Rheuma Management, Ausgabe September/Oktober 2018

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heuma MANAGEMENT

Neues vom DGRh-Kongress 2018 in Mannheim BERUFSVERBAND

BDRh

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.

MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE SEPT/OKT 2018


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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

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NÄCHSTE AUSGABE

Vorschau

Impressum VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. med. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de HERAUSGEBER: Dr. Ludwig Kalthoff, Prof. Dr. Jörn Kekow, Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff GRAFIK: Inken Esin, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel

ACR-Jahrestagung 2018 Aktuelle Studien vom ACR/ARHP Annual Meeting – American Congress on Rheumatology 2018 in Chicago.

WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · RA Andrea Mangold, München · Prof. Dr. Günter Neubauer, München BEIRAT DES BDRH: Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos, Herne · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Göttingen · Dr. Philipp Sewerin, Düsseldorf · Dr. Martin Welcker, Planegg · Dr. Silke Zinke, Berlin JAHRGANG 10 · 5-2018 ISSN 1868-6044 JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden. BILDQUELLEN: S. 3 u. – ©Monkey Business/Fotolia.com, S. 9 o. – ©Pitopia, S. 22 o. – ©Rheumatologische Fortbildungsakademie GmbH, S. 26 – ©Deutsche Rheuma-Liga, S. 28 – ©researchgate.net, S. 33 – ©Jensflorian, Bilder DGRh-Kongress – ©Thomas Hauss

Rheumatoide Arthritis Die neue interdisziplinäre Leitlinie zum Management der frühen RA im Überblick.

FREIE AUTOREN: Dr. Wiebke Kathmann (wk), Richard Kessing (rk)

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RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS 2018 IN MANNHEIM

Frühere und bessere Patientenversorgung im Blickpunkt Mit wiederum etwa 2.800 Teilnehmern können der gemeinschaftlich ausgetragene 46. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), die 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und die Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) vom 19.-22. September 2018 im Congress Center Rosengarten in Mannheim als großer Erfolg für die deutsche Rheumatologie verbucht werden. Zahlreiche Abstracts und Poster sowie praxisrelevante Vorträge bildeten das gesamte Spektrum der Rheumatologie ab.

Die Rheumatologie hat durch neu verfügbare Biologika und orale JAK-Inhibitoren sowie verbesserte Therapiestrategien einen großen Sprung nach vorne gemacht, jedoch besteht aufgrund einer zu geringen Zahl internistischer Rheumatologen weiter das Problem einer oftmals zu späten Diagnosestellung. Eine Verbesserung versprechen hier Screening-Sprechstunden wie z. B. das SCREENED-Projekt in Heidelberg oder die Run-In-Sprechstunden in Düsseldorf. Bei letzteren wird im D-KUR-Projekt die Delegation an Medizinstudierende evaluiert. Ein anderer Ansatz besteht in der Kooperation mit geschulten Hausärzten in Früharthritis-Netzwerken wie z. B. Rheuma-VOR oder RhePort. Das stärkere Einbinden rheumatologischer Fachassistent/innen, das derzeit im StärkeRProjekt evaluiert wird, könnte gleichfalls die Patientenversorgung verbessern und Rheumatologen entlasten. Weiterer Optimierungsbedarf besteht z. B. bei der rheumatoiden Arthritis (RA) hinsichtlich der Etablierung von Treat-totarget-Strategien und dem Erreichen des Therapieziels Remission. Einen guten Leitfaden hierfür bietet die neue S2eLeitlinie der DGRh zum Management der RA, in der z. B. die JAK-Inhibitoren nach csDMARD-Versagen auf eine Stufe mit Biologika gestellt werden. Auf einer WIN-Session zur RA gab es einen Ausblick auf künftige, in früheren Krankheitsstadien ansetzende Therapiestrategien. Ebenfalls auf einem guten Weg ist die neue interdisziplinäre Leitlinie zum Ma-

thritis und Haut ausreichend adressieren. Einen Lichtblick scheint es bei der systemischen Sklerose (SSc) zu geben, wo derzeit mehrere Medikamente mit antifibrotischer Wirksamkeit bei SSc-Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) in Phase-III-Studien untersucht werden. Kollagenosen, so auch entzündliche Myopthien und das Sjögren-Syndrom, wurden auch anlässlich der Gastlandsession Frankreich diskutiert.

Prof. Dr. med. Christoph Fiehn nagement der frühen RA. Bereits zuvor waren neue DGRh-Leitlinien zu ANCAassoziierten Vaskulitiden (AAV) und Polymyalgia rheumatica (PMR) publiziert worden, die ebenso wie aktuelle Studien auf einer Leitlinien- bzw. WIN-Session zu AAV und zur Riesenzell- bzw. TakayasuArteriitis (RZA/TA) besprochen wurden. Auf großes Interesse stießen weitere WIN-Sessions, so zur axialen Spondylarthritis (axSpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA), wo sich durch JAK-Inhibitoren, IL17- und potenziell auch IL-23-Inhibitoren (bei PsA) die möglichen Therapieoptionen stetig erweitern dürften. Ein weitaus schwierigeres Feld ist hingegen der systemische Lupus erythematodes (SLE), zu dem ACR und EULAR gemeinsam neue Klassifikationskriterien entwickelt haben. In puncto Therapie fehlt es weiter an Biologika oder auch JAK-Inhibitoren, die SLE-Manifestationen jenseits von Ar-

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt war die „interdisziplinäre Rheumatologie“ mit Themen wie Schmerz, Sarkoidose. Autoinflammation, Osteoporose und Sarkopenie. Vielfältig war auch das Themenspektrum in der pädiatrischen Rheumatologie z. B. mit der Frage, wie nach dem Erreichen einer Remission bei juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), juvenilem SLE und juveniler Dermatomyositis weiter vorgegangen werden sollte. In der orthopädischen Rheumatologie wurden minimal-invasive Eingriffe beim „Rheumatiker“, Knorpelregeneration und -reparatur bei Arthrose, Rückenschmerzen und das „rebellische Gelenk“ diskutiert. Auf ein Wiedersehen bei der nächsten DGRh-Jahrestagung vom 4.-7. September 2019 in Dresden! m Prof. Dr. med. Christoph Fiehn Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. Praxis für Rheumatologie und Klinische Immunologie am Medical Center, Beethovenstr. 2, 76530 Baden-Baden


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Inhalt

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RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS IN MANNHEIM Frühere und bessere Patientenversorgung im Blickpunkt Prof. Dr. Christoph Fiehn

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MITTEILUNGEN DES BDRH 10

MEDIZINISCHE VERSORGUNGSZENTREN Ein Drittel der MVZ klagt über finanzielle Verluste

11 TERMINSERVICE- UND VERSORGUNGSGESETZ Kabinettsentwurf sieht weitreichende Änderungen für MVZ vor Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf 12 BUNDESVERSICHERUNGSAMT Sonderbericht 25 Jahre Wettbewerb in der GKV – Licht und Schatten Kommentar zum Sonderbericht Dr. Edmund Edelmann 16 VERHO-PROJEKT Rheuma-Therapie im Dialog – Im Gespräch: Dr. Thomas N. Abahji 20

RHEUMAPREIS 2018 10-jähriges Jubiläum: Ein Rückblick Dr. Kirsten Karberg

VERHO-PROJEKT: CHANCEN KONSEQUENT NUTZEN

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29 STELLENBÖRSE

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ENTZÜNDLICHE ARTHRITIS UND ARTHROSE EULAR-Empfehlungen 2018 zu körperlicher Aktivität vorgestellt

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HAND- UND FINGERGELENKSARTHROSE Update der EULAR-Empfehlungen publiziert

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Neue Erkenntnisse zum Therapieabbau

31 GICHTARTHRITIS Neue Studie zu reno- und kardioprotektiven Effekten von Febuxostat: Fragen bleiben offen

EULAR-LEITLINIE ZU KÖRPERLICHER AKTIVITÄT

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Inhalt

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ENTZÜNDLICHE MYOPATHIEN Vorschlag für neues Klassifikationssystem

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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Gemischte Ergebnisse zu neuen Therapien: Anifrolumab, Baricitinib und Ustekinumab

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DGRH-KONGRESS 2018 37 SCREENING-SPRECHSTUNDEN UND FRÜHARTHRITIS-ÄRZTENETZE Wege zu einer besseren Patientenversorgung 38

RHEUMATOIDE ARTHRITIS Ergebnisse aus dem PROCLAIR-Projekt

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BIOLOGIKA UND JAK-INHIBITOREN Effektivität und Sicherheit: Was lässt sich sagen

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Neue Therapiestrategien im Fokus

48 AXIALE SPONDYLORTHRITIS UND PSORIASIS-ARTHRITIS Neue Erkenntnisse und Therapiestudien 50 VASKULITIDEN Update zu Diagnostik, Outcome und Therapie 52

SLE: NEUE THERAPIESTUDIEN IM FOKUS

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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Wie sollte die Krankheitsaktivität im Praxisalltag monitoriert werden?

INDUSTRIE-BERICHTE 57

AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS Neue Daten zu Ustekinumab vom DGRh 2018

60 RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND SPONDYLARTHRITIDEN Die Therapie durch Bewegung gezielt unterstützen 64

RHEUMATOIDE ARTHRITIS Tocilizumab punktet in der Monotherapie und mit hoher Therapietreue

DGRH-KONGRESS: HIGHLIGHTS AUS MANNHEIM

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MEDIZINISCHE VERSORGUNGSZENTREN

Ein Drittel der MVZ klagt über finanzielle Verluste Etwa jedes dritte (32 %) Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) musste im Jahr 2016 finanzielle Verluste hinnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).

In der Untersuchung wurde danach unterschieden, ob ein MVZ von niedergelassenen Vertragsärzten oder Dritten getragen wird. Unter den vertragsärztlich betriebenen MVZ machten nur 6 % Verluste. Hinter den nicht-vertragsärztlichen MVZ stehen Träger wie etwa ein Krankenhaus oder eine Kommune. Bei diesen MVZ machten sogar 42 % Verluste. Neben der Trägerschaft spielt auch der Standort eine Rolle. Überwiegend gut lief es für MVZ, die ihren Standort in einer städtischen Region haben: 74 % dieser MVZ erzielten einen Gewinn.

Unterschiede je nach Träger Anders als inhabergeführte Praxen können sich MVZ verschiedener Rechtsformen bedienen (GmbH, GbR, Genossenschaft oder öffentlich-rechtlich). In Kombination mit den unterschiedlichen Trägerschaften werden durch diese Vielfalt Vergleiche der MVZ untereinander erschwert. Dennoch wurden bei näherer Betrachtung Muster deutlich. „Es zeigte sich beispielsweise, dass trotz aller Unterschiede im Leistungsspektrum die hausärztlichen Abteilungen überwiegen“, so Dr. Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zi. MVZ bieten überwiegend fachübergreifende Versorgungsangebote. Im Schnitt wiesen die MVZ 3,6 verschiedene Fachrichtungen bzw. -abteilungen auf. Bei den von Vertragsärzten geführten MVZ standen die hausärztlich-tätigen Abteilungen mit 46 % auf Platz 1 der häufigsten Abteilungen. Auch bei den nicht-vertragsärztlich geführten MVZ waren die hausärztlichen Abteilungen mit 41 % am stärksten vertreten (Abb. 1). „Die Un-

terschiede lassen vermuten, dass die Fachabteilungsstruktur in den nicht-vertragsärztlichen MVZ möglicherweise auf die zugehörige Klinik ausgerichtet ist. Hierfür nehmen die Krankenhausträger offenbar auch Verluste der von ihnen gegründeten ambulanten Einrichtungen in Kauf“, erklärt von Stillfried. Auf die Frage, warum das MVZ gegründet wurde, fand „die Position am ambulanten Markt erweitern“ mit 80 % den größten Zuspruch, gefolgt von „Synergieeffekte nutzen“ (79 %) und „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“ (77 %). Die Möglichkeiten der Anstellung von Ärzten sowie die Sicherung des Klinikstandorts waren die ansonsten vordringlich genannten Motive für die MVZ-Gründung (Abb. 2). In die Untersuchung gingen die Angaben von bundesweit insgesamt 376 MVZ ein, die im Zeitraum von Juni bis Dezember 2017 an einer Online-Befragung teilnahmen. Die teilnehmenden MVZ befanden sich mit 44 % vor allem in der Trägerschaft von Krankenhäusern. Der Anteil der von Vertragsärzten geführten MVZ lag bei 28 %. Trägerkombinationen, wie z. B. Krankenhaus und Vertragsärzte sind mit 22 % ebenfalls recht häufig vertreten. Rund 3 % wurden von einer Kommune getragen und 4 % machten keine Angaben zur Trägerschaft. Die Untersuchung erfolgte in Kooperation mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Bundesverband MVZ e.V. (BMVZ). m

Quelle: Pressemitteilung Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, 16. Mai 2018 80

50

trifft sehr stark zu trifft zu

Zustimmungsgrad (%)

Anteil der Fachrichtungen (%)

70 40

30

20

10

60 50 40 30 20

Abb. 1: Häufigste Abteilungen in MVZ

Abb. 2: Häufigste Motive für MVZ-Gründung

Flexiblere Arbeitszeiten (n=327)

Entlastung der Ärzte bei Verwaltungsaufgaben (n=330)

Effizienz steigern (n=327)

Fachliche Kooperation verbessern (n=336)

Möglichkeit der Anstellung von Ärzten (n=335)

0

Synergieeffekte nutzen (n=333)

Psychiatrie/ Sonstige

Radiologie

Dermatologie/ Neurologie

Kinder- und Jugendmedizin

I.-Gastro/I.-ohne/ mehrere SP

Auge./Gyn./ I.-Kardio.

Anästhesie/ Orthopädie

Chirurgie

Psychotherapie

0

Allg. Medizin/ Innere Medizin (hausärztlich)

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WWW.BDRH.DE

TERMINSERVICE- UND VERSORGUNGSGESETZ

Kabinettsentwurf sieht weitreichende Änderungen für MVZ vor Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) beschlossen. Ziel ist die Sicherstellung eines angemessenen und flächendeckenden Zugangs zur ambulanten Versorgung. In diesem Zusammenhang sind einige weitreichende Änderungen für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) vorgesehen. Das Gesetz wird nach aktuellem Stand voraussichtlich im Frühjahr 2019 in Kraft treten.

Nachbesetzung von Arztstellen Nach bisheriger Rechtslage wurde bei der Nachbesetzung von Vertragsarztzulassungen in gesperrten Planungsbereichen eine Versorgungsprüfung durch den Zulassungsausschuss durchgeführt. Dies soll nun auch für die Nachbesetzung von Arztstellen (=Versorgungsaufträge, auf denen angestellte Ärzte im MVZ tätig sind) gelten. Reichte bislang lediglich ein Antrag des MVZ auf Anstellungsgenehmigung zur „Nachbesetzung“ seiner Arztstelle aus, können die Zulassungsausschüsse nach der Neuregelung die Genehmigung der Anstellung innerhalb von drei Monaten ablehnen, soweit diese aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Eine Ausnahme hiervon soll gelten, wenn der G-BA – was ebenfalls neu durch das TSVG geregelt werden soll – für das entsprechende Fachgebiet, die Facharztkompetenz oder die Schwerpunktkompetenz des anzustellenden Arztes Versorgungsanteile festgelegt hat, die noch nicht ausreichend erfüllt sind. In diesem Fall ist dem Antrag stattzugeben. Anders als bei Zulassungen entscheidet der Zulassungsausschuss nur über das „Ob“ der Nachbesetzung der Anstellung und nicht über das „Wie“. Bei der Auswahl des Kandidaten sind MVZ auch weiterhin frei.

Nachteil für MVZ Was auf den ersten Blick wie ein weiterer Schritt zur Gleichstellung von Anstellungen und Zulassungen erscheint, ist eher als eine Verschlechterung, insbesondere

der Situation von MVZ zu bewerten. Zwar existiert eine vergleichbare Regelung für Zulassungen bereits seit Inkrafttreten der Änderungen des GKV-VStG im Jahr 2013. Anders als bei Zulassungen, ist im Gesetzesentwurf bislang aber keine Entschädigungszahlung durch die KV für den Fall der Ablehnung der Nachbesetzung aus Versorgungsgründen vorgesehen. Gerade diese Entschädigungsregelung wirkte bislang als Korrektiv und führte im Regelfall dazu, dass die Zulassungsausschüsse von der Versagung der Nachbesetzung absahen. Darüber hinaus ist die Ablehnung der Nachbesetzung bei Zulassungen auch auf den Fall beschränkt, dass im gesperrten Planungsbereich ein Versorgungsgrad für die entsprechende Fachgruppe von über 140 % vorliegt. Insbesondere für MVZ stellt die Regelung damit ein hohes wirtschaftliches Risiko dar. Insoweit besteht die Gefahr, dass Arztstellen, deren Eingliederung in das MVZ mit hohen Investitionskosten verbunden sein kann, kurzfristig und ggf. sogar entschädigungslos wieder entfallen.

Positive Neuregelungen Begrüßenswert ist die vorgesehene Klarstellung, dass ein Vertragsarzt auch auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung in einem anderen Planungsbereich gelegenen MVZ verzichten kann. Voraussetzung ist, dass er nicht am Hauptsitz des MVZ, sondern ausschließlich bedarfsplanungsneutral in einer Zweigpraxis in seinem bisherigen Planungsbereich tätig wird. Dadurch wird die zum jetzigen Zeitpunkt nicht durch alle Zulassungsausschüsse mitgetragene Möglichkeit der Fortführung der ehemaligen Praxis nach Verzicht des Arztes als Filia-

le des MVZ auch dann ermöglicht, wenn diese in einem anderen Planungsbereich liegt. Weiter wurde die Stellung von MVZ im Nachbesetzungsverfahren verbessert. Stand es bislang im Ermessen der Zulassungsausschüsse, inwieweit sie bei der Bewerberauswahl ein besonderes Versorgungsangebot des MVZ berücksichtigen, stellt dies nunmehr ein im Zuge der Nachbesetzungsentscheidung zu prüfendes Kriterium dar. Aus Sicht ärztlicher Gründer von MVZ ist die vorgesehene Regelung zu begrüßen, nach der die Gründungsvoraussetzungen weiter gewahrt bleiben, wenn angestellte Ärzte nach Ausscheiden der Gründer deren Gesellschaftsanteile übernehmen. Darüber hinaus findet sich im Gesetzesentwurf die seit langem überfällige Klarstellung, dass eine MVZ-Trägergesellschaft auch mehrere MVZ tragen kann. Die bislang davon abweichende Auffassung einiger Zulassungsausschüsse hatte den formalen und auch finanziellen Aufwand einer MVZ-Gründung in diesen Fällen erhöht. Zusammenfassend bringt das TSVG nach aktuellem Stand etwas Licht, aber auch sehr viel Schatten für Medizinische Versorgungszentren. Abzuwarten bleibt, ob tatsächlich sämtliche Regelungen in Gesetzeskraft erwachsen. m

Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf Fachanwältin für Medizinrecht Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München E-Mail: julia.graef@tacke-krafft.de


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BUNDESVERSICHERUNGSAMT

Sonderbericht 25 Jahre Wettbewerb in der GKV – Licht und Schatten Vor 25 Jahren hat der Gesetzgeber mit der Einführung der freien Kassenwahl und des Risikostrukturausgleichs (RSA) die gesetzlichen Krankenkassen in den Wettbewerb entlassen. Damit verfolgte er das Ziel, die Krankenkassen in ein Konkurrenzverhältnis untereinander zu stellen, um Innovationen im Gesundheitswesen, eine bessere Versorgung sowie Serviceorientierung gegenüber den Versicherten zu fördern.

