Rheuma Management Ausgabe Mai / Juni 2014

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heuma

Mai/Juni 2014

MANAGEMENT

Offizielles Mitteilungsorgan

BDRh-Kongress 2014 Versorgungslandschaft Rheuma im Fokus

Rheumatoide Arthritis

Systemischer Lupus erythematodes

Aktuelle Studien im Ăœberblick

Treat-to-target-Konzept im Visier

DGIM-Kongress Rheumatologische Highlights aus Wiesbaden


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5 Rückblick auf den BDRh-Kongress 2014

Versorgungslandschaft Rheuma ante portas Zentrale Inhalte des 9. BDRh-Kongresses waren wichtige berufspolitische Themen wie die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) und die Versorgungslandschaft Rheuma (VLR) mit der Techniker Krankenkasse (TK), die nachfolgend kurz beleuchtet werden. Doch zunächst ein Wort zum neuen Kongressort: Grundsätzlich bot das Berliner Congress-Centrum (bcc) nicht nur für die Teilnehmenden einen idealen Ort zum Meinungsaustausch, Information und Diskussion, sondern liefert auch zukünftig eine hervorragende Plattform für Wissensvermittlung und Fortbildung der rheumatologischen Fachmitarbeiter und -assistentinnen. Eine gute Wahl für die kommenden zwei Jahre!

Natürlich fand Prof. Jürgen Wasem am Abend des ersten Kongresstags eine große Zahl an Zuhörern für das, was sich gesundheitsökonomisch mit der neuen „GroKo“ ändern könnte oder wird und welche möglichen Konsequenzen sich hieraus für die Rheumatologie ergeben. Spannend für die Fachgruppe wird nicht zuletzt die ASV sein, über deren aktuellen Status quo hinsichtlich der Vergütung der Gesundheitsökonom berichtete. Offenbar hat die Politik die Umsetzung der ASV nicht als derart zeitintensiv eingeschätzt. Die ersten onkologischen Indikationen befinden sich erst jetzt in der finalen Umsetzung, wobei jedoch noch keine Entscheidungen zur Vergütung getroffen sind, was voraussichtlich am 20. Juni in der Sitzung des Ergänzten und des Erweiterten Bewertungsausschuss passieren soll. Wie wird eine mögliche Konstruktion der Vergütung aussehen? Übergangsweise wird noch der EBM zugrunde gelegt – nach Einschätzung von Experten lange – bis ein eigenständiges Vergütungssystem verabschiedet ist. Für die Rheumatologie heißt dies, dass vor 2016 wohl nicht mit einer Realisierung der ASV zu rechnen ist. Dennoch wird die ASV nach dem VLR- Versorgungsvertrag das nächste wichtige Bearbeitungsfeld sein. Am Rande sei angemerkt, dass die intensive Diskussion zwischen BDRh- und VRA-Vorstand im Nachgang des BDRh-Kongresses ein positives Ergebnis mit dem Erarbeiten einer gemeinsamen Position zur ASV erfuhr. Kommen wir zu dem, was der Vorstand des BDRh auf den Weg gebracht hat und als momentane „Kleinversion“ in 2014 mit dem Ziel bundesweiter Umsetzung anschiebt. KV-unabhängig, selbstbestimmend und nachhaltig entstand gemeinsam mit dem Hausärzteverband in beachtlich kurzer Zeit mit der Versorgungslandschaft Rheuma ein Versorgungsvertrag, der, objektiv betrachtet, seines Gleichen sucht. Er steht im Mittelpunkt dieser Ausgabe, im Besonderen auch für

Sigurd Rudeloff

Dr. Michael Lohmann

jene BDRh-Mitglieder, die – in Anbetracht der doch wegweisenden Perspektiven besonders für die niedergelassenen Rheumatologen – leider nicht an diesem Kongress teilnehmen konnten. Natürlich beginnt die Versorgungslandschaft Rheuma erst in den Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen. Erfolg kann aber nur dann erzeugt werden, wenn anfangs dort die Chancen genutzt werden, sodass auf alle drei Vertragspartner und möglicherweise auch auf andere Krankenkassen der Erfolgsdruck so hoch ist, diese Versorgungsform auf ganz Deutschland auszuweiten. Ebenfalls einen wichtigen, ersten Schritt hin zu einer besseren Versorgung von Patienten mit rheumatoider Arthritis stellt der Vertrag mit der TK zum Einsatz von Biologika dar – auch hier würde eine rege Einschreibung von RA-Patienten die Ausweitung auf weitere Indikationen wie die Spondylo- und Psoriasis-Arthritis beflügeln und weitere Krankenkassen zu einer Beteiligung motivieren. Man kann der Fachgruppe nur wünschen, die gebotenen Chancen als Einheit zu nutzen. Auf ein Wiedersehen 2015 im bbc mit vielen Erfolgsnachrichten! m

Sigurd Rudeloff Mit-Herausgeber

Dr. Michael Lohmann Chefredaktion

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Inhalt

1

BDRh-Kongress 2014: Versorgungslandschaft Rheuma

ab 16

Kolumne „Berlin intern“ „Heiliger Krieg“ des GKV-Spitzenverbandes? Dr. Erich Schröder

10

Deutsche Rheuma-Liga Neue Forschungsprojekte ausgeschrieben

12

Sie fragen – Experten antworten Thema: Einsichtsrecht im Patientenrechtegesetz RA Christian Koller

12

Rheumatologische Versorgung Neues Rheumazentrum Ruhrgebiet eingeweiht

14

BDRh-Kongress 2014 Versorgungslandschaft Rheuma Erster umfassender rheumatologischer Selektivvertrag auf der Zielgeraden Dr. Edmund Edelmann Pressemitteilung zu Versorgungslandschaft Rheuma Hausärzte, Rheumatologen und TK sorgen für koordinierte Behandlung Biologika bei rheumatoider Arthritis Selektivvertrag zur RA zwischen BDRh und TK

ab 16 16

21

Systemischer Lupus: Treat-to-target im Visier

38

Rheumatologisches Praxismanagement 10 Jahre RheumaDok – das Dokumentationssystem des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen Dr. Rüdiger de la Camp, Nils Körber

26

Rheumatoide Arthritis Chinesischer Pflanzenextrakt zeigt Wirksamkeit

28

Rheumatoide Arthritis Frühe RA: Neue Therapiestudien publiziert

29

Rheumatoide Arthritis Neue IL-6-Inhibitoren am Horizont

30

Rheumatoide Arthritis Remission langfristig besser als niedrige Krankheitsaktivität

31

Rheumatoide Arthritis Neuer Risikoscore für Arthritis-Progression

32

Schlechteres Outcome bei spätem Krankheitsbeginn

32

Prädiktoren für Ansprechen auf Biologika 33 24

Rheumatoide Arthritis Bei Kinderwunsch die Behandlungsstrategie anpassen

34


AZ Novartis Ilaris 1/1, 4c


Inhalt

2

Bildgebende Diagnostik: Der besondere Fall

41

Frühe axiale Spondyloarthritis Rascher Einsatz von TNFa-Inhibitoren macht sich bezahlt

37

Systemischer Lupus erythematodes Erstmals Treat-to-target-Empfehlungen vorgelegt

38

Gichtarthritis Mit DECT diagnostische Lücke schließen

40

Bildgebende Diagnostik Der besondere Fall: Hajdu-Cheney-Syndrom Prof. Dr. Herbert Kellner

41

DGIM-Kongress 2014

DGIM-Kongress 2014: Highlights aus Wiesbaden

ab 42

Rheumatologische Erkrankungen Renale Komorbiditäten im Fokus

47

CED-assoziierte Arthritis Rheumatische Beschwerden bei CED

49

Rheumatoide Arthritis Mit Etanercept auch Monotherapie möglich

50

Axiale Spondyloarthritis Europäische Initiative: „Der Krankheit aufrecht begegnen“

52

Rheumatoide Arthritis Tocilizumab: Bewährtes First-LineBiologikum mit einem Plus an Flexibilität

53

54

56

ab 42

Rheumatoide Arthritis Aus der Forschung in die Medizin

42

Symptomatische Hyperurikamie Treat-to-target greift auch bei Gicht

Rheumatologische Erkrankungen Neue Biologika auf gutem Weg

44

Psoriasis-Arthritis Update zu Ustekinumab

Rheumatoide Arthritis Moderne Small molecules noch im Wartestand

45

Rheumatoide Arthritis Verstärkt um kardiovaskuläre Risiken kümmern

46

Stellenanzeigen Impressum

ab 57 59


10

Kolumne „Berlin intern“

„Heiliger Krieg“ des GKV-Spitzenverbandes? Sind Sie ein Leistungserbringer? Oder doch lieber Ärztin oder Arzt? Eigentlich ist schon der in GKV-Kreisen entstandene und dann politisch festgeschriebene Begriff „Leistungserbringer“ ein (bewusstes?) Schmähwort. Geht man davon aus, dass im Mittelpunkt einer Gesundheitsversorgung die Beziehung und die Interaktion zwischen Patient und Behandler steht, dann sind unsere Ärztinnen und Ärzte, ebenso wie Krankenschwestern und Pfleger wohl sachgerechter als die Leistungsträger unseres Gesundheitswesens zu bezeichnen.

Das ist nur scheinbar ein kleiner semantischer Unterschied; tatsächlich bildet dieses Delta einen permanenten Konflikt ab. So manchem GKV-Funktionär ist seine ureigenste Funktion eines „Buchhalters“ wohl nicht gut genug; ein Buchhalter, der anhand gesetzlicher Vorgaben Geld bei seinen Versicherten einsammelt, um damit die Leistungsträger und ihre Produkte und Hilfsmittel zu bezahlen. Da die Kassen dabei sehr viel Geld in die Hand nehmen dürfen, fühlen sie sich eher als Systemgestalter, im Banker-Jargon als „Masters of the Universe“, mit ihrem Spitzenverband als Lautsprecher. Es ist allerdings nicht ihr Geld, das die Kassen verwalten dürfen, sondern das Geld ihrer Versicherten und Patienten. Und letztere interessieren sich dann meist wohl eher für ihre Behandler als für ihre Kassenfunktionäre. Vielleicht weckt das deren Unmut?

meist nach einiger Zeit wieder ans Licht, aber dann sind die Headlines längst gedruckt und gelesen – und haben ihre Wirkung entfalten können. Gegendarstellungen sind dann unbeliebt und wirkungslos. Bei dem jüngst so hochstilisierten Thema Behandlungsfehler war der tatsächlich festgestellte Anteil fehlerhafter Behandlungen derart gering, dass er geradezu als Qualitätsnachweis gelten könnte – wobei natürlich, wie BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery umgehend klarstellte, jeder Behandlungsfehler einer zu viel ist.

Dr. med. Erich Schröder Arzt und Journalist, Geschäftsführer der Gesundheitspolitik.de Verlagsgesellschaft mbH und des Kollegiums Medizin und Recht sowie Gastwissenschaftler an der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Wie sonst sind immer wieder Kampagnen zu erklären, die die Leistungsträger bewusst in einem besonders schlechten Licht erscheinen lassen sollen? In den letzten beiden großen Kampagnen ging es um „Ärztekorruption“ und – ganz aktuell – „Behandlungsfehler“.

Dass die Medien sehr bereitwillig solche Themen in Schlagzeilen umsetzen („bad news are good news“), das wissen natürlich auch die Kassenfunktionäre. Und damit spielen sie gern, auch wenn die reine Wahrheit dabei gelegentlich in den Keller gesperrt wird. Sie kommt zwar

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Das Spiel der GKV mit „bad news“ ist allerdings auch ein Spiel mit dem Feuer. Die Vertrauensbeziehung zwischen dem Patienten und seinem Behandler ist eine tragende Voraussetzung für den Behandlungserfolg. Wer dort Zweifel und Misstrauen hineinsäht, der muss wissen, dass er damit unermesslichen Schaden stiftet – für den Behandler, aber noch sehr viel mehr für den Patienten.

Zum Glück konnten alle diese Kampagnen das Vertrauen der Patienten bisher noch nicht nachhaltig zerstören. Es sind immer noch Ärztinnen und Ärzte, die den Spitzenplatz des Ansehens in der Bevölkerung einnehmen. Sollte dieses Vertrauen einbrechen und bisher hoch motivierte Behandler resignieren – menschliches Leid und volkswirtschaftlicher Schaden wären zwangsläufige Folgen. Das kann auch die GKV nicht wirklich wollen. m


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12 Deutsche Rheuma-Liga

Neue Forschungsprojekte ausgeschrieben Mit Rheuma selbstbestimmt leben – wie kann dies gelingen? Die Deutsche Rheuma-Liga unterstützt Forschungsvorhaben, die sich mit dieser Frage beschäftigen wollen. Insgesamt stehen Fördermittel in Höhe von 200.000 Euro für eines oder mehrere Projekte zur Verfügung. Noch bis zum 8. August 2014 können Anträge zur Thematik eingereicht werden. Aufgerufen sind Forschungseinrichtungen und Arbeitsgruppen, die sich mit der Frage beschäftigen wollen, wie soziale Teilhabe für rheumakranke Menschen gelingen kann.

„Davon sind wir in Deutschland leider noch weit entfernt. Wir möchten Lösungen vorantreiben, die dazu führen, dass Barrieren wirksam abgebaut werden, die rheumakranke Menschen daran hindern, dieses geltende Recht praktisch umzusetzen“, erläutert Dieter Wiek, Mitglied im Vorstand der Deutschen RheumaLiga und im Ausschuss Forschung. Bei der Ausschreibung legt die Rheuma-Liga großen Wert darauf, dass das Prinzip der „partizipativen Forschung“ verwirklicht wird, also betroffene Kranke in das Projekt mit eingebunden werden. „Sie lassen ihre praktischen Erfahrungen im Umgang mit der Krankheit einfließen und entscheiden so mit, wie der Aufbau des Forschungsprojektes gestaltet wird“, betont

Wiek. Bei der Deutschen Rheuma-Liga beraten betroffene Rheumakranke im Ausschuss Forschung sowie Wissenschaftler im Kuratorium Forschungsförderung über beantragte Projekte. Die Entscheidung fällt im Vorstand, in dem vorwiegend Betroffene vertreten sind. Weitere Informationen, die Ausschreibungsbedingungen sowie die Kriterien für die Vergabe von Mitteln zur Forschungsförderung der Deutschen Rheuma-Liga e.V. finden sich im Internet unter www.rheuma-liga.de/forschung oder bei Dr. Cornelia Sander, E-Mail: bv.sander@rheuma-liga.de. m

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Rheuma-Liga, 23. Mai 2014

Sie fragen – Experten antworten Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“

Thema: Einsichtsrecht im Patientenrechtegesetz

Ein Service für BDRh-Mitglieder

Frage: Ich bin niedergelassener Internist und wurde nun von einem Rechtsanwalt aufgefordert, die Behandlungsunterlagen eines Patienten herauszugeben. Bin ich dazu verpflichtet? Antwort: Nach dem neuen Patientenrechtegesetz (§ 630g BGB) ist dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Der Patient kann dabei auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten. Soweit Sie ihm keine Einsicht gewähren lassen wollen, reicht es aber auch, ihm Kopien der gesamten Unterlagen eben-

falls gegen Kostenerstattung postalisch zu übersenden. Dabei können Sie nach der Rechtsprechung des RA Christian Koller LG München 50 Cent pro Seite verlangen. Soweit Sie ein Rechtsanwalt angeschrieben hat, muss eine Vollmacht des Patienten vorliegen. m

Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München

Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben, z. B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de. Nicht alle Fragen/Antworten können publiziert werden. Die Expertenantworten ersetzen keine möglicherweise notwendige Rechtsberatung.

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14 Rheumatologische Versorgung

Neues Rheumazentrum Ruhrgebiet eingeweiht Mit dem Rheumazentrum Ruhrgebiet wurde kürzlich in Herne-Wanne eine der größten und modernsten rheumatologischen Fachkliniken in Deutschland in Betrieb genommen. „Mit dem Neubau schuf der Träger, die St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, eine einzigartige Symbiose von klinisch-wissenschaftlicher Exzellenz in der Rheumatologie und bestmöglicher Versorgungsqualität für die Patienten, die unsere höchste Anerkennung verdient“, lobte DGRh-Präsident Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf, beim Eröffnungssymposium am 2. April.

Auf einem mehr als 16.000 qm großen Grundstück entstand in weniger als zwei Jahren eine dreigeschossige Fachklinik mit 130 Betten, die unter ihrem Dach das gesamte ambulante und stationäre Versorgungsangebot für Rheumapatienten bündelt (s. Abb.). Die Klinik ist mit modernster Medizintechnik inklusive den neuesten Ultraschallgeräten und einem MRT der letzten Generation ausgestattet und verfügt über einen eigenen Physio- und Ergotherapie-Bereich samt Bewegungsbad, der allein eine Fläche von 1.425 qm umfasst. Direkt im Haus befinden sich neben einer Spezialambulanz für besonders schwer erkrankte Patienten (116b-Ambulanz) auch eine rheumatologische Gemeinschaftspraxis mit drei niedergelassenen Rheumatologen, eine radiologische Fachpraxis sowie das immunologische Labor und die Apotheke für die ganze Gruppe, zu der neben dem Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Marienhospital auch das St. Anna Hospital mit seiner großen orthopädischen Abteilung gehört. Bereits in der Vergangenheit war das Rheumazentrum Ruhrgebiet an seinem bisherigen Standort in der Landgrafenstraße mit über 5.500 ambulant und 4.300 stationär behandelten Patienten im Jahr 2013 eine der leistungsfähigsten Spezialkliniken in Deutschland. „Wir freuen uns, dass unser Träger, die St. Eli-

Prof. Dr. Jürgen Braun sabeth Gruppe, mit der Investition von 33 Millionen Euro in diesen Neubau ein zukunftsweisendes und nachhaltiges Modell für die rheumatologische Maximalversorgung in unserem großen Ballungsgebiet geschaffen hat“, betont der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Jürgen Braun, der international als Arzt und Wissenschaftler, insbesondere wegen seiner Forschungen auf dem Gebiet der Spondyloarthritiden, renommiert, aber auch für seine Expertise in anderen Gebieten wie der rheumatoiden Arthritis, der Osteoporose und der Systemerkrankungen bekannt ist. Mit 7 Oberärzten, 2 Fachärzten, 8 Weiterbildungsassistenten, einem hochspezialisierten Pflege- und Laborteam, Psychologen, Physio- und Ergotherapeuten ist das Rheumazentrum auch personell bestens gerüstet, um allen Herausforderungen der rheumatologischen Versorgung – von der Notfallsichtung dringlicher Fälle bis zur kurzfristigen Akutdiagnostik und zur längerfristigen Komplexbehandlung von Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzsyndromen bis zu multimorbiden Patienten mit schwersten Systemerkrankungen – gerecht zu werden. Der Schwerpunkt der Versorgung liegt aber natürlich auf entzündlich-rheumatischen Krankheitsbildern. m Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 10. April 2014

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BDRh-Kongress 2014 – Berlin

16 Versorgungslandschaft Rheuma

Erster umfassender rheumatologischer Selektivvertrag auf der Zielgeraden Versorgungslandschaft Rheuma (VLR), ein umfassender rheumatologischer Selektivvertrag nach § 140 a-ff gemeinsam mit dem Hausärzteverband und mit der Techniker Krankenkasse (TK).

Eberhard Mehl, Dr. Edmund Edelmann und Thomas Ballast Über den gemeinsamen Vertragsentwurf vom Hausärzteverband und dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) zur Versorgungslandschaft Rheuma (VLR) wurde bereits bei den BDRh-Kongressen 2012 und 2013 und nachfolgend in Rheuma Management sowie bei den Mitgliederversammlungen des BDRh immer wieder berichtet. Erneut war die VLR beim diesjährigen BDRh-Kongress auf der Agenda und wurde den Teilnehmern diesmal mit einem konkreten, fast abgeschlossenem, weitgehend unterschriftsreifem Vertragswerk mit der TK vorgestellt. Der Vertrag aus Sicht der TK wurde von Herrn Thomas Ballast, dem stellvertretenden TK-Vorsitzenden dargelegt. Die Sichtweise des Hausärzteverbandes stellte Herr Eberhard Mehl, Geschäftsführer der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft, vor. Die Techniker Krankenkasse hat verbindlich zugesagt, die Versorgungslandschaft Rheuma gemeinsam mit den beiden Verbänden umzusetzen, eine entsprechende Pressemitteilung ist begleitend zum 9. BDRh-Kongress erfolgt und ist im Wortlaut auf Seite 19 abgedruckt. Eine umfassende kooperative und integrierte Versorgung zwischen Hausärzten, internistischen Rheumatologen und Rheumakliniken von allen chronisch-entzündlichen Rheumaformen Rheuma Management · Mai/Juni 2014

einschließlich der Verdachtsdiagnosen ist Vertragsinhalt. Pädiatrische Rheumatologen sind über die Transition eingebunden. Derzeit, Anfang Juni, werden noch Vertragsdetails zwischen den drei Verhandlungspartnern abgestimmt. Die VLR ist bundesweit vorgesehen, das erste Roll-out beginnt in den größten Bundesländern in Bayern und Nordrhein. Mit einem Inkrafttreten der VLR ist Anfang September zu rechnen, mit dem Beginn der Abrechnung ab 1. Oktober 2014. Der Vertrag ist bis Ende 2018 geschlossen. Im Vergleich zum KV-System mit zum Teil quartalsweise eintretenden Änderungen ist von einer Nachhaltigkeit der Vertragsstruktur und der Honorarvereinbarungen auszugehen.

Zur Vertragsorganisation Die Teilnahme am Vertrag ist wie bei allen Selektivverträgen grundsätzlich freiwillig. Der Vertrag ist nicht auf BDRh-Mitglieder begrenzt; es können auch Nichtmitglieder des BDRh teilnehmen, dies allerdings unter Inkaufnahme einer höheren Verwaltungsgebühr (s.u.). Hausärzteverband und BDRh sind dann nicht die Vertragspartner der TK bei einem solchen Vertrag. Dies wurde entsprechend der Vorgabe des Bundesversicherungsamtes auf die Versorgungslandschaft


BDRh-Kongress 2014 – Berlin

17 Rheuma GmbH übertragen. Die VLR GmbH ist eine Gesellschaft, die zu gleichen Teilen vom Hausärzteverband und BDRh getragen wird. Sowohl die Vertragsentwicklung als auch die Verhandlungen sind und werden weiterhin über die VLR GmbH in paritätischer Abstimmung der Interessen von BDRh und Hausärzteverband erfolgt bzw. erfolgen, die Gesellschafter der Management-Gesellschaft VLR GmbH sind. Für die am Vertrag teilnehmenden internistischen Rheumatologen und Hausärzte wird die Abrechnung der Leistungen des Vertrages ausschließlich über ein von der VLR GmbH beauftragtes Rechenzentrum durchgeführt. Die Vergütung erfolgt quartalsweise im Auftrag der VLR GmbH über das Rechenzentrum. Vertragsteilnehmer sind, dies ist eine Einschränkung, nur jene Hausärzte, die an der Hausarzt-zentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b mit der TK teilnehmen. In Bayern und Nordrhein ist dies die Mehrzahl der Hausärzte, aber eben nicht alle. Internistische Rheumatologen im fachärztlichen Bereich können ebenso teilnehmen wie Rheumatologen in ermächtigten und Instituts- sowie Universitätsambulanzen. Wichtigste Teilnahmevoraussetzung ist die Behandlung von mindestens 250 Patienten mit entzündlichen Rheumaformen pro Quartal für internistische Rheumatologen und von 250 Patienten pro Jahr für teilnehmende Rheuma-Abteilungen und -Kliniken. Dies soll gewährleisten, dass nur Rheumatologen und Kliniken am Vertrag teilnehmen, die schwerpunktmäßig in die Versorgung von chronisch-entzündlichen Rheumaformen eingebunden sind. Es wird derzeit noch eine Lösung gesucht, um hausärztlichen internistischen Rheumatologen eine Teilnahme an dem Vertrag als rheumatologische Leistungserbringer zu ermöglichen (eine Teilnahme im Rahmen der hausärztlichen Versorgung mit Abrechnung hausärztlicher Positionen ist jetzt schon möglich). Dies ist v.a. aufgrund der Problematik der Bereinigung von dann fachärztlichen Leistungen im Hausarztbereich nicht trivial. Es können nur Patienten eingeschrieben werden, deren Hausarzt an der HzV mit der TK teilnimmt und sich in die VLR eingeschrieben hat. Die Patienten werden durch die Hausärzte eingeschrieben. Die Position des BDRh und auch des Hausärzteverbandes war, die Einschreibung der Patienten auch über die teilnehmenden Rheumatologen zu ermöglichen. Dies war im ersten Schritt in den Verhandlungen mit der TK nicht durchsetzbar. Sollte sich der Einschreibmodus über Hausärzte als Nadelöhr erweisen, wurde uns eine Änderung zugesichert.

