Rheuma Management, Ausgabe Dez. 2014

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Nov./Dez. 2014

MANAGEMENT

Offizielles Mitteilungsorgan

ACR-Kongress 2014 Highlights aus Boston

Biosimilars in der Rheumatologie Chancen und Herausforderungen

Versorgungsstärkungsgesetz Die Probleme aus rheumatologischer Sicht

Gesundheitspolitik Aktuelle Entwicklungen im Ăœberblick


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3 Gesundheitspolitik der Bundesregierung

Rückblick 2014 – Vorausschau 2015 Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat die besten Startbedingungen, die bislang ein Bundesgesundheitsminister vorfand: Die Krankenkassen sitzen auf hohen Überschüssen und im Parlament kann er sich auf eine Zweidrittel-Mehrheit seiner Regierung stützen. Diese Gunst der Stunde will Minister Gröhe nutzen. Allein sechs Gesetzesvorhaben, die er im Jahre 2015 umsetzen will, hat er in 2014 vorbereitet.

Mit höchster Priorität wurde das Pflegestärkungsgesetz Teil I verabschiedet. Es wird am 1. Januar 2015 in Kraft treten. Danach wird der Beitragssatz zur Pflegeversicherung angehoben und die Leistungen insbesondere für demente, pflegebedürftige Menschen verbessert. Unter Fachleuten umstritten ist, ob die beabsichtigte Bildung eines Pflegevorsorgefonds von jährlich 1,2 Mrd. € Sinn macht. Für die Krankenkassen stellt die Flexibilisierung des Zusatzbeitrages der Versicherten, die im GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetzes (FQWG) festgelegt ist und ab 1. Januar 2015 in Kraft treten soll, eine große Herausforderung dar. Dies dürfte bei den Krankenkassen den Mut für innovative neue Versorgungsformen deutlich dämpfen, sehen doch alle für die Jahre nach 2015 Finanzierungsdefizite auf sich zukommen. Innovative Versorgungsverträge mit den Krankenkassen haben unter dieser Perspektive nur dann Chancen, wenn diese Verträge kurzfristig, am besten bereits im ersten Jahr, die entstehenden Anlaufkosten wieder einspielen. Die weitreichendsten Folgen für die niedergelassenen Ärzte enthält das Versorgungsstärkungsgesetz, das als Referentenentwurf bereits im Oktober 2014 mit den betroffenen Akteuren diskutiert wurde. Aus ärztlicher Sicht ist insbesondere die Forderung nach einer Befristung der Wartezeiten auf einen Facharzttermin kritisch zu sehen. Der hier sichtbare staatliche Dirigismus gipfelt in der Sollvorschrift für die KVen, Arztpraxen in überversorgten Gebieten aufzukaufen und zu schließen, um so junge Ärztinnen und Ärzte in unterversorgte Regionen zu lenken. Hier sehen die Kritiker ein Stück Verstaatlichung, während die Befürworter die Sollvorschrift gerne durch ein Muss-Gebot verschärft hätten. Der Minister bereitet noch zwei weitere Gesetzesvorhaben für das Jahr 2015 vor: nämlich ein Präventionsgesetz und ein Telematik-Gesetz. Im Präventionsgesetz, mit dem vor allem die Gesundheitsförderung intensiviert werden soll, werden die Krankenkassen verpflichtet, die Ausgaben von 2,74 € pro Versicherten auf 10 € aufzustocken. Verstärkt soll auch

Univ.-Prof. Dr. rer. pol. Günter Neubauer die betriebliche Gesundheitsförderung werden. Der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung soll die inhaltliche Federführung zugeordnet werden. Einmal mehr werden damit mit Steuern zu finanzierende Aufgaben auf die Beitragszahler verlagert. Auf Kritik stößt, dass Prävention durch Schutzimpfungen bislang nicht einbezogen ist. Ebenfalls für 2015 bereitet der Gesundheitsminister ein Telematikgesetz vor. Schwerpunkt soll die Schaffung einer telematischen Infrastruktur für die Gesundheitsversorgung sein. Dabei will er, nach eigener Aussage, die vielen Sicherheitsbedenken aus dem Weg räumen. Als ein letztes gesetzliches Vorhaben, und das dürfte auch das schwierigste werden, soll eine qualitätsorientierte Krankenhausreform kommen. Dazu wurde bereits im Frühjahr eine Bund-Länder-Kommission eingesetzt, die im Dezember ihre Ergebnisse vorstellen will. Schon heute ist vorherzusagen, dass die leidliche Unterfinanzierung der Krankenhäuser kaum eine befriedigende Lösung finden wird. Offen ist auch, wie das DRG-Entgeltsystem qualitätsorientiert umzugestalten ist. Hoffnungen, dass der Bundesfinanzminister für die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser unterstützend einspringt, könnten sich als trügerisch erweisen, da dieser einem ausgeglichenen Bundeshaushalt 2015 absolute Priorität einräumt und dazu sogar den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds bereits im Jahr 2014 um 1 Mrd. € gekürzt hat. m Univ.-Prof. Dr. rer. pol. Günter Neubauer IfG Institut für Gesundheitsökonomik, München

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


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Inhalt

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Versorgungsstärkungsgesetz: Probleme für Rheumatologen

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2

Rheumatoide Arthritis: Aktuelle Studien im Überblick ab 26

Berufsverband Deutscher Rheumatologen 8 Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz: „Versorgungsstärkung ohne die niedergelassenen Fachärzte?“ Dr. Edmund Edelmann

Arztrecht Der Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung – ein Einblick RA Anna Herzig

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Rheumatologische Fachassistenz Ein Rückblick auf das Jahr 2014 Ulrike Erstling

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Sie fragen – Experten antworten Thema: Zurückbehaltungsrecht RA Christian Koller

25

Kolumne „Berlin intern“ Die Richtgrößenprüfung wird entsorgt Dr. Erich Schröder

15

Frühe Rheumatoide Arthritis Strategien für effektive Remissionsinduktion

26

Rheumatoide Arthritis Therapiedeeskalation ist realistisches Ziel

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Rheumatoide Arthritis Update zu kardiovaskulären Risiken

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Rheumatoide Arthritis Neuer Biomarker für frühe RA-Stadien

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Systemischer Lupus erythematodes Atacicept in Phase-II mit Licht und Schatten

34

Biologika bei Rheumatoider Arthritis 18 RheumaDATA: teilnehmende Praxen gesucht! Dr. Peer M. Aries Biosimilare Antikörper Eine Herausforderung nicht nur in der Rheumatologie

20

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie 22 Biosimilars ja, aber unter kontrollierten Bedingungen


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Inhalt

Bildgebende Diagnostik: Der besondere Fall

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ANCA-assoziierte Vaskulitiden Vorteile für Rituximab bei Remissionserhalt

34

Bildgebende Diagnostik Der besondere Fall: Spondylosis hyperostotica

35

Osteoporose Neue Therapien auf dem Vormarsch ACR Scientific Meeting 2014 Neue Therapiestudien und ACR-Leitlinien vorgestellt Rheumatoide Arthritis Mit Treat-to-target zu geringerer Mortalität

ACR-Kongress 2014: Highlights aus Boston

ab 39

Ankylosierende Spondylitis IL-17A-Inhibitor überzeugt in zwei Phase-III-Studien

46

Spondylo- und Psoriasis-Arthritis Wichtige Studien vom ACR im Überblick

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36

Psoriasis-Arthritis Update zu bewährten und neuen Therapien

49

39

Psoriasis-Arthritis Neue Therapieoption am Horizont

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Systemische Sklerose Aktuelle Ergebnisse der FASScinate-Studie

53

Systemischer Lupus erythematodes Neue Therapieoptionen ante portas

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40

Rheumatoide Arthritis 41 Therapieabbau bei stabiler Remission möglich 42

Gichtarthritis Therapiechancen mit Canakinumab nutzen

57

Rheumatoide Arthritis Neue Biologika-Therapien im Fokus

44

Rheumatoide Arthritis Neue Erkenntnisse aus AVERT-Studie

58

Rheumatoide Arthritis Wichtige Studien vom ACR kurz beleuchtet

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45

Enthesitis-assoziierte Arthritis Adalimumab neu für Kinder ab sechs Jahren Impressum

63

Rheumatoide Arthritis Entwurf für ACR-Leitlinie 2015 zur Diskussion gestellt


Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz: „Versorgungsstärkung ohne die niedergelassenen Fachärzte?“ Hier steht eine Anzeige.

Der Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz ist vielfach von der Ärzteschaft, in erster Linie von den Facharztverbänden und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), sehr deutlich kritisiert worden.

Vor allem drei Themen der vorgesehenen Gesetzesänderung bewegen die vertragsärztlich tätige Ärzteschaft: – Im §103 des SGB V eine Änderung der bisherigen „kann“ in eine „soll“ Regelung, der die Zulassungsstellen bei Überversorgung (>110 % des festgelegten Bedarfs) zu einem Aufkauf und damit einer Stilllegung einer Praxis verpflichtet, wenn der Vertragsarzt seinen Praxissitz verkaufen möchte. – Die Einführung von Terminservicestellen, die bei Wartezeiten von mehr als vier Wochen einen Termin bei einem anderen niedergelassenen Arzt beschaffen sollen. Falls dies nicht gelingt, sollen Termine mit Ambulanzen, ggf. auch mit stationär tätigen Fachärzten ohne bisherige Zulassung zur ambulanten Versorgung vereinbart werden. – Die dauerhafte Beibehaltung der bisherigen Ambulanzen nach dem alten §116b, auch wenn die jeweilige indikationsbezogene Anlage der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) des neuen §116b fertiggestellt ist und eine Zulassung nach der ASV möglich ist.

Zum Thema Praxisaufkauf Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat mit der o.g. Änderung des §103 SGB V eine Empfehlung des Sachverständigenrates des Gesundheitswesens aufgegriffen und verschärft. Die Empfehlung des Sachverständigenrates war es, ab 200 % Überversorgung einen Praxisaufkauf regelhaft zu vollziehen. Der Grund für die Planung dieses massiven Eingriffes in die Freiberuflichkeit, in die Lebensplanung und in die Altersversorgung der niedergelassenen Ärzte ist das Ziel, Arztsitze in den angeblich überversorgten Ballungsgebieten abzubauen und damit einen Zustrom von Ärzten in unterversorgte ländliche Regionen zu fördern. Unverhältnismäßig ist dieser Eingriff in die Freiberuflichkeit vor allem auch wegen des erheblichen Abbaus fachärztlicher Kompetenz in der ambulan-

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ten Versorgung, der bei einer 1:1-Umsetzung droht. Eine Überversorgung von >110 % besteht vermutlich in allen Planungsbezirken der Facharztinternisten mit Schwerpunkt. Bundesweit müssten damit fast die Hälfte aller entsprechenden Facharztinternisten-Sitze abgebaut werden, bis wieder eine Praxis regulär an einen Interessenten verkauft werden kann. Es erfolgte zwar seit dem Jahre 2013 eine Neuordnung der Bedarfsplanung mit einer großräumigen Bedarfsplanung für die Gruppe der Facharztinternisten. Für uns Rheumatologen gibt es jedoch keine eigene Bedarfsplanung und an den seit dem Jahr 1993 bestehenden, willkürlich festgelegten, letztlich deutlich zu niedrigen Dr. med. Edmund Edelmann Bedarfszahlen hat sich nichts geändert. alle. Sie sind z.B. vom früheren BMG in einer Stellungnahme Aber werden die Zulassungsausschüsse überhaupt die- zu einer kleinen Anfrage zur rheumatologischen Versorgung ser gesetzlichen Vorgabe Folge leisten? Von Politikern akzeptiert worden. Es ist aber eher davon auszugehen, dass für der Koalition wird angeführt, dass diese Sollregelung ein die Zulassungsausschüsse nur die bestehenden, vom Gemeinstumpfes Schwert ist, und die Kassenärztliche Vereini- samen Bundesausschuss (G-BA) anerkannten Bedarfszahlen gung (KV) im Zulassungsausschuss Widerspruch einlegen relevant sind, und die gibt es nur für die gesamte Gruppe der kann, mit der Folge, dass der Praxisaufkauf dann nicht Facharztinternisten. stattfindet. Aber wenn davon ausgegangen wird, warum überhaupt diese Regelung? Des Weiteren: Sollte ein Praxisaufkauf durch die KV stattfinden, welcher Kaufpreis ist gerecht und mit welchem Kaufpreis ist zu Wie sicher können wir sein, dass die jeweilige KV einen rechnen? Von Seiten der KVen gibt es diesbezüglich Vorgaben, Widerspruch einlegt und sich damit nicht gesetzeskondie dem zweifachen des Umsatzes des letzten Quartals entform verhält? Und was folgt, wenn die Krankenkasse sprechen. Für die jeweilige KV wäre dies einfach zu rechnen, dagegen klagt und der Praxisverkauf vor das Sozialgeund für manche Arztpraxis, die keinen Nachfolger findet, vielricht geht? Letztlich ungeklärte Fragen, die noch nieleicht sogar ein Gewinn. Für die Mehrzahl der hochinvestiven mand zufriedenstellend zu beantworten vermag. Facharztpraxen mit einem ggf. höheren Privatpatientenanteil, wäre dies jedoch ein massiver Verlust. Der Zulassungsausschuss soll nach dem Referentenentwurf die besondere Versorgungssituation vor Ort bei sei- Ein getrennter Verkauf des privatärztlichen Anteils einer Arztner Entscheidung berücksichtigen. Nach dem Verständ- praxis dürfte nur in seltenen Fällen realisierbar sein und die nis namhafter Politiker der Koalition sollten die allseits Weiterführung einer alleinigen Privatpraxis wird für die Mehrbekannten Defizite in der rheumatologischen Versorgung zahl der vom Praxisaufkauf negativ betroffenen Ärzte ebenfalls Grund genug sein, dass die Zulassungsausschüsse von ei- keine tragbare und realistische Alternative sein. nem Praxisaufkauf absehen. Ein bisheriges BGH-Urteil, das, im Falle eines Praxisaufkaufes Doch können wir entsprechend der bisherigen Erfahrung durch die KV, die Berücksichtigung des Gesamtwertes einer in der Rheumatologie mit der sehr restriktiven Hand- Praxis einschließlich des privatärztlichen Anteils einfordert, habung von Sonderbedarfszulassungen wirklich damit dürfte eine wichtige Basis für künftige langdauernde Rechtsrechnen, dass die Zulassungsausschüsse angemessen die streitigkeiten mit der KV um den Praxiswert sein. rheumatologische Versorgung berücksichtigen? Eigentlich nein! Insgesamt ist zu befürchten, dass diese erhebliche Einschränkung der Freiberuflichkeit, die Aussicht, die in die eigene Praxis Die Bedarfszahlen des Memorandum der DGRh für eine getätigten Investitionen nicht mehr in ausreichender Form zuausreichende rheumatologische Versorgung kennen wir rückzuerhalten, die Ärzte künftig über alle Fachgebiete hinweg 


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davon abhalten wird, sich mit dem Gedanken an eine Niederlassung näher zu beschäftigen. Für die einen Praxiskauf finanzierenden Banken bedeutet die Gesetzgebung, insbesondere für größere investive Praxen, einen erheblichen Verlust an Sicherheiten. Diese sind u.a. im potenziellen Verkaufswert einer Praxis begründet, und wer kann schon abschätzen, wie sich die Bedarfsplanung in zehn bis 20 Jahren entwickeln wird. Die Diskussion, inwieweit mit dieser Regelung die Versorgung in ländlichen Gebieten gestärkt würde, braucht eigentlich nicht mehr geführt zu werden. Es ist leider nicht abwegig bei diesem Szenario zu befürchten, dass die Bereitschaft das Risiko einer Niederlassung überhaupt einzugehen, noch deutlich stärker zurückgehen wird, als dies in den letzten Jahren bereits zu beobachten war. Sollte dieser Teil des Referentenentwurfes realisiert werden, gibt es zumindest für die Rheumatologie eine Chance, einem für die Versorgung desolaten Abbau von fachärztlichen Praxen zu entgehen?

nung, dass die im Referentenentwurf vorgesehenen Terminservicestellen überflüssig sind. Fast jeder Patient bekommt bei einem Notfall einen raschen und unmittelbaren Zugang zu einem Facharzt, allerdings vielleicht nicht immer zum Facharzt seiner Wahl. Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit den Wartezeiten gut da. Das geht aus dem „International Health Policy Survey 2014" hervor, den der amerikanische Commonwealth Fund herausgibt und den die Ärztezeitung zitierte: „80 % der befragten Deutschen bekommen demnach binnen zwei Tagen einen Termin beim Hausarzt. Mit diesem Wert liegt Deutschland gemeinsam mit Frankreich und Neuseeland an der Spitze der untersuchten elf Industrieländer. In den USA und in Schweden kam nur jeder Zweite so schnell zum Zuge. Ähnlich ist das Bild bei den Fachärzten: 60 % der Befragten hatten binnen vier Wochen einen Termin. Nur in den Niederlanden ging es etwas schneller.“ Vermutlich wird erst die Regelung zum Praxisaufkauf die Errichtung der Terminservicestellen versorgungspolitisch bedeutsam machen. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt.

Ja, dies ist allerdings an zwei Voraussetzungen gebunden: – die künftige ASV für schwere Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen müsste – analog den bereits bestehenden §116b-Ambulanzen – einen Großteil der rheumatologischen Versorgung und damit des Tätigkeitsbereiches der internistischen Rheumatologen abdecken. – Wir benötigen eine eigene Bedarfsplanung für Rheumatologen. Die magische Zahl des SGB V von 1.000 Ärzten für eine eigene Bedarfsplanung haben wir Ende des Jahres 2013 überschritten. Unter einer überwiegend über die ASV stattfindenden Leistungsabrechnung wären für uns auch die hermetisch abgeschlossenen Fachgruppentöpfe der regionalen KVen nicht mehr ein Hindernis für eine eigene Bedarfsplanung. Der Leistungsumfang eines neuen Praxissitzes müsste nicht mehr von den Rheumatologen im System bezahlt werden. Das Leistungs-, das Fallzahl- und damit das Morbiditätsrisiko würde nicht mehr von den Rheumatologen, sondern von den Krankenkassen getragen werden.

In der Rheumatologie werden diese Servicestellen keine relevante Verkürzung von Wartezeiten erreichen. Die Wartezeiten in den Rheuma-Ambulanzen, dies zeigen der Alltag und ältere Daten des Zuweiserprojektes aus dem Jahre 2008, sind keinesfalls kürzer als in den Praxen. Das BMG wäre gut beraten, auf beides, auf eine Änderung des §103 und auf die Terminservicestellen zu verzichten. Die Lösung für eine raschere Terminvergabe, für vermehrte Niederlassungen in ländlichen Regionen und gegen den drohenden Haus- und Fachärztemangel wäre ein kontinuierlicher Abbau der vielfältigen Budgetierungen und Restriktionen des Gesundheitswesens, sowohl in der Praxis als auch in der Klinik.

Zum Thema dauerhafte Beibehaltung von Ambulanzen nach dem §116b alt

Zum Thema Terminservicestellen

Dies ist ein negativ besetztes Thema, vor allem für die Onkologie. Im alten §116b ist die Erfordernis zur Kooperation der onkologischen Ambulanzen mit niedergelassenen Onkologen nicht vorgesehen.

Ebenso wie z.B. die Fachgruppe der Rheumatologen sind auch die Bundesärztekammer (BÄK) und die KBV der Mei-

Es kann nicht von gleich langen Spießen zwischen der Versorgung durch Klinikambulanzen nach dem alten §116b

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und der künftigen ASV-Versorgung durch Niedergelassene ausgegangen werden, die ja mit dem neuen §116b, mit der ASV hergestellt werden sollten. Es finden sich im alten §116b im Gegensatz zur ASV keine Leistungsbegrenzungen durch einen Ziffernkranz von EBM-Leistungen, die ausschließlich abgerechnet werden dürfen. In der rheumatologischen Versorgung sind die etwa 43 §116b-Ambulanzen willkommen und stellen mitnichten eine Konkurrenz dar. Sollte der Referentenentwurf zu den Altambulanzen nach §116b nicht geändert werden, würde dies unsere Argumentation für eine möglichst umfängliche ASV-Versorgung in der Rheumatologie stützen. Ansonsten stellt dies einen Systembruch dar. Vielleicht fällt dem BMG eine geeignetere Lösung ein, um die Bänke im G-BA daran zu hindern, die ASV nur für moribunde Patienten auszugestalten.

Was bietet der Referentenentwurf an weiteren Änderungen? §73c (Besondere ärztliche Versorgung) und §73a (Strukturverträge) werden gestrichen und in den neuen §140a (Integrierte Versorgung) überführt. Im §140a sollen künftig auch die KVen im Gegensatz zur bisherigen Gesetzgebung beteiligt werden können (analog dem bisherigen §73a). Inwieweit diese Änderungen des §140a positive oder negative Auswirkungen auf die Etablierung von Selektivverträgen haben werden, lässt sich derzeit schwer beurteilen. In der Rheumatologie stehen wir für einen kooperativen Ansatz, d.h. eine möglichst qualitätsorientierte Zusammenarbeit zwischen den Haus- und Fachärzten und den Kliniken. Die Ausweitung des §140a und der geforderte Nachweis einer Wirtschaftlichkeit erst nach vier Jahren, ist für uns kein Nachteil. Wünschenswert wäre allerdings eine Förderung von Verträgen nach §140a z.B. über Mehrentnahmen aus dem

Gesundheitsfonds. Dies könnte den Krankenkassen den Abschluss von entsprechenden Versorgungsverträgen erheblich erleichtern. Eine Gründung von MVZ soll auch fachgruppengleich und nicht nur ausschließlich fachgruppenübergreifend möglich werden. Dies kann ein Vorteil auch für uns Rheumatologen sein. Die verpflichtende Förderung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin ist für dieses Fachgebiet, das durch einen zunehmenden Mangel an weiterbildungswilligen Ärzten mittelfristig in seinen Versorgungsaufgaben gefährdet ist, erfreulich. Aber auch im Facharztbereich, so in der Rheumatologie, bestehen Versorgungsdefizite, die über eine Förderung der Weiterbildung (im ambulanten und stationären Bereich) angegangen werden können und sollten. Eine alleinige Förderung der Allgemeinmedizin ist einäugig und übersieht, dass bei einer Vielzahl von chronischen Erkrankungen die Diagnostik und Behandlung überwiegend in den Händen der Fachärzte liegt und dass ohne die Kooperation mit den Fachärzten der hausärztlichen Versorgung in weiten Bereichen die fachliche Grundlage entzogen würde.

Resümee Ein Versorgungsstärkungsgesetz, das diesen Namen verdient, würde die Milliarden, die derzeit auf den Banken der Krankenkassen und des Gesundheitsfonds ruhen, in die Versorgung überführen, und damit versorgungshemmende Budgetierungen im ambulanten Bereich beseitigen und dringend notwendige, seit Jahren nicht mehr erfolgende Investitionen in den Kliniken ermöglichen.

Dr. med. Edmund Edelmann 1. Vorsitzender des BDRh


12 Rheumatologische Fachassistenz

Ein Rückblick auf das Jahr 2014 Bewegung in der Versorgungssituation und Stärkung der Position als Rheumatologische Fachassistenz Mehrwert und Leistungsposition in gesonderten Verträgen außerhalb des KV-Dschungels

Am 16. Mai 2014 fand im Rahmen des BDRh-Kongresses in Berlin der dritte Fortbildungsnachmittag für Rheumatologische Fachkräfte statt. Die Themenpalette erstreckte sich von interdisziplinären Informationen aus der Dermatologie, über Ausführungen zur Therapietreue und der damit verbundenen Ansprechrate unter dem Gesichtspunkt „der Patient als Partner“, bis hin zum anspruchsvollen Vortrag „Blickdiagnose und Kolibris in der Rheumatologie“. Vierzig begeisterte Teilnehmer beteiligten sich aktiv und beeindruckten vor allem Herrn Prof. Dr. Wolfgang Schmidt aus Berlin. Gleich nach ersten Erläuterungen und Fotos zu den einzelnen Krankheitsbildern erfolgte eine korrekte Diagnosestellung aus dem Publikum.

Fortbildungen auf dem BDRh- und DGRh-Kongress Der DGRh-Kongress war in diesem Jahr zu Gast in Düsseldorf, der Landeshauptstadt von NordrheinWestfalen. Mehr als 80 Rheumatologische Studienund Fachassistenten (RFAs) besuchten bei strahlendem Spätsommerwetter das zweitägige Fortbildungstreffen, welches zum 13. Mal ausgerichtet wurde. Schwerpunktthemen in diesem Jahr waren unter anderem „Sexualität und Rheuma“, „Veränderungen durch die letzte AMG-Novelle“, „EKG – Funktion, Anwendung und richtig deuten“ und ein Bericht über das „Tätigkeitsfeld des Rheumatology Nurse Spezialist in den Niederlanden“. Die stetig steigende Teilnehmerzahl bestärkt das Organisationsteam erneut in seinem Handeln. Laut aktueller Statistik der Rheumaakademie über die Anzahl der Absolventen der Grundkurse zur Rheumatologischen Fachassistenz DGRh/BDRh wird die magische Zahl 1.000 bis Ende 2014 nicht erreicht. Dennoch kann die Berufsgruppe die stolze Zahl von 994 zertifizierten Rheumatologischen Fachkräften vorweisen. Seit 2006 fanden 30 „FASS-Grundkurse“ in 14 Städten statt, „Refresher- und Update“-Kurse besuchten in acht Städten 245 Teilnehmer, in dem Kurs „Praktische Rheumatologie in Klinik und Praxis“ erweiterten 90 RFAs ihr Wissen in drei Städten und den SchnupRheuma Management · Nov./Dez. 2014

perkurs „Rheumatologie zum Kennenlernen" absolvierten 52 MFAs. Es ist erfreulich zu erfahren, dass die Weiterqualifikationsmaßnahmen eine neue Beachtung finden. Seit September 2013 gibt es tariflich honorierte Karrierewege der MFAs, was Ulrike Erstling vor noch nicht allzu langer Zeit undenkbar gewesen wäre. Eine veränderte Tarifstruktur im MFA-Gehaltstarifvertrag wertet die qualifizierten Tätigkeiten der Medizinischen Fachangestellten auf. Gemessen an Fortbildungsmaßnahmen, Berufserfahrung, selbständiger Arbeit, leitungs- und führungsbezogenen Handlungen erfolgt eine Eingruppierung in die gestaffelten Tätigkeitsgruppen I bis VI. Die curriculäre Qualifikation zur Rheumatologischen Fachassistenz DGRh/BDRh orientiert sich an den Weiterbildungsrichtlinien der Bundesärztekammer, welche derzeit noch nicht alle Voraussetzungen für die Anrechnung des Wahlfach-Moduls zur Erlangung der „Fachwirtin für ambulante medizinische Versorgung/ Arztfachhelferin“ gemäß §54 BBiG erfüllt.

Bessere Strukturen auf den Weg gebracht Die Weiterentwicklung mit der Substanzvielfalt in der Versorgung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen erfordert bei gleichzeitigem Rückgang der fachärztlichen Ressourcen den Mehreinsatz von nicht-ärztlichen Assistenzkräften. Diese Veränderung der effektiven Zusammenarbeit, mit dem Resultat einer adäquaten Behandlung und einem zeiteinsparenden Effekt für die Ärzte, wird gelebt. Die Rheumatologische Fachassistenz erfährt Wertschätzung. Die fachkompetente Betreuung ver-


13 bessert die Patienten-Compliance und erhöht somit den Therapieerfolg. Diese Aufgaben finden in bisher zwei gesonderten Verträgen eine Berücksichtigung in der Vergütung, die neben der Arzthonorierung über die KVen und privaten Leistungsträgern durch Vergütungsmodelle von unterschiedlichen Partnern möglich ist. Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz bietet seit April 2007 die Entwicklung und Nutzung neuer Versorgungsstrategien, die strukturell und qualitativ auf die Bedürfnisse von Rheumapatienten abgestimmt werden können, und das nicht zum Nachteil der Versorgungsteams in Klinik und Praxen. KVen und Krankenkassen können in Strukturverträgen Versorgungs- und Vergütungsmodelle vereinbaren, die z.B. dem Hausarzt die Verantwortung für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Versorgung übertragen.

Strukturverträge zur Ambulanten und Integrierten Versorgung Am 1. Januar 2011 trat der Strukturvertrag gem. §73 a SGB V zur Förderung der ambulanten medizinischen Versorgung auf dem Gebiet der Rheumatologie zwischen der KV Brandenburg und der AOK Nordost in Kraft. Hier erhält das Berufsbild „Rheumatologische Fachassistenz“ erstmals eine vertraglich geregelte Abrechnungsleistung von 10 Euro, einmal im Behandlungsfall, je teilnehmendem Patienten, für die Durchführung definierter Arbeitsleistungen: – Führung des Rheumapasses – Erfassung von Aktivitäts- und Funktionsscores – Dokumentation der Krankheitsaktivität sowie Auswertung der IRES (Indikatoren des REha-Status)Fragebögen – Kontrolle der Medikamenteneinnahme – Terminmanagement – Dokumentation des Krankheitsverlaufs sowie – ggf. Durchführung der Strukturierten Patienteninformation „StruPI“. Eine andere Vereinbarungsart ist die „Integrierte Versorgung" (IV). Sie wurde für die vertragliche Vernetzung von einzelnen Leistungssektoren konzipiert. Die Ausrichtung ist hierbei patientenorientiert und sieht eine interdisziplinär-fachübergreifende medizinische Versorgung in enger Kooperation unterschiedlicher Vertragspartner (z.B. Hausärzte, Fachärzte, ärztliche und nichtärztliche Leistungserbringer, Krankenhäuser, MVZ, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Arztnetzwerke oder Pflegeeinrichtungen) vor. Die Teilnahme der Versicherten an den IV-Verträgen ist freiwillig. Die im Rahmen von IV-Verträgen erbrachten Leistungen werden außerhalb der Arzt-Gesamtvergütung honoriert.