Im Hinblick auf seine zentrale Rolle im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sowohl als Aufsichts- als auch als Durchführungsbehörde für den Risikostrukturausgleich, hat das Bundesversicherungsamt (BVA) das Jubiläum zum Anlass genommen, den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen einer umfassenden kritischen Betrachtung zu unterziehen und hierdurch einen Beitrag zur Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu leisten. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Sonderberichts erklärt der Präsident des BVA, Frank Plate, in einer Pressemitteilung: „Die wettbewerbliche Ausgestaltung des Systems der gesetzli-

chen Krankenversicherung hat sich nach Einschätzung aller Experten im Gesundheitswesen im Wesentlichen bewährt. Verkrustete Verwaltungsstrukturen wurden aufgebrochen, die Versorgung der Versicherten hat sich verbessert und Wirtschaftlichkeitsreserven wurden gehoben. Es gibt aber auch Schattenseiten. Wenn sich Krankenkassen nur noch als Unternehmen begreifen und ihre Marktbehauptung in den Vordergrund ihrer Bemühungen stellen, haben sie ihren Auftrag in der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung vergessen. Es geht nicht um den Erhalt einzelner Krankenkassen, sondern um eine gute und effiziente Versorgung der Versicherten. Die von ihnen angebotenen Satzungsleistungen, Wahltarife, Bonus-

programme, aber auch Selektivverträge führen häufig nicht zu der vom Gesetzgeber gewollten tatsächlichen Verbesserung der Versorgung. Diese scheinbaren Leistungen werden von Krankenkassen stattdessen immer wieder vor allem dazu genutzt, neue Mitglieder zu gewinnen oder aktuelle Mitglieder zu halten, ohne für sie einen echten Mehrwert zu schaffen. Das BVA wird den Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung auch weiterhin genau beobachten, Fehlentwicklungen aufzeigen, wettbewerbswidriges Verhalten von Krankenkassen konsequent unterbinden und sich intensiv an der Weiterentwicklung eines fairen und solidarischen Wettbewerbs unter den gesetzlichen Krankenkassen beteiligen.“ m

Kommentar zur Stellungnahme des BVA zu 25 Jahren Wettbewerb in der GKV In der Stellungnahme kritisiert das Bundesversicherungsamt (BVA) unter anderem Selektivverträge. Es wird moniert, dass diese „scheinbaren Leistungen“ zum Teil keinen Mehrwert für die Versorgung der Versicherten schaffen würden, sondern angelegt werden, um Mitglieder zu gewinnen oder in den Krankenkassen zu halten.

Dies gilt in keiner Weise für die zwischen dem BDRh und verschiedenen Krankenkassen wie der TK, der Barmer GEK, einzelnen BKK`s und der AOK Baden-Württemberg abgeschlossenen Selektivverträge zu Verbesserung der rheumatologischen Versorgung. Ganz im Gegenteil wurden diese Verträge vom BDRh mit dem zentralen Ziel einer Qualitätsverbesserung konzipiert und verhandelt. Es werden bei diesen Selek-

tivverträgen ausschließlich Leistungen vergütet, die einen Mehrwert für die Patienten, für die Versicherten schaffen. Beispiele hierfür sind eine Förderung der Früharthritis-Sprechstunde über eine gesonderte Vergütung von Erstvorstellungen und eine Förderung des Notfallmanagements. Beides sind Leistungen, die auch im Referentenentwurf des TSVG vorgesehen sind, dem anstehen-

Dr. med. Edmund Edelmann den Terminservice- und Versorgungsgesetz. Weitere Leistungen der Selektivverträge sind eine Förderung und vermehrte Einbindung der Rheumatologischen Fachassistenz, damit eine Förderung →


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der Delegation ärztlicher Leistungen, des Weiteren die Förderung des Treatto-target-Prinzips über eine zielorientierte Therapie mit Dokumentation von Assessment-Parametern der Krankheitsaktivität, der Lebensqualität etc. und die Unterstützung des Selbstmanagements über die Vergütung von Patientenschulungen nach dem StruPi-Konzept. All diese und andere Leistungen wie z. B. der Power-Doppler oder die i.a.-Injektionstherapie sind nicht Teil der aktuellen Regelversorgung im GKV-System, sondern ausschließlich Zusatzleistungen, die geeignet sind, die Versorgung von Rheumapatienten zu verbessern. Wir hoffen sehr, dass das BVA und auch

das Bundesministerium für Gesundheit, weiterhin Selektivverträge differenziert betrachtet und beide Institutionen bereit sind, in Zukunft entsprechende Versorgungsmodelle für eine bessere Versorgung zu unterstützen. Im Falle der fachärztlichen Selektivverträge wäre es vorteilhaft, wenn gesetzliche Hemmnisse, wie der Nachweis einer Wirtschaftlichkeit bereits nach 4 Jahren, fallen gelassen würden. In Anbetracht des im Vergleich zur Regelversorgung insgesamt geringen Finanzvolumens, das durch Selektivverträge gebunden wird, wäre es kein großes Risiko, wenn der Gesetzgeber auf diese rein fiskalische Vorgabe verzichten würde, und

stattdessen den Nachweis einer Qualitätsverbesserung vorgibt. Bei einem Großteil der Krankenkassen wäre mehr Mut und Initiative wünschenswert, neue Versorgungswege über entsprechend konzipierte Selektivverträge zu beschreiten. Die oben genannten Krankenkassen haben in der Rheumaversorgung bereits diesen Weg in Richtung Versorgungsverbesserung eingeschlagen. Es wäre für die Rheumapatienten gut, wenn weitere Kassen diesem Beispiel folgen würden. m Dr. med. Edmund Edelmann Rheumazentrum Bad Aibling - Erding Lindenstraße 2, 83043 Bad Aibling

VERHO-PROJEKT

Webinare zum „Blended Learning“ Für alle, die nicht an den Informationsveranstaltungen teilnehmen konnten oder die ihr Wissen diesbezüglich auffrischen oder vertiefen möchten, stehen nun über die Rheumaakademie einzelne aufgezeichnete Webinar-Module zur Verfügung. Diese können Sie oder Ihre Mitarbeiter sich jederzeit online unter https://rhak.edudip.com/webinars ansehen. Die Webinare stehen ein halbes Jahr auf der Online-Plattform zur Verfügung.

Folgende Module stehen für Sie bereit:

1. Medizinische Inhalte Hier geht es um die strategische Bedeutung des Versorgungsprojektes sowie die Studienlage zur Deeskalation. Außerdem werden die medizinischen Inhalte und der Versorgungsablauf in VERhO dargestellt.

2. Operatives Vertragsmanagement In diesem Modul wird auf die Arzt- und Patienteneinschreibung in VERhO, die Vorbereitungen in der Praxis zum Start von VERhO und den Ablauf der Versorgungstermine eingegangen. Außerdem wird ein kurzer Einblick in die PatientenApp MediOne gewährt und dargestellt, wie die Abrechnung über RheumaSelekt funktioniert.

3. RheumaDok – Einmalige Einrichtung Dieses Webinar informiert, wie man RheumaDok erhält und wie es zu installieren ist. Außerdem wird gezeigt, wie die Einstellungen für den Datenexport vorzunehmen sind und wo man weitere Detailinformationen findet. Ebenso gibt es Informationen zum Support.

4. RheumaDok – VERhOspezifische Dokumentation Hier geht es darum, wie Patienten als VERhO-Teilnehmer in RheumaDok angelegt werden und welche Fragebögen bzw. Dokumentationen für diese Patienten relevant sind. Außerdem werden Tipps und Tricks für den Einsatz im Praxisalltag sowie die Unterstützungsmöglichkeiten durch mobile Erfassungsgeräte wie RheumaDokM oder die App MediOne dargestellt. m

Sonja Froschauer

Wir freuen uns über aktive und tatkräftige Unterstützung in VERhO. Sonja Froschauer Geschäftsführerin der BDRh Service GmbH


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VERHO-PROJEKT

Rheuma-Therapie im Dialog In einem bisher einmaligen Versorgungsprojekt sollen verschiedene Arten der Deeskalation von Biologika bei rheumatoider Arthritis (RA) untersucht und mit einer Kontrollgruppe ohne Deeskalation verglichen werden. VERhO ist keine randomisierte Studie, sondern ein vom Innovationsfonds gefördertes Versorgungsprojekt.

Gemäß dem Motto des Projekts „Rheuma-Therapie im Dialog“, gemeint ArztPatient-Dialog, wird ein Dialog von Arzt zu Arzt initiiert, das heißt, Rheumatologen geben vor oder nach ihrer Einschreibung in das VERhO-Projekt ihre Erfahrungen an ihre Kolleginnen und Kollegen weiter. Dr. med. Thomas N. Abahji ist niedergelassener Rheumatologe in Germering bei München, führt seine rheumatologische Fachpraxis seit 2013. Seine wissenschaftliche „Begierde“ führt ihn natürlich auf viele Kongresse, aber auch zu Initiativen wie z. B. zu VERhO, weil er neben seinem normalen ärztlichen Handeln zur weiteren Verbesserung der Patientenversorgung beitragen will. Seine Erfahrungen mit VERhO kommuniziert er im folgenden Interview. Herr Dr. Abahji, was hat Sie bewogen, an dem Projekt VERhO teilzunehmen? VERhO ist ein einzigartiges Projekt, da hier weltweit erstmals nachgewiesen werden kann, dass die schrittweise Rückführung der Immunsuppression bei RA-Patienten in stabiler Remission sinnvoll ist und ohne Gefährdung für die Patienten durchgeführt werden kann. Dadurch könnten nicht nur potenzielle Medikamentennebenwirkungen reduziert sondern auch erheblich Kosten im Gesundheitswesen eingespart werden. Ich und viele meiner Kollegen führen, sofern es der Krankheitsverlauf erlaubt und die Patienten dies auch wünschen, schon länger eine Deeskalation mit gutem Erfolg durch, auch wenn dieses Vorgehen bisher wissenschaftlich nicht untersucht wurde. Diese Patienten sind dann sehr froh und dankbar, deutlich weniger und manchmal auch gar keine Immunsup-

Aussagekraft der Studie deutlich steigern würde.

Dr. med. Thomas N. Abahji pressiva mehr nehmen zu müssen. Die Zeit ist nun reif, dieses Vorgehen durch Daten zu untermauern. Es sind einige Voraussetzungen, wie z. B. das Vorhandensein von RheumaDok, die Teilnahme am TK-Arzneimittelvertrag und Installation einer neuen Abrechnungssoftware zu erfüllen, die erst dann eine Teilnahme ermöglichen. Waren diese für Sie ein Problem? Zunächst hat mich der bürokratische Aufwand abgeschreckt. Aber die Wichtigkeit dieses Projektes für unsere Patienten und die leistungsgerechte Vergütung haben mich dann doch dazu bewogen, mich durch den Software- und Formalitätendschungel zu kämpfen. Wenn man diese ersten Hürden dann genommen hat, läuft es von Mal zu Mal besser und schlussendlich hält sich der Aufwand dann in Grenzen. Wenn die Logistik läuft, sehen Sie andere Probleme? Ich finde es schade, dass nicht alle Krankenkassen für dieses Projekt gewonnen werden konnten. Denn je mehr Kassen mitmachen, umso mehr Patienten können eingeschlossen werden, was die

Wie reagieren Patienten auf das Projekt VERhO? Sehr positiv! Ich habe bisher zehn Patienten gefragt teilzunehmen und alle zehn haben spontan zugesagt und konnten eingeschlossen werden. Was würden Sie solchen Kolleginnen und Kollegen empfehlen teilzunehmen, die zögern und viele Vorbehalte bezüglich einer Teilnahme haben? Ich rate meinen Kollegen ganz klar, am VERhO-Projekt teilzunehmen. So lohnt es sich zum einen finanziell, denn man bekommt eine, wie ich meine, faire und leistungsgerechte Vergütung. Zum anderen, und das ist der noch wichtigere Punkt, lohnt es sich für unsere Patienten: So ist ein Einschluss einer hohen Patientenzahl essenziell, um eine belastbare Aussage zu bekommen. Denn der Nachweis, dass die Deeskalation zum Nutzen der Patienten und ohne deren Gefährdung durchgeführt werden kann, wäre ein großer Schritt für eine bessere Patientenversorgung und würde weltweit Beachtung finden. m

Herr Dr. Abahji, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.


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MEDIZINRECHT

Arzt muss bedrohlichen Befund in jedem Fall an Patienten weitergeben Damit konnte sich ein Patient gegen seine langjährige Hausärztin mit einer Schmerzensgeldforderung durchsetzen. Die Hausärztin hatte den Patienten wegen Schmerzen im linken Bein und Fuß an einen Facharzt überwiesen. Später wurde eine Geschwulst in der Kniekehle entdeckt, die bei einer Operation entfernt wurde. Dass die Geschwulst ein bösartiger Tumor war, teilte die Klinik ausschließlich der Hausärztin, nicht aber dem behandelnden Facharzt und auch nicht dem betroffenen Patienten mit.

den Informationsfluss aufrechterhalten, wenn sich aus der Information selbst nicht eindeutig ergibt, dass der Patient oder der diesen weiterbehandelnde Arzt sie ebenfalls erhalten hat.

Erst nach mehr als einem Jahr, als der Patient die Hausärztin wegen einer Handverletzung das nächste Mal aufsuchte, wurde er informiert. Erst danach wurde somit die klinische Behandlung fortgesetzt, der Patient benötigte weitere Krankenhausaufenthalte und Operationen. Der Bundesgerichtshof (BGH) korrigierte die Auffassung der Vorinstanz. Das Verfahren wird nun zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht (OLG) verwiesen. Laut BGH hätte die Ärztin dem Arztbrief, der nur an sie ging, entnehmen können, dass die Klinik sie irrtümlicherweise für die behandelnde Ärztin hielt. Gerade in ihrer koordinierenden Funktion als Hausärztin hätte sie die Information weitergeben müssen. Der Arzt habe sicherzustellen, dass der Patient von Arztbriefen mit bedrohlichen

Es sei ein schwerer ärztlicher Behandlungsfehler, wenn der Patient über einen bedrohlichen Befund, der Anlass zu umgehenden und umfassenden ärztlichen Maßnahmen gebe, nicht oder nicht rechtzeitig informiert und ihm die erforderliche ärztliche Beratung versagt werde. m RA Jörg Hohmann Befunden – und gegebenenfalls von der angeratenen Behandlung – Kenntnis erhält, auch wenn diese nach einem etwaigen Ende des Behandlungsvertrages bei ihm eingehen. Der Arzt, der als einziger eine solche Information bekommt, muss

Urteil des BGH vom 26.06.2018 – IV ZR 285/17 Rechtsanwalt Jörg Hohmann Kanzlei Prof. Schlegel Hohmann und Partner Paul-Nevermann-Platz 5 22765 Hamburg

AKTUELLE RECHTSPRECHUNG

Krankenhausbehandlung ohne vertragsärztliche Einweisung Die klagende Krankenhausträgerin forderte für die teilstationäre Behandlung des bei der beklagten Krankenkasse Versicherten 5.596,24 Euro. Die Beklagte lehnte jegliche Zahlung ab, da die Behandlung ohne vertragsärztliche Einweisung (als „Selbsteinweisung“) erfolgte.

Anders als das Sozialgericht Hannover hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen die Beklagte zur Zahlung nebst Zinsen verurteilt. Zu Recht, wie das Bundessozialgericht (BSG) entschieden hat: Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung wie hier in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt, erforderlich und wirtschaftlich ist. Eine vertragsärztliche Verordnung ist auch außerhalb von Notfällen keine formale Voraussetzung des Anspruchs. Dies riefe Versorgungsmängel hervor und setze die Krankenhäuser bei der Aufnahmeprüfung unzumutbaren Haftungsrisiken aus. Sie dürfen Versicherte, die sich ohne vertragsärztliche Einweisung mit einer Akutsymptomatik vorstellen, nicht einfach ohne Untersuchung wegschicken. Die hiervon abweichende Vereinbarung im niedersächsischen Landesvertrag verstößt gegen Bundesrecht (Aktenzeichen B 1 KR 26/17 R). m Quelle: Pressemitteilung BSG, 36/2018, 19. Juni 2018


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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

RHEUMAPREIS 2018

10-jähriges Jubiläum: Ein Rückblick Der BDRh e. V. ist der Berufsverband für Fachärzte der Inneren Medizin und Rheumatologie, der Kinderheilkunde und Jugendmedizin mit Zusatzbezeichnung Rheumatologie. Eine Aufgabe des Verbands ist neben den berufspolitischen Aufgaben die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen, unabhängig vom Alter.