Zu den Vertragszielen und Inhalten und der Honorarvereinbarung Die Vertragsziele: 1. Frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung aller chronisch-entzündlich rheumatischen Erkrankungen (Früharthritis-Sprechstunde innerhalb von 14 Tagen) 2. Verringerung der Krankheitsaktivität und Erreichen der bestmöglichen Prognose sollen erreicht werden durch: – frühzeitige Zuweisung zur differentialdiagnosti schen Abklärung, – Etablierung einer koordinierten Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Facharzt, – Arzneimittelmanagement, – Koordinierung der Verordnung von Heil- und Hilfs mitteln, – Wartezeitenmanagement, – Verringerung der Krankheitsaktivität, – Erhöhung der Funktionskapazität, – Steigerung der Lebensqualität und Teilhabe der Pa tienten sowie – Vermeidung von Doppeluntersuchungen. →

Versorgungslandschaft Rheuma im Überblick → Integrierte Versorgung zwischen Hausärzten und der ambulanten und stationären rheumatologi schen Versorgung in Nordrhein und Bayern: – Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie – Rheuma-Ambulanzen: ermächtigte Ambulanzen, Instituts-und UniversitätsAmbulanzen → Krankenhäuser mit Rheuma-Abteilungen zur stationären Versorgung → Patienten mit allen chronisch-entzündlichen Rheumaformen bzw. Verdacht → Umfangreiches qualitätsorientiertes Leistungs spektrum: Vollversorgung plus Früh- und Verdachtsdiagnostik, Treat-to-Target, Tight-Control, Fachassistenz, Patientenschulung, Infusions-Management

Rheuma Management · Mai/Juni 2014


BDRh-Kongress 2014 – Berlin

18 Die Vertragsinhalte sind: – Gezieltere Zuweisung durch Hausarzt (ScreeningBogen, mehr rheumatologische Fortbildung), – Umfassende Information bei Erstüberweisung (Arztbrief des Hausarztes), – Förderung der aufwendigen Erstvorstellung, – Förderung des ärztlichen (und ggf. organisatori schen) Mehraufwandes bei Multimorbidität, – Förderung von Treat-to-Target (zielorientierte, erfolgsorientierte Therapie nach DAS28 etc.), – Förderung von Tight-control (bessere Versorgung von schweren Verläufen), – Förderung der Rheumatologischen Fachassistenz (Entlastung, Ergänzung), – Förderung der Patientenschulung (STRUPI), – Förderung der Infusionstherapie (EBM-orientierte Vergütung), – Förderung der kooperativen Versorgung mit HA in der Langzeittherapie (Entlastung),

TK-Vertrag zur Versorgungslandschaft Rheuma – Vertragsabwicklung → Beginn in Nordrhein und Bayern → Vertragsmanagement über Versorgungslandschaft Rheuma GmbH (VLR) → Gesellschafter der VLR sind Hausärzteverband und BDRh → Abrechnung über Rechenzentrum (MedRZ) im Auftrag der VLR 1. Einmalige Verwaltungsgebühr in Höhe von 357 Euro inkl. USt. sowie Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 5 % bzw. 5,5 % für Nichtmitglieder des BDRh 2. Einschreibung der Patienten beim Hausarzt ab Ablauf der Beanstandungsfrist durch das BVA (im Sommer 2014) 3. Fälligkeit der Verwaltungsgebühr bei Teilnahme beginn 4. Leistungs- und Abrechnungsbeginn ab 01.10.2014 5. Quartalsweise Abrechnung über Vertragssoftware an Med-RZ 6. Ziel: Auszahlung spätestens 3 Monate nach dem Abrechnungsquartal über VLR

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– Förderung der osteologischen Versorgung (leistungsgerechte Vergütung) und – Förderung der Transition (weniger Drop-out's aus der rheumatologischen Versorgung). Die Verhandlungen zur Honorierung der o.g. Vertragsinhalte, die mehrheitlich nicht Bestandteil der Regelversorgung im KV-System, also im EBM sind, waren erfreulich zielführend und im Konsens mit der TK möglich. Eine Übersicht der Honoraranlage des TKVertrages zur VLR mit den entsprechenden Vergütungen kann auf der Homepage des BDRh im internen Bereich unter www.bdrh.de eingesehen werden.

Honorarsystematik der Rheumatologen Es erfolgt überwiegend eine pauschalierte Vergütung mit einer geringen Zahl an Einzelleistungen (Ausnahme: die fachspezifischen Laborleistungen). Im Folgenden werden die einzelnen Pauschalen und Zuschläge dargestellt. Grundpauschale (GP) deckt nahezu alle EBM-Leistungen ab. Zusatzpauschale 1 (BPP1) bei Vorliegen einer rheumatologischen Begleiterkrankung/Komplikation. Zusatzpauschale 2 (BPP2) bei Vorliegen von mindestens zwei rheumatologischen Begleiterkrankungen/ Komplikationen. Anmerkung: die Zusatzpauschalen decken den zum Teil erheblichen therapeutischen und organisatorischen Mehraufwand bei Ko- und Polymorbidität ab. Die Zusatzpauschalen sind auf der Basis von ca. 300 mit der TK vereinbarten Morbi-RSA relevanten Diagnosen abrechenbar (Beispiele: Osteoporose, Polyneuritis, Pneumonitis, KHK etc.). Transitionsprozess abrechenbar von pädiatrischen Rheumatologen, Rheumatologen und Hausärzten; maximal 3x/Jahr. Z1 Zuschlag auf strukturierte Patientenbetreuung (Rheumatologische Fachassistenz) Voraussetzung: mindestens eine Rheumatologische Fachassistenz pro Einrichtung. Der Zuschlag erfolgt auf die Grundpauschale. Patientenschulung STRUPI bei rheumatoider Arthritis Voraussetzung: Train-the-Trainer-Seminar des Praxisteams. Z2 und Z3 Zuschläge Tight-Control bei >5 und >10 Arzt-Patienten-Kontakten pro Quartal.


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19 Z4 Laborzuschlag bei Abrechnung mindestens einer Laborleistung des fachspezifischen Labors. Z5 Zuschlag Dokumentation und Qualitätssicherung abrechenbar bei Dokumentation über RheumaDok, DocuMed u. Ardis von DAS28, BASDAI, Eclam etc. Infusionsleistung bei einem Zeitaufwand für die Infusion von Biologika von ≥2 Stunden. Eingangsdiagnostik bei Erstvorstellungen mit V.a. entzündliche Rheumaform, nicht gemeinsam mit GP, BPP1 und 2 abrechenbar. Gelenksonografie mit Power-Doppler.

Dr. Edmund Edelmann

Osteologische Diagnostik einschließlich DEXA.

geringe Anschubfinanzierung der bisherigen, von der Management-Gesellschaft VLR GmbH erbrachten Leistungen vorgesehen.

Röntgendiagnostik (Skelett und ggf. Thoraxogane) alle zwei Jahre abrechenbar. Fachspezifische Labordiagnostik als Einzelleistungsvergütung nach EBM. Hinterlegt sind die von Rheumatologen abrechenbaren fachspezifischen OIIILaborleistungen nach EBM-Vergütung. Voraussetzung für die Abrechnung der einzelnen Pauschalen bzw. Einzelleistungen ist der Nachweis der entsprechenden Gerätezulassung (Röntgen/Sonografie) oder von entsprechenden Qualifikationen (z.B. Train-the-Trainer-Seminar, Laborzulassung, RiliBaek, Vorhalten eines Infusionsmanagements mit jährlichen Notfallschulungen, mindestens zwei Infusionsplätze, Vorhalten von RheumaDok).

Honorarsystematik der Hausärzte Die Hausärzte, die am Vertrag VLR teilnehmen, erhalten bereits eine ebenfalls überwiegend pauschalierte Vergütung über den HzV-Vertrag. Hinzu kommen zwei Leistungspositionen bei Teilnahme am VLR-Vertrag. Kontaktabhängige Koordinierungs- und Kommunikationspauschale. Zuschlag Dokumentation und Monitoring. Diese Leistungen werden über eine eigene Abrechnungsmaske entweder des bisherigen PraxisverwaltungsSystems oder eines gesonderten ArztinformationsSystems abrechenbar. Eine diesbezügliche Information der AIS-Hersteller bzw. Ausschreibung ist im Gang. Bei Einschreibung in den Vertrag wird eine Einschreibegebühr von 357 Euro fällig. Dies ist als eher noch

Analog dem KV-System wird für die Abrechnungsleistungen von der VLR GmbH eine Verwaltungskostenpauschale eingezogen, mit der langfristig die aufwendigen Abrechnungs- und Vertragsverwaltungsleistungen gezahlt werden sollen. Die Höhe wird mit 5 % für Mitglieder des BDRh bzw. des Hausärzteverbandes über der üblichen Verwaltungskosten-Pauschale der Kassenärztlichen Vereinigung liegen. Die Teilnehmerzahlen an der VLR und damit die Einkünfte über eine Verwaltungskostenpauschale sind jedoch in Bezug auf den Verwaltungsaufwand deutlich geringer als im KV-System. Die VLR GmbH wird daher bei Vertragsbeginn in nur zwei Bundesländern finanziell weiterhin in Vorleistung gehen müssen. Andererseits ist aus dem Blickwinkel des teilnehmenden Hausarztes, Rheumatologen und einer RheumaAmbulanz, die Leistungsvergütung höher als im KVSystem. Es bleibt damit deutlich mehr Netto vom Brutto. Für Nichtmitglieder der beiden Verbände wird die Verwaltungskostenpauschale, die ja auch den bisherigen und künftigen, von den jeweiligen Verbänden getragenen Management-Aufwand tragen muss, bei 5,5 % liegen. Wir gehen davon aus, dass sowohl die Vergütungssituation im Hausarztbereich als auch bei den Rheumatologen einen erheblichen Anreiz darstellt, dem Vertrag beizutreten. Dies schließt die Teilnahme von Rheuma-Ambulanzen und -Kliniken ein. Letztere werden bei Beitritt zum Vertrag vorzugsweise von den Vertragsteilnehmern bei einer erforderlichen stationären Versorgung in Anspruch genommen. § 116bAmbulanzen können in der aktuellen Vertragsfassung noch nicht teilnehmen. Es ist jedoch das gemeinsame Ziel der Vertragspartner, die vertraglichen Vorausset- → Rheuma Management · Mai/Juni 2014


BDRh-Kongress 2014 – Berlin

20 zungen für eine Teilnahme dieser spezialfachärztlichen Ambulanzen zu schaffen. Es konnten in dieser Übersicht des mehr als hundert Seiten umfassenden Vertrages (incl. Anlagen) zahlreiche Vertragsinhalte und Hinweise zur Abrechnung der Leistungen nur sehr kursorisch dargestellt werden. Es ist vom BDRh vorgesehen, in Nordrhein und Bayern im Vorfeld des 1. Abrechnungsquartales, dem 1. Oktober, eingehende Fortbildungen zum Vertrag zu veranstalten. Die Vertragsinhalte werden nach der erforderlichen Zustimmung des Bundesversicherungssamtes (BVA) zum Vertrag zudem öffentlich auf der Homepage der Versorgungslandschaft Rheuma GmbH dargestellt werden.

Fazit Für den BDRh wird die VLR den Einstieg in eine gänzliche neue Vertragswelt, und damit in ein neues Aufgabenfeld bedeuten. Bundesweit ist dies der erste flächendeckende § 140 a-ff-Vertrag von Fachärzten mit dem Hausärzteverband. Für uns Rheumatologen bot es die Möglichkeit, erstmals vollständig außerhalb des KV-Systems Leistungen, die für eine qualitätsorientierte und Leitlinien-gerechte Versorgung unabdingbar sind, zu verhandeln und in die Versorgung einzubringen. Für die Rheumatologie ist es eine wichtige Chance, über die „Sektorengrenzen“ hinweg zusammenzurücken und diese Grenzen zu überwinden.

In der Versorgung gemeinsam mit den Hausärzten liegt die große Chance, eine kooperative und qualitativ hochwertige, international beispielgebende rheumatologische Versorgung aufzubauen. Für den Erfolg des Vertrages gilt: Je mehr Hausärzte und Rheumatologen in Bayern und Nordrhein sich in den Vertrag einschreiben, je mehr Patienten eingeschrieben werden, umso schneller wird dieser Vertrag in weiteren Bundesländern gelten können, und hoffentlich bald bundesweit. Die VLR wäre nicht möglich geworden ohne die zukunftweisende Idee zur Gestaltung einer Versorgungslandschaft nach § 140 a-ff auf der Basis von § 73b-Verträgen durch die Chefs des Hausärzteverbandes und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft, Herrn Ulrich Weigeldt und Herrn Eberhard Mehl. Insbesondere mit Herrn Mehl, der direkt in die Vertragsverhandlungen und die Vertragsentwicklung eingebunden war und ist, verbindet uns eine sehr vertrauensvolle, sachbezogene und erfolgsorientierte Zusammenarbeit. An dieser Stelle gilt allen Mitarbeitern der Versorgungslandschaft Rheuma GmbH und vor allem der Geschäftsführerin Frau Nicole Richter unser besonderer Dank für die sehr engagierte, hocheffektive und von gegenseitigem Vertrauen getragene Zusammenarbeit. m Für den BDRh-Vorstand Dr. med. Edmund Edelmann

Vertrag Versorgungslandschaft Rheuma mit der TK: Zusammenfassung und Ausblick → Vollversorgung von Rheuma-Patienten außerhalb der KV → Neue Qualität der Kooperation mit Hausärzten auf der Ebene der Praxis und des Berufsverbandes (Partnerschaft) → Erstmals umfassender §§ 140 a ff. SGB V-Vertrag mit der TK (Partnerschaft) → Steuerung/Controlling der Versorgung über VLR (und somit BDRh/Hausärzteverband) und TK → Verantwortung für die Versorgung liegt erstmals bei der eigenen Fachgruppe → Ein Erfolg des Vertrages (auch für die TK) ist im Sinne aller Rheumatologen → Dies impliziert ein Einhalten/Anstreben der Vertragsziele → Engeres Zusammenwachsen der Versorgungsebenen (Hausärzte, Rheumatologen in Klinik und Praxis)

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21 Pressemitteilung zu Versorgungslandschaft Rheuma

Hausärzte, Rheumatologen und Techniker Krankenkasse sorgen für koordinierte Behandlung Köln/Hamburg/Berlin, 16. Mai 2014

1,5 Millionen Menschen der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leiden unter entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Um ihre Behandlung besser zu koordinieren, haben Hausärzte, Rheumatologen und Techniker Krankenkasse (TK) eine intensivierte Zusammenarbeit vereinbart. Eingebunden in die Versorgungslandschaft Rheuma sind Hausärzte, Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie, Kinder und Jugendrheumatologen sowie Krankenhäuser. Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK: „Mit dieser Koordination über die Grenzen der Versorgungssektoren hinweg wollen wir insbesondere die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten verbessern.“ Vertragspartner ist die Versorgungslandschaft Rheuma, die Managementgesellschaft der Pro Versorgung AG, einer Beteiligungsgesellschaft des Deutschen Hausärzteverbandes e.V. und des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e.V. (BDRh). „Für den Verband ist die Versorgungslandschaft Rheuma ein wegweisender Schritt zu mehr Qualität in der Versorgung von Rheumapatienten“, so Dr. Edmund Edelmann, Vorsitzender des BDRh: „Frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung bei allen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und Verdachtsmomenten sind wesentliche Bestandteile des Vertrages.“ Ein Vorteil für die Versicherten der TK: Stellt der Hausarzt einen Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung fest, erhält der Patient innerhalb von 14 Tagen einen Termin beim Rheumatologen zur Abklärung der Diagnose. Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes: „Oft wird gerade zu Beginn wertvolle Zeit vergeudet – dies wirkt sich negativ auf den Therapieverlauf aus. Durch die zugesicherte schnelle Terminvergabe und die sofortige Teilnahme der Versicherten an der Integrierten Versorgung wird wertvolle Zeit gewonnen.“

Versorgungsstart in den Regionen Nordrhein und Bayern ist der 1. Oktober 2014. Der genaue Zeitpunkt, zu dem sich Versicherte der TK einschreiben können, wird noch bekannt gegeben. Dies wird voraussichtlich im Sommer 2014 der Fall sein. Die Versorgungslandschaft Rheuma beinhaltet konkrete und strukturierte Behandlungspfade, die auch die Überprüfung individueller mit dem Versicherten gemeinsam definierten Zielwerte. Diese werden im Laufe der Behandlung regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst. Die Versorgungslandschaft Rheuma setzt einen weiteren Schwerpunkt auf die sogenannte „Transition“. Diese beinhaltet eine strukturierte Übergabe von Patienten im Kindes- und Jugendalter vom Kinderrheumatologen zum Erwachsenenrheumatologen. m

Weitere Informationen: TK-Pressestelle Bramfelder Str. 140 22305 Hamburg Tel. 040/69091783 pressestelle@tk.de Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. Lindenstraße 2 83043 Bad Aibling Tel. 08061/905823 (Mo.-Do. vormittags) Sekretariat@bdrh.de Versorgungslandschaft Rheuma Edmund-Rumpler-Str. 2 51149 Köln-Gremberghoven Tel. 02203/57561024 info@proversorgung.de

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24 Biologika bei rheumatoider Arthritis

Selektivvertrag zur RA zwischen BDRh und TK Im vergangenen Jahr wurde der TK-BDRh-Rheumavertrag nach §84 Abs.1 Satz 5 SGB V geschlossen. Ein halbes Jahr später präsentierte Tim Steimle, Fachbereichsleiter Arzneimittel bei der Techniker Krankenkasse (TK), auf dem diesjährigen BDRh-Kongress den aktuellen Umsetzungsstand und einen Ausblick.

Gegenstand des TK-BDRh-Rheumavertrages ist die Begleitung von Patienten in der Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA), die pharmazeutische Arztberatung des behandelnden Rheumatologen und die Förderung der sicheren und zugleich wirtschaftlichen Versorgung der Rheuma-Patienten mit (biologischen) Arzneimitteln. Zum Vertragsschluss kam es, da aktuelle Studien belegen, dass zwar der überwiegende Teil (ca. 2/3) der RAPatienten mit der Behandlung zufrieden ist. Gleichzeitig klagt jedoch die Hälfte von ihnen darüber, nicht in die Therapieentscheidungen der Ärzte einbezogen zu sein. Außerdem fühlen sich sehr viele Patienten durch die Krankheit stark im Alltag eingeschränkt und beklagen sowohl körperliche Handicaps als auch daraus resultierende Abhängigkeiten. Im Rahmen des TK-BDRh-Rheumavertrages verpflichten sich die beitretenden Ärzte zu einer entsprechend der Vereinbarung qualitätsgesicherten, wirksamen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten mit (biologischen) Arzneimitteln bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Insbesondere verpflichtet sich jeder Rheumatologe, die S1-Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) „Handlungsempfehlungen der

Internationale und nationale Leitlinien empfehlen vereinbarte Vertragsinhalte → Die 7 zugelassenen Biologika weisen genügend Evidenz auf, um als gleichwertig angesehen zu werden. (DGRh) → In die Produktauswahl muss neben den medizinischen Überlegungen auch eine wirtschaftliche Verordnungs weise eingehen. (DGRh) → Das Ziel der rheumatoiden Arthritis-Therapie ist die klinische Remission, die Kür ist eine Biologika-freie Remission. (Karolinska Institut, Stockholm) → Deeskalation ist bei einer beträchtlichen Anzahl an Patien ten möglich. (Karolinska Institut, Stockholm)

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Tim Steimle/TK DGRh zur sequenziellen medikamentösen Therapie der rheumatoiden Arthritis 2012" einzuhalten. Die TK und der BDRh sind darüber hinaus bestrebt, den Verordnungsanteil rabattierter Arzneimittel zu erhöhen und damit die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Die DGRh tritt seit Jahren dafür ein, dass bei der Verordnung von (biologischen) Arzneimitteln die Wirtschaftlichkeit der Versorgung stärker berücksichtigt werden müsse. In Bayern hat die Kassenärztliche Vereinigung insoweit eine Arzneimittelvereinbarung nach § 84 SGB V getroffen, die die Umsetzungsquote von vertraglich rabattierten Arzneimittel nach § 130a Abs. 8 SGB V erhöhen soll. Die TK und der BDRh sind sich einig, dass insbesondere die Therapie von Rheuma-Patienten in Hinblick auf die Arzneimittelauswahl und -umstellung eine intensive Begleitung des Patienten voraussetzt. Die Behandlung mit (biologischen) Arzneimitteln erfordert in besonderem Maße die internistische Kompetenz des Rheumatologen: zum einen zum Erkennen von Kontraindikationen für diese Behandlung, zum anderen im Umgang mit Immunsuppressiva. Wechselwirkungen mit anderen bei internistischen Erkrankungen gegebenen Medikamenten erfordern entsprechende pharmakologische Kenntnisse, und Nebenwirkungen betreffen überwiegend Symptome aus dem Bereich der Inneren Medizin, bzw. von anderen chronischentzündlichen Rheumaformen.