Versorgungslandschaft Rheuma Seit dem 1.Oktober 2014 ist der Vertrag zur Integrierten Versorgung Rheuma nach §§140a ff SGB V (IV-Vertrag Rheuma) mit der Techniker Krankenkasse im KV-Bereich Bayern und Nordrhein versorgungsund vergütungswirksam. Die Versorgungslandschaft Rheuma GmbH (ein gemeinsames Unternehmen des BDRh und der Pro Versorgung AG) hat dieses kooperative Abkommen entwickelt und durchgesetzt. Die Gestaltung zielt auf eine ganzheitliche und qualitativ hochwertige Betreuung, sowie auf eine Behandlung mittels konkret strukturierten Behandlungspfaden ab. Regelmäßige Kontrollen, angepasst an die Bedürfnisse der Patienten, unter Einbeziehung vereinbarter Zielwerte, mit dem Patient als Partner. Drei Versorgungsebenen durch HzV-Hausarzt, Facharzt und ggf. Krankenhaus ermöglichen eine koordinierte und effiziente Zusammenarbeit in Bezug auf die Frühsprechstunde, Behandlung von rheumatologischen Notfällen, Auftreten von Komorbiditäten, regelmäßiger Therapieüberwachung und nicht zuletzt der Verständigung im Transitionsprozess. Weitere Faktoren zur besseren Patientenversorgung, die zum Teil noch keine Leistungsziffern bekleidet haben oder geringer honoriert werden, seien hier genannt: – keine Budgetierung von Leistungen und Fallzahlen, die Anstellung von Assistenzärzten könnte wieder rentabel werden – höhere Vergütung von bestehenden bisherigen ärztlichen Leistungen – Laborleistung ohne Quotierung – Power-Doppler – gezielte Zuweisung mit qualifiziertem Arztbrief vom HzV-Hausarzt – Eingangsdiagnostik zur Abklärung – Kurzfristige Terminvergabe für Patienten mit hoher Krankheitsaktivität/Komplikationen – Dokumentation von Krankheitsaktivität und Funktionskapazität – Strukturierte Patientenschulung – Zusätzlicher Betreuungsaufwand aufgrund von Folge- und Begleiterkrankungen – Transitionsprozess – Arzneimittelmanagement – Infusionsleistung – Qualifizierte Patientenbetreuung durch die Rheumatologische Fachassistenz. Für den letzten Punkt wurde eine abrechnungsfähige Leistung von 5 €, einmal im Quartal pro teilnehmendem Patienten, festgelegt. Die Einbindung eines zweiten fachkompetenten Ansprechpartners unterstützt  Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


14 die Langzeittherapiekontrollen, die Dokumentation und die Kommunikation der interdisziplinären Schnittstellen.

Ausblick in die Zukunft Geldlich ist, aus Sichtweise der Rheumatologischen Fachassistenz, zunächst eine eher geringe leistungsgerechte Vergütung für den individuellen Aufwand von betreuungsintensiven Patienten erkennbar. Hier sollte der Beginn einer möglichen Verbesserung als Gesamtes gesehen werden, es ist ein Anfang. Die Leistungen der Berufsgruppe Rheumatologische Fachassistenz wurden integriert und finden Berücksichtigung in der finanziellen Honorierungsstruktur. Erhalten die Fachärzte durch die Teilnahme an gesonderten Verträgen, deren Anforderungen effektiv in die bestehenden Praxisabläufe implementiert werden können, eine attraktive Mehrvergütung, sind Bonuszahlungen für die Assistenzkräfte vielleicht individuell verhandelbar. Die Zukunft einer besseren, zielführenden Patientenversorgung ist eine Herausforderung. Die medizinischen Ansprüche und Erwartungen zeigen sich so-

wohl bei den Medizinern, den MFAs/RFAs, als auch bei den Patienten. Der Weg zum Umdenken und Handeln im Sinne der Versorgungssituation, unter Berücksichtigung berufspolitischer Möglichkeiten im Gesundheitswesen, wurde beschritten. Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung weiter geht und die bestehenden und neu hinzugekommenen Verträge gelebt werden. Die Chancen sollten kommuniziert und ergriffen werden, bevor sie sich wieder in Luft auflösen. m

Ulrike Erstling 1. Vorsitzende Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V. Geschäftsstelle: c/o Ulrike Erstling Dombach-Sander-Str. 87a 51465 Bergisch Gladbach Tel.: 0221/20431356 Mobil: 0176/84070559 www.forum-rheumanum.de

Patientenservice

Den Alltag trotz Rheuma

bewältigen

Hilfen für Rheumapatie nten ltigen zur Rückkehr ins Berufs Den Rheuma bewä Den Alltag trotz leben Alltag tro tz Rheum a bewälti umapatienten gen Hilfen für n, Hilfen für Rhe Krankenkasse Rheu im Umgang mit n ein e Rehabil mapatienten en und Behörde , itation Versicherung zu erha lten

Henrike Korn, Rechtsanwältin für Medizin- und Sozialrecht rt Norbert Bausche n Dr. Edmund Edelman Christine Vetter

Meike Scho eler Dr. med . Alex Höfte r

Broschürenreihe „Den Alltag trotz Rheuma bewältigen“ Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten von Patienten mit Rheuma haben sich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten erheblich verbessert. Dennoch werden Patienten mit vielen, in ihrer Erkrankung begründeten Problemen im Alltag konfrontiert, die die medizinische Versorgung, aber auch das private, das soziale und das berufliche Umfeld betreffen.

Drei Broschüren, die von Chugai Pharma mit dem BDRh zusammen erarbeitet wurden, wollen Antworten auf solche Fragen und Tipps für den Weg durch das Labyrinth von Gesetzen und Vorschriften geben. Hier Beispiele einiger Fragen, die in den Broschüren behandelt werden: – Welche Kosten übernehmen die Krankenkassen? – Wo beantrage ich Hilfsmittel? – Wie kann die Zeit der Krankheit wirtschaftlich über brückt werden? – Welche finanziellen Hilfen gibt es, wenn eine dau erhafte Erwerbsunfähigkeit droht? – Welche Rehabilitationsleistungen stehen dem Be troffenen zu? – Welche Unterstützung gibt es, um an den Arbeits platz oder in das Berufsleben zurückzukehren? m Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Die drei Broschüren mit den Titeln: – „Hilfen für Rheumapatienten im Umgang mit Krankenkassen, Versicherungen und Behörden“ – „Hilfen für Rheumapatienten zur Rückkehr ins Berufsleben“ – „Hilfen für Rheumapatienten, eine Rehabilita tion zu erhalten“ können für die Abgabe an Patienten bestellt werden bei: Chugai Pharma Marketing Ltd. Frau Alexandra Gichia Lyoner Str. 15, 60528 Frankfurt/M. Fax: 069/66300050 E-Mail: a.gichia@chugaipharma.de


15 Kolumne „Berlin intern“

Die Richtgrößenprüfung wird entsorgt Sang- und klanglos, geradezu heimlich verschwindet mit dem Versorgungsstärkungsgesetz die Richtgrößenprüfung für ärztliche Verordnungen aus dem Sozialgesetzbuch. Dabei ist dies eine gute Nachricht: Hier wird endlich ein starkes Stück Rechtsmüll entsorgt, das schon lange auf den Abfallhaufen eines Rechtsstaates gehört.

Etwa 2004, in der Ära einer Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, entstand die Idee der Richtgrößenprüfung, geboren also mutmaßlich im damaligen AOK-Bundesverband. Die bis dahin geltende Prüfung nach Durchschnittswerten wurde somit erheblich verschärft. Die Durchschnittswerte der eigenen Fachgruppe durfte man noch straffrei um etwa 50 % überschreiten. Bei den – meist noch niedrigeren – Richtgrößen erfolgte dagegen ein Prüfverfahren bereits ab einer Überschreitung um 15 %. Dabei sind beide Prüfungstypen eine intellektuelllogische und statistische Zumutung, die auch dem Wesen des Arztberufes keinesfalls gerecht wird.

Interpretationen und Auslegungen. Das dafür erforderliche nachträgliche Anfertigen eigener Praxisstatistiken war sehr zeitraubend und blieb gleichwohl oft erfolglos.

Sozialgerichten aller Instanzen, anhand konkreter Einzelfälle immer wieder angerufen diesen Unsinn zu beenden, fehlte dazu offenbar der Mumm. Pflaumenweich ignorierte man die offensichtlichen Mängel und Ungerechtigkeiten dieses Verfahrens unter dem wolkigen Deckmantel eines höheren Rechtsgutes der bezahlbaren Gesundheitsversorgung. Ungerecht? Auch angesehene Medizinrechtler bewerteten es als perfide, Ärzten, die von einer Die Vielfalt in der Variation von Verordnung keinerlei Vorteile haKrankheitsbildern und die wunben, die Kosten der Verordnung derbare Individualität der Patizu Lasten des Ertrags anderer enten einer Arztpraxis wurden Leistungen in Rechnung zu stelkurzerhand in ein rechnerisches len. Gatter aus Quartalen und RichtDr. med. Erich Schröder größen gezwängt. Ärzten, die Arzt und Journalist, Geschäftsführer der Eine ewige Dunkelziffer bleibt die genannten Toleranzgrenzen Gesundheitspolitik.de Verlagsgesellschaft wohl die Zahl der Patienten, deder resultierenden „Budgets“ mbH und des Kollegiums Medizin und nen Ärzte aus Regressangst die überschritten, wurde a priori eine Recht sowie Gastwissenschaftler an der Verordnung wesentlicher Mediunwirtschaftliche VerordnungsCharité Universitätsmedizin Berlin. kamente verweigert haben. Aus weise unterstellt. Die hierbei aufmeiner eigenen Erfahrung als Retretenden Varianzen verschiedener Behandlungsnotwendigkeiten, eingebuttert auf das gressberater mit Kontakt zu einigen Tausend betroffenen Gleichmaß der Richtgröße, ließen jeden Statistiker gru- Ärzten kann ich nur vermuten, dass die Zahl beträchtlich und der daraus entstandene Schaden für die Patienten seln. nicht unerheblich ist. Vollends grotesk wurden diese PrüNicht so die – meist ökonomisch oder juristisch gebilde- fungen durch ihre eigene Unwirtschaftlichkeit. Sie kosteten – Vollstrecker in den Prüfgremien. Ungerührt verwie- ten Krankenkassen und KVen erheblich mehr als sie durch sen diese auf die Beweislast des Arztes zur Vermeidung ihre Regresse jemals „eingespielt“ haben. eines folgenden Regresses. Wie es denn gehen soll, bei Tausend Patienten eines Quartals vor zwei Jahren nach- Gröhe sei Dank, dass diese Posse nun beendet wird. Aber träglich die Wirtschaftlichkeit zu beweisen, blieb unge- so ganz mochten sich Politik und Kassen dann doch nicht löst. Der flugs konstruierte Rechtsbegriff der Praxisbeson- von ihrem Prüfinstrument trennen – die Prüfmodalitäten derheit ist nirgendwo verbindlich definiert und unterlag können nun auf regionaler Ebene zwischen Krankenkasm in der Folge einer breiten Vielfalt willkürlicher bis kurioser sen und KV vereinbart werden.

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


16 Dachverband Osteologie

S3-Leitlinie Osteoporose verabschiedet Nach langem Warten ist die aktualisierte S3-Leitlinie 2014 des Dachverbandes Osteologie (DVO) zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Männern ab dem 60. Lebensjahr und bei postmenopausalen Frauen am 13. November verabschiedet worden.

Der Leitlinie 2014 liegen systematische Literaturrecherchen bis zum 31. Oktober 2013 und ein interdisziplinärer Konsensus-Prozess zugrunde. Im Vergleich zum im Frühjahr kurz vor der DVO-Tagung in München online zur Diskussion gestellten Entwurf ergaben sich kaum noch relevante Änderungen; die Kurz- und Langversion sowie ein Kitteltaschenformat können unter www.dv-osteologie.org als PDF abgerufen werden. m Quelle: Pressemitteilung Dachverband Osteologie (DVO), 18. November 2014

16.-17. Januar 2015, Grainau 40. Garmisch-Partenkirchner Symposium für Kinder- und Jugendrheumatologie Fachliche Leitung: Prof. Dr. Johannes-Peter Haas

16.-18. April 2015, Dresden 10. Intensivkurs Psoriasis und Psoriasis-Arthritis Fachliche Leitung: Dr. Leonore Unger, Prof. Dr. Hubert Nüßlein, Prof. Dr. Uwe Wollina

17. Januar 2015, Frankfurt/Oder Kapillarmikroskopie I Fachliche Leitung: Dr. Oliver Sander

24.-25. April 2015, Berlin 10. Kongress des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen Fachliche Leitung: Dr. Edmund Edelmann, Prof. Dr. Jörn Kekow

Termine für Rheumatologen in 2015

31. Januar – 1. Februar 2015, München Rheumatologische Fachassistenz Refreshund Updatekurs Fachliche Leitung: Prof. Dr. Peter M. Kern, Dr. Stefan Kleinert, Prof. Dr. Klaus Krüger, Dr. Florian Schuch u. a. 28. Februar 2015, Berlin Treffpunkt Rheumatologie Fachliche Leitung: Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle 6.-7. März 2015, Wiesbaden Rheuma Update 2015 Fachliche Leitung: Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Prof. Dr. Bernhard Manger 12.-14. März 2015, Sorrent (Italien) International Congress on Controversies in Rheumatology & Autoimmunity Fachliche Leitung: Prof. Dr. Andrea Doria, Dr. Piercarlo Sarzi-Puttini, Prof. Dr. Zoltan Szekanecz 12.-14. März 2015, Berlin Osteologie-Kongress 2015 Fachliche Leitung: Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Prof. Dr. Ingo J. Diel

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10.-13. Juni 2015, Rom (Italien) EULAR Annual European Congress of Rheumatology Fachliche Leitung: Prof. Dr. Maurizio Cutolo u. a. 1.-4. Juli 2015, Potsdam 16. Rheumatologische Sommerakademie Fachliche Leitung: Prof. Dr. Ina Kötter, Dr. Johannes Mattar 2.-5. September 2015, Bremen 43. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie Fachliche Leitung: Prof. Dr. Jens Gert Kuipers, Dr. Ingo Arnold, Prof. Dr. Hans-Iko Huppertz 23.-26. September 2015, Haigerloch 17. Rheumatologische Sommerakademie Fachliche Leitung: Prof. Dr. Ina Kötter, Dr. Johannes Mattar 6.-11. November, San Francisco (USA) ACR/ARHP Annual Meeting Fachliche Leitung: N.N.


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18 Biologika bei Rheumatoider Arthritis

RheumaDATA: teilnehmende Praxen gesucht! RheumaDATA e.V. ist ein digitales Biologika-Register für internistisch-rheumatologische Praxen mit dem Fokus auf Patienten mit Rheumatoider Arthritis und Biologika-Therapie

Nicht erst, aber besonders deutlich, kam es in den letzten Jahren durch die Verfahrensabläufe des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Vorschein, dass die bisher verwendeten zusammengesetzten Endpunkte (Effektivitätskriterien des ACR, DAS) aus Sicht des IQWiG nicht alleine ausreichend für die Nutzenbewertung der Biologika-Therapien sind.

Erfassung von PROs gewinnt immer mehr an Bedeutung Daten wie „patient-reported outcomes“ (PRO) liegen für die meisten Biologika-Therapien nur unzureichend vor, weshalb die Industrie angehalten wurde, entsprechende Daten zu generieren, um damit in Zukunft den Nachweis des Zusatznutzens im Vergleich zu einer sog. zweckmäßigen Vergleichstherapie besser führen zu können. In einem lesenswerten Beitrag von Herrn Professor Raspe, Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck, wurde speziell für die Rheumatoide Arthritis auf die Notwendigkeit der differenzierte Diskussion zum Zusammenhang von PRO und traditionellen Endpunkten hingewiesen.*

Abb.: Das RheumaDATA-Gründungsteam; von li. nach re. Dres. Volberg, Braner, Aries, Wassenberg, Neuwirth, Amberger, Fliedner keit und entsprechenden Einzelhonorierung durch das herstellende pharmazeutische Unternehmen führt zu einer immer weiter schwindenden Motivation zur Teilnahme an den NIS. Außerdem wünschen sich viele Rheumatologen mehr Beteiligung und Rückmeldung bezüglich der Auswertung der Studien- und Registerdaten. Viele NIS oder Register werden deshalb schon jetzt vermehrt in Ambulanzen an Krankenhäusern oder universitären Einrichtungen durchgeführt und spiegeln immer weniger die tatsächliche Situation der internistisch-rheumatologischen Versorgung in den Praxen wider.

Auf der Seite der niedergelassenen Rheumatologen besteht zudem eine gewisse Unzufriedenheit über die aktuelle Situation der Nicht-interventionellen Studien (NIS) und der Teilnahme an Registern. Unter anderem auch die Sorge über die im öffentlichen Fokus stehende Verkettung von der Verschreibung eines Pharmazieproduktes, dessen Dokumentation der Wirksam-

Die genannten Punkte motivierten zu einer Initiative, die hier vorgestellt und für die unter den niedergelassenen internistischen Rheumatologen zur Teilnahme

Abb. 1: Ablauf der RheumaDATA Datenerhebung, Datenversendung und Datenauswertung

Abb. 2: Bedienungsoberfläche der RheumaDATA App

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RheumaDATA: Ziele und Ablauf


19 geworben werden soll. In diesem Jahr wurde der gemeinnützige Verein RheumaDATA e.V. gegründet (siehe auch: www.rheumadata.com). Ziel des Vereins soll die Darstellung der nationalen Versorgung („real world data“) in internistisch-rheumatologischen Praxen sein, Fokus bei dem initialen Projekt ist die Biologika-Therapie bei der Rheumatoiden Arthritis. Der Ablauf in der Praxis ist übersichtlich: jeder Biologika-Patient soll bei seinem Routinebesuch in der Praxis (maximal 1x/Quartal) einen Fragebogen mit dem Fokus auf die PROs ausfüllen. In Zusammenarbeit unter anderem mit Frau Dr. Rieke Alten, Mitglied der Arbeitsgruppe der PROs in OMERACT, wurde ein standardisierter Patientenbogen mit evaluierten Fragen zu den Themen Krankheitsaktivität, diverse Kategorien zur Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und Lebensstil konzipiert. Zudem wird die aktuelle Medikation dokumentiert, während Nebenwirkungen oder arztabhängige Beurteilungen der Krankheitsaktivität bewusst nicht integriert wurden.

Wie werden die Daten in RheumaDATA erfasst? Die Erhebung der Daten erfolgt über eine Applikation (App) auf dem iPad, das den teilnehmenden Praxen inklusive einer Internet- bzw. G3-Verbindung kostenlos zur Verfügung gestellt wird (Abb. 1 und 2). Eine Übersendung der eingegeben Daten erfolgt alle 15 Minuten auf einen dedizierten Server (eine Praxis – ein Server) in Deutschland. Die digitale Datenerhebung ist patientenfreundlich konzipiert und hat unterschiedliche interne Funktionen, die die Datenqualität erhöhen und somit die Daten tagesaktuell digital verfügbar machen. Die Auswertung der Daten soll Aufschluss über die rheumatologische Versorgungsrealität in Deutschland geben, weshalb eine ausgeglichene geografische Verteilung von bis zu 50 Praxen angestrebt wird. Eine wissenschaftliche Aufbereitung der Daten erfolgt mithilfe von Statistikern und soll im Namen der an Rheuma DATA e.V. teilnehmenden Kollegen der Öffentlichkeit (Kongresse, Krankenkassen, Medien, Rheuma-Liga) zugänglich gemacht werden. Es ist nicht das Ziel, eine Art Benchmarking über die Versorgungsqualität einzelner Praxen zu betreiben, wobei regionale Unterschiede durchaus von Interesse sind. Ein gutes Beispiel für die Bedeutung der Informationen aus vergleichbaren Projekten ist RHUMADATA® des Institute of Rheumatology of Montreal in Kanada. Auf dem diesjährigen ACR in Boston präsentierte die Gruppe, bestehend aus lediglich 3 Praxen, insgesamt 10 wissenschaftliche Beiträge, von denen zeitweise 2

Beiträge zu den 10 am meisten online gelesenen Abstracts bei dem Kongress zählten.

RheumaDATA soll andere Register ergänzen Das Projekt soll nicht in Konkurrenz zu anderen laufenden Registern stehen, diesbezüglich wurden Gespräche sowohl mit der DGRh, dem Deutschen Rheumaforschungszentrum (DRFZ), der Rheuma-Liga und dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) geführt. Vielmehr versteht sich RheumaDATA als ergänzendes Instrument, das mit dem Fokus PROs den Nutzen der neuen Therapien aus der Sicht der Patienten in den Vordergrund stellt. In Analogie zu den Investigator Initiated Trials (IIT) unterscheidet sich RheumaDATA von Auftragsforschungs-Studien mit kommerziellem Interesse. Die eingangs dargestellten Nachteile einer NIS werden somit vermieden, da alle Patienten mit einer Rheumatoiden Arthritis und Biologika-Therapie pharmazieunabhängig dokumentiert und ausgewertet werden. Dennoch lässt sich auch dieses Projekt nicht ohne eine adäquate Finanzierung realisieren. Somit freuen wir uns, dass vier pharmazeutische Unternehmen (AbbVie, BMS, Chugai und Pfizer) dieses Projekt unterstützen wollen. Die Unterstützung bezieht sich auf die Finanzierung des Vereins, ohne dass direkter Einfluss auf die Tätigkeit des Vereins oder die Datenerhebung genommen werden kann. m

Rege Beteiligung gewünscht Abschließend möchten wir dazu aufrufen, dass sich interessierte internistisch-rheumatologische Praxen an RheumaDATA wenden, um mehr Informationen zu dem Projekt und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu bekommen. Je repräsentativer die Anzahl und Verteilung der teilnehmenden Praxen ist, umso interessanter werden die später auszuwertenden Daten für alle Beteiligten sein.

RheumaDATA e.V. Dr. Peer M. Aries Mörkenstr. 47, 22767 Hamburg www.rheumadata.com info@rheumadata.com *Schriftenreihe Health Technology Assessment, Bd. 109, 2011, ISSN: 1864-9645, 1. Auflage

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20 Biosimilare Antikörper

Eine Herausforderung nicht nur in der Rheumatologie Monoklonale Antikörper haben die therapeutischen Möglichkeiten nicht zuletzt auch in der Rheumatologie nachhaltig verändert und die Wahrscheinlichkeit einer Remission in vielen Krankheitsbildern erheblich gesteigert. Jetzt sollen sie nach dem Willen von Politik und Krankenkassen aus pharmakoökonomischen Gründen durch biosimilare Antikörper ersetzt werden.

Welche Möglichkeiten und Risiken mit biosimilaren Antikörpern verbunden sind, war Thema des diesjährigen EUROFORUMs in Berlin. Derzeit sind sieben der 20 Topseller im Arzneimittelmarkt Biologika. Ihr Anteil und damit ihre Auswirkung auf das Budget steigen stetig. Neu gemischt werden die Karten durch den Patentablauf von zwölf der umsatzstärksten Biopharmazeutika bis 2020. Die ersten beiden Biosimilars des TNFα-Inhibitors Infliximab sind bereits durch die EMA zugelassen. Mit ihrer Markteinführung wird im Februar 2015 gerechnet. Das EU-Patent von Etanercept läuft im Februar 2015 aus, das von Adalimumab im April 2018.

Einsparungen politisch gewollt Durch den Einsatz biosimilarer Antikörper werde es Einsparungen geben, ob in der bisher diskutierten Höhe von über 10 Mrd. € oder geringer, versuchte Prof. Dr. Aljoscha Neubauer vom Institut für Gesundheitsökonomik (IfG), München, anhand einer Modellrechnung auf Basis der Daten zu Erythropoetin, Somatotropin und Filgrastim mit biosimilaren Produkten auf dem deutschen Markt zu prognostizieren. Danach könnten durch biosimilare Antikörper bis 2019 2,1 Mrd. und bis 2020 2,8 Mrd. € eingespart werden. Bezogen auf das Gesamt-Arzneimittelbudget lägen die jährlichen Einsparungen bei rund 0,9-1,6 %.

Qualität

Wirksamkeit und Unbedenklichkeit

Weitere Indikationen

Originalpräparat

Biosimilar

Vollständige Prüfung

Vollständige Prüfung und Vergleich zum Referenzprodukt

Präklinische und klinische Studien Phase I-III

Reduziertes Studienprogramm, direkter Vergleich zum Referenzprodukt

Phase II- und III-Studien

Extrapolation* ohne klinische Studien möglich

* je nach produktspezifischen Guidelines

Abb.: Prüfung von Originator-Biologika versus Biosimilars Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Laut Dr. Wolfram Lux, IMS Consulting Group, München, hatten Biopharmazeutika von August 2013 bis August 2014 einen Marktanteil von 30 % und ein Marktvolumen von 10 Mrd. €. Seit August 2008 beträgt ihr jährliches Umsatzplus etwa 7 %. Onkologische Biopharmazeutika haben mit 36 % den größten Anteil daran, gefolgt von Anti-TNFs mit einem Anteil von 16 % und einem Volumen von 1,6 Mrd. €. Lux geht von einem starken Biosimilar-Effekt auf den AntiTNF-Markt und einem weniger starken auf den Onkologie-Markt aus. Als Gründe hierfür nannte er die Indikation einer chronischen, nicht-tödlichen Erkrankung, die größere Produktauswahl in dieser Klasse, den zu erwartenden Launch mehrerer biosimilarer Antikörper, was den Preiswettbewerb- und damit Preisdruck fördern würde, und den geringeren Widerstand der Ärzte gegen deren Einsatz. Während die Vertreter der Krankenkassen keine signifikant andere Zulassungserfordernisse für biosimilare Antikörper für notwendig erachteten als für einfache Biosimilars, sehen Hersteller und insbesondere Ärzte, welche die Entscheidung gegenüber dem einzelnen Patienten vertreten müssen, die Situation naturgemäß anders. Sie betonen die potenziellen Folgen für Effektivität und Sicherheit, die aus der „Ähnlichkeit“ gegenüber einer „Identität“ bei Generika resultieren. Ohne gewisse Eindringtiefe würden Generika und Biosimilars oft als das Gleiche betrachtet, betonte auch Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft e. V., Berlin.

Wie ähnlich ist ähnlich genug? Die Biologie dahinter mache die Sache aber insbesondere bei biosimilaren Antikörpern komplexer, bestätigte Dr. Ralf Schumacher, Roche Pharmaceutical Research and Early Development, Penzberg. Eine offenbar noch nicht in der ganzen Tragweite erfasste Tatsache ist, dass diese komplexen Biomoleküle in einem lebenden Organismus in einem neuen Produktionsprozess mit einem neuen Klon eines neuen Produktionsstammes und einem neuen Aufreinigungs-


21 prozess hergestellt werden. Dieser ganze Prozess macht das Produkt aus. Meist wird bei der Frage der Ähnlichkeit vor allem an molekulare Unterschiede, z.B. im Sinne von Zuckerseitenketten oder Desaminierungen, gedacht. Diese sind durch die im Zulassungsprozess geforderte Analytik, die auch in der Bewertung einer ausreichenden Ähnlichkeit zwischen unterschiedlichen Chargen des Originalproduktes eingesetzt wird, weitestgehend erfassbar. Leichte Zweifel waren in Berlin aber hörbar, ob die geforderte funktionelle Analytik in der Lage ist, die unterschiedlichen Effektorfunktionen dieser interagierenden Biomoleküle ausreichend zu erfassen. Schließlich geht es bei der therapeutischen Wirkung von monoklonalen Antikörpern nicht nur um die Neutralisation des Zielmoleküls, sondern auch um Interaktionen mit Immunzellen und deren Apoptose.

EMA-Zulassungsbedingungen im Fokus Die Gesetzgeber seien sich sehr wohl der besonderen Natur der Nachahmerprodukte von Biopharmazeutika bewusst, so Dr. Gabriele Dallmann, Biopharma Excellence, Ex-Regulator (PEI, EMA), München. Daher würden sie ein komplettes, wenn auch verkürztes CTD (Common Technical Document) fordern. Entscheidend für die Zulassung von Biosimilars ist aber die Annahme, dass bei Ähnlichkeit des Antikörpers von einer ähnlichen Wirkung und Sicherheit ausgegangen werden könne. Daher hängt die Zulassung durch die EMA maßgeblich vom Nachweis der physikalischen Ähnlichkeit innerhalb gewisser Grenzen (Äquivalenzkorridor 80-125 %) ab. Darüber hinaus wird ein experimenteller in-vivo-Nachweis der funktionellen Ähnlichkeit gefordert. In der stark verkürzten klinischen Prüfung geht es nur darum zu zeigen, dass das Produkt im Vergleich zum Originator nicht signifikant anders wirkt. Es reichen der Nachweis der klinischen Äquivalenz (Äquivalenzkorridor ±15 %) eines sensitiven Wirksamkeitsparameters in einer sensitiven Patientenpopulation, der Nachweis der klinischen Similarität der Verträglichkeit und Immunogenität sowie eine Begründung der Extrapolation auf alle Indikationen des Originators (Abb).

