPOIR-Kohorte herangezogen. Die klinischen Outcome-Parameter, der Beginn einer Methotrexat (MTX)- oder einer anderen DMARD-Therapie während des ersten Krankheitsjahres und eine über mindestens fünf Jahre persistierende entzündliche Arthritis, wurden mit der Zielsetzung analysiert, die bestmögliche Definition für einen erosiven Verlauf zu ermitteln. Für die Klassifizierung nach den ACR/EULAR-Klassifikationskriterien des Jahres 2010 sind Röntgenbilder nicht erforderlich. Eine Ausnahme stellen jedoch nicht klassifizierte Patienten mit zwar lang andauernder, aber inaktiver Erkrankung dar, von denen angenommen werden muss, dass sie fälschlicherweise als nicht an einer RA leidend klassifiziert wurden. Sollten bereits Röntgenbilder z. B. vom Hausarzt vor der Überweisung an den Rheumatologen angefertigt worden sein, können diese Informationen auch für die Klassifizierung in Betracht gezogen werden. Unter diesen Umständen sollte das Vorliegen von typischen Erosionen die Klassifikation einer RA zulassen, auch wenn der Score weniger als 6 von 10 Punkten beträgt. Die EULAR-Arbeitsgruppe entschied sich daher für eine hoch spezifische Definition und dafür, den Fokus vor allem auf Patienten zu richten, die nicht anderweitig Rheuma Management · März/Apr. 2013
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die 2010 ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für RA erfüllten (< 6 Punkte). Insbesondere sollte es möglich sein, solche Patienten allein basierend auf einem erosiven Verlauf im Röntgen als RA zu klassifizieren. Da eine mangelnde Sensitivität hier kein relevantes Problem darstellt (die Patienten können immer noch die regulären ACR/ EULAR-Kriterien erfüllen), wurde das Hauptaugenmerk auf eine ausreichend hohe Spezifität von mindestens 80 %, nach Möglichkeit aber 90 % gelegt. Nach einem eingehenden Diskussionsprozess entschied man sich durch einstimmige Abstimmung schließlich für eine Definition, bei der mindestens drei separate Gelenke betroffen sein müssen, um als RA mit erosivem Verlauf zu gelten. m
Ein erosiver Verlauf zur Klassifizierung in den ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für die RA liegt gemäß dem Vorschlag der EULAR Task Force vor, wenn in Röntgenaufnahmen beider Hände und Füße eine oder mehrere Erosionen in mindestens drei verschiedenen Gelenken der folgenden Regionen vorliegen: PIP, MCP, Handgelenk (gewertet als ein Gelenk) und MTP.
Quelle: Ann Rheum Dis 2013; 72: 479-481
Kompakt
Das Ziel der EULAR-Arbeitsgruppe um Désirée van der Heijde, Leiden (Niederlande), war es, eine Definition für einen erosiven Verlauf bei entzündlichen Arthritiden vor dem Hintergrund der 2010 vorgestellten gemeinsamen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für die RA in der klinischen Praxis und für Studien vorzuschlagen. Die Task Force setzte sich aus 16 Rheumatologen und einem Rheumatologen in Weiterbildung zusammen. Der Prozess war sowohl evidenz- als auch konsensusbasiert und bestand aus der eingehenden Analyse von Daten zweier Kohorten, zwei persönlichen Treffen, einer Online-Abstimmung und einer Telefonkonferenz zwischen März 2010 und April 2012.
49 Rheumatoide Arthritis
Frühe Therapieeffekte in der ROSE-Studie Bei Rheumatoider Arthritis (RA) zeigt der IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab bereits früh eine gute Wirksamkeit. In einer Subanalyse der ROSE-Studie untersuchten nun US-amerikanische Rheumatologen um Yusuf Yazici, New York, die Effekte von Tocilizumab plus DMARDs bei RA nach der ersten Therapiewoche.
Bei ROSE handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie, in der erwachsene Patienten mit mäßig schwerer bis schwerer RA, die mit DMARDs behandelt wurden, zusätzlich entweder 8 mg/kg Tocilizumab (n=40) oder Placebo (n=22) im Abstand von vier Wochen erhielten. Für die Analyse wurden die Daten von 62 Patienten ausgewertet, die der klinischen Untersuchung und der Blutentnahme nach drei und sieben Tagen zugestimmt hatten und bei denen zu Studienbeginn ein CRP-Wert ≥1 mg/ dl vorlag. Die Baselinedaten beider Therapiegruppen waren vergleichbar. Die sich aus dem Patient Global Assessment ergebenden Daten zur Krankheitsaktivität und Schmerzintensität belegen eine deutlichere Verbesserung unter Tocilizumab gegenüber Placebo mit einer mittleren Veränderung innerhalb einer Woche von -16,2 vs. +0,8 (p=0,005) bzw. -12,2 vs. -5,6 (p=0,01). Die im Physician Gobal Assessment dokumentierte Verbesse-
rung der Krankheitsaktivität gemäß DAS28 war verglichen mit Placebo ebenfalls für Tocilizumab signifikant größer (-15,4 vs. -5,6; p=0,05). Der DAS28-Score verbesserte sich unter Tocilizumab im Vergleich zu Placebo nach sieben Tagen signifikant stärker (-1,16 vs. -0,26; p=0,007). Die mittleren Veränderungen im TJC/ SJC, HAQ und den RAPID3-Scores waren hingegen für beide Gruppen nicht signifikant verschieden. In der ROSE-Studie wurde unter Tocilizumab nach der ersten Infusion und einer Therapiedauer von nur sieben Tagen eine signifikante Verbesserung bei den durch die Patienten angegebenen Daten zur Krankheitsaktivität und Schmerzintensität sowie im DAS28Score gesehen – früher als es aus den durch die behandelnden Rheumatologen dokumentierten Daten ersichtlich war. m
Quelle: Clin Exp Rheumatol 2013; online 10. Januar
Aktuelle Ergebnisse der SMILE-Studie Das Ziel der multizentrischen, retrospektiven Querschnitts-Beobachtungsstudie SMILE war die Evaluation der Sicherheit einer Kombination von Methotrexat (MTX) und Leflunomid im Vergleich zu einer MTX-Monotherapie bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) in der klinischen Praxis.
An der von australischen Rheumatologen um Paul Bird, Kogarah, durchgeführten SMILE-Studie nahmen 13 rheumatologische Praxen mit 25 Rheumatologen teil. Die Sicherheitsanalyse wurde für die verschiedenen Behandlungsstrategien insbesondere im Hinblick auf das Auftreten von Neutropenien und Leberfunktionsstörungen durchgeführt. In die Studie wurden 2.975 Patienten (74 % Frauen, mittleres Alter 62 Jahre) eingeschlossen. 52,2 % der Patienten erhielten eine MTX-Monotherapie, 7,3 % eine Leflunomid-Monotherapie, 13,9 % die Kombinationstherapie und 26,6 % keines der beiden DMARDs. Bei 8,1 % der Patienten wurde eine begleitende Lebererkrankung dokumentiert. Über Leberfunktionsstörungen wurde unter der MTX-Monotherapie bei
12 %, unter der Leflunomid-Monotherapie bei 16 %, in der Kombinationsgruppe bei 19 % und in der Gruppe ohne diese beiden DMARDs bei 14 % der Patienten berichtet. Eine Neutropenie trat bei 2,3 % der Patienten unter der MTX-Monotherapie, 5,5 % unter der Leflunomid-Monotherapie, 3,9 % in der Kombinationsgruppe und bei 4,2 % der Patienten ohne Therapie mit diesen beiden DMARDs auf. Die Kombination von MTX mit Leflunomid wurde in der SMILE-Studie von den RA-Patienten gut vertragen, wobei die unerwünschten Wirkungen mit der jeweiligen Monotherapie und den anderen DMARDs vergleichbar waren. m Quelle: J Rheumatol 2013; 40: 228-235
Rheuma Management · März/Apr. 2013
50 Rheumatoide Arthritis
Lehren aus der PRESERVE-Studie Nach dem Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität oder besser noch klinischen Remission stellt sich bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) stets die Frage, ob und wie sich die Medikation in der Folge reduzieren lässt, ohne dass hierunter das Risiko für eine erneute Erhöhung der Krankheitsaktivität ansteigt. Mit der Möglichkeit bei Patienten mit mäßig aktiver RA, die unter der Kombination aus Etanercept und Methotrexat (MTX) stabil eine niedrige Krankheitsaktivität erreichten, die Etanercept-Dosis von 50 auf 25 mg/Woche zu reduzieren oder den TNF-Rezeptor ganz abzusetzen, befasste sich eine internationale Studiengruppe um Josef S. Smolen, Wien (Österreich), in der PRESERVE-Studie.
Strategien nach Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität Um in die nachfolgende 52-wöchige doppelblinde Studienphase aufgenommen zu werden, mussten die Patienten eine anhaltend niedrige Krankheitsaktivität aufweisen. Die dieses Kriterium erfüllenden Patienten wurden in einem 1:1:1-Studiendesign auf eine von drei Behandlungsgruppen randomisiert: 1) 50 mg Etanercept plus MTX, 2) 25 mg Etanercept plus MTX und 3) Placebo plus MTX. Die Patienten wurden in Dreierblöcken gemäß ihrem DAS28-Ansprechen (niedrige
Niedrige Krankheitsaktivität nach 88 Wochen * je p<0,0001 vs. Placebo 100
82,6*
Patienten (%)
80
79,1*
60
42,6 40 20 0
50 mg Etanercept plus MTX
25 mg Etanercept plus MTX
Placebo plus MTX
Abb.: Hauptergebnisse der PRESERVE-Studie Rheuma Management · März/Apr. 2013
Krankheitsaktivität oder Remission) in Woche 36 stratifiziert. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten mit niedriger Krankheitsaktivität in Woche 88 in den Gruppen, die in der Doppelblindphase 50 mg Etanercept oder Placebo erhalten hatten. Ein konditionaler primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten, die unter 25 mg Etanercept eine niedrige Krankheitsaktivität erreichten. Insgesamt konnten 604 der ursprünglich 834 Patienten (72,4 %) in die doppelblinde Studienphase aufgenommen werden, von denen wiederum je 202 auf 50 mg Etanercept plus MTX und 25 mg Etanercept plus MTX randomisiert wurden, sowie 200 Patienten auf Placebo plus MTX, also eine MTX-Monotherapie. In einer modifizierten ITT-Analyse wiesen in Woche 88 schließlich 166 von 201 Patienten (82,6 %), die mindestens eine Dosis 50 mg Etanercept erhalten hatten und bei denen mindestens eine DAS28-Evaluation durchgeführt worden war, eine niedrige Krankheitsaktivität auf, verglichen mit 84 von 197 (42,6 %), die Placebo erhalten hatten (mittlere Differenz 40,8 %; p<0,0001). Ein weiteres Ergebnis: Auch bei 159 der 201 Patienten (79,1 %) unter 25 mg Etanercept wurde in Woche 88 eine niedrige Krankheitsaktivität dokumentiert (mittlere Differenz gegebüber Placebo 35,9 %; p<0,0001). m
Bei Patienten mit mäßig aktiver RA, die unter der Kombination aus 50 mg Etanercept plus MTX eine stabile niedrige Krankheitsaktivität erreichen, kann diese unter Beibehaltung der konventionellen EtanerceptDosis, aber fast ebenso gut auch mit der halbierten Dosis aufrechterhalten werden, während dies unter einer reinen MTX-Monotherapie mit komplettem Absetzen des TNF-Rezeptors signifikant seltener gelingt.