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25 Die Qualitätsförderung ist oberstes Ziel für die TK. Dazu weist der TK-BDRh-Rheumavertrag die folgenden Eigenschaften auf: – Höhere Patientensicherheit durch kontinuierliche Verlaufskontrolle des Disease Activity Scores (DAS28); – Kompetenter und informierter Patient mit Hilfe von sprechender Medizin durch zusätzliche Honorierung des Arztes und Verbesserung der Therapietreue bei chronisch erkrankten Versicherten durch den TK-ArzneimittelCoach; – Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit durch Fokussierung auf die individuelle Einstellung des Patienten (De-, Eskalation); – Pharmazeutische Arztberatung; – Therapiefreiheit des Arztes bleibt weiterhin erhal ten;

definierten Qualitätsstandards einhält. Seit Anfang 2014 ist ein deutlicher Anstieg der Arztbeitritte zum Vertrag zu verzeichnen. So nehmen aktuell weit über 50 Rheumatologen bundesweit teil. Weitere Ausbaustufen des Vertrages stehen jetzt unmittelbar vor der Umsetzung. Die Einschränkung auf eine Krankenkasse (TK) und eine Indikation (RA) bedeutete in der Vergangenheit, dass in mancher Arztpraxis lediglich drei bis vier Patienten potentiell nach den Maßstäben dieses Vertrages betreut werden konnten. Dies war sowohl dem BDRh als auch der TK durchaus bewusst. Inzwischen hat die DAK-Gesundheit signalisiert, diesem Vertrag zeitnah beizutreten, auch mit einigen großen Betriebskrankenkassen befinden sich die Gespräche in einem fortgeschrittenen Stadium. Die TK hat signalisiert, dass eine Indikationserweiterung auf die Axiale Spondyloarthritis einschließlich Ankylosierende Spondylitis (AS) und die Psoriasis-Arthritis (PsA) vorgesehen ist. Hier ist es die gemeinsame Aufgabe der TK und des BDRh die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung zügig zu erreichen.

– Regressprävention für den Arzt.

Die TK und der BDRh-Bundesvorstand möchten jeden einzelnen Rheumatologen motivieren, ein Zeichen zu setzen und diesem nachhaltigen und beispielgebenden Modell eines mit Rabattverträgen verknüpften Selektivvertrages beizutreten. m

Der Arzt erhält nach dem TK-BDRh-Rheumavertrag für seine Leistungen über den Zeitraum von zwei Jahren eine Vergütung in Höhe von max. 320 Euro pro TK-Patient, wenn er die im TK-BDRh-Rheumavertrag

Quelle: Vortrag „Rheumavertrag der TK mit dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh)“, BDRh-Kongress, Berlin, 17. Mai 2014

– Therapiefreiheit und Wirtschaftlichkeit sind im Ein klang;

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26 Rheumatologisches Praxismanagement

10 Jahre RheumaDok – das Dokumentationssystem des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen Vor zehn Jahren erschien die erste Version von RheumaDok. Damit wurde ein schon lange bestehender Wunsch nach einem Dokumentationsprogramm für die rheumatologische Praxis realisiert. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass der Einsatz standardisierter Messinstrumente für die Erfassung von Krankheitsaktivität und Patienteneigenbeurteilung bei entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen zu verbesserten Behandlungsergebnissen führt. Ziel bei der Entwicklung von RheumaDok war es, diese Dokumentation mit einem klar strukturierten Datenbankprogramm benutzerfreundlich und ohne Doppeleingaben durchzuführen.

RheumaDok dient der Erfassung, Speicherung und Archivierung sowie Wiedergabe und Transfer medizinischer Daten, es ersetzt damit Teile der früher üblichen Papierablage in der Arztpraxis. Eine Weiterverarbeitung der Daten findet im Sinne von Schreib-, Such- und Rechenhilfen statt, um die Arbeitsabläufe in der Arztpraxis produktiver zu gestalten. Die aus externen Quellen vorliegenden Instrumente, z.B. validierte Patienten-Fragebögen, werden dabei elektronisch nachgebildet. Die Daten können z.B. in Form einer grafischen Darstellung („Fieberkurven"), als Arbeits- und Befundlisten oder als Textbausteine für die Praxisdokumentation und Arztbrieferstellung ausgewertet werden.

wareentwicklung wurde von Dipl.-Inf. Nils Körber, Erlangen, geleistet, die fachlich-medizinische Betreuung von Dr. Rüdiger de la Camp, Uttenreuth.

Technisch basiert RheumaDok auf dem Datenbanksystem Microsoft Access, ursprünglich in der Version Access 2002. Kontinuierliche Weiterentwicklung sicherte stets die Lauffähigkeit auf den aktuellen Versionen der Microsoft Betriebssysteme sowie Microsoft Access.

RheumaDok beinhaltet für die generelle Anwendung (Abb. 1): – 15 Arztmodule, z.B. Medikamente und DAS28 – 13 Patientenmodule, z.B. FFbH und BASFI – 5 Auswertemodule, z.B. Grafik der Scorewerte – GDT-Schnittstelle zur Praxis-EDV für Stammdaten – LDT-Schnittstelle zur Laborsoftware (im Piloteinsatz) – Schnittstelle zu mobilen Erfassungsgeräten

Das Programm entstand im Auftrag des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh) und steht den Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Die Soft-

RheumaDok hat mittlerweile eine große Akzeptanz und Verbreitung in der deutschen Rheumatologie gefunden. Über den ursprünglichen Anwenderkreis der niedergelassenen Rheumatologen hinaus wird das Programm in einigen Kliniken und universitären Einrichtungen genutzt. Seit 2005 kann auch die Kerndokumentation des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZ) mit RheumaDok durchgeführt werden.

Module und Schnittstellen in RheumaDok

Techniker Krankenkasse (für TK-Vertrag)

Arzt

Deutsches RheumaForschungs-Zentrum DRFZ

Arzt

Patient

Arzthelferin

RheumaDok

Praxisverwaltungssoftware mit GDT-Schnittstelle

Patient

Mobile Erfassungsgeräte z.B. RheumaDokM

Laborsoftware mit LDT-Schnittstelle (im Piloteinsatz)

Abb. 1: Mehrbenutzersystem RheumaDok Rheuma Management · Mai/Juni 2014


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Dr. med. Rüdiger de la Camp

RheumaDok wurde und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Neben zahlreichen Anregungen aus dem Kreis der Nutzer konnten, auch in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rheumaforschungszentrum (DRFZ), viele weitere Anforderungen berücksichtigt werden. Hierzu gehören beispielsweise spezielle Erweiterungen für die jeweiligen Aktualisierungen der Kerndokumentation des DRFZ, die Deutsche MabThera Kohortenstudie (DMK), das Pilotprojekt der KV-Bayern 2008 und die KVB-Qualitätsmaßnahme 2010. Ganz aktuell wurde Ende 2013 die Dokumentation des Vertrags zwischen BDRh und Techniker Krankenkasse zur intensivierten Betreuung von TK-versicherten Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) implementiert (Abb. 2).

Abb. 2: Hauptformular von RheumaDok, hier ist ein (virtueller) TK-Vertragspatient markiert

RheumaDokM Um ein umweltfreundliches papierloses Arbeiten zu ermöglichen, den Arbeitsaufwand für das Praxispersonal zu verringern und die Datenqualität durch Vermeidung von Übertragungsfehlern zu verbessern, wurde 2011 RheumaDok um das mobile Erfassungssystem RheumaDokM erweitert. Die Patienten geben ihre Daten auf mobilen Erfassungsgeräten (z.B. Tablet-PC) ein, auf dem RheumaDokM läuft. Das Programm kann aber auch zur Einrichtung von stationären PatientenEingabeplätzen (mit Touchscreen-Bildschirm) benutzt werden. Nach der Eingabe in RheumaDokM können die Daten auf Knopfdruck sofort von RheumaDok übernommen werden. Dabei werden ggf. auch Scorewerte automatisch berechnet. m Dr. med. Rüdiger de la Camp, Uttenreuth; Dipl.-Inf. Nils Körber, Erlangen

RheumaDok – Computer-gestützte Dokumentation in der rheumatologischen Praxis Aktualisierung und Downloads von RheumaDok auf die aktuelle Version 5.3.1 vom 22. Mai 2014 inklusive Hinweise zum TK-Vertrag unter www.bdrh.de im internen Bereich: 1. Bedienungsanleitung (PDF, 9,2 MB) 2. Bedienungsanleitung Anhang (PDF, 1,4 MB) 3. Hinweise zum TK-Vertrag (PDF, 513 KB) 4. Hinweise für das Umsteigen auf RheumaDok-Version 5.3.1 (PDF, 72 KB) 5. Software (MDB im ZIP-Archiv, 4,6 MB)

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28 Rheumatoide Arthritis

Chinesischer Pflanzenextrakt zeigt Wirksamkeit Mit einem in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) auch bei der rheumatoiden Arthritis (RA) häufig eingesetzten Pflanzenextrakt aus Tripterygium wilfordii Hook F (TwHF) wurde in der randomisierten, kontrollierten TRIFRA-Studie eine vergleichbar gute Effektivität erzielt wie mit Methotrexat (MTX) und er war in Kombination mit diesem einer MTX-Monotherapie überlegen, berichtete eine chinesische Studiengruppe um die Erstautoren Xuan Zhang, Peking, und Peter Lipsky, Bethesda (USA).

Die Effektivität und Sicherheit des TwHF-Pflanzenextrakts gemäß der TCM wurde in einer multizentrischen, open-label (ohne Placebo-Kontrolle, mit nur einfacher Verblindung), randomisierten, kontrollierten Studie untersucht und sollte die Nicht-Unterlegenheit gegenüber MTX zeigen. Zum Einsatz kam ein auf 1,2 mcg/10 mg des immunsuppressiv wirksamen Diterpen Triptolid und 36,6 mcg/10 mg des antientzündlich effektiven Triterpen Wilforlid standardisierter Pflanzenextrakt. Insgesamt 207 bis auf vier Ausnahmen therapienaive Patienten (meist Frauen, mittleres Alter bzw. Krankheitsdauer 55 bzw. 5,5 Jahre) mit aktiver RA wurden im Verhältnis 1:1:1 auf eine Therapie mit MTX 12,5 mg 1x wöchentlich, TwHF 20 mg 3x täglich oder eine Kombinationen beider Ansätze randomisiert. In Woche 12 erfolgte bei Patienten der beiden Monotherapie-Guppen mit einer DAS28-Reduktion <30 % der Wechsel auf die MTX+TwHF-Kombination. Als primärer Effektivitäts-Endpunkt war das ACR50Ansprechen nach 24 Wochen festgelegt worden. Nach sechs Monaten zeigte sich, dass von den 84,1 % die Studie abschließenden Patienten in einer ITT-Analyse 46,4 % unter MTX ein ACR50-Ansprechen im Vergleich zu 55,1 % unter TwHF und 76,8 % mit der Kombination aufwiesen. Damit wurde nicht nur eine signifikante Nicht-Unterlegenheit der TwHF- gegenüber der MTX-Monotherapie demonstriert (p=0,014), sondern eine gleichfalls signifikante Überlegenheit Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Bemerkenswert ist nicht zuletzt die unter TwHF durch die antientzündliche Wirkkomponente im Gegensatz zu MTX rasche Abnahme der BSG, was eine Kombination beider Ansätze durchaus attraktiv machen würde. Während die meist gastrointestinalen Nebenwirkungen unter TwHF eher seltener als unter MTX waren, gilt es die mit dieser Therapie assoziierten Fertilitätsprobleme zu berücksichtigen, weshalb TwHF bevorzugt bei postmenopausalen Frauen und explizit nicht bei solchen mit Kinderwunsch gegeben werden sollte. m

Vor allem die Kombination von MTX mit einem TwHF-Extrakt könnte bei geeigneten Patienten mit früher, aktiver RA recht effektiv sein und sollte unter placebokontrollierten Bedingungen geprüft werden. Noch unklar ist die Wirksamkeit auf die radiologische Progression, Aufschluss hierüber sollen die 2-Jahres-Daten der TRIFRAStudie geben. Auf Europa oder die USA sind die Ergebnisse derzeit angesichts der Asien-typischen niedrigen MTX-Dosis von nur 12,5 mg nicht übertragbar.

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2013-204807

Kompakt

Abb.: Tripterygium wilfordii (Wilford's Dreiflügelfrucht)

der Kombination gegenüber der MTX-Monotherapie (p<0,001). Auch in anderen Endpunkten wie dem strengeren ACR70-Kriterium war TwHF versus MTX (30,4 vs. 23,2 %) nicht unterlegen. Gleichfalls zeigte sich durchweg eine signifikante Überlegenheit der Kombination im Vergleich zu MTX alleine beim ACR20 (92,8 vs. 63,8 %), ACR70 (43,5 vs. 23,2 %), DAS28LDA ≤3,2 (55,1 vs. 27,5 %) und der DAS28-Remission mit 49,3 vs. 20,3 %; ein ähnliches Muster war auch beim CDAI- und EULAR-Ansprechen erkennbar, während im HAQ-DI und SF-36 zwar jeweils ein positiver Trend, aber keine signifikanten Differenzen zwischen den drei Behandlungsarmen erkennbar waren.


29 Rheumatoide Arthritis

Frühe RA: Neue Therapiestudien publiziert Bei früher RA wird in den Niederlanden stärker als in Deutschland eine aggressive DMARD-Therapie, oft auch initial als Triple-DMARD-Variante, mit zum Teil kurzfristig hoch dosiertem Glukokortikoid-Bridging propagiert. Erstmals voll publiziert wurden jetzt die 1-Jahres-Daten aus der tREACH- sowie der COBRA-light-Studie.

In der randomisierten, kontrollierten tREACH-Studie zum Vergleich einer Induktionstherapie mit Methotrexat (MTX) mit einer Triple-DMARD-Therapie verglichen Pascal H.P. de Jong, Rotterdam, und Kollegen, bei 281 DMARD-naiven Patienten mit sehr früher Arthritis (im Mittel sechs Monate) und hohem Risiko für eine rasche Progression eine A) Triple-DMARD-Therapie (MTX 25 mg/Woche, Sulfasalazin 2 g/Tag, Hydroxychloroquin 400 mg/Tag) plus 120 mg i.m. Methylprednisolon (n=91), eine B) Triple-DMARD-Therapie mit oralem Prednison 15 mg/Tag mit Dosisreduktion (n=93) oder C) MTX-Monotherapie mit oralen Glukokortikoiden wie in B) (n=97). Verfolgt wurde jeweils eine engmaschig, alle drei Monate kontrollierte und am DAS ausgerichtete Treat-to-target-Strategie. Primäre Kriterien waren der Verlauf des DAS- und HAQScores über die Zeit sowie die radiologische Progression. (1)

tREACH: Keine Vorteile für Triple-DMARD-Therapie Im Ergebnis zeigte sich nach partiell knapp signifikanten Vorteilen in Monat 3 nach einem Jahr nur noch im Trend eine Reduktion von DAS28 und HAQ mit den beiden Triple-DMARD-Therapien im Vergleich zur MTX-Monotherapie. Nach drei Monaten wurde unter beiden Triple-DMARD-Therapien seltener ein Therapieversagen verzeichnet, was 40 % weniger Biologika-Verordnungen zur Folge hatte; nach 12 Monaten war dies bei 27 % unter der Triple- und 43 % unter der MTX-Monotherapie der Fall (p=0,03). Allerdings waren die Triple-DMARD-Strategien mit mehr Nebenwirkungen behaftet, was öfter als unter MTX alleine eine Therapieanpassung erforderte. Bezüglich der Glukokortikoid-Strategien wurden keine relevanten Unterschiede gesehen. Nach 12 Monaten zeigte sich – ebenfalls ohne klinisch relevante Differenz – bei 21, 24 und 23 % der Patienten eine radiologische Progression. Wenngleich manche Hochrisiko-Patienten von einem bereits zu Beginn intensiveren Vorgehen profitieren dürften, erscheint auf Basis dieser Daten für die Mehrzahl der Patienten eine stufenweise Therapieeskalation ausgehend von einer MTX-Monotherapie (plus Glukokortikoid) ausreichend.

Dass weniger manchmal mehr ist oder bei Patienten mit früher, aktiver RA beim Anlegen eines klaren Treatto-target-Protokolls zumindest ausreicht, hatten letztlich auch die Ergebnisse aus der randomisierten openlabel-Studie COBRA-light ergeben. Nach 26 Wochen war das COBRA-light-Schema (MTX-Eskalation auf 25 mg/Woche, initial 30 mg Prednisolon/Tag) bei 162 Patienten in puncto Krankheitsaktivität (DAS44), körperlicher Funktion (HAQ-DI) und radiologischer Progression (SvHS) ähnlich effektiv wie das intensivere COBRA-Schema (MTX 7,5 mg/Woche, Sulfasalazin 2 g/Tag, initial Prednisolon 60 mg/Tag).

COBRA-light: Treat-to-target-Protokoll erfolgreich Nach Woche 26 oder 39 erfolgte die Zugabe von Etanercept bei Patienten mit einem DAS44 ≥1,6. Über die 1-Jahres-Ergebnisse dieser Studie berichteten nun Marieke M. ter Wee, Amsterdam, und Kollegen. (2) In beiden Therapiearmen wurde nach 52 Wochen ohne signifikante Differenz ein markanter Rückgang des DAS44 von -2,41 (COBRA) und −2,02 (COBRA-light) beobachtet. Deutlich verbessert war auch jeweils der HAQ-DI; die radiologische Progression war in beiden Gruppen minimal. Keine gravierenden Unterschiede waren bei den (meist mild verlaufenden) Nebenwirkungen zu verzeichnen, bei einer allerdings recht hohen Rate von je >90 %. Bei 67 % der Patienten – öfter im COBRA-light-Arm – hätte gemäß Studienprotokoll auf Etanercept eskaliert werden müssen, was aber nur bei 62 % der Patienten umgesetzt wurde. Mit beiden Treat-to-target-Protokollen, auch dem weniger intensiven COBRA-light-Regime, wurden letztlich sehr gute Behandlungsergebnisse erzielt, ohne dass die Studienärzte bei einer meist bereits sehr niedrigen Krankheitsaktivität den Einsatz des Biologikums noch für erforderlich hielten. m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2014; 73(7): 1331-1339 2 Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/annrheum dis-2013-205143

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30 Rheumatoide Arthritis

Neue IL-6-Inhibitoren am Horizont Durch die Kombination von DMARDs wie Methotrexat (MTX) mit zunächst vor allem den TNFα-Inhibitoren konnte bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und unzureichendem Ansprechen auf die DMARD-Therapie eine deutlich verbesserte Kontrolle der Krankheitsaktivität erreicht werden. Inzwischen stehen für die Biologika-Therapie eine Reihe weiterer Zytokin-Inhibitoren zur Verfügung, wobei sich insbesondere die IL6-Hemmung mit Tocilizumab als vielversprechend herauskristallisiert hat.

Wie der japanische Rheumatologe Yoshiya Tanaka, Kitakyushu, und sein spanischer Kollege Emilio Martin Mola, Madrid, in einem aktuellen Beitrag berichten, hat die erfolgreiche Anwendung des humanisierten, gegen den IL-6-Rezeptor gerichteten monoklonalen Antikörpers Tocilizumab nicht nur in der RA-Therapie die Entwicklung weiterer, entweder IL-6 direkt oder dessen Rezeptor adressierender Antikörper angespornt. (1) In jüngster Zeit vorgelegt wurden die jeweiligen Phase-II-Daten zu Olokizumab, Sarilumab und zuletzt auch Sirukumab. Auf dem ACR-Kongress 2013 wurden zudem viel versprechende Ergebnisse zu Clazakizumab vorgetragen. Die gute Effektivität und Sicherheit des humanisierten Anti-IL-6 monoklonalen Antikörpers Olokizumab wurde kürzlich in Phase-IIb bei Patienten mit vorherigem Versagen auf eine Anti-TNF-Therapie demonstriert. In puncto Wirksamkeit attestierte die internationale Studiengruppe um Mark C. Genovese, Palto Alto (USA), einen zu diesem Zeitpunkt offenbar ähnlich großen Nutzen wie für das etablierte Tocilizumab. (2) Für Sarilumab, einen vollhumanen monoklonalen Antikörper gegen IL-6Rα, wurden aus der randomisierten PhaseII-Studie SARIL-RA-MOBILITY (Part A) von der internationalen Studiengruppe um Tom W. Huizinga, Leiden (Niederlande), erste positive Ergebnisse bei Patienten mit unzureichendem MTX-Ansprechen dargelegt. (3)

Aktuelle Phase-II-Daten zu Sirukumab Eine vorwiegend US-amerikanische Studiengruppe um Erstautor Prof. Dr. Josef Smolen, Wien (Österreich), stellte nun die Phase-II-Studiendaten zu einem weiteren Aspiranten, dem humanen Anti-IL-6 monoklonalen Antikörper Sirukumab vor. (4) In einer randomisierten, zweiteiligen (proof-of-concept und Dosisfindung) placebokontrollierten Studie war dieser bei Patienten mit trotz einer MTX-Therapie aktiver RA getestet worden. Im ersten Studienteil zum Nachweis des Therapiekonzepts wurden 36 RA-Patienten auf Placebo oder Sirukumab 100 mg s.c. alle zwei Wochen für zehn Wochen randomisiert, gefolgt von einem Crossover der Therapiearme in den Wochen Rheuma Management · Mai/Juni 2014

12-22. Im zweiten Studienteil zur Dosisfindung wurden 151 RA-Patienten auf Sirukumab s.c. (100 mg alle 2 Wochen, 100 mg alle 4 Wochen, 50 mg alle 4 Wochen oder 25 mg alle 4 Wochen) bis Woche 24 oder Placebo bis Woche 10 mit einem anschließenden Crossover zu Sirukumab 100 mg alle zwei Wochen (in den Wochen 12-24) randomisiert. Als Parameter der Wirksamkeit erfasst wurden das ACR50-Ansprechen und die Veränderung des DAS28-CRP-Score ab Studienbeginn. Die Sicherheit von Sirukumab wurde in beiden Studienteilen bis Woche 38 evaluiert. Bei primären Wirksamkeits-Endpunkt, dem ACR50Ansprechen in Woche 12, zeigte sich im zweiten Studienteil nur für die höchste Sirukumab-Dosierung von 100 mg alle zwei Wochen ein gegenüber Placebo signifikanter Vorteil (26,7 vs. 3,3 %; p=0,026). Größere Verbesserungen im mittleren DAS28-CRP bis Woche 12 wurden mit Sirukumab 100 mg alle Wochen versus Placebo sowohl im ersten (-2,1 vs. -0,6, p<0,001) als auch zweiten Studienteil (-2,2 vs. -1,1; p<0,001) beobachtet. Die Inzidenz unerwünschter Ereignisse war in beiden Studienteilen mit 70,6 vs. 63,3 % bzw. 67,8 vs. 66,7 % für Sirukumab und Placebo auf einem vergleichbaren Niveau; am häufigsten wurden Infektionen berichtet, wobei das Sicherheitsprofil bis Woche 38 konsistent mit jenem anderer IL-6-Inhibitoren ist. Zumindest in der höheren Dosierung scheint in Woche 12 die Effektivität von Sirukumab im Wesentlichen jener von Tocilizumab oder anderen Anti-IL-6-Antikörpern zu ähneln , so die Einschätzung der Autoren. m

Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/annrheum dis-2013-205002 2 Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/annrheum dis-2013-204760 3 Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/annrheum dis-2013-204405 4 Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/annrheum dis-2013-205137


31 Rheumatoide Arthritis

Remission langfristig besser als niedrige Krankheitsaktivität Obgleich bei rheumatoider Arthritis (RA) das von Leitlinien vorgegeben Therapieziel im Erreichen einer Remission besteht, wird gerade bei Patienten mit bereits längerer Erkrankungsdauer alternativ auch eine niedrige Krankheitsaktivität akzeptiert. Dass die Remission gegenüber dem niedrigeren Therapieziel in puncto Lebensqualität oder Arbeitsproduktivität eklatante Vorteile hat, ergab unlängst eine österreichische Studie. Französische Daten aus der ESPOIR-Kohorte verdeutlichen zudem den bedeutsamen Zusatznutzen der Remission zur Verhinderung der radiologischen Progression.

