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heuma MANAGEMENT
Rückblick auf den
DGRH-KONGRESS 2017 BERUFSVERBAND
BDRh
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE SEPT/OKT 2017
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
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RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS 2017 IN STUTTGART
Deutsche Rheumatologie schreitet weiter voran Mit einer hohen Beteiligung von fast 2.800 Teilnehmern kann der gemeinschaftlich ausgetragene 45. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der 27. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) und der 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) vom 6.-9. September 2017 im Internationalen Congress Center Stuttgart als großer Erfolg verbucht werden. Zahlreiche Abstracts und Poster sowie praxisrelevante Vorträge bildeten das gesamte Spektrum der Rheumatologie ab.
Die Rheumatologie hat in den letzten Jahren durch neue Medikamente und verbesserte Therapiestrategien einen großen Sprung nach vorne gemacht. Jedoch wird, wie am Beispiel der rheumatoiden Arthritis (RA) die Daten der CAPEA-Studie verdeutlichen, das auch in der EULAR-Leitlinie 2016 ausgegebene Therapieziel Remission nicht immer konsequent genug verfolgt. Eine deutsche S1-Leitlinie zum Management der RA ist auf gutem Weg und wird eine erste Einordnung der seit diesem Jahr mit den JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib neu zugelassenen oralen Therapien mit einem alternativen Wirkmechanismus zu den bewährten Biologika vornehmen. Auch bei letzteren weitet sich mit der Verfügbarkeit von Sarilumab das Feld, mit Sirukumab könnte ein direkter IL-6-Inhibitor folgen. Im Fokus stand zudem die Möglichkeit eines Therapieabbaus: Voraussetzungen hierfür sind eine anhaltende „echte“ Remission, ein Steroid-Tapering und natürlich das Einverständnis der Patienten. Einen Meilenstein in der Therapie der Riesenzell-Arteriitis (RZA) bedeutete die GiACTA-Studie zu dem kürzlich hierfür zugelassenen IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab. Über die sich in Zukunft bei RZA jenseits der Steroidtherapie bietenden Chancen referierte mit John H. Stone aus Boston (USA) ein ausgewiesener Experte – symptomatisch für die diesjährige Tagung, auf der sich viele namhafte Rheumatologen aus dem Gastland Großbritannien und aller Welt einfanden. Einen weiteren Schwerpunkt in Sachen Vaskulitis bildete natürlich die neue S1-
hinzugekommen bei ankylosierender Spondylitis (AS) – und künftig, positive Phase-III-Daten vorausgesetzt, auch nicht-röntgenologischer axialer Spondyloarthritis (SpA) – ist bislang „nur“ Secukinumab, das womöglich neue Chancen zur Hemmung der Röntgenprogression eröffnet. Hier bleiben aber noch die Ergebnisse eines direkten Vergleichs mit einem TNFα-Inhibitor abzuwarten.
Prof. Dr. med. Hanns-Martin Lorenz Leitlinie der DGRh zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV). Ebenfalls auf großes Interesse stieß die WIN-Session zu den Kollagenosen, auch wenn hier der Weg zu neuen Therapien sowohl bei systemischem Lupus erythematodes (SLE), systemischer Sklerose (SSc) und vor allem den Myositiden weiterhin steinig ist – trotz teils erheblicher Fortschritte in der Grundlagenforschung. Ganz anders ist die Situation in der Psoriasis-Arthritis (PsA), bei der sich mit Apremilast (PDE-4-Inhibition), Ustekinumab (Anti-IL-12/23), Secukinumab (Anti-IL17A) und aktuell Abatacept das Therapiespektrum erheblich erweitert hat. Mit Ixekizumab wird in Bälde ein weiterer IL-17-Hemmer verfügbar werden, auch JAK-Inhibitoren (z. B. Tofacitinib) sowie IL-23-Hemmer (Guselkumab) könnten hier in Zukunft eine Rolle spielen. Neu
Einen wichtigen thematischen Schwerpunkt bildete die „interdisziplinäre Rheumatologie“ – exemplarisch sei hier auf ein spannendes Symposium zu rheumatischen Symptomen in der Onkologie und vice versa verwiesen. Vielfältig war auch das Themenspektrum in der Kinderrheumatologie von z. B. Neuigkeiten zu Biologika bei juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) und periodischen Fiebersyndromen bis zur Transition, sowie in der orthopädischen Rheumatologie, wo nicht zuletzt der Themenkomplex moderne Endoprothetik und das septische Gelenk intensiv diskutiert wurden. Abgerundet wurde der Kongress durch einen wiederum gut besuchten Patiententag im Kongresszentrum. Auf ein Wiedersehen bei der nächsten DGRh-Jahrestagung vom 19.-22. September 2018 in Mannheim und Heidelberg! m
Prof. Dr. med. Hanns-Martin Lorenz Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg und medizinisch-wissenschaftlicher Leiter des Acura-Rheumazentrums in Baden-Baden
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
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Inhalt
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RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS 2017 IN STUTTGART Deutsche Rheumatologie schreitet weiter voran Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz
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EINLADUNG STARTER-WORKSHOP Fit für die ASV Rheuma
9 BDRh
MITTEILUNGEN DES BDRH 9 EINLADUNG ZUR AUSSERORDENTLICHEN BDRH-MITGLIEDERVERSAMMLUNG 10
URTEIL DES BUNDESSOZIALGERICHTS Wachstumsmöglichkeit unterdurchschnittlich abrechnender Praxen RA Jörg Hohmann
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ASV RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN BESCHLUSSFASSUNG IM DEZEMBER? Dr. Edmund Edelmann
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MEDIZINRECHT Urlaubszeit = Vertretungszeit … RA Anne Herzig
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SIE FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN Thema: Nachbesetzung BAG RA Christian Koller
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STELLENBÖRSE
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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK Schulterschmerz – Fehldiagnose Polymyalgia rheumatica Prof. Dr. Herbert Kellner
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Hohes kardiovaskuläres Risiko bleibt unverändert ein großes Problem
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT KARDIOLOGIE Anti-IL-1-Antikörper reduziert nach Infarkt kardiovaskuläre Ereignisse
WICHTIGER TERMIN: BDRH-MITGLIEDERVERSAMMLUNG
11 ASV UPDATE ZUR ASV RHEUMA
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Inhalt
DGRH-KONGRESS 2017 34
GROSS- UND KLEINGEFÄSSVASKULITIDEN Durchbruch bei Riesenzell-Arteriitis
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RIESENZELL-ARTERIITIS GiACTA-Studie: Tocilizumab bringt Zeitenwende
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN Deutsche S1-Leitlinie der DGRh vorgestellt
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40 KOLLAGENOSEN Update zu Diagnostik, Outcome und Therapie 42
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
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SPONDYLOARTHRITIDEN Leitlinien-Updates und aktuelle Studiendaten
Von der Leitlinie in den Praxisalltag
DGRH-KONGRESS 2017 IN STUTTGART
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT ONKOLOGIE Diagnostische Fallstricke und neue Entwicklungen 48
AUTOINFLAMMATORISCHE ERKRANKUNGEN Therapieempfehlungen der PRO-KINDKommission für periodische Fiebersyndrome
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INDUSTRIE-BERICHTE 54
RHEUMATOIDE ARTHRITIS Tofacitinib als Kombinations- und Monotherapie langfristig wirksam und verträglich
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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS Zulassung für Abatacept erteilt
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SPONDYLOARTHRITIDEN Bei SpA-assoziierter Enthesitis ist Secukinumab eine sehr wirkungsvolle Therapie
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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS Ustekinumab: Überzeugende Wirksamkeit auf Gelenke und Sehnen
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IMPRESSUM
VASKULITIDEN: GIACTA-STUDIE, NEUE AAV-LEITLINIE
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EINLADUNG
Starter-Workshop: Fit für die ASV Rheuma Mittwoch, den 8. November 2017 | 16:00 bis 19:30 Uhr bbw Akademie für Betriebswirtschaftliche Weiterbildung Raum VR 1 | Erdgeschoss | Am Schillertheater 2 | 10625 Berlin In Kürze startet die Umsetzung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) für rheumatologische Erkrankungen. Die Details wurden bereits durch den Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossen und werden vermutlich Anfang 2018 in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt können ASV-Berechtigungen beantragt werden. In unserer Veranstaltung informieren wir über den aktuellen Stand sowie die Rahmenbedingungen der ASV Rheuma. Wir geben interessierten Ärzten und Kliniken möglichst konkrete Entscheidungshilfen und Unterstützung bei der Vorbereitung einer ASVTätigkeit. Die Veranstaltung richtet sich ausschließlich an Praxen und Krankenhäuser und ist kostenfrei. Fortbildungspunkte werden bei der Ärztekammer Berlin beantragt. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt – melden Sie sich daher am besten noch heute unter www.bv-asv.de/rheuma-ber an.
PROGRAMM 16:00 Uhr 16:10 Uhr 16:40 Uhr
17:10 Uhr 17:20 Uhr
17:50 Uhr 18:20 Uhr 18:30 Uhr 19:30 Uhr
Begrüßung und Einführung in das Thema Dr. Axel Munte – Vorstand, Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung e.V. ASV Rheuma: das Wichtigste im Überblick Sonja Froschauer – Geschäftsführender Vorstand, Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung e.V. ASV in der Praxis PD Dr. Dirk Hartmann – Chefarzt Klinik für Innere Medizin I, ASV-Teamleiter gastrointestinale Tumoren, Sana Klinikum Lichtenberg Pause Teambildung und Vertrag – rechtliche Aspekte Prof. Dr. Christoff Jenschke, LL.M. (Lond.) – Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht kwm rechtsanwälte, kanzlei für wirtschaft und medizin ASV in der Rheumatologie Dr. Kirsten Karberg – Praxis für Rheumatologie und Innere Medizin, Berlin Der Weg zur ASV-Anzeige Dr. Felix Cornelius – Geschäftsführer, Sanakey GmbH Diskussion und Fragerunde Ende der Veranstaltung
ANMELDUNG Kontakt Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Bundesverband ASV Tel. 089/41414406-5 Fax 089/4141 406-9 kontakt@bv-asv.de www.bv-asv.de/rheuma-ber
Vorankündigung Starter-Workshop: Fit für die ASV Rheuma 25. November 2017, 16:00-19:45 Uhr in München
BERUFSVERBAND
BDRh
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BDRH SERVICESTELLE Forstring 16a | 44869 Bochum 02327/6049986 Tel: Fax: 0234/957196620 Geschäftsführerin Christel Schierbaum E-mail: schierbaum@bdrh.de www.bdrh.de
EINLADUNG zur außerordentlichen Mitgliederversammlung des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen BDRh
Liebe KollegInnen,
1. VORSITZENDER Dr. Ludwig Kalthoff STV. VORSITZENDER
die letzte MV in Stuttgart ergab keine Beschlussfähigkeit. Damit unsere Geschäftsfähigkeit als eingetragener Verein ab dem 01.01.2018 gewährleistet bleibt, ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung unabdingbar. Wir haben im Vorstand mit der Geschäftsführerin Frau Schierbaum (satzungsgemäß vom Vorstand auf Honorarbasis bestellt) folgenden Termin ausfindig gemacht: FREITAG, 08. DEZEMBER 2017, in Berlin im Jugendgästehaus Berlin* von 16-18 Uhr. Ab 15 Uhr steht der Vorstand insbesondere den Landesverbänden für einen persönlichen Austausch zur Verfügung. Die Agenda orientiert sich an der MV in Stuttgart. Der Schwerpunkt ist die Wahl des neuen Vorstandes. Bitte machen Sie Vorschläge und stellen Sie sich auch selbst zur Wahl. Kandidaten sollten im Vorfeld möglichst schon gemeldet werden. Die Verjüngung unseres Vorstandes durch Kliniker und Praxisinhaber ist für die Zukunft unseres BDRh essenziell. Im neu zu wählenden Vorstand wird auch als kooptiertes Mitglied Herr Dr. med. habil. Philipp Sewerin, der 1.Vorsitzende der Rheumadocs, der Jungen Rheumatologen, vorgeschlagen. Des Weiteren erfolgt die Vorbereitung von Satzungsänderungen durch eine neu zu bildende Kommission.
Prof. Dr. Jörn Kekow, Vogelsang-Magdeburg KASSENWART Dr. Silke Zinke, Berlin SCHRIFTFÜHRER Dr. Florian Schuch, Erlangen VORSTANDSMITGLIEDER Prof. Dr. Christoph Baerwald, Leipzig Dr. Edmund Edelmann, Bad Aibling Dr. Kirsten Karberg, Berlin Dr. Wiegand Müller-Brodmann, Marburg
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Dr. Michael Rühlmann, Göttingen
Mit kollegialen Grüßen gez. Ludwig Kalthoff, 1.Vorsitzender
AGENDA DER AUSSERORDENTLICHEN MITGLIEDERVERSAMMLUNG 1
Bericht des 1. Vorsitzenden
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Bericht des 2. Vorsitzenden
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Bericht des Kassenwartes
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Neuwahl des Vorstandes
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Vorbereitung Satzungsänderung durch zu bildende Kommission
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Verabschiedung der Reisekostenregelung
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Finanz- und Haushaltsplanung 2018
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Anpassung des Jahresbeitrages
TAGUNGSORT
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Update Vertrag TK
*Jugendgästehaus Hauptbahnhof Lehrter Straße 68, 10557 Berlin
10 Update Innovationsfonds VERO
BANKVERBINDUNG Berufsverband Dt. Rheumatologen e.V. Deutsche Apotheker- und Ärztebank Essen
12 Weiterentwicklung der VLR
Tel. 030/398350-300 Fax 030/398350-222
13 Verschiedenes: 1. Schwerpunkte BDRh Kongress 20./21. April 2018: Berlin
tagen@berliner-stadtmission.de
IBAN DE97 3006 06010 0050 49105
www.tagen-in-berlin.de www.youtube.com/user/JGHHauptbahnhof
BIC DAAEDEDD
11 Update ASV
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URTEIL DES BUNDESSOZIALGERICHTS
Wachstumsmöglichkeit unterdurchschnittlich abrechnender Praxen Unterdurchschnittlich abrechnende Praxen haben nach der Rechtsprechung einen Anspruch darauf, nicht durch Regelungen der Honorarverteilung an ihrem Wachstum bis zum Durchschnitt der Arztgruppe gehindert zu werden. Die regionalen Honorarverteilungsregelungen müssen dieses in einem Zeitraum von 5 Jahren ermöglichen. Bleibt eine Fallzahlsteigerung aus, besteht kein Anspruch auf eine Honorarerhöhung bis zum Fachgruppendurchschnitt, soweit nicht Härtefallregelungen greifen.
von Härtefällen grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Soweit keine Praxisbesonderheiten vorlägen und es für die Annahme eines Härtefalls keinen Anhaltspunkt gäbe, sei die Honorierung nicht zu beanstanden.
Mit diesen Revisionen wurden die Klagen von urologischen Praxen gegen die KV Schleswig-Holstein überwiegend zurückgewiesen. Es ging dabei um die Honorarabrechnungen aus den Jahren 2009 und 2010 und die Überprüfung der Umsetzung der normativen Vorgaben des Bewertungsausschusses über die Regelleistungsvolumina (RLV) mittels der Vergütung praxisbezogener Punktzahlvolumina (PVZ). Neben Jungpraxen wurden auch ältere Praxen in die Entscheidungen einbezogen, die über Jahre hinweg unterdurchschnittliche Fallzahlen aufwiesen. Diesen Praxen wurde ein überdurchschnittlicher Fallwert aufgrund der unterdurchschnittlichen Fallzahl nicht zugesprochen, da nach Auffassung der KV die Ermöglichung der Steigerung der Patientenzahl ausreiche, um der Forderung des Bundessozialgerichts (BSG) nach Chancengleichheit kleineren Praxen zu entsprechen. Teilweise hatte das Sozialgericht Kiel die KV zur Neubescheidung verpflichtet, soweit aufgrund der Überversorgung mit Urologen in SchleswigHolstein keine realistische Chance auf eine relevante Erhöhung der Fallzahl bestünde. Bereits das Landessozialgericht (LSG) hatte diese Entscheidung jedoch aufgehoben. Die Revisionen wurden deshalb unter diesem Aspekt damit begründet, dass die Situation von Praxen mit kleiner, nicht weiter zu steigernder Fallzahl rechtswidrig beurteilt werde. Die Mechanismen im Verteilungsvertrag der KV über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten und zur Sicherung gegen zu große Honorarverluste einzelner Praxen unter Härtefallgesichtspunkten kämen diesen Praxen nicht zugute und sei-
Rechtsanwalt Jörg Hohmann en deshalb unzureichend. Der Senat wies die Revisionen überwiegend zurück. Danach würden unterdurchschnittlich abrechnende Praxen an einem Wachstum bis zum Durchschnitt der Fachgruppe gehindert werden. Es reiche aus, wenn der Verteilungsmaßstab – unabhängig von der Geltung der RLV oder dem System der PZV – der Praxis ermögliche, die durchschnittlichen Honorarergebnisse durch Steigerung der Patientenzahl zu erreichen. Soweit die hohe Überversorgung mit Urologen dazu führe, dass eine Praxis ihre Fallzahl tatsächlich nicht steigern könne, so müsse die KV dieser Problematik nicht durch Zuweisung eines erhöhten PZV Rechnung tragen. Diese Grundsätze würden auch für etablierte kleine Praxen und nicht nur für Anfängerpraxen gelten. Die von der unterdurchschnittlichen Praxis geforderte dauerhafte Stützung kleiner Praxen mit niedrigen Patientenzahlen über besondere Regelungen zur Honorarverteilung sei mit dem Gesichtspunkt der Honorarverteilungsgerechtigkeit außerhalb
Soweit die KV allerdings ein RLV vor Beginn des Quartals unter Vorbehalt auf 12.478,78 € festsetze (Verfahren B 6 KA 3/17 R) und dieses dann im laufenden Quartal mit dem Hinweis auf einen Rechenfehler auf 12.370,64 € absenke, sei dieses rechtswidrig. Ein derartiger allgemeiner Vorbehalt könne nicht wirksam erklärt werden, hier hatte die beklagte KV ein Teilanerkenntnis abgebeben. Soweit eine KV das RLV vor Quartalsbeginn nur vorläufig mit der Begründung festsetzt, die erforderlichen Vereinbarungen mit Krankenkassen seien noch nicht zustande gekommen, so sei auch dieses unter diesen Umständen zulässig. Die KV müsse nicht entsprechend § 87b Absatz 5 Satz 4 SGB V das RLV des Vorquartals zuweisen, sondern könne ersetzend auch eine vorläufige RLVZuweisung vornehmen. Allerdings sei es mit dem Prinzip der zukunftsbezogenen RLV-Festsetzung nicht zu vereinbaren, das vorläufig festgesetzte RLV noch einmal rückwirkend zu reduzieren. m Rechtsanwalt Jörg Hohmann Kanzlei für Medizinrecht Prof. Schlegel Hohmann Mangold und Partner Paul-Nevermann-Platz 5 22765 Hamburg Tel. 040/3910697-0 Fax 040/3910697-10 www.gesundheitsrecht.com
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ASV RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Beschlussfassung im Dezember? Die Erstellung der Anlage Rheumatische Erkrankungen der ASV im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zieht sich wegen der unterschiedlichen Positionen der Bänke im G-BA (KBV, GKV-Spitzenverband und Deutsche Krankenhausgesellschaft [DKG]) mit Unterbrechungen seit der zweiten Hälfte des Jahres 2015 hin und wurde im Mai 2017 durch die Intervention des BDRh wegen mangelnder Berücksichtigung des fachspezifischen Labors weiter verschoben.
Im Dezember 2016 erfolgte zwar ein Basisbeschluss des G-BA, der alle Erkrankungen und Leistungen in der ASV Rheumatische Erkrankungen abschließend beschrieb, aber noch nicht den finanziell relevanten Ziffernkranz enthielt. Es war in Anbetracht der teils weit auseinanderliegenden Vorstellungen der Bänke und auch der Deutschen Rheuma-Liga als nicht stimmberechtigtes G-BA-Mitglied für uns zunächst ein erfreuliches Ergebnis, dass die meisten unserer Forderungen für eine ASV Rheumatische Erkrankungen berücksichtigt wurden. Ein Teil dieses Basisbeschlusses war die Zuordnung des fachspezifischen Rheumalabors zur ASV. Dies entsprach der mündlich und schriftlich mehrfach dargelegten Forderung des BDRh. Für den Appendix, den Ziffernkranz, lag den Bänken und dem G-BA ein detaillierter Vorschlag des Verbands Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) und BDRh vor, der das empfohlene Leistungsspektrum der Rheumatologen Ziffer für Ziffer unter Einschluss des fachspezifischen Labors beschrieb. Es war daher für den BDRhVorstand in keiner Weise erwartbar und nachvollziehbar, als sich beim diesjährigen BDRh-Kongress im Mai über die referierende KBV-Mitarbeiterin herausstellte, dass vorgesehen war, in der ASV Rheumatische Erkrankungen das fachspezifische Labor ausschließlich durch Laborärzte erbringen zu lassen. Diese Regelung steht in klarem Widerspruch zur Weiterbildungsordnung der internistischen Rheumatologen, stände aber im Einklang mit den übergeordneten ASVRichtlinien, die das Labor den Laborärzten zuordnet. Die Folgen einer ASV Rheumatische Erkrankungen ohne die Möglichkeit, das
fachspezifische Labor abzurechnen, sind in zweierlei Hinsicht fatal: – Rheumatologen mit Labor, und das sind inzwischen die Mehrzahl der niedergelassenen Rheumatologen, wäre aus wirtschaftlichen Gründen die Teilnahme an der ASV verwehrt. – Über die „Bereinigung“ von Patienten, die in künftigen ASV-Ambulanzen behandelt werden, drohen Honorarverluste der niedergelassenen Rheumatologen bei Verbleib im KV-System. Mit nachhaltiger politischer Unterstützung durch Bundestagsabgeordnete, durch eine ehemalige Landesgesundheitsministerin und über ein Schreiben an den Bundesgesundheitsminister gelang es dem BDRh-Vorstand, dass die abschließende Sitzung im G-BA Mitte Juni abgesagt wurde. In mehreren nachfolgenden Gesprächen mit der KBV war eindeutig die Bereitschaft zu erkennen, das fachspezifische Rheumalabor den Rheumatologen zuzuordnen. Des Weiteren ist die KBV bereit, den Basisbeschluss zum orthopädischen Rheumatologen im Kernteam dahingehend zu modifizieren, dass die ASV Rheumatische Erkrankungen auch ohne orthopädische Rheumatologen starten kann, wenn sich kein entsprechender Facharzt in 30 min. Entfernung findet. Ein drohendes Nadelöhr durch zu wenige orthopädische Rheumatologen wäre damit beseitigt. Analoge Positionen vertritt inzwischen die DKG, die diese allerdings mit einer Forderung an die KBV verknüpft. Auch der GKV-Spitzenverband könnte sich im Hinblick auf das Labor auf uns zubewegen, da das fachspezifische ASV Labor in den Händen der Rheumatologen nur einen geringen finanziellen
Mehraufwand für die Kassen bedeutet. Erfreulich ist die Unterstützung durch die Patientenorganisation im G-BA, die Deutsche Rheuma-Liga. Derzeit ist der Appendix mit dem Vorschlag der KBV, das Labor den Rheumatologen zuzuordnen, im sogenannten Stellungnahmeverfahren bei verschiedenen Institutionen, u. a. bei der Bundesärztekammer. Es wird bis zur Beschlussfassung im G-BA Anfang Dezember spannend bleiben. Bei einer Beschlussfassung gegen das fachspezifische Labor beim Rheumatologen bleibt uns noch die Intervention beim Gesundheitsministerium, um eine Korrektur zu erreichen. Bisher verlief die Arbeit des G-BA im Hinblick auf den Basisbeschluss größtenteils sehr konstruktiv. Gehen wir daher von einem positiven Votum im Dezember aus. Dieses gibt uns allen die Chance, aus der Budgetierung und damit Beschneidung der Versorgung in eine offene und bessere Rheumaversorgung einzutreten, ohne Fallzahlbegrenzungen und ohne Leistungskürzungen! Als Hürden bestehen jedoch immer noch die Überbürokratisierung des Eintritts in die ASV mit dem sehr aufwendigen Antragsverfahren, der Widerstand einzelner KVen gegen die ASV und nicht zuletzt deswegen das Prozedere der Leistungsabrechnung. Gemeinsam mit anderen Verbänden werden wir versuchen, allen Rheumatologen den Start in die ASV zu erleichtern! m Dr. med. Edmund Edelmann Vorstand des BDRh
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MEDIZINRECHT
Urlaubszeit = Vertretungszeit … Doch wie mache ich es richtig, um mich nicht der Gefahr einer Abrechnungsprüfung und Honorarkürzung auszusetzen? Der Gesetzeswortlaut, der zudem nur eine Regelung für Vertragsärzte trifft, gibt hierüber keinen wesentlichen Aufschluss. Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung regelt § 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, dass sich ein Vertragsarzt bei Krankheit, Urlaub, Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder einer Wehrübung innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten – genehmigungsfrei – vertreten lassen kann. Bei der Vertretung von länger als einer Woche ist dies der zuständigen KV mitzuteilen. Doch wie ist dieser Dreimonatszeitraum zu berechnen? Und wann beginnt er?
Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) – wie diese auch zwischen dem Radiologen und Nuklearmediziner bestanden hatte – nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesozialgerichts (BSG Urteil v. 14.12.2011, Az.: B 6 KA 31/10 R) grundsätzlich überhaupt nicht möglich ist, blieb unberücksichtigt, da die zuständige KV selbst, bis zum Urteil des BSG, derartige Vertretungen für zulässig gehalten hatte und daher der Klägerin einen Vertrauensschutz gewährte.
Rechtsanwältin Anna Herzig Mit diesen Fragen hatte sich erst kürzlich das Sozialgericht München auseinanderzusetzen (SG München, Urteil v. 20.01.2017, Az.: S 28 KA 698/15). Klägerin war die aus einem Radiologen und einem Nuklearmediziner betriebene Gemeinschaftspraxis. Letzterer hatte dabei seinen Kollegen während dessen ausgedehnten Urlaubsabwesenheiten wiederholt vertreten. Allerdings waren die Abwesenheitszeiten nicht oder nur unvollständig der beklagten KV gemeldet worden. Diese nahm daher eine Abrechnungsprüfung vor und stellte in drei aufeinanderfolgenden Jahren eine Überschreitung des genehmigungsfreien Dreimonatszeitraums fest. Folglich setzte sie das Honorar für die streitgegenständlichen Quartale neu fest, woraus sich ein nicht zu verachtender Rückforderungsanspruch gegen die Gemeinschaftspraxis ergab. Im Rahmen der hiergegen gerichteten Klage erläuterte das Gericht insbesondere den Zeitraum und Beginn einer Vertretung. Die Tatsache, dass eine gegenseitige Vertretung der Partner einer fachübergreifenden
Bemessung des Zwölfmonatszeitraums Offen blieb auch die Frage, ob es sich bei dem Zwölfmonatszeitraum um einen flexiblen Zeitraum handelt, der mit dem ersten Tag einer Vertretung beginnt oder nach dem Kalenderjahr zu bemessen ist. Vorliegend zogen sowohl die beklagte KV als auch das Sozialgericht zu Gunsten der Klägerin das Kalenderjahr heran. Ausgehend vom Wortlaut des Gesetzes und der herrschenden Literatur handelt es sich bei dem Zwölfmonatszeitraum aber grundsätzlich um einen flexiblen Zeitraum. Dies bedeutet, dass ein Vertragsarzt, der sich z. B. von November 2017 bis Februar 2018 in Urlaub befindet, für seine Abwesenheit nach Ablauf des Dreimonatszeitraums, mithin mit Ablauf der 13. Abwesenheitswoche, also ab dem 01.02.2018, einer Genehmigung bedarf. Unbeachtlich bleibt, dass im Januar 2018 ein neues Kalenderjahr beginnt.
Bemessung des Dreimonatszeitraums Bei dem genehmigungsfreien Dreimonatszeitraum hingegen komme es, unter
Berücksichtigung der Auffassung des BSG, nicht auf die einzelnen Tage an, an denen der Vertreter tätig wird, sondern auf den Zeitraum, in dem die Vertretung aus einem der im Gesetz genannten Gründe erforderlich ist. Dabei ist dieser Zeitraum von dem Zeitpunkt an zu errechnen, an dem der Vertreter erstmalig tätig wurde oder tätig werden musste. Diesbezüglich wurde die beklagte KV, die den Abwesenheitszeitraum ab dem ersten Abwesenheitstag berechnet hatte, vom Sozialgericht allerdings dahingehend korrigiert, dass die Berechnung der Abwesenheitstage an dem Tag beginne, an dem der Vertreter erstmalig tätig wurde bzw. hätte werden müssen. Dies bedeutet, dass, wenn der erste Abwesenheitstag ein Feiertag oder Wochenende ist, der Vertreter erst am nächsten Kalendertag, an dem in der Praxis regulär eine Sprechstunde angeboten wird (hier von Montag bis Freitag), hätte tätig werden müssen. Entsprechend waren im vorliegenden Verfahren die Abwesenheitstage und somit auch die Honorarrückforderung zu kürzen. An dem Verstoß gegen die Vertretungsregelungen und dem Grundsatz der höchstpersönlichen Leistungserbringung änderte dies aber nichts. Ob die Berechnung der Rückforderung anhand der Kalendertage oder der Tage mit Sprechstundenzeiten erfolgt, überließ das Gericht dem Schätzungsermessen der beklagten KV. Bei der Ermittlung der abwesenden Tage müssten Feiertage hingegen – außer zu Beginn der Vertretungstätigkeit – außer Betracht bleiben, da es auf den Zeitraum ankomme, in dem die Vertretung erforderlich ist. →
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Empfehlungen Um seinen Urlaub entspannt genießen oder sonstige Abwesenheiten ohne Sorge vor Regressen antreten zu können, empfiehlt sich Folgendes: Eine Vertretung länger als eine Woche ist der zuständigen KV anzuzeigen. Bei Überschreitung des Dreimonatszeitraums ist eine Genehmigung einzuholen. Berücksichtigen Sie, dass es sich bei dem Zwölfmonatszeitraum grundsätzlich um einen flexiblen Zeitraum handelt, der mit dem ersten Tag einer Vertretung beginnt und sich entsprechend immer weiter verschiebt. Bei drohender Überschreitung der drei Monate ist daher vor Beginn der überschreitenden Abwesenheit eine Genehmigung einzuholen. Bitte berücksichtigen Sie, dass sich der Dreimonatszeitraum anhand der tatsächlichen Abwesenheit bemisst und nicht an den Vertretertagen. Für den Abwesenheitsbeginn kommt es allerdings auf den
Tag an, an dem der Vertreter das erste Mal tätig wurde oder hätte tätig werden müssen. So beginnt die Berechnung bei einem Urlaub ab 01.05.2018 (Maifeiertag) am 02.05.2018. Der genehmigungsfreie Dreimonatszeitraum endet mit Ablauf des 01.08.2018, unabhängig davon, ob in diesen Zeitraum noch weitere Feiertage fallen. Bis auf den Abwesenheitsbeginn bleiben Feiertage daher bei der Ermittlung des Abwesenheitszeitraums außer Betracht. Weiterhin sind folgende Grundsätze zu beachten: Während der Zeit, in der eine Vertretung erfolgt, darf der zu vertretende Arzt selbst nicht tätig werden und ist keine eigene Abrechnung über die eigene LANR zulässig (auch nicht privatärztlich). Grundsätzlich muss der Vertreter ein Vertragsarzt der gleichen Fachrichtung wie der Vertretene sein oder die Voraussetzungen für eine entsprechende Arztregistereintragung erfüllen. Für
die Erbringung genehmigungspflichtiger oder sonstiger qualifikationsabhängiger Leistungen muss beim Vertreter die entsprechende Qualifikation vorliegen, worüber sich der abwesende Vertragsarzt im Vorfeld selbst zu vergewissern hat. Dies gilt auch für die Vertretung innerhalb einer fachübergreifenden BAG. Darüber hinaus ist der Vertreter an seine aus der Zulassung resultierende Zuordnung zum haus- oder fachärztlichen Versorgungsbereich gebunden. Im Übrigen ist stets zu empfehlen, sich mit den Vertretungsregelungen der jeweils zuständigen KV vertraut zu machen. Wenn Sie diese Vorgaben beachten, können Sie beruhigt in den Urlaub fahren. m Rechtsanwältin Anna Herzig Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München
EIN SERVICE FÜR BDRH-MITGLIEDER
Sie fragen – Experten antworten Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“
Thema: Nachbesetzung BAG Frage: Wir führen zu zweit eine Gemeinschaftspraxis. In dieser war bis zu seinem Ausscheiden ein weiterer Kollege tätig. Nachdem über seinen Sitz mehrere Monate nicht abgerechnet wurde, hat er uns nun berechtigt, dass wir seinen Sitz nachbesetzen lassen dürfen. Stellt die monatelange Vakanz ein Problem dar? Antwort: Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob der Sitz noch fortführungsfähig ist. Nach einer neuen Entscheidung des Sozialgerichts Berlin kommt es nämlich für die Beurteilung des Vorliegens eines sogenannten Praxissubstrats als Voraussetzung der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 3a SGB V bei Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) darauf an, ob der Vertragsarztsitz des ausscheidenden Arztes noch in einem Umfang bestand, der eine fortführungsfähige Praxis begründet. Hingegen sei nicht auf
die gesamte BAG abzustellen. Würde allein an den Leistungsumfang der RA Christian Koller BAG angeknüpft, so das Sozialgericht Berlin, würde das Nachbesetzungsverfahren womöglich nicht dem Abbau einer Überversorgung, sondern wieder der Versorgungsausdehnung dienen. Durch die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, dessen Inhaber nur in geringem Umfang tätig war und für den die übrigen Partner der BAG Leistungen mit erbracht haben, würde das Regelleistungsvolumen der BAG insgesamt ausgeweitet, ohne dass es zu einer Abstaffelung der Vergütung käme. Ob diese Rechtsauffassung jedoch hält, ist offen. Das Verfahren hängt derzeit beim Bundessozialgericht. m
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STEUERRECHT
Tätigkeit mit Erwerbscharakter ist keine Berufsausbildung Mit dem 18. Geburtstag eines Kindes entfällt für dessen Eltern nicht zwingend der Anspruch auf Kindergeld und Kinderfreibeträge. Beide Vergünstigungen können noch bis zum 25. Geburtstag weiter bezogen werden, wenn das Kind in dieser Zeit für einen Beruf ausgebildet wird. Die Frage, ob eine Berufsausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne vorliegt, führt oft zu Streit zwischen Eltern und Familienkassen.