Quelle: Lancet 2013; 381: 918-929
Kompakt
In die randomisierte, dreiarmige, kontrollierte Studie wurden Patienten im Alter zwischen 18 und 70 Jahren eingeschlossen, die eine mäßig aktive RA (DAS28Score >3,2, ≤5,1) trotz bestehender MTX-Therapie aufwiesen. Das durchschnittliche Alter der Patienten bei Studienbeginn lag bei 48,4 Jahren und die Krankheitsdauer betrug im Durchschnitt 6,9 Jahre. Um die Einschlusskriterien zu erfüllen, mussten die Teilnehmer stabil 15-25 mg MTX pro Woche über mindestens acht Wochen erhalten haben. In einer 36-wöchigen open-label-Studienphase erhielten dann alle Patienten jede Woche 50 mg Etanercept plus MTX.
51 Rheumatoide Arthritis
JAK-Inhibitor auch nach TNF-Versagen wirksam Bei Tofacitinib handelt es sich um einen neuartigen, oral applizierbaren Inhibitor der Janus-Kinasen (JAK). Aktuelle Daten einer internationalen Studiengruppe um Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, belegen die Effektivität des neuen Therapieprinzips auch bei Patienten mit aktiver Rheumatoider Arthritis (RA), die zuvor unzureichend auf TNF-Inhibitoren angesprochen haben.
In die sechsmonatige, doppelblinde Phase-III-Studie ORAL Step wurden 399 Patienten über 18 Jahre mit mäßig schwerer bis schwerer RA, die unzureichend auf TNF-Inhibitoren angesprochen hatten, mittels eines automatisierten Internet- oder Telefonsystems auf eine zweimal tägliche Therapie mit Tofacitinib 5 mg (n=133), Tofacitinib 10 mg (n=134) oder Placebo (n=132) randomisiert, jeweils in Kombination mit Methotrexat (MTX). Nach drei Monaten wurden die Placebo-Patienten auf entweder zweimal täglich Tofacitinib 5 mg (n=66) oder 10 mg (n=66) eingestellt. Primäre Endpunkte nach drei Monaten waren das ACR20-Ansprechen, die mittlere Veränderung des HAQ-DI ab Baseline und eine DAS28-4(ESR)-Remission <2,6. Nach drei Monaten erfüllten 55 von 132 Patienten unter 5 mg Tofacitinib zweimal täglich (41,7 %, p=0,0024 vs. Placebo) und 64 von 133 Patienten unter Tofacitinib 10 mg zweimal täglich (48,1%, p<0,0001 vs. Placebo) das Kriterium eines ACR20-Ansprechens.
Die Verbesserungen der körperlichen Funktionsfähigkeit im HAQ-DI betrug im Vergleich zu Placebo für 5 bzw. 10 mg Tofacitinib -0,43 und -0,46 (je p<0,0001). Eine DAS28-Remission <2,6 wurde bei acht von 119 Patienten unter 5 mg Tofacitinib (6,7 %, p=0,0496 vs. Placebo), elf von 125 Patienten unter 10 mg (8,8 %, p=0,0105 vs. Placebo) und zwei von 120 Patienten unter Placebo (1,7 %) beobachtet. Die Daten zur Sicherheit stimmten mit den Daten aus anderen Phase-IIund Phase-III-Studien überein. In ORAL Step zeigte Tofacitinib in Kombination mit MTX auch bei therapierefraktären RA-Patienten schnelle und klinisch relevante Verbesserungen der Symptome und körperlichen Einschränkungen bei einem akzeptablen Sicherheitsprofil. Tofacitinib könnte daher eine effektive Therapieoption für Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf TNF-Inhibitoren darstellen. m Quelle: Lancet 2013; 381: 451-460
BAFF-Inhibitor mit gemischten Ergebnissen US-amerikanische Rheumatologen um Mark C. Genovese, Palo Alto, untersuchten in einer placebokontrollierten Studie die Effektivität und Sicherheit des neuen BAFF-Inhibitors Tabalumab bei Patienten mit aktiver Rheumatoider Arthritis (RA) und TNF-Versagen. In anderen Therapiesituationen hatte der monoklonale Antikörper gute Behandlungsergebnisse geliefert.
Stabil auf Methotrexat eingestellte Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf einen oder mehrere TNF-Inhibitoren wurden auf Placebo (n=35), 30 mg Tabalumab (n=35) oder 80 mg Tabalumab (n=30) i.v. in Woche 0, 3 und 6 randomisiert. Primärer Endpunkt war das ACR50-Ansprechen der gepoolten Tabalumab-Arme gegenüber Placebo nach 16 Wochen. Mit 12,7 vs. 2,9 % (p=0,101) zeigte sich hier nur ein numerischer Vorteil von Tabalumab. Ebenso galt dies für das ACR20-Ansprechen mit 27,0 vs. 17,1 % (p=0,198). Signifikante Unterschiede zugunsten der kombinierten Tabalumab-Arme beim ACR20/50-Ansprechen und der Reduktion des DAS28-CRP-Scores
wurden jedoch im frühen Therapieverlauf gezeigt. Die Anzahl therapieassoziierter Nebenwirkungen war unter beiden Tabalumab-Dosierungen mit 65,7 bzw. 76,7 % auf einem ähnlichen Niveau wie Placebo mit 71,4 %, wobei in den Verumarmen häufiger Infektionen, Anämien und gastrointestinale Ereignisse dokumentiert wurden. Schwere unerwünschte Ereignisse waren in allen drei Therapiearmen selten. Damit bewegen sich die Sicherheitsdaten von Tabalumab im Bereich anderer bei RA eingesetzter Biologika. m Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202775
Rheuma Management · März/Apr. 2013
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53 Axiale Spondyloarthritis
Frauen sind oftmals stärker betroffen Niederländische Rheumatologen um Irene E. van der Horst-Bruinsma, Amsterdam, untersuchten in einer aktuellen Analyse den geschlechtsspezifischen Einfluss auf klinische und funktionelle Parameter sowie Patient-Reported Outcomes anhand der gepoolten Daten aus insgesamt vier randomisierten, kontrollierten Therapiestudien zur Ankylosierenden Spondylitis (AS).
In den in die Analyse einfließenden vier kontrollierten Studien waren 1.283 erwachsene Patienten mit aktiver AS entweder mit Etanercept, Sulfasalazin oder Placebo behandelt worden. Die Patientendaten wurden nach Geschlecht stratifiziert und auf Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten in Bezug auf Demografie und Krankheitscharakteristika zu Studienbeginn sowie hinsichtlich der Effektivität und Abbruchraten nach 12 Therapiewochen untersucht. Bei den 326 Frauen wurden signifikante Unterschiede bei den Basisdaten im Vergleich zu den 957 Männern beobachtet. Die weiblichen Patienten waren zu Krankheitsbeginn im Mittel älter (35,0 vs. 31,2 Jahre; p<0,001), hatten eine kürzere mittlere Krankheitsdauer (7,4 vs. 9,5 Jahre; p<0,001), ein niedrigeres CRP (13,1 vs. 20,9 mg/l; p<0,001) und waren seltener HLA-B27-positiv (76,3 vs. 85,2 %; p<0,001). Bei den Frauen wurde nach 12 Wochen ein im Vergleich zu
Männern signifikant geringeres Ansprechen auf die Therapie dokumentiert (je p<0,001), so beim ASDAS (0,87 vs. -1,08), BASDAI (-19,2 vs. -23,4) und BASFI (-13,9 vs. -16,9). Relativ stärker betroffen waren Frauen in einer adjustierten Analyse im Mittel auch bei nächtlichen Rückenschmerzen (p<0,05), Rückenschmerzen insgesamt (p<0,05) und der allgemeinen Patienteneinschätzung (p<0,01). Damit leiden bei AS Frauen im Vergleich zu Männern unter einer schwereren Krankheitslast und profitieren weniger von Verbesserungen bei den AS-spezifischen Outcomeparametern – und dies trotz eines späteren Krankheitsbeginns und kürzerer Erkrankungsdauer. Die bislang unklaren Gründe für diese Diskrepanz gilt es in zukünftigen Studien genauer zu evaluieren. m Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202431
Welchen Score für Röntgenprogression benutzen? Bei axialer Spondyloarthritis wird die röntgenologische Progression zumeist mit dem modifizierten Stoke Ankylosing Spondylitis Spine Score (mSASSS) erfasst. Als Alternative wird hierzu auch der Radiographic Ankylosing Spondylitis Spinal Score (RASSS) vorgeschlagen, der die untere Brustwirbelsäule einschließt, unter der Hypothese, dass in diesem Bereich die stärkste Progression zu erwarten ist. Niederländische Rheumatologen um Sofia Ramiro, Maastricht, verglichen nun im Rahmen der OASIS-Studie den mSASSS und RASSS.