ESPOIR-Kohorte: Mit Remission geringere radiologische Progression Während in einer solchen Kohorte mit überwiegend langjähriger RA eigentlich schon das Erreichen einer kontinuierlichen niedrigen Krankheitsaktivität als Erfolg zu werten ist, sind bei Patienten mit früher RA eher strengere Maßstäbe anzulegen. Durch eine konsequente Treat-to-target-Strategie gilt es hier sehr frühzeitig die Entzündung zurückzudrängen, um so die Funktionsfähigkeit zu erhalten und es erst gar nicht zu einer strukturellen radiologischen Progression kommen zu lassen. Basierend auf Daten der französischen ESPOIR-Kohorte untersuchten Adeline Ruyssen-Witrand, Toulouse, und Kollegen, bei Patienten mit früher RA den Einfluss

einer SDAI-Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität nach 12 Monaten auf strukturelle Gelenkschäden im mTSS und Funktionseinschränkungen im HAQ-DI nach drei Jahren. (2) Von den 625 Patienten (mittleres Alter 48,5 Jahre, Krankheitsdauer <2 Jahre) befanden sich nach 12 Monaten 19,4 % in einer SDAI-Remission und 35,7 % wiesen eine niedrige Krankheitsaktivität auf. Die durchschnittlichen mTSS- und HAQ-DI-Scores nach drei Jahren betrugen 9,6 und 0,23 für Patienten, die nach einem Jahr in Remission waren, sowie 15,8 und 0,43 für solche mit einer niedrigen Krankheitsaktivität nach 12 Monaten (je p<0,05). Aus einer multivariaten Analyse lässt sich ablesen, dass für Remission gegenüber niedriger Krankheitsaktivität nach einem Jahr eine signifikant stärkere Assoziation mit einem nach drei Jahren geringeren mTSS-Score vorlag (p=0,005), nicht jedoch für den HAQ-DI-Score (p=0,4), wobei sich letzterer auch bei Patienten mit niedriger Krankheitsaktivität in einem Bereich bewegte, wie er auch in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten wäre. m

Sowohl bei Patienten mit früher als auch etablierter RA sollte als Therapieziel möglichst die Remission angestrebt werden, auch wenn in manchen Fällen realistischer Weise nur eine niedrige Krankheitsaktivität erreichbar ist. Vor allem bei kurzer Krankheitsdauer lässt sich insbesondere bei früher Remission eine radiologische Progression struktureller Gelenkschädigungen fast völlig verhindern.

Quellen: 1 Arthritis Res Ther 2014; 16(1): R56 2 Ann Rheum Dis 2014; doi: 10.1136/annrheum dis-2013-204906

Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Kompakt

Zur Erinnerung: In der Studie von Helga Radner, Wien, und Kollegen, wurden bei 356 konsekutiven Patienten mit im Mittel 11-jähriger Krankheitsdauer die Funktionsfähigkeit (HAQ), gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF36, SF-6D, EQ-5D), Arbeitsproduktivität (WPAI-Fragebogen) erfasst und mit der Krankheitsaktivität gemäß SDAI (Remission ≤3,3, n=87; niedrig ≤11, n=103; mäßig bis hoch >11, n=119) in Korrelation gesetzt. (1) Im Ergebnis zeigte sich, dass der im SDAI kleine Schritt zwischen Remission und niedriger Krankheitsaktivität klare Auswirkungen auf Funktionsfähigkeit, Lebensqualität und Arbeitsproduktivität hatte. Mit einem HAQ-DI von 0,39 vs. 0,72 hatten Patienten in SDAI-Remission gegenüber jenen mit einer niedrigen Krankheitsaktivität einen ebenso signifikanten Vorteil (p<0,01) wie in puncto einer negativen Beeinflussung der Arbeitsproduktivität (11,8 vs. 26,8 %; p<0,001), der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und auch Fatigue (je p<0,01). Das Erreichen der Remission (aber auch niedrigen Krankheitsaktivität) erhöhte zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten in Arbeit waren und senkte das Risiko für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit.


32 Rheumatoide Arthritis

Neuer Risikoscore für Arthritis-Progression Ein einfacher, klinische Charakteristika, serologische und bildgebende Befunde umfassender Risikoscore könnte dazu genutzt werden, bei ACPA (und/oder RF)-positiven Patienten mit unspezifischen muskuloskelettalen Schmerzen das Risiko für die Entwicklung einer klinisch manifesten rheumatoiden Arthritis (RA) vorherzusagen, wie eine prospektive Beobachtungsstudie britischer Rheumatologen um Paul Emery, Leeds, gezeigt hat.

Um gezielt Patienten in der präklinischen Phase einer RA zu identifizieren, wurden in die vorliegende Studie für median 19,8 Monate 100 Patienten ohne geschwollene, entzündete Gelenke eingeschlossen (73 % Frauen, mittleres Alter 51 Jahre), die ACPApositiv waren und über muskuloskelettale Schmerzen und andere Symptome berichteten. Nach eingehender klinischer und serologischer Untersuchung sowie einem Power Doppler (PD)-Ultraschall der Hand- und Fingergelenke zu Studienbeginn erfolgten im ersten Jahr weitere Tests alle drei Monate oder bis zur Diagnose einer entzündlichen Arthritis auf Basis von mindestens einem geschwollenen oder druckschmerzhaften Gelenk. Nach median 7,9 Monaten hatten 50 Patienten eine entzündliche Arthritis (IA) entwickelt, davon 34 binnen 12 Monaten. Bei 43 dieser Patienten wurde gemäß den ACR/EULAR-Kriterien aus 2010 eine RA diagnostiziert, bei den restlichen Patienten eine undifferenzierte IA. In einer univariaten Analyse waren eine Morgensteifigkeit ≥30 Min. und druckschmerzhafte kleine Gelenke mit einer Progression zur RA assoziiert. Prädiktive Biomarker waren der RF, hohe ACPA- und/oder RFTiter, das Vorliegen des HLA-DRB1 shared epitope (SE)

und positive Ultraschall-Befunde. Nachfolgend wurde ein multivariates Risikomodell entwickelt, in das als Faktoren druckschmerzhafte Hand- und Fußgelenke, Morgensteifigkeit ≥30 Min. und hoch-positive ACPA/ RF-Antikörpertiter und ein positiver Befund im PD-US einflossen. Während keiner der fünf Patienten mit einem Risikoscore von 0 im Verlauf eine Progression zeigte, entwickelten 31 % der 29 Patienten mit moderatem Risiko (Score 1-2) eine RA und 62 % der 66 Patienten mit hohem Risiko (Score ≥3). Die Eingliederung des HLA-DRB1 SE erhöhte die Sensitivität bei Patienten mit niedrigem Risiko (Score 0-1; 0 von 11 Patienten mit späterer Progression). Bei ACPA-positiven Patienten mit erstem Verdacht auf eine RA könnte der neu entwickelte, in der Praxis nach Einschätzung der Autoren relativ einfach anwendbare Risikoscore nach einer noch ausstehenden Validierung in einer großen Patientenkohorte die Einleitung einer frühzeitigen medikamentösen Therapie bei Patienten mit sehr früher RA befördern. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi: 10.1136/ annrheumdis-2014-205227

Schlechteres Outcome bei spätem Krankheitsbeginn Sowohl die Krankheitsaktivität, Krankheitsdauer und vorliegende Komorbiditäten können bei RA-Patienten zu einer höheren Mortalität und einem schlechteren Outcome beitragen. Schwedische Rheumatologen um Solveig Wållberg-Jonsson, Umeå, evaluierten in einer prospektiven Studie jetzt auch den Einfluss des Alters bei Krankheitsbeginn auf prognostisch relevante Risikofaktoren und die eingeschlagene medikamentöse Therapie in der Frühphase der Erkrankung.

In der Studie wurde bei 950 Patienten mit früher RA (<12 Monate) nach deren Einschluss engmaschig die Krankheitsaktivität (BSG, CRP, TJC/SJC, VAS Schmerz/ Gesamt, DAS28) und körperliche Funktion (HAQ verfolgt. Die Krankheitsschwere, erfasst mittels Röntgen der Hände/Füße (Erosionen, Larsen-Score) alle zwei Jahre, extraartikuläre Manifestationen, Rheumaknoten, bestehende Komorbiditäten und die Therapie (DMARDs, Kortikosteroide, Biologika und NSAR) Rheuma Management · Mai/Juni 2014

wurden zu Beginn und nach fünf Jahren erhoben. Autoantikörper wie RF, ANA und ACPA sowie die genetischen Marker HLA-SE und PTPN22 wurden zu Studienbeginn analysiert. Die hieraus erhaltenen Daten wurden stratifiziert nach dem Alter bei Krankheitsbeginn, definiert als früh einsetzende (YORA) und spät beginnende RA (LORA), wobei als Cut-off das mediane Alter der Patienten (58 Jahre) bei Beginn der RASymptomatik gewählt wurde.


33 Im Ergebnis war die LORA mit einem selteneren Vorliegen von ACPA (p<0,05) und einem geringeren Anteil von Trägern der PTPN22-T-Variante (p<0,01) assoziiert, jedoch war die Krankheitsaktivität zu Beginn (BSG; p<0,001, CRP; p<0,01) stärker ausgeprägt und mit einem höheren kumulativen DAS28 (AUC) nach sechs (p<0,01), 12 (p<0,01) und 24 Monaten (p<0,05) sowie einem höheren HAQ-Score (p<0,01) verknüpft. Zu Studienbeginn und nach zwei Jahren war die LORA zudem häufiger mit Erosionen (je p<0,01) und einem höheren Larsen-Score (je p<0,001) assoziiert. Die LORA wurde im Vergleich öfter mit Glukokortikoiden (p<0,01) behandelt, dafür aber signifikant seltener mit Methotrexat (MTX) und Biologika (je p<0,001). Im Umkehrschluss erhielten YORA-Patienten sehr viel häufiger eine leitliniengerechte frühe DMARD-Therapie (p<0,001). Auch die Anwendung multipler Regressionsanalysen bestätigte die Befunde zum differenten Einsatz der RA-Medikamente in Abhängigkeit vom Alter der Patienten bei Krankheits-

beginn. Obwohl bei den YORA-Patienten zu Beginn häufiger die mit einem schlechteren Outcome assoziierten ACPA-Antikörper vorliegen, waren die bei Studieneintritt älteren (>58 Jahre) LORA-Patienten insgesamt kränker mit bereits zu Studienbeginn größeren strukturellen Gelenkschädigungen (Erosionen, höhere Larsen-Scores), einer höheren Krankheitsaktivität und schlechteren physischen Funktion im HAQ. Ungeachtet dieser Befunde erhielten die bei Krankheitsbeginn jüngeren Patienten früher eine adäquate DMARD-Therapie, während bei den älteren Patienten seltener früh DMARDs, sondern eher Kortikosteroide zum Einsatz kamen. Diese bei einer Reihe von älteren RA-Patienten offenbar vorliegende Fehlsteuerung der Therapiemodalitäten könnte langfristig negative Konsequenzen auf die Entwicklung von Komorbididtäten ausüben, warnen die Autoren. m

Quelle: Arthritis Res Ther 2014; 16(2): R94

Prädiktoren für Ansprechen auf Biologika Anders als die vorgehenden Studien ging die vorliegende Analyse US-amerikanischer Experten um Michael Townsend, San Francisco, in einer etwas späteren Phase der RA der komplexen Beziehung zwischen verschiedenen synovialen Phänotypen und dem Ansprechen auf unterschiedliche Biologika auf den Grund.

Die Studiengruppe konnte vier wesentliche Phänotypen im Synovium von RA-Patienten mit sich unterscheidender Genexpressions-Signatur identifizieren: einen lymphoiden, myeloiden, wenig entzündlichen und fibroiden Phänotyp. Das zu Studienbeginn myeloide, nicht aber lymphoide Muster der Genexpression war höher in Patienten mit einem guten im Vergleich zu einem schlechten EULAR-Ansprechen auf die

Anti-TNF-Therapie in Woche 16 (p=0,011). Mit dem myeloiden Phänotyp assoziiert waren hohe sICAM1Serumspiegel, während hohe Serumspiegel des Chemokins CXCL13 eher mit dem lymphoiden Phänotyp verbunden waren. Daraus folgte ein unterschiedlich gutes Ansprechen auf die Anti-TNF- bzw. Anti-IL6-Therapie. So zeigten Patienten mit hohem sICAM1 und niedrigem CXCL13 nach 24 Wochen ein signifikant besseres ACR50-Ansprechen auf den TNFαBlocker (42 vs. 13 %; p=0,05), während Patienten mit niedrigem sICAM1 und hohem CXCL13 deutlich stärker von dem IL-6-Rezeptorblocker profitierten (69 vs. 20 %; p=0,004). m

Mit dieser Auswertung kommt man der Vorhersage eines Therapieansprechens auf Biologika anhand bestimmter synovialer Phänotypen bzw. dafür prädiktiver Biomarker näher, auch wenn es zur praktischen Anwendung noch ein weiter Weg sein dürfte.

Quelle: Arthritis Res Ther 2014; 16(2): R90

Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Kompakt

Zu diesem Zweck wurden synoviale Gewebeproben zweier RA-Kohorten mit 49 und 20 Patienten unter Verwendung einer Kombination aus gesamter Genexpression, histologischer und zellulärer Analysen veranlasst und überdies eine Analyse der Genexpression aus Daten zweier weiterer RA-Kohorten vorgenommen. Zur Identifizierung relevanter Serum-Biomarker, die mit einer unterschiedlichen synovialen Biologie und differentem klinischen Ansprechen auf zielgerichtete Biologika-Therapien korrespondieren, wurde die Biomarker-Analyse in Serum-Proben von 198 Patienten der ADACTA-Studie mit dem therapeutischen Outcome nach 24 Wochen verglichen. In der Headto-head-Studie war eine biologische Monotherapie mit dem IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab gegen den TNFα-Inhibitor Adalimumab geprüft worden.


34 Rheumatoide Arthritis

Bei Kinderwunsch die Behandlungsstrategie anpassen Neue Erkenntnisse, was bei Frauen mit rheumatoider Arthritis (RA) und einem bestehenden Kinderwunsch zu beachten ist, lieferten die von niederländischen Rheumatologen um Jenny Bouwer, Rotterdam, vorgelegten Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie. Unter die Lupe genommen wurde vor allem der Einfluss der Krankheitsaktivität und antirheumatischen Therapie auf die Fertilität.

Nach Angaben der Studiengruppe haben viele RAPatientinnen erhebliche Schwierigkeiten, schwanger zu werden. So beträgt die Zeit vom Kinderwunsch bis zum tatsächlichen Eintreten der Schwangerschaft häufig mehr als 12 Monate. Aufgrund der Tatsache, dass einige Medikamente bei einer Schwangerschaft nicht verabreicht werden dürfen, gestaltet sich die RA-Therapie in diesem Zeitraum oft als suboptimal. Ziel der aktuellen Untersuchung war es daher, klinische Faktoren zu identifizieren, die mit einer Verlängerung der Zeit bis zu einer Schwangerschaft assoziiert sind mit einem besonderen Fokus auf bestimmte Krankheitscharakteristika, die Aktivität der RA und die vorliegende Medikation.

Krankheitsaktivität senken, Therapie optimieren In die landesweit durchgeführte prospektive Kohortenstudie PARA zur Schwangerschaft bei RA-Patientinnen waren insgesamt 245 Frauen eingeschlossen worden, die sich entweder eine Schwangerschaft wünschten oder bereits im ersten Trimester einer Schwangerschaft waren. Bei 42 % der Teilnehmerinnen überschritt die Zeit bis zur Schwangerschaft (time Rheuma Management · Mai/Juni 2014

to pregnancy, TTP) die Marke von 12 Monaten. Eine verlängerte Zeitdauer bis zum Eintreten einer Schwangerschaft war unabhängig und jeweils signifikant mit höherem Alter (Hazard ratio, HR 0,96 pro einem Jahr), einer vorangegangenen Kinderlosigkeit (HR 0,52), einem Anstieg der Krankheitsaktivität im DAS28 um einen Punkt (HR 0,81) und der Einnahme von NSAR (HR 0,66) und Prednison (HR 0,61) vor der Konzeption verknüpft. Der negative Einfluss von Prednison auf die Zeit bis zur Schwangerschaft erwies sich als abhängig von der eingenommenen Dosis; so wurde die TTP bei einer Dosierung von über 7,5 mg /Tag signifikant verlängert. Eher überraschend waren die weiteren Ergebnisse: So zeigte sich z.B. keine signifikante Assoziation des Rauchens mit der TTP. Auch die Krankheitsdauer, Seropositivität (RF- und/ oder ACPA), eine vorherige Behandlung mit Methotrexat (MTX) oder die Einnahme von Sulfasalazin vor der Konzeption waren keine unabhängigen Prädiktoren für eine längere Zeit bis zum Eintritt der Schwangerschaft. m

Bei älteren RA-Patientinnen, solchen ohne vorheriger Schwangerschaft, mit einer höheren Krankheitsaktivität und der Einnahme von NSAR oder Prednison in einer Dosierung von ≥7,5 mg/Tag vor der Konzeption ist bei Kinderwunsch mit einer verlängerten Zeit bis zum Eintreten einer Schwangerschaft zu rechnen. In Anbetracht dessen empfehlen die Autoren zur Erfüllung des Kinderwunschs eine zeitnahe Optimierung der Therapiestrategie, die einerseits eine bestmögliche Reduktion der Krankheitsaktivität gewährleistet und auf der anderen Seite auch die potentiell negativen Effekte von NSAR und Prednison adressiert.

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2014-205383

Kompakt

2


35 Psoriasis-Arthritis

Späte Diagnose mit schlechtem Outcome verknüpft Irische Rheumatologen um Oliver FitzGerald, Dublin, verglichen in einer aktuellen Studie das klinische und radiologische Outcome sowie PROs von Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) in Abhängigkeit davon, wie lange es dauerte, bis von einem Rheumatologen die Diagnose gestellt wurde und untersuchten zudem, welche Faktoren hierbei eine Rolle spielten.

In die Studie wurden insgesamt 283 die CASPAR-Kriterien erfüllende PsA-Patienten mit einer durchschnittlichen Krankheitsdauer >10 Jahre eingeschlossen und einer eingehenden klinischen Evaluation unterzogen. Vor allem wurde die Zeitverzögerung vom Beginn der Symptomatik bis zum ersten Kontakt mit einem Rheumatologen erhoben. Hierbei wurden zwei Gruppen gebildet mit Patienten mit frühem (≤6 Monate nach Einsetzen der Symptome) oder spätem Kontakt (>6 Monate nach Beginn der Symptome). Die mediane Zeitverzögerung zwischen Krankheitsbeginn und der ersten Untersuchung durch einen Rheumatologen betrug in dieser Kohorte ein Jahr. 30 % (n=86), 53 % (n=149) und 71 % (n=202) der Patienten wurden von einem Rheumatologen binnen sechs Monaten, einem und zwei Jahren nach Beginn der Symptomatik gesehen. Jene PsA-Patienten mit nied-

rigem Bildungsniveau (Odds ratio, OR 2,09; p=0,02) und hohem BMI (OR 0,92; p=0,01) hatten signifikant öfter einen Zeitverzug von über zwei Jahren bis zur Diagnosestellung. Eine signifikante Assoziation einer späteren PsA-Diagnose (>6 Monate) wurde für die Entwicklung von peripheren Gelenkerosionen (OR 4,25; p=0,001) und einem schlechten HAQ-Score (OR 2,2; p=0,004) ermittelt. Bereits eine sechsmonatige Zeitverzögerung zwischen Beginn der Symptome und dem ersten Besuch bei einem Rheumatologen trägt somit in erheblichem Maße zu einem auch langfristig schlechteren klinischem, radiologischem und funktionellem Outcome der PsA bei, folgern die Autoren. m Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2013-204858

Adipositas prädiktiv für höhere Krankheitsaktivität Kanadische Rheumatologen um Dafna D. Gladman, Toronto, untersuchten in einer monozentrischen Kohorte von PsA-Patienten, inwieweit Übergewicht und Adipositas mit dem Nicht-Erreichen einer anhaltend sehr niedrigen Krankheitsaktivität (MDA, minimal disease activity) assoziiert sind.

Die 557 Patienten am PsA-Zentrum in Toronto wurden zwischen 2003 und 2012 anhand eines Standardprotokolls alle 6-12 Monate untersucht. Die Patienten wurden gemäß ihrem BMI in die Subgruppen normal (<25), übergewichtig (25–30) und adipös (>30) unterteilt. Eine anhaltende MDA war definiert als das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität in >5 der folgenden Domänen über mindestens ein Jahr: Haut, Enthesitis, TJC/SJC, Schmerz, PGA und Funktion. Insgesamt 36,2 % der teilnehmenden PsA-Patienten wurden als übergewichtig und 35,4 % als adipös eingestuft. 66,1 % aller Patienten erreichten eine anhaltende MDA während des Beobachtungszeitraums. In einer multivariaten adjustierten Analyse wurde eine Dosis-Wirkungs-Assoziation zwischen Adipositas und der Wahrscheinlichkeit des Erreichens einer anhaltenden MDA gefunden. Patienten in den höheren BMI-

Kategorien erreichten nach der Berücksichtigung von Kovariablen im Vergleich zu jenen in der niedrigsten BMI-Kategorie signifikant seltener eine anhaltende MDA (übergewichtig: OR 0,66; p=0,003; adipös: OR 0,53; p<0,0001). Im Ergebnis sind somit die oftmals bei PsA-Patienten zu beobachtende Übergewichtigkeit und Adipositias mit dem Nicht-Erreichen einer anhaltenden niedrigen Krankheitsaktivität assoziiert. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit anderen Studien, in denen überdies auch ein schlechteres Ansprechen solcher Patienten auf eine medikamentöse Therapie mit z.B. TNFα-Inhibitoren dokumentiert wurde. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2013-204448

Rheuma Management · Mai/Juni 2014


36 Axiale Spondyloarthritis

Hohe Krankheitsaktivität, stärkere Progression Dass bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) eine hohe Krankheitsaktivität langfristig zu einer größeren strukturellen Schädigung an der Wirbelsäule führt, wies eine europäische Studiengruppe um Sofia Ramiro, Amsterdam (Niederlande), anhand einer Analyse der 12-Jahres-Daten der OASIS-Kohorte nach.