In einem Fall vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich eine volljährige Tochter für neun Jahre als Soldatin auf Zeit bei der Bundeswehr verpflichtet. Nachdem sie dort die Grundausbildung durchlaufen hatte, zur Stabsunteroffizierin befördert worden war und eine Ausbildung zur Bürokauffrau absolviert hatte, wurde sie in einem Nachschubbataillon eingesetzt. Während dieser Zeit nahm sie an mehreren Fachlehrgängen (Gesamtdauer ca. 3 1/2 Monate) teil, um sich auf die Tätigkeit als Nachschubunteroffizierin vorzubereiten. Die Eltern gingen davon
aus, dass ihre Tochter während ihres Einsatzes im Nachschubbataillon noch im kindergeldrechtlichen Sinne „für einen Beruf ausgebildet“ wurde und ihnen weiterhin Kindergeld zustand. Der BFH hat den Kindergeldanspruch verneint, weil die Tätigkeit im Nachschubbataillon in ihrer Gesamtheit keine Ausbildung darstellte. Bei Arbeits-/ Dienstverhältnissen mit verwendungsbezogenen Lehrgängen sei eine Berufsausbildung nur anzunehmen, wenn der Ausbildungs- und nicht der Erwerbscha-
Geschenke: Pauschalsteuer nicht als Betriebsausgabe abziehbar Im Wirtschaftsleben sind Geschenke unter Geschäftsfreunden gang und gäbe, um Geschäftsbeziehungen zu fördern und Neukunden zu akquirieren. Müsste der Beschenkte den Wert der Zuwendung später versteuern, wäre der Zweck des Geschenks ins Gegenteil verkehrt, denn kaum jemand freut sich über etwas, wofür er später bezahlen muss. Um diese negative Folge auszuschließen, können Schenkende die Steuer auf das Geschenk gleich mitübernehmen: Das Einkommensteuergesetz sieht hierfür die Entrichtung einer 30%igen Pauschalsteuer vor. Ein Konzertveranstalter hat vor dem BFH versucht, die gezahlte Pauschalsteuer als Betriebsausgabe abzuziehen. Er hatte Freikarten an Geschäftspartner verteilt und dafür nachträglich die 30%-Pauschalierung genutzt. Der BFH hat den Betriebsausgabenabzug nicht zugelassen. Er verwies auf das Abzugsverbot für Geschenke an Geschäftsfreunde, deren Wert pro Empfänger und Jahr zusammengerechnet über 35 € liegt. Damit soll verhindert werden, dass sich unangemessener Repräsentationsaufwand zu Lasten der Allgemeinheit steuerlich abziehen lässt. Der BFH sieht die vom Schenker übernommene Pauschalsteuer als weiteres Geschenk an, das steuerlich wie das Hauptgeschenk zu behandeln ist. Zählt das Hauptgeschenk wegen seines Werts zum nicht abziehbaren unangemessenen Repräsentationsaufwand, gilt das auch für die mitgeschenkte Steuer. Hinweis: Der BFH hat betont, dass der Schenker die Pauschalsteuer auch dann nicht als Betriebsausgabe abziehen darf, wenn der Wert des „Hauptgeschenks“ die Grenze von 35 € erst zusammen mit der Steuer überschreitet. Aus Vereinfachungsgründen bezieht die Finanzverwaltung die Pauschalsteuer bisher nicht in die Prüfung der 35 €-Grenze ein. Abzuwarten bleibt, ob sie daran festhält. m
rakter des Arbeits-/Dienstverhältnisses im Vordergrund stehe. Im Streitfall sei letzterer prägend gewesen. Hinweis: Bei der Prüfung, ob das Arbeitsverhältnis eines Kindes einen Erwerbs- oder einen Ausbildungscharakter hat, müssen die Lehrgangszeiten und die übrigen (Praxis-)Zeiten zusammengefasst betrachtet werden. Lehrgangsmonate dürfen also nicht isoliert als Berufsausbildung gewertet werden, sodass für diese Monate auch kein isolierter Kindergeldanspruch entstehen kann. m
Vorsicht beim Verkauf von Ferienhäusern und -wohnungen Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien (Privatvermögen) müssen Sie generell als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuern, wenn zwischen Kauf und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre liegen. Eine Ausnahme gilt für selbstgenutzte Immobilien, die auch innerhalb der Zehnjahresfrist steuerfrei verkauft werden dürfen. Voraussetzung ist, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist oder zumindest im Jahr der Veräußerung und in den beiden Vorjahren zu solchen Zwecken genutzt worden ist. m
Quelle: MNT Mandantenbrief, 4. September 2017
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
Fachrichtung: Innere Gebrauchtes Medizin/Rheumatologie Xiralite Beginn: ab sofort (RheumaScan) Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n freundliche/n, engagierte/n Rheumafachassistentin, MFA oder Arzthelfer/ in in Voll- oder Teilzeit, mindestens jedoch 20 Stunden pro Woche.
Wir schätzen eigenverantwortliches und sorgfältiges Handeln sowie Freundlichkeit und Geduld im Umgang mit Patienten. Wir bieten ein angenehmes Arbeitsklima und eine moderne Arbeitsumgebung. Eine leistungsgerechte Vergütung ist für uns selbstverständlich, bei entsprechender Qualifikation und Engagement auch eine übertarifliche Bezahlung. Fortbildungswünsche werden gerne unterstützt, die Weiterbildung zur Rheumafachassistenz ist auch möglich. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage: www.rheumapraxis-hofheim.de Über Ihre aussagekräftige Bewerbung per Post oder Mail freuen wir uns.
Komplettes, funktionsfähiges Fluoreszenzkamerasystem mit Zubehör (Tisch, PC, Drucker, Messung), zur Messung der Mikrozirkulation der Hand- und Fingergelenke, Echtzeit Bildgebung an 30 Gelenken gleichzeitig, Zulassung für Europa liegt vor, als Teilkörperszintigraphie GOÄ abrechenbar, aus organisatorischen Gründen abzugeben. Preis € 35.500,Bei Interesse bitte melden unter: xiralite@gmx.de
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Internistische(r) Rheumatologe/in zur Anstellung in unserer Gemeinschaftspraxis in Neumünster gesucht Wir suchen zur Verstärkung unserer internistisch-rheumatologischen Gemeinschaftspraxis in Neumünster einen/eine internistische(n) Rheumatologen/-in in Teil- oder Vollzeit zur Anstellung. Die Praxis hat einen hohen Anteil von Patienten mit Systemerkrankungen und deckt das gesamte Spektrum entzündlich-rheumatischer Erkrankungen ab. Die Praxis verfügt über ein eigenes fachspezifisches Labor. Ihre Bewerbung richten Sie bitte an: Rheumazentrum Schleswig-Holstein Mitte Prof. Dr. med. Julia Holle & Prof. Dr. med. Frank Moosig Kuhberg 5a-7 24534 Neumünster www.rheuma-sh.de info@rheuma-sh.de, Tel.: 04321-602230
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
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Rheumatologe/in für Internistische Gemeinschaftspraxis in sehr attraktiver Lage im Großraum München gesucht Spätere Übernahme des Kassenarztsitzes möglich Chiffre Nr. RM 1/17_001
Dr. med. J. Währisch/P. Flaxenberg Rheumazentrum Essen-Altenessen Wilhelm-Nieswandt-Allee 123, 45326 Essen Tel. 0201/837010, Fax 0201/837010
Bitte schicken Sie Ihre Unterlagen unter der genannten Chiffre Nummer an:
mail@docwaehrisch.de
WORTREICH GiK mbH Postfach 1402, 65534 Limburg
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für rheumatologische Praxis in Stuttgart gesucht, Teilzeit flexibel möglich.
Ihre Bewerbung richten Sie bitte an:
Zuschriften bitte unter:
Internistische Schwerpunktpraxis Immunologie, Rheumatologie, Osteologie
rheumatologe-gesucht@web.de
Dr. Ludwig Kalthoff JosefCarrée Bochum Gudrunstraße 56, 44791 Bochum Tel. 0234/95544-30 Fax 0234/95544-320 eva.kalthoff@rheumaticon.de
Rheumatologische Praxis Dr. Engel/Dr. Weidner Rotebühlstr. 66 70178 Stuttgart
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BDRh
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
Das Krankenhaus Vilsbiburg, Akutklinik im Verbund der LAKUMED Kliniken (Krankenhäuser Landshut-Achdorf und Vilsbiburg, Schlossklinik und Schloss-Reha Rottenburg, Hospiz Vilsbiburg) und das MVZ für Rheumatologie Dr. M. Welcker (Standorte Planegg, Starnberg, Landshut, Germering) suchen als zwei unabhängige Arbeitgeber:
Facharzt Innere Medizin/Rheumatologie (m/w) als Oberarzt für die Klinik für Innere Medizin am Krankenhaus Vilsbiburg (20 Wo.Std.) und im MVZ für Rheumatologie Landshut (20 Wo.Std.) Die Schwerpunkte der Klinik für Innere Medizin sind Gastroenterologie, Pulmonologie und Diabetologie. Der Bereich Rheumatologie soll ausgebaut werden. Die Klinik für Innere Medizin betreibt als weitere Spezialeinheit eine teleneurologische stroke unit zur Schlaganfallversorgung. Das MVZ für Rheumatologie ist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in der fachspezifischen ambulanten rheumatologischen Versorgung in der Region tätig. Die Teilnahme an der ASV Rheumatologie wird angestrebt. Anforderungen
Konditionen
– Facharzt für Innere Medizin mit abgeschlossener Weiterbildung Rheumatologie oder Facharzt für Innere und Rheumatologie – Fundierte Kenntnisse in der sonografischen Diagnostik – Endoskopie-Kenntnisse wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich – Teilnahme am Rufbereitschaftsdienst der Klinik – Ambulante Tätigkeit im MVZ für Rheumatologie Dr. M. Welcker am Standort Landshut – Freundliche, engagierte und positiv motivierende Zusammenarbeit und Patientenbetreuung
– Vergütung bei LAKUMED nach TV-Ärzte/VKA sowie Zusatzversorgung, Rufdienstvergütung und Pool-Beteiligung – Vergütung im MVZ auf Oberarztniveau nach Absprache – Angenehmes und offenes Arbeitsklima in engagierten Teams – Zukunftsorientiertes und wirtschaftlich gesundes, gemeinnütziges Krankenhausunternehmen – Modernes, innovatives, dynamisches und überregionales MVZ für Rheumatologie – Attraktive Wohnorte (Vilsbiburg wie Landshut) mit allen weiterführenden Schulen vor Ort – Unterstützung bei der Organisation der Kinderbetreuung
Bitte senden Sie Ihre Bewerbung getrennt bis 31.05.2017 jeweils an: KRANKENHAUS Vilsbiburg und Klinik für Innere Medizin Prof. Dr. med. Christian Pehl Krankenhausstr. 2, 84137 Vilsbiburg Tel. 08741/60-3152 oder 53 christian.pehl@lakumed.de
MVZ für Rheumatologie Dr. M. Welcker Dr. med. Martin Welcker Bahnhofstr, 32, 82152 Planegg Tel. 089/893566915 martin.welcker@rheumatologie-welcker.de
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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK
Schulterschmerz – Fehldiagnose Polymyalgia rheumatica ANAMNESE: Zur ambulanten Vorstellung kam eine 80-jährige Patientin mit seit mehreren Monaten zunehmender schmerzhafter Funktionseinschränkung im Bereich der Schultergelenke beidseits. Ca. 18 Monate vor Erstvorstellung war bei der Patientin auswärts eine Polymyalgia rheumatica (PMR) diagnostiziert worden (BKS 25/h, CRP 6 mg/l). Es wurde eine Steroidtherapie mit 40 mg Prednisolon/Tag eingeleitet. Unter Therapie besserte sich die Schmerzsymptomatik partiell. Bei Dosisreduktion auf <20 mg/Tag nahmen die Beschwerden wieder zu. Eine zusätzliche Therapie mit Ibuprofen 600 mg sei hilfreich gewesen. KLINISCHER BEFUND: 166 cm, 62 kg. Gelenkstatus: Elevation der Arme über die Horizontale war schmerzbedingt weder aktiv noch passiv möglich. Ebenso eingeschränkt war der Schürzenund Hinterhauptsgriff. Druckschmerz der langen Bizepssehne. Z. n. TEP der Kniegelenke bds. bei bekannter Gonarthrose. Keine peripheren synovitischen Schwellungen. LABOR: CRP 5,5 mg/l, BKS 18/h, RF, ccP-Ak- und ANA-negativ. BILDGEBUNG: Befunde aus Sonografie und Röntgen s. u.
DIAGNOSE: Fortgeschrittene Omarthrose beidseits und sonografisch nachweisbare Tenosynovitis der langen Bizepssehne Unter Omarthrose versteht man degenerative Veränderungen des Gelenkknorpels des Schultergelenks. Die Omarthrose tritt seltener auf als die Gon- oder Coxarthrose, da auf der Schulter – im Gegensatz zu den Beinen mit ihren Gelenken – nicht das Körpergewicht lastet. Die Omarthrose tritt am häufigsten idiopathisch auf. Sie wird aber ebenfalls nach Traumen (z. B. Frakturen des Humeruskopfes) beobachtet oder kann auch aus einer chronischen
Biceopssehne im Querschnitt
Entzündlicher Halo
Schulterinstabilität aufgrund rezidivierender Schultergelenkluxationen resultieren. Man unterscheidet eine primäre (Altersverschleiß ohne erkennbare Ursache) und sekundäre Omarthrose als Folge prädisponierender Erkrankungen des Schultergelenks. Bei klinischem Verdacht auf eine Omarthrose kann bereits im frühen Krankheitsstadium im Röntgenbild eine beginnende Gelenkspaltverschmälerung des betroffenen Gelenks nachgewiesen werden. Wie bei anderen peripheren Arthrosen sind eine subchondrale Sklerose und osteophytäre Ausziehungen typische Befunde. In fortgeschrittenen Stadien kommt es zu einem völligen Aufbrauch des Gelenkspalts und Deformierungen am Humeruskopf (Abb. 2). Häufig kommt es fehl- oder überlastungsbedingt zu einer sonografisch nachweisbaren Tenosynovitis der langen Bizepssehne (Abb. 1). THERAPIE: Zur konservativen Therapie kommen in erster Linie Antiphlogistika (NSAR, Coxibe) oder Analgetika zum Einsatz. Einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung und dem Erhalt der Gelenkfunktion stellen Krankengymnastik und physiotherapeutische Maßnahmen dar. Zur Lokaltherapie ist die Injektion von Steroiden und Hyaluronsäure (mit meist zeitlich limitierten Erfolg) möglich. Ultimativ kommt in einzelnen Fällen eine operative Therapie mit Gelenkersatz infrage. FAZIT: Nicht jeder beidseitige Schulterschmerz bei Patienten im fortgeschrittenen Alter ist durch eine entzündlichrheumatische Grunderkrankung im Sinne einer PMR oder late-onset rheumatoide Arthritis verursacht. Die Omarthrose ist eine häufig nicht beachtete, jedoch nicht selten vorkommende Arthrose peripherer Gelenke. m Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München GELENK-/WEICHTEILSONOGRAFIE: Abb. 1: Oberarmquerschnitt mit Darstellung der langen Bizepssehne im Querschnitt (↑) und einem entzündlichen Halo (↑). RÖNTGEN: Abb. 2 a/b: Schultergelenk p.a. rechts/links: Fortgeschrittene Omarthrose bds. mit deformiertem Humeruskopf, aufgebrauchtem Gelenkspalt rechts und deutlicher Gelenkspaltverschmälerung links.
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
BILDGEBUNG IN DER RHEUMATOLOGIE
Neue EULAR-Leitlinie zur Sonografie vorgelegt In der Rheumatologie kommt die Sonografie immer häufiger zur Diagnostik, Verlaufsbeobachtung und Kontrolle von Interventionen zum Einsatz. Nachdem die EULAR bereits 2001 eine erste Leitlinie für die Anwendung des Ultraschalls bei rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen präsentiert hatte, veröffentlichte jetzt eine Task Force um Esperanza Naredo, Madrid (Spanien), ein Update, das die Neuerungen auf diesem Gebiet berücksichtigt.
Die neuen EULAREmpfehlungen zum muskuloskelettalen Ultraschall (MSUS) resultieren aus einem systematischen Literaturreview, einem sich daran anschließendem Delphi-Verfahren, an dem Rheumatologen und Radiologen beteiligt waren, und nach einer Einigung zu den geeigneten Prozeduren der Entwicklung einer unter www.ultrasound.eular.org verfügbaren Ultraschall-App. Anschaulich wird darin das Vorgehen in sechs muskuloskelettalen (Schulter, Ellbogen, Handgelenk und Hand, Hüfte, Knie, Sprunggelenk und Fuß) und drei nicht muskuloskelettalen Regionen (periphere
Nerven, Speicheldrüsen, große Gefäße) demonstriert.
Sehnenfasern auch und vor allem an den Insertionsstellen lotrecht trifft.
Allgemeine Empfehlungen betreffen z. B. die Verwendung von B-Mode oder Power-Doppler (PD)-US. Geraten wird zu hochauflösenden linearen Schallköpfen mit 6-14 MHz für tief und mitteltief gelegene sowie ≥15 MHz für oberflächliche Strukturen. Beim Gelenk-US ist darauf zu achten, den Schallkopf lotrecht oder parallel zur Kortikalis auszurichten, sodass der kortikale Rand hell, scharf und hyperechoisch dargestellt wird. Muskuloskelettale Strukturen sollten unter sanfter aktiver oder passiver Bewegung beurteilt werden. Um beim Enthesen-US eine Anisotropie zu vermeiden, sollte die Position des Schallkopfs kontinuierlich angepasst werden, sodass der Schall die
Die Darstellung auf dem Monitor sollte so erfolgen, als würde der Untersucher auf den Patienten blicken, sodass die proximalste Struktur in der Regel links zu liegen kommt. Durch Druck lassen sich in der Regel kompressible Flüssigkeitsansammlungen von soliden Strukturen gut unterscheiden. Im PD-Modus hingegen ist Druck eher zu vermeiden, um den Blutfluss in kleinen Gefäßen nicht zu stören. Vor allem beim US oberflächlicher Regionen wird überdies empfohlen, großzügig Gel einzusetzen. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2017; doi: 10.1136/annrheumdis-2017-211585
BIOSIMILARS IN DER RHEUMATOLOGIE
Konsensus-basierte Empfehlungen vorgestellt Basierend auf einer Literaturrecherche, die schließlich 29 Vollveröffentlichungen und 20 Abstracts von den ACR- und EULARKongressen bis Ende 2016 umfasste, und nach einem Delphi-Prozess hat eine internationale multidisziplinäre Expertengruppe um Jonathan Kay, Worcester (USA), in einem neuen Positionspapier fünf übergeordnete Prinzipien und acht Konsensus-basierte Empfehlungen zum Einsatz von Biosimilars bei rheumatologischen Erkrankungen vorgestellt.
Zu den Grundprinzipen zählen u. a. eine „shared decision“ von Arzt und Patient sowie eine ausreichende Schulung zu Biosimilars einschließlich Zulassungsverfahren, Sicherheit und Effektivität. Im Falle einer Zulassung sind Biosimilars als weder unter- noch überlegen im Vergleich zum Biologika-Originator zu erachten. Bei ihrem Einsatz sind auch die Spezifika des jeweiligen Gesundheitssystems zu berücksichtigen. Die erste Empfehlung besagt, dass die Verfügbarkeit von Biosimilars in einer signifikanten
Kostenreduktion für den individuellen Patienten und vermehrten Zugang zu diesen Therapien resultieren muss. Eine weitere Empfehlung betrifft die Extrapolation von Studiendaten auf andere Indikationen. Für die Praxis relevanter dürfte die Aussage zum einmaligen Switching zwischen Biologika-Originator und Biosimilar sein, die nach den Ergebnissen der NOR-SWITCH-Studie derzeit als sicher und effektiv erachtet wird. Anders ist die Situation bei multiplem Switching,
was eine Austauschbarkeit voraussetzen würde. Hierzu wird im Einklang mit einem FDA-Entwurf die Durchführung einer randomisierten Studie gefordert, die mindestens drei Wechsel zwischen Biologika-Originator und Biosimilar beinhalten und neben der Pharmakokinetik, Sicherheit und Effektivität auch die Immunogenität adressieren sollte. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2017; doi:10.1136/annrheumdis-2017-211937
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Bestimmte Berufe mit erhöhtem Risiko verknüpft Gleich drei aktuelle Fall-Kontroll-Studien, allesamt basierend auf dem schwedischen EIRA (Epidemiological Investigation of Rheumatoid Arthritis)-Register, befassten sich mit potenziellen berufsbedingten Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis (RA) erhöhen. Sowohl die Exposition gegenüber Luftschadstoffen (gerade bei Männern), die Werktätigkeit in kalter Umgebung und Schichtarbeit konnten als Risikofaktoren identifiziert werden.
zeigte sich laut Pingling Zeng, Stockholm, für Individuen in Berufen mit Kälteexposition ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer RA (OR 1,5), sowohl bei Kälte im Innenraum (OR 1,7) als auch draußen (OR 1,5) und – bei Männern – für ACPApositive wie -negative RA (OR 1,6 bzw. 1,4). Bei Frauen bestand eine Assoziation nur bei Seropositivität. Festgestellt wurde zudem eine signifikante Abhängigkeit von der Dauer der Exposition (so z. B. 10 vs. 20 Jahre bzw. 10 vs. 20 h/Woche; je p<0,001). Unklar bleibt der Einfluss von Luftfeuchtigkeit bzw. Luftdruck. (2) Dass neben einer genetischen Prädisposition auch diverse Umweltfaktoren das RA-Risiko beeinflussen können, ist schon länger bekannt. Systematisch erfasst wurden jetzt beruflich bedingte Risiken, so von Camilla Bengtsson, Stockholm, und Kollegen die Exposition mit Luftschadstoffen am Arbeitsplatz.
Luftschadstoffe steigern das Risiko In der bevölkerungsbasierten Studie wurden 3.522 RA-Patienten mit und ohne ACPA-Positivität 5.580 gesunden Kontrollen gegenübergestellt. Erfasst wurde das RA-Risiko in Bezug auf den Arbeitsplatz vor Studieneinschluss. Dabei wurden potenzielle Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Alkoholkonsum, Rauchen, BMI und Bildungsniveau berücksichtigt. Die darauf adjustierte Analyse ergab, dass unter den Männern Maurer und Betonarbeiter das höchste Risiko für eine ACPA-positive RA aufweisen (Odds Ratio, OR 2,9), in geringerem Maß aber auch Logistik- bzw. Transportfacharbeiter (OR 2,4) und Elektro- und Elektronikarbeiter (OR 2,1). In puncto ACPA-negativer RA bei Männern hatten
erneut Maurer und Betonarbeiter (OR 2,4) sowie Elektro-/Elektronikarbeiter (OR 2,6) ein vergleichbar erhöhtes Risiko. Unter den Frauen hatten Hilfsschwestern im Krankenhaus und anderes angelerntes Personal ein leicht erhöhtes Risiko (OR 1,3) für ACPA-positive RA. Keiner der Berufe war mit einem höheren Risiko für ACPA-negative RA assoziiert. Welche Luftschadstoffe genau eine Rolle spielen, konnte im Rahmen dieser Studie nicht geklärt werden, verdächtig sind nach Einschätzung der Autoren Silikate, Asbest, organische Lösungsmittel und Motorabgase. (1)
Auch Kälte und Schichtarbeit im Fokus Dass auch das Arbeiten in kalter Umgebung ein Risikofaktor für RA ist, ergibt sich aus einer zweiten EIRA-Analyse, die 3.659 Fälle (mit Erfassung Innenraumvs. Außenarbeiten, Anzahl der Stunden mit Kälteexposition) 5.925 Kontrollen ohne einer beruflichen Kälteexposition gegenüberstellte. Nach der Adjustierung auf Einflussfaktoren (die zusätzlich zu den zuvor genannten auch eine SilikatExposition und den Wohnort einschloss)
Die dritte EIRA-Analyse von Anna Karin Hedström, Stockholm, mit dem Vergleich von 1.951 Individuen mit Tag-orientierter, rotierender oder permanenter NachtSchichtarbeit mit 2.225 Kontrollen offenbarte für die ersten beiden ein moderat erhöhtes ( je OR 1,3), für nächtliche Schichtarbeit hingegen signifikant vermindertes RA-Risiko, und zwar sowohl für ACPA-positive (OR 0,7; p=0,005) als auch -negative RA (OR 0,8; p=0,03). Das RA-Risiko war bei einer nächtlichen Schichtarbeit über ≥10 Jahre sogar noch geringer (OR 0,6 bzw. 0,7). Ganz prinzipiell ist ein Einfluss von Schichtarbeit auf das RA-Risiko nicht überraschend, da bei dieser zirkadiane Rhythmen – die in diesem Fall gestört werden – durchaus relevant sind. Der positive Effekt permanenter Nachtschichten könnte nicht zuletzt auf eine dadurch bedingte Abnahme von Melatonin, das potenziell eine Rolle in der RA-Pathogenese spielt, zurückzuführen sein. (3) m Quellen: 1 Arthritis Care Res 2017; doi: 10.1002/acr.23321 2 RMD Open 2017; 3(2): e000488 3 RMD Open 2017; 3(2): e000475
Rheuma
März/Apr. 2016
Offizielles Mitteilungsorgan
Rheuma
Rheuma
MANAGEMENT
MANAGEMENT
Mai/Juni 2016
Offizielles Mitteilungsorgan
MANAGEMENT
Juli/Aug. 2016
IM BDRH RUCH AUFB
Versorgungslandschaft Rheuma
Offizielles Mitteilungsorgan
EULAR 2016
If not now, when?
Rheuma
Sept./Okt. 2016
Offizielles Mitteilungsorgan
Rheuma
Rheuma
MANAGEMENT
MANAGEMENT
Nov./Dez. 2016
MANAGEMENT
Offizielles Mitteilungsorgan
„Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal.“
Highlights 2016
Roman Herzog
BDRh Aktuell – WICHTIG! Änderungen bei der Abrechnung gendiagnostischer Laborziffern
ACR-KONGRESS 2016
BERUFSVERBAND
BDRh
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE JAN/FEB 2017
Rheuma
Rheuma
Rheuma
MANAGEMENT
MANAGEMENT
MANAGEMENT 1947 Birth of EULAR
TEILNEHMEN, MITGESTALTEN, LERNEN! BDRh-Kongress
First European Congress of Rheumatology
in Copenhagen & Aarhus in September
First EULAR officers appointed in September: President (Matthieu-Pierre Weil, Paris), 2 Vice-Presidents, General Secretary (Einar Jarlov, Copenhagen), ILAR President (Fortescue Fox, London) and ILAR Secretary General (Jan van Breemen, Amsterdam) of the International League Against Rheumatism (ILAR, founded in 1925)
1947–1949
1949 –1951
EULAR President Mathieu-Pierre Weil France
EULAR President William S. C. Copeman United Kingdom
First EULAR office at premises of Danish League in Copenhagen
The statue of the Little Mermaid in Copenhagen, where EULAR was founded in 1947
Founding members:
National rheumatological societies of Belgium, Czechoslovakia, Denmark, Eire, England, Finland, France, Holland, Hungary, Iceland, Italy, Norway, Poland, Rumania, Switzerland, Spain, Sweden, Turkey, Yugoslavia
the e little mermaid merm maid statue - 2013.jpg: p photograp ph by Avda, distributed photograph unde er CC-by-sa 3.0 license under
1960 1969
Apollo 11 was the spaceflight that landed the first two humans on the Moon. Mission commander Neil Armstrong and pilot Buzz Aldrin, both American, landed the lunar module Eagle on July 20, 1969, at 20:18 UTC. Armstrong became the first to step onto the lunar surface six hours later on July 21 at 02:56:15 UTC; Aldrin joined him about 20 minutes later. They spent about two and a quarter hours together outside the spacecraft, and collected 47.5 pounds (21.5 kg) of lunar material to bring back to Earth.
1962
UEMS (Union
Européenne des Médecins Spécialistes)
Section
Brandenburg Gate in Berlin, national symbol of today’s Germany and its reunification in 1990.
1965
1963
European Congress
1967
Permanent Secretariat
in Stockholm
European Congress
established in Basel
in Lisbon
of Rheumatology established
1990 1994
Hippie Culture: Hippies are members of a liberal counterculture, originally a youth movement that started in the United States and the United Kingdom during the mid-1960s and spread to other countries around the world.
English scientist Tim Berners-Lee invented the World Wide Web in 1989. He writes the first web browser computer program in 1990.