In der OASIS-Studie wurden alle zwei Jahre Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule angefertigt und ausgewertet. Eingeschlossen wurden 195 Patienten mit mindestens einem Röntgenbild im 12-Jahres-Followup. Der mSASSS konnte in 809 Röntgenaufnahmen bestimmt werden, der RASSS nur von 78 % dieser Bilder. Es waren 520 2-Jahres-Intervalle für den mSASSS verfügbar, für 63 % dieser Intervalle konnte auch die Progression gemäß RASSS bestimmt werden. Der mittlere Progressionsscore im 2-Jahres-Intervall (n=330) betrug 2,0 für den mSASSS und 2,4 für den RASSS, woraus sich eine vergleichbare Effektgröße ergibt (mSASSS 0,57 und RASSS 0,55). Eine exklusive Progression im unteren Brustabschnitt wurde nur in
5 % der Fälle beobachtet. Den Autoren zufolge ist die Bestimmung des RASSS zur Beurteilung der röntgenologischen Schädigung der Wirbelsäule häufig entweder nicht möglich oder wird stark dadurch beeinflusst, dass nicht klar bewertbare Wirbelkanten als Messpunkte künstlich ergänzt werden müssen. Im Vergleich zum mSASSS ist der zusätzliche Beitrag der Wirbelkanten im Bereich der Brustwirbelsäule im RASSS vernachlässigbar und rechtfertigt nicht den zusätzlichen Aufwand für die Berechnung des Scores. m Quelle: Arthritis Res Ther 2013; 15: R14
Rheuma Management · März/Apr. 2013
54 Psoriasis-Arthritis
TNF-Inhibitoren hemmen radiologische Progression Französische Rheumatologen um Bernard Combe, Montpellier, untersuchten mittels einem systematischen Literaturreview und einer Metaanalyse über randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs) zur Psoriasis-Arthritis (PsA) die Effekte einer Therapie mit TNF-Inhibitoren auf die radiologische Progression. Eine weitere Zielsetzung war die Klärung der Frage, ob hierbei eine Kombinationstherapie aus TNF-Blocker und Methotrexat (MTX) einer alleinigen Anti-TNF-Therapie überlegen ist.
Die französische Arbeitsgruppe führte ein systematisches Review von bis Dezember 2012 in Embase and Medline sowie auf den beiden letzten Jahrestagungen der europäischen und US-amerikanischen Fachgesellschaften EULAR und ACR publizierten Veröffentlichungen durch. Als primärer Endpunkt wurde der Anteil von Patienten ohne radiologische Progression (Nicht-Progressoren) nach 24-wöchiger Behandlung festgelegt, definiert als eine Veränderung im modifizierten Total Sharp Score (mTSS) ≤0,5. Die MantelHaenszel-Methode wurde angewandt, um Odds ratios (ORs) für die Effekte von TNF-Inhibitoren (mit oder ohne begleitender MTX-Therapie) gegenüber Placebo (mit oder ohne MTX) zu kalkulieren. Die umfassende Literaturrecherche lieferte schließlich 207 Veröffentlichungen, von denen wiederum fünf Studien mit insgesamt 1.110 PsA-Patienten die Eingangskriterien für die Metaanalyse erfüllten. Von den 584 mit TNF-Inhibitoren behandelten Patienten wurden 494 (84,5 %) als Nicht-Progressoren nach 24 Therapiewochen eingestuft. Im Vergleich hierzu wurde bei den 526 Patienten der Placebogruppe in 362 Fällen (68,8 %) das Kriterium für keine radiologische Progression in Woche 24 erreicht (OR 2,68; p<0,001).
Zwischen den ausgewerteten RCTs bestand keine signifikante Heterogenität. Leider lieferten nur drei RCTs auch Studienergebnisse zur zusätzlichen Effektivität von MTX. Aus zwei dieser Studien ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen einer Kombination aus TNF-Blocker und MTX und einer Anti-TNF-Therapie ohne begleitendes MTX, während die dritte Studie Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen der Kombinationstherapie lieferte. Zusammenfassend ergab die Metaanalyse für mit TNF-Inhibitoren behandelte Patienten mit PsoriasisArthritis nach 24 Wochen eine gegenüber Placebo erwartungsgemäß deutlich bessere Kontrolle struktureller Schädigungen mit einem hohen Anteil von Patienten ohne radiologische Progression. Aufgrund der unzureichenden Datenlage ließ sich jedoch keine eindeutige Aussage zu einem zusätzlichen oder besseren Nutzen einer Kombination aus TNF-Blocker und MTX hinsichtlich der Hemmung der radiologischen Progression treffen, betonen die Autoren. m Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202641
Frühe PsA: Ergebnisse aus dem SwePsA-Register Im „Swedish Early Psoriatic Arthritis Register” (SwePsA) wird der Krankheitsverlauf von Patienten mit früher Psoriasis-Arthritis (PsA) in einem praxisnahen „Real-world“-Setting dokumentiert. Schwedische Rheumatologen um Elke Theander, Malmö, nutzten nun Daten dieses Registers, um Informationen zu Prädiktoren für das klinische Outcome dieser Patienten über einen 5-Jahres-Zeitraum zu gewinnen, wobei vor allem der Einfluss des Geschlechts, Gelenkbefalls, einer späten Diagnosestellung und der Krankheitsaktivität zu Studienbeginn im Fokus des Interesses standen.
In sechs Studienzentren wurden Patienten mit Verdacht auf PsA innerhalb von zwei Jahren nach Symptombeginn in das SwePsA-Register eingeschlossen. Die CASPAR-Klassifikationskriterien für PsA wurden von 197 Patienten, für die 5-Jahres-Verlaufsdaten vorlagen, erfüllt. Die Krankheitsaktivität wurde einerseits Rheuma Management · März/Apr. 2013
mit dem DAS28-Score erfasst, überdies wurde der Disease Activity Index for Psoriatic Arthritis (DAPSA) erhoben. Als Outcomekriterien wurden das Erreichen einer Remission und/oder einer minimalen Krankheitsaktivität (minimal disease activity, MDA) festgelegt. Das mittlere Alter der Patienten bei Einschluss in das
55 Register betrug 46 Jahre, wobei die Männer im Schnitt jünger waren (43 vs. 48 Jahre). Für Frauen war im Vergleich zu Männern der mittlere DAS28 sowohl zu Beginn mit 3,7 vs. 3,0 als auch im weiteren Follow-up mit 2,8 vs. 2,1 jeweils signifikant höher. Mit dem DAPSA war auch der andere Score zur Erfassung der Krankheitsaktivität bei Frauen signifikant höher. Das Ausmaß der Verbesserung beider Scores (Veränderung im DAS28 und DAPSA) unterschied sich nicht zwischen den Geschlechtern. Im Vergleich erreichten Männer häufiger eine MDA oder Remission (50 vs. 33 % bzw. 25 vs. 13 %). Auffällig war, dass Frauen bereits bei Studieneinschluss, aber auch nach fünf Jahren signifikant öfter eine Polyarthritis aufwiesen (49 vs. 27 % bzw. 25 vs. 15 %). Bei Männern dominierte ein axiales oder mono/oligoartikuläres Muster des Gelenkbefalls. Unabhängige Prädiktoren für eine MDA nach einem Follow-up von fünf Jahren waren eine kürzere Symp-
tomdauer, besseres Allgemeinbefinden (Gesamt-VAS) und ein niedriger HAQ-Score bei Einschluss in das Register. Bei früher Psoriasis-Arthritis sind den aktuellen Daten zufolge eine nur kurze Zeitspanne zwischen Symptombeginn und Diagnose, der Erhalt der Funktionalität und männliches Geschlecht die wichtigsten prädiktiven Faktoren für ein vorteilhaftes klinisches Outcome im 5-Jahres-Follow-up. Die möglichst frühe Diagnose und eine nachfolgende rasche und konsequente medikamentöse Therapie der PsA sind vor allem bei Frauen mit polyartikulärem Befall von größter Bedeutung, schlussfolgern die Autoren. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-201972
Mortalitätsrisiko vermutlich nicht erhöht Ob und inwieweit bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) tatsächlich ein erhöhtes Mortalitätsrisiko vorliegt, ist in Anbetracht widersprüchlicher Veröffentlichungen noch nicht sicher geklärt. US-amerikanische Experten um Alexis Ogdie, Philadelphia, haben daher in einer aktuellen Studie das Mortalitätsrisiko von PsA-Patienten im Vergleich zu passenden Personen einer Kontrollgruppe aus der Allgemeinbevölkerung, Patienten mit Psoriasis und Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) untersucht.
1,54. Jene Patienten mit Psoriasis, die keine DMARDTherapie erhielten, hatten ein leicht erhöhtes Risiko (HR 1,08), während Patienten, denen vermutlich aufgrund einer schwereren Verlaufsform DMARDs verordnet wurden, ein deutlich erhöhtes Risiko aufwiesen (HR 1,75). m
Nach Adjustierung für Alter und Geschlecht wurde für die PsA-Patienten im Vergleich zu den Kontrollpersonen aus der Allgemeinbevölkerung kein erhöhtes Mortalitätsrisiko ermittelt. Für PsA-Patienten unter einer DMARD-Therapie ergab sich eine Hazard Ratio (HR) von 0,94, für solche Patienten ohne DMARDs 1,06.
In der aktuellen, großen Kohortenstudie mit Daten aus dem Health Improvement Network hatten sowohl Patienten mit Rheumatoider Arthritis als auch Psoriasis im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. Dies konnte auch unabhängig von der einen potentiell schwereren Verlauf anzeigenden medikamentösen Therapie mit DMARDs für Patienten mit Psoriasis-Arthritis nicht gezeigt werden. Unter Berücksichtigung anderer Studiendaten zur Mortalität bei PsA-Patienten dürfte diese Frage aber noch nicht abschließend beantwortet sein.
Im Gegensatz hierzu wiesen die RA-Patienten ein deutlich erhöhtes Mortalitätsrisiko auf; für DMARD-Patienten betrug die HR 1,59, für Patienten ohne DMARDs
Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202424
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
In einer longitudinalen Kohortenstudie wurden unter Verwendung der großen medizinischen Datenbank „The Health Improvement Network“ in Großbritannien Patienten mit PsA, RA oder Psoriasis mit Daten aus den Jahren 1994 bis 2010 erfasst. Für jeden Patienten mit PsA wurden hinsichtlich z. B. des Beobachtungsbeginns passende Kontrollpersonen zugeordnet und mittels Cox-Modellen (proportionalen Hazard-Modellen) die relativen Risiken für die Mortalität berechnet. In der Datenbank wurden 8.706 Patienten mit PsA, 41.752 mit RA, 138.424 mit Psoriasis und 82.258 Kontrollpersonen identifiziert. Im Verlauf der sich über 1.442.357 Personenjahre (PJ) erstreckenden Beobachtungszeit ereigneten sich 21.825 Todesfälle.