Bei 184 Patienten (70 % Männer, 83 % HLA-B27 positiv, mittleres Alter und Krankheitsdauer 43 bzw. 12 Jahre) aus der internationalen OASIS-Kohorte wurden über einen Zeitraum von 12 Jahren alle zwei Jahre klinische und radiologische Untersuchungen durchgeführt. Als wichtigster radiologischer Parameter wurde der mSASSS bestimmt, die Krankheitsaktivität wurde mit dem BASDAI und ASDAS-CRP erfasst. Weiterhin evaluiert wurden auch CRP und BSG, der PGA-Score (Patient) und Rückenschmerzen. Im Fokus der Analyse stand die Beziehung zwischen Parametern der Krankheitsaktivität und dem radiologisch nachweisbaren Schaden. Als Ergebnis zeigte sich, dass die Krankheitsaktivität signifikant und unabhängig mit der radiologischen Progression assoziiert war und dass weder die medikamentöse Therapie noch extraartikuläre Manifestationen hierauf wesentlichen Einfluss nahmen. Als bestes Messinstrument (im Vergleich zu BASDAI,

CRP oder BASDAI + CRP) erwies sich der ASDAS: Ein ASDAS-Anstieg um eine Einheit führte zu einem Anstieg um 0,72 mSASSS-Einheiten in zwei Jahren. Eine sehr hohe Krankheitsaktivität (ASDAS >3,5) resultierte im Vergleich zu einer inaktiven Erkrankung (ASDAS <1,3) in einer zusätzlichen 2-Jahres-Progression um 2,31 mSASSS-Einheiten. Der Effekt des ASDAS auf den mSASSS war höher bei Männern als bei Frauen (0,98 vs. -0,06 mSASSS-Einheiten pro ASDAS-Einheit) und bei Patienten mit einer Krankheitsdauer <18 versus ≥18 Jahre (0,84 vs. 0,16 mSASSS-Einheiten pro ASDAS-Einheit). Den Autoren zufolge ist dies die erste Studie, die eindeutig für die AS belegt, dass die Krankheitsaktivität, vor allem bei Männern und in einer früheren Krankheitsphase, longitudinal zur radiologischen Progression an der Wirbelsäule beiträgt. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2014-205178

TNFα-Blocker mit überzeugenden Studiendaten Deutsche Rheumatologen und Epidemiologen um Johanna Callhoff, Berlin, untermauerten in einer Metaanalyse über randomisierte, placebokontrollierte Studien (RCTs) die hohe Effektivität von TNFα-Inhibitoren zur Therapie von Patienten mit AS und nicht-radiologischer axialer Spondyloarthritis (nr-axSpA).

Mittels einer systematischen Literatursuche wurden insgesamt 20 randomisierte, kontrollierte, doppelblinde Studien (davon 15 zur AS, 4 zu nr-axSpA und eine zu AS und nr-axSpA) mit 3.096 Patienten identifiziert, in denen die Effektivität der TNFα-Blocker Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab und Infliximab in zugelassenen Dosierungen gegen Placebo (und ggf. on top einer Begleittherapie mit NSAR) geprüft worden war. Outcome-Parameter waren die Verbesserung der Krankheitsaktivität und körperlichen Funktion, die mit dem BASDAI, BASFI und ASAS40-Ansprechen erfasst wurden. Hieraus wurden die jeweiligen Effektgrößen im Vergleich zu Placebo ermittelt und sowohl gemeinsam als auch separat für AS- und nr-axSpA-Patienten ausgewertet. Bei den ASPatienten zeigten die TNFα-Blocker eine klar größere Effektivität als Placebo im BASDAI (Effektgröße 1,00), Rheuma Management · Mai/Juni 2014

BASFI (Effektgröße 0,67) und beim ASAS40-Ansprechen (Odds ratio, OR 4,7). Etwas geringer waren die jeweiligen Unterschiede zugunsten der Anti-TNF-Therapie bei nr-axSpA-Patienten (Effektgröße 0,73 bzw. 0,57; OR 3,6). Jedoch war nach einer Adjustierung auf den Schweregrad der Erkrankung (über das Publikationsjahr als Surrogat-Parameter) hinsichtlich der Effektgrößen keine Differenz mehr zwischen den AS- und nr-axSpA-Studien erkennbar. Im Vergleich zu Placebo, so das Fazit der Autoren, verbessern TNFα-Inhibitoren in klinisch relevantem Ausmaß die Krankheitsaktivität und Funktionskapazität sowohl bei AS- als auch nraxSpA-Patienten. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2014-205322


37 Frühe axiale Spondyloarthritis

Rascher Einsatz von TNFa-Inhibitoren macht sich bezahlt Französische Rheumatologen untersuchten in der täglichen klinischen Praxis anhand von Daten der DESIRKohorte bei Patienten mit entzündlichen Rückenschmerzen und Verdacht auf eine axiale Spondyloarthritis (axSpA) die Häufigkeit des frühzeitigen Einsatzes von TNFα-Inhibitoren und damit im Zusammenhang stehende Faktoren. In einer zweiten Analyse wurde die Effektivität der frühen Anti-TNF-Therapie bestimmt.

Neue Erkenntnisse aus DESIR-Kohorte 166 Patienten erhielten in Monat 12 eine Anti-TNFTherapie, davon erfüllten 120 (73,6 %) die ASAS-Kriterien für axiale SpA und 157 (94,6 %) mindestens ein SpA-Kriterium; 109 (65,6 %) hatten keine Sakroiliitis. Unabhängig mit dem frühzeitigen Einsatz von TNFαHemmern assoziierte Faktoren waren ein hoher ASDAS-CRP-Score (Odds ratio, OR pro Anstieg um 1 Punkt 1,60; p<0,001), ein hoher PGA (Ärzte)-Aktivitätsscore (OR 1,37; p<0,001), ein ASAS-NSAR-Score >50 (OR 1,88; p=0,003), die gegenwärtige oder frühere Einnahme von DMARDs (OR 2,09; p=0,008), systemischen Glukokortikoiden (OR 2,48; p=0,002) und moderate bis schwere radiologische Hüftabnormitäten (OR 9,43; p=0,003). Nach Adjustierung auf diese Faktoren waren eine im Power Doppler-Ultraschall zu sehende Hypervaskularisation des Achillessehnenansatzes und die Anzahl der krankheitsbedingt verpassten Arbeitstage mit einer frühen Anti-TNF-Therapie assoziiert. Insgesamt erhielten in der DESIR-Kohorte somit etwa ein Viertel der Patienten mit entzündlichen Rückemschmerzen und Verdacht auf eine axSpA nach einem Jahr einen TNFα-Blocker. Alle mit diesem frühen Beginn einer Anti-TNF-Therapie assoziierten Faktoren reflektieren letztlich eine höhere Krankheitsaktivität und/oder -schwere, betonen die Autoren, die den beteiligten Ärzten daher ein leitliniengerechtes Vorgehen attestieren.

In einer weiteren Auswertung der bereits beschriebenen DESIR-Kohorte beschäftigten sich Maxime Dougados, Paris, und Kollegen mit der Frage, wie effektiv die frühe Therapie mit TNFα-Inhibitoren bei diesem Patientengut mit sehr früher axSpA in der täglichen Praxis war. (2) Ermittelt wurde der Prozentsatz von Patienten, die über einen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren mindestens einen TNFα-Blocker erhalten haben. Zur Bestimmung von dessen Effektivität wurde in einer gematchten Propensity Score-Analyse das ASAS40Ansprechen von Patienten mit und ohne Anti-TNFTherapie verglichen. Den Autoren zufolge hatten 30,2 % der 708 Patienten über das 24-monatige Follow-up mindestens einen TNFα-Blocker bekommen. Im Vergleich wurde bei 31,8 % der Patienten (n=62) unter einer Anti-TNF-Therapie ein ASAS40-Ansprechen beobachtet, während dies nur bei 13,5 % der Patienten (n=26) mit einer Standardtherapie der Fall war (Odds ratio, OR 2,99; p=0,0002). Die mit den TNFα-Hemmern gesehene höhere Effektivität war noch stärker ausgeprägt in einer Subgruppe von Patienten mit Sakroiliitis im MRT: Bei diesen Teilnehmern war das ASAS40-Ansprechen mit einer Anti-TNF-Therapie mit 46 vs. 15 % markant höher als ohne diese (OR 4,99). m

Bestätigt werden zusammengenommen zweierlei Aspekte zu TNFα-Hemmern bei Patienten mit sehr früher axialer SpA: AntiTNF-Therapien kommen auch in der ärztlichen Routine bei diesen Patienten häufig frühzeitig zum Einsatz, sind im Vergleich zu anderen Therapieformen überaus effektiv und dies vor allem bei Patienten mit einer Sakroiliitis im MRT.

Quellen: 1 Arthritis Care Res 2014; doi: 10.1002/acr.22330 2 Arthritis Rheum 2014; doi: 10.1002/art.38613

Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Kompakt

In der prospektiven Beobachtungsstudie DESIR wurden 708 Patienten (mittleres Alter 33,8 Jahre, 46,2 % Männer) mit kürzlich einsetzenden entzündlichen Rückenschmerzen (<3 Jahre) und vermuteter axialer SpA untersucht. Die Therapie mit TNFα-Hemmern wurde von Pascal Claudepierre, Créteil, und Kollegen, zu Monat 6 und 12 erfasst und in einer multivariaten Regressionsanalyse nach unabhängigen Faktoren für deren Einsatz gefahndet. (1)


38 Systemischer Lupus erythematodes

Erstmals Treat-to-target-Empfehlungen vorgelegt Nachdem das Treat-to-target (T2T)-Prinzip bei der rheumatoiden Arthritis (RA) bereits erfolgreich etabliert wurde und ein entsprechendes Konzept kürzlich auch bei axialer Spondyloarthritis (axSpA) einschließlich der peripheren und Psoriasis-Arthritis (PsA) vorgestellt wurde, publizierte – nach einer Erstpräsentation auf dem ACRKongress 2013 – die sich aus einem internationalen Expertenteam zusammensetzende T2T/SLE Working Party um Ronald F. van Vollenhoven, Stockholm, eben solche Vorschläge für den systemischen Lupus erythematodes (SLE). Die von der Task Force aufgelisteten Empfehlungen könnten in Zukunft die SLE-Therapie deutlich verbessern, sind jedoch in Anbetracht des komplexen Krankheitsbildes nur als ein erster Schritt zu sehen, wie die umfangreiche „research agenda“ zum T2T bei SLE verdeutlicht.

Beim SLE fokussieren sich die ersten Empfehlungen für einen T2T-Ansatz auf das Erlangen einer Remission, der Prävention von Krankheitsschäden („Damage“) und der Verbesserung der Lebensqualität dieser Patienten. Hierzu, so schreiben van Vollenhoven und Kollegen, muss es als Grundvoraussetzung jedoch möglich sein, das geeignete Behandlungsziel zu identifizieren, entsprechende, möglichst zielgerichtet wirksame Medikamente einzusetzen und deren Effektivität bzw. das Erreichen des Therapieziels mit einem validierten Score zu überprüfen. An all diesen Punkten muss noch gearbeitet werden, da es – anders als bei der RA – letztlich kein klar definiertes Remissionskriterium gibt, unterschiedliche Scores zur Bestimmung der Krankheitsaktivität genutzt werden, und bislang auch mit Ausnahme von Belimumab (sowie dem für SLE jedoch nicht zugelassenen Rituximab) keine „targeted therapies“ mit Biologika verfügbar sind und somit vielfach Medikamente off-label eingesetzt werden müssen. Ungeachtet dieser Limitationen erarbeitete die sich im Jahr 2012 konstituierende T2T/SLE Working Party jetzt die ersten T2T-Empfehlungen für den SLE. Das 34-köpfige Gremium umfasste Rheumatologen, Nephrologen, Dermatologen und klinische Immunologen sowie Patientenvertreter. Von der Initiative wurden in einem ersten Schritt 12 besonders wichtige Themenbereiche identifiziert und hierzu systematische Literaturreviews angestrengt. Aus deren komprimierten Ergebnissen wurden nach einem intensiven Abstimmungsprozess die folgenden vier übergeordneten Prinzipien und 11 Empfehlungen verabschiedet.

Vier übergeordnete Prinzipien bei SLE I. Das Management des SLE sollte auf gemeinsamen Entscheidungen zwischen informiertem Patient und Arzt/Ärzten basieren. Rheuma Management · Mai/Juni 2014

II.

Die Behandlung des SLE sollte darauf abzielen, durch Kontrolle der Krankheitsaktivität und Minimierung von Komorbiditäten und Therapietoxizität das Langzeit-Überleben sicherzustellen, Organschäden zu vermeiden und die gesundheitsspezifische Lebensqualität zu optimieren. III. Das Management des SLE erfordert ein Verständnis dessen mannigfaltiger Aspekte und Manifestationen, die oft eines multidisziplinären Vorgehens bedürfen. IV. Patienten mit SLE benötigen ein regelmäßiges Langzeit-Monitoring, eine Reevaluation und/oder Therapieanpassung.

Die elf T2T-Empfehlungen für den SLE 1. Das Behandlungsziel bei SLE sollte die Remission systemischer Symptome und Organmanifestationen sein oder, wenn eine Remission nicht zu erreichen ist, eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität, bestimmt mittels einem validierten Lupus-Aktivitätsindex und/oder organspezifischen Markern (Empfehlungsgrad C bei SLE, A bei LN). Zu betonen ist hier, dass es für den SLE kein klares Remissionskriterium gibt, weshalb die Gruppe hier alle validierten und verbreitet genutzten Indizes zur Bestimmung von Krankheitsaktivität oder Damage zulässt. 2. Die Prävention von Schüben (speziell schweren Schüben) bei SLE ist möglich und sollte ein Behandlungsziel sein (B bei SLE, A bei LN). Auch wenn die Gruppe einschränkt, dass mit den heute verfügbaren Interventionen natürlich nicht jeder Schub verhindert werden, sollte doch alles daran gesetzt werden, insbesondere schwere renale Schübe bei Lupus nephritis oder schwere neuropsychiatrische Symptome bei vertretbarer Balance zwischen Therapieeffektivität und -toxizität zu unterbinden.


39 in Betracht gezogen werden (B). Nach Ansicht der Task Force ist hier noch zu klären, ob nicht eigentlich jeder Patient Hydroxychloroquin (HCQ) als Basistherapie erhalten sollte, und wenn ja, in welcher Dosis und wie lange. 11. Wichtige Begleittherapien sollten zusätzlich zu jeglicher Form der Immunomodulation zur Kontrolle der Komorbiditäten von SLE-Patienten in Betracht gezogen werden (C). Zu denken ist hier vor allem an das erhöhte kardiovaskuläre Risiko von SLE-Patienten, die vielfach z.B. aufgrund koronarer Erkrankungen eine antihypertone Therapie oder einen Lipidsenker benötigen. Nicht zu vergessen ist z.B. auch eine begleitende Depression, die massiv die Lebensqualität beeinträchtigen kann und beim Therapiemanagement zu berücksichtigen ist.

Remission und Krankheitsaktivität müssen klar definiert werden Ganz oben auf der sehr langen Liste einer ambitionierten Forschungsagenda der Task Force-Mitglieder steht die Entwicklung einer umfassenden Definition von Remission und minimal akzeptabler Krankheitsaktivität sowie die Verbesserung von Scores zur Erfassung der Krankheitsaktivität und von Schüben. Empfohlen werden u.a. auch prospektive Langzeitstudien zu Induktions- und Erhaltungstherapien und randomisierte, kontrollierte Studien zum Vergleich neuer zielgerichteter mit den bisher verfügbaren Standardtherapien. m

Die wichtigsten Zielsetzungen der Treat-totarget-in-SLE (T2T/SLE)-Empfehlungen sind die Remission, Prävention von Krankheitsschäden und Verbesserung der Lebensqualität. Die Experten erwarten, dass trotz der noch bestehenden Limitationen in puncto Remissions- und Aktivitätsdefinition sowie zielgerichteter Therapien das T2T-Konzept künftig in der Versorgung von SLE-Patienten angewendet werden kann und wird. Nachdem sich derzeit eine ganze Reihe neuer Therapieoptionen in klinischer Prüfung befindet und sich dadurch das Wissen über den SLE und seine mannigfaltigen Manifestation ständig erweitert, sind die T2T-Vorschläge nicht zuletzt als ein Wechsel auf die Zukunft anzusehen.

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; 73(6): 958-967

Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Kompakt

3. Es wird nicht empfohlen, die Behandlung bei klinisch asymptomatischen Patienten alleine basierend auf stabiler oder persistierender serologischer Aktivität zu eskalieren. (B) Obwohl erhöhte Anti-dsDNA-Antikörper- und niedrige Komplement-Spiegel mitunter einen Schub ankündigen können, wird hier in erster Linie „nur“ ein engmaschiges Monitoring angeraten, um eine Übertherapie zu vermeiden. 4. Da ein Krankheitsschaden (Damage) subsequente Krankheitsschäden und Tod prädiziert, sollte die Prävention anwachsender Krankheitsschäden ein wichtiges Therapieziel bei SLE sein (A). Aufgrund der gut belegten Assoziation zwischen Organschäden und schlechter Prognose, wird hier betont, dass alles unternommen werden muss, um durch eine adäquate Krankheitskontrolle (bei Vermeidung zu hoher Therapietoxizität) sowohl frühe als auch späte Organschäden zu verhüten. 5. Die gesundheitsspezifische Lebensqualität (HRQoL) negativ beeinflussende Faktoren wie Fatigue, Schmerz und Depression sollten zusätzlich zur Kontrolle der Krankheitsaktivität und Prävention von Krankheitsschäden adressiert werden (B). 6. Eine frühe Erkennung und Behandlung einer renalen Beteiligung bei Lupus-Patienten wird dringlich empfohlen (B). An dieser Stelle wird für alle SLE-Patienten auf die Bedeutung einer regelmäßigen Evaluation der Nierenfunktion hingewiesen, da aus der Literatur eine gute Evidenz dafür vorliegt, dass jede 1-monatige Verzögerung bis zur Diagnose und Einleitung einer immunsuppressiven Therapie in der Folge das Risiko für einen erneuten renalen Schub erhöht. 7. Bei Lupus nephritis wird im Anschluss an eine Induktionstherapie zur Optimierung des Behandlungsergebnisses eine immunsuppressive Erhaltungstherapie für mindestens drei Jahre empfohlen (A). 8. Bei der Erhaltungstherapie von Lupus-Patienten sollte zur Krankheitskontrolle die niedrigste erforderliche Glukokortikoid-Dosierung angestrebt werden, und Glukokortikoide wenn möglich komplett abgesetzt werden (B). Hier wird erneut klar darauf verwiesen, dass gerade hohe und über längere Zeiträume gegebene hohe Glukokortikoid-Dosen langfristig erheblich das Risiko für mitunter auch schwere Begleiterkrankungen steigern. 9. Die Prävention und Behandlung der mit einem Anti-Phospholipid-Syndrom (APS)-assoziierten Morbidität sollte ein Behandlungsziel bei SLE sein, wobei sich die Therapieempfehlungen nicht von jenen für das primäre APS unterscheiden (C). 10. Unabhängig vom Einsatz anderer Therapieformen sollte stets die Gabe von Antimalariamitteln


40 Gichtarthritis

Mit DECT diagnostische Lücke schließen Zur definitiven Diagnose der Gicht und Abgrenzung von anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen ist der nach einer Gelenkspunktion mittels Polarisationsmikroskopie erfolgende Nachweis von Uratkristallen in der Synovialflüssigkeit als Goldstandard zu betrachten. Dennoch führen falsch negative Ergebnisse mitunter zu einer Fehldiagnose. Die Differenzialdiagnostik könnte in Zukunft vor allem die Dual-energy CT (DECT) verbessern, wie eine aktuelle Studie US-amerikanischer Rheumatologen um Tim Bongartz, Rochester, verdeutlicht.

In der monozentrischen Studie erhielten 40 Patienten mit aktiver Gicht und 41 Patienten mit anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen im Rahmen der Diagnostik eine Gelenkpunktion mit nachfolgender Elektronen- und Polarisationsmikroskopie und ein DECT. Die Sensitivität und Spezifität der DECT für die Diagnose einer Gicht betrug 0,90 bzw. 0,83. Falsch negative Ergebnisse lieferte die DECT vor allem bei jenen Patienten mit einem neu aufgetretenen Gichtanfall. Alle falsch positiv diagnostizierten hatten eine fortgeschrittene Gonarthrose. In einer dritten Studienkohorte von 30 Patienten mit einer entzündlichen Gelenkerkrankung (ohne initialem mikroskopischen Nachweis von Uratkristallen in der Synoviaflüssigkeit) und Risikofaktoren für Gicht, konnten mittels DECT

bei 46,7 % der Patienten Uratablagerungen im betroffenen Gelenk festgestellt werden. Bei einer nachfolgenden Sonografie-gestützten Punktierung gelang nachfolgend fast stets doch noch der Nachweis von meist extraartikulär abgelagerten Uratkristallen. Während die DECT als primäre (und alleinige) Diagnostik auch in Anbetracht der bei sehr frischer Gicht unzureichenden Sensitivität eher ungeeignet scheint, liefert sie bei der differenzialdiagnostischen Abklärung wertvolle Hinweise und könnte auf diese Weise die Zahl der Fehldiagnosen reduzieren, folgern die Studienautoren. m Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/ annrheumdis-2013-205095

Postmenopausale Osteoporose

Vor Therapiepause DXA-Messung entscheidend Nach drei bis fünf Jahren wird bei Osteoporose-Patienten immer öfter die temporäre Unterbrechung einer Bisphosphonat-Therapie erwogen. Dass sich das hierdurch potentiell steigende Frakturrisiko vor einer geplanten Therapiepause am besten durch eine DXA-Messung der Knochendichte abschätzen lässt, haben US-amerikanische Experten um Douglas Bauer, San Francisco, zeigen können.

Ausgewertet wurden hierzu Daten der randomisierten, kontrollierten FLEX-Studie, in der untersucht worden war, ob nach einer Behandlung mit Alendronat über fünf Jahre eine Fortsetzung sinnvoll ist. Die Therapiefortführung senkte zwar das Risiko vertebraler, nicht aber jenes von Hüftfrakturen. Auf der anderen Seite kam es bei 22 % der Patientinnen mit postmenopausaler Osteoporose, die das Bisphosphonat abgesetzt hatten, innerhalb der nächsten fünf Jahre (oft schon binnen 12 Monaten) zum Auftreten erneuter Frakturen. In der aktuellen Post-hoc-Analyse wurde nun gezielt nach prädiktiven Faktoren für ein erhöhtes Risiko nach Beginn der Therapiepause gefahndet.