1990
1991
1993
1994
Standing Committee chairs become observers at the Executive Committee meetings
European Congress
First EULAR
Rheumatology in Europe
in Budapest
Postgraduate Course, Leuven
1959 –1961
1961–1963
1963–1965
1965-1967
1967-1969
1969 –1971
EULAR President Alessandro Robecchi Italy
EULAR President Gunnar Edström Sweden
EULAR President Frantisek Lenoch Czechoslovakia
EULAR President Georg Kersley United Kingdom
EULAR President Karl Gotsch Austria
EULAR President Stanislas de Sèze France
replaces EULAR Bulletin
Executive Committee
extended to 10 members
1989 –1991
1991–1993
1993 –1995
EULAR President Colin G. Barnes United Kingdom
EULAR President Béla Gömör Hungary
EULAR President Juan G. Baños Spain
2010 2017
Nelson Rolihlahla Mandela, the South African anti-apartheid revolutionary, politician, and philanthropist, serves as President of South Africa from 1994 to 1999. He is the country’s first black head-of-state and the first elected in a fully representative democratic election.
Photo: World Trade Organization under licence of Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic
JAK-inhibition
Development
of targeted synthetic DMARDs
important mechanism in inflammatory diseases
Cytokine
BDRh-Kongress
Biologicals with other mechanisms of action
JAK
P
P
JAK
JAK
P P
P P
STAT
JAK
STAT
Cytokine receptor
JAK
JAK
P
P
P
Nucleus
P
P
P
Transcription IgG1 monoclonal antibody
2003
New indications for TNF-alphainhibitors (SpA, PsA)
12.-13. Mai 2017 in Berlin
Cytokine receptor
JAK
JAK
2000 2010 Recognizing
importance of early intervention
introduced for rheumatic diseases, e.g. rituximab and abatacept
On the morning of Tuesday, September 11, 2001 a series of four coordinated terrorist attacks on the United States killed 2,996 people and injured over 6,000 others.
“Treat to Target”
concept RA, PsA, SpA
Fully human antibodies
Abatacept
introduced as fully targeted treatment for rheumatoid arthritis
More and more
Biologicals for other RMDs applied
Nobel Prize
in Physiology or Medicine goes to Paul C. Lauterbur and Sir Peter Mansfield for their discoveries concerning magnetic resonance imaging
70 Jahre
eular 1947-2017
BERUFSVERBAND
BDRh
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
BERUFSVERBAND
BERUFSVERBAND MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MÄRZ/APR 2017
BDRh
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
BDRh MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MAI/JUNI 2017
DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH AUSGABE JULI/AUG 2017
First biologic agent that inhibits B-cellactivating factor (BAFF) approved to treat lupus
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Schmerz und Fatigue mindern Therapieerfolg Nach den Ergebnissen einer niederländischen Studie von Laura M.M. Steunebrink, Enschede, und Kollegen entscheiden die Abnahme von Schmerzen und Fatique maßgeblich darüber, ob Patienten mit früher rheumatoider Arthritis (RA), die unter einer Treat-to-target (T2T-)Therapie ein objektiv gutes klinisches Ansprechen zeigten, nach einem Jahr auch subjektiv eine Verbesserung ihrer Erkrankung wahrnahmen.
Ausgewertet wurden 210 Patienten der DREAM-Kohortenstudie sowohl zu Baseline als auch nach 12 Monaten, die nach einem Jahr ein gutes bis mäßiges EULAR-Ansprechen gezeigt haben mussten. In 35 % der Fälle, also bei 75 Teilnehmern, stellte sich subjektiv keine Besserung des Krankheitsstatus ein. In einer logistischen Regressionsanalyse wurden ausschließlich eine relative Veränderung von Studienbeginn bis Monat 12 von Schmerz (Wald=20,20; p<0,01) und Fatigue (Wald=5,58; p=0,02) als signifikant unabhängige Faktoren für keine Verbesserung des globalen Erkrankungszustands ermittelt. Ähnliche Ergebnisse wurden auch dann erzielt, wenn nur
Patienten mit ≤1 geschwollenen Gelenk analysiert wurden. Ein wichtiger Aspekt dieser Arbeit war, dass die erforderliche Verbesserung von Schmerz und Fatigue genauer quantifiziert wurde. So wurde eine Verringerung der Schmerzen um 55 % ab Baseline auf einer visuellen Analogskala (VAS) mit einer Sensitivität und Spezifität von 0,61 bzw. 0,72 als prädiktiver Schwellenwert dafür identifiziert, ob mit einer Verbesserung der von den Patienten empfundenen Krankheitslast in Monat 12 auszugehen war. Im Hinblick auf Fatigue war mit einer Sensitivität und Spezifität von 0,61 bzw. 0,63 eine relative Abnahme ab Studienbeginn von 45 % erforderlich, um eine subjektive Verbesserung des Krankheitsstatus nach einem
Jahr zu prädizieren. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen einmal mehr, dass eine klinische Verbesserung der RA nicht mit einem verbesserten Krankheitsempfinden der Patienten gleichzusetzen ist. Vor allem im Hinblick auf Schmerz und Fatigue erscheint daher eine adäquate Verlaufskontrolle und auch Anpassung der Therapie sinnvoll – der alleinige Blick auf die Krankheitsaktivität etwa im DAS28 reicht für eine zufriedenstellende Versorgung vieler RA-Patienten nicht aus. m
Quelle: Arthritis Care Res 2017; doi: 10.1002/acr.23305
Interstitielle Lungenerkrankung treibt Mortalität Schon länger ist bekannt, dass die bei RA nicht selten unterdiagnostizierte interstitielle Lungenerkrankung (ILD) neben kardiovaskulären Ereignissen einen starken Einfluss auf die Sterblichkeit hat. Dänische Rheumatologen um Charlotte Hyldgaard, Aarhus, führten nun eine prospektive Kohortenstudie zum Vergleich der Mortalität von RA-Patienten mit und ohne ILD durch.
Zu diesem Zwecke wurden zwischen 2004 und 2016 mit RA diagnostizierte Patienten ausgewählt. 679 Patienten mit RA-ILD wurden dabei gematcht auf Geburtsjahr, Geschlecht und Alter bei RADiagnose 11.722 RA-Patienten ohne ILD gegenübergestellt. Im Verlauf der Studie kam es zu mehr als seiner Verdopplung prävalenter RA-Patienten von 15.352 auf 35.362 Betroffene. Eine RA-ILD wurde bei 2,2 % der inzidenten RA-Patienten festgestellt. 34,0 % der dokumentierten RA-ILD-Fälle wurden diagnostiziert binnen einem Jahr vor und einem Jahr nach der RA-Diagnose. Die 1-Jahres-Mortalität betrug 13,9 % bei RA-ILD- und 3,8 % bei Nicht-RA-ILD-
Patienten, die 5-Jahres-Mortalität 39,0 % im Vergleich zu 18,2 % und die 10-JahresMortalität 60,1 % gegenüber 34,5 %. Unabhängig vom Zeitpunkt des Follow-up waren die Hazard ratio-Raten (HRRs) für Tod um das 2- bis 10-Fache bei RA-ILDPatienten im Vergleich zu solchen ohne ILD erhöht. Eine stratifizierte Analyse ergab, dass die HRR für Tod am höchsten in den ersten Monaten nach der RA-ILD-Diagnose war (HRR 10,4), vor allem wenn zunächst die RA und erst dann die ILD diagnostiziert worden war. Mit 14,5 wurde vor allem bei Männern eine hohe HRR für frühe Sterblichkeit nachgewiesen, ein hohes Risiko war auch ab einem Alter von 65-74 Jah-
ren auszumachen, während Seropositivität keine relevante Rolle spielte. Die Studie verdeutlicht erneut die hohe Relevanz der ILD für die auch kurzfristige Prognose von RA-Patienten. Angesichts der limitierten bzw. unspezifischen Therapieoptionen bei RA-ILD bedarf es einer engen Zusammenarbeit von Rheumatologen und Pneumologen, um bei verdächtigen Symptomen eine ILD künftig noch rascher zu diagnostizieren. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2017; 76(10): 1700-1706
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Hohes kardiovaskuläres Risiko bleibt unverändert ein großes Problem Akute Koronarsyndrome (ACS), also Myokardinfarkt oder instabile Angina und andere kardiovaskuläre Ereignisse als Folge der Entzündung und hoher Krankheitsaktivität, sind starke Treiber der erhöhten Morbiditiät und frühen Mortalität bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA). Trotz neuer Therapien und Treat-to-target-Ansätze mit häufigerem Erreichen einer frühen Remission hat sich das kardiovaskuläre Risiko von de-novo Patienten gegenüber der Allgemeinbevölkerung nicht verringert. Und auch nach einem ersten ACS weisen RA-Patienten im Vergleich zur Normalpopulation mit ACS trotz vergleichbarer Sekundärprävention ein höheres Risiko für einen Reinfarkt auf – dies belegen die Ergebnisse zweier Fall-Kontroll-Studien auf Basis des Swedish Rheumatology Quality (SRQ)-Registers.
In der ersten der beiden, von Marie Holmqvist, Stockholm, und Kollegen präsentierten bevölkerungsbasierten Kohortenstudie wurden 15.744 zwischen 1997 und 2014 neu mit RA diagnostizierte Patienten (Symptombeginn <12 Monate) aus dem SRQ-Register (aufgeteilt in vier Zeitintervalle: 1997-2002, 2003-2006, 2007-2010 und 2011-2014) mit den Daten von 70.899 Individuen ohne RA aus nationalen Gesundheitsregistern verknüpft und abgeglichen. Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob sich die Fortschritte in der RA-Therapie mit dem häufigeren und früheren Erreichen von Remission und niedriger Krankheitsaktivität in einer Verringerung des Exzess-Risikos für Herzinfarkte bzw. andere kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich zur Normalbevölkerung bemerkbar machen.
Früher Risikoanstieg, große Gefahr für Reinfarkte Diese Hoffnung blieb unerfüllt, obwohl im Verlauf ein deutlicher Anstieg des Patientenanteils mit Verordnung von z. B. Methotrexat und Biologika und eine moderate DAS28-Abnahme zu verzeichnen war. Im Ergebnis erlitten 772 der RAPatienten ein ACS während des 103.835 Personenjahre (PJ) umfassenden Followup (krude Inzidenzrate 7,4/1.000), was gegenüber der Allgemeinbevölkerung einem um über 40 % erhöhten Risiko entsprach (Hazard ratio, HR 1,41; 95% CI 1,29-1,54). Im Jahr nach der RA-Diagnose belief sich das zusätzliche Risiko auf 1/1.000 PJ, nach zehn Jahren stieg es auf 2-3/1.000 PJ.
Das relative Exzess-Risiko in den RAGruppen erwies sich zwar als weitegehend unabhängig von Alter und Geschlecht, war jedoch beschränkt auf Patienten mit seropositiver RA und einem DAS28 >3,2 zum Zeitpunkt der Diagnose. Im zeitlichen Trend war zunächst gar kein und dann nur moderater Rückgang des Exzess-Risikos für ein ACS zu erkennen mit HRs von 1,41 (1997-2002), 1,47 (2003-2006), 1,38 (2007-2010) und 1,19 (2011-2014). Das Fehlen eines klaren Trends für die Kalenderperiode der RADiagnose war auch bei separaten Analysen für seropositive bzw. -negative RA (der Anteil letzterer stieg im Verlauf) oder gemäß der Krankheitsaktivität im DAS28 zur Zeit der Diagnosestellung gegeben. Somit bleibt trotz besserer und früherer Krankheitskontrolle sowie Awareness für das hohe kardiovaskuläre Risiko von RAPatienten die Lücke zur Allgemeinbevölkerung zumindest bei seropositiver RA bestehen. (1) Dass auch nach einem ersten ACS das Risiko für Reinfarkte und die Mortalität für RA-Patienten höher als in der Allgemeinbevölkerung ist, zeigten Angela Mantel, Stockholm, und Kollegen anhand des Vergleichs von 1.135 RA- und 3.184 Nicht-RA-Patienten, die zwischen 2007 und 2010 ein erstes ACS erlitten: Nach der Adjustierung auf BaselineKomorbiditäten war bei RA-Patienten nach einem Jahr sowohl ein höheres Risiko für einen Reinfarkt (HR 1,30; 95% CI 1,04-1,62) als auch Tod (HR 1,38, 95% CI 1,20-1,59) zu verzeichnen. Dieses Exzess-
Risiko blieb auch nach zwei Jahren bestehen (HR 1,27 bzw. HR 1,50). Während des kompletten Follow-up (im Mittel 2,3 Jahre) verstarben 45 % der RA- und 30 % der Nicht-RA-Patienten (HR 1,73). 80 % aller Todesfälle der RA-Patienten waren kardiovaskulär bedingt. Trotz des bekannten Exzess-Risikos waren Mängel in der Sekundärprävention erkennbar mit z. B. 3-7 % weniger RAPatienten, die ihre Statin-Verordnungen einlösten. Ein ähnlicher Trend war auch für Plättchen- und RAS-Hemmer zu verzeichnen. Da jedoch auch bei guter Sekundärprävention das Exzess-Risiko für RA-Patienten erhöht blieb, kann dieses wohl nur bedingt auf diesbezügliche Defizite zurückgeführt werden. (2) m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2017; doi: 10.1136/annrheumdis-2016-211066 2 Ann Rheum Dis 2017; doi: 10.1136/annrheumdis-2017-211608
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT KARDIOLOGIE
Anti-IL-1-Antikörper reduziert nach Infarkt kardiovaskuläre Ereignisse Bei rheumatoider Arthritis (RA), aber auch anderen rheumatischen Erkrankungen, ist ein mit der zugrundeliegenden Entzündung assoziiertes, erhöhtes kardiovaskuläres Risiko wohl bekannt – auch, dass eine Therapie mit TNFα-Inhibitoren und anderen Biologika dieses Risiko deutlich reduziert. Andererseits wurde von Kardiologen auf Basis auch antientzündlicher Effekte z. B. der Statine die Hypothese aufgestellt, dass in der Rheumatologie eingesetzte Biologika durch ihre stark antientzündliche Wirkung die „inflammatorische“ Atherosklerose nach Herzinfarkt bremsen könnten. Dass eine Reduktion von Reinfarkten und kardiovaskulären Ereignissen bei Patienten mit hohem CRP tatsächlich gelingt, zeigte die von Paul Ridker, Boston (USA), und Kollegen präsentierte Phase-III-Studie CANTOS mit dem Anti-IL1β-Antikörper Canakinumab. In Anbetracht des erhöhten Infektionsrisikos ist aber kaum davon auszugehen, dass sich dieses Wirkprinzip in der Sekundärprävention von Herzinfarkten durchsetzen wird.
Auch wenn die fast zeitgleich hochrangig publizierten und auf dem ESC-Kongress 2017 in Barcelona vorgestellten Ergebnisse voraussichtlich die betreffenden Therapieleitlinien nicht verändern dürften, war die CANTOS-Studie doch Gesprächsthema Nr. 1 auf dem mit über 30.000 Teilnehmern größten europäischen Medizinkongress – allein schon aufgrund des „proof of principle“. So wurde bereits zuvor postuliert, dass zumindest ein Teil der mit der LDL-Cholesterinsenkung durch Statine vermittelten Effekte einer verminderten Progression der Atherosklerose auf das Konto deren antiinflammatorischer Wirkung gingen. Dafür gab es gute Gründe: So verbleibt auch bei optimal kontrolliertem, sehr niedrigem LDL-Cholesterin ein Restrisiko für Infarkte, vermutlich aufgrund einer subklinischen Inflammation, messbar in Form erhöhter CRP-Werte und Zytokinspiegel. Dafür sprach auch, dass z. B. in der JUPITER-Studie zu Rosuvastatin die Atherosklerose auch bei Patienten ohne erhöhtes LDL-Cholesterin (aber vielfach hohem CRP) gebremst wurde. Daher lag es nahe, jetzt ein stark antientzündliches, CRP-senkendes Biologikum wie Canakinumab mit neutralem Effekt auf den Cholesterinspiegel bei Hochrisikopatienten nach Infarkt zu prüfen. Der humane monoklonale AntiIL-1β-Antikörper ist zudem bereits für Gichtarthritis, mehrere periodische Fiebersyndrome und systemische JIA sowie adulten Morbus Still (AOSD) zugelassen.
CANTOS-Studie: Das Wichtigste im Überblick In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten „Cardiovascular Risk Reduction Study (Reduction in Recurrent Major CV Disease Events)“Studie wurde nun getestet, ob Canakinumab auch bei Patienten mit schwerer Atherosklerose und deutlich erhöhtem CRP effektiv ist. Eingeschlossen wurden 10.061 Patienten (im Mittel 61 Jahre, mehrere kardiale Risikofaktoren, in der Regel frühere Revaskularisation, ca. 90 % auf einer Statintherapie) an 1.132 Zentren in 39 Ländern, die in den 30 Tagen zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatten und ein hsCRP ≥2mg/l aufwiesen. Ursprünglich war sogar der Einschluss von 17.200 Patienten geplant mit einer Randomisierung auf s.c. Canakinumab 150 oder 300 mg oder Placebo alle drei Monate. Auf Veranlassung der Zulassungsbehörden wurde jedoch ein weiterer Canakinumab-Arm (50 mg) mit niedrigerer Dosierung inkludiert. Wohl aus finanziellen Aspekten reduzierte der Hersteller daraufhin die Teilnehmerzahl auf 10.000, woraufhin das Steering Committee das Follow-up verlängerte – ein für die weitere Interpretation der Studiendaten nicht ganz unproblematisches Vorgehen. Wie erwartet kam es unter der Therapie mit Canakinumab 50, 150 oder 300 mg alle 3 Monate bei konstantem LDLCholesterin nach 48 Monaten zu einer
Reduktion des hsCRP um 26, 37 und 41 % versus Placebo. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 3,7 Jahren zeigte sich für alle Dosisgruppen eine Reduktion des primären kombinierten Endpunkts aus nicht-tödlichem Myokardinfarkt, nicht-tödlichem Schlaganfall oder kardiovaskulärem Tod. Im Vergleich zu Placebo mit 4,50 solcher Ereignisse pro 100 Patientenjahre (PJ) waren es unter Canakinumab 50 mg 4,11 (Hazard ratio, HR 0,93; p=0,30), unter Canakinumab 150 mg 3,86 (HR 0,85; p=0,021) und unter der 300 mg-Dosis 3,90 Ereignisse/100 PJ (HR 0,86; p=0,031). Somit wurde nur mit den beiden höheren Dosierungen der primäre KompositEndpunkt mit einer Risikoreduktion um 16 bzw. 15 % signifikant erreicht. Auch senkte allein die 150-mg-Dosis auch signifikant sowohl den primären als auch den sekundären Endpunkt um 17 %, der zusätzlich Hospitalisierungen aufgrund instabiler Angina mit erforderlicher dringlicher Revaskularisierung beinhaltete (HR 0,83; p=0,005). (1)
Vorerst wohl keine Konsequenzen für die Praxis Erstmals konnte somit nachgewiesen werden, dass eine antientzündliche Therapie bei Post-Infarkt-Patienten mit progredienter Atherosklerose und hohem CRP das kardiovaskuläre Risiko senkt – gleichsam eine Bestätigung der vorangestellten Inflammations-Hypothese, die besonderes Gewicht dadurch erhält,
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dass viele Infarktpatienten in praxi kein (stark) erhöhtes LDL-Cholesterin aufweisen. Jedoch war andererseits der protektive Effekt doch eher moderat und es kam auch nicht zu einer signifikanten Reduktion der Gesamtmortalität (kombinierte HR für alle drei Dosierungen 0,94; p=0,31). Ein maßgeblicher Grund hierfür war die unter Canakinumab erhöhte Rate tödlicher Infektionen (gepoolt 0,31 vs. 0,18/100 PJ), die im Verbund mit den erheblichen Therapiekosten eine Zulassungserweiterung oder diesbezügliche Empfehlung in der ESC-Leitlinie zum STEMI-Management doch sehr fraglich erscheinen lassen. Potenziell wäre damit auch die Testung anderer Biologika in dieser Indikation interessant, in erster Linie wohl TNFαInhibitoren, die, im Gegensatz z. B. zur IL-6-Inhibiton, gleichfalls den Lipidspiegel nicht relevant beeinflussen – jedoch ist angesichts der zu erwartenden hohen Kosten einer solchen Studie damit im Biosimilar-Zeitalter keinesfalls zu rechnen. Sicher zu begrüßen ist daher die Initiative des US-National Heart, Lung und Blood Institute, das derzeit im „Cardiovascular Inflammation Reduction Trial“ (CIRT) prüft, ob Methotrexat (MTX) in niedriger Dosierung das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit einem frü-
heren Myokardinfarkt und zusätzlichen Risikofaktoren (metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes) reduzieren kann – diverse RA-Register hatten für MTX eine kardiovaskuläre Risikoreduktion aufgezeigt, auch wenn diese im Vergleich zu Biologika etwas geringer ausfiel.
Künftige Rolle in der onkologischen Therapie? Ein in diesem Ausmaß eher unerwarteter Nebenbefund der CANTOS-Studie (somit auch kein prä-spezifizierter Endpunkt), der sich aus einer zusätzlichen Analyse ergab, war eine unter Canakinumab stark reduzierte Inzidenz neuer Krebserkrankungen, offenbar vermittelt durch eine partielle Hemmung des Nodlike Receptor Protein 3 (NLRP3)-Inflammasoms. Alle Patienten hatten vor Studienbeginn keine vorherige Tumorerkrankung. Im Verlauf zeigte sich dann, dass ein erhöhtes Baseline-CRP (6,0 vs. 4,2 mg/l) und erhöhter –IL-6-Spiegel (3,2 vs. 2,6 ng/l; je p<0,0001) prädiktiv für Krebsneuerkrankungen waren. Im 3,7-jährigen Follow-up war Canakinumab dosisabhängig mit einer signifikanten Reduktion nicht nur des hsCRP (26-41 %) sondern auch von IL-6 um 25-43 % ( je p<0,0001) assoziiert. Die Krebs-spezifische Gesamtsterblichkeit war in den gepoolten CanakinumabGruppen signifikant geringer als unter
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Placebo (p=0,007), einzeln ausgewertet jedoch nur für die 300 mg-Gruppe (HR 0,49; p=0,0009). (2) Besonders auffällig war die Reduktion von Lungenkrebs: Unter der 150 bzw. 300 mg-Dosis von Canakinumab kam es zu signifikant weniger Neuerkrankungen (HR 0,61; p=0,034 bzw. HR 0,33; p<0,0001) im Vergleich zu Placebo. Die Bronchialkarzinom-Mortalität war unter der 300 mg-Dosis gegenüber Placebo sogar um über 75 % niedriger (HR 0,23; p=0,0002), dies galt in geringerem Maße auch für die drei gepoolten Canakinumab-Arme (p=0,0002). In Anbetracht der „nachträglichen“ Datenanalyse ist trotz statistischer Signifikanz noch ein wenig Skepsis berechtigt – eine Bestätigung durch eine zusätzliche, vom Hersteller bereits avisierte Studie zur Krebsprävention bleibt daher abzuwarten. Ob sich daraus einmal eine neue Indikation (vor allem in puncto Prävention) ableitet, sei dahingestellt. Interessant wäre sicher zu untersuchen, ob der Antikörper gerade beim Bronchialkarzinom z. B. auch in noch frühen Tumorstadien eine Effektivität respektive Mortalitätsreduktion zeigen würde. m Quellen: 1 N Engl J Med 2017; 377(12): 1119-1131 2 Lancet 2017; doi: 10.1016/S0140-6736(17)32247-X
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Rückblick auf den
DGRH-KONGRESS 2017
DGRH-KONGRESS 2017 – Stuttgart
DGRH-KONGRESS 2017 – Stuttgart
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RHEUMAPREIS 2017
Drei positive Beispiele beruflicher Integration gewürdigt Die Initiative RheumaPreis zeichnete auch dieses Jahr Beispiele für die vorbildliche Integration von Rheuma-Patienten im Berufsleben aus. An drei Berufstätige, Juliane Rikirsch, Udo Lücke und Kazal Yasen, sowie ihre jeweiligen Arbeitgeber, die XUITS GmbH in Frankfurt/M., GLS Bank Bochum und AWO Schleswig-Holstein, wurde am 9. September – erstmals im Rahmen des DGRhKongresses – der RheumaPreis 2017 verliehen. Gewürdigt werden mit dieser Auszeichnung Menschen, die kreative Lösungen zur Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit gesucht und gefunden haben.
Der mit jeweils 3.000 Euro dotierte RheumaPreis soll zu mehr Offenheit im Umgang mit der Erkrankung ermutigen und dazu beitragen, dass ein aktives Berufsleben für Rheuma-Patienten zur Selbstverständlichkeit wird. „Die drei Preisträger und ihre Arbeitgeber sind Vorbilder eines gemeinsamen Miteinanders im Umgang mit chronisch erkrankten Menschen am Arbeitsplatz und zeigen eindrucksvoll, wie die berufliche Integration vorbildhaft realisiert werden kann“, sagte Dr. Marcus Merten, vom Unternehmen AbbVie Deutschland, das Teil der Initiative ist und den Preis mit verleiht. „Rheuma ist alles andere als ein Zuckerschlecken, aber ich wollte der Erkrankung um keinen Preis zu viel Macht über mich und mein Leben geben“, erzählte die Preisträgerin Juliane Rikirsch. Seit ihrer Kindheit leidet die 30-jährige in Gießen lebende Modedesignerin an Rheumatoider Polyarthritis. Gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber XUITS GmbH in Frankfurt hat die gelernte Bekleidungstechnische Assistentin die Rahmenbedingungen geschaffen, ihren Beruf trotz der Erkrankung ausüben zu können. Die medizinischen Befunde Morbus Bechterew, Rheumatoide Arthritis und Psoriasis-Arthritis zwangen Udo Lücke, mit 41 Jahren sein Leben noch einmal komplett zu ändern. „Mit der Diagnose habe ich mich recht schnell abgefunden und nach vorne geschaut“, sagte der 59-jährige Bankkaufmann aus Marl bei Gelsenkirchen. Gegenüber seinem Arbeitgeber, der GLS Bank in Bochum, ist Udo Lücke mit seiner Krankheit ehrlich umgegangen und erfährt volle Unterstützung. Trotz
Bild: v.l.n.r. Kazal Yasen, Udo Lücke, Juliane Rikirsch ihrer Erkrankung fühlt sich auch Kazal Yasen aus Tornesch in Schleswig-Hostein als vollwertige Mitarbeiterin akzeptiert und schätzt das vertrauensvolle Miteinander. „Ich möchte allen Rheuma-Patienten Mut machen, sich nicht zu verstecken, sondern ehrlich mit der Krankheit umzugehen“, so die 54-jährige Sprachmittlerin und pädagogische Assistentin für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bei der Arbeiterwohlfahrt e. V. (AWO) in Schleswig-Holstein. m Quelle: Veranstaltung der Initiative RheumaPreis, DGRh-Kongress, Stuttgart, 9. September 2017
DGRh 2017: Preisverleihungen und Ehrungen Die Stiftung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zeichnete in diesem Jahr Dr. Uta Kiltz vom Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne mit dem Rudolf-Schoen Preis aus. Die Juroren würdigen damit die Erkenntnisse der 45-jährigen Rheumatologin zur Rolle von Krankheitslast und Lebensqualität bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis (SpA). Der mit 15.000 Euro dotierte Preis wurde im Rahmen der Eröffnung des DGRh-Kongresses am 6. September 2017 in Stuttgart verliehen. Zugleich wurden bei diesem Anlass mit Prof. Dr. Stefan Schewe aus München und Dr. Joachim-Michael Engel aus Bad Lie-
benwerda in Würdigung ihres langjährigen fachlichen Engagements zwei neue DGRh-Ehrenmitglieder ernannt. Für ihren Einsatz für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen, insbesondere mit systemischem Lupus erythematodes (SLE), zeichnete die DGRh Borgi Winkler-Rohlfing, Vorsitzende der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft und der Lupus Stiftung Deutschland und Vorstandsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga, mit der Kussmaul-Medaille 2017 aus. Mit dieser ehrt die DGRh herausragende Persönlichkeiten, die mit ihrem Lebenswerk oder einer bedeutsamen Einzelleistung die Rheumatologie in Deutschland entscheidend geprägt haben. m
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GROSS- UND KLEINGEFÄSSVASKULITIDEN
Durchbruch bei Riesenzell-Arteriitis Das eindeutige Highlight des diesjährigen DGRh-Kongresses war gleich zum Auftakt die WIN-Session zu den Vaskulitiden, die ganz im Zeichen des Vortrags von Prof. Dr. John H. Stone, Boston (USA), zur Einordnung der Ergebnisse der GiACTA-Studie für die künftige Behandlungspraxis stand. Mit Tocilizumab steht bei Riesenzell-Arteriitis (RZA) nun erstmals eine Therapie jenseits von Glukokortikoiden zur Verfügung, eine Änderung der EULAR-Leitlinie vermutlich hin zur initialen Kombination mit folgendem Ausschleichen des Steroids und Tocilizumab-Erhaltungstherapie ist zu erwarten. Aber auch zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) gab es neue Studien, die Prof. Dr. Peter Lambrecht, Lübeck, erörterte. Der orale C5a-Rezeptorantagonist Avocapan bei GPA/MPA und der IL-5-Hemmer Mepolizumab bei EGPA standen hierbei im Fokus.
RZA: Neue Erkenntnisse aus GiACTA-Studie Da nachfolgend ausführlich dargelegt, sei hier nur kurz auf wichtige Eckpunkte von Prof. Stone zur Bedeutung von GiACTA für die RZA-Therapie verwiesen. Die in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie untersuchten 251 aktiven RZA-Patienten (47 % de-novo, 53 % rezidivierend) waren im Verhältnis 1:1:2:1 in vier Therapiearme randomisiert worden, auf Kurzzeit oder Langzeit-Prednison mit Tapering über 26 bzw. 52 Wochen ( je plus s.c. Placebo) und Tocilizumab wöchentlich oder alle zwei Wochen s.c. 162 mg jeweils mit Prednison-Tapering über 26 Wochen. Eine anhaltende Remission in Woche 52 war definiert als Schubfreiheit und CRP-Normalisierung nach Woche 12 (und Adhärenz zum Prednison-Tapering). Der primäre und sekundäre Endpunkt war der Anteil Patienten in anhaltender Remission mit Vergleich beider Tocilizumab-Arme mit Kurz- und Langzeit-Prednison-Gabe. Ein weiterer sekundärer Endpunkt war die kumulative Prednison-Dosis. Im primären Vergleich erreichten 56,0 bzw. 53,1 % der Patienten mit wöchentlichem und 2-wöchentlichem Tocilizumab eine
Patienten in anhaltender Remission (%)
60
56
53,1
50 40 30 20
14
Prednison 26 Wochen
Prednison 52 Wochen
Die Vorteile von Tocilizumab 1x/Woche bzw. alle 2 Wochen in puncto Remission zeigten sich sowohl bei de-novo als auch rezidivierenden RZA-Patienten (59,6 und 52,8 % bzw. 57,7 und 47,8 %). Patienten mit zu Beginn rezidivierender RZA hatten laut Stone eine längere Rezidiv-freie Remission bzw. geringeres Rezidivrisiko unter der 1x gegenüber der 2-wöchentlichen Gabe mit Hazard ratios für einen Schub gegenüber den Placebo-Armen von 0,23 und 0,36 vs. 0,42 und 0,67. Im Ergebnis resultierte die wöchentliche Gabe in einer 6-fach höheren TocilizumabSerumkonzentration, die aber nicht mit einem Anstieg von unerwünschten Ereignissen verbunden war. Beim Vergleich der Patienten-Tertilen gemäß der Tocilizumab-Serumkonzentration schnitt jene mit der niedrigsten (in der Regel also die 2-wöchentliche Dosierung) relativ am „schlechtesten“ in Bezug auf die Zeit bis zum ersten Rezidiv ab, weshalb für Stone die 1x wöchentliche s.c.-Gabe wohl die optimale Dosierung bei RZA ist – vor allem bei RZA-Patienten im Rezidiv (Ann Rheum Dis 2017; 76(Suppl2): 107). Für Stone endet damit bei RZA die Ära fortgesetzt hoher Prednison-Gaben, der Kombination mit Tocilizumab gehört die Zukunft. Schon vorab wurde bekanntgegeben, dass eine Änderung der EULAR-Leitlinie avisiert ist. Künftig könnte mit Sirukumab, das derzeit in einer Phase-IIIStudie bei RZA geprüft wird, der Stellenwert der IL-6-Inhibition in dieser Indikation noch steigen.