Die Sicht der Mediziner Auf Seiten von Ärzten, Fachgesellschaften und Patienten bleiben Unsicherheiten, ob der Prüfungsumfang ausreicht, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Als Beispiel hierfür führte PD Dr. Marc Thill, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt/M., die im September 2013 erteilte volle EMA-Zulassung für das biosimilare Infliximab (CT-P13 von Celltrion) an. Die Basis: eine Phase-I-Prüfung zur Pharmakokinetik (An-

kylosierende Spondylitis), Phase-III-Daten zur Äquivalenz der Wirksamkeit bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis. Die Zulassung für die Indikationen Morbus Crohn, Colitis ulcerosa Psoriasis und Psoriasis-Arthritis erfolgte ohne klinische Daten durch Extrapolation. Kritisch anzumerken sei zudem, dass der Originator und beide Biosimilars einen identischen INN hätten und identische Fachinformationen verwenden werden. Sowohl die Extrapolation als auch die Vergabe identischer INNs wird von Ärzten und Fachgesellschaften aus Sicherheitsgründen kritisch beurteilt. Gefordert wird die konsequente Verwendung des Handelsnamens, um eine eindeutige Zuordnung von medizinisch-wissenschaftlichen Daten zum Originator bzw. biosimilaren Antikörper zu gewährleisten. Dies gilt sowohl für die Patientenakte als auch Publikationen und Leitlinien. Idealerweise sollte außer dem INN mindestens die Handelsbezeichnung und möglichst auch die Chargenbezeichnung dokumentiert werden, fordern BfArM und PEI. Dies sei mit Blick auf die eindeutige Zuordnung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und damit die Patientensicherheit ebenso zwingend wie die geforderte Pharmakovigilanz. Kritisch wurde auch die Phase-III-Prüfung „in der sensibelsten Population“ gesehen. Diese lasse sich schwer definieren, ebenso wie der sensibelste Wirksamkeitsendpunkt zur Beurteilung der ausreichenden Ähnlichkeit. Dies hänge nicht nur vom Antikörper ab, sondern auch der Erkrankung, was die Problematik der Extrapolation unterstreiche, so Prof. Dr. Diana Lüftner, Charité, Campus Benjamin Franklin, Berlin. Unzureichend beantwortet sei auch die Frage nach der Immunogenität und der Anwendung von biosimilaren Antikörpern in der Kombinationstherapie. Ein klares Nein gab es für die derzeit auch nicht vorgesehene Substitution. Gleiches galt für ein Umsetzen auf ein anderes Produkt bei einmal begonnener Therapie. m

Take-home message Ziel müsse es sein, so das Plädoyer zum Abschluss, die Verordner durch Evidenz zu überzeugen, statt sie mit regulatorischen Mitteln wie Festbeträgen, Quoten und Rabattverträgen zu zwingen. Der Arzt, der die Ökonomisierung gegenüber dem Patienten vertreten muss, sollte von der Sicherheit und Effektivität des biosimilaren Antikörpers überzeugt sein.

Dr. Wiebke Kathmann

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22 Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie

Biosimilars ja, aber unter kontrollierten Bedingungen Zwar verknüpft die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) mit der Einführung von biosimilaren Antikörpern die Hoffnung auf eine das Gesundheitswesen insgesamt entlastende Preisreduktion, lehnt jedoch zum jetzigen Zeitpunkt Verordnungsquoten oder einen unkontrollierten Wechsel zwischen Original und Biosimilar ab. Eine ausführliche DGRh-Stellungnahme hierzu wurde kürzlich veröffentlicht.

Für die DGRh ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: 1. Jedes Biologikum sollte einen unterschiedlichen internationalen Freinamen (INN) haben, so dass z.B. nicht alle Infliximab-Biosimilars als Infliximab firmieren und so rezeptiert werden. Die DGRh unterstützt ausdrücklich den Vorschlag der WHO, jedem Biologikum einen weltweit einheitlichen 4-stelligen Code (den sog. „BQ“ = Biological Qualifier) zuzuordnen, der die Identifikation jeder einzelnen Substanz aus jeder einzelnen Quelle ermöglicht. 2. Apotheker dürfen nicht ohne Wissen des Arztes und/oder Anordnung des Arztes vom Originalpräparat auf ein Biosimilar umstellen oder umgekehrt. Das gilt auch für parallele Entwicklungen durch den Originalhersteller. 3. Nebenwirkungen müssen in zentralen Registern (z.B. dem deutschen RABBIT-Register) dokumentiert und einem definierten Produkt (Original oder Biosimilar) genau zugeordnet werden können. 4. Solange keine Langzeitdaten zu spezifischen Indikationen vorliegen, ist ein unkontrollierter Produktwechsel mit jeder Verordnung zwischen Original und/oder unterschiedlichen Biosimilars zu vermeiden, um unerwünschte immunologische Wirkungen der verschiedenen Bioprodukte bei unRheuma Management · Nov./Dez. 2014

terschiedlichen Herstellungsprozessen möglichst gering zu halten. 5. Ein unkontrollierter Wechsel zwischen Biologika aus Kostengründen ist zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen. Das bezieht sich sowohl auf einen Präparatewechsel zwischen verschiedenen TNFα-Blockern als auch zwischen verschiedenen Biologika-Klassen, da das Ansprechen auf verschiedene Biologika auch bei den Originalpräparaten variiert. 6. Ein Wechsel von einem Original auf ein Biosimilar, das im Zulassungsverfahren nur in einer nichtrheumatologischen Indikation getestet wurde (z.B. Rituximab bei Non-Hodgkin-Lymphom) ist problematisch, solange keine Langzeitdaten dieser Biosimilars in rheumatologischen Indikationen vorliegen. 7. Erzwungene Verordnungsquoten von Biosimilars sind zum jetzigen Zeitpunkt und in jeglicher Form abzulehnen, solange die oben geforderten Langzeitdaten in pharmazeutisch unabhängigen Zentralregistern für Biosimilars nicht vorliegen. m

Angesichts der hohen mit Biologika verbundenen Therapiekosten begrüßt die DGRh die Einführung biosimilarer Antikörper, da hierdurch mögliche Preisreduktionen Anlass zu der Hoffnung geben, dass in der täglichen Praxis mehr Patienten mit wirksamen biologisch hergestellten Medikamenten behandelt werden können. Derzeit ist jedoch vor allem aufgrund der potenziellen immunologischen Nebenwirkungen eine „aut idem“-Regelung analog zu den Generika für Biosimilars strikt abzulehnen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 20. November 2014 Literatur: Z Rheumatol 2014; 73(9): 784-768

Kompakt

Angesichts des auslaufenden Patentschutzes einiger Biologika (Rituximab, Infliximab, demnächst auch Etanercept und Adalimumab) kommen nun erste Biosimilars auf den Markt. Bei der Zulassung von Medikamenten und so auch Biosimilars sind in absteigender Wertigkeit Sicherheit und Verträglichkeit, Effizienz und Kosten entscheidend. Die DGRh fordert deshalb für Biosimilars nach der Marktzulassung ein langfristiges und dezidiertes Sicherheitsprogramm, da Nebenwirkungen wie z.B. Allergien und Anaphylaxien oder eine vermehrte Bildung von Anti-Drug-Antikörpern auftreten können, die bisher vom Original nicht zu erwarten waren. Mögliche Variationen können nur erkannt werden, wenn sich Wirkung und Nebenwirkung tatsächlich dem jeweiligen Original oder Biosimilar exakt zuordnen lassen.


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24 Arztrecht

Der Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung – ein Einblick Das Bundesministerium für Gesundheit hat am 13. Oktober 2014 einen Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKVVSG) vorgelegt. Damit sollen weitere Instrumentarien implementiert werden, um eine bedarfsgerechte, flächendeckende und gut erreichbare medizinische Versorgung der Patienten sicherzustellen. Insbesondere soll die demografische Entwicklung sowie die unterschiedliche Versorgungssituation in Ballungsräumen und strukturschwachen Regionen berücksichtigt werden.

Beabsichtigt ist, die mit dem Versorgungsstrukturgesetz vom 22. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, eingeleiteten Maßnahmen für ein stabiles, zukunftsfähiges soziales Krankenversicherungssystem weiterzuentwickeln und zu ergänzen. Hierfür sieht das Gesetz eine Reihe von Neuerungen vor. Um den bedarfsgerechten Zugang der Patienten zur Versorgung zu stärken, wird unter anderem Folgendes geregelt: – Die Kassenärztlichen Vereinigungen richten Terminservicestellen ein, um die Wartezeit der Versicherten auf Facharzttermine zu verkürzen. – Versicherte erhalten einen regelhaften Anspruch auf die Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung bei bestimmten planbaren Eingriffen. – Das Krankenhaus-Entlassungsmanagement soll verbessert werden, um die lückenlose Versorgung der Versicherten beim Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung zu gewährleisten. Aber auch hinsichtlich der Versorgungsformen bietet das Versorgungsstärkungsgesetz einige Neuerungen: – Für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) entfällt das Kriterium der Fachübergreiflichkeit. Dies bedeutet, dass in Zukunft ein MVZ auch mit Ärzten der gleichen Fachrichtung gegründet werden kann. Neu ist weiter, dass auch Kommunen MVZs gründen und in der Rechtsform eines Eigen- oder Regiebetriebs führen dürfen. – Beim Jobsharing soll – auch in überversorgten Planungsbereichen – eine Durchbrechung der Leistungsbegrenzung möglich sein, sofern der bisherige Praxisumfang unterdurchschnittlich ist. Dies bedeutet, dass zukünftig ein Arzt im Rahmen eines Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Jobsharing seinen Praxisumfang auf den Durchschnittsumfang der Arztgruppe steigern kann, auch wenn die Umsatzerhöhung damit mehr als den grundsätzlich vorgesehenen maximalen 103 % entspricht. Interessant ist außer- RA Anna Herzig dem, dass nach der neuen Regelung des §103 Abs. 3a Satz 3 SGB V der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bei Überversorgung ablehnen soll, statt bisher „kann“. Damit dies nicht durch kurzzeitige Anstellungsverhältnisse oder Partnerschaften umgangen wird, sieht der Entwurf vor, dass mit einem bisher angestellten Nachfolger oder dem bisherigen Partner, das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Einen Lichtblick am Horizont der Wirtschaftlichkeitsprüfung stellt der neue §106b SGB V dar. Dieser sieht vor, dass zukünftig die Landesverbände der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen Vereinbarungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung von ärztlich verordneten Leistungen treffen. Zur Einhaltung gewisser Mindeststandards vereinbaren die Vertragspartner auf Bundesebene bis zum 31. Oktober 2015 hierfür einheitliche Rahmenvorgaben. Da §84 SGB V zukünftig jedoch keine Regelungen zu Richtgrößen mehr enthält, müssen auch die Landesvertragspartner ab dem Jahr 2017 gemäß dem neuen


25 §106b SGB V keine Richtgrößenvolumina mehr beschließen. Damit könnte die Richtgrößenprüfung, die durch die erst kürzlich ergangenen Urteile des BSG (B 6 KA 8/14 R und B 6 KA 3/14 R) wieder verschärft wurde, ein Ende finden. Das BSG befand in diesen Verfahren zum einen, dass eine individuelle Beratung bei erstmaliger Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % nur stattfinden könne, wenn tatsächlich bislang noch keine entsprechende Überschreitung festgestellt worden ist. Zum anderen möchte das BSG den Grundsatz „Beratung vor Regress“ nur für diejenigen Altfälle, d.h. Verfahren, die am 31. Dezember 2011 noch nicht abgeschlossen waren, gelten lassen, die erst nach dem 26. Oktober 2012 entschieden werden. Also erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Klarstellung der rückwirkenden Geltung des Grundsatzes „Beratung vor Regress“ für unabgeschlossene Altfälle in Kraft getreten ist. Dies lässt zu wünschen übrig. Sobald die schriftlichen Entscheidungsgründe vorliegen, werden wir die Entscheidungen in „Rheuma Management“ besprechen. m

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Anna Herzig Rechtsanwältin Kanzlei Tacke Krafft Am Rindermarkt 3 und 4 80331 München

Sie fragen – Experten antworten Thema: Zurückbehaltungsrecht Frage: Ein Privatpatient verweigert die Bezahlung einer GOÄ-Rechnung, da er meine Behandlung als fehlerhaft sieht. Er beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht, bis die Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers geklärt sei. Darf er das? Antwort: Nein. Selbst wenn nachträglich festgestellt wird, dass Sie behandlungsfehlerhaft gehandelt haben, hat der Patient grundsätzlich kein Recht auf Minderung. Ebenso wenig entfällt der Anspruch auf Honorar gänzlich. Etwas anderes gilt

nur dann, wenn die Pflichtverletzung des Arztes als besonders schwerwiegend anzusehen ist bzw. seine ärztliche Leistung für den Patienten völlig unbrauchbar ist. Diese Konstellation ist RA Christian Koller häufig im zahnprothetischen oder rein ästhetischen Bereich anzutreffen. In anderen ärztlichen Fächern stellt der Wegfall des Vergütungsanspruchs die absolute Ausnahme dar. m Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München

Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben, z.B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de. Nicht alle Fragen/Antworten können publiziert werden. Die Expertenantworten ersetzen keine möglicherweise notwendige Rechtsberatung.

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Ein Service für BDRh-Mitglieder

Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“


26 Frühe Rheumatoide Arthritis

CareRA-Studie: Strategien für eine effektive Remissionsinduktion Dass bei DMARD-naiven Patienten mit einer frühen Rheumatoiden Arthritis (RA) und zugleich ungünstiger Prognose eine Ersttherapie aus Methotrexat (MTX) in Kombination mit einem anderen DMARD gegenüber einer MTX-Monotherapie mit mäßig bis hoch dosiertem Glukokortikoid-Bridging zur Remissionsinduktion nach 16 Wochen nicht überlegen ist, zeigen die von belgischen Rheumatologen um Diederik de Cock, Leuven, kürzlich vorgestellten Ergebnisse der CareRA-Studie.

In die CareRA-Studie, die neben der Effektivität zugleich auch die Sicherheit dreier, unterschiedlich intensiver Induktionstherapien verglich, wurden 400 DMARD-naive Patienten mit früher RA eingeschlossen und entsprechend ihres anhand klassischer prognostischer Marker ermittelten Risikoprofils in Gruppen mit Hoch- und Niedrigrisikopatienten stratifiziert. Im Fokus stand dabei das Erreichen einer frühen Remission innerhalb von 16 Wochen.

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Frühe Remission: Konventionelles Vorgehen oftmals ausreichend

Eine Anpassung der Therapie zum Erreichen des Ziels einer niedrigen Krankheitsaktivität war ab Woche 8 vorgegeben, wenn der behandelnde Rheumatologe dies als wünschenswert und durchführbar erachtete. Als primärer Wirksamkeits-Endpunkt war eine Remission gemäß DAS28-CRP <2,6 in Woche 16 festgelegt worden. Sekundäre Endpunkte waren ein gutes EULAR-Ansprechen und klinisch relevante Verbesserung im HAQ. Überdies wurden in allen drei Therapiearmen die Anzahl und Art unerwünschter Ereignisse erfasst. Analysiert wurden letztlich die Daten von 98 COBRA Classic-, 98 COBRA Slim- und 94 COBRA Avant-Garde-Patienten. Zu Woche 16 erreichten eine DAS28CRP-Remission 70,4 % der Patienten im Classic-Behandlungsarm, 73,6 % unter dem Slim- und 68,1 % mit dem Avant-Garde-Therapieregime (p=0,713). Auch bei den sekundären Endpunkten waren keine signifikante Unterschiede zwischen den drei TheraRheuma Management · Nov./Dez. 2014

piearmen auszumachen. Anders gestaltete sich die Situation bei therapieassoziierten unerwünschten Ereignissen, die bei 61,2 % (Classic), 46,9 % (Slim) und 69,1 % (Avant-Garde) der Patienten dokumentiert wurden (p=0,006). Bei Hochrisiko-Patienten mit früher RA, so folgern die Autoren, war somit MTX in Kombination mit einer moderaten Step-Down-Dosis eines Glukokortikoids ebenso effektiv in der Remissionsinduktion nach 16 Wochen wie die beiden DMARD-Kombinationstherapien mit moderaten bis hohen Step-Down-Prednisondosen bei einem aber zugleich besseren, kurzzeitigen Sicherheitsprofil. m

Das möglichst rasche Erreichen einer Remission bei Patienten mit früher RA gilt als ein wichtiger Prädiktor für eine im Verlauf zu erzielende stabile Remission. Selbst bei ungünstiger Prognose muss aber nicht sofort eine besonders aggressive Strategie gefahren werden. Letztlich bestätigen die Daten aus CareRA die EULAR- und DGRhEmpfehlungen zu einer schrittweisen Eskalation ausgehend von MTX (plus Glukokortikoid-Bridging) als initialer Monotherapie.

Quelle: Ann Rheum Dis 2015; 74(1): 27-34

Kompakt

Jene 290 in die Hochrisikogruppe eingestuften Teilnehmer wurden auf drei Behandlungsstrategien randomisiert: COBRA Classic, bestehend aus MTX, Sulfasalazin und 60 mg Prednison, das ab Woche 7 auf täglich 7,5 mg deeskaliert wurde, COBRA Slim (MTX plus 30 mg Prednison mit Dosisreduktion des letzteren auf 5 mg ab Woche 6) und schließlich COBRA AvantGarde (MTX plus Leflunomid plus 30 mg Prednison, Reduktion der Prednison-Dosis auf 5 mg ab Woche 6).


27 Rheumatoide Arthritis

AVERT-Studie: Abatacept bei früher RA Primäres Ziel der zunächst auf dem EULAR-Kongress präsentierten und jetzt online von einer internationalen Studiengruppe um Paul Emery, Leeds (Großbritannien), publizierten Phase-IIIb-Studie AVERT war bei Patienten mit früher Rheumatoider Arthritis (RA) die Evaluation des Erreichens einer klinischen Remission mit Abatacept in Kombination mit Methotrexat (MTX) oder als Monotherapie nach 12 Monaten sowie das Aufrechterhalten der Remission nach dem Entzug aller RA-Medikamente.

Insgesamt 351 Patienten mit aktiver, früher RA (im Mittel 6 Monate) und schlechter Prognose (ACPAund RF-positiv) wurden für 12 Monate doppelblind auf wöchentlich s.c. Abatacept 125 mg plus MTX (n=119), Abatacept 125 mg als Monotherapie oder MTX (je n=116) randomisiert. Bei Einschluss waren die Teilnehmer weitgehend therapienaiv, d.h. MTX-naiv oder ohne MTX 4 Wochen vor Studienbeginn, eine stabile orale Glukokortikoid-Therapie ≤10 mg/Tag war erlaubt. Jenen Patienten mit nach 12 Monaten niedriger Krankheitsaktivität (DAS28-CRP <3,2) wurden für weitere 12 Monate alle RA-Medikamente entzogen. Ko-primäre Endpunkte waren der Anteil von Patienten mit DAS28-CRP-Remission <2,6 sowohl nach 12 als auch nach 12 und 18 Monaten unter Abatacept plus MTX gegenüber der MTX-Monotherapie. Unter Abatacept plus MTX wurde gegenüber MTX alleine nach 12 Monaten signifikant öfter ein DAS28-

CRP <2,6 erreicht (60,9 vs. 45,2 %; p=0,010), ebenso nach der Deeskalation in den Monaten 12 und 18 (14,8 vs. 7,8 %; p=0,045). In eine DAS28-CRP-Remission gelangten unter Abatacept alleine 42,5 % der Patienten nach 12 Monaten und 12,4 % in Monat 12 und 18. Beide Abatacept-Arme waren hinsichtlich des Sicherheitsprofils mit der alleinigen MTX-Gabe vergleichbar. Somit zeigte sich bei früher RA eine deutliche Überlegenheit von Abatacept plus MTX bei der Remissionsinduktion, die selbst nach komplettem Entzug aller Medikamente bei einem Teil der Patienten noch bestehen blieb. Noch besser wären die Ergebnisse vermutlich bei Anlegen eines strengeren Cut-off nach 12 Monaten (DAS28-CRP <2,6) und einer zugleich weniger strikten Deeskalationsstrategie gewesen. m Quelle: Ann Rheum Dis 2015; 74(1): 19-26

RA-SCORE-Studie: Neue Daten zu Rituximab Nachdem sich mittels MRT strukturelle Gelenkschäden und Gelenkentzündung besonders gut abbilden lassen, nutzte eine internationale Studiengruppe um Charles Peterfy, Boca Raton (USA), dieses Verfahren in der PhaseIIIb-Studie RA-SCORE zur Erfassung der Effekte von Rituximab bei Biologika-naiven Patienten mit unter einer MTX-Therapie weiter aktiven RA.

In der Studie wurden 185 Patienten zusätzlich zu MTX auf zwei i.v.-Infusionen Rituximab 500 mg (n=62), Rituximab 1.000 mg (n=60) oder Placebo (n=63) an Tag 1 und 15 randomisiert. MRT-Scans und Röntgenaufnahmen der am stärksten entzündeten Hand bzw. Handgelenke wurden zu Beginn, Woche 12 (nur MRT), 24 und 52 angefertigt. Unter beiden Rituximab-Dosierungen (500 und 1.000 mg) kam es gegenüber Placebo zu einer signifikant geringeren Progression im MRT Erosions-Score in Woche 24 (0,47 und 0,18 vs. 1,60; p=0,003 bzw. p=0,001) – dem primären Endpunkt – und in Woche 52 (-0,30 und 0,11 vs. 3,02; p<0,001 bzw. p<0,001). Der Knorpelverlust nach 52 Wochen war in beiden Ri-

tuximab-Gruppen signifikant geringer. Auch sekundäre Endpunkte wie Synovitis und Osteitis verbesserten sich mit Rituximab im Vergleich zu Placebo signifikant, und zwar bereits in Woche 12 und dann noch ausgeprägter in Woche 24 und 52. Im Ergebnis zeigt die Studie, dass Rituximab bei Biologika-naiven Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf MTX signifikant Erosionen und Knorpelverlust reduziert und die MRT bei etablierter RA ein hilfreiches Tool zur Detektion von Entzündung und strukturellen Schäden unter Rituximab ist. m Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi: 10.1136/annrheumdis-2014-206015

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28 Rheumatoide Arthritis

Therapiedeeskalation ist bei früher RA ein realistisches Ziel In der im Jahr 2013 publizierten PRESERVE-Studie war bei Patienten mit mäßig aktiver Rheumatoider Arthritis (RA) gezeigt worden, dass nach Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität unter Etanercept plus Methotrexat (MTX) sowohl die Fortführung dieser Medikation in voller Dosis, aber auch eine Dosisreduktion des Biologikums um die Hälfte eine vergleichbar gute und gegenüber einer MTX-Monotherapie bessere Krankheitskontrolle ermöglichen. Noch konsequenter wurde die Option eines Therapieabbaus nach erfolgreicher Remissionsinduktion jetzt in einer internationalen Studie von Paul Emery, Leeds (Großbritannien), und Kollegen bei Patienten mit einer frühen, aktiven RA untersucht.

Anhaltende Remission nach Tapering oftmals möglich Patienten mit einer frühen, aktiven RA, die zuvor weder mit MTX noch einem Biologikum behandelt worden waren, erhielten zunächst in einer 52-wöchigen Open-label-Phase mit dem Ziel einer aggressiven Remissionsinduktion 50 mg Etanercept plus MTX wöchentlich für insgesamt 52 Wochen. Im Anschluss wurden jene Patienten, die in Woche 39 und 52 ein qualifizierendes Ansprechen, also eine klinische Remission aufwiesen, in einer 39-wöchigen doppelblind-kontrollierten Studienphase auf eine Kombinationstherapie bestehend aus 25 mg Etanercept plus MTX, eine MTX-Monotherapie oder Placebo randomisiert. Danach wurden jenen Patienten mit qualifizierender Remission in Woche 39 der Doppelblind-Phase alle Therapien entzogen und in einer dritten Studienphase bis Woche 65 weiter beobachtet. Als primärer Endpunkt der Studie war der Anteil von Patienten mit anhaltender DAS28-Remission <2,6 in der doppelblinden Studienphase definiert. Von den ursprünglich 306 eingeschlossenen Patienten wurden 193 Teilnehmer mit einer Remission in die doppelblind-randomisierte Phase überführt; 131 Patienten qualifizierten sich schließlich für die letzte Studienphase mit komplettem Absetzen der RAMedikation. Im Vergleich erreichten mehr Patienten in der Kombinationsgruppe (25 mg Etanercept plus MTX, n=63) als in der MTX-Monotherapie (n=65)und Placebogruppe (n=65) den primären Endpunkt einer DAS28-Remission (63 vs. 40 vs. 23 %; p=0,009 Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

für die Kombination vs. MTX alleine; p<0,001 für die Kombination vs. Placebo). Nach 65 Wochen waren 28 Patienten (44 %), die in der Doppelblind-Phase die Kombination erhalten hatten, 19 (29 %) mit vorheriger MTX-Monotherapie und 15 (23 %), die schon zuvor auf Placebo waren, noch weiterhin in Remission (p=0,10 für die Kombinationstherapie vs. MTX-Monotherapie; p=0,02 für die Kombinationstherapie vs. Placebo und p=0,55 für MTX alleine vs. Placebo). Keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Behandlungsarmen bestanden hinsichtlich der radiologischen Progression der RA – vermutlich ein anhaltender Effekt der erfolgreichen Remissionsinduktion in der Open-label-Phase. Schwere unerwünschte Ereignisse wurden bei 3 Patienten (5 %) in der Kombinationsgruppe und je 2 (3 %) in der MTX-Monotherapieund Placebogruppe dokumentiert. m

Bei Patienten mit früher aktiver RA gelang in dieser Studie mit der Kombination aus MTX und Etanercept in voller Dosis bei fast zwei Drittel eine erfolgreiche Remissionsinduktion. Mit einer nachfolgend weitergeführten Kombinationstherapie mit reduzierter Etancercept-Dosis wurde signifikant öfter eine gute Krankheitskontrolle mit erhaltener DAS28-Remission erzielt als mit einer MTX-Monotherapie oder Placebo. Keine signifikanten Unterschiede zeigten sich bei der radiologischen Progression, was gleichfalls für die hohe Effektivität der Ersttherapie spricht.

Quelle: N Engl J Med 2014; 371(19):1781-1792

Kompakt

Ziel der neuen Studie war es, die Effekte einer Reduktion oder eines vollständigen Abbaus der Therapie bei RA-Patienten zu ermitteln, die zuvor unter einer Kombinationstherapie aus Etanercept und MTX in Remission gebracht wurden.


29 Rheumatoide Arthritis

ACPA und RF fördern additiv Knochendestruktion In einer aktuellen Studie widmeten sich deutsche Rheumatologen um Georg Schett, Erlangen, der Frage, ob das gemeinsame Vorliegen von ACPA-Antikörpern und Rheumafaktor (RF) zu einer additiven Steigerung der Anzahl und Größe von Knochenerosionen bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) führt.

Bei 242 RA-Patienten wurden hoch auflösende CTScans (HR-pQCT) der MCP-Gelenke angefertigt und demografische sowie krankheitsspezifische Parameter inklusive der ACPA- und RF-Titer erfasst. Die Anzahl und Größe der Erosionen wurde an 714 individuellen Gelenken (MCP 2, 3 und 4) und 5.712 einzelnen Stellen bestimmt. Von den in die Analyse eingehenden 238 RA-Patienten waren 112 RF- und ACPA-positiv, 28 bzw. 29 nur RF- respektive ACPA-positiv und 69 RF- und ACPA-negativ. Im Ergebnis zeigte sich die höchste Anzahl und Größe knöcherner Erosionen in der Gruppe der RF- und ACPA-positiven Patienten mit einem signifikanten Unterschied gegenüber RF- und ACPA-negativen Patienten in Bezug auf die Anzahl der Erosionen (p=0,001) und im Vergleich zu den ACPA-negativen Patienten hinsichtlich deren Größe (p<0,001). In einem gemischten linearen Modell waren ein positiver ACPA- und RFStatus und eine längere Krankheitsdauer signifikant

mit einer größeren Zahl von Erosionen (p=0,017 bzw. p=0,005) und einem größeren Ausmaß der Knochenerosionen (p=0,014 bzw. p=0,013) assoziiert. Die Erosionsgröße wurde durch das Vorliegen von RF sowie dessen Titer nur bei ACPA-positiven Patienten beeinflusst, nicht jedoch bei den ACPA-negativen Teilnehmern. Als Studienergebnis war somit war bei RA-Patienten insgesamt ein additiver Effekt von ACPA und RF auf die Zahl und Größe knöcherner Erosionen nachweisbar. Bei Vorliegen beider Faktoren ist von einem besonders hohen Risiko der Knochendestruktion auszugehen, wobei der zusätzliche Effekt von RF nur bei ACPA-positiven Risikopatienten zum Tragen kommt. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi:10.1136/annrheumdis-2014-205428

Wie ist die Prognose seronegativer Patienten? Zwar sind sowohl RF als auch ACPA mit schwereren RA-Formen assoziiert, unklar ist derzeit aber noch die Situation bei Patienten mit früher entzündlicher Arthritis. Kanadische Rheumatologen um Lillian Barra, London, nahmen jetzt anhand der prospektiven Früharthritis-Kohorte CATCH die Prognose ACPA- und RF-negativer Patienten genauer unter die Lupe.

Bei den 841 erfassten Patienten wurde zu Studienbeginn der Serostatus und nach 12 sowie 24 Monaten die Krankheitsaktivität erhoben, wobei eine Remission als DAS28 <2,6 definiert war. Insgesamt 216 Teilnehmer (26 %) waren RF- und ACPA-negativ. Im Vergleich zu seropositiven Patienten waren sie älter (57 vs. 51 Jahre), häufiger Männer (31 vs. 23 %), hatten eine kürzere Krankheitsdauer (166 vs. 192 Tage) und zu Baseline einen höheren SJC (8,8 vs. 6,5), DAS28 (5,0 vs. 4,8) und öfter Erosionen (32 vs. 24 %, p<0,05). Bei vergleichbarer Therapie zeigten die seronegativen Patienten nach einem Follow-up von 24 Monaten eine relativ größere Verbesserung von Parametern der Krankheitsaktivität wie dem SJC (-6,9 vs. -5,1), DAS28 (–2,4 vs. -1,8) und CRP (-11,0 vs. -6,4; p<0,05). Adjus-

tiert auf Kofaktoren war der Antikörperstatus jedoch nicht signifikant mit dem Erreichen einer DAS28-Remission assoziiert. Lediglich nach 12 Monaten wurde bei ACPA-positiven Patienten eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für neue Erosionen gesehen (Odds ratio, OR 2,94). Obwohl seronegative Patienten mit früher Arthritis vor Therapiebeginn einen im Vergleich zu seropositiven Teilnehmern höheren DAS28 aufwiesen, zeigten sie ein besonders gutes Ansprechen auf die Behandlung und hatten auch in der Folge eine geringere Wahrscheinlichkeit für einen erosiven Krankheitsverlauf. m Quelle: J Rheumatol 2014; 41(12): 2361-2369

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30 Rheumatoide Arthritis

Neue Erkenntnisse zu kardiovaskulären Risiken In den letzten Jahren ist das kardiovaskuläre Risiko von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) verstärkt in den Fokus gerückt. Obgleich Registerdaten eine Reduktion dieses Risikos über eine bessere Krankheitskontrolle durch TNFa-Inhibitoren und wohl auch andere Biologika nahelegen, führt vor allem der IL-6-Rezeptorantagonist Tocilizumab zugleich zu einer Erhöhung der Lipidspiegel. Dass diese im Gegensatz zur mit Tocilizumab erreichten Krankheitsaktivität keine Auswirkungen auf das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse hat, zeigen aktuelle Daten einer internationalen Studiengruppe um Micki Klearman, San Francisco (USA).