56 Hyperurikämie und Gicht
Erneut Nachweis für höheres Mortalitätsrisiko Bereits aus früheren Studien bekannt ist das mit Gicht aufgrund vermehrter kardiovaskulärer Ereignisse einhergehende erhöhte Mortalitätsrisiko. Spanische Rheumatologen um Fernando Perez-Ruiz, Bilbao, untersuchten nun, inwieweit das Sterberisiko bei Gichtpatienten durch den Schweregrad der Erkrankung beeinflusst wird.
Basierend auf prospektiv zwischen 1992 und 2008 erfassten Daten zur Krankheitsschwere und Mortalität in einer Kohorte von 706 Patienten mit Gicht wurde die standardisierte Mortalitätsratio (SMR) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung berechnet. Das mittlere Follow-up betrug 47 Monate. Tophi zeigten sich bei 30,5 % der Patienten, in 34,6 % der Fälle waren mehr als vier Gelenke betroffen. Im Durchschnitt wurden pro Jahr 3,4 Schübe bezeichnet. Häufige Komorbiditäten waren arterielle Hypertonie (41,2 %), Hyperlipidämie (42,2 %), Typ-2-Diabetes (20,1 %), eine eingeschränkte Nierenfunktion (26,6 %) und ein früheres kardiovaskuläres Ereignis (25,3 %). Im Beobachtungszeitraum verstarben 64 Patienten (9,1 %), in 59 % der Fälle aufgrund vaskulärer Ursachen. Die SMR für Gicht-Patienten betrug 2,37 (alle), 1,57 (nur Männer) und 4,50 (nur Frauen). Das Vorliegen von Tophi und die höchsten SerumharnsäureSpiegel zu Baseline waren unabhängig mit einer er-
höhten Mortalität assoziiert, zusätzlich zu weiteren Faktoren wie dem Alter, der Verordnung von Schleifendiuretika und vorhergehenden vaskulären Ereignissen. In einem multivariaten Regessionsmodell unter Einbeziehung sich im zeitlichen Verlauf ändernder Kovariablen blieb das Vorliegen von Tophi signifikant mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert, auch nach Adjustierung auf die Serumharnsäure-Spiegel zu Beginn (Odds ratio, OR 1,98). Hohe Serumharnsäure-Spiegel und das Vorliegen subkutaner Tophi waren in dieser Analyse mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko bei Gichtpatienten assoziiert, zumeist in Verbindung mit kardiovaskulären Ereignissen. Dies lässt auf einen pathophysiologischen Link zwischen hoher Harnsäure-Gesamtbelastung und kardiovaskulärem Risiko schließen. m Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202421
Therapieziel mit Febuxostat besser erreichbar Dass der Xanthinoxidase-Inibitor Febuxostat in der Behandlung der Hyperurikämie bei Patienten mit und ohne Gicht bei einem vorteilhaften Sicherheitsprofil zu guten Therapieergebnissen führt, bestätigten ein systematisches Review und eine Metaanalyse chinesischer Rheumatologen um Qifu Li, Chongqing.
In zehn aus elektronischen Datenbanken bis Februar 2012 selektierten randomisierten, kontrollierten Studien erreichte unter Febuxostat im Vergleich zu Placebo (Odds ratio, OR 235,73; p<0,01) und dem häufig verordneten Allopurinol (OR 3,14; p<0,01) ein jeweils signifikant höherer Anteil von Patienten den Serumharnsäure-Zielwert ≤6,0 mg/dl bei der jeweils letzten Visite. In einer Subgruppenanalyse konnten zum jeweiligen Studienende mit 50,9 vs. 45,6 % signifikant mehr Patienten unter Febuxostat (40 mg/Tag) auf den Harnsäure-Zielwert eingestellt werden als unter Allopurinol (100-300 mg/Tag) (OR 1,25; p=0,01). Unter einer steigenden Febuxostat-Dosis (40, 80, 120 mg/Tag) erhöhte sich der Anteil von Patienten mit einem Serumharnsäure-Spiegel ≤6,0 mg/dl von 50,9 Rheuma Management · März/Apr. 2013
auf 71,4 bzw. 82 %. Hinsichtlich des Auftretens unerwünschter Ereignisse wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den mit Febuxostat und Allopurinol behandelten Patienten dokumentiert. Insgesamt zeigte sich somit eine im Vergleich zu Allopurinol in Dosen von 100-300 mg/Tag höhere Effektivität von Febuxostat (40-120 mg/Tag) beim Erreichen des wichtigen Therapieziels eines SerumharnsäureSpiegels ≤6,0 mg/dl bei hyperurikämischen Patienten mit und ohne Gicht. Allerdings wurden den Autoren zufolge in den Studien vielfach relativ niedrige Allopurinol-Dosierungen eingesetzt. m
Quelle: Clin Ther 2013; 35: 180-189
57 Arthritis urica
Niedrig dosiertes ASS erhöht Risiko für Gichtanfälle In einer aktuellen Studie untersuchten US-amerikanische Epidemiologen um Yuqing Zhang, Boston, ob und in welchem Ausmaß bei Gichtpatienten ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) und einem erhöhten Risiko für wiederkehrende Gichtanfälle besteht. Den Daten zufolge steigert insbesondere niedrig dosiertes ASS zur kardiovaskulären Prävention dieses Risiko ganz erheblich.
Bei Prävention mit ASS immer auch harnsäuresenkende Therapie Insbesondere bei der Zufuhr von ASS in niedriger Dosierung erhöhte sich das Risiko für einen Gichtanfall in erheblichem Maße. So erhöhte in einer adjustierten Analyse die Einnahme von niedrig dosiertem ASS in einer Dosierung von ≤325 mg/Tag an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Vergleich zur Nicht-Einnahme von ASS an diesen beiden Tagen die Wahrscheinlichkeit für einen Gichtanfall um 81 % (Odds ratio, OR 1,81). Noch ausgeprägter war die entsprechende Risikoerhöhung mit 91 % bei ASS in einer Dosierung von ≤100 mg/Tag, wie typischerweise zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse eingesetzt (OR 1,91). Geringer waren die Unterschiede zwischen der Einnahme oder Nicht-Einnahme von ASS an den beiden Folgetagen in einem Dosierungsbereich von 101 bis 500 mg/Tag mit einem Risikoanstieg um 64 % (OR 1,64) und vor allem bei Dosierungen zwischen 501 und 999 mg/Tag, wodurch sich das Risiko für eine Gichtattacke um 55 % erhöhte (OR 1,55). Zusätzlich
5
zu ASS führten eine purinreiche Ernährung und die gleichzeitige Einnahme von Diuretika zu einer weiteren Erhöhung dieses Risikos. Unter einer begleitenden harnsäuresenkenden Therapie mit Allopurinol wurden die negativen ASS-Effekte erwartungsgemäß nicht dokumentiert. Die gefundenen Assoziationen zwischen ASS – erklärbar durch dessen dosisabhängige Beeinflussung des renalen Harnsäuretransports über URAT1 – und dem Risiko für Gichtanfälle zeigten sich übereinstimmend in allen daraufhin analysierten Subgruppen (Geschlecht, Alter, BMI und eingeschränkte Nierenfunktion). m
Insgesamt erhöht ASS bei Gichtpatienten vor allem in niedriger Dosierung das Risiko für Gichtanfälle. Da Gicht jedoch zusätzlich das kardiovaskuläre Risiko erhöht, kann und sollte auf eine Prävention mit ASS nicht verzichtet werden, zumal sich dessen negative Effekte durch eine ohnehin indizierte harnsäuresenkende Therapie vermeiden lassen. Die Autoren betonen in diesem Zusammenhang erneut die Notwenigkeit einer engmaschigen Kontrolle des Serumharnsäure-Spiegels, an der es in der Praxis mitunter noch hapert.
Quelle: Ann Rheum Dis 2013; doi:10.1136/annrheumdis-2012-202589
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
In die online durchgeführte Fall-Crossover-Studie wurden 724 Patienten mit Gicht eingeschlossen. Die Teilnehmer füllten ein Jahr lang in dreimonatigem Abstand und jedes Mal nach einer Gichtattacke einen Fragebogen aus, in dem Informationen zum Zeitpunkt des Gichtanfalls zu Symptomen und deren Ausprägung, der bestehenden medikamentösen Therapie und potentiellen Risikofaktoren für Gichtattacken, wie z. B. der kontinuierlichen Einnahme von ASS und dessen Dosierung abgefragt wurden. Von besonderem Interesse waren hierbei die beiden Tage vor der Gichtattacke respektive die entsprechende Kontrolltage in der Zeit ohne Anfall. Es konnten über 1.000 Gichtanfälle ausgewertet werden. Insgesamt nahmen 43,5 % der Studienteilnehmer ASS in unterschiedlichen Dosierungen ein. In 98,5 % der Fälle betrug die Dosis weniger als 1.000 mg/Tag, bei 40,5 % der Probanden waren es maximal 325 mg/Tag und bei 23,1 % bis zu 80 mg/Tag.
58 Biologika-Register
Tiefere Einblicke zu TNFα-Blockern im Praxisalltag Die Daten verschiedener europäischer Biologika-Register belegen das günstige Wirksamkeit-/Sicherheitsverhältnis von TNFα-Blockern wie dem TNFα-Rezeptor Etanercept in der langfristigen Behandlung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und insbesondere der Rheumatoiden Arthritis (RA).