GPA/MPA: Avacopan überzeugt in Phase-II
17,6
10 0
anhaltende Remission nach 12 Monaten gegenüber nur 14,0 % unter Kurzzeit- (p<0,0001) und 17,6 % unter Langzeit-Prednison (p≤0,0002) (Abb. 1). Zudem zeigten sich mit kumulativen Prednison-Dosen von je 1.862 mg versus 3.296 bzw. 3.818 mg ( je p<0,001) deutliche steroidsparende Effekte in beiden Tocilizumab-Armen (N Engl J Med 2017; 377(4): 317-328).
Tocilizumab Tocilizumab wöchentlich alle 2 Wochen
Abb. 1: RZA-Patienten der GiACTA-Studie in anhaltender Remission nach 52 Wochen unter Tocilizumab vs. Kurz/LangzeitPrednison
Zu den wichtigsten Neuerungen bei den AAV zählte laut Prof. Lambrecht eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-IIStudie zu dem oralen, selektiven Komplementfaktor 5a (C5a)Rezeptorantagonisten Avacopan bei 67 AAV-Patienten mit einer neu diagnostizierten oder rezidivierenden GPA oder MPA (J Am Soc Nephrol 2017; 28(9): 2756-2767). Zusätzlich zu Cyclophosphamid oder Rituximab erhielten die Patienten im Verhältnis 1:1:1 Prednison (zu Beginn 60 mg/Tag), Avacopan 2x 30
DGRH-KONGRESS 2017 – Stuttgart
EGPA: Positive Phase-III-Daten zu Mepolizumab Lange ein therapeutisches Sorgenkind war (und ist noch) die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA). Die Chance auf eine Steroideinsparung bietet jetzt der erfolgreich in einer randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie getestete monoklonale Anti-IL-5 Antikörper Mepolizumab, erläuterte Lambrecht. Eingeschlossen wurden 136 Patienten mit rezidivierender bzw. therapierefraktärer EGPA, die mit oralen Steroiden und teilweise auch Immunsuppressiva vorbehandelt waren. In der 52-wöchigen Studie erhielten sie zusätzlich im Verhältnis 1:1 alle vier Wochen 300 mg Mepolizumab s.c. oder Placebo. Die ko-primären Endpunkte waren die Anzahl von Wochen, in denen sich Patienten in Remission (BVAS=0) unter ≤4 mg/Tag Prednisolon oder Prednison befanden, sowie der Anteil von Patienten in Remission sowohl in Woche 36 als auch 48 (N Engl J Med 2017; 376(20): 1921-1932). Unter Mepolizumab waren mit 28 vs. 3 % signifikant mehr Patienten über ≥24 Wochen in BVAS-Remission gegenüber Placebo (Odds ratio, OR 5,91; p<0,001) und in Remission in Woche 36 und 48 (32 vs. 3 %, OR 16,74; p<0,001). Nach Erreichen der Remission wurde unter Mepolizumab eine signifikant niedrigere jährliche Rezidivrate (1,14 vs. 2,27; p<0,001) verzeichnet. 44 % der Patienten kamen in den Wochen 48 bis 52 unter Verum mit ≤4,0 mg/Tag Prednisolon/ Prednison aus im Vergleich zu 7 % (OR 0,20; p<0,001). Bei guter Sicherheit wurde mit der zusätzlichen Mepolizumab-Gabe somit signifikant häufiger und länger eine Remission erzielt, das Rezidivrisiko vermindert und der Steroidbedarf reduziert, betonte Lambrecht.
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ten der prospektiven, randomisierten, kontrollierten REMAINStudie ablesen, in der bei 117 AAV-Patienten (47 % GPA bzw. 53 % MPA; 52 % PR3 und 44 % MPO) in stabiler Remission nach einer Induktionstherapie mit Cyclophosphamid/Prednison eine remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin/Prednison über 24 oder 48 Monate bzw. bis zu fünf Jahre verglichen wurde. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten mit einem Rezidiv von der Randomisierung bis 48 Monate nach der Diagnosestellung (Ann Rheum Dis 2017; 76(10): 1662-1668). Im Ergebnis war der Anteil von AAV-Patienten mit Rezidiv bei bis Monat 24 abgesetzter remissionserhaltender Therapie fast dreimal so hoch wie unter bis Monat 48 fortgesetzter Behandlung mit Azathioprin/Prednison (63 vs. 22 %, OR 5,96; p<0,0001). Auch das Risiko für schwere Rezidive war bei früherem Absetzen höher (35,3 vs. 13,5 %; p=0,007). Abgesehen vom Zeitpunkt des Absetzens war nur die ANCA-Positivität bei Randomisierung mit dem Rezidivrisiko assoziiert (51 vs. 29 %, OR 2,57; p=0,017), nicht hingegen die Nierenfunktion, ANCASpezifität (PR3 oder MPO) und der Vaskulitis-Typ (GPA oder MPA). Eine längere Remissionserhaltung sollte daher erwogen werden, so Lambrecht. Gleichfalls effektiv in der Remissionserhaltung ist Rituximab, für das im Langzeit-Follow-up der MAINRITSAN-Studie trotz zahlreicher später Rezidive in Monat 60 weiter ein signifikanter Vorteil im rezidivfreien Überleben (57,9 vs. 37,2 %; p=0,012) gegenüber Azathioprin nachgewiesen wurde (Arthritis Rheumatol 2016; 68(Suppl): Abstr. 1955) – anders als die EULAR, die beide Optionen gleichrangig empfiehlt, räumt die DGRh in ihrer neuen S1-Leitlinie Azathioprin (und MTX) einen Vorrang gegenüber Rituximab ein. m Quelle: WIN-Session „Vaskulitiden“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 6. September 2017
Birmingham Vasculitis Activity Score (BVAS) 0 -20 Änderung (%)
mg/Tag plus dosisreduziertes Prednison (20 mg/Tag) oder nur Avacopan 2x 30 mg/Tag. Den primären Endpunkt (≥50 % Reduktion des BVAS in Woche 12, keine Verschlechterung in einem Organsystem) erreichten in den drei Armen 70,0, 86,4 und 81,0 % der Patienten, was eine signifikante Non-Inferiorität beider Avacopan-Arme gegenüber der Prednison-Therapie bedeutete (p=0,002 bzw. p=0,01). Dies galt auch für die sekundären Endpunkte (BVAS-Reduktion, Albumin/Kreatinin- bzw. MCP-1/Kreatinin-Quotient im Spontanharn) (Abb. 2). Numerisch schnitt Avacopan ohne zusätzliches Prednison sogar besser als die hochdosierte Prednison-Therapie ab. Da die Rate von Patienten mit unerwünschten Ereignissen in den drei Armen mit 91, 86 und 96 % vergleichbar war, könnte Avacopan in der Induktionstherapie bei mindestens vergleichbarer Wirksamkeit hochdosiertes Prednison potenziell ersetzen. Zunächst bleiben aber noch die Ergebnisse einer Phase-III-Studie zu diesem Wirkprinzip abzuwarten, so Lambrecht.
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Prednison 60 mg Avacopan 2x 30 mg Avacopan 2x 30 mg/ Prednison 20 mg
-60 -80
AAV: Weitere Studienhighlights Sowohl in der aktualisierten EULAR- als auch der neuen DGRh-Leitlinie wird nach Erreichen der Remission eine Erhaltungstherapie über ≥24 Monate empfohlen. Dass diese sogar noch länger fortgeführt werden sollte, lässt sich aus den Da-
-100
Abb.: Mittlere Reduktion des BVAS-Scores unter Avacopan vs. Prednison vs. Avacopan/Prednison nach 12 Wochen
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RIESENZELL-ARTERIITIS
GiACTA-Studie: Tocilizumab bringt Zeitenwende Ein Höhepunkt auf dem DGRh-Kongress 2017 in Stuttgart war im Zuge der europäischen Zulassung des IL-6-Rezeptor-Inhibitors Tocilizumab in Kombination mit einer Glukokortikoid-Ausschleichtherapie der Ausblick auf dieses neuartige Behandlungsschema bei der Riesenzell-Arteriitis (RZA). Die wichtigsten Erkenntnisse aus der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie GiACTA und deren Folgerungen für die rheumatologische Praxis erläuterte der internationale Studienleiter, Prof. Dr. John H. Stone, Boston (USA), in einem Gespräch.
Prof. Stone, was macht die IL-6-Inhibition zu einem so spannenden Target bei RZA? Dass IL-6 in der Pathogenese der RZA eine wichtige Rolle spielt, wusste man bereits seit den 1990er-Jahren, jedoch stand bis 2010 kein spezifischer IL-6-Inhibitor zur Verfügung. Zur Erprobung von Tocilizumab entschloss ich mich bei einem schwerstkranken Patienten mit Aortenaneuysma, der nach erfolgloser Hochdosis-Prednisontherapie zur Operation anstand, in seinem Zustand aber nicht operabel war und bei dem keine andere Option verblieb, zumal die Effektivität von Methotrexat als Add-on-Therapie bei RZA sehr limitiert ist. In diesem Fall führte das in den USA gerade für die rheumatoide Arthritis zugelassene Tocilizumab zu einer raschen klinischen Besserung. Der Patient überlebte den Eingriff und ist unter Tocilizumab, das er dem Tod nur knapp entronnen nicht absetzen wollte, und völlig ohne Prednison bis zum heutigen Tag – also seit gut sieben Jahren – in kompletter Remission. Dies war letztlich der Startpunkt für die weitere Testung von Tocilizumab bei RZA. Wie und wann wird Tocilizumab die Behandlungspraxis bei RZA ändern? Zunächst zum „Wann“: Ich denke sofort! Denn über viele Jahrzehnte hatten wir nichts außer Prednison zur Verfügung, dessen Einsatz vor allem über längere Zeit und in höherer Dosis aber ein zweischneidiges Schwert ist, effektiv, aber mit schweren Nebenwirkungen behaftet. Aus diesem Grund wird Tocili-
PBO qw + 26 Wochen (n=50) PBO qw + 52 Wochen (n=51) TCZ qw + 26 Wochen (n=100) TCZ q2w + 26 Wochen (n=49)
3.000
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24 28 30 36 40 Zeit (Wochen)
zumab unmittelbar die Therapielandschaft verändern und sollte auf Basis der GiACTA-Studie so früh wie möglich eingesetzt werden. Sicher werden manche Ärzte sich die Frage stellen, warum sie z. B. bei älteren Patienten, die zunächst gut auf das Steroid ansprechen, eine zweite Substanz starten sollen, die wöchentlich s.c. zu applizieren ist. Ein für mich schlagendes Argument ist, dass sich in GiACTA nach einem Jahr PrednisonAusschleichtherapie, also ohne Tocilizumab, nur 18 % der Patienten in einer anhaltenden steroidfreien Remission befanden, mit Tocilizumab 1x/Woche in Kombination mit einer nur 26-wö-
Anteil Patienten ohne Schub (%)
Kumulative Prednison-Dosis (mg)
4.000
Prof. Dr. John H. Stone
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Abb.: GiACTA-Studie: Signifikanter steroidsparender Effekt von Tocilizumab (TCZ) vs. Placebo (PBO) nach 52 Wochen
80 60 40 PBO qw + 26 Wochen (n=27) PBO qw + 52 Wochen (n=28) TCZ qw + 26 Wochen (n=53) TCZ q2w + 26 Wochen (n=23)
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Abb.: Bei rezidivierenden Patienten deutlich längere Zeit bis zum ersten Schub mit Tocilizumab 1x/Woche
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chigen Prednison-Therapie waren es mit 56 % hingegen gut dreimal so viele. Wie wird die Kombinationstherapie mit Tocilizumab von den Patienten aufgenommen? Für die Patienten kommt es ganz entscheidend darauf an, möglichst schnell eine Besserung zu verspüren. Mit Tocilizumab wurde in GiACTA nicht nur häufiger, sondern auch sehr viel schneller eine Remission als mit der alleinigen Steroidtherapie erreicht. Der tatsächliche Vorteil von Tocilizumab wird aber vor allem nach 6-12 Monaten ersichtlich, wenn die Patienten frei von Steroiden sind. Die unter Tocilizumab berichteten Patient-Reported Outcomes (PROs) waren außergewöhnlich in Bezug auf die Verbesserung z. B. im SF-36 PCS und MCS, der PtGA-VAS und im FACIT-Fatigue-Score, was sicherlich auf der Vermeidung bzw. Reduktion steroidassoziierter Wirkungen gründet. So betrug die kumulative Prednison-Dosis unter Tocilizumab 1.862 mg, während es in den Prednison-Armen bei einem Ausschleichen über sechs oder 12 Monate etwa 3.300 bzw. 3.800 mg waren (Abb. 1). Welche Aussagen lassen sich anhand der GiACTA-Studie zur Dosierung und der erforderlichen Therapiedauer treffen? Zunächst zur Dosis: Die Entscheidung der FDA und (inzwischen auch der EMA*) für die Zulassung in der 1x wöchentlichen s.c. 162 mg-Dosierung ist wohlbegründet. Gerade bei rezidivierenden Patienten zeigte sich für diese nach dem Ausschleichen der Steroidtherapie ein deutlicher Vorteil gegenüber der 2-wöchentlichen Applikation hinsichtlich des Risikos für einen erneuten Krankheitsschub (Abb. 2). Aber auch bei PROs, so dem SF-36 PCS, schnitt die 1x wöchentliche Gabe nach Absetzen von Prednison teils signifikant besser ab. Hierbei gilt es die Pharmakokinetik von Tocilizumab zu berücksichtigen: So erreicht die 1x gegenüber der 2-wöchtlichen Applikation eine 6-fach höhere Serumkonzentration. Erfreulicherweise geht dies nicht zu Lasten der Sicherheit, ein klinisch relevanter Anstieg unerwünschter Ereignisse wurde nicht beobachtet. Führt man sich die schwerwiegenden Langzeitkomplikationen der Erkrankung bis hin etwa zur Entwicklung eines Aortenaneurysmas, wie bei meinem ersten Patienten, vor Augen,
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scheint ein aggressiver Therapiebeginn dringlich geboten. Im Einklang mit den FDA-Zulassungsempfehlungen erscheint es daher sinnvoll, mit 1x wöchentlichem Tocilizumab plus Prednison einzusteigen und dann bei bestimmten Patienten, wenn es der Krankheitsstatus im Fall einer anhaltender Remission zulässt, eine Therapiedeeskalation auf das 2-wöchentliche Applikationsintervall zu erwägen. Zum zweiten Punkt: Bezüglich der erforderlichen Therapiedauer lässt sich noch keine valide Aussage treffen, hier bleiben die 156-Wochen-Daten aus dem zweiten, noch laufenden Teil der GiACTA-Studie abzuwarten. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass die meisten RZA-Patienten mit anhaltender vollständiger Remission sich ein Absetzen der Therapie wünschen. Ich selber behandele die Patienten derzeit für etwa 12-18 Monate mit Tocilizumab und setze es dann, eine stabile Remission und Patientenwunsch vorausgesetzt, sukzessive ab. Erforderlich ist im Anschluss jedoch zwingend eine engmaschige Kontrolle, da doch bei einem substanziellen Anteil dieser Patienten mit einem Schub zu rechnen ist und in diesem Fall rasch eine erneute Therapie mit Tocilizumab und Prednison eingeleitet werden muss. Welche Rolle spielt die Bildgebung für die Diagnosestellung einer RZA und auch die Verlaufskontrolle? Bildgebende Verfahren spielen eine immer wichtigere Rolle vor allem bei der Diagnosestellung. Gut ein Drittel der GiACTATeilnehmer wurden ohne vorherige Temporalarterienbiopsie oder eine solche mit negativem Befund auf Basis bildgebender Studien mit PET, CT-Angiografie oder MRT, die zur Diagnosestellung führten, in die Studie eingeschlossen. Im Hinblick auf die Verlaufskontrolle fehlen uns für die genannten Verfahren derzeit aber noch evidenzbasierte Daten zu deren Interpretation für den weiteren Therapieverlauf. m Prof. Stone, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
*Ergänzung der Redaktion; die europäische Zulassung von Tocilizumab in der 1x wöchentlichen Dosierung für die Behandlung der RZA erfolgte erst nach dem Gespräch.
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
Deutsche S1-Leitlinie der DGRh zu Diagnostik und Therapie vorgestellt Ein Jahr nach den EULAR-Empfehlungen zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) folgte nun auf dem DGRh-Kongress in Stuttgart die Präsentation der mit diesen in vielen, aber keineswegs allen Punkten übereinstimmenden deutschen S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der AAV durch Dr. Jan H. Schirmer, Kiel, stellvertretend für eine aus 13 Mitgliedern bestehende Expertenkommission der DGRh.
Basierend auf den Ergebnissen einer systematischen Literaturrecherche wurden die Empfehlungen in einem mehrstufigen Diskussions- und Konsensusprozess erstellt und bewertet. Bei fehlender Evidenz aus Studien wurden Empfehlungen auf dem Boden eines Expertenkonsensus formuliert. Neben drei übergeordneten Empfehlungen wurden letztlich 21 Hauptempfehlungen zu den Themenkomplexen Diagnostik, Remissionsinduktion und -erhaltung, therapierefraktäre Erkrankung, Rezidivbehandlung, supportive Therapie und Patienteninformation formuliert. Die drei übergeordneten Empfehlungen besagen, dass A. Diagnostik und Therapie der AAV durch ein interdisziplinäres Team an einem in der Behandlung der AAV erfahrenen Zentrum, in der Regel koordiniert durch einen internistischen Rheumatologen, erfolgen sollte. B. Diagnostische und therapeutische Entscheidungen sollten unter Einbeziehung des Patienten ge-
Aktive AAV
Remissionsinduktion
MajorRezidiv
Nicht organbedrohend GK + MTX MinorRezidiv
Rezidiv
GK + immunsuppressive Therapie intensivieren
Organfunktion bedrohend GK + CYC oder oder RTX
Organversagen Krea ≥5,8 mg/dl/ schwere Hämorrhagie
±
ggf. Plasmaseparation
GK-Reduktion
Refraktär
Remission
Behandlung an tertiärem Zentrum spezialisiert auf AAV
Remissionserhaltende Therapie MTX oder AZA oder RTX + ggf. GK ≤7,5 mg/d Stabil ≥12 Monate Langsame Therapiereduktion Stabil ≥24 Monate Therapie ausschleichen nach individuell abgeschätztem Risiko
Abb.: AAV-Therapiealgorithmus der neuen S1-Leitlinie der DGRh
troffen werden. C. Das Behandlungsziel besteht in der Verringerung der Mortalität, der Vermeidung von Langzeitschäden und der Steigerung bzw. dem Erhalt der Lebensqualität (alle Evidenz IV, Empfehlungsgrad B).
Die Empfehlungen im Überblick Zunächst zur Diagnostik: 1. Bei klinischem Verdacht auf eine AAV sollte die notwendige Diagnostik, einschließlich ANCATestung, rasch erfolgen. 2. Eine histologische Sicherung der Diagnose durch eine Biopsie klinisch betroffener Organe sollte angestrebt werden. 3. Entsprechend der klinischen Symptomatik sollte eine systematische Ausbreitungsdiagnostik und Aktivitätsbestimmung erfolgen. 4. Die Stadien- und Aktivitätsbestimmung sollte regelmäßig wiederholt werden, wobei im Verlauf auch chronische Langzeitschäden erfasst werden sollten (alle IV, B). Zur Remissionsinduktion: 5. In organ- oder lebensbedrohlichen Erkrankungsstadien soll diese mit Cyclophosphamid (CYC; GPA, MPA, EGPA) oder Rituximab (RTX; GPA, MPA) erfolgen (Ib, A). 6. Die Induktionstherapie sollte initial hochdosierte Glukokortikoide (GK) enthalten (1 mg/kgKG Prednisonäquivalent/Tag, max. 80 mg) (III, B). 7. Bei einer schweren Nierenfunktionseinschränkung (Kreatinin >500 µmol/l bzw. >5,8 mg/dl) aufgrund einer aktiven rapid progressiven Glomerulonephritis (RPGN) soll zusätzlich eine Plasmaspherese erwogen werden (Ib, A). 8. Bei einer fehlenden lebens- oder organfunktionsbedrohenden Manifestation der AAV soll eine Remissionsinduktion mit GK und Methotrexat (MTX; 0,3 mg/ kgKG wöchentlich, max. 25 mg) erwogen werden (Ib, A). Zum Remissionserhalt: 9. Nach dem Erreichen einer Remission, üblicherweise 3-4 Monate nach Beginn einer Remissionsinduktion, soll eine remissionserhaltende Therapie erfolgen (Ib, A). 10. MTX und Azathioprin (AZA) sollen als gleichwertig potente Medikamente der ersten Wahl zum Remissionserhalt eingesetzt werden (Ib, A). 11. Ein Remissionserhalt mit RTX 500 mg i.v. halbjährlich soll erwogen werden, wenn die Mittel der ersten Wahl wegen Kontraindikationen, Unverträglichkeiten oder früherem Therapieversagen nicht eingesetzt werden können (GPA, MPA) (Ib, A). 12. Die remissionserhaltende Therapie sollte (bei fehlenden Kontraindikationen) über einen Zeitraum
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Das nächste Kapitel widmet sich therapierefraktären Patienten: 13. Bei einer primär CYC-refraktären Erkrankung soll RTX eingesetzt werden (IIb, A), während 14. bei primär RTXrefraktärer Erkrankung CYC eingesetzt werden soll (IV, B). 15. Patienten mit refraktärer AAV sollen grundsätzlich an einem oder in enger Zusammenarbeit mit einem in der Therapie der AAV erfahrenen Zentrum behandelt werden, um Therapiealternativen zu prüfen oder den Einschluss in klinische Studien zu ermöglichen (IV, B). Nun zur Rezidivbehandlung: 16. Bei einem Rezidiv mit organbedrohenden Manifestationen (Major-Rezidiv) soll eine erneute Induktionstherapie mit CYC (GPA, MPA, EGPA) oder RTX (GPA, MPA), jeweils in Kombination mit GK (1 mg/kgKG Prednisonäquivalent/Tag, max. 80 mg), durchgeführt werden (Ib, A). 17. Bei rezidivierender Erkrankung nach vorangegangener Remissionsinduktion mit CYC soll RTX eingesetzt werden (GPA, MPA) (Ib, A). 18. Rezidive ohne organbedrohende Manifestationen (Minor-Rezidiv) sollten durch eine vorübergehende Dosiserhöhung der GK und Dosiserhöhung der remissionserhaltenden Therapie behandelt werden (GK: IIa, remissionserhaltende Therapie: IV, B). Die letzte drei Empfehlungen beziehen sich auf die Themenbereiche Supportive Therapie und Patienteninformation: 19. Während der gesamten Behandlung sollten individuelle supportive Maßnahmen durchgeführt und die Behandlung von Komorbiditäten optimiert werden (z. B. Therapie von End-
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organschäden, kardiovaskulären Risikofaktoren, Tumorprävention, Infektionsprophylaxe etc.) (IV, B). 20. Patienten sollten über Krankheitsbilder und Therapien informiert und geschult werden (IIb, B). 21. Patienten sollten zudem auf bestehende Selbsthilfegruppen aufmerksam gemacht werden (IV, B). m
Im Einklang mit der EULAR-Leitlinie sollten Diagnostik und Therapie der AAV durch ein interdisziplinäres Team an einem in der Behandlung der AAV erfahrenen Zentrum erfolgen. Als aktuell gleichermaßen potente Standardtherapien zur Remissionsinduktion bei schwerer AAV werden CYC und RTX, jeweils in Kombination mit GK, erachtet. Außen vor bleibt bei leichteren Verläufen MMF als Alternative zu MTX. Im Anschluss wird zu einer Remissionerhaltung über ≥24 Monate geraten. Im Gegensatz zur EULAR (die gleichrangig AZA und RTX, dann erst MTX bzw. MMF empfiehlt) geben die DGRh-Experten AZA und MTX gegenüber RTX den Vorrang. Naturgemäß noch nicht berücksichtigt werden konnten neuere Studien wie z. B. REMAIN oder die Phase-III-Daten zu Mepolizumab bei EGPA. Wie üblich wurde ein zusammenfassender Therapiealgorithmus entwickelt (Abb.).
KOMPAKT
von mindestens 24 Monaten nach dem Erreichen der Remission fortgeführt werden (III, B).
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Quelle: Abstractsession IV „Vaskulitis und Kollagenosen“, Poster VK.01, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
VASKULITIDEN
Startschuss für GeVas-Register gefallen Das von Prof. Dr. Peter Lambrecht, Lübeck, vorgestellte German Vasculitis Registry (GeVas) ist eine multizentrische, prospektive Registerstudie, in der Patienten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit neu diagnostizierter Vaskulitis oder mit Rezidiv systematisch über ein Online-Register pseudonymisiert erfasst werden (DGRh 2017; Abstr. VK.14).
Die Dokumentation erfolgt über ≥36 Monate. Mittels elektronischer Case Report Form (eCRF) sollen die Krankheitsaktivität und -manifestationen, Therapieverfahren und -verlauf (Ansprechen, Refraktärität), sowie therapiebedingte Nebenwirkungen und Outcome-Parameter (Organschäden, Morbidität und Mortalität) dokumentiert werden. Im März 2017 erfolgte das Kick-off-Meeting des Registers mit 23 partizipierenden Zentren. Primäre Zielsetzung war das Design und die Erstellung des eCRF durch neu geschaffene Arbeitsgruppen zu den Themen AAV, RZA, nephrologische Aspekte, Vaskulitispathologie, Morbus Behçet, Cogan-Syndrom sowie zerebrale Vaskulitis. Im eCRF werden Demografie, Komorbidi-
täten, Vaskulitisentität, Krankheitsaktivität inkl. BVAS, klinische Manifestationen und Organschäden mit VDI, Laborparameter, Ergebnisse bildgebender Untersuchungen, Histopathologie, die immunsuppressive Therapie, Infektionen und Komplikationen, Dialyse und Organtransplantation, maligne Erkrankungen, Schwangerschaft und Tod erfasst. Basierend hierauf sollen u. a. die Gesamtüberlebenszeit, Zeit bis zum Ansprechen auf eine Behandlung und die Zeit bis zu einem Rezidiv analysiert werden. Perspektivisch soll eine Biobank aufgebaut werden, um molekularbiologische und genetische Analysen mit den Registerdaten zu verknüpfen und Rückschlüsse bezüglich Ätiologie, Ansprechen auf verschiedene Therapieformen und die Prognose von Vaskulitiden zu ermöglichen. m
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KOLLAGENOSEN
Update zu Diagnostik, Outcome und Therapie Über praxisrelevante Aspekte zu Diagnostik, Verlauf und Therapie von Dermato- und Polymyositis (DM/PM), primärem SjögrenSyndrom (pSS), von systemischer Sklerose (SSc) und dem systemischen Lupus erythematodes (SLE), berichteten Experten im Rahmen eines Symposiums auf dem DGRh-Kongress 2017 in Stuttgart.
Myositis: Fortschritte vor allem bei Autoantikörper-Diagnostik Über Neuigkeiten aus dem Bereich der Autoimmun-Myositiden berichtete eingangs Prof. Dr. Eugen Feist, Berlin. Aktuellen Daten zufolge weisen ca. 55 % der mit CK-Spiegeln >1.000 IU/l an einen Rheumatologen überwiesenen Patienten eine Myositis, meistens eine Dermato- (14 %), Poly- (23 %) oder OverlapMyositis (19 %), auf. Eine steigende Relevanz für die korrekte Klassifizierung und Diagnose haben per Multiplex-Verfahren zu 80 % nachweisbare Myositis-spezifische/assoziierte Autoantikörper erlangt. Wichtigste Treiber der Mortalität sind neben Neoplasien und Malignitäten – hier ist laut Feist insbesondere der Nachweis von Anti-TIF1-γ-Antikörpern kritisch – die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) und kardiale Komplikationen. Gerade bei Organbeteiligung ist eine frühe, aggressive Therapie mit Glukokortikoiden in zu Beginn hoher Dosis und Immunsuppressiva angezeigt. Bei schwacher Evidenz gibt es die besten Daten für Cyclophospamid (CYC) und Methotrexat (MTX). Weitere Optionen sind Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil (MMF), Ciclosporin A (CsA) und Tacrolimus. Bei fehlendem Ansprechen sollten intravenöse Immunglobuline (IVIG) erwogen werden. In puncto Biologika scheint bei refraktärer PM/ DM Rituximab in Real-life-Kohorten wie dem GRAID-Register recht effektiv zu sein. Noch in der frühen Phase der Erprobung sind nach Feist weitere Biologika wie z. B. Tocilizumab, Abatacept und der Anti-IFNα-Antikörper Sifalimumab sowie der JAKInhibitor Ruxolitinib (Curr Opin Rheumatol 2017; online, 16.8.).
pSS: Aktuelle Erkenntnisse zu Klassifikation und Therapie Im Anschluss berichtete Feist über neue Erkenntnisse zum Sjögren-Syndrom. Sicher einen Fortschritt stellen die 2016 veröffentlichten ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für das pSS dar. Ein Kritikpunkt daran stellt aber die Nicht-Berücksichtigung bildgebender Verfahren dar, zumal eine aktuelle Studie für die Kombination aus positivem Speicheldrüsen-Befund im Ultraschall und dem Vorliegen von Anti-SSA/Ro-Antikörpern eine hohe Übereinstimmung mit den neuen Kriterien zeigte. Erwähnt seien auch die Empfehlungen einer EULAR Task Force zur früheren Diagnosestellung unter Berücksichtigung (oft früh) betroffener Organsysteme (Exp Rev Clin Immunol 2016; 12(2): 137-156).
Weiter etabliert hat sich in diesem Kontext der ESSDAI-Score: Ein Wert ≥14 ist ein starker Prädiktor für ein schlechteres Überleben. Treiber der Mortalität sind auch hier Malignitäten, allem voran B-Zell-Lymphome, die in einer großen Kohorte 10 % der Patienten binnen 91 Monaten entwickelten. Eine höhere Anzahl (≥7) von Risikofaktoren wie vergrößerte Speicheldrüse, Lymphadenopathie, Raynaud-Phänomen, Anti-SSA/Ro- oder Anti-SSB/La-Positivität, RF-Positivität, monoklonale Gammopathie oder niedriges C4 war mit einem besonders hohen Risiko assoziiert, führte Feist weiter aus. In Bezug auf die extraglanduläre Therapie verwies Feist auf ein aktuell publiziertes Review (Nat Rev Rheumatol 2016; 12(8): 456-471): Bei Arthritis/Arthralgien werden darin NSAR und Hydroxychloroquin (HCQ) – letzteres auch bei Fatigue und kutanen Symptomen – empfohlen, bei sonstigen nicht-lebensbedrohenden Manifestationen je nach Krankheitsaktivität DMARDs wie z. B. MTX, Leflunomid, Sulfasalazin, Azathioprin, CsA (in einer Pilotstudie zeigte sich dieses auch bei Arthritis gut wirksam) sowie CYC mit oder ohne Steroidtherapie, bei Vaskulitis, hämolytischer Anämie, Thrombopenie, Pleuroperikarditis und schwerer Lungenfibrose i.v.-CYC bzw. im Fall einer Kryogobulinämie Puls-Methylprednisolon und Plasmapherese. Rituximab, das bei Fatigue und Mundtrockenheit in kontrollierten Studien nicht überzeugte, sollte in schweren Fällen einer kryoglobulinämischen Vaskulitis gegeben werden. Auch jenseits von Rituximab richtet sich bei den Biologika der Blick weiter primär auf B-Zell-gerichtete Therapien wie z. B. Belimumab.