DXA-Messung der Knochendichte (BMD) der Hüfte, während sowohl das Alter der Patientin als auch der Ausgangswert der DXA-Messung zu Beginn der Therapiepause gute Hinweise auf das spätere Frakturrisiko gaben. Dieses stieg nach dem Absetzen von Alendronat pro fünf Jahre Lebensalter um 54 % an. Bei Patientinnen mit niedriger BMD im Femur lag ein um 87 % erhöhtes Risiko vor, bei niedrigen Werten im Oberschenkelhals wurde sogar ein um mehr als das Doppelte erhöhtes Risiko beobachtet (Hazard ratio, HR 2,17). Sowohl das Alter als auch die mit dem DXA ermittelte Knochendichte im Femur sollten daher vor einem „drug holiday“ zur Grundlage der Therapieentscheidung gemacht werden. m

Zur Verlaufskontrolle keine Aussagekraft hatten die Knochenumbaumarker NTx und BAP sowie die

Quelle: JAMA Intern Med 2014; doi: 10.1001/ jamainternmed.2014.1232

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41 Bildgebende Diagnostik

Der besondere Fall: Hajdu-CheneySyndrom Anamnese: Seit ca. 1990 zunächst Schmerzen und Auftreibungen, vor allem in den Fingerendgliedern. In der Folge zunehmende Verkürzung der Finger und Instabilität in den Fingerendgliedern. Klinischer Befund: Gelenkstatus: Verkürzung der distalen Phalangen an I-V beidseits. Keine peripheren synovitischen Schwellungen. Faustschluss bds. möglich. Labor: CRP 5,77 mg/l, RF negativ, ccP-Ak neg., HLA-B27 neg., ANA 1:320

Diagnose? Röntgen:

Abb.: Hände beidseits in zwei Ebenen (li), rechte Hand (Detail) (re)

Das u.a. auch als idiopathische Akroosteolyse bezeichnete Hajdu-Cheney-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Weltweit wurden bisher etwa 50 Fälle berichtet. Die Krankheit folgt in der Regel einem autosomal-dominanten Erbgang. Welches Gen beziehungsweise Gene dabei betroffen sind, ist wie auch die molekulare Pathogenese noch unklar. Es wird vermutet, dass durch Neumutationen auch sporadische Fälle auftreten. Erste Zeichen der Erkrankung, die nur selten im Kindesalter diagnostiziert werden kann, sind Schmerzen in den Händen. Eine Osteodensitometrie kann den extremen Abbau der Knochen nachweisen. Eine früh sich manifestierende Osteoporose ist mit Bisphosponaten behandelbar. m Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München

Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Der besondere Fall

Diagnose: Idiopathische Akroosteolyse


DGIM-Kongress 2014 – Wiesbaden

42 Internisten-Kongress

Neuigkeiten aus rheumatologischer Sicht Vom 26.-29. April trug die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) ihren 120. Jahreskongress in den Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden aus, bevor in den nächsten Jahren Mannheim Gastgeber der InternistenTagung sein wird. Erneut diskutierten rund 8.500 Teilnehmer neueste Erkenntnisse zur Behandlung internistischer Erkrankungen, wobei auch die Rheumatologie nicht zu kurz kam. In mehr als 1.700 Sitzungen, Vorträgen und wissenschaftlichen Postern referierten über 1.150 Experten.

Leitthema des diesjährigen Kongresses war „Forschung wird zu Medizin“ – ein Motto, für das die Rheumatologie wohl wie kaum ein anderes internistisches Fachgebiet steht. Zentrale Aspekte waren daher neben den aktuellen Behandlungsstandards bei rheumatologischen Erkrankungen wie der rheumato-

iden Arthritis (RA) nicht zuletzt der Ausblick auf neue zielgerichtete Therapien mit Zytokin-Inhibitoren und einer Reihe von „small molecules“ sowie die anstehende Einführung der ersten Biosimilars zu Biologika, die in den letzten Jahren die Therapie nicht nur der RA revolutioniert hatten. m

Rheumatoide Arthritis

Aus der Forschung in die Medizin In der Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) wurde sowohl durch früh eingeleitete Treat-to-target-Strategien als auch die Einführung der Biologika die Prognose der RA-Patienten bereits deutlich verbessert. Dennoch erreichen bestenfalls 20 bis 30 % der Patienten langfristig eine vollständige Remission. Eine Verbesserung dieser Rate versprechen nach Prof. Dr. Reinhold E. Schmidt, Hannover, eine Reihe von neuen B-Zell-Antikörpern, Zytokin-Inhibitoren, aber vor allem auch die intrazellulär in die Entzündungskaskade eingreifenden Small molecules.

Inzwischen hat sich eine Vielzahl von Biologika in der RA-Therapie etabliert. So sind die TNFα-Inhibitoren Adalimumab, Etanercept, Infliximab und in den letzten Jahren auch Certolizumab sowie Golimumab fest im Behandlungsalgorithmus verankert und kommen nach Versagen von Methotrexat (MTX) oder einer DMARD-Kombination zum Einsatz. Als gleichrangige First-line-Biologika werden der T-Zell-Costimulationsmodulator Abatacept und der IL-6-Inhibitor Tocilizumab eingestuft, während der CD20-Antikörper Rituximab meist erst nach Versagen eines TNFαRheuma Management · Mai/Juni 2014

Hemmers zum Zuge kommt, dann aber oftmals bessere Therapieergebnisse als ein zweiter TNFα-Blocker ermöglicht, erläuterte Schmidt.

Biologika bei RA: Ein Update Nach europäischen Registerdaten, wird – obwohl in Leitlinien nicht empfohlen – eine biologische Monotherapie bei ca. 30 % der Patienten eingesetzt. Während TNFα-Inhibitoren nach Schmidt fast zwingend MTX als Kombinationspartner benötigen, kann


DGIM-Kongress 2014 – Wiesbaden

43 Tocilizumab auch gut als biologische Monotherapie eingesetzt werden. So war in der ACT-RAY-Studie kein klinisch relevanter Unterschied zwischen der Tocilizumab-Monotherapie und der Kombination mit MTX erkennbar. In der ADACTA-Studie hatte sich die Monotherapie mit Tocilizumab zudem einer solchen mit Adalimumab in der DAS28-Remission und im ACR-Ansprechen überlegen gezeigt. Sehr gute Erfahrungen liegen auch zum Abatacept vor, dass, jeweils in Kombination mit MTX, in der Head-to-head-Studie AMPLE seine Ebenbürtigkeit mit dem TNFα-Inhibitor Adalimumab unter Beweis stellte. Den aktuellen Stand zu den Biologika in der RA-Therapie spiegelt auch die aktuelle S1-Leitlinie der DGRh (Z Rheumatol 2012; 71(7): 592-603) wider.

Neue Therapien sind im Kommen Eine gute Übersicht zu den neuen bei der RA vielversprechenden Therapiekandidaten ist einem Review von Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, zu entnehmen (Nat Rev Rheumatol 2014; 10(2): 77-88). Dazu gehören nach Rituximab weitere, an der B-Zelle ansetzende Therapien, die z.T. auch bereits erfolgreich in der Onkologie eingesetzt werden. Als Beispiel nannte Schmidt den ebenfalls gegen CD20 gerichteten B-Zell-Antikörper Ofatumumab, der aktuell in einer Phase-II-Studie bei RA-Patienten getestet wird. Eine Phase-II-Studie bereits durchlaufen hat mit Veltuzimab ein weiterer CD20-Antikörper und auch CD19 rückt, noch in einem früheren Stadium, weiter in den Blickpunkt. An der T-Zelle setzt Tregalizumab als ein neuartiger Aktivator regulatorischer T-Zellen (Tregs) an. Zu den neuen Zytokin-Zielstrukturen bei der RA zählen z.B., neben einer Reihe weiterer in Entwicklung befindlicher an IL-6 bzw. dessen Rezeptor ansetzenden Antikörpern, die GM-CSF-Rezeptoren, wo derzeit z.B. neben Mavrililumab mit MOR103 noch ein zweiter Antiköper weiter evaluiert wird. Ein weiteres Target stellt IL-17 dar, zu dem bei RA klinische Studien zu Ixekizumab und Secukinumab durchgeführt wurden und werden, und auch die Zytokine IL-20 und IL-21 werden derzeit in der Forschung adressiert. In der Zukunft vielleicht noch vielversprechender ist die gezielte Beeinflussung intrazellulärer Zytokin-Signalwege mit sog. „Small molecules“. Für den derzeit in Deutschland noch nicht zugelassenen JAK-Inhibitor Tofacitinib wurde bereits eine sehr gute Wirksamkeit nachgewiesen, betonte Schmidt. Nach einem ersten direkten Vergleich scheint die Effektivität von Tofacitinib mit jener von Adalimumab vergleichbar zu sein. Bis diese orale Therapieform auch hierzulande verfügbar sein wird, dürfte aber noch ein wenig Zeit vergehen, wobei wohl weniger Sicherheitsaspekte eine Rolle spielen, sondern eher ökonomische Gesichtspunkte.

Prof. Dr. Reinhold E. Schmidt

Biosimilars ante portas Wohl noch früher als die neuen Biologika und Small molecules – derzeit befinden sich gut 100 dieser Wirkstoffe in der Forschung und klinischen Prüfung – werden erste Biosimilars den biologischen Original-Präparaten Konkurrenz machen, mit dem Ziel hierdurch Kosten einzusparen. Bereits abgelaufen ist der Patentschutz für Rituximab, in Kürze wird dies für Infliximab der Fall sein, in den Jahren 2015 bzw. 2018 folgen dann mit Etanercept und Adalimumab die beiden umsatzstärksten Biologika. Ob sich die Hoffnungen auf eine massive Einsparung von Therapiekosten erfüllt, erscheint aber fraglich. Derzeit geht Schmidt – ähnlich hatte sich auch Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden, auf einer DGIM-Pressekonferenz geäußert – von einer Ersparnis von ca. 30 % aus, wodurch die Jahreskosten von etwa 20.000 Euro für die Biologika-Therapie auf rund 14.000 für das Biosimilar gesenkt werden könnten. Zwar müssen diese im Vergleich zu den Originalen ein weit weniger ambitioniertes Studienprogramm für die Zulassung durchlaufen, jedoch sind ähnliche Einspareffekte wie bei den Generika aufgrund des für die Biosimilars aufwendigen Herstellungsprozess nicht möglich. Mit CT-P13 (Remsima™ und Inflectra™) wurde das erste Infliximab-Biosimilar von der EMA bereits für die Therapie der RA, aber auch Spondylitis ankylosans (AS), Psoriasis-Arthritis (PsA) und Morbus Crohn zugelassen. In zwei Phase-III-Studien zur RA und AS war es ebenso effektiv und sicher wie Infliximab, ob dies auch im Langzeitverlauf der Fall sein wird, ist nach Schmidt aber noch nicht völlig klar. Zu den Biosimilars sind nach seiner Auffassung neben den Kosten noch viele Fragen z.B. zur langfristigen Immunogenität oder Austauschbarkeit offen – auf die weiteren Entwicklungen auf diesem Gebiet darf man gespannt sein. m

Quelle: Symposium „Forschung wird zu Medizin – Rheumatologie/Immunologie“, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 26. April 2014

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44 Rheumatologische Erkrankungen

Neue Biologika auf gutem Weg Dass in der Rheumatologie noch viel Platz für weitere Zytokin-Inhibitoren ist, stellte Prof. Dr. Andrea RubbertRoth, Köln, klar. So gelangen bei der rheumatoiden Arthritis (RA) trotz Biologika nur 20-30 % der Patienten in eine echte Remission, bei 30-40 % wird sogar ein akzeptables ACR-Ansprechen verfehlt. Für die Spondyloarthritis (SpA) sind bislang nur TNFα-Inhibitoren verfügbar, bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) kommt noch der IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab hinzu. Während beim SLE mit Belimumab lediglich ein Biologikum zugelassen ist, sind für andere Krankheitsbilder wie die systemische Sklerose (SSc) und Riesenzellarteriitis (RZA) noch gar keine zielgerichteten Therapien einsetzbar.

Gerade bei der RA werden derzeit eine Vielzahl neuer und auch bekannter Zielstrukturen für Zytokin-Inhibitoren geprüft (Hum Vaccin Immunother 2014; 10(4): 822-837) (s. Abb.). Mit Olokizumab, Sarilumab, Sirukumab und weiteren Antikörpern dürften demnächst eine ganze Reihe neuer IL-6-Inhibitoren dem arrivierten Tocilizumab vor allem bei der RA Konkurrenz machen. Letzteres ist seit kurzem auch als s.c.-Applikation verfügbar und wird derzeit noch in zahlreichen anderen Indikationen wie z.B. der SSc, RZA und Polymyalgia rheumatica in klinischen Studien geprüft. Noch im Phase-I-Stadium befindet sich nach Rubbert-Roth mit ABT-122 ein sehr interessanter dualer Antikörper, der zugleich an TNFα und IL-17 ansetzt und eine Fortentwicklung der herkömmlichen TNFαHemmer darstellen könnte.

Zytokin-Inhibitoren im Fokus Durchaus vielversprechend erscheint bei RA der GMCSF-Rezeptor als Target. Sowohl zu dem Anti-GMCSF-Rezeptor-Antikörper Mavrililumab als auch dem ebenfalls gegen GM-CSF gerichteten Antikörper MOR103 wurden kürzlich positive Phase-II-Studiendaten berichtet, führte Rubbert-Roth weiter aus. Bei durchaus guter Effektivität traten bislang auch keine diverse IL-6-(Rezeptor)blocker NNC114-0005 Tocilizumab AMG714 Ustekinumab IL-6 IL-15

Atacicept Belimumab unreife BZelle

IL-21 IL-23 IL-12 Fibroblast IL-1β

Makrophage IL-20

NNC0109-0012

T-Zelle

BLyS/BAFF

reife B-Zelle GM-CSF IL-17 IFNγ TNFα

Anakinra gescheitert derzeit in Studien zugelassen

Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Certolizumab pegol, Golimumab

KB003 Mavrilimumab MOR103

Fontolizumab

Ixekizumab, Brodalumab Secukinumab

Abb.: Neue und etablierte Zytokin-Inhibitoren bei der RA Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Prof. Dr. Andrea Rubbert-Roth

Prof. Dr. Christof Specker

Probleme bezüglich der Therapiesicherheit auf. Eher durchwachsen schätzt sie die Situation bei den neuen IL-17-Inhibitoren in der RA ein. In einer Phase-II-Studie konnte Ixekizumab nur bedingt überzeugen, etwas besser ist die Lage hingegen beim Secukinumab. Dennoch dürfte die IL-17-Inhibition wohl eher bei SpA und PsA ihren Platz finden, wo IL-17-Inhibitoren und hier vor allem Secukinumab sehr gute Resultate in Phase-II geliefert haben. Dies gilt letztlich auch für Brodalumab, das bei der PsA, aber wohl mehr noch der Plaque-Psoriasis eine gute Wirksamkeit aufweist. Bei der PsA ist mit dem IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab seit Kurzem erstmals eine Alternative zu den TNFa-Inhibitoren zugelassen worden. Ebenso wie bei der Plague-Psoriasis, wo es schon eine länger etablierte Therapieoption ist, zeigte es in den beiden PSUMMIT-Studien eine gute Effektivität nicht nur auf die Haut- sondern auch die arthritische Komponente. Bei der SpA ist Ustekinumab noch in einer sehr frühen Studienphase, hat aber in der TOPAS-Studie nach kurzer Zeit bereits zu einem bemerkenswert guten Ansprechen geführt, betonte Rubbert-Roth.

Update zu B-Zell-Therapien Noch größer als bei SpA und PsA, wo zuvor schon mehrere TNFα-Hemmer eingesetzt werden konnten,


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45 ist der Bedarf für neue Biologika beim systemischen Lupus erythematodes (SLE). Zugelassen ist hier bislang nur der BLyS-Inhibitor Belimumab, off-label kommt mit Rituximab eine weitere an der B-Zelle ansetzende Therapie zum Einsatz. Der nächste mögliche Kandidat für eine Zulassung dürfte wohl der CD22-Antikörper Epratuzumab sein, der in Phase-II gute Ergebnisse lieferte und sich derzeit in der Phase-III-Studie EMBODY befindet. Eine zumindest mäßige Effektivität zeigte sich in Phase-II für das ähnlich wie Belimumab gegen BlyS gerichtete Fusionsprotein Blisibimod. Von der Wirksamkeit her noch vielversprechender, so bestätigte in einem weiteren Vortrag Prof. Dr. Christof Specker, Essen, ist aber

das Anti-BAFF/APRIL-Fusionsprotein Atacicept, dass jedoch mit dem Nachteil nicht unerheblicher Nebenwirkungen behaftet ist. Eine wichtige Rolle, so ergänzte Specker, spielt die Anti-B-Zell-Therapie mit Rituximab jenseits der RA und dem SLE auch bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Während es derzeit basierend auf der RAVE-Studie bei GPA und MPA bereits zur Remissionsinduktion zugelassen ist, wartet man derzeit noch auf die Ergebnisse der MAINRITSAN-Studie, die aber in Anbetracht des dort bereits beobachteten deutlichen Vorteils gegenüber Azathioprin wohl mit einiger Sicherheit zu einer Ausdehnung der Zulassung auf die Remissionserhaltung führen dürfte. m

Rheumatoide Arthritis

Moderne Small molecules noch im Wartestand Eigentlich sind „Small molecules“ in der Rheumatologie ein „alter Hut“, denn als solche sind etwa auch der Klassiker Methotrexat (MTX) oder Glukokortikoide zu bezeichnen. Davon abzugrenzen sind nach Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, moderne zielgerichtete Small molecules, die in die intrazellulären Übertragungswege eingreifen und so die Signalweiterleitung pro-inflammatorischer Zytokine inhibieren. Bereits ein komplettes Phase-III-Studienprogramm erfolgreich absolviert hat der JAK-Inhibitor Tofacitinib.

Ähnlich wie die Onkologen setzen auch die Rheumatologen große Hoffnungen in die derzeit in klinischer Prüfung befindlichen intrazellulären Signaltransduktionshemmer, die mindestens ebenso wichtig wie die Biologika für die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) werden könnten. Derzeit den größten Erfolg versprechen hierbei die JAK-Inhibitoren, unter denen sich Barictinib derzeit in Phase-III und drei weitere Vertreter in Phase-II befinden. Besonders effektiv scheint ersten Daten zufolge der spezifische JAK-1-Inhibitor GLPG0634 zu sein mit einem ACR20/50/70-Ansprechen von bis zu 92, 58 und 25 % – und dies nach nur vier Wochen, so Schulze-Koops. In den USA, Japan und einigen europäischen Ländern bereits zugelassen ist der JAK-1/3-Inhibitor Tofacitinib, dessen Zulassung die EMA jedoch trotz des erfolgreich durchlaufenen Phase-III-Studienprogramms ORAL weiter blockiert. Bei durchaus akzeptabler Sicherheit hatte das im Gegensatz zu Biologika oral gegebene Tofacitinib sowohl als Monotherapie wie in Kombination mit MTX, bei therapienaiven Patienten oder solchen mit DMARD und/oder TNFα-Versagen eigentlich überzeugende Therapieergebnisse geliefert und war in einer Studie auch dem aktiven Komparator Adalimumab ebenbürtig. Im Vordergrund des ablehnenden EMA-Bescheides aus dem April 2013 stehen

Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops zwar Sicherheitsbedenken, weshalb diese noch die 3oder sogar 5-Jahres-Daten der ORAL-Studien abwarten will, zumindest unterschwellig dürfte aber auch die mit Biologika vergleichbare Preisgestaltung mitschwingen, meinte neben Schulze-Koops auch Prof. Reinhold E. Schmidt, Hannover, der Vorsitzende dieses DGIM-Symposiums. Derzeit ist wohl nicht von einer europäischen Zulassung von Tofacitinib vor dem Jahr 2015 auszugehen. m

Quelle: Symposium „Neue Biologika und „Small Molecules“ in der Therapie rheumatischer Erkrankungen“, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 28. April 2014

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46 Rheumatoide Arthritis

Verstärkt um kardiovaskuläre Risiken kümmern Bei fast 80 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis liegen zugleich Komorbiditäten vor – häufig auch kardiovaskuläre Erkrankungen. Diese tragen nach Prof. Dr. Klaus Krüger, München, zu 35 bis 50 % der Gesamtmortalität bei RA bei. Im Einzelnen ist bei RA mit einem 2- bis 4-fach erhöhten Risiko für Myokardinfarkt und zwischen 1,5- bis 2-fach erhöhtem Risiko für chronische Herzinsuffizienz und Schlaganfall auszugehen.

Das Risikoprofil für kardiovaskuläre Ereignisse bei RA entspricht jenem für Typ-2-Diabetes und ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung um das Doppelte gesteigert, erinnerte Krüger. Besonders zu beachten ist hierbei, dass das kardiovaskuläre Risiko bereits früh nach der Diagnosestellung einer RA deutlich erhöht ist und sich dann im weiteren zeitlichen Verlauf kaum noch steigert. Generell gilt dabei: Je höher die Krankheitsaktivität, desto höher ist auch das kardiovaskuläre Risiko. Bei vorbestehender KHK ist aber auch schon in der präklinischen Phase der RA mit einem gesteigerten Infarktrisiko zu rechnen, da aufgrund der mit RA assoziierten entzündlichen Prozesse eine schnelle Rupturierung von Plaques begünstigt wird, warnte Krüger.

Bei Therapieplan kardiovaskuläre Aspekte berücksichtigen Beim kardiovaskulären Risikomanagement von RAPatienten ist stets auch die Rolle der medikamentösen Therapie bei der Beeinflussung des Risikoprofils zu bedenken. Negative Effekte sind hier nicht zuletzt von den NSAR bekannt, die daher mit Bedacht eingesetzt werden sollten. Dies gilt umso mehr für die Glukokortikoide, die an dieser Stelle eine ambivalente Rolle spielen. Kurzfristig mindern sie das Risiko durch eine effektive Entzündungshemmung und Senkung der Krankheitsaktivität, langfristig führen sie jedoch vor allem in hoher Dosierung z.B. über eine Blutdrucksteigerung und Erhöhung der Blutfette zu einem markant erhöhten Risiko. Weniger bedenklich ist nach Krüger eine Low-dose-Therapie (≤7,5 mg/Tag), wobei auch diese nach Möglichkeit – so zeigen es die aktuellen Daten einer 2-Jahres-Studie (BMJ Open 2014; 4(4): e004259) – nicht über einen zu langen Zeitraum aufrechterhalten werden sollte. Während für Methotrexat (MTX) eine deutliche Risikoreduktion belegt ist, sind die positiven Effekte anderer DMARDs geringer und weniger gut dokumentiert. Dass Biologika das kardiovaskuläre Risiko senken, ist gleichfalls in vielen Studien gezeigt worden. BesonRheuma Management · Mai/Juni 2014

Prof. Dr. Klaus Krüger ders umfangreich sind laut Krüger die Daten zu den TNFα-Inhibitoren, für die in einer neuen Verlaufsbeobachtung bei 2.100 Patienten mit beginnender RA gegenüber Nicht-MTX-DMARDs eine Risikoreduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 55-60 % gesehen wurde; aber auch für das MTX wurde in dieser Arbeit ein um ca. 45 % geringeres Risiko verzeichnet (Arthritis Care Res 2014; 66(3): 355-363).

EULAR-SCORE-Modell konsequent anwenden Zur Erfassung des individuellen kardiovaskulären Risikoprofils von RA-Patienten empfahl Krüger die Verwendung des EULAR Systematic Coronary Risk Evaluation (SCORE)-Modells, mit dem sich je nach vorliegenden traditionellen Risikofaktoren wie der Höhe des systolischen Blutdrucks und dem Verhältnis von Gesamt- zu HDL-Cholesterin für Frauen und Männer (und in Abhängigkeit vom Rauchen) das 10-JahresRisiko für kardiovaskuläre Ereignisse erfassen lässt. Dessen Errechnung ist für den Hausarzt und Patienten gleichermaßen motivierend, betonte Krüger. Dass kardiovaskuläre Risikofaktoren auch bei vermeintlich „herzgesunden“ RA-Patienten häufig anzutreffen sind, verdeutlicht eine dänische Studie mit 644 Teilnehmern, in der mit Rauchen (24,5 %), Hypertonie (34,5 %), erhöhtem LDL-Cholesterin (55,4 %), BMI >25 (63,8 %) und erhöhtem Nüchternblutzucker


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47 (14,3 %) eine Reihe dieser Faktoren nachgewiesen wurden. Bei 20,2 % der Patienten wurde dabei ein erhöhter EULAR SCORE-Score ≥5 festgestellt (Ann Rheum Dis 2013; 72(11): 1771-1776).