In den vergangenen 20 Jahren haben wir in der Rheumatologie einen bahnbrechenden Wandel sowohl in dem Verständnis von immunologischen Zusammenhängen, aber auch von therapeutischen Möglichkeiten erleben können. Erstmals gelingt es jetzt, diese chronisch-entzündlichen Erkrankungen so gut zu behandeln, dass die betroffenen Menschen mit Rheuma ein fast beschwerdefreies Leben führen können. Wir als Ärzte betreuen unsere Patienten in der Regel lange und begleiten sie auf ihrem Weg mit der chronischen Erkrankung. Sie erkranken in ganz unterschiedlichen Lebensphasen, zum Teil schon als Kinder oder junge Erwachsene. Der größere Teil der Patienten ist meist in der Mitte des Lebens von der entzündlichen Erkrankung betroffen. Wenn die Diagnose gestellt und die Therapie effektiv ist, stellen sich häufig wichtige Fragen zur Lebensplanung, zur Berufstätigkeit oder zum Kinderwunsch. Auch hierfür sind wir oft Ansprechpartner und geben Beratung und Unterstützung und treffen Entscheidungen partizipativ gemeinsam mit dem Patienten. Auf diesem Weg ist es naheliegend, dass wir unsere Patienten ebenso in ihrer Arbeitswelt und Berufstätigkeit unterstützen. Denn das Ziel ist es, eine hohe Lebensqualität für Menschen mit Rheuma in allen Lebensjahren zu erreichen.

BDRh seit 2010 mit an Bord der Initiative RheumaPreis Im Jahr 2010 hat sich der BDRh der Initiative RheumaPreis angeschlossen, um Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zu mehr Offenheit im Umgang mit Rheuma am Arbeitsplatz zu ermutigen. Aus den täglichen Patientengesprächen ist zu erfahren, wie wichtig ein Arbeitsplatz ist, nicht nur für die wirtschaftliche Unabhängigkeit, sondern auch für die soziale Teilhabe. Viele der Patienten sind zurückhaltend gegenüber Arbeitgebern aus Furcht vor Arbeitsplatzverlust oder fühlen sich den Herausforderungen nicht gewachsen oder sind auf der Suche nach dem passenden Beruf. Umso überzeugender sind dann Beispiele von Menschen mit Rheuma, die meist zusammen mit ihren Arbeitgebern Lösungen vorstellen und Mut machen. Sie zeigen, dass ein Leben mit Rheuma und Arbeit vereinbar sind. Die Initiative RheumaPreis feierte dieses Jahr ihr 10-jähriges Bestehen. Die Initiatoren waren das Unternehmen AbbVie, die Arbeitsgemeinschaft regionaler Rheumazentren (AGRZ) in der DGRh, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter

und Hauptfürsorgestellen (BIH), die Initiative neue Qualität für Arbeit, die Rheuma-Liga Hessen, die Patientenvertreterin Kerstin Bleuel und der Verband deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW). Im Jahr 2010 kamen der BDRh und der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) hinzu. Ein Jahr später stießen die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB), die Deutsche Rheuma-Liga, die Deutsche Kinderrheuma-Stiftung und auch die Lupus erythematodes Selbsthilfegemeinschaft als weitere neue Partner hinzu. Zwischenzeitlich zählt auch der Fachverband Rheumatologische Fachassistenz zu den Mitgliedern der Initiative, mit Lilly und Novartis gehören auch noch zwei weitere Unternehmen dazu.

Rheumapatienten im Beruf halten – großer Nutzen für Alle Derzeit geben rund 5 % der Berufstätigen mit Rheuma im ersten Jahr ihrer Erkrankung und rund 20 % nach 3 Jahren ihren Arbeitsplatz auf. (1, 2) Dies zeigt welche große Bedeutung dieses Thema hat und dass Handlungsbedarf besteht, insbesondere unter dem Aspekt des zunehmenden Fachkräftemangels in Deutschland. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) werden bis 2025 bis zu sechs Millionen Arbeitskräfte in Deutschland fehlen. Jeder siebte Arbeitsplatz droht unbesetzt zu bleiben. Laut DIHK ist der Fachkräftemangel inzwischen das größte Zukunftsproblem für die Wirtschaft. Es werden kreative individuelle Lösungen gebraucht, um das wertvolle Know-how auch der chronisch erkrankten Menschen in den Unternehmen zu halten. Im Laufe der vergangenen Jahre waren diese wechselhaften Anforderungen auch an den Bewerbungen zu sehen. Anfangs stand sehr die Arbeitsplatzgestaltung (ergonomischer Stuhl, Schreibtisch Tastatur etc.) im Vordergrund, heute sind es zunehmend flexible Arbeitszeitlösungen und z. B. Home OfficeArbeitsplätze oder die Digitalisierung der Arbeitsabläufe. Auch Modelle in der Selbständigkeit wurden ausgezeichnet oder die Berufsfindungswege von jungen Menschen mit Rheuma. Es fanden sich jedes Jahr viele sehr herausragende Beispiele. Besonders berührend sind auch jene Preisträger, die eine langfristig nachhaltige Perspektive entwickeln konnten und zum Teil an späteren Preisverleihungen teilnehmen und darüber berichten. Ich bin seit acht Jahren als Jurymitglied vom BDRh delegiert dabei und bin der festen Überzeugung, dass dieser Rheumapreis einen immer noch gültigen Anspruch erfüllt. Entzündlich-rheu- →


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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

Abb.: Impressionen von der RheumaPreis-Verleihung auf dem DGRh-Kongress in Mannheim am 20. September 2018; im Bild rechts die Preisträgerinnen (von li.: Dr. Susanne Nolof, Ärztin, die stellvertretend für ihre Patientin, Anja Karlstetter, den Preis entgegennahm, Ines Brodbeck und Michaela Frank)

matische Erkrankungen sind nach wie vor zu wenig bekannt und werden fälschlicherweise als Erkrankungen des höheren Lebensalters eingeschätzt. Menschen mit Rheuma stehen mitten im Leben und können und wollen ebenso eine uneingeschränkte Berufstätigkeit, Familienplanung und Lebensqualität erreichen. Dem RheumaPreis ist es ein Anliegen zu mehr Offenheit im Umgang mit der Erkrankung zu ermutigen und zu zeigen, wie gemeinsames Engagement von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Veränderungen bestehender Situationen und Selbstständigkeit am Arbeitsplatz führen kann. Studien zeigen, dass für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma eine geregelte Arbeit und dadurch gewonnene Stabilität und Sicherheit wesentlich zur Lebensqualität beiträgt. Geregelte Arbeit stärkt das Selbstbewusstsein und das Gefühl selbstverständlicher und wichtiger Teil des gesellschaftlichen

Lebens zu sein. Ein offener und konstruktiver Umgang mit chronisch en Erkrankungen im Berufsalltag ist deshalb wünschenswert. Es geht nicht um Mitleid und Rücksicht, sondern um Stärke und Anerkennung des Menschen, egal wie alt er ist und was er mit sich bringt. m Literatur: 1 Eberhardt K et al., J Rheumatol 2007; 34(3): 481-487 2 Mau W et al., Z Rheumatol 2008; 67(2): 157-164

Dr. med. Dr. Kirsten Karberg Praxis für Rheumatologie und Innere Medizin Schloßstraße 110, 12163 Berlin Vorstandsmitglied BDRh e.V. Jurymitglied RheumaPreis

Die Preisträger des Jahres 2018 Ines Brodbeck aus Schönaich, heute 36 Jahre und Verwaltungsangestellte in der Rechenstelle des Sozialamts, die seit ihrem fünften Lebensjahr an rheumatoider Arthritis (RA) leidet, und seit vielen Jahren tatkräftig von ihrem Arbeitgeber, dem Landratsamt Böblingen, unterstützt wird. Michaela Frank aus Winnenden, heute 50 Jahre, wurde im Alter von 40 Jahren ebenfalls mit RA diagnostiziert. Ihr Arbeitgeber, das Klinikum Schloss Winnenden, ermöglichte ihr eine innerbetriebliche Umschulung zur IHK-geprüften Bürokauffrau, sodass sie jetzt zu 70 % als Personalratssekretärin und Mitarbeiterin im Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) arbeiten kann. Anja Karlstetter aus Tornesch erkrankte im Alter von 40 Jahren an mikroskopischer Polyangiitis, was sie zur Aufgabe ihres Berufs zwang, ihr mit Hilfe ihrer betreuenden Ärztin aber den Weg in die Selbständigkeit ebnete, was schon immer ihr Traum war. Im September 2018 feierte ihr Fitnessstudio „inBalance“ – wie auch der mit jeweils 3.000 Euro dotierte RheumaPreis selbst – das 10-jährige Jubiläum.


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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

Weiterbildungsassistent/in oder FÄ/FA für rheumatologische Praxis in Stuttgart gesucht, Teilzeit flexibel möglich. Zuschriften bitte unter: rheumatologe-gesucht@web.de Rheumatologische Praxis Dr. Engel/Dr. Weidner Rotebühlstr. 66 70178 Stuttgart

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Ihre Bewerbung richten Sie bitte an: Internistische Schwerpunktpraxis Immunologie, Rheumatologie, Osteologie Dr. Ludwig Kalthoff JosefCarrée Bochum Gudrunstraße 56, 44791 Bochum Tel. 0234/95544-30 Fax 0234/95544-320 eva.kalthoff@rheumaticon.de

Sehr gutes Arbeitsklima, enge Zusammenarbeit mit den umliegenden Rheumakliniken und moderne Diagnostik, einschließlich Osteodensitometrie, z. B. mit drei modernen hochauflösenden Ultraschallgeräten in 3 eigenen Untersuchungszimmern, wird geboten. Weiterbildungsbefugnis für 18 Monate für Rheumatologie und 12 Monate Innere Medizin ist vorhanden. Dr. med. J. Währisch/P. Flaxenberg Rheumazentrum Essen-Altenessen Wilhelm-Nieswandt-Allee 123, 45326 Essen Tel. 0201/837010, Fax 0201/837010 mail@docwaehrisch.de

Preis € 35.500,Bei Interesse bitte melden unter: rheumascan@hamburg.de


Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

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WWW.BDRH.DE

Als bundesweit tätige gemeinnützige Einrichtung mit rund 6.700 Mitarbeitern nehmen wir eine bedeutende Position im Bereich der Gesundheitsversorgung in Deutschland ein.

Wir suchen zum nächstmöglichen Termin zur Vollzeitbeschäftigung Sie als engagierten Internisten (m/w) mit Schwerpunkt Rheumatologie Die Tätigkeit erfolgt in Anstellung auf einem vollen KV-Sitz. Im MVZ sind zusätzlich zu der Rheumatologie die Nephrologie und Angiologie vertreten. Schwerpunkt des MVZ ist die facharztübergreifende Patientenversorgung. Es besteht eine enge Kooperation mit der Rheumatologie im Sana Klinikum Offenbach unter chefärztlicher Leitung von Frau Professor de Groot, mit der Möglichkeit der gemeinsamen Patientenbesprechung. Außerdem besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem KfHNierenzentrum Offenbach im gleichen Gebäude. Wir bieten Ihnen eine selbständige Tätigkeit in kollegialer Atmosphäre, eine sichere und zukunftsorientierte Position, ein leistungsgerechtes Entgelt mit einem zusätzlichen variablen Vergütungsanteil, umfangreiche Sozialleistungen sowie eine überdurchschnittliche Altersversorgung. Wir erwarten von Ihnen eine hohe Fach- und Sozialkompetenz, Kommunikations- und Kooperationsstärke, Flexibilität, Offenheit für neue Lösungen sowie die Fähigkeit, eine hohe Patientenbindung aufzubauen. Dieses Angebot richtet sich selbstverständlich auch an Interessenten mit Behinderung. Wir freuen uns auf Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen: KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e. V. Personalmanagement Ärzte Martin-Behaim-Str. 20, 63263 Neu-Isenburg bewerbung-aerzte@kfh-dialyse.de, www.kfh.de/mvz/offenbach, www.kfh.de

Für ertragsstarke internistisch-rheumatologische Facharztpraxis wird nette/r

Das MVZ DaVita Geilenkirchen sucht zur Verstärkung des Teams ab sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt einen

Rheumatologe/in zur Mitarbeit und/oder späterer Nachfolge

Facharzt (m/w) für Innere Medizin

im Raum Düsseldorf-Neuss gesucht. Wir bieten: – verkehrsgünstige Lage – alle Vorzüge des Raums DüsseldorfNeuss in Bezug auf Kultur, Bildung, Sport und Freizeit – moderne Praxis (Autoimmunlabor, Sonographie) – vielseitige Kooperationen (ASV ist beantragt) – flexible Mitarbeitsgestaltung und Einstiegsmöglichkeiten, z. B. Anstellung mit Umsatzbeteiligung, zusätzlicher KVSitz möglich – motiviertes Mitarbeiterteam mit zwei rheumatologischen Fachassistentinnen und Study Nurse www.rheumatologie-neuss.net

mit abgeschlossener Weiterbildung in Rheumatologie. Eine abgeschlossene nephrologische Weiterbildung wäre von Vorteil. DaVita Deutschland betreut in zahlreichen Dialysezentren Patienten mit Nierenversagen, in mehreren MVZ wird das Behandlungsspektrum ergänzt durch Teams von Kardiologen und Diabetologen, seit 2017 ist auch die Rheumatologie vertreten. Am Standort Geilenkirchen wird im Bereich der Rheumatologie eine große Anzahl von Patienten überwiegend mit entzündlich rheumatischen Systemkrankheiten betreut. Ein rheumatologisch immunologisches Labor ist vorhanden, die Möglichkeit zur Röntgenkooperation besteht am Ort. Bringen Sie sich bei uns mit Ihrem Können ein – der nächste Schritt ist, Ihre Bewerbung per E-Mail an Arnold.Bussmann@davita-dialyse.de inklusive Ihres frühestmöglichen Eintrittstermins und Ihrer Gehaltsvorstellung zu senden. Falls Sie vorab Fragen haben, wenden Sie sich bitte rheumatologisch an Herrn Dr. Bussmann (Arnold.Bussmann@davita-dialyse.de) bzw. nephrologisch an Frau Dr. Schneider (Beate.Schneider@davita-dialyse.de). Wir freuen uns auf den Kontakt mit Ihnen! MVZ DaVita Geilenkirchen GmbH Herzog Wilhelm Straße 105 52511 Geilenkirchen www.davita.com/de


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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

ENTZÜNDLICHE ARTHRITIS UND ARTHROSE

EULAR-Empfehlungen 2018 zu körperlicher Aktivität vorgestellt Regelmäßige körperliche Aktivität wird in zunehmendem Maße auch für Patienten mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen angeraten – die Evidenz zusätzlich zu Pharmakotherapien ist unbestritten. Auf Basis der Empfehlungen zu körperlicher Bewegung bei Gesunden durch US-amerikanische Fachgesellschaften (ACSM/AHA) evaluierte eine EULAR Task Force um Anne-Kathrin Rausch Osthoff, Zürich (Schweiz), deren potenziellen Nutzen bei Patienten mit entzündlicher Arthritis (i. E. rheumatoide Arthritis, RA, und Spondyloarthritis, SpA) und Arthrose (der Knie oder der Hüfte), mit dem Ziel, Evidenz-basierte Empfehlungen für die klinische Praxis auszusprechen. Die in Gänze lesenswerte Arbeit wurde vor Kurzem publiziert.

ken beflügeln und – wie von der EULAR Task Force gefordert – in die Standardversorgung von Patienten mit RA, SpA, Knie- und Hüftarthrose implementiert werden.

4 übergreifende Prinzipien und 10 Empfehlungen

Unter Anwendung der EULAR SOPs aus 2014 entwickelte die Task Force aus 16 Ländern (Rheumatologen, andere Ärzte/ Experten und Patientenvertreter) nach Durchführung eines systematischen Literatur-Reviews und mehreren Meetings einen praxisnahen Leitfaden mit vier übergreifenden Prinzipien und zehn Empfehlungen für Interventionen zur körperlichen Aktivität bei Arthritis- und Arthrose-Patienten mit durchweg hohem Empfehlungsgrad. In Anbetracht der klaren Evidenz für ihre Effektivität, Durchführbarkeit und Sicherheit werden Maßnahmen zur körperlichen Aktivität als integraler Bestandteil der Patientenversorgung erachtet. Angesichts der auch hierzulande bislang nur spärlichen Verordnung von z. B. Physiotherapie, Funktionstraining und anderer, erwiesenermaßen sinnvoller Interventionen, bleibt zu hoffen, dass die Empfehlungen das bereits eingesetzte Umden-

Die vier übergreifenden Prinzipien besagen: (1) Körperliche Aktivität ist ein Teil des generellen Konzepts zur Optimierung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. (2) Für Patienten mit RA, SpA, Hüft- und Kniearthrose hat körperliche Aktivität gesundheitliche Vorteile. (3) Die generellen Empfehlungen (von ACSM und AHA) zur körperlichen Aktivität, einschließlich der vier Domänen kardiorespiratorische Fitness, Muskelstärke, Beweglichkeit und neuromotorische Leistung sind auch anwendbar, d. h. durchführbar und sicher bei Patienten mit RA, SpA und Arthrose. (4) Die Planung körperlicher Aktivität erfordert eine gemeinsame Entscheidung von Arzt/ Gesundheitsexperten und den Patienten mit RA, SpA und Arthrose, die deren Präferenzen, Möglichkeiten und Ressourcen mit berücksichtigt. Nun zu den 10 spezifischen Empfehlungen: (1) Die Anregung zu körperlicher Aktivität sollte konsistent mit den generellen Empfehlungen für Gesunde ein integraler Bestandteil der Standardversorgung im gesamten Erkrankungsverlauf von Patienten mit RA, SpA, Hüft- und Kniearthrose sein. (2) Alle in die Versorgung von RA-, SpA- und ArthrosePatienten involvierten Ärzte/Fachkräfte

sollten Verantwortung übernehmen, zu körperlicher Aktivität zu ermutigen und zu kooperieren, einschließlich erforderlicher Überweisungen, um sicherzustellen, dass die Patienten angemessene Interventionen zu körperlicher Aktivität erhalten. (3) Interventionen dieser Art sollten angeboten werden von Ärzten/ Fachkräften mit entsprechender Kompetenz für Patienten mit RA, SpA und Arthrose. (4) Ärzte sollten den Typ, die Intensität, Frequenz und Dauer aktueller körperlicher Aktivität der Patienten durch Anwendung standardisierter Methoden evaluieren, um zu identifizieren, welche der vier Domänen (kardiorespiratorisches „aerobes“ Training, Muskeltraining in Form von Widerstandsübungen, Beweglichkeitstraining und neuromotorisches Training für bessere Koordination) der generellen Empfehlungen zu körper-

Das American College of Sports Medicine (ACSM) und die American Heart Association (AHA) empfehlen Gesunden körperliche Aktivität in einer mittleren Intensität von 150 Minuten pro Woche bzw. als intensives Herz-KreislaufTraining von 75 Minuten 2bis 3-mal pro Woche, oder als Kombination von beidem, sowie ein Training von Muskelkraft, Beweglichkeit und Neuromotorik 2- bis 3-mal pro Woche sowie der Ausdauer 2-mal pro Woche.


Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

(5) Generelle und Krankheits-spezifische Kontraindikationen für körperliche Aktivität sollten identifiziert und beim Anbieten solcher Maßnahmen berücksichtigt werden. (6) Interventionen zu körperlicher Aktivität sollten klare personalisierte Ziele haben, die im zeitlichen Verlauf evaluiert werden sollten, vorzugsweise durch die Kombination subjektiver und objektiver Messparameter (einschließlich Selbstüberwachung, wenn angemessen). (7) Generelle und Krankheits-spezifische Barrieren und unterstützende Faktoren in Bezug auf das Durchführen körperlicher Aktivitäten, einschließlich Kenntnissen, sozialer Unterstützung, Symptomkontrolle und Selbstregulierung, sollten identifiziert und adressiert werden. (8) Wo individuelle Anpassungen an die generellen Empfehlungen zur körperlichen Aktivität erforderlich sind, sollten diese auf einer

umfassenden Erhebung körperlicher, sozialer und psychologischer Faktoren einschließlich Fatigue, Schmerz, Depression und Krankheitsaktivität basieren. (9) Ärzte/Fachkräfte sollten Interventionen zu körperlicher Aktivität planen und anbieten, die Techniken zu Verhaltensänderungen wie Selbstüberwachung, das Stecken von Zielen, das Planen von Aktionen, Feedback und Problemlösungen, einschließen. (10) Ärzte/Fachkräfte

sollten in Übereinstimmung mit den jeweiligen Präferenzen der Patienten verschiedene Arten der Durchführung körperlicher Aktivitäten (z. B. überwacht vs. nicht-überwacht, individuell vs. in einer Gruppe, von Angesicht-zu-Angesicht vs. Online-Übungen, mit Booster-Strategien etc.) in Erwägung ziehen. m Quelle: Ann Rheum Dis 2018; 77(9): 1251– 1260

Jenseits der medikamentösen Therapie haben Physiotherapie und Funktionstraining bis dato einen zu geringen Stellenwert in der Rheumatologie – auch der Knappheit an Ressourcen (zu wenige Rheumatologen, oft auch zu wenige qualifizierte Anbieter) und Erstattungsproblemen geschuldet. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die EULAR-Empfehlungen hier – die Evidenz ist eindeutig – zu einem noch stärkeren Umdenken führen. Schon aufgrund der in der Publikation enthaltenen generellen Empfehlungen (für Gesunde), die womöglich auch nicht jedem Rheumatologen geläufig sind, lohnt sich ein vertiefender Blick in die Vollpublikation.

KOMPAKT

licher Aktivität bei Gesunden ein Ziel der Verbesserung sein sollten.

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

SMS halten Rheumapatienten in Bewegung Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben laut einer dänischen Studie ein erhöhtes Herzinfarktrisiko, wenn sie sich zu wenig bewegen. Ein in Dänemark entwickeltes Programm zeigt, dass die Betroffenen nach einem Motivationstraining und durch regelmäßige SMS über das Smartphone weniger Zeit im Sitzen verbringen. Die DGRh hält das Programm für vorbildlich, denn Bewegung kann dazu beitragen, dass das Herzinfarktrisiko bei RA sinkt und Gelenke beweglich bleiben. Sie empfiehlt Patienten, sich ausreichend zu bewegen – in welchem Maße könne mit dem behandelnden Rheumatologen besprochen werden.

Die Gefahr, im mittleren Lebensalter einen Herzinfarkt zu erleiden, war in einer dänischen Studie vor allem für jüngere Frauen mit RA deutlich erhöht. Rheumatologen am Rigshospitalet Glostrup bei Kopenhagen haben deshalb eine Schulung entwickelt, die RA-Patienten veranlassen soll, sich häufiger aus ihren Stühlen und Sesseln zu erheben. Im Motivationstraining geschulte Krankenpflegerinnen berieten die Patienten dazu in drei Gesprächen. Zunächst machten die Trainerinnen die Patienten auf die Risiken des Bewegungsmangels aufmerksam. Anschließend loteten die Pflegerinnen zusammen mit jedem einzelnen Patienten aus, welche Möglichkeiten der per-

sönliche Alltag für mehr Bewegung bietet. Die Krankenschwestern überlegten mit den Patienten zudem, welche Tätigkeiten, die sie im Sitzen verrichten, auch im Stehen möglich sind. Das Ziel war, die sitzenden Tätigkeiten durch regelmäßige Steh- und Gehpausen zu verkürzen. In einer Studie, die das Team im vergangenen Jahr veröffentlichte, konnte die Sitzdauer der geschulten Patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe um über zwei Stunden am Tag verkürzt werden. Zum Erfolg der Interventionen könnten nach Einschätzung von DGRhPräsident Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg, auch die SMS-Nachrichten

beigetragen haben, die die Patienten unter der Woche 1x täglich daran erinnerten, wie wichtig die Bewegung für sie ist. Die körperliche Bewegung leistete in der Studie auch einen großen Beitrag zur Therapie. So besserten sich Schmerzen und Abgeschlagenheit in der Interventionsgruppe stärker, ebenso die Lebensqualität und die körperlichen Funktionen. m Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 29. August 2018 Literatur: Thomsen T et al., Ann Rheum Dis 2017; 76(9): 1603-1606


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ARTHROSEN DER HAND- UND FINGERGELENKE

Update der EULAR-Empfehlungen 2018 publiziert Die letzten EULAR-Empfehlungen zum Management der Handarthrose stammten aus dem Jahr 2007. Nachdem in der Zwischenzeit einige Fortschritte und zusätzliche Evidenz generiert wurden, formulierte basierend auf einem systematischen LiteraturReview eine EULAR Task Force aus 19 Ärzten – davon 12 Rheumatologen –, Experten und Patienten aus 10 europäischen Ländern fünf übergreifende Prinzipien und zehn neue Empfehlungen zur Handarthrose. Nach der Erstpräsentation auf dem EULAR-Kongress 2018 in Amsterdam wurden diese nun von Margreet Kloppenburg, Leiden (Niederlande), und Kollegen online publiziert.

Die EULAR-Empfehlungen, wie gehabt gemäß den EULAR SOPs aus dem Jahr 2014 entwickelt, bieten sowohl auf der Basis von Expertenmeinung als auch wissenschaftlicher Evidenz eine Up-todate-Anleitung zum Management der Handarthrose.

5 übergreifende Prinzipien und 10 spezifische Empfehlungen Zunächst zu den übergreifenden Prinzipien: (1) Das primäre Ziel des Managements der Handarthrose besteht in der Kontrolle der Symptome, wie Schmerz und Steifigkeit, und der Optimierung der Handfunktion, um so Aktivität, Teilhabe und Lebensqualität der Patienten zu maximieren. (2) Allen Patienten sollten Informationen zu Art und Verlauf der Erkrankung angeboten werden und eine Schulung zu SelbstmanagementPrinzipien und Therapieoptionen. (3) Das Management der Handarthrose sollte individualisiert werden unter Berücksichtigung der Lokalisation und des Schwere-

Nun die spezifischen Empfehlungen: (1) Schulung und Training in ergonomischen Prinzipien, zu Art und Umfang der Aktivität sowie dem Gebrauch von Hilfsmitteln sollten jedem Patienten angeboten werden. (2) Übungen zur Verbesserung von Funktion und Muskelstärke sowie zur Schmerzreduktion sollten bei jedem Patienten erwogen werden. (3) Eine Orthose sollte zur symptomatischen Linderung bei Patienten mit Rhizarthrose erwogen werden. Eine Langzeitanwendung wird befürwortet. (4) Topische werden gegenüber systemischen Therapien aus Sicherheitsgründen präferiert. Topische NSAR sind die erste topische pharmakologische Therapie der Wahl. (5)

Orale Analgetika, speziell NSAR, sollten für eine limitierte Zeitdauer zur Schmerzlinderung in Erwägung gezogen werden. (6) Bei Patienten mit Handarthrose kann Chondroitinsulfat zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung eingesetzt werden. (7) Intraartikuläre Glukokortikoid-Injektionen sollten nicht generell bei allen Patienten eingesetzt werden, können aber bei schmerzhaften Interphalangeal-Gelenken in Erwägung gezogen werden. (8) Patienten mit Handarthrose sollten nicht mit konventionellen oder biologischen DMARDs behandelt werden. (9) Eine Operation sollte bei Patienten mit strukturellen Abnormitäten erwogen werden, wenn andere Therapien keine ausreichend effektive Schmerzlinderung bieten. Eine Trapezektomie sollte bei Patienten mit Rhizarthrose erwogen werden und eine Arthrodese oder Arthroplastie bei solchen mit einer Interphalangealarthrose. (10) Das LangzeitFollow-up von Handarthrose-Patienten sollte an deren individuelle Bedürfnisse angepasst werden. m Quelle: Ann Rheum Dis 2018; doi: 10.1136/annrheumdis-2018-213826

Während die Empfehlungen zur Chirurgie vor allem auf Expertenmeinung basieren, gründen jene zu konservativen Therapien auf solider Evidenz. Die wichtigsten Take home-Messages: Topische NSAR sind gleich gut wie orale (letztere sollten mit Bedacht eingesetzt werden), als einzigem „SYSADOA“ wird Chondroitinsulfat bei Hand- (nicht aber Knie/Hüft-)Arthrose ein gewisser vorteilhafter Effekt zugebilligt, i.a.-Glukokortikoid-Injektionen werden auf Basis neuer Studien nur noch in bestimmten Fällen als sinnvoll erachtet und, auch wenn es einige Rheumatologen auf dem EULAR verwunderte, gilt: Finger weg von csDMARDs und Biologika, da neuere Studien keinerlei Evidenz für einen Nutzen zeigten.

KOMPAKT

grads sowie von Komorbiditäten. (4) Das Management der Handarthrose sollte auf einer gemeinsamen Entscheidung von Patienten und Arzt/Gesundheitsexperten basieren. (5) Ein optimales Management der Handarthrose bedarf zumeist eines multidisziplinären Ansatzes. In Ergänzung zu nicht-pharmakologischen Maßnahmen sollten pharmakologische Therapieoptionen und chirurgische Eingriffe erwogen werden.


Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Neue Erkenntnisse zum Therapieabbau Nach dem Erreichen einer anhaltenden Remission ist bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) eine Dosisreduktion von Biologika in vielen Fällen möglich, während ein komplettes Absetzen in der Mehrzahl der Fälle in einem Flare resultiert. Dies bestätigt auch eine retrospektive japanische Studie, die sich zugleich mit prognostischen Faktoren für einen Remissionserhalt beschäftigte. Bei oralen JAK-Inhibitoren scheint zumindest die Dosishalbierung eine tragfähige Option zu sein, wie eine randomisierte, doppelblinde RA-BEYOND-Substudie zu Baricitinib verdeutlicht.

Dosisreduktion von Baricitinib oft möglich In der aktuellen Analyse von Tsutomu Takeuchi, Tokio (Japan), und Kollegen, wurden 559 Teilnehmer aus der RA-BEYOND-Studie mit mindestens 48-wöchigem Follow-up ausgewertet (im Mittel 54 Jahre, Krankheitsdauer 9,4 Jahre, 75 % Frauen, 82 % zusätzlich auf Methotrexat [MTX]), die zuvor unter der Baricitinib 4 mg-Dosis für ≥15 Monate eine niedrige Krankheitsaktivität gemäß CDAI (≤10) aufwiesen und nachfolgend auf eine Beibehaltung oder Dosishalbierung auf täglich 2 mg randomisiert wurden (eine Rescue-Therapie mit 4 mg Baricitinib war gestattet). Primärer Endpunkt war der Erhalt eines CDAI ≤10, sekundärer Endpunkt eine CDAI-Remission (≤2,8) – jeweils erfasst nach 48 Wochen, ebenso wie die Sicherheit von 4 vs. 2 mg Baricitinib. (1) Im Ergebnis wurde in beiden Gruppen vielfach eine niedrige Krankheitsaktivität (LDA) gemäß CDAI (80 % mit 4  mg Baricitinib; 67 % mit 2  mg) oder eine CDAI-Remission (40 % mit 4  mg; 33 % mit 2  mg) über 48 Wochen aufrechterhalten. Nichtsdestotrotz resultierte die Halbierung der Dosis in einem geringen, aber statistisch signifikanten Anstieg der Krankheitsaktivität in Woche 12, 24 und 48. Nicht unerwartet führte die Halbierung der Baricitinib-Dosis zu einem frü-

heren und häufigeren Relaps über 48 Wochen im Vergleich zur Fortsetzung der 4 mg-Therapie (23 % mit der 4  mgDosis vs. 37 % mit 2 mg; p=0,001). Die Rescue-Raten betrugen 10 % für Baricitinib 4  mg und 18 % für Baricitinib 2 mg. Jedoch konnte der CDAI-Status zu Baseline in zwei Drittel der Fälle binnen 6 Monaten unter der Rescue-Therapie wiederhergestellt werden, auch bei fast allen anderen Patienten gelang dies im weiteren Verlauf. Ähnliche Befunde zeigten sich in puncto SDAI, DAS28, SJC/TC, CRP und Arzturteil (PhGA), keine Differenzen waren hingegen in Bezug auf Schmerzen, BSG und HAQ-DI erkennbar. Die Dosisreduktion war mit einer numerisch geringeren Rate von Infektionen verbunden (30,6 vs. 24,9 %), jedoch waren schwere unerwünschte Ereignisse oder Therapieabbrüche in beiden Armen nicht verschieden. In dieser großen randomisierten, verblindeten Phase-III-Studie gelang somit der Erhalt der Krankheitskontrolle häufiger mit der 4 mg-Dosis, wobei die 2 mg-Dosis nicht wesentlich schlechter abschnitt und angesichts der bei erneuter Gabe der höheren Dosis fast stets erreichbaren Rückkehr zum initialen Status eine gute Option bei stabilen Patienten oder bei Sicherheitsbedenken darstellt.

(plus konventionelle DMARDs, Prednison) eine DAS28-Remission (hier definiert als ≤2,3) erzielt, eine Biologika-freie Remission nach Absetzen des Biologikums wurde als kein Anstieg über diesen Punktwert gewertet. (2) Im Ergebnis betrug diese Rate 21,5 % nach einem und 12,2 % nach zwei Jahren (medianer Remissionsverlust nach 70 Tagen). Unabhängig mit einer kontinuierlichen Remission assoziiert waren eine für ≥6 Monate bestehende Remission, keine Steroidgabe zum Zeitpunkt des Absetzens, das vorherige Erreichen einer Boolean-Remission und das eingesetzte Biologikum – Vorteile wurden hier für monoklonale TNFα-Antikörper und Abatacept im Vergleich zu anderen TNFα-Inhibitoren oder dem IL-6-Inhibitor Tocilizumab verzeichnet – nicht hingegen die Krankheitsdauer, vorherige Biologika-Naivität oder die zusätzliche Anwendung von MTX. m

Hohe Rückfallraten nach Biologika-Stopp

Vom kompletten Absetzen des Biologikums ist im Einklang mit den Leitlinien abzuraten. Ob sich Unterschiede im Remissionserhalt zwischen Biologika ableiten lassen, bleibt angesichts der retrospektiven Datenerfassung und geringen Gruppengrößen für die einzelnen Biologika jedoch fraglich.

Inwieweit nach dem Stoppen von Biologika die zuvor erreichte Remission bei RA-Patienten erhalten bleibt, untersuchten japanische Rheumatologen um Motomu Hashimoto, Kyoto, in einem Real-world-Setting. Die 181 Teilnehmer hatten unter verschiedenen Biologika

Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2018; doi: 10.1136/ annrheumdis-2018-213271 2 Arthritis Res Ther 2018; 20(1): 165

KOMPAKT

Zunächst zu RA-BEYOND, einer fortlaufenden Langzeitextension, in die Baricitinib-Patienten aus allen vier Phase-III-Studien (RA-BEGIN, RA-BEAM, RA-BUILD und RA-BEACON) eingeschlossen und bis zu 10 Jahre nachbeobachtet werden sollen.


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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Remissionsinduktion: DINORA-Studie im Fokus Bei Patienten mit entzündlicher Arthritis (EA) stellt sich die Frage, inwieweit mit einer frühen, aggressiven Therapiestrategie die Progression zur rheumatoiden Arthritis (RA) unterbunden oder zumindest verzögert werden kann. Eine europäische Studiengruppe um Josef S. Smolen, Wien (Österreich), untersuchte jetzt in der „Investigator-initiated“ randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten und multizentrischen DINORA-Studie die Wirksamkeit einer sofortigen Induktionstherapie mit dem TNFαAntikörper Infliximab plus Methotrexat (MTX) im Vergleich zu einer MTX-Monotherapie sowie Placebo bei Patienten mit einer sehr frühen entzündlichen Arthritis.

In die Pilotstudie wurden im Verhältnis 2:2:1 insgesamt 90 frühe EA-Patienten mit einer 12-wöchigen Synovitis in mindestens zwei Gelenken randomisiert entweder einer 12-monatigen Behandlung mit Infliximab in Kombination mit MTX, einer MTX-Monotherapie oder PlaceboTherapie unterzogen. Primärer Endpunkt war eine klinische Remission nach 12 Monaten (aufrechterhalten über mindestens zwei konsekutive Visiten im Abstand von acht Wochen) mit Remission definiert als keine geschwollene Gelenke (SJC=0), 0-2 druckschmerzhafte Gelenke (TJC) und Akute-Phase-Reaktanten (CRP oder BSG) im Normbereich.