Keine Risikosteigerung durch einen Lipidanstieg unter Tocilizimab Unter der Therapie mit Tocilizumab waren ausschließlich höhere DAS28-Scores und höhere SJC bzw. TJC in Woche 24 mit zukünftigen MACE assoziiert. Während eine größere Reduktion des DAS28 und SJC/TJC von Baseline bis Woche 24 invers mit dem späteren MACE-Risiko assoziiert waren, zeigte sich zwischen dem Anstieg der Lipidparameter und dem MACE-Risiko kein signifikanter Zusammenhang – entscheidend für das kardiovaskuläre Risiko war die Reduktion der Krankheitsaktivität. Im Einzelnen war ein Anstieg des DAS28 um einen Punkt nach 6 Monaten Therapie mit einem signifikanten Anstieg des künftigen MACE-Risikos um 29 % verknüpft (p=0,0191). Weniger ausgeprägt war die Risikoerhöhung bei entsprechend steigendem SJC (8 %; p=0,0008) und TJC (4 %; p=0,0439). Obwohl es nach 6 Monaten unter Tocilizumab mit oder ohne Methotrexat zu einem Anstieg des Gesamt-Cholesterins Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

um 16 % sowie des LDL- und HDL-Cholesterins um 19 bzw. 7 % gekommen war, konnte keine signifikante Assoziation des kardiovaskulären Risikos mit Veränderungen des Gesamt-Cholesterin (Hazard ratio, HR 1,03; p=0,8804), HDL-Cholesterin (HR 0,56; p=0,03185), LDL-Cholesterin (HR 1,07; p=0,7670), Triglyzeriden (HR 1,14; p=0,4524) und Lipoprotein A (HR 0,99; p=0,6300) nachgewiesen werden. Auch für typische Entzündungsmarker, die unter Tocilizumab effektiv abgesenkt werden, war keine Assoziation mit dem MACE-Risiko erkennbar. Die fehlende Assoziation zwischen erhöhten Lipidspiegeln und kardiovaskulärem Risiko kann derzeit noch nicht befriedigend erklärt werden, jedoch spekulieren die Autoren, dass die mit der RA verknüpfte Entzündung selbst einen reduzierten Lipidspiegel zur Folge hat und dessen Erhöhung durch Tocilizumab somit zumindest partiell als Konsequenz der erfolgreichen Unterdrückung der Inflammation zu sehen wäre. m

Während wie in der Gesamtbevölkerung das Gesamt- zu HDL-Cholesterin-Verhältnis auch bei RA-Patienten zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko führt, ist unter Tocilizumab dieses Risiko langfristig nur mit der Krankheitsaktivität assoziiert, nicht aber mit dem therapiebedingt ansteigenden Lipidspiegel. Auch wenn die Beziehung von Lipiden, Entzündung und kardiovaskulärem Risiko noch weiter evaluiert werden muss, verdeutlicht das Fehlen eines entsprechenden Signals die Sicherheit der Therapie mit Tocilizumab und potenziellen anderen Anti-IL-6-Therapien.

Quelle: Arthritis Rheumatol 2014; doi: 10.1002/ art.38920

Kompakt

In einer retrospektiven Post-hoc-Analyse wurden die gepoolten Daten von insgesamt 3.986 erwachsenen Patienten mit mäßiger bis schwerer RA ausgewertet, die ≥1 Dosis Tocilizumab 4 oder 8 mg/kg i.v. alle 4 Wochen in randomisierten, kontrollierten und Extensionsstudien erhalten hatten. Während eines durchschnittlichen Follow-up von 3,7 Jahren über 14.683 Patientenjahre (PJ) wurden 50 schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE = nicht-tödlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod) dokumentiert (0,34/100 PJ). In einer multivariaten Analyse erwiesen sich kardiale Vorerkrankungen (24 vs. 8,6 %), höheres Alter (61 vs. 52 Jahre), ein höheres Gesamt- zu HDLCholesterin-Verhältnis und nicht zuletzt ein höherer DAS28 zu Baseline als unabhängige Prädiktoren für MACE (alle p<0,05). So war ein zu Studienbeginn um einen Punkt höherer DAS28 mit einem Anstieg des MACE-Risikos um 36 % assoziiert (p=0,0158).


31 Rheumatoide Arthritis

Können Biologika das Krebsrisiko senken? Bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA), die auch aufgrund der mit RA einhergehenden Entzündungsprozesse per se ein erhöhtes Krebsrisiko aufweisen, besteht angesichts neuer Registerdaten weitgehend Einigkeit, dass Biologika, und hier vor allem TNFα-Inhibitoren, dieses Risiko gegenüber DMARDs nicht erhöhen, mit Ausnahme wohl von Hautkrebs. Das relative Risiko von RA-Patienten für neue Krebserkrankungen unter TNFαInhibitoren versus DMARDs verglichen nun erneut taiwanesische Experten um Yi-Ju Chen, Taipeh.

In der Kohortenstudie wurden zwischen 1997 und 2011 in ganz Taiwan eingeschlossene RA-Patienten mit dem Beginn einer Anti-TNF-Therapie (BiologikaGruppe; n=4.426) mit einer gematchten Kontrollgruppe (DMARD-Gruppe; n=17.704) verglichen, die ausschließlich mit DMARDs behandelt wurden. Die kumulative Inzidenz für alle Krebsarten über eine mittlere Beobachtungszeit von 7 Jahren war mit 3,84 % in der Biologika-Gruppe geringer als mit 5,22 % in der DMARD-Gruppe (p=0,005). Die Gesamt-Inzidenzrate für Krebs unter Anwendern von Biologika und DMARDs betrug 5,35 bzw. 7,41 pro 1.000 Personenjahre (p=0,0046), was nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht, Krankheitsdauer, schwere Komorbiditäten und DMARD- bzw. Kortikosteroid-Gebrauch ein unter Biologika signifikant reduziertes Krebsrisiko anzeigte (adj. Hazard ratio, HR 0,63; p<0,001).

Dabei zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Biologika und auch eine Beeinflussung durch die Dosierung einer begleitenden DMARD-Therapie war nicht erkennbar. Im Gegensatz zur DMARD-Gruppe war das Krebsrisiko in der Biologika-Gruppe mit jenem in der Normalbevölkerung vergleichbar (standardisierte Inzidenz-Ratio, SIR 0,97). Zugleich zeigte sich jedoch ein Trend für ein unter Biologika versus DMARDs erhöhtes Risiko für hämatologische Tumoren (SIR 6,13 vs. 2,52), wobei dieses unabhängig von der Therapie bei mäßiger bis schwerer RA (also der primären Indikation für Biologika) generell erhöht ist. Nach diesen Ergebnissen sind TNFα-Inhibitoren, nimmt man Lymphome aus, mit einem insgesamt geringeren Krebsrisiko als eine alleinige DMARD-Therapie assoziiert. m Quelle: Arthritis Res Ther 2014; 16(5): 449

Unter Biologika ähnliches Herpes zoster-Risiko Zu den mit Biologika assoziierten Nebenwirkungen gehört auch die Entwicklung eines Herpes zoster (HZ). In einer retrospektiven Kohortenstudie untersuchte jetzt eine Gruppe US-amerikanischer Rheumatologen um Jeffrey R. Curtis, Birmingham, anhand von Medicare-Daten der Jahre 2006-2011 bei älteren RA-Patienten ohne Krebs oder Autoimmunerkrankungen in der Vorgeschichte, ob sich dieses Risiko unter Biologika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen unterscheidet.

Das Follow-up bei den Biologika-vorbehandelten RAPatienten begann mit jeder Initiierung einer de-novoTherapie mit Abatacept, Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab, Rituximab und Tocilizumab. Berechnet wurden der Anteil von RAPatienten, die in jedem Kalenderjahr vor Beginn der Biologika-Therapie geimpft wurden und – vor und nach Adjustierung auf potenzielle Einflussfaktoren – die Inzidenzrate (IR) sowie Hazard ratio (HR) für HZ für jedes einzelne Biologikum. Von 29.129 Behandlungsepisoden mit einem neuen Biologikum erfolgten 28,7 % mit Abatacept, 15,9 % mit Adalimumab, 14,8 % mit Rituximab, 12,4 % mit Infliximab, 12,2 % mit Etanercept, 6,1 % mit Tocilizumab, 5,8 % mit Certolizumab und 4,4 % mit Golimumab. Der Anteil

der vor Beginn einer Biologika-Therapie vakzinierten RA-Patienten reichte von 0,4 % in 2007 bis 4,1 % in 2011. Identifiziert wurden 423 HZ-Diagnosen mit der höchsten IR für Certolizumab (2,45/100 Patientenjahre, PJ; HR 1,30) und der niedrigsten für Golimumab (1,61/100 PJ; HR 0,97). Weder bezüglich der unbereinigten IR noch der adjustierten HR zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Biologika, auch der Wirkmechanismus scheint hierbei keine Rolle zu spielen. Deutlich höher im Vergleich zu Biologika war das Risiko unter Glukokortikoiden (HR 1,55), vor allem in einer Dosierung ≥7,5 mg/Tag (HR 2,35). m Quelle: Arthritis Care Res 2014; doi: 10.1002/ acr.22470

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


32 Rheumatoide Arthritis

Neuer Biomarker für frühe RA-Stadien im Blickpunkt Eine neuer serologischer Marker könnte künftig die frühzeitige Diagnose einer Rheumatoiden Arthritis (RA) erleichtern, insbesondere wenn er in Kombination mit etablierten Serummarkern wie ACPA und/oder RF eingesetzt wird. Über die Ergebnisse zu 14-3-3-η berichtete eine internationale Forschergruppe um Walter P. Maksymowych, Edmonton (Kanada).

Sicherere Diagnose mit 14-3-3-η in Kombination mit ACPA und RF Um die Wertigkeit von 14-3-3-η als RA-Marker genauer auszuloten, wurden in eine Studie 99 Patienten mit früher und 135 mit etablierter RA sowie 385 Kontrollpatienten eingeschlossen, die gesund waren oder z.B. eine Spondyloarthritis (SpA) oder Arthrose (OA) aufwiesen. Bei Anlegen eines Cut-off von 0,19 ng/ml 14-3-3-η im Serum betrug bei etablierter RA die AUC 0,89 (p<0,0001), mit einer Sensitivität von 77 und Spezifität von 92,6 %, entsprechend einer positiven Likelihood ratio (LR) von 10,4. Bei Anlegen dieses Cut-off-Wertes bei Patienten mit früher RA (mittlere Krankheitsdauer ca. 3 Monate, noch ohne DMARDTherapie) waren 64 % seropositiv im Vergleich zu 57 % der Patienten, die RF- und 59 %, die ACPApositiv waren. Für die frühe RA im Vergleich zu gesunden Kontrollen wurde eine AUC von 0,81 (p<0,0001) berichtet. Die Sensitivität betrug 63,6 %, die Spezifität 92,6 % und die positive LR 8,6. Daraus ergibt sich ein positiv und negativ prädiktiver Wert von 0,57 respektive 0,78. Auch zur Differenzierung zwischen RA und OA könnte der Marker genutzt werden, der – wiederum bei einem Cut-off von 0,19 ng/ml – eine Sensitivität von 63,6 %, Spezifität von 83,3 % und positive LR von 3,8 hatte. Bei höheren Cut-off-Werten von 40 bzw. Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

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80 ng/ml betrug die Sensitivität und Spezifität von 143-3-η zur Diskriminierung zwischen RA und OA 93,3 und 96,7 % sowie 59,6 und 49,5 %. Wurde ACPA entweder mit RF oder 14-3-3-η kombiniert, konnte mit einer Rate von jeweils 72 % eine RA identifiziert werden. Wurden hingegen alle drei Marker zur Bestimmung einer frühen RA eingesetzt, betrug die Detektionsrate 78 % und bei etablierter RA sogar 96 %. Die Bestimmung von 14-3-3-η im Serum steigerte bei früher RA somit die RA-Detektionsrate gegenüber RF oder ACPA alleine um 32 bzw. 22 %. Der 14-3-3-η-Serumspiegel zu Baseline korrelierte zudem mit der Krankheitsaktivität. 14-3-3-η-positive RA-Patienten hatten sowohl einen signifikant höheren DAS28 (6,3 vs. 5,7; p=0,026) als auch HAQ-Score (1,9 vs. 1,0; p=0,001). m

Wenngleich noch einige Fragen zum künftigen Stellenwert von 14-3-3-η offen sind, könnte dieser Serum-Biomarker in Zukunft vor allem in Kombination mit ACPA und RF eine frühere RA-Diagnosestellung und damit rascheren Zugang zu einer effektiven Therapie erlauben.

Quelle: J Rheumatol 2014; 41(11): 2104-2113

Kompakt

Vor allem bei früher undifferenzierter Arthritis sind manche Patienten seronegativ in Bezug auf ACPA, RF oder beide Serummarker, was die Suche nach weiteren Biomarkern zur frühen Diagnosestellung erforderlich gemacht hat. Ein sehr interessanter Kandidat scheint die η-Isoform des löslichen Biomarker-Proteins 14-3-3 zu sein, das in hohen Konzentrationen im Synovium von Arthritis-Patienten nachweisbar ist. Offenbar ist 14-3-3-η über eine Hochregulation der Expression von RANKL und MMP bei RA und auch Psoriasis-Arthritis mit strukturellen Gelenkschäden assoziiert und könnte sogar potenziell als Prädiktor für eine radiologische Progression fungieren.


33 Rheumatoide Arthritis

Neues aus der präklinischen Forschung Zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) rücken immer neue Targets in den Blickpunkt, so weisen erste experimentelle Studien auf das mögliche Potenzial von H4R-Antagonisten hin. Lange etabliert sind bereits die TNFα-Inhibitoren, doch auch hier könnte ein noch selektiverer Ansatz zu einem weiteren Fortschritt führen. Sehr attraktiv erscheint es auch, synergistisch die Effekte von TNFα- und IL-17-Inhibition bei RA oder vielleicht auch Spondylo- oder Psoriasis-Arthritis zu nutzen, wo neben den TNFa-Hemmern auch an IL-17 ansetzende Antikörper gute Behandlungserfolge ermöglichen.

Da die jeweils alleinige Zytokin-Inhibition von z.B. TNFα oder IL-6 nur bei etwa der Hälfte der RA-Patienten ein klinisch bedeutsames Ansprechen ermöglicht, untersuchten deutsche Experten um Stefan Seeber, Penzberg, und Georg Schett, Erlangen, in einer kombinierten in-vitro- und in-vivo-Studie, ob die kombinierte Hemmung von TNFα und IL-17 additive bzw. synergistische Effekte in-vitro bei der Unterdrückung der mesenchymalen Zellaktivierung und in-vivo der Entzündung und Knochen- bzw. Knorpelzerstörung bei transgenen arthritischen Mäusen aufweist (1).

Bispezifische Antikörper vielversprechend Für die Studie wurden mehrere bispezifische AntiTNFα-/IL-17-Antikörper entwickelt und charakterisiert, ein erster solcher dualer Antikörper wird derzeit bereits intensiv beforscht. In-vitro zeigten die untersuchten bispezifischen Anti-TNFα-/IL-17-Antikörper gegenüber der einfachen Zytokin-Inhibition von TNFa oder IL-17 eine überlegene Effektivität in der Blockade von Zytokin- und Chemokin-Antworten. Überdies konnte in-vivo mit der dualen Inhibition beider Zytokine unter Verwendung neutralisierender Antikörper eine im Vergleich deutlich stärkere Hemmung der Entzündung, Knochen- bzw. Knorpelzerstörung bei arthritischen Mäusen nachgewiesen werden. Bispezifische Anti-TNFα-/IL-17-Antikörper könnten somit nach Ansicht der Autoren in Zukunft das Potenzial haben, die mit der Hemmung jeweils nur eines Zytokins verbundenen, limitierten Erfolgsaussichten (nicht nur) in der RA-Therapie zu überwinden.

Selektive TNF-Rezeptor-Blockade im Fokus Mit TNFR Typ 1 (TNFRI) und 2 (TNFRII) müssen zwei TNFα-Rezeptoren unterschieden werden, wobei als Nettoeffekt bei RA die vor allem von Typ 1 ausgehende Inflammation in Relation zur mit Typ 2 assoziierten Regulation der Funktion regulatorischer TZellen (Tregs) überwiegt. An einem RA-Mausmodell,

der Kollagen-induzierten Arthritis (CIA), versuchten nun britische Rheumatologen um Fiona E. McCann, Oxford, genauer den jeweiligen relativen Anteil dieser beiden Prozesse zu evaluieren und verglichen die normale TNFα-Blockade (TNFRI/II) mit einer selektiven Hemmung von TNFRI (2). Beide Ansätze bewirkten eine vergleichbar gute Inhibition der Progression der CIA, jedoch bewirkte die Blockade beider TNF-Rezeptoren einen Anstieg der Effektor-T-Zell-Aktivität, was auf eine wichtige immunregulatorische Rolle von TNFRII hinweist. Wurde letzteres nicht blockiert, kam es zu einer Steigerung und Aktivierung der Tregs. Die Autoren schlagen daher die isolierte Hemmung von TNFRI als künftige Therapiestrategie vor, da das Aussparen von TNFRII das Potenzial hat, sowohl die Entzündung zu hemmen als auch zugleich die Treg-Aktivität zu steigern und somit der herkömmlichen TNFα-Blockade überlegen sein könnte.

Histamin H4-Rezeptor als neues Target In einer aktuellen Studie US-amerikanischer Rheumatologen um Robin L. Thurmond, San Diego, erwies sich der Histamin H4-Rezeptor (H4R) in einem Mausmodell als potenzieller neuer therapeutischer Angriffspunkt für RA-Patienten. Ein experimenteller H4R-Antagonist, JNJ 28307474, führte bei transgenen Mäusen mit CIA zu einem deutlichen Rückgang der Krankheitsaktivität der Arthritis und Reduktion der IL-17-Produktion (3). Die Ergebnisse implizieren eine relevante Rolle von H4R in der Krankheitsprogression der Arthritis und der IL-17-Produktion aus Th17-Zellen. Eine weitere Erforschung des Potenzials von H4RAntagonisten zur Therapie der RA erscheint daher durchaus vielversprechend. m

Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2014; doi: 10.1002/art.38896 2 Arthritis Rheumatol 2014; 66(10): 2728-2738 3 Ann Rheum Dis 2014; 73(3): 600-608

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


34 Systemischer Lupus erythematodes

Atacicept in Phase-II mit Licht und Schatten Im Zentrum der klinischen Forschung zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) stehen vorrangig an der B-Zelle ansetzende Therapien, neben dem zugelassenen Belimumab sind derzeit vor allem Epratuzumab, Blisibimod und Atacicept im Fokus. Eine Studiengruppe um David Isenberg, London (Großbritannien), stellte kürzlich die Phase-II-Daten der APRIL-SLE-Studie zu dem BLyS und APRIL inhibierenden Fusionsprotein Atacicept vor.

In der doppelblinden, placebokontrollierten 52-Wochen-Studie wurden Patienten mit mäßigem bis schwerem SLE auf s.c. Atacicept 75 bzw. 150 mg oder Placebo randomisiert, mit einer zunächst 2x wöchentlichen Gabe für 4 Wochen und dann 1x wöchentlicher Applikation für 48 Wochen. Primäre und sekundäre Wirksamkeits-Endpunkte waren der Anteil von Patienten mit mindestens einem BILAG A- oder B-Schub und die Zeit bis zum ersten Schub. Aufgrund zweier Todesfälle wurde die Rekrutierung für den Atacicept 150 mg-Arm vorzeitig beendet. Während in der ITT-Population (n=461) für die niedrigere Dosis im Vergleich zu Placebo kein signifikanter Vorteil hinsichtlich der Schubrate (BILAG A oder B) oder der Zeit bis zum ersten Schub erkennbar war, zeigte sich im 150 mg-Arm

ein signifikanter Effekt der höheren Dosis sowohl bei der Schubrate (Odds ratio, OR 0,48; p=0,002) als auch der Zeit bis zum ersten Schub (Hazard ratio, HR 0,56; p=0,009). In beiden Verum-Armen wurde eine Reduktion des gesamten Ig-Spiegels und der Anti-ds-DNAAk-Titer sowie ein Anstieg von C3/C4 verzeichnet. Die Mehrzahl der therapieassoziierten Nebenwirkungen wurde als leicht oder mäßig eingestuft. In Anbetracht der offenbar recht guten Wirksamkeit wird derzeit trotz des erhöhten Risikos auch schwerer Infektionen eine weitere Evaluation der 150 mg Atacicept-Dosis angestrebt. m Quelle: Ann Rheum Dis 2014; doi: 10.1136/annrheumdis-2013-205067

ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Vorteile von Rituximab bei Remissionserhalt Mit einer Kombination aus Cyclophosphamid (CYC) und Glukokortikoiden kann bei den meisten Patienten mit ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) eine Remission erreicht werden, wobei sich auch Rituximab zur Remissionsinduktion bewährt hat. Unter einer Erhaltungstherapie mit Azathioprin (AZA) oder Methotrexat ist jedoch nachfolgend eine relativ hohe Rezidivrate zu beklagen. In der MAINRITSAN-Studie wurde von französischen Rheumatologen um Loic Guillevin, Paris, geprüft, ob Rituximab Vorteile bei der Remissionserhaltung hat.

In der Studie wurden 115 Patienten mit neu diagnostizierter oder rezidivierender GPA (n=87), MPA (n=23) oder renal-beschränkter AAV (n=5) in vollständiger Remission nach einem CYC/Glukokortikoid-Regime unverblindet auf eine Erhaltungstherapie mit 500 mg Rituximab an Tag 0 und 14 sowie 6, 12 und 18 Monate nach Studienbeginn (n=57) oder AZA (2 mg/ kgKG/Tag) bis Monat 22 randomisiert (n=58). Primärer Endpunkt war die Rate schwerer Rezidive nach 28 Monaten (erneutes Aufflackern bzw. Verschlechterung der Krankheitsaktivität mit einem Birmingham Vasculitis Activity Score [BVAS] >0, Beteiligung eines oder mehrerer Organe, lebensbedrohliche Ereignisse, oder beides). Bis Monat 28 war es bei 17 Teilnehmern der AZAGruppe (29 %), aber nur drei Patienten unter RituRheuma Management · Nov./Dez. 2014

ximab (5 %) zu einem schweren Rezidiv gekommen (Hazard ratio, HR 6,61; p=0,002). Die NNT zur Vermeidung eines schweren Rezidivs mit Rituximab betrug 4. Die Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse in beiden Gruppen (je n=25) war vergleichbar (p=0,92), ebenso die Gesamt-Ereignisrate mit 44 vs. 45 Fällen. Bei 8 Patienten unter AZA und 11 unter Rituximab kam es zu schweren Infektionen. In der AZA-Gruppe kam es zu zwei Todesfällen. Bei einem vergleichbaren Sicherheitsprofil führte Rituximab versus Azathioprin signifikant häufiger zu einer anhaltenden Remission bei AAV-Patienten, wobei jedoch das unverblindete Studiendesign und die relativ niedrige Ereignisrate zu berücksichtigen sind. m Quelle: N Engl J Med 2014; 371(19): 1771-1780


35 Bildgebende Diagnostik

Der besondere Fall: Spondylosis hyperostotica Anamnese: 70-jähriger Patient mit chronischen Rückenschmerzen (z.T. nächtlich) seit mehr als 40 Jahren. 1978 Nachweis eines positiven HLA-B27 und Diagnose einer Spondylitis ankylosans. Seither immer wieder Einnahme von NSAR (Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen) und unregelmäßige Teilnahme an Krankengymnastik und Physiotherapie. 7/2014 Vorstellung zur weiteren Abklärung und Therapie bei zuletzt deutlich zunehmender Wirbelsäulenfunktionseinschränkung, vor allem im Bereich der HWS. Klinischer Befund: 8/2014: 168 cm, 86,5 kg. RR 160/100, Puls 64/min., an Herz, Lunge, Abdomen keine über die Altersnorm hinausgehenden pathologischen Befunde. Wirbelsäulen- und Gelenkstatus: HWS-Rotation (20-0-20°), BWS/LWS: Thoraxumfang Inspiration/Exspiration Differenz 3 cm, Schober lumbal 10/12 cm, Finger-Boden-Abstand 30. Die Rotation im Bereich der Hüftgelenke endgradig eingeschränkt. Zustand nach TEP beider Kniegelenke (beidseits Beugung eingeschränkt 90°). Kompressionsschmerz im Vorfußbereich beidseits. Keine peripheren synovitischen Schwellungen. Labor: CRP 10,82 mg/l, BSG 42/h, RF negativ, ccP-Ak negativ.

Bei der Spondylitis ankylosans ist das Röntgenbild in frühen Stadien meist noch unauffällig. Später bilden sich Wirbelkörperspangen (Syndesmophyten). Im Endstadium versteift sich die gesamte Wirbelsäule bambusstabförmig und es kommt zur Blockwirbelbildung. Die kyphotische Fehlstellung führt zum Totalrundrücken. m Abb. 1: HWS seitlich – Überbrückende Spondylophytenbildungen vor allem im mittleren HWS-Abschnitt. Wirbelkörper nicht höhengemindert.

Abb. 2: LWS in zwei Ebenen – im mittleren LWSAbschnitt Spondylarthrose mit z.T. überbrückender Spangenbildung. Degenerative Veränderungen Bandscheibenraum L3/4, 4/5 und 5/S1. Degenerative ISG-Veränderungen. Kein Anhalt für Spondylitis oder Sakroiliitis.

Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Der besondere Fall

Diagnose: Spondylosis hyperostotica (Morbus Forestier) – Ausschluss Spondylitis ankylosans Die Spondylosis hyperostotica ist die häufigste nicht-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule. In Europa kommt sie bei etwa 5 % der Bevölkerung über 50 Jahre vor. Die Prävalenz steigt mit dem Lebensalter. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Die Spondylosis hyperostotica wird gehäuft bei Patienten mit Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen beobachtet. Bildgebung: Die Diagnose „Spondylosis hyperostotica" wird primär radiologisch gestellt. An den Wirbelkörpern sieht man im Röntgenbild zuckergussartige, anterolaterale Hyperostosen (Osteophyten). Dabei sieht man eine ausgeprägte Wulstbildung, aber keine Randsklerosierung. Die Höhe der Zwischenwirbelräume ist erhalten – durch die Überbrückung der Zwischenräume kann jedoch die Beweglichkeit der Wirbelsäule in einzelnen Segmenten aufgehoben sein. Die Zwischenwirbelgelenke sind frei von Ankylosen. Die Wachstumsrichtung der osteophytären Wirbelanbauten ist bei der Spondylosis hyperostotica primär horizontal, während die differenzialdiagnostisch zu erwägenden Syndesmophyten primär eine vertikale Wachstumsrichtung aufweisen. Der radiologische Befund zeigt keine Hinweise auf eine Spondylitis. Die ISG sind niemals entzündlich verändert – können aber im Einzelfall Zeichen einer ISG-Arthrose bieten.


36 Osteoporose

Neue Therapien auf dem Vormarsch In die medikamentöse Behandlung der Osteoporose kommt immer mehr Bewegung, was sich auch an der kürzlich finalisierten, neuen DVO-Leitlinie 2014 ablesen lässt. Nachdem in dieser mit Denosumab ein erster Antikörper reüssiert, klopfen jetzt zwei weitere Therapiekandidaten an die Tür. So liegen aus Phase-II auch im Vergleich zu Teriparatid überzeugende Daten für den Sclerostin-Antikörper Romosozumab zur Steigerung der Knochendichte vor – auf die Frakturdaten aus Phase-III kann man sehr gespannt sein. Bereits weiter ist der hochspezifische, 1x wöchentlich oral applizierbare Cathepsin K-Inhibitor Odanacatib, zu dem auf dem ABMSRKongress 2014 Phase-III-Daten vorgestellt wurden, die eine starke Frakturreduktion zeigen, jedoch noch Anlass zur Diskussion des Sicherheitsprofils geben werden.