SSc: EULAR-Leitlinie und neue Therapieoptionen im Fokus Auch bei SSc-Patienten kommt es auf eine frühe Diagnostik und Therapie an, betonte Prof. Dr. Gabriele Riemekasten, Lübeck, unter Verweis auf Daten aus dem EUSTAR-Register. Nach kaum mehr als zwei Jahren waren fast 10 % der Teilnehmer verstorben, hauptsächlich aufgrund pulmonaler (Lungenfibrose, pulmonal-arterielle Hypertonie) oder kardialer Komplikationen (Herzbeteiligung, Atherosklerose). Hauptrisikofaktoren für Mortalität waren männliches Geschlecht, Beteiligung des oberen Gastrointestinal-Trakts, Proteinurie, eine LVEF <50 % und DLCO <60 %. In puncto Therapie wurde das Update der EULAR-Leitlinie vorgelegt (Ann Rheum Dis 2017; 76(8): 1327-1339). Im Vergleich zu 2009 beinhaltet dieses neu die Empfehlung für PDE-5-Inhi-
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Im Hinblick auf neuere Studien erwies sich MMF gegenüber CYC bei SSc-ILD als gleichwertig, auch bei SSc-PAH mehren sich die Hinweise auf positive Effekte von MMF. Bei SSc-PAH geht der Trend – auch gestützt durch die neuen EULAR-Empfehlungen – zu Kombinationstherapien nach positiven Daten etwa aus der AMBITION-Studie für Ambrisentan plus Tadalafil. Neue Therapieoptionen könnten künftig bei SSc-RP – während Botulinumtoxin hier in einer aktuellen Studie eher enttäuschte – der PDE-3-Inhibitor Cilostazol sein, bei gastrointestinaler Beteiligung (vor allem Obstipation) Procaluprid sowie bei therapierefraktärem Reflux Omeprazol plus Alginsäure oder Domperidon, führte Riemekasten weiter aus. In Bezug auf SScassoziierte DU mahnte sie in Anbetracht der im internationalen Vergleich hohen Amputationsraten und deutliche Defizite in der Prävention aufzeigenden Daten aus dem deutschen DUORegister den konsequenteren Einsatz vasoaktiver Therapien entsprechend der Leitlinie an.
SLE: Kleine Schritte nach vorne Erst kürzlich publiziert wurden unterstützt von ACR und EULAR neue Kandidatenkriterien für die SLE-Klassifikation von einer internationalen Expertengruppe (Arthritis Care Res 2017; doi: 10.1002/acr.23317) – angesichts dessen Vielgestaltigkeit eine enorme Herausforderung, verdeutlichte Prof. Dr. Marta Mosca, Pisa (Italien). Neben einem ANA-Titer ≥1:80 als Eingangskriterium wurden sieben klinische und drei immunologische Domänen vorgeschlagen, die bei Bestätigung in der Praxis künftig auch die Frühdiagnostik beflügeln könnten. Nach der Entwicklung von T2T-Empfehlungen auch für den SLE gestalten sich die Festlegung einer akzeptabel niedrigen Krankheitsaktivität oder Remission weiter als schwierig. Ein pragmatischer Ansatz ist das von Lupus-Experten aus dem asiatisch-pazifischen Raum vorgeschlagene, bereits validierte Kriterium eines Lupus Low Disease Activity State (LLDAS: 1. SLEDAI-2K ≤4, keine Aktivität in wichtigen Organsystemen, 2. keine neu auftretende Lupus-Aktivität, 3. SELENA-SLEDAI PGA ≤1, 4. Prednisolon-Dosis ≤7,5 mg/Tag und 5. gut verträgliche Erhaltungstherapie mit Immunsuppressiva und Biologika), das in Studien mit einem guten Outcome assoziiert war. Eine anhaltende Remission – Kriterien für eine solche wurden von einer EULAR-Expertengruppe im DORIS-Projekt (Ann Rheum Dis 2017; 76(3): 554-561) entwickelt – ist in praxi selten (Ann Rheum Dis 2017; 76(3): 547-553), betonte Mosca. Unabhängig von der Remissionsdefinition (klinische oder komplette
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Remission unter/ohne Therapie) betrug deren Dauer nur drei Monate. Wenig Neues gab es zur Therapie des SLE zu vermelden, nachdem sich die Serie in Phase-III gescheiterter Substanzen – jüngstes Beispiel: Epratuzumab – weiter fortgesetzt hat. Potenziell ein Kandidat ist noch Atacicept, während sich die IL-6-Hemmung wohl nicht durchsetzen wird. Am vielversprechendsten erscheint laut Mosca derzeit der Anti-IFN-αRezeptor-Antikörper Anifrolumab, der in Phase-II gute Ergebnisse lieferte (vor allem bei kutanem Lupus) und den Vorteil hat, dass eine ausgeprägte IFNα-Gensignatur als Marker für das Ansprechen dienen kann (Arthritis Rheumatol 2017; 69(2): 376-386). Letzteres gilt bei hoher klinischer bzw. serologischer Krankheitsaktivität auch für Belimumab, für das Mosca eine Lanze brach. Die Praxiserfahrungen damit im italienischen Praxisalltag in Italien seien sehr gut, neben einer Schubreduktion fanden sich im Einklang mit Langzeitdaten der BLISS-Studie Hinweise für ein vermindertes Risiko für akkumulierende Krankheitsschäden. Nach der dritten positiven Phase-III-Studie zu einer 200 mg/Woche Belimumab s.c.-Formulierung, die sich im SRI-4-Ansprechen (primärer Endpunkt), aber auch strengeren SRI-Ansprechkriterien gegenüber Placebo ( jeweils plus Standardtherapie) signifikant überlegen zeigte (Arthritis Rheumatol 2017; 69(5): 1016-1027) (Abb.), wird nach deren bevorstehender Zulassung dessen Anwendung für viele Patienten in Zukunft noch einfacher werden. Am Ende verwies Mosca noch auf eine Vergleichsstudie zweier etablierter Substanzen bei nicht-renalem SLE, in der sich magensaftresistentes MMF versus Azathioprin im Erreichen von Remission und in der Schubprävention überlegen zeigte. m Quelle: WIN-Session „Kollagenosen“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
Placebo Belimumab 200 mg s.c.
80 70 60 Patienten (%)
bitoren bei SSc mit Raynaud-Phänomen (SSc-RP) und digitalen Ulzera (SSc-DU), sowie den Stimulator der löslichen Guanylatzkylase (sGC) Riociguat und neuen Aspekten zur Therapie mit Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA), ProstazyklinAnaloga und PDE-5-Inhibitoren bei SSc-assoziierter pulmonal-arterieller Hypertonie (SSc-PAH). Für selektierte Patienten wird Fluoxetin bei SSc-RP und die hämatopoetische autologe Stammzelltransplantation (HSCT) bei rasch-progredienter diffuser SSc berücksichtigt.
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50 40 30 20 10 0
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12
16
20
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36 40
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Abb.: Signifikant besseres SRI-4-Ansprechen auf Belimumab vs. Placebo plus Standardtherapie nach 52 Wochen
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Von der Leitlinie in den Praxisalltag: Wunsch und Wirklichkeit Eine aktuelle Bestandsaufnahme dessen, was bei rheumatoider Arthritis (RA) mit Treat-to-target (T2T)-Strategien unter konsequenter Anwendung der in der EULAR-Leitlinie empfohlenen Therapien – die nunmehr auch orale JAK-Inhibitoren beinhalten – möglich wäre und wie es in der Realität aussieht, nahm Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, vor. Die Chancen eines Therapieabbaus bei anhaltender Remission der RA bewertete Prof. Dr. Klaus Krüger, München, der zugleich Hinweise zum Management wichtiger Komorbiditäten gab: Was macht der Rheumatologe, was der Hausarzt?
Die Nachwirkungen der CAPEA-Studie sind offenbar noch zu spüren, wenn ein kompletter Vortrag sich den evidenten Vorteilen der T2T-Strategie – das letzte diesbezügliche Update der EULAR stammt aus 2015 – widmet (Ann Rheum Dis 2016; 75(1): 3-15). Dass gerade bei früher RA eine engmaschige Therapieüberwachung und -änderung mit der Zielsetzung von Remission oder niedriger Krankheitsaktivität (DAS28 <2,6 bzw. ≤3,2) einen großen Nutzen entfaltet ist unbestritten und wird durch eine Fülle von Studien bestätigt, betonte Burmester.
Treat-to-target nicht ausreichend implementiert Defizite sieht der Experte in der Frühversorgung, die Terminvergabe sei noch ausbaufähig. Er verwies auf die HIT HARDStudie, in die an 21 rheumatologischen Praxen und Kliniken in Deutschland über ein effizientes Screening in FrüharthritisSprechstunden 172 RA-Patienten mit einer mittleren Symptomdauer von nur 55 Tagen eingeschlossen werden konnten, in der holländischen U-ACT-EARLY-Studie konnte diese Zeitspanne sogar auf 25 Tage gedrückt werden. Ein weiteres Problem ist, dass laut Daten der Kerndokumentation von 2014 nur 36 % der Patienten in DAS28-Remission sind, während 45 % eine moderate oder gar hohe Krankheitsaktivität aufweisen (Z Rheumatol 2017; 76(1): 50-57). Gerade bei früher RA ist im mittleren DAS28 in den letzten Jahren keine Verbesserung ersichtlich, was auch an der zögerlichen Verordnung von Biologika im ersten Krankheitsjahr liegen dürfte, die zwischen 2007 und 2014 sogar wieder von 5 auf 3 % abfiel. Genau dieses Dilemma zeigten auch die 2-Jahres-Daten der CAPEA-Studie auf. Zwar waren nach sechs Monaten 40 % der Früh-RA-Patienten in DAS28-Remission, jedoch stagnierte dieser Anteil im weiteren Verlauf ebenso wie jener von Teilnehmern mit einem DAS28 ≤3,2. Stabil war mit 40 % leider auch der Anteil Patienten mit moderater bzw. hoher Krankheitsaktivität (Z Rheumatol 2016; 75(1): 90-96). Dennoch erfolgte in diesem unzureichend eingestellten Kollektiv nach Monat 6 zu 53 % kein Therapiewechsel, die Adhärenz in puncto T2T ist somit verbesserungswürdig. Dies gilt umso mehr, da zugleich 48 % immer noch auf einem Glukokortikoid waren – ein Biologikum oder eine csDMARD-Kombination erhielten nur 12 bzw. 10 %.
Die Chancen für eine gute Versorgung von frühen RA-Patienten sind gegeben, werden aber oft nicht konsequent genug umgesetzt, bedauerte Burmester, der sich zur besseren Implementierung von T2T-Protokollen für eine stärkere Einbindung rheumatologischer Fachassistent/innen (RFA) aussprach.
EULAR-Empfehlungen zur RA Während die Überarbeitung der DGRh-Leitlinie zum RA-Management noch in den letzten Zügen liegt, können Rheumatologen solange auf die aktualisierten EULAR-Empfehlungen (Ann Rheum Dis 2017; 76(6): 960-977) zurückgreifen. Da schon mehrfach besprochen seien an dieser Stelle nur einige von Prof. Burmester dargelegte Neuerungen aufgeführt. So werden etwa individuelle Patientenfaktoren wie z. B. Komorbiditäten stärker berücksichtigt. Nicht „verboten“, aber eben auch nicht empfohlen wird eine initiale Kombinationstherapie aus csDMARDs, da diese einer Methotrexat (MTX)-Monotherapie in Studien nicht überlegen war. Die initiale Kombination von MTX mit Glukokortikoiden wird jetzt für alle de-novo-Patienten empfohlen, letztere können auch (temporär) höher dosiert werden. Zwar theoretisch möglich, aber nicht empfohlen wird ein Therapiebeginn mit einem Biologikum. Stärker betont wird die Relevanz prognostischer Faktoren nach MTX-Versagen. An diesem Punkt werden die neu aufgenommenen JAK-Inhibitoren als quasi gleichwertig zu den Biologika eingestuft, wenngleich die Einschränkung „current practice“ letzteren noch einen gewissen Vorrang einräumt. Weiterhin wird klar die Kombination von Biologika und JAK-Inhibitoren (tsDMARDs) mit MTX einer entsprechenden Monotherapie vorgezogen. Bei Unverträglichkeit oder Kontraindikation von MTX werden IL-6und neu JAK-Inhibitoren als Monotherapien gegenüber anderen Biologika favorisiert. Biosimilars, so abschließend Burmester, werden, falls seitens der EMA zugelassen, entsprechend den Originalpräparaten behandelt.
Therapieabbau in anhaltender Remission möglich Nicht nur wünschen sich viele RA-Patienten bei persistierender Beschwerdefreiheit einen Therapieabbau, auch aus ökonomi-
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schen Gründen erscheint dies sinnvoll. Voraussetzung für eine Deeskalation der Therapie ist neben dem Einverständnis des Patienten nach vorheriger Aufklärung eine stabile Remission seit sechs Monaten – eine niedrige Krankheitsaktivität reicht nicht, betonte Prof. Krüger. Die Ausweitung dieser Zeitspanne auf 12 Monate zeigte in Studien keinen Vorteil. Während die optimale Remissionsdefinition noch offen ist, steht fest, dass eine sonografische Remission die Erfolgschancen steigert. In welcher Reihenfolge die Medikation abgesetzt werden sollte, ist unklar. So empfiehlt die EULAR rein ökonomisch begründet die Reduktion des Biologikums vor dem csDMARD, während sich Patienten eher die umgekehrte Abfolge wünschen – evidenz-basierte Daten hierzu fehlen. Immerhin zeigen Studien wie CONCERTO oder DREAM, dass unter einer Anti-TNF-Therapie MTX problemlos reduziert oder gar beendet werden kann. Fest steht hingegen, dass noch vor cs-/bDMARDs Glukokortikoide ausgeschlichen werden sollten – eine stabile Low-DoseTherapie mit ≤5 mg Prednisolon erscheint akzeptabel, falls ein kompletter Abbau nicht möglich ist, so Krüger weiter. In verschiedenen Studien wie z. B. DOSERA, PRESERVE, PRIZE und der deutschen RETRO-Studie (meistens mit Abbau des Biologikums) konnten Prädiktoren für ein Gelingen der Therapiedeeskalation identifiziert werden. Aufgrund des deutlich geringeren Flare-Risikos ist die schrittweise Dosisreduktion (oft Halbierung, z. B. Intervallverlängerung der BiologikumApplikation) gegenüber dem kompletten Absetzen zu präferieren. Fast immer (80 bis 100 %) wurde im Fall eines Flares bei Wiederaufnahme der ursprünglichen Therapie rasch wieder eine Remission erreicht. Vorteilhaft sind weiterhin eine kurze Krankheitsdauer, niedrige Krankheitsaktivität zu Therapiebeginn, ACPA-Negativität, rasches Ansprechen auf die cs-/ bDMARD-Therapie, rasches Erreichen einer Remission und – wie bereits erwähnt – das Vorliegen einer sowohl klinischen als auch bildgebenden Remission (idealerweise blander Befund im Power-Doppler-Ultraschall). Abschließend erinnerte Krüger daran, dass man sich z. B. beim Abbau eines Biologikums in eine – wenngleich von den Kassen „gewünscht“ – Off-labelTherapie begibt. Ein Therapieabbau, so Krüger, muss aber stets eine individuelle medizinische Entscheidung bleiben, bei der dem Patientenwohl weiter der Vorrang vor Kassenwünschen zu gewähren ist.
Komorbiditäten bei RA: Wer ist für was zuständig? Im Anschluss ging Krüger auf das Management von Komorbiditäten bei der RA ein. Für den Rheumatologen besonders wichtig sind kardiovaskuläre (CV) Komplikationen als wichtigster Treiber der Mortalität, die bei zunehmender Häufigkeit mit eine sehr ungünstigen Prognose verbundene interstitielle Lungenerkrankung (ILD), und schließlich die unbehandelt mit einem hohen Leidensdruck verbundene Depression, die ihrerseits Aktivitätsparameter bei der RA beeinflusst. Kardiovaskulär sind neben traditionellen Risikofaktoren (Rauchen, Hypertonie,
Dyslipidämie, Typ-2-Diabetes, Rauchen etc.) die entzündliche Krankheitsaktivität der RA und die hiergegen eingesetzten Medikation ins Kalkül zu ziehen. So ist für MTX, nicht Leflunomid oder Sulfasalazin, eine moderate, für Hydroxychloroquin und Biologika (v. a. TNFα-Hemmer) eine deutliche Risikoreduktion belegt, kritisch sind Glukokortikoide ( je nach Dosis und Dauer der Einnahme), offenbar weniger problematisch sind NSAR und speziell Celecoxib. Mit in die Zuständigkeit der Rheumatologen fällt auch ein Screening auf traditionelle Risikofaktoren: Anamnese (inkl. Rauchen, Familie), Blutzucker plus ggf. HbA1c sowie Lipidprofil (bei guter Krankheitskontrolle), Blutdruck, Medikation (v. a. Glukokortikoide) sowie bei Bedarf die SCOREBerechnung und Veranlassung eines Carotis-Ultraschalls. Laut Krüger ist hierfür – gerade mit Unterstützung von RFA – ein Zeitbedarf von nur fünf Minuten zu kalkulieren. Das Management dieser Risikofaktoren obliegt dem Hausarzt, der im Arztbrief explizit auf die Wichtigkeit entsprechender Maßnahmen gerade bei RA-Patienten hingewiesen werden sollte. Essenziell ist laut Krüger auch ein ILD-Screening auf verdächtige Klinik (Husten, Dyspnoe) und Hochrisikofaktoren einschließlich – bei Bedarf – Lungenfunktionsprüfung, Röntgen/ Thorax und ggf. HRCT. In puncto Depression sei vor allem wichtig, an diese Möglichkeit zu denken und – eventuell auch routinemäßig – ein einfaches Screening-Instrument wie z. B. den PHQ-9 zu nutzen. Auch hier können viele Aufgaben von RFA übernommen werden. Die Intervention ist dann wiederum Aufgabe des Haus- bzw. Facharztes, so Krüger. m Quelle: WIN-Session „Rheumatoide Arthritis“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
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PSORIASIS-ARTHRITIS UND AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Leitlinien-Updates und aktuelle Studiendaten Bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) haben Rheumatologen auch jenseits der TNFα-Inhibitoren mit dem PDE-4-Inhibitor Apremilast, IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab, IL-17A-Inhibitor Secukinumab und nun auch Abatacept eine immer größere Auswahl an Therapieoptionen – weitere Biologika wie Ixekizumab (IL-17A), Guselkumab (IL-23) und JAK-Inhibitoren werden bald bzw. könnten folgen. Einen Überblick im Lichte der EULAR- und GRAPPA-Leitlinien gab Prof. Dr. Laura Coates, Oxford (Großbritannien). Bei der axialen Spondyloarthritis (axSpA) hat sich neben NSAR und TNFα-Blockern auch Secukinumab bereits als feste Größe etabliert, ablesbar an der ASAS/EULAR-Leitlinie zur axialen SpA, die Prof. Dr. Denis Poddubnyy, Berlin, beleuchtete.
Einen guten Leitfaden für das Therapiemanagement bei PsA bieten sowohl die aktuellen EULAR- als auch GRAPPA-Empfehlungen, wobei letztere stärker an den dominierenden Manifestationen ausgerichtet sind, was angesichts des unterschiedlichen Wirkprofils der verfügbaren Therapien auch sinnvoll erscheint (Nat Rev Rheumatol. 2016; 12(12):743-750), berichtete Coates. Wichtig sei vor allem die konsequente Erfassung der Krankheitsaktivität, wofür sich trotz des recht hohen Aufwands der Minimal Disease Activity Index (MDA) eigne – erfasst werden darin HAQ, Schmerz/PGA VAS, TJC/SJC, Haut (PASI oder BSA) und Enthesitis (LEI).
kinumab höher als unter Anti-TNF-Therapien ist. Gemäß der ECLIPSA-Studie weist der IL-12/23-Hemmer offenbar auch bei Enthesitis Vorteile auf mit einer kompletten Resolution (LEI=0) bei 71 vs. 38 % der Patienten unter TNFα-Inhibitoren. Ein weiterer Faktor ist naturgemäß das PASI-Ansprechen, wo an IL12/23 und vor allem IL-17 ansetzende Antikörper gerade bei schwerer Psoriasis überzeugen. Nicht zuletzt muss auch die Verträglichkeit ins Kalkül gezogen werden.
Darauf aufbauend könne eine praxisnahe Treat-to-target (T2T)Strategie mit dem Ziel Remission bzw. MDA die Therapieergebnisse deutlich verbessern, wie beispielhaft die T2T-Studie TICOPA gezeigt hat. Zu Therapiebeginn ein wichtiger Baustein ist nach ihren Worten Methotrexat (MTX), vor allem in höherer Dosierung und bei Polyarthritis. Im ACR20/50-Ansprechen seien (meist in Woche 24 erfasst) im indirekten Studienvergleich unter den TNFα-Inhibitoren und zu Secukinumab (sowie Ixekizumab) eher marginale Differenzen erkennbar, Apremilast und das seit Kurzem zugelassene Abatacept scheinen hier leicht, Ustekinumab geringfügig abzufallen. Zu erwägen sind bei der Therapiewahl aber auch noch andere Faktoren, so etwa das Drug Survival, das bei relevantem Hautbefall unter Uste-
Für das nach positiven Phase-III-Daten nunmehr verfügbare Abatacept ist eine moderate Effektivität auf die Gelenke (ACR20-Ansprechen ca. 35-45 %; Abb.) festgestellt worden (Ann Rheum Dis 2017; 76(9): 1550-1558). Keine Option angesichts eines PASI50-Ansprechens von wenig mehr als 25 % und auch nicht indiziert ist es bei Patienten mit stärkerem Hautbefall. In Kürze folgen dürfte der zweite IL-17A-Inhibitor Ixekizumab, der in Phase-III-Studien indirekt eine mit Secukinumab mindestens vergleichbare Wirksamkeit auf Gelenke (ACR20/50/70 bis zu 62/46/34 %), Haut (PASI75 bis zu 80 %) und weitere PsA-Manifestationen mit Ausnahme der Daktylitis zeigte. Recht vielversprechend vor allem in puncto PASI-Ansprechen sind auch die bisherigen Phase-II-Daten zu dem selektiven IL-23-Hemmer Guselkumab, führte Coates weiter aus.
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Placebo Abatacept
Patienten (%)
40 30 20 10 0
ACR20
ACR20 TNF-naiv
ACR20 HAQPASI50 TNF-erf. Ansprechen
Abb.: ACR20-, HAQ- und PASI50-Ansprechen auf Abatacept in Phase-III-Studie
PsA: Neue Therapiekandidaten auf gutem Weg
Dass in dieser Indikation die IL-23/IL-17-Achse derzeit besonders spannend ist, verdeutlicht auch die Testung des dualen Anti-TNFα/IL-17-Antikörpers ABT-122. In höherer Dosierung erwies sich dieser in Phase-II Adalimumab vor allem im ACR50/70-Ansprechen numerisch überlegen, ebenso auch im PASI75-, aber nicht PASI90-Ansprechen. So betrug z. B. das ACR20/50/70-Ansprechen jeweils über 70, 50 bzw. 30 %. Eine Weiterentwicklung von ABT-122 ist aber trotz dieser überzeugenden Resultate offenbar nicht geplant. Ebenfalls ein interessanter Therapiekandidat ist mit Tofacitinib ein oraler JAK-Inhibitor, der bereits in zwei Phase-III-Studien erfolgreich geprüft wurde, erläuterte Coates. Das ACR20/50-Ansprechen belief sich auf ca. 60 bzw. 40 %, das PASI75-Ansprechen auf knapp 45 %. Künftig wird somit bei noch breiterem Therapieangebot der genauen Evaluation der im Vordergrund stehenden Krankheitsmanifestation (z. B. Gelenke, Haut und/oder Enthe-
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sitis) eine noch größere Rolle für die Auswahl der individuell am besten geeigneten Therapie zukommen.
Axiale SpA: ASAS/EULAR-Leitlinie und T2T-Update Bei allen Patienten mit axialer SpA sollte gemäß den in diesem Jahr aktualisierten T2T-Empfehlungen für axiale und periphere SpA einschließlich der PsA (Ann Rheum Dis 2017; doi: 10.1136/ annrheumdis-2017-211734) und auch dem im Jahr 2016 vorgelegten Update der ASAS/EULAR-Leitlinie (Ann Rheum Dis 2017; 76(6): 978-991), die Remission das Hauptziel der Therapie sein, verdeutlichte im Anschluss Prof. Poddubnyy. Neu ist in letzterer vor allem, dass nunmehr das gesamte Spektrum der SpA abgedeckt wird. Zusätzlich wird im Einklang mit dem T2T-Update dem ASDAS eine größere Rolle als Hauptinstrument für das Monitoring der Krankheitsaktivität zugebilligt. Dies auch völlig zu Recht, betonte Poddubnyy unter Verweis auf Erkenntnisse aus der deutschen GESPIC-Kohorte und aktuellen Daten einer prospektiven SpA-Kohorte vom EULAR 2017. So ist klar gezeigt worden, dass das Fortscheiten der Röntgenprogression eng mit dem ASDAS korreliert ist. Bei einem ASDAS <1,3, also inaktiver Erkrankung, zeigte sich – bei allerdings kleiner Fallzahl – keine Bildung neuer Syndesmophyten. Bestätigt wird dies durch die zweite Studie, in der das Erreichen oder Nicht-Erreichen eines ASDAS <1,3 bzw. <2,1 (moderate Erkrankung) signifikant mit der Wahrscheinlichkeit einer Progression im mSASS assoziiert war. Unverändert stellen NSAR den Eckpfeiler der Behandlung dar. Auch mit diesen können bei frühzeitigem Einsatz und ausreichend hoher Dosierung bis zu ein Drittel der Patienten eine Remission erreichen, so Poddubnyy. Unklar ist aber noch, ob NSAR die röntgenologische Progression bei axialer SpA verlangsamen können. Mindestens zwei NSAR sollen über vier Wochen gegeben werden, bevor auf ein bDMARD eskaliert werden kann. csDMARDs wie Sulfasalazin (SSZ) oder MTX
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werden bei axialer Beteiligung nicht empfohlen, jedoch können SSZ oder lokale Steroide bei peripherer Arthritis versucht werden. Von einer langfristigen Gabe systemischer Steroide wird abgeraten, kurzfristig können diese aber im Schub bzw. als Bridging-Therapie eingesetzt werden. Bei Versagen dieser First-line-Therapien kann der Einsatz von bDMARDs erwogen werden. Voraussetzung hierfür ist laut Poddubnyy die von einem Rheumatologen gestellte Diagnose axiale SpA, der Nachweis einer aktuellen oder früheren Entzündung (erhöhtes CRP oder aktive Entzündung im MRT oder röntgenologische Sakroiliitis), eine Ineffektivität der First-line-Therapien, eine hohe Krankheitsaktivität (gemäß ASDAS ≥2,1 oder BASDAI ≥4) und die Befürwortung durch einen Rheumatologen. Eine Fortsetzung der bDMARD-Therapie nach ≥12 Wochen sollte in Betracht gezogen werden im Fall einer ASDAS- oder BASDAIVerbesserung um ≥1,1 bzw. ≥2,0 und Befürwortung durch einen Rheumatologen. Auf Stufe der bDMARDs erfolgt – jedoch mit Einschränkung – eine faktische Gleichstellung von TNFα-Inhibitoren und dem IL-17A-Inhibitor Secukinumab. So werden („gegenwärtige Praxis“) primär TNFα-Inhibitoren empfohlen, nach Versagen eines ersten TNFα-Blockers kann entweder auf eine zweite AntiTNF-Therapie oder Secukinumab – Zulassung derzeit jedoch nur bei ankylosierender Spondylitis (AS), zur nicht-röntgenologischer (nr)-axSpA läuft eine Phase-III-Studie – eingestellt werden. Im direkten Biologika-Vergleich ist von einer nach 24 Wochen bei TNF-naiven AS-Patienten ähnlichen Effektivität im ASAS40-Ansprechen von Secukinumab ( je nach Dosis ca. 4555 %) und TNFα-Inhibitoren (39-48 %) auszugehen, führte Poddubnyy weiter aus. Ein potenzieller Vorteil von Secukinumab könnte sich in puncto Hemmung der röntgenologischen Progression abzeichnen – hier bleiben jedoch die Daten einer direkten Vergleichsstudie mit dem TNFα-Inhibitor Adalimumab abzuwarten. Auch die Verträglichkeit sollte hier bei der Therapiewahl berücksichtigt werden. m Quelle: WIN-Session „Year in Review für SpA/PsA“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT ONKOLOGIE
Diagnostische Fallstricke und neue Entwicklungen Die Verbindung von Rheumatologie und Onkologie bzw. Hämatologie wird immer enger: Nicht nur sollten Rheumatologen bei atypischer Symptomatik stets auch eine Tumorerkrankung im Blick haben. Auch entwickeln nicht selten onkologische Patienten unter einer Immuntherapie rheumatologische Symptome, die einer spezifischen Therapie mit csDMARDs und teils auch Biologika bedürfen. Mit der Erprobung der CAR-T-Zell-Therapie, die einen Zytokinsturm auslösen kann, hält nunmehr auch der IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab Einzug in das immun-onkologische Therapiemanagement.
Laut Prof. Dr. Martin Fleck, Bad Abbach, ist mit Paraneoplasien als indirekten Anzeichen einer Tumorerkrankung in jedem Organ zu rechnen, am häufigsten betroffen sind jedoch Knochen, Gelenke, Gefäße oder Muskeln. Nach seinen Angaben entwickeln ca. 7-10 % der Tumorpatienten ein paraneoplastisches Syndrom. Liegt ein solches vor, lässt sich meistens innerhalb von zwei Jahren eine Tumorerkrankung nachweisen. Als Leitfaden empfahl Fleck, auf atypische Symptome, ein nicht zur Diagnose passendes Erkrankungsalter, fehlende oder atypische immunologische Befunde, ein schlechtes oder ganz ausbleibendes Ansprechen auf die Therapie oder vorbestehende Hinweise auf eine Malignität zu achten. In solchen Fällen sollte eine systematische Tumorsuche veranlasst werden, aber auch generell erachtet Fleck vor Beginn einer antirheumatischen Therapie ein kleines Tumorscreening mit Röntgen und Sonografie als durchaus sinnvoll.