In Woche 54 erreichten 32 % der Patienten unter der Kombinationstherapie mit Infliximab plus MTX den primären Endpunkt einer anhaltenden Remission im Vergleich zu 14 % unter MTX alleine sowie 0 % unter Placebo. Diese Differenz (p<0,05 über alle drei Gruppen hinweg) war statistisch signifikant für Infliximab plus MTX versus Placebo (p<0,05), nicht hingegen für Infliximab  plus  MTX im Vergleich zur MTX-Monotherapie (p= 0,10), oder für MTX alleine im Vergleich zu Placebo (p=0,31). Eine Medikamenten-freie Remission während des zweiten Jahres wurde aufrechterhalten bei 75 % der Infliximab/MTX-Patienten

gegenüber 20 % der Patienten unter der ursprünglichen MTX-Monotherapie. Die Ergebnisse der DINORA-Studie weisen laut den Autoren darauf hin, dass Patienten mit früher entzündlicher Arthritis von einer aggressiven Induktionstherapie mit einem TNFα-Inhibitor plus MTX im Vergleich zu MTX alleine profitieren können und auf diese Weise die Krankheitsprogression positiv beeinflusst werden kann. Wünschenswert wäre aber eine noch genauere Charakterisierung jener EA-Patienten, für die ein solcher Ansatz tatsächlich sinnvoll ist. m Quelle: Arthritis Res Ther 2018; 20(1): 174

Kardiovaskuläres Risiko: Biologika im Vergleich Insbesondere IL-6-Inhibitoren (und neuerdings auch JAK-Inhibitoren) sind mit einer eher unvorteilhaften Beeinflussung des Lipidprofils assoziiert, ohne dass dies – Stichwort Lipidparadoxon – das kardiovaskuläre Risiko steigert. US-amerikanische Rheumatologen um Jeffrey R. Curtis, Birmingham, verglichen in einer Kohortenstudie nun direkt Tocilizumab mit einer Reihe anderer Biologika im Hinblick auf das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse.

Zwischen 2006 und 2015 wurden anhand von Medicare- and MarketScanVerordnungsdaten 88.463 RA-Patienten mit erster Biologika-Therapie (ab 1. Januar 2010) erfasst. Primärer kombinierter Endpunkt waren Myokardinfarkte, Schlaganfälle und tödliche kardiovaskuläre Ereignisse, der potenzielle Einfluss der RA-Krankheitsaktivität wurde in einer Subgruppe (5-10 % der Fälle) zusätzlich mittels Multibiomarker (MBDA)Analyse bewertet. Die nicht-adjustierte Inzidenzrate (IR) pro 1.000 Patientenjahre für den primären Endpunkt bei Medicare-Patienten bewegte sich zwischen 11,8 für Etaner-

cept bis 17,3 für Rituximab. Bei gepoolter Auswertung aller TNFα-Inhibitoren betrug diese Rate 15,0. Im Vergleich zu Tocilizumab berechneten sich daraus adjustierte Hazard ratio‘s (HRs) von 1,01 für Abatacept, 1,16 für Rituximab, 1,10 für Etanercept, 1,33 für Adalimumab und 1,61 für Infliximab – also ein im Trend sogar geringeres Risiko unter dem IL-6-Inhibitor. Keine signifikanten Unterschiede im kardiovaskulären Risiko zwischen Tocilizumab und den anderen Biologika zeigten sich auch bei der Auswertung der MarketScan-Daten. Die Ergebnisse erwiesen sich als robust auch in diversen Subgruppenanalysen und nach Adjustierung auf die RA-Krankheitsaktivität. Frü-

here Erkenntnisse aus der ENTRACTEStudie mit dem Vergleich von Etanercept und Tocilizumab bestätigend, war das kardiovaskuläre Risiko unter Tocilizumab vergleichbar mit jenem unter Etanercept und einer Reihe weiterer Biologika. Angesichts der für TNFa-Inhibitoren bei RA-Patienten überzeugend nachgewiesenen Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse kann diese wohl auch auf IL-6-Inhibitoren (und andere Biologika) übertragen werden. m

Quelle: Arthritis Care Res 2018; doi: 10.1002/acr.23737


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GICHTARTHRITIS

Neue Studie zu reno- und kardioprotektiven Effekten von Febuxostat: Fragen bleiben offen Wird bei Gichtpatienten mit dem Standardmedikament Allopurinol der in Leitlinien empfohlene Serumharnsäure-Zielwert <6 mg/dl verfehlt, steht mit dem selektiven Xanthinoxidase-Hemmer Febuxostat eine effektive Therapiealternative zur Verfügung, in Bälde gilt dies auch für die Kombination aus Allopurinol und dem URAT-Inhibitor Lesinurad. Für Febuxostat ist dessen Einsatz bei kardiovaskulären Erkrankungen limitiert – die US-amerikanische CARES-Studie zeigte für Gichtpatienten im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse eine Nichtunterlegenheit versus Allopurinol, jedoch waren die Endpunkte kardiovaskulärer Tod und Gesamtmortalität erhöht. Weitere Daten zu den zuvor postulierten kardio- und renoprotektiven Effekten von Febuxostat lieferte jetzt die auf dem ESC-Kongress 2018 in München vorgestellte FREED-Studie.

Im Gegensatz zu CARES wurde Febuxostat in der deutlich kleineren randomisierten Studie FREED mit Placebo verglichen, eine mögliche Verzerrung zu Ungunsten von Febuxostat durch potenziell kardioprotektive Effekte von Allopurinol war hier also (weitgehend) ausgeschlossen. In der japanischen Studie erhielten 1.070 Gichtpatienten mit erhöhten Serumharnsäure-Spiegeln (>7,0 bis ≤9,0 mg/dl), ≥65 Jahre und erhöhtem Risiko für zerebrale, kardiovaskuläre oder renale Ereignisse (aufgrund Hypertonie, Typ-2-Diabetes, Niereninsuffizienz, früheren kardio- oder zerebrovaskulären Ereignissen) über einen Zeitraum von drei Jahren Febuxostat (schrittweise Auftitration von 10 auf 40 mg binnen 8 Wochen) oder Placebo (in CARES waren es zum Vergleich beinahe 6.200 Patienten, auch wurde in dieser Studie bei Bedarf auf die in Deutschland übliche 80 mgDosis auftitriert). Im Placeboarm war bei einem Anstieg des SerumharnsäureSpiegels der Einsatz von Allopurinol (100 mg) gestattet, wovon in 27 % der Fälle Gebrauch gemacht wurde. (1)

Inkonklusive Ergebnisse der FREED-Studie Der primäre kombinierte Endpunkt der auf einer Hot-Line Session von Kunihiko Matsui, Kumamoto (Japan), präsentierten Studie setzte sich aus Gesamtmortalität, zerebrovaskuläre Erkrankung, nicht-tödliche KHK, HerzinsuffizienzHospitalisierung, therapiepflichtige atherosklerotische Erkrankung, Nierenfunktionsstörung und Vorhofflimmern

zusammen, war also sehr weit gefasst, was die Interpretation der Daten entsprechend schwierig gestaltet. So räumte Matsui ein, dass dies statistischen Aspekten geschuldet, die Studie also im Grunde schlicht „underpowered“ war. Im Ergebnis wurde der primäre Endpunkt unter Febuxostat (in einer mittleren Dosis von lediglich 29 mg/Tag) signifikant um 25 % reduziert (23,3 vs. 28,7 %; p=0,017). Der fast alleinige Treiber dieses Befundes bestand in der signifikanten Reduktion renaler Ereignisse um 25,5 % (16,2 vs. 20,5 %; p=0,041). Für eine valide Aussage in puncto renoprotektiver Effekte erscheinen die Fallzahlen (87 vs. 109) zu gering, in noch stärkerem Maß gilt dies für die kaum ins Gewicht fallenden kardio- oder zerebrovaskulären Endpunkte, für die in keinem Fall statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen generiert wurden, gleiches gilt auch für das Auftreten unerwünschter Ereignisse (24,6 vs. 25,3 %; p=0,83). Letztlich lassen sich also weder eine Kardioprotektion noch ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Ereignisse durch Febuxostat ausschließen, wobei dessen geringe Dosis (die mittleren Serumharnsäure-Werte wurden dennoch auf 4,4 vs. 6,1 mg/dl gesenkt) die Aussagekraft der Studie noch weiter verringert. (1) In Summe bleibt die Frage zum Einfluss von Febuxostat auf das kardiovaskuläre Risiko bei Gichtpatienten offen, Antworten wird womöglich noch die europäische „Schwesterstudie“ zu CARES liefern, die seitens der EMA initiiert wurde. In Bezug auf eine positive Wirkung auf

Nierenfunktionsstörungen wurde auf dem ESC spekuliert, dass Febuxostat gegebenenfalls weniger eine „echte“ Renoprotektion (bei vorbestehender Niereninsuffizienz) bietet, aber zur Prävention der Mikroalbuminurie beitragen könnte. Ungeachtet dessen bleibt weiter die sehr gute Effektivität von Febuxostat in der Harnsäurereduktion bei Patienten auch mit teils stark eingeschränkter Nierenfunktion zu konstatieren, die in einer US-amerikanischen Phase-III-Studie von Kenneth Saag, Birmingham, und Kollegen zu einer Formulierung mit verzögerter Wirkstofffreisetzung ebenso wie dessen renale Sicherheit erneut bestätigt wurde. (2) m

Quellen: 1 ESC-Kongress, Hot-line Session 4, 28. August 2018 2 Arthritis Rheumatol 2018; doi: 10.1002/ art.40685


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PSORIASIS-ARTHRITIS

Guselkumab effektiv in Phase-II-Studie Bei Plaque-Psoriasis nach sehr guten Phase-III-Studiendaten bereits zugelassen, dürfte der selektive, gegen die p19-Untereinheit von IL-23 gerichtete vollhumane monoklonale Antikörper Guselkumab nach den von einer US-amerikanischen Studiengruppe um Atul Deodhar, Portland (USA), im Lancet publizierten Ergebnissen einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIa-Studie künftig auch bei Psoriasis-Arthritis (PsA) reüssieren.

In der Studie waren 149 Patienten mit aktiver PsA (SJC/TC je ≥3) und PlaquePsoriasis ≥3 % KOF trotz einer Standardtherapie mit DMARDs (9 % der Teilnehmer waren auch TNF-erfahren) im Verhältnis 2:1 auf Guselkumab 100 mg s.c. oder Placebo in Woche 0, 4 und 8 und dann alle 8 Wochen für 24 Wochen randomisiert worden (ab Woche 16 war bei einer Verbesserung von ≤5 % im SJC/TJC eine Rescue-Therapie mit Ustekinumab vorgesehen). Ab Woche 24 wechselten schließlich alle Placebo-Patienten auf Guselkumab 100 mg s.c. und erhielten dieses in Woche 24, 28, 36 und 44, während die durchgehend mit Guselkumab behandelten PsA-Patienten in Woche 24 eine Placebo-Injektion und dann in den Wochen 28, 36 und 44 wieder die Studienmedikation erhielten. Ein Follow-up erfolgte bis Woche 56, also

12 Wochen über die letzte Medikamentengabe hinaus. Als primärer Endpunkt fungierte das ACR20-Ansprechen in Woche 24, sekundäre Endpunkte waren das ACR50-Ansprechen, das Erreichen eines PASI75, der ΔHAQ-DI, Enthesitis (LEI) und Daktylitis (Score von 0-3). Der primäre und alle sekundären Endpunkte wurden in einer modifizierten Intention-to-treat (ITT)-Analyse in Woche 24 signifikant erreicht, so z. B. in puncto ACR20/50/70-Ansprechen (58,0 vs. 18,4 %, 34,0 vs. 10,2 % und 14,0 vs. 2,0 %). Der HAQ-DI verbesserte sich unter Guselkumab um -0,42 ab Baseline (p<0,001), das PASI75/90/100-Ansprechen (78,6, 66,3 bzw. 39,8 %) zeigte sich ebenso signifikant verbessert ( je p<0,001) wie Enthesitis und Daktylitis (p= bzw. <0,001). Mit 23 vs. 2 % erreichten auch signifi-

kant mehr Patienten unter Guselkumab eine minimale Krankheitsaktivität (MDA) (p<0,001). Signifikante Vorteile wurden überdies hinsichtlich der Lebensqualität (SF-36-PCS und –MCS) verzeichnet. Inzwischen auf dem ACR 2017 und EULAR 2018 vorgelegte Effektivitätsdaten bis Woche 56 belegen einen weiteren Anstieg der Ansprechraten. Die Sicherheit und Verträglichkeit waren jeweils gut, schwere Infektionen oder Todesfälle wurden nicht verzeichnet. Abzuwarten bleiben jetzt die künftigen Phase-III-Daten, derzeit scheint sich die Effektivität ungefähr in einem von der IL-17-Hemmung bekannten Bereich zu bewegen. m Quelle: Lancet 2018; 391(10136): 2213-2224

ANKYLOSIERENDE SPONDYLITIS

Positive Phase-II-Daten zu Filgotinib Bei rheumatoider Arthritis (RA) bereits etabliert, sind orale JAK-Inhibitoren auch in anderen Indikationen auf dem Weg zur Zulassung. So wurde Tofacitinib für die PsA zugelassen und wird derzeit nach guten Phase-II-Daten auch bei ankylosierender Spondylitis (AS) in Phase-III geprüft. Laut einer Meldung der Unternehmen Gilead und Galapagos erreichte nun der bei RA in Phase-III geprüfte JAK-Inhibitor Filgotinib in der Phase-II-Studie TORTUGA zur AS den primären Endpunkt.

In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie wurden 116 erwachsene Patienten mit mäßig bis schwer aktiver AS im Verhältnis 1:1 für 12 Wochen mit dem selektiven JAK-1-Inhibitor Filgotinib 200 mg (1x täglich) oder Placebo behandelt. Der primäre Endpunkt, eine Verbesserung im AS Disease Activity Score (ASDAS) in Woche 12, wurde signifikant erreicht mit einer durchschnittlichen Veränderung ab Baseline von -1,5 vs. -0,6 unter

Placebo (p<0,0001). Überdies erzielten unter Filgotinib gegenüber Placebo auch signifikant mehr Patienten ein ASAS20Ansprechen in Woche 12 (76 vs. 40 %; p<0,0001). Unerwünschte Ereignisse waren mild bis mäßig ausgeprägt und in den Gruppen gleichmäßig verteilt, neue Sicherheitssignale wurden nicht verzeichnet. Es kam unter Filgotinib zu einer schweren Infektion und bei einem Patienten mit vorbe-

stehendem Thrombose-Risiko zu einer nicht schwerwiegenden tiefen Beinvenenthrombose. Todesfälle, Malignitäten, hepatische Komplikationen, opportunistische Infektionen oder Herpes zoster wurden nicht beobachtet. Detaillierte Ergebnisse der TORTUGA-Studie werden auf künftigen Kongressen präsentiert. m Quelle: Pressemitteilung Gilead Sciences, Galapagos NV, 6. September 2018


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IDIOPATHISCHE ENTZÜNDLICHE MYOPATHIEN

Vorschlag für neues Klassifikationssystem Idiopathische inflammatorische Myopathien (IIM) präsentieren sich sehr heterogen sowohl in puncto Pathophysiologie als auch Prognose. Die Identifizierung Myositis-spezifischer Autoantikörper lässt in diesem Kontext auf unterschiedliche Patientensubgruppen schließen. Französische Experten um Kubéraka Mariampillai, Paris, setzen es sich es daher zum Ziel, ein neues Klassifikationsschema für Myositiden basierend auf phänotypischen, biologischen und immunologischen Kriterien zu entwickeln. Dieses sollte in erster Linie als eine stärker auf spezifische Myositis-Autoantikörper abhebende Ergänzung zu den erst kürzlich veröffentlichten EULAR/ACR-Klassifikationskriterien für IIM verstanden werden.

Zunehmende Bedeutung der Antikörper-Diagnostik Alle Patienten wurden umfassend auf das Vorliegen von Anti-Histidyl-tRNASynthetase (Jo1)-, Anti–Threonin-tRNASynthetase (PL7)-, Anti–Alanin-tRNASynthetase (PL12)-, Anti-komplexes Nukleosomen-Remodelling von HistonDeacetylase (Mi2)-, Anti-Ku-, Anti–Polymyositis/systemische Sklerose (PMScl)-, Anti-Topoisomerase 1 (Scl70)- und Anti– Signalerkennungspartikeln (SRP)-Antikörpern getestet. Zwei Drittel der untersuchten Patientenpopulation waren Frauen in einem mittleren Alter von 60 Jahren. Die Analyse identifizierte letztlich vier Cluster von IIM-Patienten: Das erste Cluster betrifft Patienten mit Einschlusskörperchen-Myositis (n=77), Männer, weiß, mit einem

Alter ≥60 Jahre und mit Schwächung von Fingerflexoren bzw. Quadrizeps sowie dem Befund vakuolisierter Muskelfasern und mitochondrieller Abnormitäten (72 von 77 Patienten [93,5 %]; p<0,001). Das zweite Cluster umfasst Patienten mit Immun-mediierter nekrotisierender Myopathie (n=91), Frauen mit hohen Kreatininphosphokinase-Spiegeln, einer Nekrose ohne Inflammation, sowie mit Anti-SRP oder mit Anti-3-Hydroxy3-Methylglutaryl-Coenzym A Reduktase (HMGCR)-Antikörpern (53 von 91 Patienten [58,2 %]; p< 0,001). Das dritte Cluster umfasst Patienten mit Derma-

tomyositis (n=52), mit Hautausschlag und Anti-Mi2-, Anti–Melanom-Differenzierungsantigen 5 (MDA5)- oder Anti-Transkriptions-Intermediärfaktor-1γ (TIF1γ)-Antikörpern (43 von 52 Patienten [82,7 %]; p< 0,001). Das vierte Cluster betrifft schließlich das AntisynthetaseSyndrom (n=40), eine Patientengruppe definiert durch das Vorliegen von AntiJo1 oder Anti-PL7-Antikörpern (36 von 40 Patienten [90,0 %]; p<0,001). m

Quelle: JAMA Neurol 2018; doi: 10.1001/jamaneurol.2018.2598

Die Clusteranalyse dieser retrospektiven Datenbank weist darauf hin, dass IIM in vier Subgruppen klassifiziert werden können, was sich auch bei Anwendung dieses Klassifikationsschemas in einer unabhängigen Kohorte (n=50) bestätigte. Im Verbund mit den von den internationalen rheumatologischen Fachgesellschaften ACR und EULAR vorgelegten Klassifikationskriterien für entzündliche Myopathien erleichtert es eine bessere Identifizierung von IIM-Patientensubruppen basierend auf einem klinisch-serologischen Ansatz, der potenziell eine frühere Diagnosestellung gestattet und den Weg zu künftigen, besser wirksamen Therapien bei diesen seltenen Erkrankungen ebnen könnte.