Überaus effektive Frakturreduktion unter Odanacatib Nach einem durchschnittlichen Follow-up von 34 Monaten erreichte Odanacatib versus Placebo in der Ereignis-gesteuerten LOFT-Studie alle primären Endpunkte: eine relative Risikoreduktion neuer oder sich verschlechternder morphometrischer vertebraler Frakturen um 54 %, für Hüftfrakturen um 47 %, für nichtvertebrale Frakturen um 23 % und vertebrale Frakturen um 72% (je p<0,001). Bei der Vorstellung der Ergebnisse merkte Michael McClung, Portland (USA), an, dass die Senkung der Rate vertebraler Frakturen bereits nach sechs Monaten ersichtlich war, während dies bei den nicht-vertebralen Frakturen etwas später der Fall war und die Therapiedauer stark mit dem Ausmaß der Frakturreduktion korrelierte. Wie zuvor in Phase-II-Studien wurde nach fünf Jahren gegenüber Placebo ein progressiver Anstieg der Knochendichte (BMD) um 11,2 % an der Lendenwirbelsäule (LWS) und um 9,5 % für die Gesamthüfte gesehen (je p<0,001). Bei Biomarkern des Knochenumsatzes kam es zu einer raschen und signifikanten Reduktion der NTx-Werte, die über den Verlauf der Studie hinweg persistierte, während sP1NP zu Beginn der Studie moderat abnahm und dann nach vier Jahren wieder auf dem Niveau zu Baseline war. Während keine Fälle einer Kieferosteonekrose berichtet wurden, kam es unter Odanacatib in insgesamt fünf Fällen zu einer atypischen Femurfraktur, entsprechend einer Inzidenz von 0,1 % im Vergleich zu keiRheuma Management · Nov./Dez. 2014

nem Fall in der Placebogruppe. Wie Socrates Papapoulos, Leiden (Niederlande), bei der Präsentation der Sicherheitsdaten aus LOFT erläuterte, handelte es sich bei den beobachteten atypischen Frakturen im Gegensatz zu Bisphosphonaten aber nicht um spontane Frakturen, sondern um solche, die unabhängig von der Therapiedauer vor allem bei Patienten mit sehr schwerer Osteoporose mit einem mittleren T-Score von -4,4 bzw. -3,2 an LWS respektive Oberschenkelhals auftraten.

Sicherheitsaspekte im Fokus Relevanter dürfte eine leichte, aber jeweils nicht signifikante Erhöhung des kardiovaskulären Risikos unter Odanacatib sein, mit etwas häufigerem Vorhofflimmern (92 vs. 80 Fälle), schweren kardiovaskulären Ereignissen (Hazard ratio, HR 1,12), Schlaganfall (HR 1,28) zerebrovaskulären Ereignissen (HR 1,06) und Tod (HR 1,13). Leicht gehäuft traten unter Odanacatib mit 12 vs. 3 Fällen – bei Absetzen allerdings reversible – Sklerodermie-artige Hautverdickungen auf mit einer jedoch sehr geringen Inzidenz von <0,1 %. Keine relevanten Unterschiede zeigten sich in puncto Sklerose, schweren Infektionen der Atemwege oder einer verzögerten Frakturheilung. m

Im Ergebnis bietet das stark die Frakturate reduzierende Odanacatib die Chance, die Therapie der Osteoporose deutlich zu verbessern, zumal es im Gegensatz zu anderen oralen Antiresorptiva nicht zugleich die Knochenneubildung hemmt – zu klären ist aber noch die langfristige kardiovaskuläre Sicherheit.

Quelle: ABMSR Annual Meeting, Houston (USA), 12.-15. September 2014; Abstr. #1147, #1148

Kompakt

In dem noch andauernden doppeblinden, placebokontrollierten Long-Term Odanacatib Fracture Trial (LOFT) wurden in 40 Ländern 16.713 postmenopausale Frauen ≥65 Jahre mit einer gesicherten Osteoporose eingeschlossen und zusätzlich zu einer Calcium/ Vitamin D3-Supplementation auf Placebo oder 1x wöchentlich Odanacatib randomisiert.


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38 Gichtarthritis

Medikamentöse Therapie stärker ausreizen Trotz eindeutiger Leitlinien-Vorgaben zu einem Serum-Harnsäurezielwert <6 mg/dl wird dieser in der Praxis nicht konsequent genug verfolgt und unter dem Therapiestandard Allopurinol oftmals verfehlt. In der FORTEStudie von Anne-Kathrin Tausche, Dresden, und Kollegen, erwies sich der selektive Xanthinoxidase-Hemmer Febuxostat als eine effektive Alternative.

In der FORTE-Studie wurde die Effektivität und Sicherheit von Febuxostat bei 5.592 Gicht-Patienten aus fast 1.700 allgemeinmedizinischen und internistischen Praxen in Deutschland untersucht. Eingeschlossen wurden auf Febuxostat gewechselte Patienten, bei denen in 75 % der Fälle die Vortherapie (zu 79 % Allopurinol) die Harnsäurewerte nicht ausreichend gesenkt hatte oder eine Therapieänderung infolge von schlechter Compliance oder von Arzneimittelinteraktionen erforderlich war. Obwohl die Diagnosestellung im Mittel vier Jahre zurücklag, erhielten fast 20 % der Patienten zu Studienbeginn keine harnsäuresenkende Therapie. Nach vier Wochen erreichte die große Mehrheit der Patienten das Therapieziel einer Serum-Harnsäurewerts von 6 mg/dl bei zugleich guter Verträglichkeit von Febuxostat. So sanken unter Febuxostat die Serum-Harnsäurewerte von zu Beginn im Mittel 8,9 auf 6,2 mg/dl. Die mittlere Harnsäuresenkung betrug 2,4 mg/dl. 67 % der Gicht-Patienten erreichten so einen Harnsäurezielwert von im Mittel 6,1 mg/dl, wobei

zwischen den Praxen eine Streuung beim anvisierten Therapieziel und eine mitunter unzureichende Umsetzung der EULAR-Leitlinien erkennbar war. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die auf den Laborbefunden angegeben Normalwerte mit Referenzintervallen mitunter als Zielwerte interpretiert wurden. Ein weiteres Manko: Nur 43 % der Patienten erhielten eine Anfallsprophylaxe, die bei Beginn oder Intensivierung einer harnsäuresenkenden Therapie aber als Standard erfolgen sollte. Dennoch berichteten letztlich nur 2,1 % der Patienten einen Gichtanfall während des Beobachtungszeitraums. Eine konsequenter auf den Zielwert von <6 mg/dl ausgerichtete harnsäuresenkende Therapie mit zugleich erfolgender Anfallsprophylaxe könnte das Outcome von Gicht-Patienten noch erheblich verbessern, so das Fazit der Autoren. m Quelle: Int J Rheumatol 2014; 2014: Article ID 123105

Schlechte Noten fürs Therapiemanagement Ähnliche Probleme bei der Leitlinien-Umsetzung bei Gichtarthritis offenbarte auch die NHANES-Studie in den USA. Wie die EULAR empfiehlt auch der ACR einen Harnsäure-Zielwert von <6 mg/dl und in schweren Fällen sogar von <5 mg/dl. Einen Überblick zur dortigen Erfolgsquote verschafften sich jetzt US-amerikanische Experten um Allan C. Gelber, Baltimore.

In den Jahren 2007-2010 wurden 4,5 Millionen erwachsene Gicht-Patienten mit der Indikation für eine harnsäuresenkende Therapie identifiziert, wovon zwei Drittel nicht auf den Zielwert von 6 mg/dl eingestellt waren. Vor allem ein höheres Alter (<70 Jahre) war mit dem Verfehlen des Therapieziels assoziiert. Wurden nur jene Patienten analysiert, die auch tatsächlich eine harnsäuresenkende Therapie (zumeist Allopurinol) erhielten, waren vor allem ein begleitender Typ-2-Diabetes (Prävalenz-Ratio, PR 1,42) und Adipositas (PR 1,74) mit einem Serum-Harnsäurewert ≥6 mg/dl verknüpft. In Anbetracht des zuletzt in Fall-Kontroll-Studien bestätigten erhöhten Risikos von Gicht-Patienten – und hier vor allem Frauen – für kardiovaskuläre KompliRheuma Management · Nov./Dez. 2014

kationen, aber auch die Entstehung eines Typ-2-Diabetes, sind dies ernüchternde Zahlen. Immer noch zu selten wird die Gichtarthritis als systemische Erkrankung wahrgenommen und entsprechend konsequent behandelt. Die Hälfte aller US-Amerikaner mit Gicht und einer harnsäuresenkenden Therapie und sogar zwei Drittel mit der Indikation für eine solche Therapie wiesen somit Werte über 6 mg/dl auf, bilanzierten die Autoren. Es wäre wünschenswert, wenn im Zuge der Entwicklung der ersten Gicht-Leitlinie der DGRh entsprechende Daten auch für Deutschland erhoben würden. m Quelle: Arthritis Care Res 2014; doi: 10.1002/acr.22469


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

39 ACR Scientific Meeting 2014

Neue Therapiestudien und ACR-Leitlinien vorgestellt Auf der diesjährigen ACR-Tagung in Boston (USA) bildete die Rheumatoide Arthritis (RA) wenig überraschend einen der inhaltlichen Schwerpunkte, wobei der Fokus insgesamt weniger auf neuen Biologika-, Small molecule- oder Biosimilar-Studien lag, sondern mehr auf Treat-to-target (T2T)- und Tight-control (TC)-Therapiestrategien und dem Management kardiovaskulärer und anderer Begleiterkrankungen. Ebenfalls wurde in Registerstudien der Frage nachgegangen, ob und inwieweit sich Biologika in puncto Effektivität und Sicherheit in der Praxis unterscheiden.

Ein spezielles Hot-topic war neben neuen Erkenntnissen zur Therapiesicherheit die mit der RA assoziierte Mortalität im Langzeitverlauf. Hierzu wurden die 34-Jahres-Daten aus der Nurses‘ Health-Studie präsentiert, die für Frauen mit RA auf ein klar erhöhtes, mit kardiovaskulären Ereignissen, Malignitäten und den bislang wohl unterschätzten respiratorischen Komplikationen assoziiertes Sterberisiko aufweisen. Auf der anderen Seite erfreulich waren die 10-JahresErgebnisse der niederländischen BeSt-Studie, in der nach diesem langem Zeitraum mit allen untersuchten Therapiestrategien bzw. -abfolgen eine mit der Allgemeinbevölkerung fast vergleichbare Sterblichkeit beobachtet wurde. Entscheidend für diesen Behandlungserfolg war das konsequente Verfolgen eines engmaschigen T2T-Protokolls. Ein weiteres Highlight war zudem die Präsentation eines Entwurfs der neuen ACR-Leitlinien 2015 zum Management der RA. Ebenfalls der Entwurf einer neuen Leitlinie wurde für die axiale Spondyloarthritis (SpA) einschließlich der Ankylosierenden Spondylitis (AS) präsentiert – eine Erkrankung, die ebenso wie die Psoriasis-Arthritis (PsA) diesmal besonders im Vordergrund stand, da zum IL-17A-Antikörper Secukinumab für diese beiden

Indikationen gleich vier positiv verlaufene Phase-IIIStudien vorgestellt wurden. Doch auch jenseits der MEASURE- und FUTURE-Studien gab es zahlreiche interessante Arbeiten zur axialen und peripheren SpA sowie zur PsA. Auf einer Late-breaking-Session wurden unter anderem Studien zu neuen Therapiekandidaten für den systemischen Lupus erythematodes (SLE) und eine interessante Strategiestudie zur Ersttherapie bei Kindern mit neu aufgetretener juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) präsentiert. Überdies war die systemische Sklerose mit Studien und Abstracts in diesem Jahr umfangreich vertreten. Nicht zuletzt wurden auch kürzlich aktualisierte Leitlinien, so z.B. zur Gichtarthritis, der Lupusnephritis (LN) und Polymyalgia rheumatica kritisch diskutiert. Auch die an neuester Grundlagenforschung interessierten Rheumatologen kamen in Anbetracht interessanter Vorträge zur angeborenen und adaptiven Immunität im Kontext rheumatischer Erkrankungen nicht zu kurz. m

Quelle: American College of Rheumatology (ACR) Scientific Meeting, Boston (USA), 14.-19. November 2014

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Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

40 Rheumatoide Arthritis

Mit Treat-to-target zu geringerer Mortalität Aktuelle Studien zeigten zuletzt divergierende Trends zur Mortalität von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA). Niederländische Rheumatologen um Iris M. Markusse, Leiden, analysierten nun das 10-Jahres-Überleben von Patienten mit früher RA, die in der BeSt-Studie einer konsequenten Treat-to-target (T2T)-Therapie mit Tight control (TC) zugeführt worden waren und verglichen dieses mit den Überlebensraten der Allgemeinbevölkerung (ACR-Kongress 2014; Abstr. 817).

In der BeSt-Studie waren 508 Patienten mit sehr früher RA randomisiert worden auf 1) eine sequenzielle Monotherapie, 2) Step-up-Therapie oder initiale Kombination mit 3) Prednison oder 4) Infliximab. Über 10 Jahre hinweg wurde eine an einer DAS-Remission ≤2,4 orientierte T2T-Strategie verfolgt. Standardisierte Mortalitäts-Ratios (SMR) zum Vergleich der BeSt- mit der holländischen Population wurden gematcht auf Alter, Geschlecht und Kalenderjahr berechnet. Im Verlauf verstarben 72 der 508 Teilnehmer in einem mittleren Alter von 75 Jahren. Für das Überleben zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den vier Therapiearmen (p=0,805). Ausgehend von der Bevölkerung wären 62 Todesfälle zu erwarten gewesen, was in einer SMR von 1,16 (95% CI 0,92-1,46) resultiert. Beim Vergleich der Therapiestrategien ergeben sich entsprechende SMRs von 1,00, 1,02, 1,30 und 1,32 in den Behandlungsarmen 1-4. In der BeStPopulation waren zu Beginn ein höheres Alter (Hazard

ratio, HR 1,13), männliches Geschlecht (HR 1,78), Rauchen (HR 5,19) und schlechter HAQ (HR 1,89) mit einem höheren Mortalitätsrisiko assoziiert, nicht hingegen die vier Therapieansätze (mit Behandlungsarm 1 als Referenzwert; Arm 2 HR 0,99; Arm 3 HR 1,27; Arm 4 HR 1,25). Nach 10 Jahren einer engmaschig kontrollierten T2TTherapie war das Überleben der RA-Patienten in der BeSt-Studie beinahe vergleichbar mit jenem der Allgemeinbevölkerung, ohne dass die differierenden Initialtherapien hierauf Einfluss genommen hätten. Diese Daten deuten darauf hin, dass eine am Therapieziel Remission ausgerichtete Behandlung die Mortalität reduziert und durch die hierfür eingesetzten Medikamente das Sterblichkeitsrisiko nicht erhöht, sondern über die Reduktion der Krankheitsaktivität eher gesenkt wird. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S359

Langfristiges Sterblichkeitsrisiko bei RA im Fokus Dass die RA insgesamt mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert ist, wurde mehrfach gezeigt, jedoch fehlte es an direkten Vergleichen mit einem ausreichend langen Follow-up. Licht ins Dunkel bringt jetzt eine 34-Jahres-Auswertung der Nurses‘ Health Study durch Jeffrey A. Sparks, Boston (USA), und Kollegen, in der erstmals prospektiv ab der Diagnose ein Vergleich von Frauen mit und ohne RA vorgenommen wurde (ACRKongress 2014; Abstr. 818).

Aus der Kohorte der zwischen 1976 und 2010 erfassten 121.700 Frauen wurden 960 RA-Fälle herausgefiltert und bei diesen 261 Todesfälle dokumentiert. Im Vergleich zu Frauen ohne RA hatten solche mit RA auch adjustiert auf Alter und relevante Einflussfaktoren eine signifikant höhere Gesamtmortalität (HR 2,07, 95% CI 1,83-2,35), vor allem bei seropositiver (HR 2,33), aber auch seronegativer RA (HR 1,60). Pro fünf Jahre Krankheitsdauer der RA kam es zu einer Steigerung der Mortalität um 32 % gegenüber Frauen ohne RA. Frauen mit RA hatten ein signifikant erhöhtes Sterblichkeitsrisiko infolge kardiovaskulärer Erkrankungen (HR 1,87), Krebs (HR 1,35) und aufgrund Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

von Atemwegerkrankungen (HR 4,50); letzteres Risiko war noch höher bei seropositiver RA (HR 6,23). Neu mit RA diagnostizierte Frauen hatten somit nach über 30 Jahren ein mehr als doppelt so hohes Mortalitätsrisiko gegenüber solchen ohne RA. Besonders interessant sind die Befunde zur Rolle von respiratorischen Komplikationen. Generell ist zu bedenken, dass die RA-assoziierte Mortalität heute mit sehr viel besseren Therapien und Strategien sicherlich deutlich geringer ausfallen würde. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S359360


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

41 Rheumatoide Arthritis

RETRO-Studie: Therapieabbau bei stabiler Remission möglich Aufgrund des sich stetig verbessernden Therapiemanagements mit raschem Beginn einer konventionellen DMARD-Therapie und nachfolgender Eskalation auf Biologika können immer mehr Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) in Remission gebracht werden. Daher stellt sich heute immer öfter die Frage nach einer Therapiedeeskalation bei fortgesetzter Remission. Noch sind die Daten hierzu limitiert, unter ökonomischen und Sicherheitsaspekten jedoch hochrelevant. In der von deutschen Rheumatologen um Georg Schett, Erlangen, initiierten Real-life-Studie RETRO wurden jetzt Strategien einer Therapiereduktion bei Patienten in stabiler, anhaltender Remission verglichen und nach Prädiktoren für erneute RA-Krankheitsschübe gefahndet.

Insgesamt 101 Patienten (61,4 % Frauen, 60 % ACPA+, 63 % RF+, 37,6 % Biologikum, 80,2 % MTX, 7,9 % andere DMARDs) konnten für den 12-MonatsEndpunkt ausgewertet werden: 38 Teilnehmer in Arm 1 (Alter 55,8 Jahre, Krankheitsdauer 6,8 Jahre, Remission 20,9 Monate), 36 in Arm 2 (Alter 54,1 Jahre, Krankheitsdauer 8,6 Jahre, Remission 14,5 Monate) und 27 Patienten in Arm 3 (Alter 54,8 Jahre, Krankheitsdauer 5,6 Jahre, Remission 17,6 Monate). Von den 101 Studienteilnehmern befanden sich nach 12 Monaten 66,3 % weiterhin in Remission. In Arm 2 (38,9 %, χ2 (1)=5,0; p=0,036) und 3 (51,9 %, χ2 (1)=9,6; p=0,003) mit unterschiedlich intensiver Therapiereduktion wurde eine im Vergleich zur Kontrollgruppe (Arm 1, 15,8 %) signifikant höhere Rückfallrate beobachtet. Zwischen den beiden Armen 2 und 3 mit Therapiedeeskalation war hingegen kein signifikanter Unterschied auszumachen (χ2 (1)=1,1;

p=0,443).In einer multivariaten Regressionsanalyse wurden im Vergleich zum Kontrollarm lediglich ACPAPositivität (χ2 =4,5; p=0,03) und Therapiereduktion (Arm 2: χ2=6,6; p=0,01, Arm 3: χ2 =8,8; p=0,003) als signifikante Prädiktoren für subsequente Krankheitsschübe identifiziert. Weder Alter, Geschlecht, Krankheitsdauer, Remissionsdauer bzw. -tiefe (Boolean Remission ja/nein), RF-Positivität noch eine Biologika-Therapie erwiesen sich in der RETRO-Studie als signifikante Prädiktoren eines Rückfalls. m

In der retrospektiven Praxisstudie RETRO zu Strategien einer Therapiedeeskalation bei RA-Patienten in anhaltender, stabiler Remission wurde nachgewiesen, dass eine Dosisreduktion bis hin zum kompletten Absetzen von konventionellen bzw. biologischen DMARDs bei einem Teil der Patienten unter Erhalt der Remission möglich ist. Überraschenderweise war nur ACPA-Positivität prädiktiv für Schübe nach Beginn der Therapiereduktion, nicht hingegen die Remissionsdauer und -tiefe.

Quelle: Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S418

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Kompakt

In die multizentrische, randomisierte, kontrollierte, prospektive Phase-III-Parallelgruppen-Studie RETRO wurden die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien aus 2010 erfüllende RA-Patienten mit einer Krankheitsdauer von ≥12 Monaten eingeschlossen, wenn sie in einer klinischen Remission (DAS28-ESR ≤2,6) unter stabiler DMARD-Therapie für mehr als 6 Monate waren. Patienten mit ≥1 konventionellen und/oder biologischen DMARD wurden auf drei Therapiearme randomisiert: In Arm 1 (Kontrollgruppe) wurde die jeweilige konventionelle bzw. biologische DMARD-Therapie in voller Dosis für 12 Monate weitergeführt, während in Arm 2 eine Dosisreduktion aller konventionellen und/ oder biologischen DMARDs um 50 % für 12 Monate erfolgte und in Arm 3 die Dosis aller konventionellen und/oder biologischen DMARDs um 50 % für 6 Monate reduziert und nachfolgend für 6 Monate das DMARD ganz abgesetzt wurde. Bei einem Rückfall (DAS28 >2,6) wurde wieder die ursprüngliche Therapie gestartet (ACR-Kongress 2014; Abstr. 940).


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

42 Rheumatoide Arthritis

Neue Biologika-Therapien im Fokus Neben einer ganzen Reihe experimenteller Ansätze wurden bei Rheumatoider Arthritis (RA) auch zu in klinischen Studien weiter fortgeschrittenen Therapiekandidaten neue Ergebnisse vorgestellt. Von besonderem Interesse war neben Subgruppenanalysen zur Phase-III-Studie mit dem IL-6-Rezeptor (IL-6R)-Inhibitor Sarilumab eine weitere Phase-II-Studie zu dem humanen, monoklonalen GM-CSF-Antikörper Mavrililumab.

In einer vorhergehenden Phase-IIa-Studie war für den GM-CSF-Rezeptor (R)α-Inhibitor Mavrililumab als erstem Vertreter dieser neuen Substanzklasse ein rascher und über 12 Wochen anhaltender Therapieeffekt bei RA nachgewiesen worden. Auf dem ACR-Kongress stellte nun eine internationale Studiengruppe um Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, die Ergebnisse einer 24-wöchigen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Parallelgruppenstudie zur Effektivität und Sicherheit von Mavrililumab bei Patienten mit mäßiger bis schwerer RA im Erwachsenenalter vor (ACR-Kongress 2014; Abstr. 2821) (1).

GM-CSF-Rα-Blockade mit Mavrililumab in neuer Phase-II-Studie Die Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf ≥1 DMARD, einem DAS28-CRP ≥3,2 und SJC ≥4 wurden für 24 Wochen zusätzlich zu Methotrexat (MTX; 7,525 mg/Woche) im Verhältnis 1:1:1:1 auf eine von drei s.c.-Mavrililumab-Dosen (30, 100 oder 150 mg) oder Placebo alle zwei Wochen randomisiert. Ko-primäre Endpunkte waren die Änderungen im DAS28-CRP (Tag 1 bis Woche 12) und das ACR20-Ansprechen in Woche 24. Gleichfalls erfasst wurden unerwünschte Ereignisse mit besonderem Fokus auf pulmonale Parameter. 80

0,0

73,4

70

-1,0

ACR20-Ansprechen (%)

DAS28-CRP-Reduktion

-0,5

-0,96

-1,5 -1,74 -2,0

-1,98 -2,18

-2,5

61,2

60 50,6

50 40 30

24,7

20 10 0

Placebo Mavrilimumab 30 mg

Mavrilimumab 100 mg Mavrilimumab 150 mg

Abb.: DAS28-CRP-Reduktion und ACR20-Ansprechen (ko-primäre Endpunkte) unter Mavrililumab versus Placebo nach 24 Wochen (1) Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Bei den insgesamt 326 Patienten (mittleres Alter 58 Jahre, 86,5 % Frauen, DAS28-CRP 5,8, RF/ACPA+ 81,9 %) zeigte sich nach 12 und später auch 24 Wochen für alle Mavrililumab-Dosen ein gegenüber Placebo signifikanter Vorteil beim DAS28-CRP (p<0,001); unter der höchsten Dosis (150 mg) betrug die DAS28CRP-Reduktion nach 24 Wochen -2,18 vs. -0,96 (Abb.). In Woche 24 war Mavrililumab auch beim zweiten Endpunkt in allen eingesetzten Dosen Placebo signifikant überlegen (p<0,001), wobei mit der 150 mg-Dosis das ACR20-Ansprechen 73,4 vs. 24,7 % betrug. Signifikante Vorteile bei beiden ko-primären Endpunkten waren bereits nach einer Woche unter Mavrililumab 150 mg gegeben (p<0,001), das gegenüber Placebo auch mit einem signifikant besseren ACR50/70-Ansprechen (40,5 bzw. 13,9 %) nach 24 Wochen assoziiert war. Häufige therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse waren Kopfschmerzen, Nasopharyngitis (150 mg: je 7,6 %) und Bronchitis (5,1 %), jedoch versus Placebo keine relevante Häufung pulmonaler Ereignisse (bis zu 9,9 %). Auch mit den höheren Dosierungen waren keine schweren Infektionen oder Anaphylaxien verbunden und im Gegensatz zu den Therapieeffekten war beim Nebenwirkungsprofil keine eindeutige Dosis-Beziehung erkennbar. Im Ergebnis bestätigt damit auch die zweite PhaseII-Studie die potenziellen Vorteile der GM-CSF-Rα vermittelten Inhibition der Makrophagen-Aktivität für die Reduktion der RA-Krankheitsaktivität. Beide ko-primären Endpunkte wurden erreicht und eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung nachgewiesen. Über einen Zeitraum von 24 Wochen wurde zudem ein akzeptables Nebenwirkungsprofil dokumentiert.

Aktuelle Phase-III-Analysen zum IL-6R-Inhibitor Sarilumab Die Effektivität des gegen IL-6R gerichteten humanen, monoklonalen Antikörpers Sarilumab bei Patienten mit mäßiger bis schwerer RA und unzureichendem Ansprechen auf MTX war in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie SARIL-RA-MOBILITY nachgewiesen worden. Eine aktuel-


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43 le Analyse von Arthur Kavanaugh, San Diego (USA), und Kollegen, befasste sich mit den Wirksamkeitsdaten bis Woche 52 (ACR-Kongress 2014; Abstr. 2824) (2). Die Teilnehmer waren in Kombination mit MTX im Verhältnis 1:1:1 auf Placebo oder Sarilumab 150 mg bzw. 200 mg alle zwei Wochen für 52 Wochen randomisiert worden. Alle drei ko-primären Endpunkte (ACR20-Ansprechen in Woche 24, Änderungen im HAQ-DI bis Woche 16 und im mTSS bis Woche 52) wurden unter beiden Sarilumab-Dosen signifikant erreicht und eine klinisch bedeutsame Verbesserung gezeigt. Auch nach 52 Wochen blieb das ACR20-Ansprechen unter Sarilumab 150 und 200 mg s.c. versus Placebo signifikant höher (p<0,0001). Eine signifikant höherer Anteil von Patienten war in den Sarilumab-Gruppen auch nach einem Jahr noch in einer DAS28-CRP- und CDAI-Remission (p<0,0001), die mit der höheren Dosis 34,1 bzw. 18,0 % der Patienten erreichten. In puncto HAQ-DI-Ansprechen und mTSS-Veränderung wurden ebenfalls signifikante und bis Woche 52 anhaltende Vorteile von Sarilumab dokumentiert. Infektionen und Reaktionen an der Einstichstelle waren die häufigsten therapieassoziierten Nebenwirkungen. Schwere Infektionen traten unter Sarilumab häufiger auf, hinsichtlich der Laborwerte zeigten sich die typischen mit der IL-6-Inhibition assoziierten Veränderungen. In einer zweiten Analyse der SARIL-RA-MOBILITY-Studie von Roy Fleischmann, Dallas (USA) und Kollegen, wurden jene 21,2 % der Patienten ausgewertet, die Biologika-vorbehandelt waren; zu 50 % handelte es sich dabei um einen TNFα-Inhibitor (ACR-Kongress 2014; Abstr. 2823) (3). Untersucht wurden hierin das ACR20/50/70-Ansprechen und die Reduktion der DAS28-CRP- und CDAI-Scores bei Biologika-erfahrenen vs. -naiven Patienten. Beim ACR20/50/70-Ansprechen zeigte sich für beide Sarimumab-Dosen keine relevante Differenz zwischen beiden Patientengruppen, unter Sarilumab 200 mg erreichten ein solches nach 24 Wochen 64, 41 und 19 % der Biologika-vorbehandelten und 67, 47 und 27 % der Biologika-naiven

Patienten. Auch bei der DAS28-CRP- (200 mg: -3,15 vs. -3,29) sowie der CDAI-Reduktion (200 mg: -28,8 vs. -30,3) nach 52 Wochen unterschieden sich die Biologika-erfahrenen kaum von den Biologika-naiven Patienten. Insgesamt zeigt somit Sarilumab in beiden Dosierungen bei akzeptabler Verträglichkeit eine gute Wirksamkeit (Krankheitsaktivität, Körperfunktion, radiologische Progression) über 52 Wochen ohne dass, zumindest hinsichtlich der Aktivitätsparameter, gravierende Unterschiede zwischen Biologika-vorbehandelten und Biologika-naiven RA-Patienten bestanden.