Häufige Paraneoplasien in der Übersicht Recht häufig sind paraneoplastische Arthropathien, vor allem die paraneoplastische Oligo- oder Polyarthritis. Oft präsentieren sich diese atypisch, seronegativ (RF-/ACPA-) und mit schlechtem Ansprechen auf NSAR und Steroide. Weitere mögliche paraneoplastische Arthropathien sind das RS3PESyndrom, Gichtarthritis, palmare Fasziitis, Polychondritis und
hypertrophe Osteoarthropathie (HOA). Gerade bei letzterer ist eine gründliche Tumorsuche angezeigt. Zugrunde liegen einer HOA meist pulmonale oder intrathorakale Malignome. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen auch Myopathien, und zwar vor allem die Poly- und Dermatomyositis (PM/DM), bei denen ein Tumorscreening obligatorisch ist, aber auch die nekrotisierende Myopathie, das Lambert-Eaton-Syndrom oder die atypische Polymyalgia rheumatica. Etwa 15 bzw. 30 % der Patienten mit PM oder DM weisen eine Tumorerkrankung auf, so Fleck. Bei vorliegender Paraneoplasie sind in der Regel nicht die typischen Myositis-Autoantikörper wie Jo-1, PM-Scl, U1RNP, U3-RNP oder Ku nachweisbar, dafür sehr häufig tumorspezifische Antikörper wie Anti-Mi2 und Anti-TIF1. Auch Vaskulitiden und bestimmte Hautmanifestationen können als Paraneoplasien auftreten, so etwa die kryoglobulinämische oder leukozytoklastische Vaskulitis, Polyarteriitis nodosa, Erythema nodosum, eosinophile Fasziitis, multizentrische Retikulohistiozytose, Erythromelalgia oder systemische Sklerose. Dies jedoch eher selten: Nur 1 % der Tumorpatienten entwickeln eine Vaskulitis. An einen zugrundeliegenden Tumor ist z. B. auch bei Sjögren-Syndrom, Kälte-Agglutininerkrankung, Raynaud-Syndrom, Antiphospholipid-Syndrom, chronischem regionalen Schmerzsyndrom (CRPS), tumorinduzierter Osteomalazie und Amyloidose zu denken.
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Atypische rheumatische Symptome müssen jedoch nicht zwingend auf eine Paraneoplasie zurückgehen, sondern können auch durch die direkte Invasion von Tumorzellen in Gelenke und Gewebe verursacht werden. Zu rechnen ist damit vor allem bei Leukämien, Lymphomen, ossären Filiae, metastatisch karzinomatärer Arthritis und Sarkomen.
Rheumatologische Symptome unter Immuntherapien Wenngleich insgesamt selten, so werden doch zunehmend auch onkologische Patienten unter einer Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren bei einem Rheumatologen vorstellig werden, berichtete Prof. Dr. Michael von Bergwelt, Köln. Das Therapieprinzip setzt sich immer stärker durch, sei es in Form an CTL4 (cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4) ansetzender Antikörper wie Ipilimumab und Tremelimumab oder an PD-1 (programmed cell death protein 1) bzw. PD-L1 angreifender Antikörper wie etwa Pembrolizumab, Nivolumab, Atezolizumab, Durvalumab oder Avelumab.
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hoch dosiert werden müssen und ihrerseits mit Komplikationen assoziiert sind. In schweren Fällen werden neben Methotrexat (MTX) häufig TNFα-Inhibitoren und mittlerweile auch Tocilizumab eingesetzt. Da die TNFα-Blockade gerade bei längerer Exposition zumindest im Tiermodell die Antitumor-Effektivität von Checkpoint-Inhibitoren negativ zu beeinflussen scheint, wird an dieser Stelle vermehrt die IL-6-Inhibition getestet. Dies macht auch pathophysiologisch Sinn, da die entzündliche Arthritis unter Immuntherapie vor allem Th17-vermittelt zu sein scheint. Dem könnte die IL-6-Hemmung potenziell entgegenwirken, ohne die Effektivität der Antitumor-Therapie herabzusetzen (Ann Rheum Dis 2017; 76(1): 43-50). Gute Erfahrungen mit Tocilizumab aus einer allerdings sehr kleinen Fallserie wurden erst kürzlich publiziert (Ann Rheum Dis 2017; doi: 10.1136/ annrheumdis-2017-211560). Für valide Aussagen ist es jedoch noch zu früh, hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf.
CAR-T-Zell-Therapie: Tocilizumab bei CRS
Nicht selten auch in Kombination eingesetzt, ist mit dieser Therapieform neben einer generell hohen Toxizität (häufig Grad 3/4) auch ein hohes Risiko für induzierte Autoimmunität verbunden. Zu den typischen Immun-bezogenen unerwünschten Ereignissen (irUE) zählen Hautreaktionen, Diarrhö und Colitis, Pneumonitis, Thyreoditis und Hypophysitis mit teils schwerer bis hin zu lebensbedrohlicher Ausprägung. Erst mit der verbreiteten Anwendung dieser Antikörper rücken verstärkt rheumatologische Erkrankungen in den Fokus, so von Bergwelt. Häufige Manifestationen sind offenbar neben inflammatorischer Arthritis u. a. das Sicca-Syndrom, Polymyalgia rheumatica und Myositis (RMD Open 2017; 3(1):e000412).
Bereits etabliert hat sich die IL-6-Inhibition mit Tocilizumab im Rahmen der seit Kurzem von der FDA zugelassenen, äußerst kostspieligen, aber in einer Reihe von Fällen mit sehr gutem Erfolg bei B-Zell-getriebenen hämatologischen Malignitäten eingesetzten CAR (Chimeric Antigen Receptor)-T-Zelltherapie, bei der Patienten mit im Labor gentechnisch modifizierten TZellen behandelt werden. Natürlich ist auch diese, aufgrund ihrer Kosten wohl vorrangig als ultima ratio zu betrachtende Therapie mit gravierenden Nebenwirkungen assoziiert, so auch dem „Cytokine Release Syndrome“ (CRS). Nach positiven Erfahrungen mit Tocilizumab im Management des CRS, ist dieses laut von Bergwelt für solche Fälle als Therapieoption gesetzt und entsprechend hierfür von der US-Behörde zugelassen worden. m
Wie bei den zuvor aufgeführten irUE stehen auch beim Management der rheumatologischen Beschwerden Steroide im Vordergrund, die jedoch offenbar in diesen Fällen besonders
Quelle: Symposium „Rheumatische Symptome in der Onkologie“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 7. September 2017
DGRh 2017: Arthralgien unter Checkpoint-Inhibitoren Auf dem DGRh-Kongress in diesem Kontext vorgestellt wurde einerseits von Lisa Christ, München, eine prospektive Studie zu Patienten mit de-novo-Arthralgien unter Checkpoint-Inhibitoren und andererseits von Kristina Buder-Bakhaya, DKFZ Heidelberg, eine Auswertung zu Arthritis-Patienten unter einer Therapie speziell mit PD-1-Inhibitoren.
In der letztegenannten Analyse zu 193 Patienten mit metastasierten kutanen Malignomen entwickelten 13,5 % nach im Mittel 100 Tagen – vor allem unter einer Kombination von PD1-Hemmern (Nivolumab, Ipilimumab) eine Arthralgie, in 42,3 % der Fälle eine Polyarthritis. In der Regel (70 %) war eine NSARTherapie ausreichend, ansonsten waren zusätzlich niedrig dosierte Steroide effektiv, in einem Fall (Polyarthritis) bedurfte es einer csDMARD-Therapie bzw. höher dosierten Steroidgabe (DGRh 2017; Abstr. VS.05). Eine intensivere Therapie, aber
keine Biologika, benötigten die neun in Münchner RheumaZentren prospektiv erfassten Patienten ( je drei mit Mono- und Oligo-, zwei mit Polyarthritis, eine PMR-artige Erkrankung) unter Checkpoint-Inhibitoren. Während bei jenen Patienten mit Monoarthritis lokale Steroidinjektionen ausreichend Linderung verschafften, führte bei Oligo- und Polyarthritis das Ausschleichen systemischer Steroide oftmals zu einem Schub, der den Einsatz von MTX erforderte, das eine effektive Steroideinsparung erlaubte (DGRh 2017; Abstr. VS.04). m
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SELTENE AUTOINFLAMMATORISCHE ERKRANKUNGEN
Therapieempfehlungen der PRO-KINDKommission für periodische Fiebersyndrome Bei den autoinflammatorischen Syndromen (AID) handelt es sich um sehr seltene genetische Erkrankungen, die durch periodische Fieberschübe, oft in Kombination mit zusätzlichen Organmanifestationen, charakterisiert sind. In Anbetracht des Mangels an evidenzbasierten Leitlinien rief die GKJR die Kommission PRO-KIND (Projekte zur Klassifikation, Überwachung und Therapie in der Kinderrheumatologie) ins Leben. Über deren Empfehlungen zum Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndrom (CAPS), TNFRezeptor assoziierten Syndrom (TRAPS), Hyper-IgD-Syndrom (HIDS) sowie jene der EULAR zur häufigsten AID, dem familiärem Mittelmeerfieber (FMF), berichteten Prof. Dr. Jasmin B. Kümmerle-Deschner, Tübingen, und Dr. Tilmann Kallinich, Berlin.
Die Problematik beginnt bereits mit der Diagnosestellung: Lediglich für FMF und seit Mitte 2017 auch CAPS (Ann Rheum Dis 2017; 76(6): 942-974) liegen „echte“ Diagnosekriterien vor, in allen anderen Fällen „nur“ Klassifikationskriterien vor, die jedoch für alle AID erst im März diesen Jahres von einer internationalen Expertengruppe aktualisiert wurden und im nächsten Jahr zur Publikation anstehen, berichtete einleitend Prof. KümmerleDeschner. Grundpfeiler der Diagnose bei AID sind nach ihren Worten einerseits die Anamnese/Familienanamnese, die Beurteilung der Krankheitsaktivität anhand eines Fieber-/Beschwerdetagebuchs (Auto-Inflammatory Diseases Activity Index, AIDAI; bzw. VAS Patient), die körperliche Untersuchung (VAS Arzt), Laboruntersuchungen (v. a. CRP, SAA) und andererseits eine zielgerichtete Diagnostik, so z. B. HNO/Audiogramme bei CAPS, die augenärztliche Untersuchung, die Liquorpunktion und MRT des ZNS bei neurologischer Symptomatik sowie natürlich die genetische Diagnostik. Aufsetzend auf den SHARE-Empfehlungen zum AID-Management (Ann Rheum Dis 2015; 74(9): 1636-1644) stellte die Initiative PRO-KIND ihren spezifischen Empfehlungen zunächst eine Reihe allgemeiner Prinzipien voran. So ist das Ziel der Therapie die frühe und schnelle Kontrolle der Krankheitsaktivität, die Verhinderung krankheits- und behandlungsbedingter
Folgeschäden, die Ermöglichung der Teilnahme am täglichen Leben sowie die Verbesserung der Lebensqualität.
Therapieprotokolle für CAPS, TRAPS und HIDS Das komplexe Management von AID-Patienten sollte idealerweise durch ein interdisziplinäres Team (pädiatrische/internistische Rheumatologen, Ophthalmologen, HNO-Ärzte, Nephrologen sowie Physio- und ggf. Ergotherapeuten) in einem spezialisierten Zentrum mit Zugang zu genetischer Diagnostik erfolgen. Patienten und deren Familie sollten in alle Therapieentscheidungen einbezogen und aufgrund des großen Einflusses dieser Erkrankungen auf alle Aspekte des Lebens psychosoziale Versorgungsstrukturen geschaffen werden. In puncto Monitoring wird bei CAPS, TRAPS und HIDS eine regelmäßige Kontrolle der Krankheitsaktivität im Idealfall mittels AIDAI gefordert, wobei sich die Frequenz an der Krankheitsschwere orientieren sollte. Das Therapieziel vollständige Remission sollte mittels einer Treat-to-target (T2T)-Strategie mit konsequenter Dosisanpassung verfolgt werden. Für die Therapie von CAPS-Patienten sind die drei IL-1-Inhibitoren Anakinra (ab ≥8 Monate, ≥10 kgKG), Canakinumab (ab 2 Jahre, ≥7,5 kgKG) und Rilonacept verfügbar, wobei in Deutschland nur Anakinra und Canakinumab zugelassen sind.
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Im Falle von TRAPS geht es um ein möglichst rasches Unterbinden der Krankheitsaktivität, um die Gefahr einer sich entwickelnden AA-Amyloidose zu bannen. Um die Inflammation zu stoppen, kann die kurzzeitige Gabe von Glukokortikoiden mit oder ohne NSAR sinnvoll sein, von einer längeren Steroidtherapie wird aufgrund des Nebenwirkungspotenzials hingegen abgeraten. Empfohlen wird bei TRAPS-Patienten mit häufigen Schüben bzw. persistierender klinischer Entzündung eine Erhaltungstherapie mit IL-1-Inhibitoren oder – in zweiter Linie – Etanercept (dessen Wirkung aber häufig nachlässt). Zu beachten ist, dass sowohl Etanercept als auch Anakinra keine Zulassung für TRAPS haben. Die beste Evidenz liegt hier eindeutig für Canakinumab vor, das infolge der positiven Ergebnisse der Phase-III-Studie CLUSTER nunmehr auch für die Therapie von TRAPS (und ebenso HIDS und FMF) zugelassen wurde. In dieser Studie wurden unter Canakinumab – vor allem nach Eskalation auf die höhere Dosierung von 300 mg s.c. alle 4 Wochen – nach 16 Wochen hohe Ansprechraten von 73 % erreicht (Abb.). Auch im weiteren Verlauf bis Woche 40 wurde unter einer Erhaltungsdosis von 150 mg s.c. Canakinumab bei mehr als 50 % der TRAPS-Patienten eine gute Krankheitskontrolle ohne Schübe aufrechterhalten, so Kümmerle-Deschner. Besonders schwierig gestaltet sich die Behandlung von HIDSPatienten. Auch hier kann die kurzzeitige Gabe von Glukokortikoiden mit oder ohne NSAR wirkungsvoll sein, um rasch die Inflammation zu beenden. Ebenso gilt dies für den kurzfristigen Einsatz von IL-1-Blockern, der in Betracht gezogen werden sollte, um steroidbedingte Nebenwirkungen zu limitieren. Bei häufigen Krankheitsschüben oder andauernder subklinischer Entzündungsaktivität sollte eine Therapie mit IL-1-Inhibitoren oder TNFα-Blockern (Etanercept, ggf. auch Adalimumab, beide off-label) durchgeführt werden – auch hier mit dem zweiten Ziel der Steroideinsparung. Einen klaren Vorrang billigt die PRO-KIND-Kommission dabei erneut Canakinumab zu, das im Gegensatz zu Anakinra auch in dieser Indikation zugelassen ist. Nach den Daten aus der CLUSTER-Studie ist jedoch im Vergleich zu TRAPS oder FMF mit einem etwas geringeren Ansprechen zu rechnen, auch in der Erhaltungstherapie ist hier oft eine höhere Dosierung gefragt. Möglich ist auch ein Off-label-Switch auf eine Anti-TNF-Therapie oder IL-6-Hemmer, als ultima ratio kann bei schwerem Krankheitsverlauf und geringer Lebensqualität auch eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) indiziert sein.
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EULAR-Empfehlungen zum FMF beachten Auf das im Vergleich zu den anderen AID relativ häufige FMF ging Dr. Kallinich ein. Für das FMF liegen seitens der EULAR relativ aktuelle Empfehlungen zu dessen Management vor (Ann Rheum Dis 2016; 75(4): 644-651). Auch hier liegt das Therapieziel in der vollständigen Vermeidung von Anfällen sowie der subklinischen Krankheitsaktivität zwischen diesen. Eine Behandlung mit dem oftmals effektiven Goldstandard Colchicin sollte möglichst früh initiiert werden. Patienten, die unter der maximal tolerierten Colchicin-Dosis über 6 Monate ein oder mehr Schübe pro Monat erleiden, sind als Non-Responder einzustufen. In diesen Fällen oder bei Intolerabilität einer geringeren Anfallsfrequenz und persistierender signifikanter Inflammation sowie bei Colchicin-Unverträglichkeit sind Biologika indiziert. Primär empfohlen werden auch zur Vermeidung einer AA-Amyloidose oder bei deren Auftreten (in der Regel kombiniert mit Colchicin) IL-1-Inhibitoren oder – gerade bei chronischer Arthritis – off-label TNFα-Inhibitoren wie Etanercept, mit dem positive Erfahrungen in einer Fallserie gemacht wurden. Die beste Evidenz besteht jedoch für die IL-1-Blockade, so etwa aus zwei kleineren Studien zu Rilonacept und Anakinra. Für letzteres wird derzeit eine Zulassung für Colchicin-resistentes FMF angestrebt. Diese schon erhalten – basierend wiederum auf der CLUSTER-Studie – hat Canakinumab, mit dem in Woche 16 ( je nach Dosis, 150 oder bis zu 300 mg s.c. alle 4 Wochen) 61 bzw. 71 % der Patienten den primären Endpunkt aus Auflösen des Indexschubs und keinem neuen Schub erreicht hatten gegenüber 6 % unter Placebo. Generell sollten der Therapieerfolg, die Medikamententoxizität und Compliance alle 6 Monate überprüft werden, so abschließend Kallinich. m Quelle: Plenarsitzung „Autoinflammation“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 7. September 2017
PBO CAN (150 mg q4w) CAN (bis zu 300 mg q4w)
80
73
71
70 61
60 Patienten (%)
Laut Kümmerle-Deschner wird seitens der PRO-KIND-Kommission die IL-1-Hemmung für alle CAPS-Formen in jedem Alter empfohlen. Um Organschäden zu verhindern, sollte bei Patienten mit relevanter Krankheitsaktivität eine Langzeit-IL1-Hemmung so früh wie möglich begonnen werden. Sinnvoll ist dabei stets bei Nicht-Erreichen einer Remission eine Dosiseskalation gemäß einem T2T-Protokoll mit der im klinischen Alltag im Fall von Canakinumab Remissionsraten von bis zu 94 % erzielt wurden. NSAR oder Glukokortikoide können mitunter als symptomatische Add-on-Therapie effektiv sein, für andere DMARDs oder Biologika ist hingegen kein Nutzen belegt.
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6
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FMF p<0,0001
HIDS/MKD p<0,0001
8 TRAPS p<0,0001
Abb.: Überlegenes Ansprechen von Patienten mit FMF, HIDS und TRAPS auf Canakinumab (CAN) vs. Placebo (PBO) in Woche 16
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JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS
Immer wichtigere Rolle von Biologika Jenseits des intensiv diskutierten Dauerbrenners Transition standen in einer Session zur pädiatrischen Rheumatologie die Klassifikation, das Outcome und die Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) im Fokus. Bei der Behandlung der JIA einschließlich derer Unterformen, aber auch der systemischen JIA, spielen Biologika eine immer größere Rolle. Einen Überblick über aktuelle Therapiekonzepte, deren Möglichkeiten und den Zulassungsstatus der sich ständig erweiternden biologischen Behandlungsoptionen gab Prof. Dr. Gerd Horneff, Sankt Augustin.
Wie Horneff weiter ausführte, stehen auch für andere JIAUnterformen mittlerweile mehrere zugelassene Biologika zur Verfügung, so etwa Etanercept bei Enthesitis-assoziierter JIA (ERA) und Psoriasis-Arthritis (PsA) ab 12 und erweiterter Oligoarthritis (eoJIA) ab zwei Jahren, sowie Adalimumab bei ERA ab 6 Jahren und – wie kurz nach dem DGRh-Kongress bekannt wurde – basierend auf der SYCAMORE-Studie bei Uveitis-assoziierter JIA ab einem Alter von zwei Jahren. Für die sJIA sind sowohl Canakinumab als auch Tocilizumab ab einem Alter von zwei Jahren verfügbar.
Effektive Therapien früher einsetzen Zur möglichst frühzeitigen Kontrolle der Entzündungsprozesse und der klinischen Symptome sowie der Verbesserung der langfristigen Prognose kommt einer Therapiestandardisierung mit der konsequenteren Implementierung der in Leitlinien ausgesprochenen Empfehlungen in der klinischen Praxis eine entscheidende Rolle zu, betonte Horneff und verwies auf die entsprechenden Anstrengungen der Kommission PRO-KIND, einer Initiative der Gesellschaft für Kinder und Jugendrheumatologie (GKJR), die inzwischen – nicht nur bei der pJIA – recht weit gediehen sind. Insbesondere eine frühe Diagnose – in der deutschen Inzeptionskohorte ICON vergingen (nur noch) drei Monate bis zur JIA-Diagnose – und nachfolgend rasche Krankheitskontrolle binnen 12 Monaten ist für die langfristige Prognose essenziell. Laut Horneff sind hier vor allem außerhalb spezialisierter Zentren gerade in puncto eines oft zu späten Einsatzes von Biologika durchaus noch Defizite zu verzeichnen. In Analogie z. B. zur rheumatoiden Arthritis (RA) bedarf es auch bei der pJIA einer konsequenten „Treat-to-target“ (T2T)-Strategie mit standardisierter Bestimmung der Krankheitsaktivität mit dem
JADAS alle drei Monate mit dem Ziel einer JADAS-Remission ≤1,0 bis Monat 12. Eine Sonderstellung nimmt aufgrund des schlechten Ansprechens auf MTX, andere csDMARDs und auch TNFα-Inhibitoren die sJIA ein. Da gerade hier auch der Einsatz von Glukokortikoide sehr limitiert ist, sind frühzeitig IL-6- oder IL-1-Inhibitoren angezeigt, wobei pathogenetisch begründet letzteren als biologische Ersttherapie inzwischen ein Vorrang eingeräumt wird. Überdies ist Canakinumab jenseits der sJIA inzwischen auch bei adultem Morbus Still (AOSD) zugelassen. Um die auch mit insbesondere längerer Biologika-Exposition assoziierten Therapierisiken sowie letztlich auch die damit verbundenen Kosten zu reduzieren, wird ebenso wie bei der RA immer öfter ein zumindest schrittweiser Therapieabbau versucht. Nach Angaben Horneffs ist nach der Reduktion bzw. Beendigung einer zuvor erfolgreichen Biologika-Therapie mit Rezidivraten von ca. 60–70 % zu rechnen. Das Rückfallrisiko ist dabei stark abhängig von der JIA-Unterform, Seropositivität (z. B. RF, ANA), Krankheitsdauer sowie der Dauer einer Remission unter Therapie sowie der Zeitdauer, bis zu der sich eine Remission einstellt. Bei einem langsamen und nur partiellen Abbau der Biologika-Therapie kann das Rezidivisiko gesenkt werden, ein vollständiger Therapieabbau ist hingegen nicht empfehlenswert. m
Das Therapiespektrum bei JIA wird künftig noch breiter werden. Zu rechnen ist laut Horneff einerseits mit der Zulassung weiterer Biologika, so etwa von IL-6-Inhibitoren wie Sarilumab, IL-17-Hemmern wie Secukinumab, oder biosimilarer TNFα-Hemmer (derzeit sind diese bei JIA überwiegend noch nicht zugelassen), sowie andererseits von oralen JAK-Inhibitoren wie Baricitinib und Tofacitinib. Entsprechende klinische Studien zu diesen Substanzen laufen derzeit.
AUSBLICK
Für die Therapie der polyartikulären JIA (pJIA) ab einem Alter von zwei Jahren zugelassene Biologika sind neben Etanercept, Adalimumab und Tocilizumab seit 2016 auch Golimumab, das derzeit aber noch „in-label“ erst ab einem Körpergewicht >40 kg eingesetzt werden kann. Ab einem Alter von sechs Jahren kann Abatacept bei pJIA nach Versagen eines TNFα-Hemmers verordnet werden. Sowohl der Einsatz von Golimumab als auch Abatacept ist laut Zulassung auf die Kombination mit Methotrexat (MTX) limitiert.
Quelle: WIN-Session „Juvenile idiopathische Arthritis – was gibt es Neues?“, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
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INDUSTRIE-BERICHT
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ANKYLOSIERENDE SPONDYLITIS
Hohes ASAS40-Ansprechen auf Secukinumab nach drei Jahren Auf dem DGRh-Kongress 2017 präsentierte Daten der MEASURE 2-Studie zeigen, dass die gute Wirksamkeit von Secukinumab bei Patienten mit aktiver Ankylosierender Spondylitis (AS) über einen Zeitraum von drei Jahren erhalten bleibt. Zwei-Jahres-Daten der MEASURE 2-Studie nähren zudem die Hoffnung, dass der IL-17A-Inhibitor in der Hemmung der radiologischen Progression womöglich Vorteile gegenüber TNFα-Hemmern bietet – eine direkte Vergleichsstudie hierzu ist auf dem Weg.
Die doppelblinde, placebokontrollierte, randomisierte Phase-III-Studie MEASURE 2 ist auf fünf Jahre angelegt und prüft die Wirkung der zugelassenen Dosis von 150 mg Secukinumab (Cosentyx®) gegenüber der 75 mg-Dosis des IL-17AInhibitors. Der primäre Endpunkt war das Erreichen eines ASAS20-Ansprechens in Woche 16. Die aktuellen Ergebnisse überblicken nun einen Zeitraum von drei Jahren. Zu diesem Zeitpunkt erreichten 70,1 bzw. 60,9 % der mit Secukinumab 150 mg s.c. behandelten Patienten ein ASAS20 bzw. 40-Ansprechen nach 156 Wochen. Besonders effektiv erwies sich Secukinumab 150 mg s.c. bei TNFα-naiven Patienten. Von diesen erreichten nach drei Jahren 72,9 und 64,4 % ein ASAS20bzw. 40-Ansprechen, berichtete Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München. Aber auch von den Patienten, die zuvor unzureichend auf TNFα-Hemmer angesprochen hatten, erreichten 64,3 bzw. 53,6 %
nach 36 Monaten ein ASAS 20- bzw. 40-Ansprechen. Bemerkenswert war in MEASURE 2 ebenso der hohe Anteil unter Secukinumab-Therapie verbliebener Patienten mit über 80 %.
Kaum röntgenologische Progression Ein weiteres Ziel der AS-Therapie ist die Verhinderung der fortschreitenden Verknöcherung, die zu einer Versteifung der Wirbelsäule und damit zu bleibenden Schäden führt. Denn oft schreitet diese trotz Behandlung mit NSAR oder TNFαspezifischen Biologika fort. Daher sehen die aktuellen ASAS/EULAR-Empfehlungen eine krankheitsmodifizierende Wirkung bei TNFα-Inhibitoren als bislang nicht belegt an. In der MEASURE 1-Studie konnte in einer verblindeten Auswertung anhand der Röntgenbilder der Wirbelsäule gezeigt werden, dass 97,1 % der Patienten, die zu Beginn der Therapie keine Syndesmophyten aufwiesen, diese
auch nach zwei Jahren nicht ausgebildet hatten (n=32). Ein ähnliches Bild zeigte sich selbst bei jenen 48 AS-Patienten, die bereits vor Therapiebeginn mit Secukinumab im Röntgenbild Syndesmophyten aufwiesen, also einem höheren Risiko zur Bildung neuer Syndesmophyten unterliegen: 72,5 % dieser Patienten bildeten keine weiteren Syndesmophyten aus. Laut PD Dr. Xenofon Baraliakos, Herne, soll jetzt in der randomisierten, aktiv kontrollierten Phase-IIIb-Studie SURPASS mit über 800 Biologika-naiven ASPatienten und NSAR-Versagen geprüft werden, ob Secukinumab im Hinblick auf das Fortschreiten der Röntgenprogression mit dem mSASSS als primären Endpunkt nach zwei Jahren besser abschneidet als Adalimumab. m Quelle: Satellitensymposium Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND IHRE KOMORBIDITÄTEN
Direkte Blockade von IL-6 rückt in den Fokus Einer der wichtigsten Entzündungsmediatoren bei der rheumatoiden Arthritis (RA) ist Interleukin-6 (IL-6). Es fördert sowohl die Gelenkdestruktion als auch systemische Manifestationen. Daher hat sich die IL-6-Blockade in den vergangenen Jahren als ein zentrales therapeutisches Target herauskristallisiert.
Die derzeit verfügbaren Anti-IL-6-Therapien richten sich gegen den IL-6-Rezeptor oder die IL-6-vermittelten Signalweiterleitung. Der neue humane, monoklonale Anti-IL-6-Antikörper Sirukumab hingegen binde selektiv und mit hoher Affinität an das proinflammatori-
sche Zytokin selbst, berichtete Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden. In den beiden randomisierten, placebokontrollierten Studien SIRROUND-D bei Patienten mit aktiver RA trotz Therapie mit csDMARDs und SIRROUND-T bei RA-Patienten, die gegenüber TNFα-Inhibitoren therapiere-
fraktär waren, zeigte die neue Substanz in einer Dosis von 50 und 100 mg alle 2 Wochen ein günstiges Wirksamkeitsund Sicherheitsprofil. Der Nutzen der IL-6-Blockade beschränke sich aber nicht nur auf das
INDUSTRIE-BERICHT
ACR20/50/70-Ansprechen und die Verringerung der radiologischen Progression, so Prof. Dr. Rieke Alten, Berlin. In der SIRROUND-D-Studie führte Sirukumab (50 und 100 mg alle 2 Wochen) zu einer gegenüber Placebo signifikanten Verbesserung der mit dem HAQ-DI gemessenen körperlichen Funktionsfähigkeit (-0,43 bzw. -0,46 vs. -0,22; p<0,001). Auch die Dauer der Morgensteifigkeit wurde verkürzt (für beide Dosierungen p≤0,0022 vs. Placebo). Diese Effekte gingen mit einer statistisch signifikanten und klinisch relevanten Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (im SF-36) einher (für beide Dosie-
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Wie die SIRROUND-T-Studie zeigte, können dabei auch Patienten mit Therapieversagen auf TNFα-Blocker in Bezug auf Lebensqualität, Morgensteifigkeit und Fatigue von Sirukumab profitieren. „Viele Patienten erreichten sogar wieder eine mit der Normalbevölkerung vergleichbare Lebensqualität“, hob Alten hervor.
Verbesserung von zwei relevanten Kernsymptome der Depression assoziiert ist, der depressiven Stimmung und der Anhedonie. Letzteres ist die Unfähigkeit, Freude zu empfinden. „Die neuen Studiendaten sprechen für eine mögliche IL6-Dysregulation auch im Rahmen einer Depression“, so Alten. Eine klinische Studie, die einen potenziellen antidepressiven Effekt von Sirukumab bei Patienten mit Depression direkt untersucht, ist bereits initiert. (aa) m
Eine neue Analyse der beiden Studien ergab, dass die periphere IL-6-Blockade mit Sirukumab mit einer signifikanten
Quelle: Satellitensymposium JanssenCilag GmbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
rungen p≤0,001 vs. Placebo) und einer Abnahme der mit dem FACIT-F erfassten Fatigue (p<0,001 vs. Placebo).
THERAPIE DER RHEUMATOIDEN ARTHRITIS
Baricitinib in der Praxis bereits gut angekommen Seit im Frühjahr die europäische Zulassung des JAK-Inhibitors Baricitinib erfolgte, steht eine neue wirksame Option zur Therapie der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) zur Verfügung, die sich mittlerweile in der rheumatologischen Praxis in Deutschland bereits gut etabliert hat. Bei Patienten mit ungenügendem Ansprechen auf Methotrexat (MTX) wurden für Baricitinib im ACR-Ansprechen aber auch einer Reihe patientenrelevanter Endpunkte Vorteile gegenüber dem TNFαInhibitor Adalimumab nachgewiesen.
Baricitinib (Olumiant®) wurde in einem Studienprogramm mit mehr als 3.000 RA-Patienten über das gesamte Behandlungsspektrum hinweg untersucht. „Die Studienergebnisse belegen einen schnellen Wirkeintritt und eine langanhaltende Wirksamkeit von Baricitinib für mindestens zwei Jahre“, berichtete Prof. Dr. Eugen Feist, Berlin.