KOMPAKT

Ausgangspunkt der Entwicklung des neuen IIM-Klassifikationsschemas mit vier definierten Subgruppen war die Analyse einer Beobachtungskohorte von Patienten des französischen Myositis-Netzwerks, das IIM-Patienten einschließt, die zur Abklärung neuromuskulärer Erkrankungen überwiesen worden waren. Aus diesem zwischen 2003 und 2016 erhobenen Datensatz wurden schließlich 260 erwachsene Patienten mit Myositis identifiziert, für die vollständige Daten vorlagen und eine definierte historische Klassifikation für Polymyositis (PM), Dermatomyositis (DM) und Einschlusskörperchen-Myositis (IBM). Der Datensatz schloss insgesamt 708 klinische, serologische und Komorbiditäts-Variablen (z. B. Malignome, Lungenbeteiligung und Myositis-spezifischer Antikörper) ein.


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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Gemischte Ergebnisse zu neuen Therapien: Anifrolumab, Baricitinib und Ustekinumab Wieder gibt es einen herben Rückschlag bei der Entwicklung neuer Biologika-Therapien bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) zu vermelden: In einer ersten von zwei Phase-III-Studien (TULIP 1) verfehlte der Anti-Typ-1-Interferon (IFN)-Rezeptorblocker Anifrolumab den primären Endpunkt eines SRI-4-Ansprechens nach 12 Monaten, gaben die beiden Hersteller AstraZeneca und MedImmune bekannt. Positive Daten gibt es derweil aus einer Phase-II-Studie zu dem JAK-Inhibitor Baricitinib als einem bei SLE gänzlich neuen Therapieprinzip zu berichten, das jetzt in der bei dieser Indikation so kritischen Phase-III geprüft werden soll. Erfolgreich in einer Phase-II-Studie getestet wurde überdies auch der IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab.

Mit Belimumab ist – nach mehreren signifikant positiven Phase-III-Studien – bislang nur ein einziges Biologikum für den SLE zugelassen. Nach der Einführung des BLyS-Inhibitors im Jahr 2011 sind in der Folge diverse (oft in Phase-II noch vielversprechend erscheinende), in der Regel an der B-Zelle ansetzende Biologika wie Tabalumab, Epratuzumab oder zuletzt Blisibimod in Phase-III-Studien gescheitert. Noch etwas unklar ist die Situation in Bezug auf Atacicept angesichts gemischter Phase-II-Ergebnisse – derzeit dürfte dies der einzige noch verbleibende „biologische Therapiekandidat“ für die nähere Zukunft sein. Inwieweit künftig orale JAK-Inhibitoren wie Baricitinib ins Geschehen eingreifen können, bleibt nach den bisherigen, frustrierenden Erfahrungen aus Phase-III-Studien fraglich, zumal auch hier, wie schon im Hinblick auf Belimumab, primär Haut und Gelenke, weniger aber die wirklich kritischen SLEManifestationen gebessert zu werden scheinen.

Anifrolumab: Weitere Enttäuschung in Phase-III-Studie Für viele Rheumatologen kam das jetzt berichtete Scheitern von Anifrolumab in der Phase-III-Studie TULIP 1 letztlich unerwartet nach den sehr positiv bewerteten Ergebnissen einer Phase-IIb-Studie zu dem monoklonalen Antikörper, der an die Untereinheit 1 des Typ-1-IFN-Rezeptors bindet und die Aktivität aller fünf Typ-1-Interferone hemmt. In der erstmals auf dem ACR-Kongress 2015 präsentierten und zwischenzeitlich publizierten Phase-IIb-Studie MUSE waren 305 Patienten mit aktivem SLE zusätzlich zu einer Standardtherapie (SoC) auf 300 oder 1.000 mg Anifrolumab i.v. alle 4 Wochen oder Placebo randomisiert worden. Im Anifrolumab 300 mg-Arm hatten 34,3 vs. 16,6 % (Placebo) der Patienten den primären Endpunkt eines SRI-4-Ansprechens plus einer Reduktion der Steroiddosis auf <10 mg/Tag an Tag 169 erreicht (p=0,014). An Tag 365 wiesen schließlich 62,6 % der Patienten in der 300 mg-Gruppe ein SRI-4-Ansprechen auf vs. 40,2 % unter Placebo (p<0,001), was Studienleiter Richard Furie, New York (USA), damals zu der Aussage verleitete, dies seien die besten je in einer PhaseII-Studie zum SLE gesehenen Ergebnisse. (1) Auf der anderen Seite meldeten einige Lupologen schon seinerzeit Bedenken an, so z. B. am Therapieprinzip (der Vorläufer Sifalimumab

überzeugte in Phase-II nur bedingt, die Entwicklung wurde zugunsten von Anifrolumab eingestellt), am unklaren Einfluss der IFN-Gensignaturen auf das Ansprechen (eine konsistente Assoziation mit letzterem war vor allem bei Sifalimumab nicht gegeben) und hinsichtlich der verwirrenden Tatsache, dass die 1.000 mg-Dosis eben nicht nur nicht besser als die 300 mgDosis war, sondern im Gegenteil sogar deutlich schlechter als diese abschnitt. In die nachfolgenden randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studien zur Evaluation der Sicherheit und Effektivität von Anifrolumab wurden Patienten mit mäßig bis schwer aktivem, Autoantikörper-positiven SLE eingeschlossen. In TULIP 1 wurden 460 Patienten im Verhältnis 1:2:2 auf i.v. Anifrolumab 150 oder 300 mg oder Placebo alle 4 Wochen (plus SoC) randomisiert, in TULIP 2 (im Verhältnis 1:1) erhielten 373 SLE-Patienten Anifrolumab 300 mg i.v. oder Placebo alle 4 Wochen (plus SoC). Laut Angaben der Hersteller verfehlte Anifrolumab nun in der TULIP-1-Studie den primären Endpunkt eines SRI-4-Ansprechens nach 12 Monaten. (2) Die Ergebnisse der zweiten Phase-III-Studie werden später in diesem Jahr erwartet. Erst im Anschluss soll dann eine detaillierte Auswertung beider Studien erfolgen, die das Ansprechen in Subgruppen genauer erfasst, so z. B. bei Teilnehmern mit höherer Krankheitsaktivität oder IFN-Gensignatur (dies betrifft 60-80 % der SLE-Patienten) zu Studienbeginn. Gute Effekte von Anifrolumab bei selektierten Subgruppen liegen also durchaus noch im Bereich des Möglichen. Jenseits des SRI4-Ansprechens werden dann auch genauere Daten zur Steroideinsparung, Reduktion von Flares und Verbesserung der Hautmanifestation (CLASI) vorliegen.

Baricitinib: Positive Daten aus Phase-II-Studie Erstmals auf dem EULAR-Kongress 2018 präsentiert und kurz darauf im Lancet publiziert wurden von einer internationalen Studiengruppe um Daniel J. Wallace, Los Angeles (USA), die Ergebnisse einer Phase-II-Studie zu dem JAK-1/2-Inhibitor Baricitinib bei aktivem SLE.


Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

Im Ergebnis wurde in der Studie in Woche 24 eine Resolution von Arthritis oder Hauterythemen gemäß dem SLEDAI-2K von 67,3 % der 104 Patienten unter Baricitinib 4 mg (Odds ratio, OR vs. Placebo 1,8; p=0,0414) und 58 % der 105 Patienten unter Baricitinib 2 mg (OR 1,3; p=0,39) im Vergleich zu 53,3 % unter Placebo (n=105) erreicht. Ein signifikanter Vorteil der 4 mg-Dosis nach 24 Wochen war auch in Bezug auf das SRI-4-Ansprechen (64,6 vs. 47,6 %), nicht aber für die 2 mg-Dosis (51 %), erkennbar. Auch hinsichtlich des Erreichens eines Lupus Low Disease Activity State (LLDAS) zeigte sich die 4 mg-Dosis gegenüber Placebo signifikant überlegen. In der Sicherheitsanalyse zeigten sich nur geringe Unterschiede im Hinblick auf unerwünschte Ereignisse (UE), schwere UE wurden unter Baricitinib bei je 10 % der Patienten (vs. 5 % unter Placebo) beobachtet, Todesfälle gab es keine. Zu schweren Infektionen kam es bei 6 % (4 mg), 2 % (2 mg) und 1 % (Placebo) der Teilnehmer. Aufgrund entsprechender Meldungen standen auch thromboembolische Komplikationen im Fokus, wobei nur eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT) unter 4 mg Baricitinib registriert wurde. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass 1x täglich Baricitinib 4 mg (nicht aber die 2 mg-Dosis) bei akzeptablem Nutzen/Risiko-Profil signifikant Arthritis und Hauterytheme bei mit einer Standardtherapie nicht adäquat kontrollierten Patienten mit aktivem SLE verbessert. Seitens des Herstellers wurde bereits die Durchführung einer Phase-III-Studie angekündigt. Abzuwarten bleibt, ob hierin dann auch aktivere SLE-Patienten eingeschlossen werden, die genauere Aussagen zum Stellenwert von Baricitinib bei SLE erlauben würden. Derzeit sind primär die Effekte auf Gelenke und Haut evident, es fehlen aber bislang weitestgehend Daten zu Veränderungen der serologischen Aktivität des SLE (Anti-dsDNA-Antikörper, Komplement). Eine gewisse Skepsis zu den weiteren Erfolgsaussichten von Baricitinib bei SLE erscheint daher durchaus angebracht.

Auch Ustekinumab punktet in Phase-II Erstmals auf dem EULAR-Kongress 2018 vorgestellt und nun hochrangig publiziert wurde von einer internationalen Studiengruppe um Ronald van Vollenhoven, Amsterdam (Niederlande), eine weitere randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte

Phase-II-Studie mit dem IL-12/23-Antagonisten Ustekinumab. In einer 3:2-Randomisierung erfolgte hier bei 102 Patienten mit seropositivem, aktiven SLE die Gabe von Ustekinumab mit ~6 mg/kg i.v. als Aufsättigung (260 mg für Patienten mit 35–55 kgKG, 390 mg für Patienten >55 und ≤85 kgKG und 520 mg für Patienten >85 kgKG) oder Placebo gefolgt von 90 mg Ustekinumab s.c. oder Placebo alle 8 Wochen s.c zusätzlich zur SoC. Primärer Endpunkt war in diesem Fall wieder das SRI-4-Ansprechen in Woche 24. Mit 62 vs. 33 % zeigte sich Ustekinumab bezüglich des Anteil der Teilnehmer, die einer SRI-4-Response erreichten, als signifikant überlegen (p=0,006), relevante Sicherheitssignale wurden nicht berichtet. (4) Doch auch hier bleiben Zweifel angesichts nur geringer Effekte von Ustekinumab auf die serologische Aktivität (Anti-dsDNA-Antikörper und C3) und einer Wirkung primär auf die „weichen“ SLE-Domänen Haut und Gelenke. In Anbetracht der bekannt guten Verträglichkeit dieser Therapie befürworten die Autoren jedenfalls eine weitere Evaluation in einer Phase-III-Studie, die auch bereits angelaufen ist. Wie auch im Fall von Baricitinib so sind auch zur Phase-II-Studie zu Ustekinumab für den ACR-Kongress 2018 vertiefende Daten zum Einfluss auf den Interferon (IFN)-Signalweg, der in beiden Fällen zumindest eine gewisse Rolle für das Therapieergebnis zu spielen scheint, angekündigt. m Quellen: 1 Arthritis Rheumatol 2017; 69(2): 376-386 2 Pressemitteilung AstraZeneca und MedImmune, 31. August 2018 3 Lancet 2018; 392(10143): 222-231 4 Lancet 2018; doi: 10.1016/S0140-6736(18)32167-6

70 60

Placebo (n=105) Baricitinib 2 mg (n=105) Baricitinib 4 mg (n=104)

* p<0,05

80

Ansprechen in Woche 24 (%)

In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, 24-wöchige Phase-II-Studie wurden zwischen März 2016 und April 2017 in 78 Zentren in 11 Ländern insgesamt 314 erwachsene Patienten ≥18 Jahre mit (eher moderat) aktivem SLE (klinischer SLEDAI-2K ≥4 Punkte) mit Haut- oder Gelenkbeteiligung eingeschlossen. Im Verhältnis 1:1:1 erhielten die Teilnehmer zusätzlich zur SoC 1x täglich Baricitinib 2 mg, Baricitinib 4 mg oder Placebo für 24 Wochen. Primärer Endpunkt war der prozentuale Anteil von Patienten, die eine Resolution der Arthritis oder des Hautbefalls gemäß Definition des SLEDAI-2K-Index in Woche 24 erreichten. Die Analysen zur Effektivität und Sicherheit von Baricitinib schlossen alle Patienten ein, die zumindest eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten. (2)

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67* 53

64*

58

50

48

51

40 30 20 10 0

Primärer Endpunkt (SLEDAI, Arthritis, Haut)

SRI-4-Ansprechen

Abb.: Ergebnisse einer Phase-II-Studie zum Einsatz von Baricitinib bei SLE


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Impressionen vom DGRh 2018

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SCREENING-SPRECHSTUNDEN UND FRÜHARTHRITIS-ÄRZTENETZE

Wege zu einer besseren Patientenversorgung In weiten Teilen Deutschlands ist die Situation der rheumatologischen Versorgung unbefriedigend, was vor allem dem chronischen Mangel an internistischen Rheumatologen geschuldet ist. Auf dem DGRh-Kongress in Mannheim stellte Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden, als diesjähriger Tagungspräsiden Lösungsansätze vor, allen voran bereits erfolgreich etablierte ScreeningSprechstunden und Früharthritis-Netzwerke.

Dies ist umso problematischer, da die frühe Diagnose und Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA), aber auch anderer entzündlich-rheumatischer Erkrankungen maßgeblich für die Prognose ist. Überall in Deutschland werden deswegen Konzepte entwickelt, um die frühe und adäquate Therapie von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sicherzustellen. Ein wesentliches Problem dabei ist die Vorauswahl der Patienten, denn nur ein Teil der beim Rheumatologen vorgestellten Patienten weist tatsächlich eine rheumatische Erkrankung auf. Ein möglicher Lösungsansatz liegt in Screening-Sprechstunden. Hier werden Patienten von Fachärzten früh gesehen, entweder mit einem kurzfristigen Termin oder aber in einer „Run-in“-Sprechstunde ohne Termin. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen werden auf diese Weise früh erkannt und die Patienten bekommen Folgetermine für die weitere Behandlung. Als Beispiele für solche

Düsseldorf liegt diese nach sieben Jahren bei 50 % und damit doppelt so hoch wie in einer Kontrollkohorte, und das bei nur dem halben Bedarf an Biologika in dieser Gruppe, so Fiehn.

Prof. Dr. Christoph Fiehn systematisch evaluierten Projekte nannte Fiehn das SCREENED-Projekt aus Heidelberg (DGRh 2018; EV.26) oder die Run-in-Sprechstunde aus Düsseldorf (DGRh-Kongress 2018; RA.24). Bei Letzterem wird im sogenannten D-KUR-Projekt auch die Delegation des Screenings an Studierende der Medizin untersucht – äußerst erfolgreich, was die Zufriedenheit der Patienten wie auch die der Studierenden angeht. Eine Gemeinsamkeit aller Screening-Sprechstunden ist, dass die Wartezeiten kurz sind. Jedoch haben nur 45 % der Patienten in Heidelberg und 22 % in Düsseldorf wirklich eine entzündlich-rheumatische Erkrankung. Wird eine RA aber früh diagnostiziert, werden hohe Remissionsraten erzielt. In

Ein anderer Ansatz ist der von Ärztenetzen, in denen Nicht-Rheumatologen systematisch geschult werden und ihnen spezielle Fragebögen als Werkzeug zur Verfügung gestellt werden. Gleich mehrere solche Projekte wurden in Mannheim vorgestellt. Das Ziel ist, dass die zuweisenden Ärzte vor der Vorstellung ihres Patienten beim Rheumatologen ihre Verdachtsdiagnose besser überprüfen können. Dies ist der Ansatz etwa bei den Projekten Rheuma-VOR in Rheinland-Pfalz oder RhePort in der Region Aachen. Beide ermöglichen auf diese Weise einen raschen Zugang zum Rheumatologen für die richtigen Patienten. Im Rheuma-VOR-Projekt konnte gezeigt werden, dass nach zwei Jahren eine DASRemission bei 75 % der RA-Patienten zu finden ist (DGRh 2018; EV.28). Dies ist mehr als in anderen Kohorten beobachtet und kommt direkt einer günstigeren Prognose der Patienten zugute, betonte Fiehn abschließend.. m

Quelle: Kongress-Pressekonferenz der DGRh, Mannheim, 20. September 2018

Viele deutsche Projekte haben sich dem Problem der Unterversorgung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen verschrieben, um dem Mangel an Terminen und langen Wartezeiten vor der Vorstellung beim Rheumatologen entgegenzuwirken. Gemeinsam ist ihnen, dass der so wichtige rasche Zugang des Patienten zum Rheumatologen gewährleistet wird, weil eine frühe Diagnose und Therapie zu einer besseren Prognose führt.

KOMPAKT

Auf dem DGRh-Kongress in Mannheim wurden aktuell Daten einer Fragebogenauswertung aus Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen vorgelegt, die laut Fiehn zeigen, dass sich die Versorgungssituation von Rheumapatienten in den letzten zehn Jahren sogar teilweise weiter verschlechtert hat. In diesem Zeitraum stieg dort die Anzahl der betreuten Patienten pro niedergelassenem Rheumatologen und Quartal um 25 % von 1.200 auf 1.500, gleichzeitig verlängerten sich die Wartezeiten auf einen Termin beim Rheumatologen von im Mittel acht auf 11 Wochen. Die ebenfalls analysierte Weiterbildung junger Rheumatologen kommt zugleich nicht hinterher, diesen steigenden Bedarf zu decken (DGRh 2018; EV.13).


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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

PROCLAIR-Projekt: Patientenversorgung bei Rheumatologen versus Hausärzten Die Versorgungsqualität von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) außerhalb der internistisch-rheumatologischen Versorgung ist bislang eine Blackbox. Um mehr über die Situation bei Hausärzten zu erfahren, wurde im Verbundprojekt PROCLAIR eine Stichprobe von Versicherten mit RA mittels Fragebogen nach ihrer Versorgung und Krankheitslast befragt. Die Ergebnisse stellte auf dem DGRh-Kongress in Mannheim Dr. Katinka Albrecht, Berlin, vom Deutschen Rheumaforschungszentrum (DRFZ) vor.