Kurz gemeldet Relativ wenig Neues gibt es derzeit zu den „Small molecules“ zu vermelden. Auf dem ACR-Kongress vorgestellt wurden neben weiteren Sicherheitsdaten zu Tofacitinib auch neue Langzeitdaten einer Phase-IIbStudie zu dem oralen JAK-1/2-Inhibitor Baricitinib, die diesem auch nach 128 Wochen eine fortgesetzt gute Wirksamkeit (z.B. ACR20 70 %, DAS28-CRP ≤2,6 39 %, CDAI ≤2,8 22 % und SDAI ≤3,3 21 %) bescheinigen. Das Sicherheitsprofil war konsistent mit jenem aus der kontrollierten Studienphase (ACR-Kongress 2014; Abstr. 2822) (4). Bei bereits umfangreich vorbehandelten Patienten mit langjähriger RA konnte zudem der JAK-1/3-Inhibitor ASP015K mit durchaus interessanten ersten Wirksamkeitsdaten nach 12 Wochen aus einer Phase-IIbStudie aufwarten, die zugleich auf eine akzeptable Verträglichkeit schließen lassen (ACR-Kongress 2014; Abstr. 2826) (5). m

Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S1231-1232 2 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S1233-1234 3 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S1232-1233 4 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S1232 5 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S1234-1235

©ACR

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


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44 Rheumatoide Arthritis

Wichtige Studien vom ACR kurz beleuchtet Bei RA höheres Risiko für ADA-Entwicklung Mit dem Aufkommen von Biosimilars rückte die Bildung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA) unter diesen und auch den originalen TNFα-Inhibitoren verstärkt in den Fokus. Daten hierzu stellte eine deutsch-südkoreanische Arbeitsgruppe um Jürgen Braun, Herne, aus den Phase-III-Studien PLANETRA und PLANETAS zu dem Infliximab-Biosimilar CT-P13 bei Rheumatoider Arthritis (RA) und Ankylosierender Spondylitis (AS) vor. Nach 12 Monaten war es sowohl unter CT-P13 (52,3 vs. 22,9 %; p<0,001) als auch Infliximab (49,5 vs. 26,7 %; p<0,001) bei RA- versus AS-Patienten signifikant öfter zur ADA-Bildung gekommen, obwohl bei RA Methotrexat (MTX) als Begleittherapie mitlief. Trotz der diversen Unterschiede zwischen RA- und AS-Patienten ist diese große Diskrepanz doch überraschend und bislang nicht erklärbar (Abstr. L21). m

Absetzen von TNFa-Inhibitor oft möglich Immer mehr Studien beschäftigen sich mit der Möglichkeit eines Therapieabbaus bei stabil niedriger RAKrankheitsaktivität. Niederländische Rheumatologen um Harald E. Vonkeman setzten jetzt in einer kontrollierten Studie mit 817 Patienten mit unter einem TNFα-Hemmer und DMARD stabil niedriger Krankheitsaktivität (DAS28 <3,2) bei zwei Drittel der Teilnehmer den TNFα-Inhibitor ab. Nach 12 Monaten hatten in dieser Gruppe 53 % der Patienten weiter einen DAS28 <3,2. Dennoch traten in der Absetzgruppe nach 6 und 12 Monaten (30,8 vs. 9,4 % bzw. 46,9 vs. 16,6 %; je p<0,0001) signifikant häufiger DAS28Flares auf; die Hazard ratio (adj. HR) für einen Flare nach Stoppen der Anti-TNF-Therapie betrug 2,16 (Abstr. L19). In der vergleichbaren niederländischen DRESS-Studie war ein Absetzen bzw. ein „Spacing“ von Adalimumab oder Etanercept bei 20 respektive 43 % der 180 Patienten mit stabilem DAS28-CRP <3,2 möglich, ohne dass sich die RA signifikant verschlechterte (Abstr. 1843). m

Biomarker zeigt Therapieansprechen an Der Serum-Biomarker 14-3-3η könnte künftig neben ACPA und RF eine wichtige Rolle in der RA-Frühdiagnose spielen, sich nach einer Studie japanischer Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Rheumatologen um Shintaro Hirata, Kitakyushu, die 149 Patienten einschloss, aber auch zur Verlaufsbeobachtung und Prädiktion der radiologischen Progression eignen. Ein zu Beginn positiver 14-3-3η-Status war mit schwerer RA, eine starke Reduktion nach 12 Monaten Therapie mit einer DAS28-Remission und gutem radiologischen Outcome assoziiert. Das Vorliegen von 14-3-3η zu Baseline prädizierte überdies das Ansprechen auf Tocilizumab und könnte somit auch für Therapiewahl und -monitoring genutzt werden (Abstr. L18). In einer US-amerikanischen Studie erwies sich wiederum ein vor Therapie erhöhtes Serum-IFNβ/ IFNα-Verhältnis als prädiktiv für ein schlechtes Ansprechen auf eine Anti-TNF-Therapie (Abstr. 2927). m

Auf dem Weg zu einem sichereren Glukokortikoid? Bei PF-04171327 handelt es sich um einen dissoziierten Agonisten des Glukokortikoid-Rezeptors (DAGR), von dem man sich eine im Vergleich zu Prednison weniger negative Wirkung auf den Knochen- und Glukosemetabolismus verspricht. Erste Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden Phase-II-Studie zu dem DAGR stellte eine internationale Studiengruppe um Vibeke Strand, Stanford (USA), vor. Bei 323 RA-Patienten war der DAGR (10 und 15 mg/Tag) nach 12 Wochen vergleichbar wirksam wie Prednison 10 mg/Tag. Die Effekte beider Dosierungen auf Knochenbildung und Glukosemarker entsprachen jenen von 5 mg Prednison. Nachdem alle geprüften PF-04171327-Dosierungen gut vertragen wurden, erscheint eine weitere Evaluation des DAGR durchaus sinnvoll (Abstr. L6). m

Gewichtsreduktion hilfreich bei RA Dass eine Gewichtsabnahme bei RA sinnvoll sein kann, unterstreicht eine retrospektive Kohortenstudie USamerikanischer Experten um Jeffrey A. Sparks, Boston. In dieser wurden 53 RA-Patienten ausgewertet, die sich verschiedenen Verfahren einer Adipositas-Chirurgie unterzogen hatten. Der damit verbundene sehr starke Gewichtsverlust war nach 12 Monaten und im Langzeitverlauf von 5,8 Jahren mit einer signifikant niedrigeren Krankheitsaktivität und häufigeren DAS28-Remission assoziiert (je p<0,0001). Überdies war öfter ein Therapieabbau möglich und auch die Entzündungsmarker wurden langfristig reduziert (Abstr. L17). m


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45 Rheumatoide Arthritis

Entwurf für ACR-Leitlinie 2015 zur Diskussion gestellt In Boston neu vorgestellt wurde ein Entwurf der ACR-Leitlinien-Empfehlungen zum Management der Rheumatoiden Arthritis (RA), deren Publikation wohl im Frühjahr 2015 ansteht. Gemäß der Präsentation von Jasvinder Singh, Birmingham (USA), dem Vorsitzenden des Leitlinien-Komitees, bleibt es bei separaten Algorithmen für die frühe und etablierte RA. Im Fokus steht vor allem das Treat-to-target (T2T)-Prinzip.

Einige Empfehlungen im Überblick Ein Kernpunkt: Fühlt der Patienten sich gut und ist die RA adäquat kontrolliert, sollte von ärztlicher Seite kein Therapiewechsel, oder nur in enger Absprache mit dem Patienten anvisiert werden. Jede Therapie sollte für drei Monate optimal ausdosiert eingesetzt werden, bevor bei unzureichendem Ansprechen eine Eskalation oder ein Wechsel des Medikaments erfolgen kann. Hierzu wird die regelmäßige Erfassung der Krankheitsaktivität gemäß den ACR-Kriterien angemahnt, die möglichst bei jeder Patientenvisite durchgeführt werden sollte. Routinemäßig, d.h. mindestens einmal jährlich, sollte mit standardisierten und validierten Skalen auch der Funktionsstatus der Patienten erfasst werden, im Fall einer aktiven RA sollte dies in kürzeren Intervallen geschehen. Der ACR bestätigt in der 2015er-Leitlinie, dass Methotrexat (MTX) die zu bevorzugende First-line-DMARDTherapie bei allen RA-Patienten sein sollte, eine initiale Monotherapie aber auch Leflunomid, Sulfasalazin und Hydroxychloroquin beinhalten kann. Glukokortikoide sollten „in geringstmöglicher Dosis für die geringstmögliche Zeit“ eingesetzt werden, um ein optimales Risiko/Nutzen-Verhältnis für den RA-Patienten zu gewährleisten. Bei früher RA mit niedriger Krankheitsaktivität wird eine DMARD-Monotherapie (in der Regel MTX), bei Flare plus Glukokortikoid, angeraten, bei mäßiger bis hoher Krankheitsaktivität nach DMARDVersagen entweder eine DMARD-Kombination, ein TNFα-Inhibitor oder Nicht-TNF-Biologikum (jeweils ± MTX bzw. ± Glukokortikoid).

In ähnlicher Weise soll bei etablierter RA nach DMARD-Versagen eine DMARD-Kombination, ein TNFα-Inhibitor oder Nicht-TNF-Biologikum (jeweils ± MTX) oder Tofacitinib plus MTX zum Einsatz kommen.

Sicherheitsaspekte im Fokus Spezifische Empfehlungen gibt es für Patienten mit kürzlich behandeltem/unbehandeltem Melanom (Vorzug von TNFα-Hemmerrn gegenüber Tofacitinib) oder anderen Hautkrebsformen (DMARD-Kombination oder Nicht-TNF-Biologika erhalten Vorzug vor TNFαHemmern) sowie kürzlich behandeltem Lymphom (Präferenz für DMARD-Kombination oder Nicht-TNFBiologika gegenüber TNFα-Hemmern). Keine Unterschiede werden bei soliden Tumoren gemacht. Bei Patienten mit aktiver Hepatitis B oder C mit effektiver antiviraler Therapie können ein DMARD, TNFαInhibitor, Nicht-TNF-Biologikum oder Tofacitinib eingesetzt werden. Bei Patienten mit etablierter RA und Herzinsuffizienz werden DMARD-Kombinationen, Nicht-TNF-Biologika und Tofacitinib gegenüber TNFαHemmern präferiert, ebenso bei Verschlechterung der Herzinsuffizienz unter Anti-TNF-Therapie. Bei vorherigen schweren Infektionen ist vorgesehen, DMARDKombinationen oder Abatacept (nicht aber Rituximab/ Tocilizumab) Vorrang vor TNFα-Hemmern zu geben.m

Für Patienten mit etablierter RA und niedriger Krankheitsaktivität unter MTX wird eine starke Empfehlung zur Fortführung einer Therapie mit einem DMARD, TNFaInhibitor, Nicht-TNF-Biologikum oder Tofacitinib gegeben, bei Remission unter MTX kann ein Ausschleichen von DMARD, TNFa-Inhibitor, Nicht-TNF-Biologikum oder Tofacitinib versucht werden, ohne jedoch gänzlich alle Therapien zu entziehen.

Quelle: ACR Scientific Sessions, Boston (USA), 16. November 2014

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Ausblick

Im Vordergrund der praxisnahen Empfehlungen mit „beratendem“ Charakter steht die Fokussierung auf den typischen RA-Patienten. Sowohl bei früher als auch etablierter RA spricht der ACR eine klare Empfehlung für eine T2T-Strategie aus. Ziele bleiben Remission oder niedrige Krankheitsaktivität, jedoch können (der primär zuständige) Rheumatologe und Patient in Abhängigkeit vom individuellen Krankheitsstatus auch weniger aggressive Therapieziele anstreben.


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46 Ankylosierende Spondylitis

IL-17A-Inhibitor überzeugt in zwei Phase-III-Studien Bei axialer Spondyloarthritis (axialer SpA) einschließlich ankylosierender Spondylitis (AS) sind nach NSAR-Versagen TNFα-Inhibitoren die bislang einzige verbleibende medikamentöse Therapieoption. Nachdem schon länger IL-17 oder inzwischen auch IL-12/23 als Ansatzpunkt bei SpA gesehen wurden, gelang jetzt zunächst für das vor allem auch bei Psoriasis-Arthritis (PsA) geprüfte Secukinumab, ein monoklonaler Antikörper gegen IL-17A, der Nachweis einer guten Wirksamkeit bei AS in den beiden Phase-III-Studien MEASURE-1 und -2.

Bereits in einer Phase-II Proof-of-concept-Studie war nach sechs Wochen eine Besserung der Zeichen und Symptome einer aktiven AS berichtet worden. In Boston wurden jetzt von einer internationalen Studiengruppe um Dominique L. Baeten, Amsterdam (Niederlande), die 16- und 52-Wochen-Ergebnisse zur Effektivität und Sicherheit von Secukinumab aus der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie MEASURE-1 vorgestellt (ACR-Kongress 2014; Abstr. 819) (1).

MEASURE-1-Studie: Secukinumab mit initialer i.v.-Aufsättigung In MEASURE-1 wurden 371 Patienten mit aktiver AS gemäß den modifizierten New York-Kriterien, einem BASDAI ≥4 trotz vorheriger oder laufender Therapie mit NSAR, DMARDs und/oder TNFα-Inhibitoren auf i.v.Secukinumab 10 mg/kg (i.v.-Aufsättigung in Woche 0, 2 und 4) gefolgt von s.c. Secukinumab 75 mg alle 4 Wochen (10 IV→75 SC) oder s.c. Secukinumab 150 mg alle 4 Wochen (10 IV→150 SC) oder Placebo mit identischem i.v.- und s.c.-Therapieplan randomisiert. Woche 16

Secukinumab 10 IV→75 SC (n=124)

Secukinumab 10 IV→150 SC (n=125)

Placebo (n=122)

ASAS20-Ansprechen (%)

59,7

60,8

28,7

ASAS40-Ansprechen (%)

33,1

41,6

13,1

hsCRP

0,45

0,40

0,97

ASAS5/6 (%)

45,2

48,8

13,1

BASDAI

-2,34

-2,32

-0,59

SF-36 PCS

5,64

5,57

0,96

ASQoL

-3,61

-3,58

-1,04

ASAS PR (%)

16,1

15,2

3,3

alle p<0,01 vs. Placebo

Abb.: 16-Wochen-Ergebnisse der MEASURE-1-Studie (1) Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Primärer Endpunkt war das ASAS20-Ansprechen in Woche 16, weitere Endpunkte bestanden im ASAS40, hsCRP, ASAS 5/6, BASDAI, SF-36 PCS, ASQoL und ASAS partielle Remission (PR). Basierend auf dem ASAS20-Ansprechen in Woche 16 wurden die Patienten der Placebogruppe auf Secukinumab 75 oder 150 mg re-randomisiert, bei Non-Response in Woche 16, bei Ansprechen in Woche 24. Das mittlere Alter der Patienten betrug 40,1-43,1 Jahre, die Krankheitsdauer 6,5-8,3 Jahre, der BASDAI 6,05-6,51; 27 % hatten zuvor unzureichend auf eine Anti-TNF-Therapie angesprochen. Beim primären Endpunkt, dem ASAS20-Ansprechen in Woche 16, zeigten sich sowohl die 10 IV→75 SC (59,7 %) also auch die 10 IV→150 SC (60,8 %) Secukinumab-Gruppe gegenüber Placebo als signifikant überlegen (28,7 %; je p<0,01); das ASAS20-Ansprechen bei den TNF-naiven Patienten in den drei Therapiearmen betrug 60,0, 66,3 und 32,6 % und bei den TNF-erfahrenen Patienten 58,8, 45,5 und 18,2 % (je p<0,01 vs. Placebo). Signifikante Verbesserungen unter Secukinumab zeigten sich auch für die sekundären Endpunkte in Woche 16 (Abb. 1), wobei das jeweilige Ansprechen bis Woche 52 bestehen blieb. Dabei setzte das Ansprechen sehr rasch ein und war für den ASAS20, ASAS40, hsCRP, ASAS5/6 und BASDAI bereits ab Woche 1 signifikant (1).

Deutliche Verbesserung von Krankheitsaktivität und PROs Eine weitere Analyse von MEASURE-1 durch Atul A. Deodhar, Portland (USA), und Kollegen ergab, dass Secukinumab 10 IV→75 SC und 10 IV→150 SC auch zu einer Verbesserung Patienten-relevanter Outcomes (PROs) wie Funktionalität, Fatigue und Lebensqualität führte (ACR-Kongress 2014; Abstr. 538) (2). So wurden ab Woche 4 und dann in Woche 16 signifikante Vorteile von Secukinumab im SF-36 (PCS/ MCS), ASQoL, EQ-5D und FACIT-Fatigue gesehen, die (außer im EQ-5D) klinisch bedeutsam waren. Überdies


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47

MEASURE-2-Studie: Secukinumab als durchgehende s.c.-Therapie Zusätzlich wurden die Ergebnisse zu einer zweiten randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie zu Secukinumab, MEASURE-2, diesmal mit einer s.c.-Aufsättigung, von einer internationalen Studiengruppe um Joachim Sieper, Berlin, präsentiert (ACRKongress 2014; Abstr. 536) (3). Hierin wurden 219 Patienten mit aktiver AS gemäß den modifizierten New York-Kriterien und einem BASDAI ≥4 trotz adäquater NSAR-Therapie auf Secukinumab 75 oder 150 mg s.c. (zur Aufsättigung wöchentlich für 4 Wochen, dann als Erhaltungstherapie alle 4 Wochen) oder Placebo randomisiert. Eingeschlossen wurden auch hier sowohl TNF-naive Patienten (61,6 %) als auch solche mit zuvor unzureichendem Ansprechen auf oder Unverträglichkeit von TNFα-Inhibitoren (38,4 %). Primärer Endpunkt war erneut das ASAS20-Ansprechen in Woche 16, auch die sekundären Outcome-Parameter waren identisch zu MEASURE-1. Das mittlere Alter der Patienten betrug 43,3 Jahre, die Zeit seit der Diagnose 6,2 Jahre und der BASDAI im Mittel 6,65. Den primären Endpunkt erfüllte in diesem Fall nur Secukinumab 150 mg mit einem ASAS20-Ansprechen in Woche 16 von 61,1 vs. 27,0 % unter Placebo (p<0,001); signifikante Vorteile dieser Dosis wurden bereits nach Woche 1 verzeichnet (Abb. 2). Ebenso zeigten sich signifikante Verbesserungen für hsCRP, ASAS40, ASAS 5/6, BASDAI, SF-36 PCS und ASQoL. Für das ASAS20-Ansprechen konnte die Effektivität der 150 mg-Dosis sowohl bei TNF-naiven als auch TNF-erfahrenen Teilnehmern (68,9 vs. 31,1 % bzw. 48,1 vs. 20,7 %; je p<0,05) gezeigt werden; ebenso galt dies für das ASAS40-Kriterium (44,4 vs. 17,8 % bzw. 22,2 vs. 0 %; je p<0,05). Für Secukinumab 75 mg wurde sowohl hinsichtlich des primären als auch sämtlicher sekundärer Endpunkte zwar ein jeweils nu-

Hinsichtlich der Rate unerwünschter Ereignisse wurden zwischen den drei Gruppen bis zu Woche 16 keine relevanten Unterschiede dokumentiert (Secukinumab 75 mg 57,5 %, 150 mg 62,5 % und Placebo 63,5 %), in ähnlicher Form gilt dies auch für schwere unerwünschte Ereignisse mit Raten von 5,5, 5,6 und 4,1 %. m

Der selektive, s.c. gegebene IL-17A-Inhibitor Secukinumab führte – nach initialer i.v.-Aufsättigung – in der MEASURE-1-Studie bei insgesamt guter Verträglichkeit zu einer raschen (ab Woche 1) und signifikanten, langfristigen Verbesserung (bis Woche 52) der Zeichen und Symptome von Patienten mit aktiver AS, und zwar weitgehend unabhängig von einer vorherigen Anti-TNF-Therapie. Ebenso wurde dies in MEASURE-2 mit durchgehender s.c.-Aufsättigungs- und Erhaltungstherapie belegt, wobei sich hier nur für die 150 mg-Dosis eine ausreichende Effektivität zeigte. Da in keiner der Studien neue Sicherheitssignale zu sehen waren, dürfte Secukinumab auf Sicht das Therapiearsenal bei AS bereichern und endlich eine Alternative zur oder nach Anti-TNF-Therapie darstellen.

Kompakt

Insgesamt wurde Secukinumab gut vertragen mit einer Rate unerwünschter Ereignisse (UE) in Woche 16 von 66,9 % (10 IV→75 SC) und 69,6 % (10 IV→150 SC) versus Placebo mit 55,7 %. Schwere unerwünschte Ereignisse (SUE) traten bei 1,6, 2,4 respektive 4,1 % der Teilnehmer auf. Über die kompletten 52 Wochen hinweg war die UE/SUE-Rate mit 76,5 und 10,1 % bzw. 85,1 und 9,4 % für Secukinumab 75 mg s.c. vergleichbar mit der 150 mg s.c.-Dosis (1).

merischer, nicht aber signifikanter Vorteil versus Placebo nach 16 Wochen ermittelt.

Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S360 2 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S233-234 3 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S232

*p<0,001 vs. Placebo 60

ASAS20-Ansprechen (%)

wurde eine Verbesserung der Arbeitsproduktivität im WPAI-GH gezeigt. Alle in Woche 16 erfassten Vorteile bei den PROs wurden bis Woche 52 aufrechterhalten (2).

*

50 40 30 20 Secukinumab 150 SC (n=72) Secukinumab 75 SC (n=73) Placebo (n=74)

10 0 1

2

3

4

8 Woche

12

16

Abb.: ASAS20-Ansprechen nach 16 Wochen in der MEASURE-2Studie (3) Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


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48 Spondylo- und Psoriasis-Arthritis

Wichtige Studien vom ACR im Überblick Axiale SpA: Empfehlungen für frühe Überweisung Noch immer vergeht bei axialer SpA viel Zeit zwischen dem Symptombeginn und der Diagnosestellung beim Facharzt. Zur Verbesserung dieser Situation entwickelte eine deutsch-niederländische Expertengruppe um Denis Poddubnyy, Berlin, unter der Schirmherrschaft der ASAS konsentierte Empfehlungen für die frühe Überweisung von Patienten zum Rheumatologen. Allgemeinärzte sollten Patienten mit chronischem Rückenschmerz (Dauer >3 Monate) mit Beginn vor dem 45. Lebensjahr zu einem Rheumatologen überweisen, wenn eines dieser Kriterien zutrifft: entzündlicher Rückenschmerz, HLA-B27-Positivität, Sakroiliitis im Röntgen oder MRT, periphere Manifestationen (Arthritis, Enthesitis, Daktylitis), extraartikuläre Manifestationen (Psoriasis, CED, Uveitis), positive SpA-Familienanamnese, gutes Ansprechen auf NSAR und/oder erhöhte Akut-Phase-Reaktanten (Abstr. 2592). m

Wann das NSAR mit einem Anti-TNF kombinieren? Bei unzureichendem Ansprechen von Patienten mit axialer SpA (nr-axSpA und AS) auf ein NSAR dient meistens ein BASDAI ≥4 als Grundlage, eine Therapie mit einem TNFα-Inhibitor zu beginnen. Dass dieser Parameter allein womöglich nicht ideal für diese Entscheidung ist, belegt eine prospektive Studie deutscher Rheumatologen um Xenofon Baraliakos, Herne, an 100 axSpA-Patienten unter einer NSAR-Therapie. Demnach zeigten sich zwischen dem Erreichen eines BASDAI ≥4 und ASDAS >2,1 nur eine Übereinstimmung von 81 %. Bei 15 % der Patienten hätte der BASDAI-Score trotz eines ASDAS <2,1 eine AntiTNF-Therapie angezeigt und in 4 % der Fälle hätte der ASDAS-, nicht aber der BASDAI-Score, zur Therapieeskalation geführt. Womöglich sollten daher beide Scores für diese Therapieentscheidung genutzt werden (Abstr. 2612). m

Neuer Therapiekandidat für nr-axSpA Künftig verspricht die Auswahl der auch bei nicht-röntgenologischer axSpA einsetzbaren TNFα-Inhibitoren noch größer zu werden. So wurden in Boston von der internationalen GO-AHEAD-Studiengruppe um JoaRheuma Management · Nov./Dez. 2014

chim Sieper, Berlin, die Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIIbStudie zu Golimumab bei nr-axSpA vorgestellt. Nach 16 Wochen erreichten in der Studie mit 197 Patienten unter Golimumab gegenüber Placebo bei guter Verträglichkeit signifikant mehr Patienten den primären Endpunkt eines ASAS20-Ansprechens (71,1 vs. 40,0 %; p<0,0001). Signifikante Vorteile zeigten sich auch beim ASAS40 (56,7 vs. 23,0 %), ASAS-PR (33,0 vs. 18,0 %), BASDAI50 (57,7 vs. 30,0 %), der mittleren Verbesserung im ASDAS (-1,7 vs. -0,6) sowie der Entzündung im MRT (Abstr. 2938). m

Pilotstudie zu Tyrosin-Kinase-Inhibitor Bei SpA scheinen synoviale Mastzellen ein interessantes Therapietarget darzustellen, das mit dem TyrosinKinase-Inhibitor Nilotinib adressiert werden könnte. Aktuell untersuchten niederländische Forscher um Jacqueline E. Paramarta, Amsterdam, Nilotinib in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Proof-of-concept-Studie mit 28 Patienten mit peripherer und/oder axialer SpA. Bei peripherer SpA zeigte sich unter Nilotinib, nicht aber Placebo, bei guter Sicherheit eine signifikante Besserung der Krankheitsaktivität gemäß PtGA und ASDAS nach 12 und mehr noch 24 Wochen. Während weitere Studien bei peripherer PsA sinnvoll erscheinen, ist dies aufgrund eines fehlenden Therapieeffekts bei axialer SpA nicht der Fall (Abstr. 850). m

PsA: TNFα-Inhibition im Fokus Während in klinischen Studien und Registern die kurzfristige Effektivität von TNFα-Inhibitoren über bis zu drei Jahre gut dokumentiert ist, fehlt es an Langzeitdaten über fünf Jahre. Solche stellte nun für 666 Patienten mit neu begonnener Anti-TNF-Therapie eine britisch-norwegische Arbeitsgruppe um Karen M. Fagerli, Oslo, aus dem BSRBR-Register vor. In diesem Kollektiv mit schwerer PsA waren nach fünf Jahren noch 46,8 % der Patienten auf ihrer ersten Anti-TNFTherapie. Unabhängige Prädiktoren für die Persistenz waren männliches Geschlecht, fehlende Komorbiditäten und eine Therapie mit Adalimumab oder Etanercept, nicht hingegen eine begleitende MTX-Therapie, was erneut deren Nutzen in Kombination mit TNFαInhibitoren in Frage stellt (Abstr. 1542). m


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

49 Psoriasis-Arthritis

Update zu bewährten und neuen Therapien Aktuell in Boston vorgestellt wurden neue Daten aus der PSUMMIT-1-Studie zu dem seit über einem Jahr bei Psoriasis-Arthritis (PsA) zugelassenen IL-12/23-Hemmer Ustekinumab. Ein Update gab es überdies zur PALACE4-Studie mit dem PDE-4-Inhibitor Apremilast, dessen Zulassung in Europa unmittelbar bevorsteht. Noch einen weiteren Weg vor sich hat der IL-6-Inhibitor Clazakizumab, zu dem Phase-IIb-Daten präsentiert wurden.

Clazakizumab als neuer Kandidat? Ob der monoklonale Anti-IL-6-Antikörper Clazakizumab künftig eine Rolle in der PsA-Therapie spielen könnte, untersuchte eine internationale Studiengruppe um Philip Mease, Seattle (USA), in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie (ACR-Kongress; Abstr. 952) (1). 165 Patienten mit aktiver PsA gemäß den CASPARKriterien und unzureichendem Ansprechen auf NSAR und/oder DMARDs erhielten für 24 Wochen eine von drei Clazakizumab-Dosen (25, 100 oder 200 mg) oder Placebo alle 4 Wochen. Der primäre Endpunkt (ACR20 in Woche 16) wurde nur mit 100 mg Clazakizumab signifikant erreicht (52,4 vs. 29,3%; p=0,039), für 25 und 200 mg (46,3 und 39,0 %) wurde nur ein numerischer Vorteil ermittelt. In Woche 24 zeigte sich ein besseres ACR20/50/70-Ansprechen, jedoch ohne klare Dosis-Wirkungs-Beziehung. Ähnliches gilt für den DAS28-CRP, HAQ-DI, Daktylitis und Enthesitis in Woche 24. Das PASI75-Ansprechen wurde nur moderat verbessert (bis 28,6 %). Die Verträglichkeit war insgesamt gut und abgesehen von der 200 mg-Dosis bewegte sich die Rate schwerer unerwünschter Ereignisse auf Placeboniveau. Clazakizumab war effektiv bei der Krankheitskontrolle von Arthritis, Enthesitis und Daktylitis, die Wirkung auf die Haut war jedoch bestenfalls mäßig. Trotz des insgesamt guten und für die IL-6-Inhibition typischen Sicherheitsprofils könnte die weitgehend fehlende Dosis-Wirkungs-Beziehung die Weiterentwicklung des Antikörpers bei PsA erschweren, auch wenn die Autoren sich für weitere Studien zu Clazakizumab in dieser Indikation aussprechen.

Neues zu Apremilast und Ustekinumab Zu dem oralen PDE-4-Inhibitor Apremilast wurden von Alvin Wells, Franklin (USA), und Kollegen auf einer Late-breaking-Session die Open-label-Langzeitdaten der randomisierten, placebokontrollierten Phase-IIIStudie PALACE-4 mit zu Beginn 527 DMARD-naiven

Patienten präsentiert (ACR-Kongress 2014; Abstr. L22). Kontinuierlich mit Apremilast 20/30 mg (2x tgl.) behandelte Patienten mit aktiver PsA erreichten nach 52 Wochen zu 53,4, 27,1 bzw. 13,7 % und 58,7, 31,9 bzw. 18,1 % ein modifiziertes ACR20/50/70Ansprechen (ACR-Kongress 2014; Abstr. 1543) (2). Bei den 84 % mit Apremilast bis Woche 104 offen weiterbehandelten Patienten wurde für die Endpunkte ACR20/50/70, SJC/TJC, HAQ-DI, Enthesitis/Daktylitis und PASI50/75 durchweg ein Aufrechterhalten der positiven Therapieeffekte dokumentiert. Die meisten Nebenwirkungen zwischen Woche 52 und 104 waren mild, wobei Diarrhö und Übelkeit im Verlauf abnahmen. Auch nach zwei Jahren kam es weder zu einem Anstieg der Inzidenz oder Schwere unerwünschter Ereignisse. In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie PSUMMIT-1 zu Ustekinumab wiesen 186 der 615 Patienten mit aktiver PsA zugleich eine Spondylitis mit peripherer Gelenkbeteiligung auf und wurden jetzt in einer Post-hoc-Subgruppenanalyse von Arthur Kavanaugh, San Diego (USA), und Kollegen genauer evaluiert (ACR-Kongress 2014; Abstr. 539) (2). Ebenso wie im Gesamtkollektiv zeigten mit Ustekinumab 45/90 mg behandelte Patienten nach 24 Wochen deutliche Verbesserungen von Daktylitis, Enthesitis, HAQ-DI und im ACR20/50/70, die über zwei Jahre bestehen blieben. Gegenüber Placebo erreichten in Woche 24 signifikant mehr Patienten ein BASDAI20/50/70-Ansprechen (54,1/27,9/ 14,4 % vs. 26,2/13,1/0,0 %). Bei der Progression von strukturellen Schädigungen der peripheren Gelenke im Gesamt-vdH-S-Score bis Woche 24 bestanden ebenfalls Vorteile für Ustekinumab, die bis Woche 100 aufrechterhalten wurden. Nach zwei Jahren wurde das gute Sicherheitsprofil von Ustekinumab auch in dieser Subgruppe bestätigt. m Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S423 2 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S680 3 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S234

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

50 Psoriasis-Arthritis

Neue Therapieoption am Horizont Für Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) dürften sich die Therapiemöglichkeiten in Zukunft deutlich verbessern. Nachdem im vergangenen Jahr zusätzlich zu den TNFα-Inhibitoren auch der IL-12/23-Hemmer Ustekinumab für PsA zugelassen wurde und dies in Kürze für den PDE4-Inhibitor Apremilast erwartet wird, überzeugte nun auch der direkt gegen IL-17 gerichtete monoklonale Antikörper Secukinumab in den beiden Phase-III-Studien FUTURE-1 und -2.