Checkliste für kardiovaskuläres Risiko Angesichts dieser Daten bedarf es einer eingehenden Risikoevaluation von RA-Patienten. Auf die Checkliste für die Rheumapraxis gehört dabei nach Krüger zunächst eine optimale Kontrolle der Krankheitsaktivität, die aktive Fahndung nach Risikofaktoren unmittelbar nach der Diagnosestellung, bei erkennbaren Risiken die Veranlassung eines gezielten Screenings (ggf. beim Kardiologen bzw. Angiologen) und die Einleitung oder zumindest Überprüfung kardioprotektiver Therapien (z.B. Antihypertonika, Lipidsenker). Dass bei einer solchen Risikoevaluation in Europa noch vieles im Argen liegt, zeigte unlängst die COMORA-Studie zur Prävalenz und Risikoerfassung kardiovaskulärer Komorbiditäten bei RA, an der 4.586 Patienten aus 17 Ländern teilnahmen (Ann Rheum Dis 2014; 73(1): 62-68). Die für Deutschland ermittelten Ergebnisse sind durchaus ernüchternd mit einer jährlichen Risikoevaluation in nicht einmal 40 % der Fälle (s. Abb.). Laut Krüger verlassen sich die Rheumatologen oft zu sehr auf den Hausarzt, dem das kardiovas-

Land

jährl. antithromb. Antihyper- Lipidsenker Risikoeval. Therapie tensiva

Deutschland

39

15

46

17

Frankreich

65

8

29

20

Italien

90

22

52

20

Holland

20

20

35

13

Spanien

82

9

31

30

UK

16

7

26

14

USA

27

24

38

25

Abb.: COMORA-Studie: Prävalenz und Risikoerfassung von Komorbiditäten und deren Therapie bei RA kuläre Risiko von RA-Patienten so aber oft gar nicht geläufig ist und umgekehrt diese beim Rheumatologen bestens rundum versorgt glaubt. Trotz des eklatanten Zeitmangels besteht hier für die Rheumatologen die Notwendigkeit, sich dieser Problematik anzunehmen – im Idealfall in Absprache mit dem Hausarzt, der die Rheumatologen bei dieser Aufgabe entlasten kann. m Quelle: Symposium „Der Rheumapatient und seine Komorbiditäten“, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 27. April 2014

Rheumatologische Erkrankungen

Renale Komorbiditäten im Fokus Bei Patienten mit rheumatischen und renalen Symptomen kann die Nierenerkrankung eine Komplikation der rheumatischen Erkrankung bzw. deren Therapie sein, ebenso ist auch der umgekehrte Fall möglich, erläuterte Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden. Zu unterscheiden sind dabei Systemerkrankungen wie Vaskulitiden und Kollagenosen, die mit der Niere ebenso interagieren wie rheumatische Krankheiten mit primär muskuloskelettaler Manifestation wie die RA und Spondyloarthritiden (SpA). Aber auch primäre Nierenerkrankungen und die Niereninsuffizienz können negative Effekte auf die Gelenke und Wirbelsäule ausüben.

Renale Funktionsstörungen sind in der rheumatologischen Praxis durchaus häufig und betreffen, wenn man eine erniedrigte glomeruläre Filtrationsrate (GFR ≤60 mg/Min.) zugrunde legt, fast 20 % aller ambulanten Rheumapatienten. Bei einem Blick auf die rheumatoide Arthritis (RA) zeigt sich jedoch, dass – bei einem allerdings eklatanten Mangel an prospektiven Studien – eine klinisch relevante Nierenbeteiligung insgesamt selten ist. Dennoch findet sich, so Märker-Hermann, in bis zu 25 % aller RA-Patienten eine krankheits- oder therapieassoziierte Mikroalbuminurie. Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass renale Manifestationen in einer populationsbasierten Studie als Prädiktoren ei-

Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann Rheuma Management · Mai/Juni 2014


DGIM-Kongress 2014 – Wiesbaden

48 ner gesteigerten Mortalität bei RA (Hazard ratio, HR 1,78) identifiziert wurden. Besonders stark erhöht war das Risiko bei kombinierter Hämaturie und Proteinurie (HR 4,45), alleiniger Proteinurie (HR 4,53), Mikroalbuminurie (HR 2,77) und chronischer Niereninsuffizienz (HR 1,71).

Rheumatoide Arthritis und Spondyloarthritiden

Nephrologische Syndrome und rheumatische Krankheiten

Wichtige Befunde sind bei der RA einerseits die mit der Krankheitsaktivität- bzw. dauer assoziierte AAAmyloidose, die heute sehr seltene, da meist durch parenterales Gold oder DPA getriggerte membranöse Glomerulonephritis (GN) und als extraartikuläre RAManifestation die mit Krankheitsaktivität- und dauer sowie Seropositivität assoziierte mesangiale bzw. mesangioproliferative GN. Bei RA-Patienten mit AAAmyloidose gilt es, durch eine strikte antientzündliche Therapie das Serum-Amyloid A (SAA) auf unter 10 mg/l zu senken, wobei unter den Biologika Tocilizumab effektiver als TNFa-Blocker zu sein scheint. Zum Nierenschutz ist an eine Blutdrucksenkung und Therapie mit ACE-Hemmer zu denken. Zu den renalen pathologischen Befunden bei der Spondylitis ankylosans (AS) gibt es noch weniger Studien als bei der RA, jedoch scheinen solche bei bis zu 13 % der Patienten vorzuliegen. Histologisch steht stärker als bei der RA die AA-Amyloidose im Vordergrund (zu 60 %), ein weiterer häufiger Befund ist eine IgA-Nephritis. Dennoch ist beim Vergleich von ASmit RA-Patienten von einer mit 7 vs. 16 % geringeren Prävalenz der AA-Amyloidose auszugehen. Als in der Praxis wichtige Nierenfunktionstests bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen empfahl MärkerHermann die Bestimmung von Kreatinin und eGFR, die Erhebung des Urinstatus alle sechs Monate und

abnormal Screening

Urinstix Protein, Erythrozyten, Leukozyten positiv

beide normal

positiv

Serumkreatinin mit eGFR

Klinische Parameter Hypertonie, Ödeme, Makrohämaturie, Oligurie

behandeln wiederholen ja

regelmäßig wiederholen

Renale Komorbidität unwahrscheinlich

Extrarenale Ursachen (HWI?)

nein Management Rheumatologe: Vermeidung nephrotoxischer Medikamente wie NSAR, CsA; Dosisreduktion beachten (MTX)

Nephrologe: Weitere Diagnostik, Sonografie, Nierenbiopsie, supportive nephrologische Therapie

Abb.: Screening und Monitoring renaler Komorbiditäten bei Rheumapatienten (nach Arthritis Res Ther 2011; 13: 222) Rheuma Management · Mai/Juni 2014

bei RA bzw. SpA 1x jährlich einen Mikroalbumintest. Bei Auffälligkeiten sind darüber hinaus eine Phasenkontrastmikroskopie des Urins, die Bestimmung des Albumin/Kreatinin-Quotienten im Urin oder bei unter NSAR bzw. Sulfasalazin unklarer Kreatinin-Erhöhung die Bestimmung von alpha-1-Mikroglobulin im Urin ratsam.

Nach Märker-Hermann ist das nephrotische Syndrom (große Proteinurie >3,5 g, Hypo- und Dysproteinämie, Ödeme, Hyperlipidämie) vor allem mit der AA-Amyloidose und einer bei SLE vorliegenden Lupus nephritis (LN) Klasse V (membranöse LN) korreliert, kann jedoch auch medikamentös durch NSAR oder Gold induziert werden. Das nephritische Syndrom bzw. die rasch progrediente GN mit (Mikro-)Hämaturie, Nierenfunktionsverschlechterung, Hypertonie und Ödemen ist mit einer bei SLE bestehenden LN Klasse III (fokale LN) oder IV, ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) und Kryoglobulinämien assoziiert, bzw. bei SpA auch mit einer IgA-Nephritis. Asymptomatische Urinabnormitäten wie (Mikro-)Albuminurie und glomeruläre Hämaturie finden sich bei SLE mit LN Klasse I (minimal mesangiale LN) oder II (mesangial proliferative LN), zu Beginn einer AAV oder AA-Amyloidose, der IgA-Nephritis bei SpA, der mesangioproliferativen GN bei RA und bei Kryoglobulinämien. Eine interstitielle Nephritis (keine Zeichen einer GN im Urin, sterile Leukozyturie, Eosinophilurie, progrediente Niereninsuffizienz, hypokaliämische Parese, Diabetes insipidus renalis) ist vor allem mit dem Sjögren-Syndrom korreliert, seltener mit SLE oder therapieassoziiert mit z.B. NSAR oder Sulfasalazin. Hypertensive Krisen, Niereninsuffizienz und obliterative Arteriolopathie stehen vor allem mit der systemischen Sklerose (renale Krisen) im Zusammenhang, selten auch mit Ciclosporin A (CsA). Zum Screening, Monitoring und Management renaler Komorbiditäten bei rheumatologischen Patienten bedarf es einer guten Kooperation zwischen Rheumatologen und Nephrologen, betonte Märker-Hermann zum Abschluss anhand einer Übersichtsgrafik (s. Abb.). Der Rheumatologe sollte in erster Linie darauf achten, nephrotoxische Medikamente wie NSAR und CsA möglichst zu vermeiden und bei Methotrexat die Dosis zu reduzieren, während der Nephrologe die weiterführende Diagnostik inklusive Sonografie und Nierenbiopsie sowie die unterstützende nephrologische Therapie übernehmen sollte. m Quelle: Symposium „Der Rheumapatient und seine Komorbiditäten“, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 27. April 2014


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49 CED-assoziierte Arthritis

Rheumatische Beschwerden bei CED Die im Verlauf chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) wie dem Morbus Crohn oder der Colitis ulcerosa auftretenden, unter dem Oberbegriff „enteropathische Arthritis“ zusammengefassten extraintestinalen Manifestationen, im Gelenkbereich oft auch spezifischer als CED-Arthritis bezeichnet, sind durchaus nicht selten, erläuterte Prof. Dr. Werner-J. Mayet, Sanderbusch.

Ungefähr 20 % der CED-Patienten leiden unter Arthritiden der peripheren Gelenke oder des Achsenskeletts und hier insbesondere der Iliosakralgelenke. Im Einzelnen tritt bei der Colitis ulcerosa und dem M. Crohn im Verlauf in bis zu 10 bzw. 20 % der Fälle eine periphere Arthritis auf, bei 16 bzw. 14 % der Patienten eine Sakroiliitis und geschätzt zu je ca. 5 bis 25 % eine ankylosierende Spondylitis (AS). Seltenere muskuloskelettale Beteiligungen sind die Enthesitis, Tendinitis, Periostitis und Daktylitis. Oftmals handelt es sich um einen akuten Beginn der Symptome, vielfach als eine asymmetrische Mon- oder Oligoarthritis der großen Gelenke, mit einem Maximum der Beschwerden nach 48 h.

Drei Formen gilt es zu unterscheiden Bei der CED-Arthritis können nach Mayet drei Typen unterschieden werden. Unter Typ 1 versteht man die pauciartikuläre Form (<5 Gelenke), die in der Regel mit akuten, nicht destruierenden selbstlimitierenden Schüben (90 % innerhalb von sechs Monaten) abläuft. Oft tritt diese Form parallel zu einem akuten Schub der CED auf, sie kann aber auch der CED-Manifestation vorausgehen. Es besteht eine starke Assoziation zu anderen extraintestinalen CED-Manifestationen wie z.B. der Uveitis und dem Erythema nodosum. Die polyartikuläre Form (Typ 2), meist eine Polyarthritis der kleinen Fingergelenke, betrifft ≥5 Gelenke, wobei deren Verlauf unabhängig von der CED ist. Die Symptome persistieren zumeist über Monate oder sogar Jahre. Mit Ausnahme der Uveitis besteht bei Typ 2 keine Assoziation zu anderen extraintestinalen Symptomen der CED. Wie Mayet weiter ausführte, ist bei Typ 3 eine axiale Beteiligung mitunter auch mit einer peripheren Gelenkbeteiligung verknüpft. Die rheumatologische Manifestation verläuft hier unabhängig von der Aktivität der CED und geht ihr in den meisten Fällen auch nicht voraus. Oft bleibt die axiale Beteiligung einschließlich einer isolierten Sakroiliitis symptomlos und ähnelt im Verlauf einer idiopathischen ankylosierenden Spondylitis. Etwa 20-30 % der Patienten leiden unter dem typischen entzündlichen Rückenschmerz, die Sakroiliitis

Prof. Dr. Werner-J. Mayet kommt bei 20-25 % und die volle Diagnose einer AS bei bis zu 10 % der Patienten vor.

Medikamentöse Therapieoptionen bei CED-Arthritis Bei peripherer Arthritis wird neben einer Physiotherapie zunächst der Einsatz von NSAR und lokalen Glukokortikoid-Injektionen empfohlen. Bei persistierendem, mildem Verlauf wird als nächste Therapiestufe Sulfasalazin hinzugegeben. Bei axialer Beteiligung steht eine intensive Physiotherapie mit NSAR im Vordergrund. Generell ist hierbei zu beachten, dass NSAR in höherer Dosis bei M. Crohn oder anderen CED zu einer Exazerbation führen können und deshalb mit Bedacht angewendet werden sollten. Das Hauptaugenmerk sollte, so betonte Mayet, stets auf der Therapie der CED liegen. Insgesamt zeigen die klassischen DMARDs wie Methotrexat (MTX), Sulfasalazin und Azathioprin nur eine geringe Effektivität. Bei ansonsten schwer kontrollierbaren Verläufen kommen daher TNFα-Blocker zum Einsatz, deren Wirksamkeit sowohl bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis als auch M. Crohn nachgewiesen ist. Trotz seiner Effektivität bei ankylosierender Spondylitis wird Etanercept bei der CED nicht empfohlen. m Quelle: Symposium „Der Rheumapatient und seine Komorbiditäten“, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 27. April 2014

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50 Rheumatoide Arthritis

Tocilizumab jetzt auch als s.c.-Therapie einsetzbar Für Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) steht seit mittlerweile fünf Jahren mit Tocilizumab ein in der Praxis fest etabliertes Biologikum zur Verfügung. Neu verfügbar ist jetzt auch eine subkutane (s.c.) Applikationsform des IL-6-Rezeptorblockers.

Seit Ende April 2014 ist Tocilizumab s.c. (RoActemra®) für die Behandlung erwachsener Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver RA zugelassen, die auf eine Vortherapie mit einem oder mehreren DMARDs oder TNFα-Inhibitoren unzureichend angesprochen haben bzw. eine MTX-Unverträglichkeit aufweisen. Subkutan wird Tocilizumab einmal wöchentlich in der vom Körpergewicht unabhängigen fixen Dosierung von 162 mg per Fertigspritze verabreicht. Nach initialer Einweisung durch den Arzt kann sich der Patient Tocilizumab s.c. einfach und schnell selbst spritzen. Die neue s.c.-Darreichungsform von Tocilizumab ist genauso wirksam und sicher wie die bisherige i.v.Applikation – das belegen laut Prof. Dr. Gerd Burmester, Berlin, die Resultate der SUMMACTA-Studie. In 50 Patienten in DAS28-Remission (%)

43,6 40

38,3

44,3

37,0

30 20 10 0

Woche 24 TCZ s.c. qw (n=631)

Woche 49 TCZ i.v. q4w (n=631)

Abb.: SUMMACTA-Studie: DAS28-Remission mit Tocilizumab s.c. und i.v. vergleichbar

der randomisierten, placebokontrollierten Phase-IIIStudie erhielten 1.262 RA-Patienten mit inadäquatem DMARD-Ansprechen Tocilizumab jeweils in Kombination mit MTX s.c. oder i.v. verabreicht. Nach 24 Wochen zeigte sich beim primären Endpunkt ACR20Ansprechen kein klinisch relevanter Unterschied (s.c.: 69,4 % bzw. i.v.: 73,4 %). Die ACR50/70-Ansprechraten sowie die DAS28-Remission (s. Abb.) bestätigen die vergleichbar hohe Wirksamkeit. Die Behandlung mit Tocilizumab s.c. erwies sich als sicher und gut verträglich. In beiden Therapiearmen bestätigte sich das bekannte Sicherheitsprofil des IL-6-Rezeptorblockers (Ann Rheum Dis 2014; 73(1): 69-74). Mit der Zulassung von Tocilizumab s.c. kann dieses ab sofort als Monotherapie oder in Kombination mit MTX noch flexibler an die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Patienten und die jeweilige Krankheitssituation angepasst werden, erläuterte Prof. Dr. Klaus Krüger, München, der erwartet, dass mehr als 75 % der Patienten die deutlich mehr Unabhängigkeit erlaubende s.c.-Gabe vorziehen werden. In Anbetracht oftmals nur limitiert vorhandener Infusionsplätze profitieren auch die Ärzte. Andererseits ist es von Vorteil, auch auf die i.v.-Gabe zurückgreifen zu können, wenn sich Patienten im Urlaub nicht mit Fertigspritzen belasten wollen, oder etwa bei älteren Patienten, die mit der i.v.-Infusion ihre gewohnte Betreuung beim Rheumatologen behalten wollen, oder solchen mit erwartbar schlechter Compliance. m Quelle: Webtalk der Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG, Berlin, 15. Mai 2014

Mit Etanercept auch Monotherapie möglich Obwohl bei Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis (RA) nach unzureichendem Ansprechen auf eine DMARD-Therapie eigentlich die Kombination aus Methotrexat (MTX) und einem Biologikum empfohlen wird, erhalten gut 30 % der Patienten letzteres als Monotherapie. Denn nicht immer kann MTX eingesetzt werden und alternative DMARDs sind meist nicht in Kombination mit einem Biologikum zugelassen.

Dass MTX als Therapieoption ausfällt, kann sowohl an Kontraindikationen als auch einer sehr schlechten Verträglichkeit liegen. Letztere kann von Beginn an Rheuma Management · Mai/Juni 2014

problematisch sein, oder sich auch im Verlauf noch verschlechtern. Gerade in Kombination mit einem Biologikum sind viele Patienten mit ausgeprägtem Wi-


51 derwillen gegen MTX nur schwer zu dessen weiterer Einnahme zu bewegen. Daher sieht es Prof. Dr. Klaus Krüger, München, als großen Vorteil an, dass mit Etanercept (Enbrel®), Adalimumab, Certolizumab und Tocilizumab einige Biologika auch für die RA-Monotherapie zugelassen sind, um dennoch die Therapieziele Remission oder zumindest niedrige Krankheitsaktivität erreichen zu können. Gute Erfahrungen zur Etanercept-Monotherapie liegen nach Krügers Worten aus der ERA-Studie vor, der ersten kontrollierten Untersuchung, die die Überlegenheit eines Biologikums zur MTX-Monotherapie nachwies. Hierin profitierten die mit Etanercept in Monotherapie behandelten MTX-naiven Patienten nach zwei Jahren häufiger von einem ACR-Ansprechen und es kam seltener zu einer radiologischen Progression als unter der MTX-Monotherapie. Überdies zeigen erste Daten der CAMEO-Studie, dass bei Patienten, die nach sechs Monaten mit der initialen Kombinationstherapie aus Etanercept und MTX eine niedrige

Krankheitsaktivität erreicht hatten, der Therapieerfolg auch unter einer Etanercept-Monotherapie bis zum Monat 12 erhalten blieb. Bei einer Monotherapie mit Biologika gilt es auch das Risiko der Bildung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA) zu berücksichtigen, die zu einem sekundären Wirkverlust führen können. Laut Prof. Dr. Andrea RubbertRoth, Köln, ist Etanercept das einzige humane lösliche TNFα-Rezeptorfusionsprotein, während die Wirkweise anderer TNFα-Inhibitoren auf monoklonalen Antikörpern basiert. Dadurch weist Etanercept keine klinisch signifikante Immunogenität auf und ADA spielen keine relevante Rolle. Da MTX die immunogene Reaktion der Biologika verringern kann, empfahl Rubbert-Roth, das klinische Ansprechen von Patienten, die eine Monotherapie mit einem TNFα-Blocker erhalten, sorgfältig zu beobachten. m Quelle: Symposium der Pfizer Deutschland GmbH, BDRh-Kongress, Berlin, 16. Mai 2014

Axiale Spondyloarthritis

Diagnose muss früher gestellt werden Klagen insbesondere jüngere Menschen unter 45 Jahren über Rückenschmerzen, die länger als drei Monate andauern, kann eine entzündlich-rheumatische Erkrankung dahinter stecken. Häufigste Ursache ist die axiale Spondyloarthritis (axiale SpA), zu der neben der ankylosierenden Spondylitis (AS) auch die nicht-röntgenologische axiale SpA (nr-axSpA) gehört.