Wie Albrecht darlegte, haben Patienten mit RA einen hohen Versorgungsbedarf und bedürfen einer effektiven Therapie mit cs- oder bDMARDs. Ist diese nicht gewährleistet, ist mit unnötigen Schmerzen, Funktionseinschränkungen, Arbeitsausfall und einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität zu rechnen. Bislang konnten diese Parameter nur bei RA-Patienten aus der rheumatologischen Versorgung erfasst werden, die in rheumatologische Langzeitbeobachtungsstudien eingeschlossen wurden, während Angaben von Patienten, die überhaupt nicht beim Rheumatologen vorstellig werden, völlig fehlten. Um diese Lücke zu schließen, wurde das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt PROCLAIR ins Leben gerufen, in dem Krankenkassendaten der Barmer GEK (Diagnose nach ICD-10 M05/06: 96.921) mit den Fragebogendaten von 6.193 Versicherten zusammengeführt wurden.

Gleiche Krankheitslast, schlechtere Versorgung Laut Albrecht gaben 2.535 Versicherte, die die Diagnose RA bestätigten, eine Rückmeldung mit Angaben zu ihrer Versorgungssituation und Krankheitslast. Zwei Drittel befanden sich in rheumatologischer Betreuung, der Rest wurde überwiegend hausärztlich versorgt. Es zeigten sich eklatante Unterschiede 80 70

rheumatologisch betreut nicht rheumatologisch betreut 63

62

Patienten (%)

60

58 51

50 40 32

30 20

18

18

in der medikamentösen Versorgung. So wurden RA-Patienten beim Rheumatologen in 63 % der Fälle mit einem csDMARD und 18 % mit einem bDMARD behandelt, ohne Rheumatologenkontakt erhielten hingegen nur 18 % der Versicherten mit RA csDMARDs und sogar nur 2 % bDMARDs. Glukokortikoide wurden in Relation doppelt so häufig beim Rheumatologen eingesetzt, bei der Verordnung von NSAR waren hingegen nur geringe Unterschiede auszumachen (Abb.). Auch die Entzündungsparameter (CRP, BSG) wurden ohne Beteiligung eines Rheumatologen deutlich seltener kontrolliert. Eine wichtige Erkenntnis war nach Albrecht, dass die mitunter abgeleitete Vermutung, dass nicht beim Rheumatologen vorstellig werdende Patienten eine geringe Krankheitslast haben und daher keine DMARD-Therapie benötigen, keineswegs den Ergebnissen aus PROCLAIR entspricht. So klagten unabhängig vom Versorgungsstatus 70 % der RA-Patienten über moderate bis starke Schmerzen und knapp die Hälfte gaben Funktionseinschränkungen und schmerzhafte sowie geschwollene Gelenke (SJC, TJC) an (Z Rheumatol 2018; 77(2): 102–112). Die Ergebnisse aus dem PROCLAIR-Projekt zeigen, dass ein Drittel aller Patienten mit RA nicht von internistischen Rheumatologen und stattdessen in der Regel vom Hausarzt betreut wird. Jedoch offenbart sich zwischen der fach- und hausärztlichen Versorgung eine teils enorme Diskrepanz im Spektrum der eingesetzten Therapien, gerade in puncto DMARDs. Die hausärztliche Versorgung kann, so die klare Aussage von Albrecht, eine adäquate medikamentöse Therapie gemäß der aktuellen DGRh-Leitlinie zum Therapiemanagement der RA (Z Rheumatol 2018; 77(Suppl2): 35-53) nicht gewährleisten. Zur Verbesserung dieser Situation führt langfristig kein Weg daran vorbei, die Zahl internistischer Rheumatologen zu erhöhen, um so eine frühe Diagnosestellung und adäquate Therapie sicherzustellen. m

10 0

2 csDMARDS

Biologika Glukokortikoide

NSAR

Befragte Personen mit RA, n=2.535

Abb.: Einsatz von RA-Therapien bei Rheumatologen und Hausärzten im Vergleich

Quelle: Sitzung „Was kann man über die Versorgung von Rheumapatienten aus Krankenkassendaten lernen? Praxisrelevante Ergebnisse des PROCLAIR-Projekts“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


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THERAPIE MIT BIOLOGIKA UND JAK-INHIBITOREN

Effektivität und Sicherheit: Was lässt sich sagen Zwei wissenschaftliche Sitzungen befassten sich auf dem DGRh-Kongress mit dem Einsatz von Biologika (boDMARDs und Biosimilars, bsDMARDs) und tsDMARDs, sprich JAK-Inhibitoren, bei rheumatoider Arthritis (RA), axialer Spondyloarthritis (axSpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA). Schwerpunkt der ersten Sitzung war die Beantwortung der schwierigen Frage, welches bDMARD oder tsDMARD nach Versagen konventioneller DMARDs als erstes eingesetzt werden sollte. In einer zweiten Sitzung befassten sich die Experten mit spezifischen Sicherheitsaspekten älterer und neuerer Biologika sowie tsDMARDs.

Nach dem Versagen eines ersten konventionellen DMARDs sollte laut der aktuellen DGRh-Leitlinie zur RA bei hoher Krankheitsaktivität und/oder ungünstigen Prognosefaktoren ein wirksames bDMARD oder tsDMARD eingesetzt werden (Z Rheumatol 2018; 77(Suppl2): 35-53), erläuterte Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin. Im Hinblick darauf, welches Medikament bei oft vergleichbarer Wirksamkeit primär in Frage kommt, spielen mehrere Aspekte eine relevante Rolle.

Nach csDMARD-Versagen: Vorgehen bei der RA Zu beachten sind stets die Therapiesituation und damit einhergehend der Zulassungsstatus der in Frage kommenden Biologika und JAK-Inhibitoren – eine aktuelle Übersichtsarbeit bietet hierzu einen guten Überblick (Z Rheumatol 2018; 77(7): 559568). So ist z. B. Rituximab erst nach TNF-Versagen in-label, während Certolizumab derzeit (noch) als einziges bDMARD in Schwangerschaft und Stillzeit zugelassen ist. Für die Praxis ebenso zu beachten ist die Frage, ob eine Monotherapie ohne Methotrexat (MTX) möglich ist – dies gilt nur für die drei TNFα-Inhibitoren Adalimumab, Certolizumab und Etanercept, sowie beide IL-6-Inhibitoren (Tocilizumab und Sarilumab) und JAK-Hemmer (Tofacitinib und Baricitinib). Fällt MTX als Kombinationspartner aus, sieht die Leitlinie die beste Evidenz für die IL-6-Inhibitoren und Baricitinib. Ein wichtiges Kriterium ist die Patientenpräferenz (i.v.-, s.c.- oder die orale Applikation, die zunehmend bevorzugt wird). Die im Falle der JAK-Inhibitoren kurze Halbwertszeit kann vorteilhaft sein bei Infektionen, vor Impfungen, Infektionen oder einer Therapieumstellung sowie bei Schwangerschaftswunsch, führte Burmester weiter aus. Aber auch allgemeine (z. B. Alkoholkonsum) und klinische Faktoren (z. B. Komorbiditäten) sowie die Therapiekosten bzw. regulatorische Vorgaben (Stichwort: Biosimilars) gilt es laut Burmester stets bei der Therapiewahl zu berücksichtigen. Im Hinblick auf klinische Faktoren könnten z. B. ein stark erhöhtes CRP, Anämie, Typ-2-Diabetes oder Depression eher für und frühere Divertikulitis oder Darmperforation gegen IL-6-Inhibitoren sprechen, frühere schwere Infektionen könnten ein Argument für Abatacept oder Rituximab sein, frühere oder begleitende demyelinisierende Erkrankungen, eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD), Malignome in der Anamnese oder Tb-Exposition lassen jeweils Rituximab – trotz dessen eingeschränkter

Zulassung – als gute Wahl erscheinen. Auch die Immunogenität, die bei Etanercept, Abatacept und den IL-6-sowie JAK-Inhibitoren entfällt, kann eine Rolle spielen, ebenso Biomarker wie v. a. ACPA und RF. Obwohl es Hinweise gibt, dass im letzteren Fall insbesondere bei hohem ACPA-Titer (plus RF-Positivität) von Vorteilen für Abatacept bzw. Rituximab gegenüber AntiTNF-Therapien auszugehen ist, wird die Evidenzstärke für eine generelle Empfehlung zugunsten dieser beiden bDMARDs in der DGRh-Leitlinie als nicht ausreichend eingeschätzt. Obgleich verlässliche „neue“ Biomarker zur Vorhersage des Therapieerfolgs eines bestimmten Präparats noch nicht zur Verfügung stehen, helfen viele klinische, bildgebende und klassische Laborparameter bei der Therapiewahl, so Burmester.

Nach csDMARD- bzw. NSAR-Versagen: Optionen bei PsA und SpA Schwierig gestaltet sich die Frage nach dem geeigneten bDMARD oder tsDMARD aufgrund der vielgestaltigen klinischen Manifestationen bei PsA, betonte Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M. Auch wenn eine Reihe von Netzwerk-Analysen in jüngster Zeit den Versuch unternahmen, indirekte Vergleiche zwischen den nach MTX-Versagen verfügbaren Therapieoptionen – dem PDE-4-Hemmer Apremilast, IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab, den beiden IL-17A-Inhibitoren Secukinumab und Ixekizumab sowie nun auch dem JAK-Inhibitor Tofacitinib – vorzunehmen, bleibt die Abwägung schwierig und lässt sich am besten anhand der dominierenden Manifestationen festmachen (Z Rheumatol 2016; 75(5): 471-488). Apremilast scheint bei breiter Wirksamkeit vor allem bei eher moderater Krankheitsaktivität eine gute Wahl zu sein, auch aufgrund des guten Sicherheitsprofils. Letzteres gilt auch für Ustekinumab, für das eine hohe Adhärenz und gute Wirksamkeit vor allem auf die Haut belegt ist. Eine weitere Domäne des IL-12/23-Hemmers ist die Enthesitis, bei der Vorteile im Vergleich zu TNFα-Inhibitoren belegt werden konnten. Bei starker Krankheitsaktivität dürfte die Wahl primär zwischen TNFα- und IL-17A-Inhibitoren fallen – für erstere sieht Behrens Vorteile bei einer eher Synovial-getriebenen PsA mit deutlichem Gelenkbefall, für letztere bei einer eher Enthesial-getriebenen PsA mit ausgeprägter Hautmanifestation. Eine gute Wirksamkeit entfaltet auch Tofacitinib, obgleich es bei starker Psoriasis nicht mit IL-17-Hemmern auf Augenhöhe ist. Eine ebenso spannende →


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Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester

Dr. Frank Behrens

Frage ist für Behrens, wie es um die Wirksamkeit nach dem Versagen von Anti-TNF-Therapien bestellt ist. Hier liegen aus der SPIRIT-P2-Studie zu Ixekizumab und der OPAL BeyondStudie zu Tofacitinib erstmals valide Daten zu einem jeweils guten Ansprechen auch bei „echten“ TNF-Versagern vor. Deutlich einfacher gestaltet sich die Therapiewahl nach unzureichender Wirksamkeit von NSAR bei Patienten mit axialer SpA, erläuterte Prof. Dr. Denis Poddubnyy, Berlin. So stehen derzeit „nur“ TNFα-Inhibitoren und mit Secukinumab ein IL-17AHemmer zur Verfügung, wobei letzterer – wie auch Infliximab – nur für ankylosierende Spondylitis (AS) und (noch) nicht für die nicht-röntgenologische axSpA zugelassen ist (eine Phase-IIIStudie läuft). Positiv zu vermerken ist hier, dass mit Ixekizumab – positive Phase-III-Daten sind bereits avisiert – ein weiterer IL-17A-Inhibitor demnächst das Therapiearsenal bereichern dürfte und auch eine Phase-III-Studie zu Tofacitinib als einem bei axSpA gänzlich neuen Therapieprinzip angelaufen ist. In der aktuellen EULAR-Leitlinie (Ann Rheum Dis 2017; 76(6): 978-991) gibt es derzeit noch eine gewisse Präferenz zugunsten der Anti-TNF-Therapien, aber auch Secukinumab ist eine valide Option als biologische Ersttherapie nach NSAR-Versagen. Insbesondere gilt dies für Poddubnyy bei SpA-Patienten mit ausgeprägter Psoriasis. Eine begleitende Enthesitis oder Daktylitis sprechen auf beide Wirkstoffklassen an, bei Persistieren dieser Symptome unter einer Anti-TNF-Therapie empfiehlt sich jedoch ein Wechsel auf Secukinumab. Sowohl eine begleitende CED als auch Uveitis liefern klare Argumente für die Wahl eines TNFα-Inhibitors. Bei Patienten mit hohem Risiko für eine radiologische Progression der Wirbelsäule kommt es auf eine frühzeitige und komplette Hemmung der Entzündung an, ob die IL-17-Blockade hier bessere Effekte als TNFα-Hemmer liefert, wird derzeit in einer Head-to-head-Studie überprüft.

Therapierisiken etablierter Biologika In Bezug auf die „alten“ Biologika ist im Vergleich zu csDMARDs auf ein erhöhtes Risiko schwerwiegender Infektionen zu ach-

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Prof. Dr. Denis Poddubnyy

ten, vor allem in Kombination mit Glukokortikoiden, berichtete Dr. Anja Strangfeld, Berlin. Opportunistische Infektionen sind selten und nicht therapiespezifisch. Unter Immunsuppressiva ist das Risiko zwar erhöht, kann aber durch Aufklärung (Cave: z. B. Fernreisen, Hobbies) vermindert werden. Durch ein konsequentes Screening und Impfen lassen sich ebenso manche Infektionen vermeiden. In puncto Sepsis und Mortalität nach schwerwiegenden Infektionen ist ein protektiver Effekt von TNFα-Inhibitoren zu verzeichnen. Mit einer neu auftretenden Psoriasis ist unter allen Biologika zu rechnen, vor allem aber unter TNFα-Inhibitoren. Bei Rauchern ist dieses Risiko erhöht, bei Komedikation mit MTX offenbar geringer. Weiterhin gibt es keine Hinweise auf ein insgesamt erhöhtes Risiko für Malignome unter TNFα-Inhibitoren oder anderen Biologika, nur bei Plattenepithel- und in geringerem Maße Basalzellkarzinomen lässt sich dies noch nicht gänzlich ausschließen, so Strangfeld. Auch von einem erhöhten Risiko für ein Rezidiv nach Malignomen durch TNFα-Inhibitoren oder andere Biologika ist nach Daten des schwedischen ARTIS-Registers nicht auszugehen. Zu beachten sind Perforationen des unteren Darmtrakts, die unter Tocilizumab gegenüber anderen Biologika und csDMARDs gehäuft auftreten und aufgrund atypischer Symptomatik (im Vergleich oft erst späte Vorstellung im Krankenhaus, CRP als Biomarker irreführend) mit einer höheren Mortalität (55 vs. 28 bzw. 25 %) assoziiert sind.

Bedeuten neue Biologika neue Risiken? Daran anknüpfend verdeutlichte Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin, dass unter den „neuen“, seit 2013 zugelassenen Biologika, – zu nennen wären hier der IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab (PsA), die beiden IL-17A-Inhibitoren Secukinumab (PsA, AS) und Ixekizumab (PsA), demnächst voraussichtlich auch bei PsA der selektive IL-23-Hemmer Guselkumab (bislang nur Psoriasis), Sarilumab als zweiter IL-6-Rezeptorinhibitor (RA) und den nunmehr verfügbaren Biosimilars zu TNFα-Inhibitoren (Infliximab, Etanercept und neu Adalimumab) sowie Rituximab – bislang keine prinzipiell neuen Nebenwirkungen aufgetreten


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Dr. Anja Strangfeld

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Prof. Dr. Andreas Krause

sind. Tatsächlich neu ist das erhöhte, aber in aller Regel gut beherrschbare Risiko für Candida-Infektionen unter IL-17AInhibitoren. Ansonsten scheint deren Sicherheitsprofil recht gut zu sein – im Gegensatz zu Brodalumab gibt es auch keine relevanten Signale im Hinblick auf Suizidalität oder Depressionen. Nach den vorliegenden Studien- und Registerdaten kann Ustekinumab als besonders gut verträgliches Biologikum mit hohen Retentionsraten gelten. Auch für Guselkumab, für das vorwiegend Daten aus der Psoriasis vorliegen, wurden bis dato keine neuen Sicherheitssignale verzeichnet. Die Umstellung von boDMARDs auf deren bsDMARDs birgt nach bisherigem Kenntnisstand keine besonderen Risiken, so Krause. In Bezug auf das bei CED eingesetzte Biologikum Vedolizumab scheint ebenfalls eine gute Sicherheit gegeben – womöglich wäre bei SpA/CED-Patienten auch eine Kombination mit z. B. TNFαInhibitoren denkbar.