Über die Effektivität und Sicherheit von Secukinumab in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie FUTURE-1 berichtete Philip Mease, Seattle (USA), stellvertretend für die internationale Studiengruppe (ACR-Kongress 2014; Abstr. 953) (1).

FUTURE-1-Studie: Überzeugende Phase-III-Daten zu Secukinumab Nachdem der IL-17A-Inhibitor seine rasche und anhaltende Wirksamkeit bereits in zwei Phase-III-Studien zur Psoriasis unter Beweis gestellt hatte, wurden in der ersten der beiden FUTURE-Studien nun 606 Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver PsA gemäß den CASPAR-Kriterien auf Secukinumab 10 mg/kg i.v. (Aufsättigung in Woche 0, 2 und 4) und nachfolgend 75 mg s.c. (10 IV→75 SC) oder 150 mg s.c. (10 IV→150 SC) alle 4 Wochen ab Woche 8 oder Placebo im gleichen Modus randomisiert. In Abhängigkeit vom Gelenkansprechen in Woche 16 (≥20 % Verbesserung im TJC/ SJC) wurden die Patienten der Placebogruppe auf Secukinumab 75 oder 150 mg re-randomisiert, bei NonResponse in Woche 16, bei Ansprechen in Woche 24. 70 % der Patienten waren TNF-naiv, 30 % hatten unzureichend auf eine Anti-TNF-Therapie angesprochen oder vertrugen diese nicht; eine begleitende Methotrexat (MTX)-Gabe war erlaubt. Woche 24

Secukinumab 10 IV→75 SC

Secukinumab 10 IV→150 SC

Placebo

ACR20 (%)

50,5

50,0

17,3

ACR50 (%)

30,7

34,7

7,4

ACR70 (%)

16,8

18,8

2,0

DAS28-CRP (∆)

-1,67

-1,62

-0,77

Daktylitis (%)

43,3

51,9

84,5

Enthesitis (%)

51,2

54,0

87,2

alle p<0,0001 vs. Placebo

Abb.: 24-Wochen-Ergebnisse zur Effektivität von Secukinumab aus der FUTURE-1-Studie Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Im Ergebnis wurde mit beiden Secukinumab-Dosierungen (10 IV→75 SC und 10 IV→150 SC) beim primären Endpunkt ACR20 in Woche 24 ein gegenüber Placebo signifikant höheres Ansprechen (50,5 und 50,0 vs. 17,3 %; je p<0,0001) erreicht. Zudem wurden auch alle sekundären Endpunkte einschließlich Daktylitis, Enthesitis, SF36-PCS, HAQ-DI, DAS28-CRP, ACR50, PASI75 und 90 sowie mTSS-Score in Woche 24 signifikant versus Placebo verbessert (Abb.), mit einem signifikanten Vorteil ab Woche 1 für ACR20, DAS28-CRP, und HAQ-DI. Die unter Secukinumab beobachteten Verbesserungen im primären und den sekundären Endpunkten setzten sich bis Woche 52 fort. So betrug das ACR20/50/70-Ansprechen zu Woche 52 66,9, 38,4 und 25,6 % (10 IV→75 SC) respektive 69,5, 50,0 und 28,2 % (10 IV→150 SC). Sowohl bei TNF-naiven als auch TNF-erfahrenen Patienten zeigte sich Secukinumab zu Woche 24 in beiden Dosierungen beim ACR20/50/70, PASI75/90, HAQDI, SF36-PCS, Daktylitis und Enthesitis als signifikant überlegen. Die Therapieeffekte wurden bis Woche 52 aufrechterhalten. Im Vergleich zu Placebo reduzierte Secukinumab auch die radiologische Progression struktureller Gelenkschäden in Woche 24. Eine detaillierte Analyse von Désirée van der Heijde, Leiden (Niederlande), und Kollegen zeigte einen signifikanten, nicht von einer Anti-TNF-Vor- oder MTX-Begleittherapie beeinflussten Vorteil sowohl im mTSS als auch Erosions- und JSN-Score (ACR-Kongress 2014; Abstr. 954) (2). Diese Vorteile blieben über 52 Wochen erhalten: Der Anteil von Patienten ohne radiologische Progression von Woche 0-24 und Woche 24-52 war in beiden Secukinumab-Gruppen sehr hoch mit 92,3 vs. 85,8 % (10 IV→75 SC) und 82,3 vs. 85,7 % (10 IV→150 SC). Von den Placebo-Patienten hatten bis Woche 24 75,7 % keine Progression, dieser Anteil stieg unter Secukinumab von Woche 24-52 auf 86,8 % (p<0,05) (2). Eine Analyse von Alice B. Gottlieb, Boston (USA), und Kollegen zu Patienten mit Psoriasis ≥3 % KOF (n=325) ergab nach 24 Wochen für beide Secukinumab-Do-


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

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Vorteile auch bei Psoriasis, Körperfunktion und Lebensqualität Jene Subgruppe von Patienten mit einer Hautläsion ≥2 cm (n=510) erfuhr eine rasche (ab Woche 1) und signifikante Verbesserung der Zielläsion in Woche 24, ebenso wie sich in der Subgruppe von Patienten mit Nagelbeteiligung (n=435) der mNAPSI-Score in Woche 24 signifikant unter Secukinumab verbesserte. Die Besserung der dermatologischen Parameter in Woche 24 wurde bis Woche 52 aufrechterhalten (3). Zu guter Letzt ergab eine Analyse der Studiengruppe um Vibeke Strand, Palo Alto (USA), für Secukinumab 10 IV→75 SC und 10 IV→150 SC nach 24 Wochen eine jeweils signifikante Besserung der körperlichen und psychischen Funktion sowie auch gesundheitsspezifischen Lebensqualität im HAQ-DI (p<0,0001), SF-36 PCS (p<0,0001), EQ-5D (p<0,001 respektive p<0,0001) und PsAQoL (p<0,0001) (ACR-Kongress 2014; Abstr. 550) (4). Im Hinblick auf Fatigue wurde nur mit der höheren Dosierung eine signifikante Verbesserung im FACIT-Fatigue (p<0,05) ermittelt. Auch verschiedene Aspekte der Arbeitsproduktivität gemäß WPAI wurden unter Secukinumab gebessert. Die nach 24 Wochen erreichten Fortschritte wurden bis Woche 52 weiter ausgebaut oder zumindest erhalten (4). Insgesamt wurde Secukinumab gut toleriert, ohne dass neue Sicherheitssignale verzeichnet wurden. So bestanden kaum Unterschiede in der Rate unerwünschter Ereignisse (UE) zu Woche 16 mit 60,4 (10 IV→75 SC), 64,9 (10 IV→150 SC) und 58,4 % (Placebo) sowie schwerer UE (2,5, 4,5 bzw. 5,0 %). Bis Woche 52 belief sich unter Secukinumab 75 mg bzw.150 mg s.c die gesamte Rate an UE oder schweren UE in der FUTURE-1-Studie auf 78,1 bzw. 8,6 % und 82,4 bzw. 12,9 % (1).

FUTURE-2-Studie: Positive Daten für durchgehende s.c.-Therapie Auf einer Late-breaking-Session wurden von Iain B. McInnes, Glasgow (Großbritannien), und Kollegen zusätzlich noch die Daten der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie FUTURE-2 mit s.c.-Aufsättigung und einer höheren Secukinumab-Dosis (s.c. 300 mg) präsentiertert (ACRKongress 2014; Abstr. L1). Eingeschlossen wurden 397 Patienten mit aktiver PsA gemäß den CASPAR-

Kriterien, die auf Secukinumab 300, 150 oder 75 mg s.c zunächst wöchentlich für 4 Wochen (Aufsättigung) und nachfolgend alle 4 Wochen (Erhaltungstherapie) oder Placebo randomisiert wurden. 65 % der Teilnehmer waren TNF-naiv und 35 % TNF-erfahren, eine MTX-Begleittherapie war wiederum erlaubt. Nach 24 Wochen erreichten den primären Endpunkt eines ACR20-Ansprechens mit 54,0, 51,0 und 29,3 % vs. 15,3 % signifikant mehr Patienten unter Secukinumab 300, 150 und 75 mg im Vergleich zu Placebo (p<0,0001 für 300 und 150 mg; p<0,05 für 75 mg), mit klaren Vorteilen für die beiden höheren Dosierungen ab Woche 3. Mit Secukinumab 300 und 150 mg wurden deutliche (und fast stets signifikante) Verbesserungen im ACR50/70, PASI75/90, DAS28-CRP, SF36 PCS, HAQ-DI, Daktylitis und Enthesitis beobachtet. Die Effektivität der 300 und 150 mg-Dosen wurde sowohl für TNF-naive (die etwas stärker profitierten) als auch TNF-erfahrene Patienten gezeigt, bei denen mit der 300 mg-Dosis (ACR, PASI, SF-36 PCS, HAQ-DI, Daktylitis und Enthesitis) klar bessere Ergebnisse erzielt wurden. Die Inzidenz für UE war nach 16 Wochen vergleichbar unter Secukinumab (gepoolt 53,8 %) und Placebo (58,2 %), schwere UE wurden bei 3,3 bzw. 2,0 % der Patienten dokumentiert. m

In der FUTURE-1-Studie führte der IL-17AInhibitor Secukinumab bei insgesamt guter Verträglichkeit und weitgehend unabhängig von einer Anti-TNF-Vorbehandlung zu einer raschen, klinisch signifikanten und anhaltenden Besserung der Zeichen und Symptome einer aktiven PsA. Die radiologische Progression wurde gehemmt und neben der Arthritis und Psoriasis auch die Daktylitis, Enthesitis, körperliche Funktion und Lebensqualität verbessert. Ähnlich gute Ergebnisse wie mit einer i.v.-Aufsättigung wurden in der FUTURE-2-Studie in höherer Dosierung auch mit einer durchgehenden s.c.-Therapie (mit initialer s.c.Aufsättigung) erzielt. Somit ist davon auszugehen, dass mit Secukinumab demnächst eine wertvolle, weitere Therapieoption für Patienten mit unter MTX aktiver PsA zur Verfügung stehen wird.

Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S423-424 2 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S424-425 3 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S233 4 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S240-241

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Kompakt

sierungen signifikante Vorteile im PASI75 (64,8 bzw. 61,1 %) und PASI90 (49,1 bzw. 45,4 %; je p<0,001), die zugleich mit einer Verbesserung der hautspezifischen Lebensqualität im DLQI einhergingen (ACRKongress 2014; Abstr. 537) (3).


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52 Juvenile idiopathische Arthritis

Frühe Kombination als „beste“ Ersttherapie Auf dem ACR-Kongress wurden diverse interessante Studien aus dem Bereich der pädiatrischen Rheumatologie präsentiert, aus denen die auf einer Late-breaking-Session vorgestellte BeSt for Kids-Studie niederländischer Rheumatologen um Petra C.E. Hissink Muller, Amsterdam, besonders hervorstach.

In der auf zwei Jahre angelegten Studie werden bei Kindern mit erstmaliger Diagnose einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) drei verschiedene initiale DMARDBehandlungsstrategien im Hinblick auf die Kontrolle der Krankheitsaktivität, Körperfunktion, radiologische Schäden und Sicherheit miteinander verglichen. Aktuell in Boston vorgestellt wurden die 3-MonatsOutcomedaten (ACR-Kongress 2014; Abstr. L2). Eingeschlossen wurden 95 DMARD-naive JIA-Patienten (33 % Jungen, mittleres Alter 9,1 Jahre, Dauer der Erkrankung <18 Monate; 68 mit RF-negativer polyartikulärer JIA, 12 mit oligoartikulärer JIA und 15 mit JIA plus Psoriasis), die 1) auf eine sequenzielle DMARDMonotherapie (Sulfasalazin [SSZ] 50 mg/kg/Tag oder Methotrexat [MTX] 10 mg/m2/Woche), 2) eine erweiterte DMARD-Therapie (MTX 10 mg/m2/Woche und 4 Wochen Prednisolon-Bridging 0,5 mg/kg/Tag) und 3) eine Kombinationstherapie mit Biologikum (MTX 10 mg/m2/Woche plus Etanercept 0,8 mg/kg/Woche) randomisiert wurden. NSAR und intra-artikuläre Ste-

roide waren erlaubt. Eine Anpassung der Therapie erfolgt alle drei Monate. Primäre Endpunkte der Studie sind ein pedACR50-Ansprechen nach drei Monaten und eine inaktive Erkrankung von Monat 6 bis Studienende. Nach drei Monaten erreichten 45, 48 und 69 % der Patienten in Arm 1-3 ein pedACR30-Ansprechen (p=0,14), 23, 39 und 52 % ein pedACR50-Ansprechen (p=0,065; Arm 1 vs. 2 p=0,17; Arm 2 vs. 3 p=0,31; Arm 1 vs. 3 p=0,019) und 10, 16 und 34 % ein pedACR70-Ansprechen (p=0,045; Arm 1 vs. 2 p=0,45; Arm 2 vs. 3 p=0,10; Arm 1 vs. 3 p=0,020). Die Verträglichkeit der drei Therapiestrategien war vergleichbar und es wurden keine schweren unerwünschten Ereignisse berichtet. Im Ergebnis erwies sich somit bei DMARD-naiven Kindern mit neu aufgetretener JIA eine biologische Kombinationstherapie aus Etanercept und MTX gegenüber einer MTX- oder SSZMonotherapie beim pedACR50/70-Ansprechen nach drei Monaten als signifikant überlegen. m

Gichtarthritis

Mit Kombination zum Harnsäure-Zielwert? Bei Patienten mit Gichtarthritis wird aus verschiedenen Gründen mit den heute verfügbaren harnäuresenkenden Therapien, vor allem Allopurinol, der in Leitlinien empfohlene Serum-Harnsäure-Zielwert von <6 bzw. in schweren Fällen <5 mg/dl vielfach verfehlt.

Nachdem in der CRYSTAL-Studie bereits belegt wurde, dass sich dieses Ziel durch die Kombination von Febuxostat mit dem selektiven Urat-ReabsorptionsInhibitor Lesinurad bei fast allen Patienten verwirklichen lässt, zeigte sich nun in den randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studien CLEAR-1 und -2 mit je über 600 Patienten eine signifikante Überlegenheit der Kombination aus Allopurinol und Lesinurad gegenüber der Allopurinol-Monotherapie (ACR-Kongress 2014; L10). Nach sechs Monaten erreichten den primären Endpunkt eines Serum-Harnsäurespiegels <6 mg/dl unter Allopurinol (300 mg; bzw. 200 mg bei eingeschränkter Nierenfunktion) 28 bzw. 23 % der Patienten, in KombinatiRheuma Management · Nov./Dez. 2014

on mit Lesinurad 200 bzw. 400 mg hingegen 54 und 55 % (je p<0,001; relatives Risiko [RR] gepoolt 2,15) bzw. 59 und 67 % (je p<0,001; RR gepoolt 2,46). Trotz der überzeugenden Daten bleibt die Frage nach der klinischen Relevanz, denn oft wird von ärztlicher Seite der Harnsäure-Zielwert nicht konsequent genug adressiert und überdies Allopurinol nicht immer optimal angewendet. Ist dieses nicht ausreichend wirksam, wäre es angesichts der schon mit der Monotherapie schlechten Compliance wohl naheliegender zunächst auf einen effektiveren Xanthinoxidase-Hemmer, also Febuxostat zu wechseln, und erst als letzte Option eine solche Kombination anzustreben. m


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53 Systemische Sklerose

Aktuelle Ergebnisse der FASScinate-Studie Auf dem ACR-Kongress 2014 in Boston wurden zahlreiche Arbeiten zur Pathophysiologie, Genetik, Outcome und verfügbaren sowie künftigen Therapien bei systemischer Sklerose (SSc) präsentiert. Von besonderem Interesse war dabei eine Phase-II-Studie zu dem IL-6-Rezeptorantagonisten Tocilizumab.

Nach wie vor sind die Therapieoptionen bei SSc stark limitiert. Einige Hoffnungen ruhen seit geraumer Zeit auf der IL-6-Inhibiton, die in präklinischen Studien und off-label in Kasuistiken durchaus vielversprechende Daten lieferte. Genauer unter die Lupe wird dieses Therapieprinzip mit Tocilizumab derzeit in der auf zwei Jahre angelegten randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II/III-Studie FaSScinate genommen. Erste 24-Wochen-Effektivitäts- und Sicherheitsdaten stellte jetzt die internationale Studiengruppe um Daniel E. Furst, Los Angeles (USA), vor (ACR-Kongress 2014; Abstr. 874). Insgesamt 87 Patienten ≥18 Jahre mit aktiver SSc (Krankheitsdauer ≤5 Jahre, mRSS 15-40, erhöhte Akut-Phase-Reaktanten) wurden 1:1 auf s.c. Tocilizumab 162 mg 1x wöchentlich oder Placebo für 48 Wochen randomisiert. Beim primären Endpunkt, der Veränderung im mRSS ab Baseline bis Woche 24, wurde nur ein numerischer Vorteil für Tocilizumab gesehen (-3,9 vs. -1,2; p=0,09), ebenso beim Anteil von Patienten mit klinisch bedeutsamer Reduktion

des mRSS um ≥4,7 (43,2 vs. 26,3 %; p=0,15). Eine explorative Analyse ergab, dass es unter Placebo gegenüber Tocilizumab häufiger zu einer Progression der Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC ≤0 %) kam (81 vs. 50 %) und auch öfter eine FVC-Abnahme ≥10 % beobachtet wurde (27 vs. 3 %; p=0,009). Unerwünschte und schwere unerwünschte Ereignisse traten in beiden Therapiearmen ähnlich häufig auf, wobei lediglich Infektionen/Infestationen unter Tocilizumab öfter beobachtet wurden (6 vs. 1 Patient). Eher SSc-assoziierte Komplikationen (kardial, gastrointestinal, renal) wurden häufiger in der Placebogruppe dokumentiert. Die Phase-II-Studie ergab somit einen vorteilhaften Trend für Tocilizumab beim Hautscore, jedoch wurde der primäre Endpunkt nicht erreicht. Positive Ergebnisse wurden hinsichtlich der FVC ermittelt. Eine genauere Einschätzung zu Tocilizumab in dieser Indikation wird wohl erst die noch andauernde kontrollierte und nachfolgende Open-label-Phase der FaSScinate-Studie ermöglichen. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S386

Erste Daten zu neuem Therapieprinzip Bei systemischer Sklerose ist Lysophosphatidsäure (LPA) in drei Schlüsselprozesse involviert: Fibrose, Mikroangiopathie und Inflammation. Mit dem selektiven und oral verfügbaren LPA-Rezeptor-1-Antagonisten SAR100842 wurde nun in einer Phase-IIa-Studie ein völlig neues Wirkprinzip bei diffus-kutaner (dc)SSc hinsichtlich seiner Sicherheit, Krankheitsaktivität und klinischen Effektivität untersucht.

Eine internationale Studiengruppe um Dinesh Khanna, Ann Arbor (USA), schloss in die 8-wöchige randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie mit einer anschließenden Open-label-Erweiterung von 16 Wochen 32 Patienten mit dcSSc (<36 Monate) und einem mRSS ≥15 ein (ACR-Kongress 2014; Abstr. 876). Im Hinblick auf den primären Endpunkt, der Sicherheit, erwies sich SAR100842 als gut verträglich mit Kopfschmerzen, Diarrhö und Übelkeit als den häufigsten Nebenwirkungen. Nach 8 Wochen zeigte sich unter SAR100842 eine gegenüber Placebo klare Verbesserung im mRSS (-4,0 vs -1,0), nach 24 Wochen betrug die Differenz im mRSS bei durchgehender SAR100842-Therapie -7,4. 78 % der Patienten

erzielten eine klinisch relevante Besserung des mRSS. Überdies wurde nach 24 Wochen eine Verbesserung verschiedener Biomarker der Hautfibrose und des HAQ-DI nachgewiesen. Im Ergebnis führte SAR100842 bei guter Verträglichkeit zu einer klinisch relevanten Reduktion der Hautdicke bei Patienten mit dcSSc. Daraus schließen die Autoren, dass die Substanz bei dcSSc eine effektive, neue Therapieoption darstellen könnte, deren Potenzial es jetzt in größeren, kontrollierten Studien zu untersuchen gilt. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S387

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

54 Systemischer Lupus erythematodes

Neue Therapieoptionen ante portas Auf dem diesjährigen ACR-Kongress wurden einige neue Studien zur medikamentösen Therapie des systemischen Lupus erythematodes (SLE) berichtet. Bereits im Vorfeld war bekannt geworden, dass basierend auf den insgesamt eher enttäuschenden Phase-III-Daten der ILLUMINATE-1 und-2-Studien zur Wirksamkeit des Anti-BAFF-Antikörpers Tabalumab, dessen Weiterentwicklung in dieser Indikation gestoppt wurde. Von besonderem Interesse waren in Boston eine auf der Late-breaking-Session präsentierte Phase-II-Studie zum AntiIFNα-Antikörper Sifalimumab, aber auch erste Ergebnisse zu einem neuen Anti-IL-6-Antikörper, einem gänzlich neuen Therapieprinzip und der Behandlung mit niedrig-dosiertem IL-2.

Die Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie zur Sicherheit und Effektivität des monoklonalen Anti-IFNαAntikörper Sifalimumab bei Patienten mit mäßigem bis schwerem SLE wurden von US-amerikanischen und britischen Rheumatologen um Munther Khamashta, London (Großbritannien), dargelegt. In die Studie wurden 431 Patienten (im Mittel 39,4 Jahre, 92,3 % Frauen) mit einem seropositiven aktiven SLE (SLEDAI-2K ≥6 und 1 BILAG A oder 2 Bs und MDGA ≥1) trotz Standardtherapie im Verhältnis 1:1:1:1 für 12 Monate auf 1x monatlich i.v. Sifalimumab 200, 600, 1.200 mg oder Placebo randomisiert. Primärer Effektivitäts-Endpunkt war das SRI-4-Ansprechen an Tag 365 (ACR-Kongress 2014; Abstr. L4).

Aktuelle Phase-II-Ergebnisse zu Sifalimumab Zu Studienbeginn betrug die mittlere Krankheitsdauer 8,2 Jahre, der SLICC/ACR-Damage-Score belief sich auf 0,7, der SLEDAI-2K auf 11,3. Von den Teilnehmern wiesen 81,2 % eine positive IFN-Gensignatur auf, ein niedriges C3 bzw. C4 und erhöhte Anti-dsDNA-Ak-Titer wurden bei 42,9, 26,7 und 26,5 % der Patienten verzeichnet. Der prozentuale Anteil von Patienten mit SRI-4-Ansprechen an Tag 365 war für Sifalimumab 200, 600 und 1.200 mg (58,3, 56,5 und 59,8 %) im Vergleich zu Placebo (45,4 %; Effektgröße 1.200 mg vs. Placebo 14,4 %; p=0,031) signifiEndpunkt

n

Placebo (%)

600 mg (%)

1.200 mg (%)

Effektgröße 1.200 mg vs. Placebo (%)

p-Wert

200 mg (%)

Sifalimumab

SRI-4

431

45,4

58,3

56,5

59,8

14,4

0,031

SRI-6

430

37,4

50,0

43,5

53,3

15,9

0,016

SRI-8

384

24,5

37,5

41,3

41,8

17,3

0,008

Abb.: SRI-Ansprechen (primärer Endpunkt SRI-4) unter Sifalimumab nach 12 Monaten in Phase-II-Studie Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

kant höher. Beim Anlegen der strengeren SRI-6- bzw. -8-Endpunkte zeigte sich für die 1.200 mg-Dosis eine noch größere Differenz zu Placebo (Abb.). Eine signifikante Besserung in allen Sifalimumab-Arm wurde bei der Arthritis und mit 1.200 mg auf eine mukokutane Beteiligung gesehen, für Fatigue war ein positiver Trend erkennbar. Im Verlauf wurden jedoch weder niedrige C3/C4-Spiegel noch hohe Anti-ds-DNA-AkTiter normalisiert, und auch eine IFN-Gensignatur war nur im Trend mit dem Ansprechen verknüpft. Es kam zu sechs Todesfällen, davon vier unter Sifalimumab. Häufigste unerwünschte Ereignisse unter Sifalimumab und Placebo waren eine Verschlechterung des SLE (30,0 vs. 34,3 %), Harnweginfekte (17,6 vs. 13,9 %) und Kopfschmerzen (13,3 vs. 13,9 %). Schwere unerwünschte Ereignisse traten bei 18,3 bzw. 17,6 % der Teilnehmer auf. Gehäuft kam es unter Sifalimumab zu Herpes zoster-Fällen (bis zu 8,4 % unter 1.200 mg vs. 0,9 % unter Placebo). Im Ergebnis wurde somit der primäre Endpunkt erreicht und durch das zumindest moderat effektive Sifalimumab die Krankheitsaktivität mehrerer SLEManifestationen bei akzeptabler Sicherheit reduziert. Eine weitere Evaluation von IFNα als Therapietarget bei SLE erscheint basierend auf den vorliegenden Daten durchaus gerechtfertigt.

Neue Anti-IL-6-Therapie mit eher moderater Effektivität Die Effektivität und Sicherheit des neuen monoklonalen Anti-IL-6-Antikörpers PF-04236921 untersuchte eine internationale Studiengruppe um Daniel J. Wallace, Los Angeles (USA), bei 183 Patienten mit aktivem generalisiertem SLE (SLEDAI ≥6 und ≥1 BILAG A oder ≥2 Bs, 92 % Frauen, mittleres Alter 40,4 Jahre), die auf drei Dosierungen von PF-04236921 (10, 50 oder 200 mg s.c. alle 8 Wochen) oder Placebo randomisiert wurden. Primärer Endpunkt der Studie war das SRI-4-Ansprechen in Woche 24 (ACR-Kongress 2014; Abstr. L5).


ACR-Kongress 2014 – Boston (USA)

55

Abgesehen von der 200 mg-Dosierung zeigten sich für (schwere) unerwünschte Ereignisse einschließlich Infektionen keine relevanten Unterschiede zu Placebo. Zumindest für Patienten mit einer hohen SLE-Aktivität könnte bei in niedriger Dosis akzeptabler Sicherheit eine weitere Evaluation von PF-04236921 sinnvoll sein.

Neuartiger Wirkmechanismus weckt Hoffnungen Noch in einem frühen Entwicklungsstadium bei SLE befindet sich SM101, ein rekombinanter, löslicher, humaner FcγIIB-Rezeptor, den eine internationale Studiengruppe um Sascha Tillmanns, Martinsried, in einer 24-wöchigen Phase-IIa-Studie prüfte. In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Parallelgruppenstudie wurden bei 51 SLE- und Lupusnephritis (LN)-Patienten (hohe Anti-ds-DNA-Aktivität oder niedriges C3, SELENA-SLEDAI ≥6) die Sicherheit und Wirksamkeit zweier SM101-Dosen (6 oder 12 mg/kg; je eine Infusion/Woche für 4 Wochen) im Verhältnis 2:2:1 gegen Placebo getestet. Eine begleitende immunsuppressive Therapie mit Prednison, MMF oder Azathioprin war erlaubt, primärer Endpunkt war das SRI-Ansprechen in Woche 24 (ACR-Kongress 2014; Abstr. 2833) (1). Der primäre Wirksamkeits-Endpunkt wurde in den SM101-Gruppen doppelt so häufig erreicht (bis zu 39 % unter der höheren Dosis). Noch besser war das SRI-Ansprechen mit bis zu 60 % bei LN-Patienten. Gebessert wurden vor allem die Arthritis und eine Hautbeteiligung. Nachdem vorherige Erfahrungen mit SM101 bei primärer ITP auf eine relativ sichere Therapie hoffen ließen, wurden auch in dieser Studie keine schweren unerwünschten Ereignisse verzeichnet. In Anbetracht der zugleich guten Effektivität plädieren die Autoren für eine Weiterentwicklung dieses Biologikums bei SLE und vor allem LN.

deutschen Pilotstudie mit zwei therapierefraktären SLE-Patienten, präsentierten nun chinesische Rheumatologen um Jing He, Peking, eine größere klinische Studie zur Sicherheit und Effektivität einer Niedrigdosis-IL-2-Therapie bei 40 Patienten mit aktivem SLE (ACR-Kongress 2014; Abstr. 665) (2). Die Teilnehmer mit einem SLEDAI-Score ≥8 erhielten drei Behandlungszyklen mit rekombinantem, humanen IL-2 (1 Million IU jeden 2. Tag für 2 Wochen, gefolgt von einer zweiwöchigen Pause). Primärer Endpunkt der Studie war das SRI-Ansprechen in Woche 10. Im Ergebnis erreichten 90 % der Patienten eine klinisch relevante Verbesserung im SRI, ohne dass es zugleich zu schweren unerwünschten Ereignissen kam. Bei 12,5 % der Patienten traten Reaktionen an der Einstichstelle auf. Am stärksten profitierten Patienten mit Beteiligung der Haut (Erytheme, Photosensibilität, Raynaud’s Phänomen und Vaskulitis), hämatologischen Veränderungen (Leukopenie, Thrombozytopenie und Anämie) sowie SLE-assoziiertem Fieber. Im Labor zeigten sich eine Reduktion der Anti-ds-DNAAk-Titer und der 24 h-Proteinurie sowie ein Anstieg von C3/C4. Überdies kam es zu einem signifikanten Anstieg von Tregs und Abnahme von Effektor-T-Helfer-Zellen. In Anbetracht der guten Sicherheit und zumindest moderaten Effektivtät erscheint eine weitere Evaluation von IL-2 bei SLE durchaus sinnvoll. m

In Zukunft dürften sich die meisten Blicke in Sachen SLE-Therapie auf die im Jahr 2015 anstehenden Phase-III-Daten zu dem Anti-CD22-Antikörper Epratuzumab richten. Noch etwas länger gedulden muss man sich wohl auf wirklich neue Ergebnisse zu den beiden Fusionsproteinen Blisibimod (BAFF-Antagonist) und Atacicept (gegen BlyS und APRIL gerichtet), wobei zu diesen potenziellen Therapiekandidaten in Boston weitere Analysen aus den jeweiligen Phase-II-Studien PEARL-SC respektive APRIL-SLE dargelegt wurden. Neutral verlief eine Studie zum Anti-IL-6-Antikörper Sirukumab bei LN. Insgesamt recht positive Daten zur langfristigen Wirksamkeit und steroidsparenden Effekten vor allem aus der OBSErve-Studie (USA) wurden zum BlyS-spezifischen Inhibitor Belimumab vorgestellt.