Aus Biologika-Registern können Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Verträglichkeit unterschiedlicher Anti-TNF-Strategien gewonnen werden, die die Daten aus kontrollierten klinischen Studien um Erfahrungen aus der praktischen Anwendung ergänzen. Die Ergebnisse randomisierter, kontrollierter Studien können aufgrund der engen Einschlusskriterien nicht generell auf die für den Praxisalltag typischen Patienten, die häufig ein höheres Alter und verschiedene Komorbiditäten haben, übertragen werden, berichtete Prof. Dr. Jörn Kekow, Vogelsang-Gommern. Prospektive Register können die Studiendaten durch umfangreiche Langzeitdaten aus der klinischen Routine ergänzen. In das deutsche RABBIT-Register sind mittlerweile mehr als 11.300 Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erfasst. Nur 21 bis 33 % dieser Patienten hätten die stringenten Einschlusskriterien randomisierter kontrollierter Studien erfüllt, gab Kekow zu bedenken. Die Registerdaten belegen, dass der Einsatz von Biologika bei RA-Patienten die Wahr-
scheinlichkeit einer Remission (DAS28 <2,6) im Vergleich zu DMARDs verdoppelt. Zudem dokumentieren die RABBIT-Daten ein günstiges Sicherheitsprofil. Des Weiteren liefern die Biologika-Register wichtige Informationen zur Therapietreue, die als wichtiger Surrogatmarker für eine langfristige Sicherheit und Wirksamkeit gewertet werden kann. So zeigen die RABBIT-Daten, dass unter Etanercept (Enbrel®) plus Methotrexat (MTX) 54 % der Patienten über drei Jahre ihre Therapie konsistent fortführen. Demgegenüber waren nur 49 % bzw. 39 % einer Behandlung mit Adalimumab bzw. Infliximab (jeweils in Kombination mit MTX) treu. Die höhere Therapietreue unter Etanercept zeigte sich auch in den Registern anderer Länder. Zudem hatten die mit Etanercept behandelten Patienten das geringste Risiko für die Entwicklung einer Tuberkulose, so Kekow. m Quelle: Presse-Intensivkurs Pfizer Pharma GmbH, Berlin, 14. März 2013
Pfizer Forschungsförderung Rheumatologie 2013
Innovative Projekte zur TNFα-Inhibition gesucht Bis zum 1. Mai 2013 konnten sich Forschergruppen aus Deutschland bereits zum siebten Mal um einen der bis zu vier Forschungspreise Rheumatologie von Pfizer bewerben. Bis zu 60.000 Euro werden für die Realisierung wichtiger Projekte zur weiteren Erforschung der TNFα-Inhibition vergeben. Ein internationales Expertengremium wird die Preisträger in einem anonymisierten Auswahlverfahren ermitteln.
Die Blockade von TNFa hat sich als wesentliches Prinzip der Behandlung rheumatologischer Erkrankungen wie der Rheumatoiden Arthritis (RA), der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA), der Ankylosierenden Spondylitis (AS) und der Psoriasis-Arthritis (PsA) fest etabliert und hat die Versorgung der Patienten und die Rheumaforschung entscheidend vorangetrieben. Ziel der Forschungsförderung Rheumatologie ist es, neue Erkenntnisse zu wesentlichen klinischen oder pathophysiologischen Fragestellungen zur TNFa-BlockaRheuma Management · März/Apr. 2013
de in rheumatologischen Indikationen zu gewinnen. Als Gutachter fungieren auch in diesem Jahr wieder Prof. Dr. Maxime Dougados, Paris (Frankreich), Prof. Dr. Lars Klareskog, Stockholm (Schweden), Prof. Dr. Paul Emery, Leeds (Großbritannien), und Dr. Nicola Ruperto, Genua (Italien). Die Verleihung der Preise findet im Rahmen des Tight Junctions-Forschungssymposiums vom 8.-9. November 2013 in Leipzig statt. m Quelle: Pressemitteilung Pfizer Pharma GmbH, 5. März 2013
59 Rheumatologische Therapie mit Methotrexat
Neuer Fertigpen erleichtert parenterale MTX-Therapie Bei Rheumatoider Arthritis (RA), aber auch anderen rheumatologischen Erkrankungen stellt Methotrexat (MTX) das Ankermedikament der Therapie dar. Viele der Patienten unter MTX, meist solche mit höherer Krankheitsaktivität oder schlechter Verträglichkeit der Tablette, benötigen eine parenterale Therapie. Im Vergleich zur oralen Einnahme ermöglicht die 1x wöchentliche subkutane (s.c.) Injektion mit einer Fertigspritze einen schnelleren Wirkeintritt, eine zuverlässigere Wirksamkeit und bessere Verträglichkeit. Zusätzliche Vorteile bietet jetzt ein neuer, in zehn Wirkstärken verfügbarer MTX-Fertigpen. Zu seinen praktischen Erfahrungen mit dem neuen Fertigpen befragten wir Dr. Winfried Demary, Hildesheim.
Herr Dr. Demary, bei der parenteralen MTX-Gabe gibt es als Alternative zur etablierten Fertigspritze nun auch einen Fertigpen. Worin sehen Sie die größten Vorteile der neuen Applikationsform? Die einfach durchführbare Selbstinjektion mit dem MTX-Fertigpen gibt den Patienten mit RA oder auch Psoriasis-Arthritis deutlich mehr Freiheit und Selbständigkeit, da sie nicht mehr wöchentlich zur Injektion, sondern nur noch vierteljährlich zur Weiterverordnung oder Therapieanpassung in der Praxis vorstellig werden müssen. Vor allem für voll im Berufsleben stehende, aktive Patienten stellt dies einen großen Fortschritt dar. Nicht zuletzt ergibt sich auch eine größere Flexibilität z. B. während mehrwöchiger Urlaubsreisen. Aufgrund der nach eine kurzen Anleitung einfachen und sicheren Handhabung trägt der Fertigpen zu einer besseren Compliance bei. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die meisten Patienten die Selbstinjektion mit dem Fertigpen als weniger schmerzhaft im Vergleich zur Fertigspritze empfinden. Für welche Patienten ist der Fertigpen Ihrer Meinung nach besonders geeignet? Besonders vorteilhaft ist der MTX-Fertigpen für Patienten mit einer Spritzenphobie oder solche, die sich bislang die Selbstapplikation mit der Fertigspritze nicht zutrauten. Durch die aufgrund der ergonomischen Form des Fertigpens einfache und auch sichere Anwendung profitieren zudem vor allem Patienten mit eingeschränkter Feinmotorik. Nicht zu vergessen sind Kinder und Jugendliche mit juveniler idiopathischer Arthritis, die nach entsprechender Schulung ab einem Alter von etwa 8 Jahren die Selbstinjektion meistens sehr gut durchführen können. Welche Erfahrungen haben Sie seit der Einführung im Januar 2013 mit dem neuen Fertigpen (metex® PEN) gemacht?
Meine persönlichen Erfahrungen mit dem MTXFertigpen sind überaus positiv. Aufgrund der im Vergleich zur Fertigspritze leichteren Handhabung – Fehler bei der Anwendung sind kaum möglich, auch Selbstverletzungen an der Injektionsnadel sind ausgeschlossen – und dem verringerten Schmerzempfinden steigt Dr. med. Winfried Demary die Akzeptanz und Bereitschaft zur Selbstinjektionen bei vielen Patienten in erheblichem Maße. Dies bestätigt auch meine Erfahrung als teilnehmendes Prüfzentrum einer kürzlich beendeten Studie mit insgesamt 120 Patienten im Alter zwischen 20 und 75 Jahren, die durchweg mit der Selbstinjektion mit dem MTX-Fertigpen sehr gut zurechtkamen. Zusätzlich zur Akzeptanz trägt gerade für berufstätige oder auf dem Lande lebenden Patienten die Verringerung der erforderlichen Arztbesuche bei. Aber auch für die Praxismitarbeiter und mich als niedergelassener Rheumatologe in einer Schwerpunktpraxis mit einem großen Einzugsbereich von 100 km bedeutet die verstärkte Bereitschaft vieler Patienten unter einer parenteralen MTX-Therapie, sich jetzt zu Hause zu versorgen, eine deutliche Zeitersparnis. m Herr Dr. Demary, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
Dr. med. Winfried Demary Schwerpunktpraxis für Rheumatologie und Osteologie Bahnhofsplatz 5 31134 Hildesheim
Rheuma Management · März/Apr. 2013
60 Rheumatoide Arthritis
B-Zell-Therapie über 10 Jahre sicher und gut verträglich Als erste Biomarker-basierte Therapie hat sich Rituximab (RTX) Roche in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) bewährt. Verschiedene Studien mit einer Beobachtungszeit von bis zu 10 Jahren bestätigen nun erneut das positive Sicherheitsprofil der B-Zell-Therapie. Zudem wird RTX Roche in der aktuellen S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) bei positiver Malignomanamnese und bestimmten Gegenanzeigen auf TNFα-Hemmer ein Alleinstellungsmerkmal zugesprochen.
Die RA ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung mit zumeist progredientem Verlauf. Daher ist es wichtig, eine Remission (DAS28 <2,6) bzw. eine niedrige Krankheitsaktivität (DAS28 <3,2) rasch zu erreichen und diese über einen langen Zeitraum und ohne Komplikationen aufrecht zu erhalten. Die B-Zell-Therapie mit MabThera® (Rituximab Roche) bietet hier, wie umfangreiche Daten belegen, ein ausgesprochen gutes Langzeitsicherheitsprofil.
Auswertung von 10 Jahren Beobachtungszeit: langfristige Sicherheit und Verträglichkeit Wichtige Hinweise gibt hier eine von van Vollenhoven durchgeführte gepoolte Analyse von mehreren Studien mit RA-Patienten, die mit Rituximab Roche und Methotrexat (MTX) behandelt wurden (1). Über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren wurde die Langzeitsicherheit bei 3.595 Patienten („All-Exposure“-Population) beobachtet, die bis zu 19 RTX-Zyklen erhalten hatten (14.008 Patientenjahre, PJ). Darunter waren 1.145 Patienten (7.716 PJ) mit einem Follow-Up von mehr als fünf Jahren. Eine gepoolte Placebo-Population von 818 Studienteilnehmern (1.107 PJ) mit einem
Ereignisse pro 100 Patientenjahre (PJ) (95% CI) RTX (alle be- RTX (Exposition handelten Patienten) >5 Jahre) n=3.595 (14.008 PJ) n=1.145 (7.716 PJ)
UE
Placebo-Gruppe, gepoolt n=818 (1.107 PJ)
249,34 237,25 315,43 (246,74-251,97) (233,83-240,71) (305,14-326,06)
SUE
14,03 12,25 13,82 (13,42-14,66) (11,49-13,05) (11,79-16,19)
Infektionen 78,60 75,10 90,39 (77,14-80,08) (73,19-77,06) (84,96-96,17) schwerwiegende 3,80 2,76 3,79 Infektionen (3,50-4,14) (2,41-3,16) (2,80-5,13)
Tab.: Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen (UE) insgesamt, schweren unerwünschten Ereignissen (SUE), Infektionen und schwerwiegenden Infektionen bei RA-Patienten unter RTX Roche im Vergleich mit der Placebo-Gruppe; nach (1) Rheuma Management · März/Apr. 2013
mittleren Follow-Up von 1 bis 1,5 Jahren diente als Kontrollgruppe. Die Ergebnisse der zehn Beobachtungsjahre zeigen für RTX Roche ein stabiles und mit der Placebo-Gruppe vergleichbar gutes Sicherheitsprofil. Mit zunehmender Therapiedauer bzw. im Verlauf mehrerer Behandlungszyklen wurde RTX Roche generell gut vertragen. Auch bei den Patienten, die RTX Roche über fünf Jahre erhalten hatten, erwies sich die B-Zell-Therapie als sicher und verträglich und es zeigten sich keine Erhöhungen des Infektionsrisikos oder anderer Nebenwirkungen. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen zählten infusionsbedingte Reaktionen, die meist als mild bis moderat eingestuft wurden und hauptsächlich nach der Gabe des ersten Zyklus auftraten. Die Gesamtrate an unerwünschten Ereignissen, schweren unerwünschten Ereignissen und Infektionen in der „All-Exposure“Population blieb über den kompletten Beobachtungszeitraum stabil und entsprach jeweils der Rate der Kontrollgruppe (Tab.). Mit 2 % wurden Pneumonien als häufigste schwerwiegende Infektionen beobachtet, wohingegen schwerwiegende opportunistische Infektionen unter RTX Roche sehr selten auftraten: Mit 0,05 Ereignissen pro 100 Patientenjahren unter RTX Roche lag die Inzidenz unter jener in der Kontrollgruppe (0,09 Ereignisse/100 PJ). Mit einer Rate von 0,40 Ereignissen pro 100 Patientenjahren entsprach die Häufigkeit von Myokardinfarkten dem Niveau der allgemeinen RAPopulation (0,48-0,59 Ereignisse/100 PJ). Im Zeit- bzw. Zyklusverlauf gab es darüber hinaus keine Anzeichen für ein erhöhtes Malignitätsrisiko.