„Typisch für die Verdachtsdiagnose axiale SpA sind chronische Schmerzen im unteren Wirbelsäulenbereich, die hauptsächlich in Ruhephasen, insbesondere in den frühen Morgenstunden, auftreten“, erläuterte Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin, Chairman der Kampagne „Der Krankheit aufrecht begegnen“. Problematisch für die Früherkennung der axialen SpA ist, dass es oftmals keine äußerlich sichtbaren Symptome gibt. Im Frühstadium der Erkrankung, der nraxSpA, wird auch im Röntgenbild keine Veränderung sichtbar. Bei Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Ursache sollte zur Abklärung der Diagnose eine schnelle Überweisung zum Rheumatologen erfolgen. Neben dem Leitsymptom entzündlicher Rückenschmerz sollten ein oder mehrere dieser SpAParameter vorliegen: z.B. eine akute oder chronische Arthritis, eine CED oder eine Psoriasis. Die Diagnose erfolgt weiterhin anhand klinischer Befunde wie der Laborwerte (BSG, CRP) sowie dem Nachweis des genetischen Markers HLA-B27. Auch bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT werden herangezo-

gen. Zudem wird testweise oft ein NSAR gegeben. Bestätigt sich die Diagnose axSpA stehen neben NSAR insbesondere TNFα-Inhibitoren wie Adalimumab (Humira®) als effektive Medikation zur Verfügung. Um die Zeit bis zur Diagnose und einer adäquaten Therapie zu verkürzen, hat die Initiative „Der Krankheit aufrecht begegnen“ einen Symptom-Check zusammengestellt, der von Experten zur Früherkennung des chronisch-entzündlichen Rückenschmerzes entwickelt wurde. Anhand von nur fünf Fragen können Patienten auf www.check-symptome.de vorab testen, ob sie an entzündlich bedingtem Rückenschmerz leiden könnten und die Ergebnisse mit dem behandelnden Arzt besprechen. Umgekehrt sollten auch Hausärzte und Orthopäden bei länger andauernden Rückenschmerzen gerade jüngerer Patienten öfter an eine axiale SpA denken und bei entsprechendem Verdacht einen Rheumatologen hinzuziehen. m Quelle: Symposium der AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 28. April 2014

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52 Axiale Spondyloarthritis

Europäische Initiative: „Der Krankheit aufrecht begegnen“ Bis zu zehn Jahre können vergehen, bevor bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Rückenschmerzen die richtige Diagnose einer axialen Spondyloarthritis (axiale SpA) gestellt wird, denn das Krankheitsbild ist sowohl bei Betroffenen als auch bei Ärzten oft nicht bekannt. Die europaweite Initiative „Der Krankheit aufrecht begegnen“ will zur Aufklärung über chronisch-entzündliche Rückenschmerzen beitragen und somit die lange Zeit bis zur gesicherten Diagnose einer axialen SpAzu verkürzen.

den, frühzeitig einen Rheumatologen aufzusuchen. Hausärzte, aber auch Orthopäden, sollten bei einem Patienten, der länger als drei Monate an Rückenschmerzen leidet, entzündliche Rückenschmerzen in Erwägung ziehen und diesen gezielt an einen rheumatologischen Facharzt überweisen. Mit Hilfe des „Symptom-Check“, der auf der Initiativen-Website www.derkrankheitaufrechtbegegnen.de zu finden ist (s. Abb.), können mögliche Betroffene vor ihrem Arztbesuch durch Beantwortung von nur fünf gezielten Fragen testen, ob ihr Rückenschmerz entzündlich bedingt sein könnte. Somit sind Patienten besser auf ihr Arztgespräch vorbereitet und der behandelnde Arzt hat eine gute Grundlage für die weitere Analyse und Entscheidung, ob eine Überweisung zum Rheumatologen sinnvoll ist. Erste epidemiologische Untersuchungen lassen darauf schließen, dass in Deutschland ca. 200.000 Menschen von einer axialen SpA betroffen sind, die häufig über Jahre keine Diagnose erhalten und dabei oft eine Odyssee vom Hausarzt zum Orthopäden und wieder zurück durchlaufen haben, bevor meist ein Rheumatologe die Krankheit erkennt. In der Mehrzahl der Fälle sind es junge Frauen und Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren, die zur Risikogruppe für diese Erkrankung gehören. Die Initiative „Der Krankheit aufrecht begegnen“ möchte jetzt über entzündlich bedingte Rückenschmerzen aufklären und Wissen auf Arzt- und Patientenseite vermitteln. Betroffene sollen motiviert wer-

Die Initiative wurde europaweit von Experten aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien im Oktober 2013 ins Leben gerufen und wird vom Unternehmen AbbVie unterstützt. In Deutschland engagieren sich die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V., der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V., der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh), der Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. sowie der Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), Sektion orthopädische Rheumatologie. m Quelle: Pressemitteilung AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 25. April 2014

Rheumatische Erkrankungen: Neuer Golimumab-Autoinjektor Mit dem TNFα-Inhibitor Golimumab (Simponi)® behandelte Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) oder ankylosierender Spondylitis (AS) erhalten diesen künftig mit dem weiterentwickelten „SmartJect®-Autoinjektor. Als wichtigste Änderung wurde bei dem neuen Modell die Auflagefläche vergrößert. Dadurch lässt sich der Injektor stabiler und einfacher auf der Haut positionieren. Er ist dabei während der Injektion noch besser vor einem Verrutschen gesichert. Anwender erkennen die Modifikation sofort an der grünen statt an der grauen Schutzhülse. Ärzte und Apotheker werden gebeten, diese Information an ihre Patienten weiterzugeben. m Quelle: Pressemitteilung MSD Sharp & Dohme GmbH, 21. Mai 2014

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53 Symptomatische Hyperurikämie

Treat-to-target greift auch bei Gicht Bei Patienten mit einer Gichtarthritis bedarf es einer konsequenten und vor allem auch dauerhaften Einstellung der Harnsäure auf den in Leitlinien empfohlenen Zielwert von <6 mg/dl. Nur auf diese Weise lassen sich neue Gichtanfälle und eine fortschreitende Zerstörung der Gelenke verhindern. Überdies kann auf diese Weise das mit der Gicht assoziierte erhöhte Risiko für kardiovaskuläre und renale Komorbiditäten zurückgedrängt werden.

Dauerhaft Harnsäure-Zielwert <6 mg/dl anvisieren Die große Bedeutung einer konsequenten harnsäuresenkenden Therapie verdeutlichen die aktuellen ACRLeitlinien aus dem Jahr 2012 (Arthritis Care Res 2012; 64(10): 1431-1446). Nach Reuss-Borst besteht eine Indikation zur medikamentösen Intervention bei allen Patienten mit der Diagnose einer Gichtarthritis und vor allem bei Tophi, akuten Gichtanfällen (>2/Jahr) und chronischer Niereninsuffizienz. Von Seiten des ACR wird minimal das Erreichen eines Serumharnsäure-Zielwerts von 6 mg/dl (360 μmol/l) gefordert und in schwereren Fällen sogar ein Zielwert unter 5 mg/ dl (300 μmol/l) empfohlen, um die Folgen und Risiken der symptomatischen Hyperurikämie zu reduzieren und weitere Gichtanfälle zu vermeiden. Neben Allopurinol wird gleichberechtigt Febuxostat (Adenuric®) als First-line-Therapie aufgeführt, so Reuss-Borst weiter. Nach ihren Worten muss klar sein, dass es sich dabei um eine Dauertherapie handelt. Auch nach Abklingen der akuten Gicht-Symptomatik und Auflösung aller sichtbaren Tophi ist die harnsäuresenkende Therapie fortzuführen und ein Zielwert von unter 6 mg/dl aufrechtzuerhalten. Bezüglich Allopurinol ist zu beachten, dass bei eingeschränkter Nierenfunktion – ein nicht seltener Fall bei Gichtpatienten – auf eine Dosisreduktion zu achten ist, die dann aber oftmals nicht mehr das Erreichen des angestrebten Harnsäure-Zielwerts erlaubt. In dieser Hinsicht weniger problematisch und deutlich effektiver ist Febuxostat, im Gegensatz zu Allopurinol

ein selektiver Xanthinoxidase-Hemmer. Beispielhaft verwies Reuss-Borst auf die APEX-Studie, in der unter Febuxostat signifikant häufiger der HarnsäureZielwert erreicht wurde als unter Allopurinol (Arthritis Rheum 2008; 59(11): 1540-1548). Bemerkenswert ist nicht zuletzt, dass in einer Extensionsstudie nach 3-5 Jahren mit Febuxostat 80-90 % der Patienten dauerhaft auf <6 mg/dl eingestellt werden konnten. Wie bedeutsam die Umsetzung dieses am Zielwert von <6 mg/dl ausgerichten Treat-to-target-Konzepts bei Gicht ist, verdeutlicht eine aktuelle Studie, die in Abhängigkeit von der Krankheitsschwere ein erhöhtes Mortalitätsrisiko meist aufgrund kardiovaskulärer Ursachen bestätigte (Ann Rheum Dis 2014; 73(1): 177182). Ein zu hoher Serum-Harnsäurespiegel und subkutane Tophi erwiesen sich als jeweils unabhängige Prädiktoren für die Sterblichkeit, mahnte Reuss-Borst. Schon zuvor hatte eine andere Studie eine erhöhte kardiovaskuläre und auch Gesamtmortalität bei Gichtpatienten in Abhängigkeit von der Höhe des Harnsäurespiegels ergeben (QJM 2013; 106(7): 647-658). m

Für den Therapieerfolg, also eine Remission der Gicht, und zur gleichzeitigen Senkung des kardiovaskulären und auch renalen Risikos der Patienten ist das Erreichen des Zielwerts <6 mg//dl im Sinne eines konsequenten, langfristigen Treat-totarget-Ansatzes unabdingbar. Da dies mit Allopurinol in vielen Fällen nicht erreichbar ist, sollte dann auf Febuxostat als hochwirksame Alternative umgestellt werden. In Anbetracht der schlechten Compliance erhöht ein klarer Zielwert letztlich auch die Motivation der Patienten, nach Abebben des akuten Gichtanfalls weiterhin ihre harnsäuresenkenden Medikamente einzunehmen.

Quelle: Symposium der Berlin-Chemie AG, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 26. April 2014

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Kompakt

Mit einer Prävalenz von 1,4 % in Deutschland ist die symptomatische Hyperurikämie bzw. Gicht alles andere als selten und im Gegenteil sogar die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung, erläuterte Prof. Dr. Monika Reuss-Borst, Bad Kissingen. Dennoch wird die Gicht mit ihrem chronisch-progredienten Verlauf immer noch unterschätzt und die Langzeitfolgen auch jenseits der Gelenkdestruktion nicht ausreichend adressiert. Nicht zuletzt wird in der täglichen Praxis zu selten der Harnsäurespiegel auch wirklich auf den Zielwert gesenkt.


54 Rheumatoide Arthritis

Tocilizumab: Bewährtes First-LineBiologikum mit einem Plus an Flexibilität Seit der Zulassung vor fünf Jahren hat sich Tocilizumab in der Praxis als Biologikum-Therapie für Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) fest etabliert. Weltweit wurden schon mehr als 275.000 Patienten mit dem Interleukin (IL)-6-Rezeptorblocker behandelt. Neben der umfassend belegten Wirksamkeit und dem günstigen Sicherheitsprofil profitieren die Patienten von dem besonders flexiblen Therapiemanagement: Tocilizumab ist das einzige Biologikum, das als Monotherapeutikum oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) eine vergleichbar hohe Wirksamkeit erzielt. Ab sofort lässt sich die Therapie noch individueller an den einzelnen Patienten anpassen. Denn seit Ende April 2014 ist neben der bewährten intravenösen Applikation eine in Wirksamkeit und Sicherheit gleichwertige subkutane Formulierung von Tocilizumab zugelassen.

Gemäß der aktuellen S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zur medikamentösen Therapie der RA sollte bei Patienten mit unzureichender Krankheitskontrolle unter MTX bereits nach drei Monaten der Einsatz eines Biologikums erwogen werden. (1) Als First-Line-Biologika werden dafür gleichermaßen Tocilizumab (RoACTEMRA®), TNFα-Inhibitoren und Abatacept empfohlen.

Mittlere Veränderung vs. Ausgangswert

Das Biologikum sollte möglichst mit einem DMARD kombiniert werden. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt jedoch, dass sich DMARDs wie MTX nicht für jeden RA-Patienten eignen. Kontraindikationen, Unverträglichkeiten, eine nicht ausreichende Wirksamkeit und/ oder eine schlechte Compliance sind häufige Gründe dafür, dass sich die Behandlung mit MTX als problematisch erweist. Daraus resultieren Therapieansätze ohne DMARDs, wie sie bereits vielfach praktiziert werden: Nach den Daten der Kerndokumentation des Deutschen Rheumaforschungszentrums erhalten etwa 30 % aller Biologika-Patienten eine Monotherapie ohne begleitendes DMARD. (2)

TocilizumabMonotherapie (n=163) AdalimumabMonotherapie (n=162)

0 -0,5 -1,0 -1,5 -1,8

-2,0 -2,5

∆ 1,5

-3,0 -3,5

-3,3 p<0,0001

Abb. 1: ADACTA-Studie: Mittlere Veränderung des DAS28 zu Woche 24 (primärer Endpunkt) unter Tocilizumab- bzw. AdalimumabMonotherapie (mod. nach 4) Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Tocilizumab: Exklusive Empfehlung für die Monotherapie durch DGRh Für die Behandlung von Patienten, bei denen eine kombinierte Therapie mit einem Biologikum und einem DMARD nicht adäquat erscheint, empfiehlt die DGRh Tocilizumab als Biologikum der ersten Wahl. Denn der IL-6-Rezeptorblocker ist das einzige Biologikum, das ohne klinisch relevanten Wirkverlust auch ohne begleitendes MTX eingesetzt werden kann. So erreichte Tocilizumab als Monotherapie und in Kombination mit MTX in der zweijährigen doppelblinden Phase-IIIb-Studie ACT-RAY ein vergleichbar gutes klinisches und radiologisches Ansprechen. (3) Insgesamt erhielten 556 Patienten mit unzureichenden Ansprechraten auf MTX zusätzlich zu ihrer stabilen MTX-Dosis entweder Tocilizumab 8 mg/kg alle 4 Wochen (Addon-Strategie, TCZ + MTX) oder wechselten auf eine Monotherapie mit dem IL-6-Rezeptorblocker (SwitchStrategie, TCZ + Placebo). Nach 24 Wochen zeigten sich in beiden Therapiearmen vergleichbare DAS28Remissionsraten (primärer Endpunkt; 40,4 vs. 34,8 %; p=0,21). Zu Woche 52 wiesen 92,8 % der Add-onPatienten und 86,1 % der Monotherapie-Patienten keine radiologische Progression auf (p=0,016). Radiologische Progression war definiert als eine Veränderung des Genant-modified Sharp-Scores (GSS) ≤1,5.

ADACTA: Als Monotherapie Adalimumab überlegen Untermauert wird die Ausnahmestellung der Monotherapie mit Tocilizumab unter den Biologika durch die Ergebnisse der Head-to-Head-Studie ADACTA (ADalimumab ACTemrA), die erstmals zwei zur Biologika-Monotherapie zugelassene Substanzen direkt miteinander verglich. (4) In der auf Überlegenheit ausgerichteten multizentrischen, doppelblinden und placebokontrollierten Phase-IV-Parallelgruppenstudie


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Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt: Eine signifikant stärkere Reduktion des mittleren DAS28Scores nach 24 Wochen versus dem Ausgangswert bei Patienten unter Tocilizumab-Monotherapie, verglichen mit Patienten unter Adalimumab als Monotherapeutikum (-3,3 vs. -1,8; p<0,0001) (Abb. 1). Zudem war die DAS28-Remissionsrate unter Tocilizumab fast viermal höher als unter Adalimumab (39,9 vs. 10,5 %; p<0,0001). Das Sicherheitsprofil war unter beiden Substanzen insgesamt vergleichbar.

SUMMACTA: s.c. genauso wirksam wie i.v. Seit April 2014 steht Tocilizumab auch als vorgefüllte Fertigspritze für die subkutane Selbstapplikation zur Verfügung. Der Einsatz des bewährten IL-6-Rezeptorblockers in der klinischen Praxis wird damit noch flexibler und lässt sich noch individueller an den Patienten anpassen. Analog zur intravenösen Verabreichung, ist auch Tocilizumab s.c. zur Behandlung von Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver RA zugelassen, die nur unzureichend auf die Therapie mit einem oder mehreren DMARDs oder TNF-Inhibitoren angesprochen haben oder eine MTX-Unverträglichkeit aufweisen. (5) Dass von einer subkutanen Tocilizumab-Applikation vergleichbar gute klinische Ergebnisse wie nach intravenöser Gabe zu erwarten sind, zeigen die Daten der zulassungsrelevanten randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie SUMMACTA. (6) 1.262 RA-Patienten, die auf eine Vortherapie mit mindestens einem DMARD nur unzureichend angesprochen hatten, erhielten einmal wöchentlich die fixe Dosierung von Tocilizumab s.c. (162 mg) oder die intravenöse Standarddosierung (8 mg/kg alle vier Wochen). Die s.c.Formulierung erwies sich hinsichtlich des primären Wirksamkeitsendpunkts – dem ACR20-Ansprechen – als nicht unterlegen (s.c.: 69,4 % bzw. i.v.: 73,4 %) (Abb. 2). Die Auswertungen weiterer zentraler Studienendpunkte (ACR50- und 70-Ansprechen, DAS28Remission) bestätigten die vergleichbar hohe Wirksamkeit. Die subkutane Verabreichung von Tocilizumab war zudem vergleichbar gut verträglich wie die intravenöse Applikation. Unter Tocilizumab s.c. traten lediglich vermehrt injektionsbedingte Reaktionen auf (10,1 vs. 2,4 %).

Gewichteter Unterschied: -4,0 % (95% CI; -9,2 bis 1,2) 80 70 Anteil der Patienten mit ACR20-Ansprechen (%)

erhielten 325 Biologika-naive Patienten mit schwerer aktiver RA (DAS28 >5,1) über einen Zeitraum von 24 Wochen entweder Tocilizumab (8 mg/kg i.v. alle 4 Wochen) oder den TNFα-Blocker Adalimumab (40 mg s.c. alle 2 Wochen) jeweils mit Placebo. Die Studienteilnehmer hatten eine vorherige MTX-Therapie nicht vertragen oder waren für die Dauertherapie mit einem DMARD ungeeignet.

69,4

73,4

60 50 40 30 20 10 0

Tocilizumab s.c.

Tocilizumab i.v.

Abb. 2: SUMMACTA-Studie: Vergleichbare Wirksamkeit von Tocilizumab s.c. und i.v. hinsichtlich des Ansprechens nach ACR20 (primärer Endpunkt; mod. nach 6)

Tocilizumab: Ein Fazit In der S1-Leitlinie der DGRh wird Tocilizumab neben den TNFα-Inhibitoren und Abatacept als First-LineBiologikum nach DMARD-Versagen empfohlen. Das Biologikum sollte nach Möglichkeit mit MTX kombiniert werden. MTX-Nebenwirkungen bedeuten für viele Betroffene jedoch eine hohe Belastung, die eine Fortführung der MTX-Therapie erschweren oder sich auf die Adhärenz und damit den Therapieerfolg auswirken kann. Für diese Patienten ist eine TocilizumabMonotherapie die Behandlung der ersten Wahl, denn es kann als einziges Biologikum ohne Einbußen in der Wirksamkeit auch ohne MTX eingesetzt werden (u.a. ACT-RAY-Studie). Zudem ist es als Monotherapie bei vergleichbarem Sicherheitsprofil signifikant wirksamer als die Adalimumab-Monotherapie (ADACTAStudie). Vor dem Hintergrund dieser Datenlage wird Tocilizumab in der S1-Leitlinie als einziges Biologikum für den monotherapeutischen Einsatz bei Patienten empfohlen, die aufgrund einer Unverträglichkeit nicht weiter mit MTX behandelt werden können bzw. bei denen die Fortführung der MTX-Therapie aus anderen Gründen nicht adäquat erscheint. Die Zulassung von Tocilizumab s.c. ermöglicht zudem ab sofort einen noch flexibleren Einsatz des IL-6-Rezeptorblockers im klinischen Alltag. m Literatur 1. Krüger K et al., Z Rheumatol 2012; 71(7): 592-603 2. Listing J et al., Arthritis Res Ther 2006; 8(3): R66 3. Dougados M et al., Ann Rheum Dis 2014; 73(5): 803 809 4. Gabay C et al., Lancet 2013; 381(9877):; 1541-1550 5. Aktuelle Fachinformation RoACTEMRA® s.c., April 2014 6. Burmester GR et al., Ann Rheum Dis 2014; 73(1): 69-74 Report mit freundlicher Unterstützung der Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG

Rheuma Management · Mai/Juni 2014


56 Psoriasis-Arthritis

Ustekinumab: Positive Bewertung des CHMP Das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der EMA hat eine positive Bewertung für die Aktualisierung der Fachinformation von Ustekinumab mit folgenden Inhalten erteilt: Verlangsamtes Voranschreiten struktureller Schäden, eine Verbesserung von Anzeichen und Symptomen, physischen Funktionen und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität über zwei Jahre bei Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA).

Basis der positiven Bewertung sind die Phase-III-Studien PSUMMIT 1 und 2, in denen eine Behandlung mit Ustekinumab (Stelara®) zu einem signifikanten Rückgang der Progression der Strukturschädigung im PsAmodifizierten vdH-S-Score bei erwachsenen Patienten mit aktiver PsA führte. Zudem wurde die klinische Wirksamkeit von Ustekinumab in Bezug auf die Verbesserung der Anzeichen und Symptome (ACR-Response), der physischen Funktion (PsARC-Ansprechen) und der gesundheitsbezogenen Verbesserung der Lebensqualität (HAQ-DI) bei PsA-Patienten über 100 Wochen (PSUMMIT 1) aufrechterhalten.

störung von Baseline zu Woche 24. Integrierte Analysen beider Studien zeigten, dass Patienten beider Ustekinumab-Dosis-Gruppen von Baseline bis Woche 24 signifikant weniger Gelenkzerstörung aufwiesen als die Placebo-Gruppe (Δ0,4 für beide UstekinumabGruppen, Δ1,0 bei Placebo; p<0,05). Dieser Effekt wurde überwiegend durch die PSUMMIT 1-Studie beeinflusst. Die Verlangsamung der Gelenkzerstörung blieb unter dem von der EMA im September vergangenen Jahres zur PsA-Therapie zugelassenen IL-12/23Rezeptorblocker Ustekinumab bis Woche 52 (integrierte Analyse) und 100 (PSUMMIT 1) bestehen. m

Der wichtigste sekundäre Endpunkt der PSUMMIT-1 und -2-Studien war die Veränderung der Gelenkzer-

Quelle: Pressemitteilung Janssen-Cilag GmbH, 14. April 2014

Juvenile Idiopathische Arthritis

Mit Etanercept verbesserte Lebensqualität Bei erstmals mit dem TNFα-Rezeptorfusionsprotein Etanercept in Monotherapie oder mit einem DMARD kombiniert behandelten Kindern mit JIA kam es in einer aktuellen Studie bereits in den ersten sechs Monaten zu einer signifikanten Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HrQoL). Das Erreichen einer möglichst hohen HrQoL gilt als ein vorrangiges Behandlungsziel.

Die prospektive Studie schloss 61 JIA-Patienten (mittleres Alter 10,6 Jahre, Krankheitsdauer 3,4 Jahre, PedsQL-Gesamtscore 75) aus dem deutschen BiKeRRegister ein, die nach Behandlungsbeginn mit Etanercept (Enbrel®) über zwölf Monate beobachtet wurden. Zuvor waren 95,1 % der Patienten mit mindestens einem DMARD ohne ausreichenden Erfolg behandelt worden. 78,7 % der Patienten litten unter funktionellen Einschränkungen. Neben den PedACR- und Labordaten wurde die Lebensqualität mit Hilfe des häufig verwendeten HrQoL-Instruments PedsQL festgehalten (Arthritis Care Res 2014; 66(2): 253-262). Bereits in den ersten sechs Monaten verbesserte sich die HrQoL im PedsQL-Gesamtscore bis zu einem Wert von 89,7 signifikant (p<0,001) und blieb bis zum Beobachtungsende auf dem gleichen Niveau. Auch in den Bereichen „physische Gesundheit“, „emotionales Rheuma Management · Mai/Juni 2014

Befinden“, „soziale Funktionsfähigkeit“ und „schulische Funktionsfähigkeit“ wurden jeweils signifikante Verbesserungen dokumentiert. Die schon in den ersten drei Monaten deutliche Besserung der HrQoL war mit einer niedrigeren Anzahl geschwollener Gelenke (p=0,045), einer geringeren Schmerzintensität (p=0,022) und weniger funktionellen Einschränkungen bei Baseline (p=0,003) assoziiert. Die HrQoL fiel bei Patienten, die Etanercept alleine erhalten hatten, etwas besser aus als bei den mit einer Kombinationstherapie (meist MTX) behandelten und folglich auch stärker erkrankten Patienten. Der Anteil der Kinder mit Kombinationstherapie sank binnen 12 Monaten auf 39 %, einhergehend mit einer deutlichen Verbesserung der klinischen Symptome unter Etanercept. m Quelle: Pressemitteilung Pfizer Deutschland GmbH, 7. Mai 2014


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Rheuma RheumaManagement Management· März/Apr. · Mai/Juni 2014


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Rheuma Management · März/Apr. 2014


Ausblick

Annual European Congress of Rheumatology Paris, France, 11-14 June 2014

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Annual European Congress of Rheumatology (EULAR) 2014 Lesen Sie in der nächsten Ausgabe alles Wissenswerte vom Kongress in Paris. Scientific Secretariat

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EULAR Secretariat Seestrasse 240 CH-8802 Kilchberg / Zurich Switzerland Phone +41 44 716 3030 Fax +41 44 716 3039 E-mail: eular@eular.org

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II. Quartal 2013

Jahrgang 6 · 3-2014 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.

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