IL-2-Therapie effektiv bei aktivem SLE Nach einer erfolgreich verlaufenen, auf dem DGRhund auch jetzt dem ACR-Kongress vorgestellten

Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S1238 2 Arthritis Rheumatol 2014; 66(11) Suppl: S290

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Ausblick

Mit der niedrigen 10 mg-Dosis wurden überraschenderweise die besten Ergebnisse erzielt. In Woche 24 zeigten sich für diese gegenüber Placebo tendenzielle Vorteile im SRI- (59,9 vs. 40,1 %; p=0,076) und signifikante im BICLA-Ansprechen (49,7 vs. 25,1 %; p=0,026). Für die gepoolte 10/50 mg-Gruppe ergab sich eine signifikante Reduktion der Häufigkeit schwerer SFI-Flares (p=0,004). Desto höher die Krankheitsaktivität zu Baseline, desto ausgeprägter war das Ansprechen.


56 Rheumatoide Arthritis

Aktuelles zur Kombinationstherapie von TNFα-Blockern und MTX Bei der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) ist Methotrexat (MTX) als Anchor Drug fester Bestandteil der Therapie. Sowohl die EULAR-Empfehlungen als auch die deutsche S1-Leitlinie empfehlen MTX in der Erstlinien- sowie Kombinationstherapie mit einem Biologikum. Mit den Studien CONCERTO und MUSICA liegen nun erstmals Daten zur Dosierung von MTX in Kombination mit dem TNFα-Blocker Adalimumab vor.

In der Kombinationstherapie gilt es, die MTX-Dosierung so niedrig wie möglich, aber doch so hoch wie nötig anzusetzen, um den positiven Effekt von MTX zu nutzen, bei so geringen Nebenwirkungen wie möglich. In der CONCERTO-Studie wurde untersucht, wie sich verschiedene MTX-Dosierungen auf die Wirksamkeit und Sicherheit einer Kombination mit dem TNFα-Blocker Adalimumab (Humira®) auswirken. Es wurden 395 MTX-naive Patienten mit früher aggressiver RA randomisiert, 358 Patienten (91 %) schlossen die Studie ab. Laut Prof. Dr. Gerd Burmester, Berlin, erhielten die Patienten zusätzlich zu Adalimumab 40 mg s.c. alle 14 Tage in vier parallelen Studienarmen MTXDosierungen von 2,5, 5, 10 oder 20 mg wöchentlich. Primärer Endpunkt war das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität (DAS28-CRP <3,2) nach 26 Wochen. Es zeigte sich eine Verbesserung der Wirkung in Bezug auf Klinik, Hemmung der radiologischen Progression und Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit. Die Ergebnisse in der 10 und 20 mgGruppe waren hierbei vergleichbar (Ann Rheum Dis 2014; doi: 10.1136/annrheumdis-2013-204769).

heit von 7,5 mg gegenüber 20 mg MTX in Kombination mit Adalimumab im Hinblick auf die Krankheitsaktivität (DAS28-CRP <3,2). Adalimumab führte bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf MTX zur Verbesserung der Krankheitsaktivität, der körperlichen Funktionsfähigkeit und der Beurteilung im Ultraschall. Der primäre Endpunkt der Nichtunterlegenheit konnte zwar nicht erreicht werden, der Unterschied zwischen den beiden Studienarmen war hinsichtlich des ACR70-Ansprechens und im HAQ-DI-Score allerdings nur minimal (Ann Rheum Dis 2014; 73(Suppl 2): S238).

In eine ähnliche Richtung weisen die Ergebnisse der MUSICA-Studie. Geprüft wurde die Nichtunterlegen-

Quelle: Symposium AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Düsseldorf, 19. September 2014

Die Verträglichkeit der Therapie war in beiden Studien in allen Dosierungen gut. Aus den Ergebnissen kann geschlossen werden, dass in der Kombinationstherapie eine MTX-Dosierung von 10 mg in den allermeisten Fällen ausreichend ist, fasste Burmester zusammen. Von der EULAR wird CONCERTO mittlerweile als Referenz-Studie zitiert und ≥10 mg MTX/Woche in der Kombinationstherapie mit einem Biologikum als angemessen und effektiv empfohlen. m

Chronisch-entzündliche Gelenkerkrankungen

Hohe Retentionsraten unter Golimumab Eine möglichst rasch einsetzende und lang anhaltende klinische Wirksamkeit, gute Verträglichkeit sowie Anwenderfreundlichkeit sind wichtige Kriterien für den Erfolg einer Therapie bei chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen, erläuterte Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, im Rahmen des DGRh-Kongresses in Düsseldorf.

Diese Anforderungen können von TNFα-Inhibitoren weitgehend erfüllt werden, wie der Rheumatologe am Beispiel von Golimumab (Simponi®) erläuterte. So wurde etwa in der randomisierten, placebokontrollierten Studie GO-FORWARD zur Rheumatoiden Arthritis (RA) ein Ansprechen auf Golimumab nach Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

bereits 14 Wochen gezeigt. Die mittlerweile veröffentlichten 5-Jahresdaten aus den Verlängerungsphasen der großen Phase-III-Studien zu allen drei zugelassenen Golimumab-Anwendungsgebieten im rheumatischen Formenkreis – neben der mittelschweren bis schweren aktiven RA die aktive und fortschrei-


57 tende Psoriasis-Arthritis (PsA) und schwere aktive Ankylosierende Spondylitis (AS) – weisen zugleich auf eine anhaltend gute Wirksamkeit der Therapie hin. Zudem lassen die Daten auf eine gute Akzeptanz der einmal monatlichen Injektionen durch die Patienten schließen: Etwa 70 % der Studienteilnehmer waren nach fünf Jahren weiterhin auf dieser Therapie. Wie Schulze-Koops erläuterte, wurden in Studien mit anderen TNFα-Blockern für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren Retentionsraten zwischen 45 und 55 % beobachtet.

Die 5-Jahresdaten der offenen Erweiterung der GOFORWARD-Studie zeigten, dass die kontinuierliche Therapie mit Golimumab 50 mg plus Methotrexat (MTX) anhaltende Besserungen von Symptomen einschließlich der körperlichen Funktion bewirkte. Die Langzeitsicherheit von Golimumab war konsistent mit der anderer TNFα-Inhibitoren. Nur 14 % der Patienten brachen die Therapie wegen unerwünschter Ereignisse ab. m Quelle: Pressemitteilung MSD Sharp & Dohme GmbH, 6. November 2014

Gichtarthritis

Therapiechancen mit Canakinumab nutzen Seit fünf Jahren ist mit Canakinumab ein humaner, monoklonaler Antikörper verfügbar, der selektiv und effektiv gegen IL-1β-induzierte autoinflammatorische Erkrankungen wirkt und für die Behandlung seltener Erkrankungen wie CAPS und systemischer JIA sowie bei therapierefraktärer akuter Gichtarthritis zugelassen ist.

In der Gichtarthritis bietet Canakinumab die einzige Option für therapierefraktäre Patienten mit häufigen, schmerzhaften Attacken und starken Entzündungen, die zugleich diverse Komorbiditäten und eine Unverträglichkeit gegen oft bei akuter Gicht eingesetzte Medikamente wie Colchicin, NSAR oder Glukokortikoide aufweisen. Das seit 2013 für diese Indikation zugelassene Canakinumab kann diesen, einem hohen Leidensdruck ausgesetzten Patienten einen großen zusätzlichen Nutzen bringen, versicherte Alten. Bereits eine einmalige subkutane Canakinumab-Injektion kann helfen, den Teufelskreis der Gichtattacken zu durchbrechen. So wird es erst möglich, eine uratsenkende Therapie einzuleiten, den Serum-Harnsäurewert auf <6 oder in schweren Fällen 5 mg/dl einzustellen und die Ursache der Gicht zu behandeln.

Wie effektiv und schnell Canakinumab wirkt, zeigen die Daten der 12-wöchigen, randomisierten, doppelblinden und aktiv kontrollierten Phase-III-Zulassungsstudien β-RELIEVED (n=230), β-RELIEVED II (n=226) sowie deren 12-wöchige Extensionsstudie. Canakinumab erzielte in β-RELIEVED nach 72 Stunden mit einer VAS-Differenz von -10,7 mm (p<0,0001) eine signifikant bessere Schmerzlinderung als Triamcinolon (TA), die auch deutlich schneller einsetzte. Gleichzeitig reduzierte Canakinumab das Risiko eines neuen Schubes während der 12-wöchigen Beobachtungsperiode gegenüber TA signifikant um 62 % (p≤0,001). In der Extensionsstudie blieben 72 % der Patienten nach nur einer Dosis Canakinumab für sechs oder mehr Monate schubfrei (Abb.), betonte Alten. m Quelle: Pressegespräch Novartis Pharma GmbH, München, 6. November 2014 Canakinumab 150 mg s.c. Triamcinolon 40 mg i.m.

80 Kaplan-Meier-Schätzung (%)

Lange wurde die Gichtarthritis vernachlässigt und erst mit dem vertieften Verständnis der Pathophysiologie und Rolle von IL-1 rückte sie wieder verstärkt in den Fokus der Rheumatologen. Dass es jetzt vorangeht, zeigt die Tatsache, dass die DGRh erstmals eine Leitlinie für Gicht erstellt, betonte Dr. Rieke Alten, Berlin. Leider wird diese nicht zwingend vom Rheumatologen behandelt, in dessen Hände sie nach Alten jedoch gehört, da sie nicht nur schwerste Gelenkdestruktionen zur Folge haben kann, sondern oft auch von z.B. kardiologischen oder nephrologischen Komorbiditäten begleitet wird, deren Entstehung sie als systemische Erkrankung ihrerseits triggert. Überdies ist bei der Verordnung von Biologika wie Canakinumab (Ilaris®) trotz dessen guter Verträglichkeit das internistische Fachwissen des Rheumatologen gefordert.

70 60

54 %

50

relative RR 61 % p<0,0001

40 30

27 %

20 10 0 0

2

4

6

8

10 12

14 16 18 20 22 24

Zeit nach Injektion (Wochen)

Abb.: Schubfreiheit unter Canakinumab nach sechs Monaten Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


58 Rheumatoide Arthritis

Neue Erkenntnisse aus AVERT-Studie Auf dem ACR-Kongress 2014 wurden die Ergebnisse neuer Subanalysen der Phase-IIIb AVERT-Studie zum Einsatz von Abatacept plus Methotrexat (MTX) zur Remissionsinduktion mit nachfolgendem Entzug aller Medikamente bei 351 Biologika- und MTX-naiven ACPA-positiven Patienten mit früher, rasch progredienter mäßiger bis schwerer Rheumatoider Arthritis (RA) präsentiert.

Eine aktuelle Analyse der AVERT-Studie schloss neue Ergebnisse zum Erreichen strenger Remissionskriterien mit Abatacept (Orencia®) nach 12 Monaten ein. Signifikant mehr Patienten unter Abatacept plus MTX (37 %) erreichten im Vergleich zu einer Abataceptbzw. MTX-Monotherapie (26,7 bzw. 22,4 %) eine Boolean-Remission nach 12 Monaten (p<0,05). Ähnliche Vorteile für die frühe aggressive Kombinationsstrategie zeigten sich für die CDAI- (42 vs. 31 vs. 27,6 %) und SDAI-Remission (42 vs. 29,3 vs. 25 %; je p<0,05) (ACR 2014; Abstr. #2468). Ein kleiner, aber signifikant höherer Anteil der mit Abatacept plus MTX behandelten Patienten konnte nach vollständigem Absetzen aller RA-Medikamente in Monat 12 eine behandlungsfreie Remission (DAS28-CRP <2,6) bis Monat 18 beibehalten (13 % unter Abatacept plus MTX vs. 3,5 % unter MTX-Monotherapie; p=0,002) (ACR 2014; Abstr. #2485).

der Kombination aus Abatacept plus MTX vs. MTXMonotherapie, einschließlich einer Verbesserung der Gelenkentzündung sowie -erosion beobachtet. Zu Monat 18 dieser Post-hoc-Analyse lag die durchschnittliche Veränderung im Vergleich zum Ausgangswert im Gesamt-Synovitis-Score bei -1,34 unter Abatacept plus MTX vs. -0,49 unter der MTX-Monotherapie, bei -2,03 vs. -0,34 im Gesamt-Osteitis-Score und bei 0,13 vs. 2,00 im Gesamt-Erosions-Score (je p<0,05) (ACR 2014; Abstr. #1521).

Ebenso wurde eine anhaltende Verbesserung der MRT-Endpunkte sechs Monate nach dem Absetzen

Quelle: Pressemitteilung Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, 2. Dezember 2014

Abatacept plus MTX verbesserte nach 12 Monaten gegenüber der MTX-Monotherapie auch signifikant Patient-reported outcomes (PRO) wie Fatigue (-34,9 vs. -26,7; p<0,05) sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität (13,9 vs. 10,9; p<0,05) (ACR 2014; Abstr. #2486). m

Therapie der Osteoporose

Denosumab erhält dreifache A-Empfehlung In die kürzlich aktualisierte S3-Leitlinie des DVO zur Prävention, Diagnose und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 60. Lebensjahr wurde aufgrund der soliden Datenlage und stark ausgeprägten Reduktion des Frakturrisikos an Wirbelsäule, Hüfte und Peripherie neu der RANKLInhibitor Denosumab mit AAA-Bewertung als First-line-Therapie aufgenommen.

Die zuverlässige frakturprophylaktische Wirkung an LWS, Hüfte und Peripherie wird damit erklärt, dass Denosumab (Prolia®) anders als Bisphosphonate die Knochenresorption nicht nur an trabekulären, sondern auch kortikalen Oberflächen hemmt. Wie 8-Jahres-Daten der FREEDOM-Studie belegen, nimmt die Knochendichte mit Denosumab kontinuierlich zu, an der LWS um 18,5 %, an der Gesamthüfte um 8,2 % (je p<0,05 vs. Ausgangswert). Während der Behandlung war die jährliche Inzidenz neuer vertebraler und nicht-vertebraler Frakturen konsistent niedRheuma Management · Nov./Dez. 2014

rig und betrug nach 8 Jahren 1,2 bzw. 0,7 %. Denosumab war während der gesamten Studiendauer gut verträglich. Die anhaltende Frakturreduktion an allen skelettalen Bereichen, das gute Sicherheitsprofil und die halbjährlichen Injektionsintervalle sind die Stärken von Denosumab“, konstatierte Prof. Dr. Christopher Niedhart, Heinsberg. Im klinischen Alltag habe sich die Sicherheit des RANKL-Inhibitors bei mittlerweile mehr als 225.000 behandelten Patienten bestätigt. m Quelle: Pressemitteilung Amgen GmbH, 24. November 2014


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60 Enthesitis-assoziierte Arthritis

Adalimumab neu für Kinder ab sechs Jahren zugelassen Für die Behandlung der Enthesitis-assoziierten Arthritis (EAA), einer Unterform der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA), wurde Anfang September 2014 Adalimumab als erster TNFα-Blocker bei Kindern ab sechs Jahren zugelassen. Dies bedeutet eine Erweiterung der bestehenden Therapieoptionen. Adalimumab zeigte in einer Phase-III-Studie bei der Mehrzahl der Patienten eine markante Verbesserung der Anzeichen und Symptome der EAA. Zudem konnte das bewährte Sicherheitsprofil bestätigt werden. Zugelassen ist Adalimumab auch bei Kindern mit polyartikulärer JIA (pJIA) ab zwei Jahren sowie bei Morbus Crohn ab sechs Jahren.

Verglichen mit anderen JIA-Subkategorien ist die EAA mit einer schlechteren Funktionalität und Lebensqualität, stärkeren Schmerzen und geringerem Therapieansprechen assoziiert (1, 2). Daher ist eine frühe und effektive medikamentöse Therapie angezeigt, wofür NSAR, DMARDs und TNFα-Blocker in Monotherapie oder in Kombination eingesetzt werden. Auch bei Kindern wird nach NSAR-Versagen in der Regel Methotrexat (MTX) verordnet, dessen Wirksamkeit bei Arthritis, nicht jedoch bei Enthesitis, Sakroiliitis und dem Aufhalten von Gelenkschädigungen belegt ist. Neben MTX wird als weiteres DMARD auch Sulfasalazin angewendet. Bei DMARD-Versagen kommen in der Therapieeskalation TNFα-Blocker zum Einsatz (1).

Wirksam und sicher in Phase-III-Studie Die Zulassungserweiterung von Adalimumab basiert auf einer randomisierten, doppelblinden Phase-IIIStudie mit 46 Patienten zwischen sechs und 18 Jahren mit aktiver EAA und unzureichendem Ansprechen auf mindestens ein NSAR und ein DMARD. Nach 2:1-Randomisierung erhielten die Teilnehmer bis zu maximal 40 mg Adalimumab (n=31) oder Placebo (n=15) jede zweite Woche für 12 Wochen (3). Der doppelblinden Phase folgte eine offene Fortsetzungsphase (OL) über

p=0,039

Reduktion der Anzahl aktiver Gelenke (%)

80 70

62,2

60

weitere 192 Wochen. Während dieser Zeit erhielten die Patienten jede zweite Woche subkutan 24 mg Adalimumab/m2 Körperoberfläche (KOF) bis zu maximal 40 mg Adalimumab. Auswertungen liegen bis Woche 52 vor. Beim primären Endpunkt, der prozentualen Veränderung der Anzahl aktiver Gelenke mit Arthritis zu Woche 12 gegenüber Therapiebeginn, zeigte sich Adalimumab mit einer mittleren Abnahme von 62,6 versus 11,6 % gegenüber Placebo als signifikant überlegen (p=0,039) (Abb.). Die Verbesserung der Anzahl aktiver Gelenke mit Arthritis wurde während der OL-Phase bis Woche 52 aufrechterhalten. Im Trend wurde bei den meisten Patienten überdies eine klinische Verbesserung sekundärer Endpunkte wie z. B. Enthesitis, TJC und SJC ermittelt. Beim pädiatrischen ACR50/70- und 90-Ansprechen zeigte sich eine deutliche Überlegenheit gegenüber Placebo (3). Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse war in beiden Studienarmen vergleichbar (3). Das Sicherheitsprofil von Adalimumab bei Kindern ist schon aus Zulassungsstudien zur polyartikulären JIA bei Kindern ab zwei Jahren bekannt. Für Patienten mit EAA im Alter von sechs oder mehr Jahren beträgt die empfohlene Dosis 24 mg Adalimumab/m2 KOF bis hin zu einer maximalen Einzeldosis von 40 mg Adalimumab, die alle zwei Wochen subkutan injiziert wird. Das Injektionsvolumen wird auf Basis der Körpergröße und des Körpergewichts des Patienten ausgewählt (4). m

50 40 30 11,6

20 10 0

Adalimumab

Placebo

Abb.: Signifikante Überlegenheit von Adalimumab beim Erreichen des primären Endpunktes zu Woche 12 (mod. nach 3) Rheuma Management · Nov./Dez. 2014

Literatur: 1 Weiss PF, Adolesc Health Med Ther 2012; 3: 67-74 2 Weiss PF et al., Arthritis Rheum 2011; 62(10): 105 3 Burgos-Vargas R et al., Arthritis Rheum 2014; 66 (Suppl11): 4 4 Fachinformation Humira®, September 2014 Report mit freundlicher Unterstüzung der AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG


61 Rheumatoide Arthritis

Tocilizumab erhält EU-Zulassung für frühe RA Für den IL-6-Rezeptorantagonisten Tocilizumab wurde von der Europäischen Kommission die Zulassung auf die Anwendung bei Patienten mit schwerer, aktiver und fortschreitender Rheumatoider Arthritis (RA), die zuvor noch nicht mit Methotrexat (MTX) behandelt wurden, erweitert. Die Behandlung der RA in diesem entscheidenden, noch sehr frühen Stadium könnte langfristig eine irreversible Gelenkschädigung und dauerhafte Behinderung verhindern.

Die Zulassung stützt sich auf Daten der Phase-III-Studie FUNCTION, in der unter der Anti-IL-6-Therapie die Wirksamkeit, Sicherheit und Prävention von strukturellen Gelenkschäden bei Patienten mit früher mittelschwerer bis schwerer RA (≤2 Jahre seit der Diagnose), die noch nicht mit MTX behandelt wurden, untersucht wurde (Ann Rheum Dis 2013; 73 (Suppl2): S63). Die Studie erfüllte die Kriterien für ihren primären Endpunkt und zeigte, dass Patienten, die Tocilizumab (RoActemra®) entweder in Kombination mit MTX oder als Monotherapie erhielten, eine jeweils signifikant stärkere Besserung der Krankheitsaktivität (DAS28-ESR-Remission) nach 24 Wochen aufwiesen als Patienten, die mit MTX allein behandelt wurden (je p<0,05). Außerdem ging aus der FUNCTION-Studie

hervor, dass die Tocilizumab-Therapie mit und ohne MTX eine stärkere Hemmung der strukturellen Gelenkschädigung (mTSS) als mit MTX allein erreichte. Nach 24 Wochen entsprach die Sicherheit von Tocilizumab in dieser Patientenpopulation mit früher RA dem bekannten Sicherheitsprofil, das in früheren Studien mit dem IL-6-Rezeptorantagonisten bei RA beobachtet wurde. Die Zulassung für die frühe RA ist bereits die fünfte Aktualisierung und Erweiterung der europäischen Zulassung von Tocilizumab innerhalb von drei Jahren. m

Quelle: Pressemitteilung Chugai Pharma Marketing Ltd. und Roche Pharma AG, 8. September 2014

Rheumatologische Forschung

Vier Projekte zur TNFα-Inhibition prämiert Auf dem DGRh-Kongress in Düsseldorf wurden vier innovative rheumatologische Projekte ausgezeichnet. Die Forschungsvorhaben werden mit je 60.000 Euro gefördert. Unter den prämierten Arbeitsgruppen sind die Teams um Dr. Aurelia Lercher, Ratingen, Dr. Jan Leipe, München, Dr. Stephanie Finzel, Erlangen, und Dr. Dirk Holzinger, Münster. Mit den Förderpreisen will die Firma Pfizer zu einer besseren und nachhaltigen Versorgung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen beitragen.

Im Fokus der Untersuchungen von Dr. Lercher und Kollegen stehen die Wirkung der Anti-TNFα-Therapie auf kardiovaskuläre Erkrankungen bei Rheumatoider Arthritis (RA) mit einem besonderem Augenmerk auf potenziell protektive Effekte auf eine komorbide KHK und die Herzfunktion. Mit der Rolle epigenetischer Mechanismen der Th17- sowie regulatorischen T-Zellen bei der Pathogenese der RA beschäftigt sich die Arbeitsgruppe um Dr. Leipe. Nicht zuletzt soll untersucht werden, inwieweit entsprechende Histon-Modifikationen die Therapie mit TNFα-Inhibitoren beeinflussen und eventuell eine bessere Charakterisierung von RA-Patienten mit zu erwartendem gutem Ansprechen auf eine Anti-TNFα-Therapie erlauben. Den möglichen Einfluss von TNFα-Inhibitoren auf die Hei-

lung entzündlicher Erosionen mithilfe der hochauflösenden peripheren quantitativen Computertomographie (HR-pQCT) untersuchen Dr. Finzel und Kollegen. Dr. Holzinger und sein Team vergleichen die Exaktheit von Serum-Biomarkern und Arthrosonografie mit dem derzeitigen Goldstandard zur Synovitis-Früherkennung bei juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), der Kontrast-verstärkten Magnetresonanztomografie (MRT), um eine „echte“ Remission ohne subklinische Synovitis sicherzustellen, die einen Therapieabbau bei vertretbarem Rückfallrisiko ermöglicht. m Quelle: Pressemitteilung Pfizer Deutschland GmbH, 11. November 2014

Rheuma Management · Nov./Dez. 2014


62 Biologische Therapien in der Rheumatologie

Was sind die Fallstricke bei Biosimilars? Der TNFα-Inhibitor Adalimumab wurde im Jahr 2003 für die Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) zugelassen, es folgten neun weitere Indikationen bei Erwachsenen und Kindern. Zum Erfolg des monoklonalen Antikörpers haben auch die umfassende Dokumentation der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit beigetragen.

Mit 15 Jahren weltweiter klinischer Studienerfahrung ist Adalimumab (Humira®) eines der am umfassendsten untersuchten Biologika. Ein Review, basierend auf 71 klinischen Studien mit 23.458 Patienten und über 36.730 Patientenjahre in sechs Indikationen, weist auch nach zwölf Jahren auf eine gute Langzeitverträglichkeit ohne neue und unerwartete Nebenwirkungen hin, so Prof. Dr. Bianca Wittig, Wiesbaden. In den kommenden Jahren werden nun jedoch immer mehr Biologika ihren Patentschutz verlieren und Biosimilars auf den Markt drängen. Biosimilars sind ihren jeweiligen Referenzprodukten zwar sehr ähnlich, aber anders als Generika niemals identisch, betonte Prof. Dr. Raja Atreya, Erlangen. Gründe hierfür sind das aufwändige Herstellungsverfahren, das aus bis zu 5.000 Einzelschritten besteht, und die Einzigartigkeit der verwendeten Zelllinie. Die EMA fordert für die Zulassung von Biosimilars in einem reduzierten Studienprogramm den Nachweis, dass diese dem Originator gleichwertig sind bezüglich ihrer Qualität,

Sicherheit und Wirksamkeit. In begründeten Einzelfällen ermöglicht das EMA-Zulassungsverfahren, dass die klinischen Ergebnisse in einer Indikation, wie z.B. der RA, auf andere Indikationen, wie Colitis ulcerosa, extrapoliert werden können, ohne zusätzliche Studien bei CED-Patienten durchzuführen. Eine solche Extrapolation sieht Atreya äußerst kritisch. Auch DGRh und Rheuma-Liga äußerten ähnliche Bedenken und machten in ihren Stellungnahmen deutlich, dass die Patientensicherheit oberste Priorität haben muss. Vor allem wird gefordert, dass Biosimilars zur Evaluation der Langzeitsicherheit- und effektivität (Stichwort „Immunogenität“) in Registern eindeutig unterscheidbare Wirkstoffbezeichnungen (INN) vom Referenzprodukt haben und Therapiewechsel zwischen Referenzprodukt und Biosimilar ausschließlich medizinisch begründet sein sollten. m Quelle: Pressekonferenz AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 24. November 2014

ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Hoher Stellenwert von Rituximab Mit der in 2013 erfolgten europaweiten Zulassung von Rituximab ist für Patienten mit Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und mikroskopischer Polyangiitis (MPA) seit gut 40 Jahren erstmals wieder eine zusätzliche wirksame Behandlungsoption für die Remissionsinduktion bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) verfügbar, so das Fazit eines praxisbezogenen rheumatologisch-nephrologischen Expertenkonsensus.

Aufgrund der bei AAV hohen Sterblichkeit im ersten Erkrankungsjahr, vor allem durch Infektionen unter der immunsuppressiven Therapie, sowie Spätfolgen einer Cyclophosphamid (CYC)-Therapie wie erhöhte Tumorinzidenz oder Infertilität, bedurfte es neuer effektiver und weniger toxischer, CYC-einsparender Therapiestrategien. Die Zulassung von Rituximab (RTX, MabThera®) erfolgte auf Basis der RAVE-Studie, in der RTX in Kombination mit Glukokortikoiden zur Remissionsinduktion bei neu diagnostizierter GPA und MPA ähnlich wirksam wie die bisherige Standardtherapie mit CYC war und sich im Rezidiv dieser bei vergleichRheuma Management · Nov./Dez. 2014

barer Verträglichkeit signifikant überlegen zeigte. Für den Einsatz in der Praxis empfehlen die Experten Rituximab zur Remissionsinduktion daher vorrangig bei Rezidiven nach bereits erfolgter CYC-Behandlung, bei jungen Frauen und Männern zum Erhalt der Fertilität, bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit von CYC und für Patienten, bei denen jegliche Erhöhung des Tumorrisikos vermieden werden soll (DMW 2014; 139: 2248-2253). m Quelle: Pressemitteilung Roche Pharma AG, 18. November 2014


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Telematik Nachlese zum ACR-Kongress

Neues zur Gesundheitspolitik

Rückblick auf die wichtigsten Themen des US-Rheumatologenkongresses in Boston durch unsere Experten.

Informieren Sie sich in der nächsten Ausgabe über neue Entwicklungen in der Gesundheitspolitik und insbesondere der Rheumatologie.

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Jahrgang 6 · 6-2014 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.

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