„Safety first“ mit der B-Zell-Therapie Bei Patienten, die an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie der RA leiden, wurde ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Lymphomen nachgewiesen (2). Immunsupressiva stehen unter dem Verdacht, das Malignomrisiko zusätzlich zu erhöhen. Erfahrungen mit Rituximab Roche aus der Lymphomtheraphie (seit 1998 zugelassen zur Behandlung von Patienten mit
Non-Hodgkin-Lymphomen) sowie Register- und Studiendaten zeigen weder ein erhöhtes Risiko für de-novo Malignome noch ein erhöhtes Rezidivrisiko. Dies wird durch die positiven Ergebnisse zur Langzeitsicherheit des AIR-Registers (Auto-Immunité et Rituximab) bestätigt (3). Weitere wichtige Aspekte, die für die BZell-Therapie sprechen, sind das niedrige Infektionsrisiko und die gute Langzeitverträglichkeit. In dieser Hinsicht hat Rituximab Roche in der aktuellen S1-Leitlinie zur medikamentösen Therapie der RA ein Alleinstellungsmerkmal als geeignete Substanz bei positiver Malignomanamnese bzw. bei bestimmten Kontraindikationen gegen eine Anti-TNF-Therapie, wie z. B. bei Patienten mit früherer Tuberkulose (4). m Quellen: 1 Van Vollenhoven R et al., ACR 2012, Abstr. 459 2 Dias C et al., Nat Rev Rheumatol 2011, 7: 360-368
Die gesammelten Ergebnisse der Studien- und Registerdaten zeigen, dass die Behandlung von RA-Patienten mit der BZell-Therapie langfristig sicher und gut verträglich ist. Auch bei den Patienten, die bereits mehr als fünf Jahre mit Rituximab Roche behandelt wurden, zeigte sich das nahezu identische positive Sicherheitsprofil. Patienten mit latenter Tuberkulose oder mit Malignomen in der Vorgeschichte sollten für die B-Zell-Therapie in Betracht gezogen werden.
3 Gottenberg JE et al., ACR 2012, Abstr. 1313 4 Krüger K et al., Z Rheumatol 2012; 71: 592-603
Axiale Spondyloarthritis
Anti-TNF überzeugt in Phase-III-Studie Auf der ACR-Jahrestagung wurden erstmalig Wirksamkeitsdaten der Phase-III-Studie RAPID™-axSpA zum AntiTNF Certolizumab Pegol bei axialer Spondyloarthritis (axSpA) vorgestellt. Bereits ab der ersten Behandlungswoche zeigten sich klinisch relevante Verbesserungen. In zwei weiteren Analysen zu patientenrelevanten Endpunkten wurden ebenfalls rasche und deutliche Verbesserungen festgestellt.
Die RAPID-axSpA-Studie umfasste 325 Patienten mit sowohl ankylosierender Spondylitis (AS) als auch nicht röntgenologisch nachweisbarer AS (nr-axSpA). In der 24-wöchigen Doppelblindphase wurden zwei Dosierungsregime von Certolizumab Pegol getestet (CZP 200 mg alle zwei Wochen und CZP 400 mg alle vier Wochen, jeweils nach Anfangsdosis von 400 mg zu Woche 0, 2, 4). Certolizumab Pegol (Cimzia®) verringerte die Symptome der axSpA sowohl in der Gesamtpopulation als auch in den Subgruppen mit AS und nr-axSpA. Das ASAS20-Ansprechen zu Woche 12 als primärer Endpunkt betrug 57,7 (CZP 200 mg alle zwei Wochen) bzw. 63,6 % (CZP 400 mg alle vier Wochen) gegenüber 38,3 % unter Placebo (p<0,05). Signifikante Verbesserungen wurden unter beiden CZP-Dosierungsregimen bereits zu Woche 1 beobachtet (p<0,001) (1). Hinsichtlich der Arbeitsproduktivität sank die Anzahl der Fehltage pro Monat von 2,3 zu Baseline auf 1,4 zu Woche 4 und weiter auf 1,1 zu Woche 24 bei Patienten, die 200 mg CZP alle zwei Wochen erhielten (verglichen mit 2,4 Tagen bei Baseline, 1,9 zu Woche 4 und 2,0 zu Woche 24 unter Placebo). Auch die
aufgrund der Erkrankung um die Hälfte oder weiter eingeschränkte Produktivität am Arbeitsplatz konnte deutlich reduziert werden (2). Im Hinblick auf die Patient-Reported Outcomes (PRO) verringerten sich z. B. die Gesamt-Rückenschmerzen gemäß NRS vom Ausgangswert um -3,03 (CZP 200 mg alle zwei Wochen) bzw. -2,91 Punkte (CZP 400 mg alle vier Wochen) zu Woche 12 (gegenüber -1,4 Punkte unter Placebo). Im BASFI zeigte sich eine Verringerung vom Ausgangswert um -1,92 Punkte (CZP 200 mg alle zwei Wochen) bzw. -2,01 Punkte (CZP 400 mg alle vier Wochen) zu Woche 12 (gegenüber -0,56 Punkten unter Placebo). Auch für die Fatigue im SF-36 PCS und die gesundheitsbezogene Lebensqualität im ASQoL wurden signifikante und rasche Verbesserungen nach 12 Wochen dokumentiert (3). m Literatur 1 Landewe R et al., ACR 2012; Abstr. 777 2 Van der Heijde D et al., ACR 2012; Abstr. 1372 3 Sieper J et al., ACR 2012; Abstr. 558 Quelle: Pressemitteilung UCB Pharma GmbH, 4. Februar 2013
Rheuma Management · März/Apr. 2013
Kompakt
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62 Rheumatoide Arthritis
Langfristig keine radiologische Progression unter Adalimumab Seit Kurzem liegen zu dem TNFα-Inhibitor Adalimumab aktuelle 10-Jahresdaten der DE019-Studie zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) vor. Sie zeigen, dass es unter Adalimumab nicht nur zu einer signifikanten Besserung der klinischen Symptomatik kommt, sondern dass darüber hinaus auch die radiologische Progression langfristig gehemmt werden kann.
10-Jahresdaten: Strukturelle Gelenkzerstörung wird aufgehalten Allen 619 Studienteilnehmern wurde nach Abschluss der 52-wöchigen Studie angeboten, sich über bis zu 9 Jahre weiter mit Adalimumab behandeln zu lassen. Dabei zeigte sich, dass die Erkrankung bei mehr als der Hälfte der Patienten (51 %), die in der offenen Beob-
Patienten (%)
60
51 %
40
Adalimumab 40 mg alle 14 Tage + MTX n=79
achtungsphase Adalimumab 40 mg plus MTX erhielten, auch nach 10 Jahren radiologisch nicht progredient war. Sie wiesen einen durchschnittlichen mTSS von ≤0,5 auf (s. Abb.). Die positivsten Effekte wurden bei Patienten beobachtet, die bereits in Jahr eins mit Adalimumab plus MTX behandelt worden waren. Unter 40 mg Adalimumab alle 14 Tage plus MTX wiesen die Patienten eine geringere radiologische Progression (ΔmTSS 0,7) auf als diejenigen, die im 1. Studienjahr Placebo und MTX erhalten hatten (ΔmTSS 6,2) (2). Darüber hinaus befanden sich 59 % der Patienten nach 10 Jahren in klinischer Remission (DAS28 <2,6) und 46 % der Patienten konnten unter der AdalimumabTherapie ihre körperliche Funktionsfähigkeit langfristig erhalten (HAQ <0,5) (2). Fast jeder dritte Patient unter Adalimumab 40 mg plus MTX befindet sich nach 10 Jahren in einer vollständigen Remission, die definiert ist als gleichzeitiges Vorliegen eines DAS28 <2,6, einer Veränderung des HAQ-DI <0,5 und einer Veränderung des mTSS ≤0,5. m
Adalimumab induziert nicht nur eine klinische Remission, sondern verhindert auch die radiologische Progression. Hinsichtlich der Hemmung der radiologischen Progression deuten die Ergebnisse darauf hin, dass der Effekt bei denjenigen Patienten am höchsten ist, die von Anfang an mit Adalimumab behandelt wurden. Mittlerweile liegen 10-Jahresdaten vor, die auch den langfristigen Nutzen für die Patienten belegen und die zeigen, dass sich nach 10 Jahren fast jeder dritte Patient in einer vollständigen Remission befindet.