Im Fokus: die RA-BEAM-Studie In einer dieser Studien – der 52-WochenStudie RA-BEAM mit 1.305 Patienten – zeigte Baricitinib im direkten Vergleich mit Adalimumab, jeweils in Kombination mit MTX, bei Patienten nach MTX-Versagen eine überlegene Wirksamkeit für den ACR20 und die mittlere Reduktion des DAS28-CRP, jeweils in Woche 12. Schon ab Woche 8 wurde mit Baricitinib plus MTX eine signifikant höhere ACR50-Ansprechrate erreicht als mit Adalimumab plus MTX. Auch an weiteren Zeitpunkten zeigte Baricitinib signifikant höhere
ACR20/50/70-Ansprechraten. „Aufgrund der guten Wirksamkeit und einfachen, 1x täglichen oralen Einnahme stellt Baricitinib in den Dosierungen 2 und 4 mg eine wertvolle Ergänzung in der Therapie der RA dar“, bilanzierte Feist. Als günstig hob er die gute Steuerbarkeit der Therapie hervor. Baricitinib könne man, falls nötig, rasch absetzen, aber auch schnell mit gutem Ansprechen wieder etablieren.
werden, ergänzte Prof. Dr. Frank Buttgereit, Berlin.
„Die bisherigen Therapieerfolge, die wir mit Baricitinib gesehen haben, sind zum Teil sehr positiv, zum Teil noch nicht zu beurteilen“, so Dr. Florian Schuch, Erlangen. RA-Patienten mit ihren verschiedenen Krankheitsbiografien sprechen teils sehr gut an, teils brauche es etwas Geduld, insbesondere wenn Patienten bereits therapierefraktär sind. Die Verträglichkeit sei im Alltag bisher gut. Die überzeugenden Daten der JAK-Inhibitoren haben bereits dazu geführt, dass sie im aktuellen Update der EULAR-Empfehlungen zur Therapie der RA als mögliche Alternative zu Biologika empfohlen
In der RA-BEAM-Studie bewerteten die Teilnehmer während der ersten 12 Wochen Dauer und Schwere der Morgensteifigkeit sowie die an dem Tag schlimmsten Schmerzen und die Müdigkeit. In allen Parametern waren die Ansprechraten von Baricitinib gegenüber Placebo signifikant besser, das zeigte sich auch gegenüber Adalimumab für einige Zeitpunkte. m
Positive Daten gibt es auch zu patientenrelevanten Endpunkten, erklärte Prof. Dr. Rieke Alten, Berlin: „Für Menschen mit RA sind Endpunkte wie Schmerz, Morgensteifigkeit und Fatigue von größter Bedeutung, da sie einen großen Einfluss auf ihre Lebensqualität haben.“
Quelle: Satellitensymposien der Lilly Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 7./8. September 2017
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INDUSTRIE-BERICHT
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Tofacitinib als Kombinations- und Monotherapie langfristig wirksam und verträglich Seit Mai 2017 können auch Patienten in Deutschland mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis (RA) von dem oralen JAK-Inhibitor Tofacitinib profitieren. Da Tofacitinib seit 2012 in den USA und weiteren Ländern zugelassen ist, liegen bereits umfangreiche Daten zur langfristigen Sicherheit und zur klinischen Wirksamkeit des JAK-Inhibitors vor, betonten Experten anlässlich eines Symposiums auf dem DGRh-Kongress 2017 in Stuttgart.
In Kombination mit Methotrexat (MTX) führt Tofacitinib zu ähnlichen Ansprechraten wie der TNFα-Inhibitor Adalimumab plus MTX (1), zeigt aber auch in Monotherapie eine gute Wirksamkeit. Tofacitinib wird in einer Dosierung von 2x täglich 5 mg in Kombination mit MTX bei Patienten eingesetzt, die auf ein oder mehrere csDMARDs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Bei MTX-Unverträglichkeit oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist, kann Tofacitinib auch als Monotherapie verordnet werden. (2)
Breite Wirksamkeit in sechs Phase-III-Studien nachgewiesen Die Möglichkeit des flexiblen Einsatzes von Tofacitinib (Xeljanz®) ist nach Ansicht von Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, ein Vorteil: „Nicht wenige Patienten haben Probleme mit der Verträglichkeit von MTX. Daher ist es wichtig, dass wir eine Substanz wie Tofacitinib haben, die sowohl in der Kombinationstherapie mit MTX als auch in der Monotherapie wirksam ist“, so der Experte. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Tofacitinib wurde im sechs Phase-III-Studien umfassenden Programm ORAL (ORAL Rheumatoid Arthritis Phase 3 TriaLs) sowohl als Monotherapie
50
Patienten (%)
40
46
44
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20 10
TofacitinibMonotherapie
Rasches klinisches Ansprechen, langfristig gute Wirksamkeit Patienten, die zuvor auf csDMARDs unzureichend angesprochen hatten, erreichten sowohl unter Tofacitinib-Monotherapie (ORAL Solo) als auch Kombinationstherapie (ORAL Sync) ein schnelles klinisches Ansprechen hinsichtlich HAQ-DI und Schmerz (gemäß VAS) binnen zwei Wochen. (9) Witte hob auch die Ergebnisse aus den Langzeitbeobachtungs (LTE)Studien hervor: Zwei offene LTE-Studien mit 4.967 Patienten erfassten für Tofacitinib als Monotherapie oder in Kombination mit MTX die Sicherheit und Verträglichkeit über bis zu 105 Monate und das klinische Ansprechen über bis zu 90 Monate. (10) Die mittlere bzw. maximale Therapiedauer betrug 1.215 respektive 3.182 Tage, was 16.711 Patientenjahren entspricht. In einer gepoolten Analyse aller Tofacitinib-Behandlungsarme der LTE-Studien konnte das ACR20/50/70-Ansprechen bei den behandelten Patienten vom Monat 1 (73,0, 49,2 und 28,9 %) bis Monat 90 (83,0, 56,1 und 32,7 %) aufrechterhalten werden. Das Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil von Tofacitinib als initialer Monotherapie entsprach dabei jenem der initialen Kombinationstherapie. (10)
ORAL Strategy: Tofacitinib im direkten Vergleich mit TNFα-Inhibitor
30
0
(ORAL Solo) als auch Kombinationstherapie mit MTX (ORAL Scan, ORAL Standard, ORAL Step) oder anderen csDMARDs (ORAL Sync) gezeigt. (3-8) In allen Phase-III-Studien verbesserte sich unter Tofacitinib die körperliche Funktion (im HAQ-DI als ko-primärem Endpunkt) im Vergleich zum Ausgangswert.
Tofacitinib + MTX
Adalimumab + MTX
Abb.: Vergleichbares ACR50-Ansprechen unter TofacitinibMonotherapie vs. Tofacitinib plus MTX und Adalimumab plus MTX nach sechs Monaten
Dass Tofacitinib auch einem Vergleich mit einem TNFαInhibitor standhält, zeigte bereits die ORAL Standard-Studie, wie Witte weiter ausführte. Diese untersuchte die Kombination Tofacitinib plus MTX und in einem aktiven Kontrollarm Adalimumab plus MTX. Nach sechs Monaten erreichten 51,5 % der Studienteilnehmer unter Tofacitinib plus MTX, 47,2 % unter Adalimumab plus MTX sowie 28,3 % unter MTX ( je p<0,001 vs. Placebo) ein ACR20-Ansprechen. (6) In der kürzlich auf dem EULAR-Kongress 2017 präsentierten Phase-IIIb/IV-Studie ORAL Strategy wurde Tofacitinib (2x
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5 mg täglich) direkt mit Adalimumab (40 mg s.c. alle 2 Wochen) verglichen. (1) Die insgesamt 1.146 Patienten umfassende Studie war auf Nicht-Unterlegenheit ausgelegt. Den primären Endpunkt eines Ansprechens im ACR50 nach sechs Monaten erreichten 38 % der Patienten unter der Tofacitinib-Monotherapie, 46 % unter Tofacitinib plus MTX und 44 % unter Adalimumab plus MTX (Abb.). Statistisch konnte die Nicht-Unterlegenheit von Tofacitinib plus MTX gegenüber Adalimumab plus MTX nachgewiesen werden (p<0,0001; 13 % Nicht-Unterlegenheit-Grenze, 98,34 % Konfidenzintervall). Für die TofacitinibMonotherapie konnte dabei zwar keine Nicht-Unterlegenheit gegenüber den beiden Kombinationen gezeigt werden. Ebenso wenig war die Monotherapie aber auch nachweislich den Kombinationen unterlegen.
Tofacitinib über ein vergleichbares Nutzen-Risiko-Profil verfügt wie eine Biologika-Therapie“, so Wollenhaupt.
Witte fasste die Ergebnisse daher wie folgt zusammen: „Die klinische Wirksamkeit von Tofacitinib in Kombination mit MTX in ORAL Strategy ist mit der Standardtherapie Adalimumab plus MTX vergleichbar und sie entspricht den in den Phase-III-Studien gezeigten Ergebnissen. Das unterstreicht, dass Tofacitinib sowohl in Kombination mit MTX als auch in der Monotherapie, wenn eine MTX-Therapie nicht möglich ist, eine wichtige Therapieoption für Patienten mit RA ist.“ Die Verträglichkeit in ORAL Strategy stimmte mit dem bekannten Sicherheitsprofil von Tofacitinib überein.
Ferner hob der Experte die schnelle Aufnahme und rasche Wirkung von Tofacitinib hervor: Eine Resorption wird innerhalb von maximal einer Stund erreicht, mit einer Halbwertszeit von ca. drei Stunden wird der Wirkstoff rasch eliminiert. Die Ausscheidung erfolgt zu 30 % über die Nieren und zu 70 % über eine hepatische Metabolisierung. (2) Daher kann es zu Arzneimittelinteraktionen kommen, jedoch nicht mit MTX und anderen für die RA-Therapie eingesetzten Medikamenten. Bei Patienten mit milder bis mittelschwerer Nierenfunktionsstörung ist somit keine Dosisanpassung erforderlich. (2)
JAK-Inhibition mit Tofacitinib: neu und gleichzeitig bewährt
„Von Vorteil ist auch die stabile Tofacitinib-Dosierung unabhängig von Patientenfaktoren wie Alter, Gewicht und Mahlzeiten. Letztendlich kommt auch die Darreichungsform als Tablette den Bedürfnissen vieler Patienten entgegen“, schloss SchulzeKoops. m
Die langfristige Sicherheit von Tofacitinib stellte Prof. Dr. Jürgen Wollenhaupt, Hamburg, anhand von Daten einer integrierten Analyse vor, die bei insgesamt 6.194 Patienten über einen Zeitraum von bis zu 8,5 Jahren erhoben worden waren. (11) „Unerwünschte Wirkungen nahmen nach längerer Behandlung mit Tofacitinib nicht zu und es traten keine neuen Sicherheitssignale auf. Wir können anhand solcher Daten präzisere Aussagen zur Sicherheit der Substanz treffen. Es ist ein Vorteil, dass wir für Tofacitinib sehr viele Daten zur Verfügung haben, sodass man von einer bewährten Substanz sprechen kann, auch wenn sie erst relativ neu in Deutschland verfügbar ist“, betonte Wollenhaupt. Die Inzidenzrate für schwere Infektionen betrug 2,7 pro 100 Patientenjahre und stieg bei längerer Behandlung mit Tofacitinib nicht an. Die häufigsten schweren Infektionen waren Pneumonie, Herpes zoster, Harnweginfektionen und Zellulitis. Auch zeigten sich regionale Unterschiede, so trat etwa Herpes zoster in Asien, vor allem Japan und Korea, mit einer höheren Inzidenzrate auf. (11) Wie Wollenhaupt weiter erläuterte, kann es unter JAK-Inhibitoren in den ersten Monaten zu erhöhten Lipidspiegeln kommen. „Die Spiegel bleiben dann aber stabil. Ein Anstieg kardiovaskulärer Ereignisse wurde nicht beobachtet. Ebenso gab es keine Hinweise auf eine erhöhte Zahl von Malignomen unter der Tofacitinib-Therapie. Damit lässt sich insgesamt festhalten, dass
Praxisrelevante Vorteile durch orale Einnahme Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, beurteilte die neue, zielgerichtete JAK-Inhibition als wichtige orale Therapieoption bei RA. „Anders als die in der Rheumatologie eingesetzten Biologika blockieren JAK-Inhibitoren nicht die extrazelluläre Kommunikation, sondern unterbrechen intrazelluläre Signalwege. Im Gegensatz zu Biologika bieten JAK-Inhibitoren damit die Möglichkeit, verschiedene Erkrankungsmechanismen bei der RA gemeinsam zu hemmen“, so Schulze-Koops.
Quelle: Satellitensymposium Pfizer Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 7. September 2017
Literatur: 1 Fleischmann R et al., Lancet 2017; 390(10093): 457-468 2 Fachinformation Xeljanz®, Stand März 2017 3 Fleischmann R et al., N Engl J Med 2012; 367(6): 495–507 4 Kremer J et al., Ann Intern Med 2013;159(4): 253–261 5 van der Heijde D et al., Arthritis Rheum 2013; 65(3): 559–570 6 van Vollenhoven R et al., N Engl J Med 2012; 367(6): 508–519 7 Burmester G et al., Lancet 2013; 381(9865):451-460 8 Lee E et al., Arthritis Rheum 2012: 64(10Suppl): S1049 9 Aletaha D et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(Suppl2): 272-273 10 Wollenhaupt J et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(Suppl2): 277278 11 Cohen SB et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(7): 1253-1262
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INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
PSORIASIS-ARTHRITIS
Apremilast effektiv bei Enthesitis und Daktylitis In einer nicht-interventionellen Beobachtungsstudie zu Apremilast werden derzeit erstmals Daten zu Effektivität und Verträglichkeit des PDE-4-Hemmers bei Psoriasis-Arthritis (PsA) in der täglichen Praxis erhoben. Die Ergebnisse einer Interimsanalyse waren beim DGRh-Kongress zu hören. Demnach waren die schweren Manifestationen Enthesitis und Daktylitis nach vier Monaten bei zwei Dritteln der Patienten abgeheilt.
Die Daten wurden zum einen in einer Postersitzung von Prof. Dr. Jürgen Wollenhaupt und Kollegen vorgestellt, zum anderen auf einem Symposium von Dr. Peer Aries, gleichfalls Hamburg, zusammengefasst. In die LAPIS-PsA-Studie (Langzeitdokumenatation zur Anwendung von Apremilast (Otezla®) bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis unter Praxisbedingungen) wurden 129 zu einem Drittel mit TNFα-Inhibitoren vorbehandelte Patienten eingeschlossen. In der Interimsanalyse nach vier Monaten ergaben sich folgende Ergebnisse: Nach dem ärztlichen Globalurteil (PhGA) wa-
ren 2 % der Patienten ohne Symptome, 58 % wiesen nur minimale Symptome auf. Ähnlich im Globalurteil der Patienten (PtGA): 3 % beurteilten ihren Zustand als „ausgezeichnet“, 32 % als „gut“. Die Zahl der druckschmerzhaften (TJC) und geschwollenen (SJC) Gelenke war nach vier Monaten um 24,6 bzw. 19,5 % abgefallen. Auch bei den oft nur schwer zu behandelnden Krankheitsdomänen fand sich ein gutes und schnelles Ansprechen. Eine zu Beginn bestehende Enthesitis hatte sich in 64 % der Fälle vollständig zurückgebildet (Leeds Enthesitis Index, LEI=0); bei je 15 % lagen noch sehr leichte bzw. leichte Beschwer-
den vor (LEI=1 bzw. 2). Ähnlich bei der Daktylitis: Sie war nach vier Monaten bei 64,0 % gänzlich abgeklungen. Auch die von Psoriasis befallene Körperoberfläche (BSA) nahm schnell und deutlich ab – von zu Beginn 12,1 über 8,7 (Monat 1) auf 5,7 % nach vier Monaten. Die Patientenzufriedenheit war insgesamt gut. Erfreulicherweise war dabei die Rate unerwünschte Ereignisse in der Praxissituation sogar geringer als in klinischen Studien, berichtete Aries. (wk) m Quelle: Lunchsymposium Celgene GmbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 7. September 2017
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
„RheuMotion“ bringt Bewegung in die Therapie Neben DMARDs, Biologika, JAK‐Inhibitoren sollte auch Bewegung als „Disease Modifying Anti Rheumatic Training“ (DMART) die Therapie ergänzen. Da Bewegung bei Rheuma nachweislich einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf nimmt, sollten Patienten mit rheumatischen Erkrankungen stets zu regelmäßiger körperlicher Bewegung motiviert werden – auch wenn Schmerzen und Funktionseinschränkungen auf den ersten Blick dagegen sprechen. AbbVie hat mit „RheuMotion“ eine Initiative ins Leben gerufen, die Patienten und Ärzte dabei unterstützt.
Laut Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf, bewegen sich nur 6 % aller Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) mehr als vier Stunden pro Woche bewegen, 35 % machen gar keinen Sport. Umso wichtiger sei es, Betroffene zu regelmäßiger, an die jeweiligen körperlichen Voraussetzungen angepasster Bewegung zu motivieren: Nur so könne der Circulus vitiosus aus Schmerz, Bewegungseinschränkung, Schonhaltung, Immobilität, Minderperfusion der Gelenke und schließlich Atrophie und Kontraktur unterbrochen werden. Auch das bei RA erhöhte Risiko einer Sarkopenie und Kachexie könne so gesenkt werden. Ein
weiterer Vorteil ist, dass bei körperlichem Training freigesetzte Myokine bei RA hochregulierte Zytokine wie etwa TNFα unterdrücken und so der chronischen Entzündung entgegenwirken. DMART stelle eine wichtige und hochpotente Therapiesäule dar, die das klinische und radiologische Outcome von RA‐Patienten nachhaltig verbessern kann, so Dr. Philipp Sewerin, Düsseldorf. Ohne zusätzliches körperliches Training bleibt jede antirheumatische Therapie letztlich unvollständig, so der Tenor der Experten. AbbVie hat daher gemeinsam mit namhaften Rheumatologen, Sport-
wissenschaftlern, Psychologen und Ansprechpartnern von Patientenorganisationen „RheuMotion” ins Leben gerufen. Ziel ist es, körperliche Bewegung als tragende Therapiesäule in der Behandlung rheumatischer Erkrankungen stärker auszubauen. Ärzte und Patienten sollen informiert und motiviert werden, den richtigen Sport zu finden, der Spaß macht und langfristig ausgeübt werden kann. Weitere Infos gibt es unter: www.rheumotion.de. m Quelle: Lunchsymposium AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, DGRhKongress, Stuttgart, 8. September 2017
INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS
Zulassung für T-Zell-Costimulationsmodulator Abatacept erteilt Die Europäische Kommission hat Abatacept allein oder kombiniert mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung der aktiven PsoriasisArthritis (PsA) bei erwachsenen Patienten zugelassen, die unzureichend auf eine vorangegangene Behandlung mit DMARDs einschließlich MTX ansprachen und für die eine zusätzliche systemische Therapie für psoriatische Hautläsionen nicht notwendig ist. In zwei klinischen Studien zeigten sowohl TNF-naive als auch schwer zu behandelnde, mit TNFa-Inhibitoren vortherapierte Patienten mit einer aktiven muskuloskelettalen Beteiligung ein verbessertes Ansprechen.
Bei der PsA greift das Immunsystem gesunde Gelenke und die Haut an, wobei die T-Zell-Aktivierung an deren Pathogenese beteiligt ist. Abatacept hemmt die T-Zell-Aktivierung und die daraus resultierende Entzündungskaskade, die zur Gelenkzerstörung beiträgt. Sowohl i.v.als auch s.c.-Injektionsformulierungen sind nun zugelassen, um erwachsene Patienten mit aktiver PsA mit Abatacept zu behandeln. Die Zulassung basierte auf den Ergebnissen der zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studien PSA-I und PSA-II. (1, 2) Im Rahmen dieser Studien erreichte ein größerer Anteil der Patienten nach der Behandlung mit Abatacept (Orencia®) 10 mg/kg i.v. oder 125 mg s.c. im Vergleich zu Placebo in Woche 24 ein ACR20-Ansprechen, den primären Endpunkt (47,5 vs. 19,0 % bzw. 39,4 % vs. 22,3 %; p<0,05). Das Ansprechen wurde in beiden Studien unabhängig von einer Anti-TNF-Vortherapie beobachtet. In der Phase-III-Studie PsA-II war der Patientenanteil ohne röntgenologische Progression (≤0 Veränderung zu Baseline) im Gesamt-PsA-modifizierten Sharp-van der Heijde-Score (SHS) in Woche 24 mit Abatacept 125 mg s.c. nominal größer als unter Placebo (42,7 vs. 32,7 %). Es gab keine unerwünschten Ereignisse, die zu ≥2 % in beiden Therapiearmen während der 24-wöchigen placebokontrollierten Periode auftraten. Das Gesamtverträglichkeitsprofil der Studien PsA-I und PsA-II war vergleichbar und konsistent mit jenem der Substanz bei RA. Die häufigsten uner-
wünschten Ereignisse, die bei ≥10 % der Patienten auftraten, die im Rahmen der klinischen Studien zur RA bei Erwachsenen Abatacept erhielten, waren Kopfschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege, Nasopharyngitis und Übelkeit.
Die Studien PSA-I und PSA-II im Überblick Die Wirksamkeit des T-Zell-Costimulationsmodulators Abatacept wurde in gleich zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studien (PsAI und PsA-II) bei 594 erwachsenen Patienten mit einer anhaltenden Krankheit von über sieben Jahren untersucht. Die Patienten hatten eine aktive PsA (≥3 geschwollene und ≥3 druckschmerzhafte Gelenke) trotz DMARD-Vorbehandlung und eine psoriatische Hautläsion von ≥2 cm Durchmesser. Insgesamt 37 % der Patienten in der Phase-II-Studie PsA-I und 61 % der Patienten in der Phase-III-Studie Studie PsA-II wurden vorher mit TNFa-Inhibitoren behandelt. Der primäre Endpunkt für PsA-I und PsA-II war der Anteil der Patienten, die eine ACR20-Antwort in Woche 24 (Tag 169) erreichten. In der Doppelblindstudie PsA-I erhielten 170 Patienten an den Tagen 1, 15, 29 und dann alle 28 Tage für 24 Wochen Placebo oder Abatacept i.v., gefolgt von einer offenen i.v.-Verabreichung von 10 mg/ kg Abatacept alle 28 Tage. Die Patienten wurden randomisiert und erhielten Placebo oder Abatacept 3 mg/kg, 10 mg/kg (gewichtsabhängige Dosierung: 500 mg
für Patienten mit einem Gewicht <60 kg, 750 mg für Patienten mit einem Gewicht von 60-100 kg und 1.000 mg für Patienten mit einem Gewicht >100 kg) oder zwei Dosen 30 mg/kg, gefolgt von einer gewichtsabhängigen Dosierung von 10 mg/kg ohne Escape für 24 Wochen, gefolgt von einer offenen i.v.-Abatacept-Applikation von 10 mg/kg jeden Monat. Die Patienten durften begleitend zur Studie feste Dosen von MTX, niedrige Dosen von Kortikosteroiden (äquivalent zu ≤10 mg Prednison) und/oder NSAR während der Studie erhalten. Bei Rekrutierung erhielten etwa 60 % der Patienten MTX. In der Studie PsA-II, auch bekannt als ASTRAEA, wurden 424 Patienten 1:1 randomisiert und erhielten jede Woche für 24 Wochen 125 mg Placebo oder Abatacept s.c., gefolgt von einer wöchentlichen, offenen s.c.-Gabe von 125 mg Abatacept. Begleitend durften die Patienten feste Dosen von MTX, Sulfasalazin, Leflunomid, Hydroxychloroquin, niedrige Steroiddosen (≤10 mg Prednisonäquivalent) und/oder NSAR erhalten. Bei Randomisierung erhielten 60,4 % der Patienten MTX. m
Literatur: 1 Mease PJ et al., Arthritis Rheum 2011; 63(4): 939-948 2 Mease PJ et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(9): 1550-1558 Quelle: Pressemitteilung Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, 28. Juli 2017
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
INDUSTRIE-BERICHT
PERIODISCHE FIEBERSYNDROME
CLUSTER-Studie: Canakinumab zeigt hohe Wirksamkeit Nach der Zulassung des monoklonalen Anti-IL-1β-Antikörpers Canakinumab zur Therapie des Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndroms (CAPS) im Jahr 2009 gab es Anfang dieses Jahres die Zulassungserweiterung für drei weitere periodische Fiebersyndrome (PFS): familiäres Mittelmeerfieber (FMF), Hyperimmunoglobulin-D-Syndrom (HIDS) und TNF-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS).
Das auf Mutationen im MEFV-Gen beruhende FMF tritt gehäuft bei Menschen aus der östlichen Mittelmeerregion auf und ist mit einer Prävalenz von 1:120 bis 1:1000 das häufigste Krankheitsbild in der Gruppe der PFS, so PD Dr. Tillmann Kallinich, Berlin. Die MEFV-Mutation hat eine vermehrte Produktion des Zytokins IL-1β und eine Aktivierung inflammatorischer Prozesse zur Folge. Eine frühe und genetisch abgesicherte Diagnose ist daher – wie bei anderen PFS – essenziell, um durch eine effektive Therapie die Krankheitssymptome rasch und anhaltend unter Kontrolle zu bringen und Langzeitfolgen zu vermeiden. Mit Colchicin, der FMF-Standardtherapie, gelingt dies jedoch nicht immer. Nachdem Canakinumab seine rasche und anhaltende Wirksamkeit zunächst bei CAPS-Patienten bewiesen hat, wurde in der randomisierten,
placebokontrollierten, doppelblinden CLUSTER-Studie die Wirksamkeit des Anti-IL-1β-Antikörpers bei FMF, HIDS und TRAPS untersucht. Eingeschlossen waren 181 PFS-Patienten mit gesicherter Diagnose im akuten Schub: 63 mit FMF (Colchicin-resistent/intolerant), 72 mit HIDS und 46 mit TRAPS. In allen drei Krankheitsgruppen schnitt Canakinumab signifikant besser ab (p<0,005 vs. Placebo) und zeigte eine gute Verträglichkeit. Bei 61 % (p<0,0001 vs. Placebo) der FMF-Patienten erreichte die empfohlene Canakinumab-Startdosierung eine komplette klinische Remission, darunter auch Colchicin-resistente Patienten. 65 % der FMF-Patienten (p<0,001 vs. Placebo) zeigten in Woche 16 keine oder eine minimale Krankheitsaktivität im Physician’s Global Assessment (PGA). Noch deutlicher wurden die Vorteile in einer Post-hoc-Analyse, die auch Patienten mit einer höheren Canakinumab-Do-
sis von 300 mg als Responder einbezog: Bei FMF, HIDS- und TRAPS-Patienten betrug die Responderrate hier 71, 57 und 73 %. In ca. 75 % der Fälle kann Canakinumab bei FMF eine komplette Remission bewirken. Es kann in dieser Indikation auch kombiniert mit Colchicin eingesetzt werden. Auch die meisten HIDS- und TRAPS-Patienten zeigten unter Canakinumab nach 16 Wochen entweder keine oder eine nur minimale Krankheitsaktivität im PGA. Die CLUSTER-Studie zeigt, dass mit Canakinumab eine wirksame, gut verträgliche Therapie für PFS-Patienten zur Verfügung steht – insbesonders wenn NSAR, Steroide oder Colchicin keine ausreichende Wirkung erzielen. m Quelle: Satellitensymposium Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Potenzial von Methotrexat noch besser ausschöpfen Die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) mit dem Goldstandard Methotrexat (MTX) zeigt Raum für Verbesserungen. So legen die Daten aus der CAPEA-Kohorte nahe, dass die deutsche Rheumatologie das Potenzial von MTX als Initialtherapie durchaus nutzt und sich eng an den Leitlinien orientiert: Nach drei Monaten erhielten 82 % der RA-Patienten eine Basistherapie mit MTX, bei 78 % wurde mit einer Dosis von 15 mg wöchentlich begonnen. Diesen hohen Stellenwert von MTX in der Behandlung der RA bestätigen mit 61 % auch die Langzeitdaten der Kerndokumentation.
Aktuelle Krankenkassendaten hingegen zeigen ein dramatisch anderes Bild in der Fläche. Mit einem medikamentösen Versorgungsanteil von 35 % csDMARDs ist Deutschland weit von einer adäquaten therapeutischen Behandlung von RA-Patienten entfernt. Im Rahmen des DGRh wurden neben einem neuen Forschungsprojekt zur Versorgungsrealität
vielfältige Möglichkeiten zur Verbesserung der Basistherapie mit MTX (z. B. metex®) aufgezeigt. Unter Verweis auf die aktuellen Leitlinien betonten Prof. Dr. Frank Buttgereit, Berlin, und Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, dass sich Wirksamkeit und Persistenz von MTX insbesondere durch höhere Dosierungen und eine subkutane Applikation steigern
lassen. So ist eine höhere und s.c.-Gabe von MTX in der Initialtherapie der frühen RA mit einem verbesserten Ansprechen und geringerem Therapieversagen assoziiert. Insbesondere bei Dosierungen ≥15 mg/Woche verbessern Fertigspritze oder Fertigpen die Bioverfügbarkeit. Auch Lifestyle-bedingte Risikofaktoren sind wichtig für den Behandlungserfolg,
INDUSTRIE-BERICHT
stellte Prof. Dr. Christoph Fiehn, BadenBaden, heraus. Rauchen, Adipositas und schlechte Zahngesundheit verschlechtern nicht nur den RA-Krankheitsverlauf, sondern beeinflussen zugleich das Therapieansprechen und sollten daher mit den Patienten besprochen werden. Mithilfe des Autoinjektors metex® PEN werden zudem die Anwendung und Therapietreue durch die erleichterte Selbst-
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applikation gefördert. Eine aktuelle Praxisdokumentation der medac GmbH unter deutschen Rheumatologen und Rheumapatienten bestätigt die bekannt hohe Wertschätzung. „97 % aller Ärzte und 89 % der Patienten mit Vorerfahrung von Fertigspritzen bewerteten den metex® PEN gegenüber der Fertigspritze als sehr vorteilhaft oder vorteilhaft“. Der MTX-Autoinjektor ermöglicht damit von Beginn an eine einfache und komfortab-
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le s.c.-Selbstapplikation im klinischen Routinealltag, die von Arzt und Patient im Vergleich zur Fertigspritze als vorteilhaft gesehen wird. m
Quelle: Satellitensymposium medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Zwei neue Biosimilars bereichern das Therapiespektrum Seit Juni diesen Jahres erweitern zwei neue Biosimilars die Therapiemöglichkeiten in der Rheumatologie: Erelzi® und Rixathon® von Sandoz erhielten die Zulassung durch die EMA. Das Etanercept-Biosimilar Erelzi® wurde für alle Indikationen des Originators wie u. a. rheumatoide Arthritis (RA) und axiale Spondyloarthritis (SpA) zugelassen. Zeigt die TNFα-Blockade bei RA keine Wirkung, bietet sich das Rituximab-Biosimilar Rixathon® als weitere Therapieoption an. Über die wichtigsten Studien berichteten Experten auf einem Hexal-Symposium im Rahmen des DGRh-Kongresses.