20
0
∆mTSS ≤0,5
Abb.: DE019-Studie: Anteil der Patienten ohne radiologische Progression nach 10 Jahren (mod. nach [2]) Rheuma Management · März/Apr. 2013
Quellen: 1 Keystone EC et al., Arthritis Rheum 2004; 50: 1400 1411 2 Keystone EC et al., Ann Rheum Dis 2012; 71(Suppl 3): 513
Kompakt
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Adalimumab (Humira®) wurde in der Zulassungsstudie DE019 in einer auf zunächst ein Jahr angelegten randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Studie belegt (1). 619 RA-Patienten, die zuvor unzureichend auf Methotrexat (MTX) ansprachen, wurden darin eingeschlossen. Die Patienten waren im Durchschnitt elf Jahre an RA erkrankt und wiesen im Mittel einen DAS28 von 5,6 auf. Sie erhielten entweder Adalimumab 40 mg plus MTX alle zwei Wochen, Adalimumab 20 mg plus MTX jede Woche oder Placebo plus MTX. Nach einem Jahr zeigte sich eine signifikante Überlegenheit von Adalimumab im Vergleich zu Placebo sowohl für die klinische Symptomatik als auch im Hinblick auf die Hemmung der radiologischen Progression. Zur Beurteilung der radiologischen Progression diente der mTSS mit den Parametern Gelenkerosionen und Gelenkspaltverengung. In der Placebogruppe stieg der mTSS innerhalb von 52 Wochen um 2,7 Einheiten an, bei den alle 14 Tage mit 40 mg Adalimumab plus MTX behandelten Patienten nur um 0,1 Einheiten (1).
63 Osteoporose
Von Strontiumranelat profitieren Frauen und Männer Seit langem stellt Strontiumranelat für Frauen mit postmenopausaler Osteoporose eine hocheffektive Therapieoption mit einem langfristigen und umfassenden Schutz vor osteoporotischen Frakturen dar. Im Jahr 2012 wurde es auch zur Behandlung der Osteoporose von Männern mit erhöhtem Frakturrisiko zugelassen.
Dass die Osteoporose des Mannes oftmals völlig unterschätzt wird, unterstreichen die aktuell publizierten Daten aus der BEST-Studie. Aus dieser Versorgungsstudie geht für Deutschland eine Gesamtprävalenz von 6,3 Millionen Osteoporose-Patienten hervor, darunter immerhin 1,1 Millionen Männer, die somit ca. 20 % aller Betroffenen stellen. Männer mit Osteoporose sind therapeutisch gegenüber postmenopausalen Frauen klar benachteiligt, betonte Prof. Dr. Andreas Kurth, Mainz. Neue Medikamente werden zunächst für Frauen zugelassen, für Männer erst viele Jahre später – oder auch gar nicht. Überdies sind die Zulassungsstudien deutlich kleiner und haben daher meistens statt der Frakturinzidenz die Knochendichte als primären Endpunkt. Daher, so Kurth, bedeutete die Einführung von Strontiumranelat (Protelos®) für Männer mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko eine wichtige Erweiterung des Therapiespektrums. Die Zulassung basierte auf der MALEO-Studie, in der bei 261 Männern mit Osteopo-
rose und erhöhtem Frakturrisiko für zwei Jahre Strontiumranelat 2 g/Tag gegen Placebo getestet wurde. Im Ergebnis zeigte sich Strontiumranelat beim primären Endpunkt, dem Anstieg der Knochendichte (BMD) an der Lendenwirbelsäule (LWS) nach einem Jahr, als signifikant überlegen. Nach 12 Monaten stieg unter Strontiumranelat die BMD an der LWS und am Schenkelhals um +5,3 bzw. +2,9 % (je p<0,001). Der Anstieg der Knochendichte war damit vergleichbar mit jenem in den Phase-III-Zulassungsstudien zur postmenopausalen Osteoporose und lässt Rückschlüsse auf eine Effektivität auch bei der Frakturreduktion zu. Zudem wurde auch nach zwei Jahren ein noch anhaltender Anstieg der BMD an LWS, Schenkelhals und auch der Gesamthüfte um +9,8, +3,3 und +3,7 % (alle p<0,001) dokumentiert. Überdies wurde unter Strontiumranelat eine numerisch geringere Inzidenz vertebraler und nicht-vertebraler Frakturen gesehen. m Quelle: Satellitensymposium Servier Deutschland GmbH, Osteologie-Kongress, Weimar, 8. März 2013
Denosumab überzeugt im direkten Vergleich Der RANK-Ligand-Inhibitor Denosumab verbessert die Knochendichte an trabekulären und kortikalen Knochenarealen. Die starke und langfristige Frakturrisikoreduktion an allen relevanten Skelettlokalisationen hat dazu geführt, dass Denosumab sich als wichtige Option in der Osteoporose-Therapie und in zahlreichen Behandlungsleitlinien etabliert hat.
Aktuelle Vergleichsstudien haben laut Prof. Dr. Christopher Niedhart, Heinsberg, ergeben, dass der monoklonale Antikörper Denosumab (Prolia®) mehreren Bisphosphonaten an allen relevanten Skelettbereichen überlegen war. Im Vergleich zu Ibandronat (150 mg oral 1x/Monat) bewirkte Denosumab halbjährlich 60 mg s.c. eine signifikant stärkere Zunahme der Knochendichte (BMD) an der Lendenwirbelsäule (LWS) mit 4,1 vs. 2,1 % und der Gesamthüfte mit 2,2 vs. 0,9 % (p<0,0001). Auch gegenüber Alendronat (70 mg oral 1x/Woche) sowie Risedronat (150 mg oral 1x/Monat) erwies sich der RANK-Ligand-Inhibitor in Bezug auf den Anstieg der
Knochendichte an LWS und Gesamthüfte überlegen. Die Korrelation zwischen Frakturrisiko und BMD in der FREEDOM- und FREEDOM-Extension-Studie über inzwischen sechs Jahre macht laut Niedhart deutlich, dass der beobachtete BMD-Anstieg sich auch tatsächlich in einer weiter niedrigen Frakturrate niederschlägt. Der vielfach praktizierte Wechsel innerhalb der Bisphosphonate erscheint dagegen nach den Daten der genannten Studien als nicht sinnvoll. m
Quelle: Satellitensymposium Amgen GmbH und GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Osteologie-Kongress, Weimar, 8. März 2013
Rheuma Management · März/Apr. 2013
64 Fortgeschrittene Osteoporose
Vorteile für osteoanabole Therapie Für die spezifische Therapie der Osteoporose werden zur Frakturprophylaxe in der Regel zunächst antiresorptiv wirksame Bisphosphonate eingesetzt. Während deren fraktursenkende Wirkung primär auf dem Erhalt und der Stabilisierung vorhandener Knochenstrukturen basiert, fördert das osteoanabol wirksame Teriparatid die Bildung von neuem Knochengewebe mit erhöhter trabekulärer Dichte und Zunahme der Kortikalisdicke. Laut Prof. Dr. Peyman Hadj, Marburg, wird Teriparatid in der Praxis zumeist bei fortgeschrittener Osteoporose und nach unzureichender antiresorptiver Vorbehandlung eingesetzt.
Bereits im Fracture Prevention Trial wurde bei Frauen mit fortgeschrittener postmenopausaler Osteoporose mit einer Risikoreduktion neuer mittelschwerer und schwerer vertebraler Frakturen um 90 % die hohe Effektivität von Teriparatid (Forsteo®) aufgezeigt. Besonders profitierten Teilnehmerinnen mit einer höheren Anzahl und Schwere prävalenter Frakturen. Erst kürzlich ergab eine randomisierte, kontrollierte Doppelblindstudie zum Vergleich von Teriparatid und Risedronat bei 710 Patientinnen mit Rückenschmerzen und vielfach schwerer Osteoporose nach 18 Monaten eine signifikante Überlegenheit von Teriparatid nicht nur beim Anstieg der BMD, sondern auch bei der Vermeidung neuer vertebraler Frakturen (4,1 vs. 9,4 %, p=0,01). Zu diesem Ergebnis trug insbesondere die stärkere Reduktion schwerer und mittelschwerer Frakturen unter der osteoanabolen Therapie bei. Nicht zuletzt wurde auch bei der Glukokortikoid-in-
duzierten Osteoporose (GIOP) für Teriparatid in einer randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudie im direkten Vergleich mit Alendronat neben einer signifikant stärkeren Erhöhung der BMD eine signifikant bessere Reduktion neuer vertebraler Frakturen nachgewiesen (p=0,004). Dies mündete bereits 2009 in der DVO-Leitlinie im Empfehlungsgrad B für den Einsatz von Teriparatid bei GIOP, und zwar sowohl bei Frauen als auch Männern. Die osteoanabole Therapie mit Teriparatid ist damit als eine hochwirksame Alternative zu Bisphosphonaten einzustufen, die gerade bei schwerer Osteoporose eine effektivere Frakturreduktion zu ermöglichen scheint, so das Resümee von Hadji. m
Quelle: Satellitensymposium Lilly Deutschland GmbH, Osteologie-Kongress, Weimar, 7. März 2013
Psoriasis-Arthritis und Axiale Spondyloarthritis
Antrag auf Zulassung für Certolizumab eingereicht Für die Behandlung von Erwachsenen mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) und axialer Spondyloarthritis (axSpA) hat das Unternehmen UCB für Certolizumab Pegol die Zulassungsunterlagen eingereicht. Die beiden neuen Indikationen werden derzeit von der EMA und FDA geprüft. Die Einreichung der Zulassungsunterlagen basiert auf den positiven Daten der Phase-III-Studien RAPIDTM-PsA und RAPIDTM-axSpA.
Die randomisierte, kontrollierte Doppelblindstudie RAPID-PsA hatte das Ziel, die Wirksamkeit und Sicherheit von Certolizumab Pegol (Cimzia®) bei 409 Patienten mit progressiver PsA zu zeigen. Nach einer Initialdosis von 400 mg zu Woche 0, 2 und 4 wurden die Patienten 1:1:1 auf 200 mg Certolizumab Pegol (CZP) alle zwei Wochen, 400 mg alle vier Wochen oder Placebo randomisiert. Primäre klinische Endpunkte waren das ACR20-Ansprechen zu Woche 12, und die radiologische Veränderung zu Woche 24. Rheuma Management · März/Apr. 2013
In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten RAPID-axSpA-Studie erhielten 325 Patienten mit aktiver axSpA wiederum im Verhältnis 1:1:1 (nach initial CZP 400 mg in den Wochen 0, 2 und 4) randomisiert CZP 200 mg alle zwei Wochen, 400 mg alle vier Wochen oder Placebo. Primärer Endpunkt der Studie war das ASAS20-Ansprechen zu Woche 12. m Quelle: Pressemitteilung UCB Pharma GmbH, 21. Februar 2013
65 Symptomatische Hyperurikämie
Neue ACR-Richtlinie empfiehlt Febuxostat als First-line-Therapie Die neuen Leitlinien des American College of Rheumatology (ACR) empfehlen bei symptomatischer Hyperurikämie First-line eine harnsäuresenkende Therapie mit einem Xanthinoxidase-Inhibitor wie Allopurinol oder Febuxostat sowie eine antientzündliche Prophylaxe. Das Minimalziel ist dabei eine dauerhafte Harnsäuresekung unter 6 mg/dl, in schweren Fällen sogar unter 5 mg/dl, um die Folgen und Risiken der symptomatischen Hyperurikämie zu reduzieren und weitere Gichtanfälle zu vermeiden. Studiendaten zeigen, dass der Zielwert von 6 mg/dl mit Febuxostat effektiver erreicht werden kann als mit Allopurinol.
Die Senkung der Serumharnsäure unter den Zielwert von 6 mg/dl (360 μmol/l) ist den kürzlich publizierten neuen ACR-Leitlinien zufolge das Ziel der Therapie der symptomatischen Hyperurikämie. In schweren Fällen sei sogar eine Harnsäuresenkung unter 5 mg/dl angezeigt, um Folgeschäden an Gelenken und Organen zu vermeiden (1).
Erreichen des Serumharnsäure-Zielwerts entscheidend für Therapieerfolg Diese Empfehlung ist besonders mit Blick auf das um 25 % erhöhte Mortalitätsrisiko von Bedeutung, das mit einer symptomatischen Hyperurikämie einhergeht (2). Für eine harnsäuresenkende Therapie empfehlen die Leitlinien Xanthinoxidase-Hemmer als Mittel der Wahl. Neben Allopurinol wird nun erstmals auch Febuxostat (Adenuric®) als First-line-Medikament aufgeführt (s. Abb.) (1). Der Xanthinoxidase-Inhibitor Febuxostat hatte bereits in einer Wirksamkeitsstudie über 28 Wochen gezeigt, dass Patienten unter Febuxostat den Zielwert schneller und zuverlässiger erreichen als unter Allopurinol: Insgesamt unterschritten 65 % der mit Febuxostat 120 mg und 48 % der mit Febuxostat 80 mg behandelten Patienten einen Serumharnsäurespiegel von 6 mg/dl. Hingegen konnte dieser Wert nur von 22 % der mit herkömmlichen Dosen Allopurinol 300 mg oder 100 mg (in Abhängigkeit von der Nierenfunktion) behandelten Patienten erreicht werden (p≤0,05) (3).
Mit dauerhafter Harnsäuresenkung Gichtanfälle vermeiden Wird der Serumharnsäurespiegel dauerhaft gesenkt, können erneute Gichtanfälle in ihrer Anzahl reduziert oder sogar ganz verhindert werden. Die harnsäuresenkende Therapie sollte jedoch auch bei erneuten Anfällen nicht abgesetzt und ununterbrochen weitergeführt werden, betonen die Autoren der Leitlinie (5).
In einer offenen Verlängerungsstudie über fünf Jahre mit 116 Teilnehmern nahm die Anzahl der Gichtanfälle bei Patienten, die mit täglich 80 mg oder 120 mg Febuxostat behandelt wurden, im Verlauf stetig ab (4). Da es sich bei der symptomatischen Hyperurikämie um eine chronische Erkrankung handelt, ist es unbedingt erforderlich, die harnsäuresenkende Therapie langfristig, also auch in beschwerdefreien Phasen, weiterzuführen. m Quelle: Pressemitteilung Berlin-Chemie AG, 7. Februar 2013 Literatur: 1 Khanna D et al., Arthritis Care Res 2012; 10: 1431-1446 2 Lottmann K et al., Curr Rheumatol Rep 2012; 14: 195-203 3 Schumacher HR et al., Arthritis Rheum 2008; 59: 1540-1548 4 Schumacher HR et al., Rheumatology 2009; 48: 188-194 5 Khanna D et al., Arthritis Care Res 2012; 10: 1447-1461 Senkung der Serumharnsäure – Zielwert mindestens 6 mg/dl (360 µmol/l) – <5 mg/dl (300 µmol/l), um schwere Symptome zu reduzieren Gichtanfallsprophylaxe
First-line-Medikamente Xanthinoxidase-Inhibitoren A
Allopurinol
oder
Febuxostat
A
Start begleitender pharmakologischer antiinflammatorischer Gichtanfallsprophylaxe
Alternative First-line-Therapie*
B
Probenecid
Evidenzgrade für Empfehlungen: Level A: Belegt durch mehrere randomisierte klinische Vergleichsstudien oder Meta-Analysen Level B: Belegt durch eine einzige randomisierte Studie oder nicht randomisierte Studien Level C: Konsensusmeinung von Experten, Kasuistiken oder Therapiestandard * wenn mindestens einer der XOH kontraindiziert ist oder bei Unverträglichkeit
Abb.: ACR-Leitlinie 2012 zur Harnsäuresenkung bei symptomatischer Hyperurikämie (mod. nach 1, 5) Rheuma Management · März/Apr. 2013
66
Bessere Anwenderfreundlichkeit von Adalimumab Ab sofort ist der TNFα-Blocker Adalimumab (Humira®) von AbbVie mit dünnerer Nadel und in latexfreier Ausführung erhältlich. Damit bietet Adalimumab als einziges Produkt seiner Arzneimittelklasse diese Eigenschaften sowohl für die Fertigspritze als auch den Pen an. Die neuen Vorteile der Fertigspritze und des Pens umfassen eine neue 29-Gauge-Hohlnadel, die bei gleichbleibendem Innendurchmesser um 16 % dünner ist. Dadurch soll eine angenehmere Injektion für den Patienten bei gleicher Durchflussrate ermöglicht werden, ohne die Dosierung, Formulierung oder Anwendung zu beeinflussen. Überdies gibt es eine latexfreie Ausführung, die die Verträglichkeit der Anwendung bei Patienten und medizinischem Personal mit einer Latexallergie verbessert. Adalimumab ist in den folgenden Verpackungsformen und Dosierungen verfügbar: N1: 2 Fertigspritzen à 40 mg, N3: 6 Fertigspritzen à 40 mg, N1: 2 Pens à 40 mg, N3: 6 Pens à 40 mg und N1: 2 Flaschen 40 mg/0,8 ml Injektionslösung zur Anwendung bei Kindern. m Quelle: Pressemitteilung AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 7. Februar 2013
Kombination aus NSAR und PPI ist erstattungsfähig
Pharmanews
Ab sofort ist das seit Februar 2012 in Deutschland zugelassene VimovoTM eine von der GKV erstattungsfähige Therapieoption zur Behandlung von Arthroseschmerzen. Das neue Schmerzmedikament verbindet das potente NSAR Naproxen (500 mg) mit dem effektiven PPI Esomeprazol (20 mg). Das Kombinationspräparat senkt das obere gastrointestinale Risiko signifikant im Vergleich zur Monosubstanz Naproxen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) stellte durch die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (Anlage III Nummer 18) klar, dass fixe Kombinationen aus einem NSAR mit einem PPI verordnungsfähig sind. Die Änderung ist mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger ab sofort rechtskräftig. m Quelle: Pressemitteilung AstraZeneca GmbH, 4. Januar 2013
Therapie der Osteoporose jetzt gemäß der DVO-Leitlinie Ab sofort erfüllt Orthomol® Osteo die Leitlinien zur Prophylaxe und Therapie der Osteoporose des Dachverbands für Osteologie e. V. (DVO). Die bewährte Mikronährstoffkombination für die diätetische Osteo-
Rheuma Management · März/Apr. 2013
porose-Behandlung wurde leitliniengerecht weiterentwickelt: Vitamin D3 entspricht der neuen empfohlenen Tagesdosis von 20 μg (800 I.E.) und die Vitamine B12 und Folsäure wurden neu mit aufgenommen. Die bedarfsgerecht kombinierte, ergänzende bilanzierte Diät enthält neben Vitamin D3, den Vitaminen B12 und Folsäure auch Calcium, die Vitamine K und C sowie die säurepuffernde Substanz Kaliumcitrat (Tagesmenge 3,24 g, entsprechend einer neutralisierenden basischen Potenz von 30 mEq). m Quelle: Pressemitteilung Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH, 18. Februar 2013
Weltweit erster Methotrexat-Fertigpen eingeführt Anfang Januar 2013 wurde der Fertigpen metex®PEN in Deutschland eingeführt, der speziell für die Therapie von rheumatologischen und dermatologischen Autoimmunerkrankungen entwickelt wurde. Diese neue Applikationsform vereinfacht Patienten die wöchentliche s.c. Methotrexat (MTX)-Gabe und erhöht die Bereitschaft zur Selbstinjektion. Die ergonomische Form des Fertigpen erleichtert speziell Patienten mit eingeschränkter Funktionsfähigkeit der Hände die Selbstapplikation. Einer möglichen Spritzenphobie soll dadurch begegnet werden, dass die Nadel für den Patienten während des Injektionsvorgangs nicht sichtbar ist. Zudem verhindert die Konstruktion des Fertigpens Nadelstichverletzungen, da die Nadel nach der verabreichten Injektion automatisch geschützt wird, so dass für Arzt, Klinikpersonal und Patient eine erhöhte Sicherheit gewährleistet ist. Der metex®PEN überzeugt mit der höchsten Wirkstoffkonzentration von 50 mg/ml am deutschen Markt und bietet damit das kleinste Injektionsvolumen. Das verfügbare Wirkstärkenspektrum reicht von 7,5 mg bis 30 mg. Jede der insgesamt zehn Wirkstärken wird in den vier Packungsgrößen 1x1 (N1), 1x5 (N2), 1x6 (N2) und 1x12 (N3) angeboten. m Quelle: Pressemitteilung medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, 5. Februar 2013
Ausblick
8. Kongress des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen
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Im Fokus: Aktuelles zur Gesundheitspolitik
Innere Medizin – vom Organ zum System
BERLIN
3. bis 4. Mai 2013
Hauptprogramm BDRh-Kongress 2013
DGIM-Kongress 2013
Lesen Sie in der nächsten „Rheuma Management“-Ausgabe alles Wissenswerte zur Tagung des Berufsverbandes in Berlin.
Einen kompakten Überblick zu neuen Entwicklungen in der Rheumatologie bot der Internisten-Kongress in Wiesbaden.
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IV. Quartal 2012
Jahrgang 5 · 2-2013 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.
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