Laut Prof. Dr. Klaus Krüger, München, wurde für das von der EMA als zweites Rituximab-Biosimilar zugelassene Rixathon® zunächst dessen Bioäquivalenz zum Referenzpräparat in der PK/ PD Phase-I/II-Studie ASSIST-RA bei Patienten mit RA nachgewiesen. Diese zeigte im sekundären Endpunkt zusätzlich, dass Rixathon®, wie erwartet, bei RA ein äquivalentes Wirksamkeitsprofil zum Referenzpräparat aufweist. Die für die Zulassung von Rixathon® erforderliche Phase-III-Studie (ASSIST-FL) erfolgte in der Indikation Onkologie bei Patienten mit fortgeschrittenem follikulärem Lymphom. Aufgrund desselben Wirkmecha-
nismus (B-Zell-Depletion) konnte die Zulassung auf weitere, auch rheumatologische Indikationen (RA, GPA bzw. MPA) extrapoliert werden, so Krüger weiter. Die für die Zulassung des EtanerceptBiosimilars Erelzi® relevante EGALITYStudie wurde in der Dermatologie bei Patienten mit mittelschwerer/schwerer Psoriasis – der für Etanercept sensitivsten Indikation – durchgeführt. Die Ergebnisse der Phase-III-Studie mit dreifachem Crossover-Design, in der Erelzi® gegen das Referenzpräparat untersucht wurde, stellte Prof. Dr. Diamant Thaçi, Lübeck, vor. Die klinische Äquivalenz
wurde im primären (PASI75-Ansprechen in Woche 12) und allen sekundären Endpunkten bestätigt. Auch ein mehrfacher Wechsel von Referenzpräparat auf Biosimilar und umgekehrt hatte keinen klinisch relevanten Einfluss auf Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität. Aufgrund der validen Daten erfolgte die Extrapolation auf rheumatologische Indikationen des Originators wie z. B. RA, Psoriasis-Arthritis und axiale SpA, so PD Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M. m
Quelle: Pressemitteilung Hexal AG, 8. September 2017
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INDUSTRIE-BERICHT
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND RIESENZELL-ARTERIITIS
Neue Studiendaten und Indikationserweiterung für Tocilizumab Der Einsatz von Tocilizumab bei Riesenzell-Arteriitis (RZA) war ein dominierendes Thema auf dem DGRh-Kongress 2017. Der IL-6-Rezeptorinhibitor ist das erste und einzige Biologikum, dessen Effektivität bei RZA nachgewiesen werden konnte: In der Phase-III-Studie GiACTA waren die Remissionsraten etwa viermal höher als unter Glukokortikoiden (GK), die bislang als einzige Therapieoption bei RZA galten. Neue Daten zu Tocilizumab bei rheumatoider Arthritis (RA) verdeutlichen, dass ein früher Einsatz des IL-6-Rezeptorinhibitors RA-Patienten vor langfristigen Krankheitsfolgen bewahren kann. So zeigte die nicht-interventionelle Studie ARATA, dass Tocilizumab als erstes Biologikum direkt nach csDMARD-Versagen eine schnelle und anhaltende Remission erzielt und auch Folgeerkrankungen wie z. B. depressive Symptome von RA-Patienten verringert.
Die Therapie der RZA kann durch die wenige Wochen nach dem DGRhKongress erfolgte Zulassung von Tocilizumab (RoActemra®) künftig deutlich verbessert werden.
sowie durch das Einsparen von Steroiden erheblich dazu beitragen, schwere Folgeerkrankungen zu vermeiden und die Lebensqualität von RZA-Patienten zu steigern, so das Fazit der Experten.
RZA: Lehren aus der Phase-III-Studie GiACTA
ARATA: Real-life-Daten zur Behandlung der RA
Aus der zulassungsrelevanten GiACTAStudie geht hervor, dass mehr als die Hälfte der Patienten (56 %) eine anhaltende Remission nach 52 Wochen mit dem IL-6-Rezeptorinhibitor in Kombination mit einer 26-wöchigen ausschleichenden GK-Therapie erreichen konnten. Damit war der Anteil der Patienten in anhaltender Remission etwa viermal so hoch wie der unter einer alleinigen GKTherapie (p<0,001) (N Engl J Med 2017; 377(4): 317-328).
Auch in der Therapie der RA untermauern aktuelle Daten das große Potenzial von Tocilizumab, die Krankheitsaktivität nachhaltig zu verringern und dadurch Folgeerkrankungen zu vermeiden. So wurde in der von PD Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., und Kollegen vorgestellten dritten Interimsanalyse der nichtinterventionellen Studie (NIS) ARATA zum ersten Mal gezielt der Einfluss von Tocilizumab s.c. auf die Depressivität der behandelten RA-Patienten (n=912) untersucht.
Der GiACTA-Studienleiter in Deutschland, PD Dr. Jürgen Rech, Erlangen, hebt das rasche Ausschleichen der GK-Therapie unter Tocilizumab hervor: „Wir konnten in GiACTA ungefähr eine Halbierung der Steroiddosis nach einem Jahr unter Tocilizumab im Vergleich zur alleinigen Steroidtherapie feststellen.“ Die kumulative GK-Dosis nach 52 Wochen betrug 3.818 mg bzw. 3.296 mg bei der alleinigen GK-Therapie mit einem Ausschleichen über 52 bzw. 26 Wochen, während sie unter Tocilizumab kombiniert mit einer ausschleichenden GK-Therapie über 26 Wochen 1.862 mg betrug. Tocilizumab könne durch das schnelle Erreichen einer anhaltenden Remission
besserung dieser PROs basieren auf den klinischen Verbesserungen: Die Krankheitsaktivität konnte mit Tocilizumab effektiv und anhaltend verringert werden. 65 % der Patienten erreichten eine klinische Remission bis zum Ende der Beobachtungszeit in Woche 104 (DGRh 2017, Poster RA.12 17-211).
Früherer Einsatz liefert bessere Ergebnisse Eine weitere Auswertung der NIS ARATA betrachtete die Patienten getrennt nach ihrer Vortherapie ausschließlich mit cs- oder zusätzlich auch bDMARDs. Dabei zeigte sich, dass Tocilizumab bei RA-Patienten, die bislang erfolglos mit csDMARDs behandelt wurden, höhere Ansprechraten und eine längere Verbleibdauer auf der Therapie erzielte als bei RA-Patienten, die neben csDMARDs auch bereits Biologika erhalten hatten.
Wie die ARATA-Daten belegen, verringerte sich der Anteil von Patienten mit mittelschwerer und schwerer Depression von 31 % zu Beginn auf 12 % zum Ende der Beobachtungszeit (Woche 104). Der Anteil der Patienten ohne Depression nahm im Verlauf von 104 Wochen von 50 auf 73 % zu. Die Depressivität wurde über das Beck-Depression Inventory II (BDI-II) erfasst, das für RA validiert ist.
Damit bestätigen die Ergebnisse der dritten ARATA-Interimsanalyse die Wirksamkeitsdaten von Tocilizumab s.c. aus den Zulassungsstudien in der klinischen Praxis. Zudem machen die Ergebnisse deutlich, dass ein früherer Einsatz von Tocilizumab zu besseren klinischen Ergebnissen führt (DGRh 2017, Poster RA.18 17-216). m
Die Auswertung ergab zudem, dass sich die körperliche Funktionsfähigkeit der Patienten verbesserte, während sich zugleich patientenrelevanten Parameter (PROs) – Schmerzen, Fatigue und Schlafstörungen – verringerten. Die Ver-
Quelle: Satellitensymposium Roche Pharma AG, Chugai Pharma Europe Ltd., DGRh-Kongress, Stuttgart, 8. September 2017
INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2017
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PSORIASIS-ARTHRITIS UND ANKYLOSIERENDE SPONDYLITIS
Bei SpA-assoziierter Enthesitis ist Secukinumab eine sehr wirkungsvolle Therapie Sowohl die Psoriasis-Arthritis (PsA) als auch die Ankylosierende Spondylitis (AS) sind durch die Entzündung der Sehnenansätze (Enthesitis) charakterisiert. Schmerzhafte Enthesen sind häufig, müssen möglichst rasch diagnostiziert und im Therapiekonzept adressiert werden. In den FUTURE-Studien zur PsA erwies sich der Anti-IL-17A-Antikörper Secukinumab als rasch und anhaltend effektiv bei Enthesitis. Den therapeutischen Einfluss auf diese wichtigen PsA- und AS-Manifestationen erläuterte Prof. Dr. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 (Rheumatologie und Immunologie), Universitätsklinikum Erlangen.
Herr Prof. Schett, wie bewerten Sie den Einsatz von Secukinumab (Cosentyx®) bei Patienten mit PsA und AS, die unter schmerzhaften Enthesen leiden? Die mit NSAR und DMARDs nur selten adäquat behandelbare Enthesitis ist für PsA- und AS-Patienten häufig durch Schmerzen und stark eingeschränkte Beweglichkeit sehr belastend. Eine frühzeitige und vor allem effektive Therapie ist aber auch essenziell, um strukturellen Schäden vorzubeugen bzw. diese zu verringern. Neben den TNFα-Hemmern stellen vor allem die IL-17- und IL-23-Inhibition vielversprechende Therapieoptionen bei Enthesitis dar, zumal beiden Zytokinen eine entscheidende Rolle in deren Pathogenese zukommt. Ein Vorteil von Secukinumab ist, dass es – so auch der Tenor aktueller Leitlinien – sowohl bei PsA als auch AS eingesetzt werden kann, wenn das Ansprechen auf eine vorhergehende Therapie mit DMARDs unzureichend gewesen ist. Zu fordern ist eine an den individuellen Beschwerden und Begleiterkrankungen des Patienten ausgerichtete Therapie. Ist Secukinumab hier als gleichwertig gegenüber TNFα-Inhibitoren zu betrachten? Ob die Schmerzreduktion bzw. die Abheilung der Enthesitis unter Secukinumab gleich gut oder stärker als un-
Prof. Dr. Georg Schett ter TNFα-Inhibitoren ist, lässt sich nur durch eine direkte Vergleichsstudie klären. Entscheidend ist, dass die verschiedenen Enthesitis-Formen mit den resultierenden Schmerzzuständen bei der Therapiewahl stärker beachtet werden sollten. Die Daten für Secukinumab zur Psoriasis-Arthritis sind sicherlich beeindruckend und zeigen, dass neben Haut, auch Gelenke und Enthesen nachhaltig von der Therapie profitieren. Sowohl bei PsA als auch AS wurden sehr schnelle Effekte einer Schmerzreduktion gesehen. Dies ist vor allem bei der PsA von größter Bedeutung, da der Schmerz sehr oft auf die Enthesen zurückgeht. Jenseits von Gelenken und Haut – wie ausgeprägt sind die Effekte von Secukinumab auf die Enthesen?
Tatsächlich kann Secukinumab inzwischen mit positiven Langzeitdaten nicht nur in puncto Gelenke und Haut aufwarten. Auch die schwerer zu beeinflussenden Krankheitsaspekte Enthesitis und Daktylitis vermag es effektiv zu lindern. In der Phase-III-Studie FUTURE 2 zeigte sich etwa mit Blick auf die Enthesitis ein rascher Wirkeintritt bereits in Woche 2 und eine vollständige Abheilung gemäß dem Leeds Enthesitis Index (LEI=0) nach zwei Jahren bei 61,8 % (150 mg) bzw. 71,5 % (300 mg) der Patienten. (1) Auch in der zweiten Phase-III-Studie, FUTURE 1, kam es bei 76,7 % der Patienten zu einer vollständigen Remission der Enthesitis, die langfristig über drei Jahre aufrecht erhalten werden konnte. (2) Noch genauere Aussagen zur Effektivität von Secukinumab bei Achillessehnen-Enthesitis wird die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-IIIb-Studie ACHILLES, die derzeit mit 200 aktiven PsA- und axSpA-Patienten (TNFα-naive Patienten sowie Patienten, die auf eine vorhergehende TNFαTherapie nicht angesprochen bzw. diese nicht vertragen haben) an vielen deutschen und europäischen Studienzentren läuft, erlauben. m Herr Prof. Schett, haben Sie vielen Dank für das Gespräch. Report mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH
Literatur: 1 McInnes IB et al., Secukinumab provides sustained improvements in the signs and symptoms of active psoriatic arthritis: 104 weeks results from a phase 3 trial, FUTURE 2. Ann Rheum Dis 2017; 76(Suppl2): 145, 2 Mease PJ et al., Secukinumab provides sustained improvements in the signs and symptoms of active psoriatic arthritis: 3-year efficacy and safety results from phase 3 FUTURE 1 trial. Ann Rheum Dis 2017; 76(Suppl2): 952
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RIESENZELL-ARTERIITIS
Tocilizumab für weitere Indikation zugelassen Der IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab ist jetzt auch zur Therapie der Riesenzell-Arteriitis (RZA) in der EU zugelassen. Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie GiACTA, der größten bisher bei RZA durchgeführten klinischen Studie. Darin erwies sich Tocilizumab als überlegen wirksam im Vergleich zu Glukokortikoiden (GK), die bislang als einzige Therapieoption bei RZA eingesetzt wurden. Tocilizumab ist das erste und einzige Biologikum, das eine Wirksamkeit bei RZA bewiesen hat. Durch die Therapie kann die potenziell nebenwirkungsreiche GK-Gabe verringert oder vermieden und gleichzeitig die Erkrankung effektiver behandelt werden.
Gemäß der EU-Zulassung ist Tocilizumab (RoActemra®) zur Behandlung von erwachsenen RZA-Patienten in einer Dosierung von 162 mg subkutan (s.c.) einmal wöchentlich indiziert. Es kann in Kombination mit einer GK-Ausschleichtherapie eingesetzt und nach Absetzen des GKs als Monotherapie weitergeführt werden. Zur Behandlung akuter Rezidive sollte es mit einem Glukokortikoid angewendet werden. In GiACTA wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Tocilizumab 162 mg s.c. ein- (QW) oder zweiwöchentlich (Q2W)
bei 251 RZA-Patienten untersucht. Es wurde dabei mit einer GK-Therapie kombiniert, die über 6 Monate bis auf 0 mg/ Tag vollständig abgebaut wurde. Wie die Daten der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie zeigen, wies mehr als die Hälfte der Patienten nach einem Jahr eine über 40 Wochen anhaltende Remission unter Tocilizumab auf (QW: 56 % bzw. Q2W: 53 %). Im Vergleich dazu war der Anteil der Patienten unter alleiniger GK-Therapie über 6 Monate (14 %; QW/Q2W: jeweils p<0,001) bzw. 12 Monate (18 %; QW: p<0,0001 bzw. Q2W: p=0,002) signifikant niedriger.
Bereits im Mai 2017 wurde Tocilizumab von der FDA in den USA zur Behandlung von Erwachsenen mit RZA zugelassen. Tocilizumab wird bereits seit 2009 bei rheumatoider Arthritis (RA) eingesetzt, über 860.000 RA-Patienten weltweit wurden seitdem mit dem ersten IL6-Rezeptorinhibitor behandelt. Weitere Einsatzgebiete sind die systemische und polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis (sJIA und pJIA). m Quelle: Pressemitteilung Roche Pharma AG, Chugai Pharma Europe Ltd., 21. September 2017
CHRONISCHE NICHT-INFEKTIÖSE UVEITIS ANTERIOR
Adalimumab bei Kindern und Jugendlichen zugelassen Adalimumab ist das einzige in der Europäischen Union zugelassene Biologikum zur Behandlung der chronischen nicht-infektiösen Uveitis anterior bei Kindern und Jugendlichen ab einem Alter von 2 Jahren, die unzureichend auf konventionelle Therapien ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie haben oder für die eine konventionelle Therapie nicht geeignet ist.
Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) zeichnet für mehr als 75 % der Fälle der Uveitis anterior bei Kindern und Jugendlichen verantwortlich und ist somit die häufigste systemische Erkrankung, die mit nicht-infektiöser Uveitis bei Kindern und Jugendlichen einhergeht. Die Zulassung von Adalimumab (Humira®) nun auch in dieser Indikation ab einem Alter von 2 Jahren basiert auf Ergebnissen aus der Prüfarzt-initiierten, hochrangig publizierten SYCAMORE‐ Studie (N Engl J Med 2017; 376(17): 16371646), die gezeigt hat, dass Adalimumab plus Methotrexat (MTX) im Vergleich
zu MTX plus Placebo bei Kindern mit aktiver JIA‐assoziierter Uveitis die Zeit bis zum Therapieversagen verlängert. In dieser multizentrischen, doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Adalimumab bei Kindern und Jugendlichen ab 2 Jahren mit aktiver JIA-assoziierter Uveitis untersucht. Patienten, die eine stabile Dosis MTX erhielten, wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten s.c. Adalimumab alle zwei Wochen in einer Dosis von 20 oder 40 mg ( je nach Körpergewicht) oder Placebo. Die Therapie erfolgte bis zum Be-
handlungsversagen oder über 18 Monate mit einem Follow-up von zwei Jahren. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum Behandlungsversagen. Die vorab festgelegten Kriterien für das Beenden der Studie wurden nach der Aufnahme von 90 von 114 Patienten erfüllt. In der Adalimumab‐Gruppe war die Häufigkeit eines Therapieversagens signifikant geringer als in der Placebogruppe (27 vs. 60 %; p<0,0001). m Quelle: Pressemitteilung AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 11. September 2017
INDUSTRIE-BERICHT
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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS
Ustekinumab: Überzeugende Wirksamkeit auf Gelenke und Sehnen Bei Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) konnten Real-World-Daten der SUSTAIN-Studie wie auch Daten aus der Head-toHead-Studie ECLIPSA die aus bisherigen Studien bekannte gute Wirksamkeit von Ustekinumab auf Gelenke und Sehnen belegen.
Bei Ustekinumab (Stelara®) handelt es sich um einen rein humanen, monoklonalen Antikörper, der sich gegen die Untereinheit p40 als Bestandteil der Zytokine IL-12 und -23 richtet und so über einen Hauptschalter in die Entzündungsmechanismen eingreift, die der PsA zugrunde liegen. (1) Das kann ein Grund dafür sein, dass Ustekinumab in der PsA-Therapie langfristig gute Ergebnisse erzielt: In der Phase-III-Studie PSUMMIT 1 zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ustekinumab bei Erwachsenen mit aktiver PsA wurde bereits in Woche 8 eine signifikante Verbesserung im ACR20-Ansprechen versus Placebo erzielt (p<0,0001). Ab Woche 28 wurde das Wirkmaximum erreicht und über lange Zeit erhalten. (2) Die Besserung der Gelenksymptomatik gemäß den ACR20/50/70-Kriterien blieb bis Woche 100 bestehen. (3)
Aktuelle Real-World-Daten aus der SUSTAIN-Studie
Anteil Patienten mit SPARCC-Score=0 (%)
Diese Daten zur Wirksamkeit von Ustekinumab auf die Gelenke lassen sich in der täglichen deutschen Versorgungspraxis bestätigen wie die prospektive, multizentrische, nicht-interventionelle Studie SUSTAIN zeigt. Eingeschlossen wurden Patienten mit der Diagnose einer aktiven PsA, bei denen eine vorherige DMARD‐Therapie unzureichend war sowie Patienten, die, nach der Entscheidung des Arztes, für eine Therapie mit Ustekinumab vorgesehen waren. Eine auf dem EULAR-Kongress kürzlich vorgestellte Interimsanalyse der SUSTAIN-Studie mit 189 Patienten mit aktiver PsA zeigte unter Alltagsbedingungen
80 70
70,8
Neue Head-to-Head-Studie ECLIPSA Bei bis zu 78 % (25-78 %) der PsA-Patienten kommt es im Verlauf ihrer Erkrankung zu einer Enthesitis. (5) Eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese einer Enthesitis spielt das IL-23. (1) Die gute Wirksamkeit von Ustekinumab bei Enthesitis konnte bereits in der Phase-III-Studie PSUMMIT 1 nachgewiesen werden. (2) Diese wurde nun in der prospektiven, randomisierten, kontrollierten und offenen Head-to-Head-Studie ECLIPSA der Universitat Erlangen im Vergleich zu TNF-Inhibitoren bei Patienten mit aktiver PsA und mit Enthesitis bestätigt. So konnte in der ECLIPSA-Studie gezeigt werden, dass, sechs Monate nach Therapiebeginn, 70,8 % der mit Ustekinumab behandelten Patienten den primären Endpunkt eines SPARCC*Enthesitis-Scores=0, also eine völlige Remission der Enthesitis, erreichten. Im Vergleich dazu erreichten unter TNF-Inhibitoren nur 38,4 % der Patienten diesen Endpunkt (Abb.). Die logistische Regression zur Vorhersage eines Enthesitis-freien Zustands ergab eine signifikante Assoziation einzig mit der Wahl von Ustekinumab als Studienmedikation (Odds ratio, OR=0,037; p=0,005). (6) Das Vorliegen einer klinisch relevanten Enthesitis stellt somit ein wichtiges Kriterium bei PsA-Patienten für die Auswahl des am besten geeigneten Biologikums dar. m *SPARCC: Spondyloarthritis Research Consortium of Canada Enthesitis Index; Maksymowych WP et al., Ann Rheum Dis 2009; 68(6): 948–953
60 50 38,4
40 30 20 10 0
bereits nach 16 Wochen relevante Verbesserungen hinsichtlich der Wirksamkeit auf die Gelenke bei zugleich guter Verträglichkeit. Unter dem IL-12/23-Inhibitor waren zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 50 % der großen und kleinen Gelenke schmerzfrei und abgeschwollen. Auch das Nebenwirkungsprofil wurde sowohl von den Patienten als auch von den Prüfärzten als „sehr gut“ (51 bzw. 55 %) oder „gut“ (43,8 bzw. 37 %) beschrieben. (4)
Ustekinumab (n=24)
TNFα-Inhibitoren (n=26)
Abb.: ECLIPSA-Studie: Ustekinumab bei Enthesitis TNF-Inhibitoren signifikant überlegen (6)
Literatur: 1 Sherlock JP et al., Nat Med 2012; 18(7): 1069-1076 2 McInnes IB et al., Lancet 2013; 382(9894): 780–789 3 Kavanaugh A et al., Arthritis Care Res 2015, 67(12): 1739–1749 4 Wendler J et al., EULAR 2017; Abstr. AB0763 5 Orbai AM et al., J Rheumatol 2014; 41(11): 2290-2294 6 Araujo EG et al., EULAR 2017; Abstr. OP0217 Report mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH
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Pharmanews RHEUMATOLOGISCHE ERKRANKUNGEN
Adalimumab-Biosimilar erhält europäische Zulassung Die Europäische Kommission hat dem Adalimumab-Biosimilar Imraldi® die Zulassung erteilt. Das von Samsung Bioepis, einem Joint Venture von Samsung BioLogics und Biogen entwickelte Biosimilar wurde für die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA), JIA, axialen Spondylarthritis, Psoriasis-Arthritis, Psoriasis vulgaris, pädiatrischen Plaque-Psoriasis, der Hidradenitis suppurativa bei Erwachsenen und Jugendlichen, des Morbus Crohn, des pädiatrischen Morbus Crohn, der Colitis ulcerosa und der Uveitis zugelassen.
Therapie ohne zusätzliche Kosten fortsetzen. Zum 1. September war nach einem langen kontroversen Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erstmalig ein Festbetrag für alle Medikamente mit parenteralem MTX gegen die Stimmen von Patientenvertretern, Ärzteschaft und Krankenhäusern eingeführt worden. Um die Festbetragsgruppenbildung für parenterale Darreichungsformen mit MTX nicht auf dem Rücken der Patienten und der behandelnden Ärzte auszutragen, hat sich medac entschlossen, eine Preisanpassung sowohl für die metex®-Fertigspritze (FS) als auch für den metex® PEN auf den Festbetrag vorzunehmen. m Quelle: Pressemitteilung medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, 6. September 2017
Die Zulassung beruht auf umfangreichen präklinischen und klinischen Daten, die zu Imraldi® im Vergleich mit Humira® SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES erhoben wurden. Die klinischen Daten stammen aus zwei direkten Vergleichsstudien: einer Phase-I-Studie, in der die pharmakokinetische Bioäquivalenz von Imraldi® und Humira® gezeigt wurde, und einer 52-wöchigen randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie, die bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA und unzureichendem Ansprechen auf Methotrexat eine äquivalente Wirksamkeit – im primären Endpunkt ACR20-Ansprechen in Woche 24 mit 72,5 vs. 72,0 % Das Committee for Medicinal Products for Human Use – sowie vergleichbare Sicherheit und Immunogenität von (CHMP) der EMA hat eine Empfehlung („positive opinion“) zur Imraldi® und Humira® nachwies. Zwischen Woche 24 und 52 Zulassung einer subkutanen (s.c.) Formulierung des BLySzeigten 125 Patienten, die von Humira® auf Imraldi® umgestellt spezifischen Inhibitors Belimumab für die Add-on-Therapie wurden, vergleichbare Wirksamkeits-, Sicherheits- und Im- erwachsener Patienten mit aktivem Autoantikörper-positivem munogenitätsprofile wie jene Patienten, die auf Humira® ver- systemischem Lupus erythematodes (SLE) mit hoher Krankblieben sind. m heitsaktivität (z. B. positive anti-dsDNA und niedriges C3/C4) trotz Standardtherapie ausgesprochen. Quelle: Pressemittteilung Biogen GmbH, 24. August 2017 In Europa ist Belimumab (Benlysta®) als i.v.-Therapie in dieser Indikation seit dem Jahr 2011 zugelassen – als einziges Biologikum bei SLE überhaupt. Angewendet wird es als Gewichtsbasierte Dosis von 10 mg/kg als 1-stündige Infusion im kliniRHEUMATOIDE ARTHRITIS UND schen oder ambulanten Setting alle vier Wochen (im Anschluss PSORIASIS-ARTHRITIS an eine initiale i.v.-Aufsättigung an den Tagen 0, 14 und 28).
Subkutane BelimumabFormulierung steht vor Zulassung
MTX-Goldstandard zum Festbetrag verfügbar
Das Unternehmen medac bietet ab sofort das gesamte MTXPortfolio (Fertigspritzen und Fertigpens) zum neuen Festbetrag für parenterales Methotrexat (MTX) an. Damit wird der MTX-Goldstandard in allen zehn Dosierungen von 7,5 mg bis 30 mg ohne Patientenaufzahlung angeboten. Alle Patienten mit entzündlichem Rheuma, Psoriasis oder CED können somit ihre vom Arzt verordnete gewohnt wirksame und sichere
Die CHMP-Empfehlung basiert auf Ergebnissen der pivotalen BLISS-SC Phase-III-Studie mit über 800 Patienten mit aktivem SLE, in der eine signifikante Reduktion der Krankheitsaktivität im SLE-Responder Index (SRI) in Woche 52 von Belimumab s.c. plus Standardtherapie versus Placebo plus Standardtherapie nachgewiesen wurde. Im Falle einer Zulassung der neuen s.c.-Applikation wäre somit eine zweite Formulierung verfügbar, die als 1-wöchige Selbstinjektion für viele SLE-Patienten willkommene Alternative zur i.v.-Infusion wäre. Mit einer finalen Entscheidung der EMA ist Ende 2017
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zu rechnen. In den USA wurde die s.c.-Formulierung bereits m im Juli dieses Jahres zugelassen. Quelle: Pressemitteilung GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 15. September 2017
RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
Rituximab-Biosimilar jetzt in neuer Wirkstärke Zum 15. September 2017 hat das Unternehmen Mundipharma eine weitere Wirkstärke und Packungsgröße seines Rituximab-Biosimilars eingeführt: Truxima® 100 mg/10 ml, 2 Durchstechflaschen. Seit Mai 2017 ist mit Truxima® 500 mg das erste Biosimilar des monoklonalen Antikörpers für zur Therapie von Patienten mit follikulärem Lymphom, diffusgroßzelligem B-Zell-Lymphom, chronischer lymphatischer Leukämie sowie rheumatoider Arthritis (RA) und bestimmter ANCA-assoziierter Vaskulitiden (GPA, MPA) verfügbar. Die vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit zum Referenzprodukt MabThera® konnte Truxima® unter anderem in zwei Phase-III-Studien zeigen. Dies wurde durch die Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) bestätigt. Mit Truxima® steht somit eine vergleichbar wirksame, sichere und kostengünstigere Alternative zum Referenzprodukt MabThera® zur Verfügung: 2 Durchstechflaschen zu 100 mg Truxima® sind ca. 21 % günstiger als die gleiche Packungsgröße des Vergleichsprodukts MabThera® 100 mg. Die 500 mg Wirkstärke von Truxima® ist 19,5 % günstiger als das Referenzpräparat. m Quelle: Pressemitteilung Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG, 21. September 2017
RHEUMATOLOGIE UND DERMATOLOGIE
Neuer Etanercept-Fertigpen seit Kurzem auf dem Markt Ab sofort steht mit dem Enbrel MYCLIC 25 mg Fertigpen eine neue Darreichungsform von Etanercept (Enbrel®) in Deutschland zur Verfügung. Eine Zulassungsänderung (Typ II Vari-
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ation) für den neuen Fertigpen hatte Pfizer am 12. Juni 2017 erhalten. Der MYCLIC 25 mg Fertigpen ist für die einmalige Selbstinjektion vorgesehen, Patienten können sich Enbrel damit subkutan in einer Dosierung von 25 mg applizieren. Bei vielen Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen kann die Möglichkeit, sich ein Arzneimittel selbst zu applizieren, einen positiven Einfluss auf das Therapiemanagement haben. Die Zulassung des 25 mg Fertigpens in Europa ermöglicht Patienten mehr Flexibilität in der Verabreichung aller zugelassenen Dosierungen von Enbrel®. So wird diese nun als MYCLIC Fertigpen in den Dosierungen 50 mg und 25 mg, als Fertigspritze mit 50 mg und 25 mg sowie als Injektionslösung mit 25 mg und 10 mg zur Verfügung stehen und bietet somit eine große Bandbreite an Dosierungen und Darreichungsformen für Patienten in Europa. m Quelle: Pressemittleilung Pfizer Deutschland GmbH, 16. August 2017
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Adalimumab-Original neu als Induktionsdosis verfügbar Ab sofort ist der Adalimumab-Originator Humira® für die Einleitung der Therapie auch in der Dosierung 80 mg/0,8 ml verfügbar. Damit kann die Anzahl der Injektionen bei Therapiebeginn für zugelassene Indikationen, bei denen eine Induktionsdosis von mindestens 80 mg erforderlich ist, halbiert werden. Humira® 80 mg/0,8 ml ist ein ergänzendes Angebot und steht als Fertigpen und Fertigspritze zur Verfügung. Humira® 80 mg/0,8 ml enthält das doppelte Volumen und damit die doppelte Dosis von Humira® 40 mg/0,4 ml. Sowohl Humira® 40 mg/0,4 ml als auch Humira® 80 mg/0,8 ml enthalten denselben Wirkstoff – Adalimumab – aus derselben Masterzelllinie. Das Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil bleibt unverändert. Die neue Dosis wurde von AbbVie speziell entwickelt, um Ärzten eine zusätzliche Option für die Induktionsphase der Therapie zu geben. Durch eine verringerte Anzahl an Injektionen kann Humira® 80 mg/0,8 ml dazu beitragen, den Therapiestart für Patienten angenehmer zu machen. m Quelle: Pressemitteilung AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 4. Oktober 2017
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Impressum VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de www.rheuma-management-online.de CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. med. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de HERAUSGEBER: Dr. Ludwig Kalthoff, Prof. Dr. Jörn Kekow, Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff GRAFIK: Inken Pöhlmann, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel
ACR-Jahrestagung 2017 Aktuelle Studien vom ACR/ARHP Annual Meeting – American Congress on Rheumatology 2017 in San Diego
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · RA Andrea Mangold, München · Prof. Dr. Günter Neubauer, München BEIRAT DES BDRH: Dr. Florian Schuch, Erlangen · Dr. Silke Zinke, Berlin · Prof. Dr. Christoph Baerwald, Leipzig · Dr. Wiegand Müller-Brodmann, Marburg · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Göttingen JAHRGANG 9 · 5-2017
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ISSN 1868-6044 JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden. BILDQUELLEN: Titel – ©Shutterstock, S. 26 – ©breedfoto/stock.adobe.com, S. 29 – ©Salome - stock.adobe.com, DGRh-Kongress – © Thomas Hauss FREIE AUTOREN: Dr. Wiebke Kathmann (wk), Abdol Ameri (aa)
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