Was ist bei tsDMARDs zu beachten? Auf die Sicherheit von tsDMARDs ging im Anschluss Prof. Dr. Eugen Feist, Berlin, ein. Dem bei PsA eingesetzten oralen PDE4-Inhibitor Apremilast kann ein sehr gutes Sicherheitsprofil bescheinigt werden, die häufigsten Nebenwirkungen sind Diarrhö, Übelkeit, Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege. Gastrointestinale Nebenwirkungen, die mitunter zum Therapieabbruch führen können, klingen meist nach ca. 4 Wochen ab, insgesamt beendeten nach 12 Monaten 7,5 % der Patienten vorzeitig die Behandlung, im weiteren Verlauf jährlich nur noch ≤2,5 %. Regelmäßige Laborkontrollen sind nicht gefordert, eine Dosisanpassung auf 1x 30 mg/Tag ist erforderlich bei stark eingeschränkter Nierenfunktion (CrCl <30 ml/min.), kontraindiziert ist Apremilast bei terminaler Niereninsuffizienz <15 ml/min. Interaktionen sind kaum zu befürchten, nur die Kombination mit CYP3A4-Induktoren sollte vermieden werden. Auf Basis der bisher vorliegenden Daten ist laut Feist trotz unterschiedlicher JAK-Spezifität das Sicherheitsprofil der JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib letztlich wohl vergleichbar. Generell zeigt sich gegenüber Biologika ein mäßig erhöhtes Ri-

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Prof. Dr. Eugen Feist

siko für Herpes zoster, das nach der zu erwartenden Aufnahme der Shingrix-Vakzine in die STIKO-Empfehlungen aber kaum noch eine Rolle spielen dürfte. Darmperforationen scheinen trotz partieller Inhibition von IL-6 bei Tofacitinib (und vermutlich auch Baricitinib) im Gegensatz zu Tocilizumab (und potenziell Sarilumab) nicht vermehrt aufzutreten. Die Langzeitdaten von JAK-Inhibitoren zu Tumorrisiko, kardiovaskulären Ereignissen und Mortalität sind noch nicht ausreichend für valide Aussagen – dies gilt auch für venöse thromboembolische Ereignisse unter Baricitinib, bei denen von einem Klasseneffekt auszugehen ist, deren Inzidenz aber im Vergleich zu RA-Patienten insgesamt nicht erhöht scheint. Bei älteren Patienten oder solchen mit VTE in der Anamnese sollte aber auf andere Therapieoptionen ausgewichen werden. Eine Kontrolle der Leber- und Nierenfunktion sowie von Medikamenteninteraktionen ist bei den JAK-Inhibitoren wieder stärker zu beachten. Bei stark eingeschränkter Nierenfunktion (CrCl <30 ml/min.) und mittelstark eingeschränkter Leberfunktion (Child Pugh B) sollte die Tofacitinib-Dosis auf 1x 5 mg/ Tag reduziert werden, bei stark limitierter Leberfunktion (Child Pugh C) ist es kontraindiziert. Zu beachten sind Wechselwirkungen mit starken CYP3A4-Induktoren und, hier ist eine Dosisreduktion erforderlich – CYP3A4-Inhibitoren sowie bei der gemeinsamen Hemmung von CYP3A4 (stark) und CYP2C19 (moderat). Die gleichzeitige Anwendung mit Tacrolimus und Cyclosporin A wird nicht empfohlen. In puncto Baricitinib ist eine Dosisanpassung bei mäßig eingeschränkter Nierenfunktion (CrCl 30-60 ml/min.) auf 1x 2mg/Tag zu beachten, bei stark eingeschränkter Nieren- bzw. Leberfunktion sollte es nicht angewendet werden. Mit Blick auf Interaktionen sind starke OAT3-Inhibitoren in Form einer Dosisreduktion auf 1x 2 mg/ Tag zu berücksichtigen. Gefährliche Sicherheitssignale wurden für keines der drei bislang verfügbaren tsDMARDs berichtet, versicherte Feist. m Quellen: Klinische Rheumatologie: „Die Qual der Wahl: Welches bDMARD zuerst?“ und „Neue Medikamente, neue Risiken“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


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Neue Therapiestrategien im Fokus Eine frühere Diagnosestellung, neue Behandlungsstrategien und -möglichkeiten sowie die zunehmende Etablierung des Treat-totarget (T2T)-Prinzips in der täglichen Praxis haben mit einem Blick auf aktuelle Daten der Kerndokumentation zu einem sich stetig verbessernden langfristigen Outcome von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) geführt. Potenzielle neue Therapieansätze, die eine weitere Verbesserung des Status Quo erlauben könnten, erörterte Prof. Dr. Klaus Krüger, München.

Im Rahmen der den DGRh-Kongress beschließenden WINSession zur RA verdeutlichte Krüger den aktuellen State-ofthe-Art, der in der neuen S2e-Leitlinie der DGRh festgehalten wurde: Wichtige Prinzipien sind eine optimierte Starttherapie mit Methotrexat (MTX) plus Glukokortikoid (GK), eine enge zeitliche Therapiesteuerung alle 12 Wochen, eine Eskalation, wenn ein Ansprechen nach 12 Wochen bzw. das Behandlungsziel, in der Regel die klinische Remission, nach 24 Wochen nicht erreicht wird, die bei fehlender ungünstiger Prognose eine csDMARD-Kombination oder bei hoher Krankheitsaktivität und/oder ungünstiger Prognose die Kombination aus MTX (oder einem anderen csDMARD) und einem bDMARD oder tsDMARD beinhaltet und im letzten Schritt bei Versagen den Wechsel des bDMARD bzw. tsDMARD (Z Rheumatol 2018; 77(Suppl2): 35-53).

Ist ein früherer Therapiebeginn sinnvoll? Eine neue Behandlungsstrategie könnte laut Krüger in einer Verlagerung von einem frühen zu einem sehr frühen Therapiebeginn bestehen, also bereits im Stadium der Arthralgie oder undifferenzierten Arthritis ohne klinisch nachweisbarer Synovitis (Nat Rev Rheumatol 2018; 14(1): 32-41). In einer prospektiven Studie über ≥6 Monate mit 150 Patienten mit klinisch verdächtigen Arthralgien wurden als signifikante Prädiktoren für das Prodromalstadium einer RA Beschwerden in den großen und kleinen Gelenken vs. nur kleinen Gelenken (Odds ratio, OR 4,30; p<0,002), erhöhte CRP-Spiegel (OR 1,05; p=0,021), ACPAPositivität (OR 6,43; p<0,001) und Entzündungszeichen im MRT (OR 5,07; P=0,002) identifiziert (Ann Rheum Dis 2018; 75(10): 1824-1830). Fraglos für die Praxis hilfreicher wäre die Detektion der Synovitis im Ultraschall, auch macht ein ACPA-Screening nur bei Patienten mit klinisch verdächtigen Arthralgien Sinn – in einem solchen Kollektiv ist bei jenen 16 % mit ACPA-Positivität nach 12-monatigem Follow-up in 63 % der Fälle mit der Entwicklung einer RA zu rechnen. Bisher ist die Evidenz für medikamentöse Interventionen zu einem solch frühen Zeitpunkt noch eher dürftig, derzeit laufen aber mehrere diesbezügliche Studien mit Abatacept s.c., MTX plus i.m.-Methylprednisolon, Atorvastatin und Hydroxychloroquin. Eine weitere Option wäre der in der neuen DGRh-Leitlinie zwar nicht empfohlene, aber für selektierte Patienten nicht kategorisch ausgeschlossene aggressive Therapiebeginn mit einem bDMARD oder tsDMARD plus MTX, wobei eine Erstlinienthe-

Prof. Dr. Klaus Krüger rapie mit JAK-Inhibitoren sowie Rituximab und Sarilumab off-label wäre. Prinzipiell ist solch eine „hit hard and early“-Strategie mit bDMARDs dem alleinigen Therapiestart mit MTX überlegen, wie kürzlich auch ein systematisches Cochrane-Review befand, jedoch ist fraglich ob sich hier auch langfristig ein Vorteil gegenüber dem üblichen stufenweisen Eskalationsschema zeigen würde. Auch, so gab Krüger zu bedenken, existiert kein Vergleich der initialen bDMARD-Strategie mit einer optimierten MTX-Starttherapie, also s.c. in einer Dosis ≥25 mg/Woche in Kombination mit Prednisolon bis 30 mg/Tag verabreicht.

Therapiedeeskalation: Was gilt es zu beachten? In die entgegengesetzte Richtung geht der derzeit im VERhOProjekt evaluierte strukturierte Therapieabbau. Grundvoraussetzung ist für Krüger das Einverständnis des Patienten und eine – anders als in vielen Studien, wo dies schon bei niedriger Krankheitsaktivität in die Wege geleitet wurde – anhaltende Remission für ≥6 Monate. Neuen Daten der TARA-Studie zufolge spielt es für den Remissionserhalt dabei keine Rolle, ob das csDMARD, also in der Regel MTX, oder das bDMARD zuerst ausgeschlichen wird (EULAR 2018; OP0113). Aus der ökonomischen Perspektive spräche dies – vorausgesetzt das GK wurde bereits abgesetzt – für den Abbau des bDMARD. Als noch entscheidender sieht Krüger jedoch die Präferenz der Patienten, die sich dann eher den Abbau oder das Absetzen von MTX wünschen. Wichtig ist in jedem Fall, dies zeigen erneut die Ergebnisse der OPTTIRA-Studie, eine nur vorsichtige


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Reduzierung der DMARD-Dosis anstelle eines weitgehenden oder gänzlichem Absetzen: So kam es bei den Kontrollpatienten (mit beibehaltener voller Dosis) in 16 % zu einem Schub, bei 33%igem Tapering in 12 % und bei 66%igem Tapering in 29 % – nur im letztgenannten Fall war die Zeit bis zum Schub signifikant verkürzt (Rheumatology 2017; 56: 2004-2014). Des Weiteren sollte nach Erkenntnissen aus der 3-jährigen DRESS-Studie mit DAS28-CRP-gesteuerter Deeskalation stets eine sehr engmaschige Kontrolle (Tight-control) während des Tapering sichergestellt werden (Ann Rheum Dis 2017; 76(10): 1716-1722). Auch erhöht ein strukturiertes Vorgehen (alle drei Monate Reduktion auf erst 2/3 jener Dosis, unter der eine anhaltende Remission ohne radiologische Progression erreicht wurde, dann auf die Hälfte dieser Dosis und dann Absetzen) anstelle einer Reduktion nach „Bauchgefühl“ die Erfolgsaussichten,

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wie eine dänische Kohortenstudie zeigte (Rheumatoloy 2018; doi: 10.1093/rheumatology/key244). Die Schubrate war bis zur Dosishalbierung akzeptabel (ca. 25 %), betrug bei gänzlichem Absetzen jedoch 53 %. Dass hier eine gewisse Vorsicht ratsam ist, wird auch dadurch dokumentiert, dass im Fall eines Schubs zwar nach der Rückkehr zur Standarddosis 84 % der Patienten nach zwei Jahren wieder in Remission waren, dies bei 16 % aber eben nicht gelang; mitunter musste auch das bDMARD gewechselt werden. Daher sollten tatsächlich alle genannten Bedingungen erfüllt sein, bevor man sich an einer Therapiedeeskalation versucht, verdeutlichte Krüger. m

Quelle: WIN-Session „Rheumatoide Arthritis“, DGRh-Kongress, Mannheim, 22. September 2018

Medikamentöse Therapie bei Komorbiditäten Bei der Pharmakotherapie von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und zugleich vorliegenden kardiovaskulären Erkrankungen oder interstitieller Lungenerkrankung (ILD), die beide bei RA mit am stärksten mit der Mortalität korrelieren, sind einige Besonderheiten zu beachten. Tipps zum Vorgehen in der Praxis bei RA-assoziierten Herzerkrankungen und ILD gaben Experten im Rahmen eines klinischen Symposiums auf dem DGRh-Kongress 2018.

Bekanntlich weisen RA-Patienten aufgrund der damit assoziierten chronischen Entzündung ein per se erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf. Zusätzlich verkompliziert wird die Situation dadurch, dass in 52 % der Fälle laut Kerndokumentation kardiovaskuläre Komorbiditäten wie Hypertonie (37 %), KHK (11 %) und Hypercholesterinämie (10 %) zu beachten sind, betonte Prof. Dr. Klaus Krüger, München. Nicht umsonst stehen kardiovaskuläre Ereignisse in puncto RA-assoziierter Mortalität hinter Lungenerkrankungen an zweiter Stelle noch vor Malignomen. Folglich ist in Kooperation mit dem Hausarzt und bei Bedarf Kardiologen das Management traditioneller kardiovaskulärer Risikofaktoren von höchster Bedeutung, ebenso wie eine gute Einstellung der RA-Krankheitsaktivität für ein gutes kardiovaskuläres Outcome essenziell ist.

Kardiovaskuläres Risiko im Griff behalten Bei Betrachtung der RA-spezifischen Medikamente sind minimal negative Effekte für NSAR beschrieben, während Coxibe sogar protektiv wirken könnten. Eine klare Risikosteigerung ist für Glukokortikoide – abhängig von der Dosis und Dauer der Einnahme – belegt. In puncto csDMARDs ist nur für Methotrexat (MTX) eine mäßige Reduktion des kardiovaskulären Risikos nachgewiesen worden, nicht hingegen für Leflunomid oder Sulfasalazin. Zumeist signifikant protektive Effekte bezüglich des kardiovaskulären Risikos (-73 %), auf den Blutdruck, das Gesamt-Cholesterin und für das Neuauftreten eines Typ-

2-Diabetes (-40 %) wurden kürzlich erneut in einem systematischen Review und und Metaanalyse (Ann Rheum Dis 2018; 77(1): 98-103) für Hydroxychloroquin (HCQ) beschrieben, das bei Risikopatienten für Krüger auch jenseits der RA selbst als fester Baustein der Therapie erwogen werden sollte. Für TNFαInhibitoren ist eine deutliche Risikoreduktion gezeigt worden, für andere Biologika ist eine solche sehr wahrscheinlich, wie z. B. ein aktueller Vergleich von Anti-TNF-Therapien mit Abatacept nahelegt. Dies dürfte nach den Ergebnissen der ENTRAC- →


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TE-Studie trotz Cholesterinanstieg auch für IL-6-Inhibitoren gelten, für JAK-Inhibitoren fehlt es noch an belastbaren Daten. Bei manifester KHK und insbesondere Herzinsuffizienz, deren Risiko bei RA-Patienten auch beinahe um den Faktor 2 erhöht ist, dies vor allem bei höherer Krankheits- und Entzündungsaktivität sowie längerer Krankheitsdauer, sind aufgrund Kontraindikationen einige Besonderheiten zu beachten, auch und gerade wenn Biologika eingesetzt werden sollen. So ist bei schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III/IV) zu berücksichtigen, dass, auch wenn dies angesichts geringer Evidenz aus den betreffenden Studien durchaus fragwürdig erscheint, rein formell alle TNFα-Hemmer mit Ausnahme von Etanercept in dieser Situation kontraindiziert sind. Dennoch hält Krüger den Einsatz normaldosierter TNFα-Inhibitoren bei Herzinsuffizienz nach derzeitiger Datenlage für problemlos möglich – im Zweifel kann auf alternative Biologika ausgewichen werden. Rituximab ist nur im NYHA IV-Stadium kontraindiziert, während Abatacept und IL-6-Inhibitoren keinen Beschränkungen unterliegen. Gleiches gilt auch für JAK-Inhibitoren, ohne dass hierzu Daten vorliegen.

Interstitielle Lungenerkrankungen im Fokus Nicht nur bei Kollagenosen, insbesondere systemischer Sklerose (SSC) und Myopathien, sondern auch bei RA ist in ca. 5 % der Fälle mit dem klinischen Auftreten einer ILD zu rechnen, erläuterte Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin, der zugleich auf die in diesem Kontext deutlich erhöhte Mortalität hinwies. Die idiopathische Lungenfibrose (IPF bzw. UIP) tritt bei RA dabei häufiger als die idiopathische nicht-spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP) auf. Bei Verdacht auf eine RA-assoziierte ILD gehören zur Diagnostik neben Anamnese und körperlicher Untersuchung der Röntgen-Thorax, Blutgasanalyse, Bodyplethysmographie, HRCT, 6-Minuten-Gehtest und die Spiroergometrie. Vor allem der HRCT fällt zur Beurteilung der entzündlichen Aktivität und zum Nachweis von Milchglastrübungen eine wichtige Rolle zu, auf die Lungenhistologie – die Unterscheidung von A

Abatacept 80

Bezüglich therapeutischer Aspekte zu beachten ist, dass zahlreiche Medikamente eine Pneumonitis auslösen können, wobei dies am häufigsten unter MTX zu erwarten ist, ohne dass wirklich verlässliche Daten zur Inzidenz vorliegen. Trotz des hohen Pneumonitis-Risikos ist das Kapitel MTX bei RA-ILD aber weiter nicht zugeschlagen. Zwar konstatierte ein Review eine Verschlechterung der RA-ILD unter MTX, was jedoch auch der Progression der ILD selbst geschuldet sein könnte. Zu letzterem Schluss kam eine aktuelle Studie, in der MTX sogar explizit bei RA-ILD mit UIP-Muster eingesetzt wurde und im Gegenteil sogar mit einem verbesserten Überleben assoziiert war (Clin Rheumatol 2017; 36(7): 1493-1500). Bei RA-ILD kann MTX also weitergegeben werden, auch wenn Leflunomid unbedenklicher erscheint, bewertete Krause die neuen Daten. In puncto Biologika ist eine Verschlechterung der RA-ILD nur für TNFα-Inhibitoren beschrieben worden, mit jedoch eher schwacher Evidenz. Bei klinisch irrelevanter ILD sind AntiTNF-Therapien unter enger Beobachtung daher vertretbar, so Krause. Zur spezifischen Behandlung einer RA-ILD liegen aus neueren Studien die besten Daten für Rituximab (ACR 2017; Abstr. 2402) und Abatacept (Semin Arthritis Rheum 2018; 48(1): 22-27) (Abb.) vor. Rein theoretisch wäre eine Off-label-Komedikation mit dem bei SSc-ILD eingesetzten Mycophenolat Mofetil (MMF) denkbar, auch wenn dieses wohl besser auf die Sklerose als die Fibrose wirkt. Bei mit SSc-assoziierter ILD werden derzeit in Phase-III-Studien die beiden bei IPF bereits zugelassenen antifibrotischen Wirkstoffe Pirfenidon und Nintedanib erprobt, die bei erfolgreichem Einsatz bei SSc-ILD womöglich auch off-label bei RA-ILD eingesetzt werden könnten. m Quelle: Klinische Rheumatologie „Off-Road: Behandlung unter erschwerten Bedingungen“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018 B

Rituximab 80

keine Änderung besser schlechter

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40 30

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keine Änderung besser schlechter

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Patienten (%)

Patienten (%)

UIP und NSIP wäre nur durch mehrere chirurgische Biopsien mit entsprechendem Aufwand und Risiko möglich – kann in aller Regel verzichtet werden, führte Krause weiter aus.

0

MMRC

FVC

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Abb.: Überwiegend positive Beeinflussung von Atemnot (mMRC-Grad), Funktionskapazität (FVC) und Diffusionskapazität (DLCO) unter Abatacept (links) und Rituximab (rechts)


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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Den Ultraschall sinnvoll einsetzen: ein Update Trotz klinischer Remission finden sich bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) im MRT oder Ultraschall (US) oft Zeichen einer subklinischen Entzündung wie Synovitis, Tenosynovitis und Knochenmarködem. Während der Nutzen des US für die Prädiktion des Schubrisikos bei geplantem Therapieabbau unbestritten ist, zeigte sich jedoch in den randomisierten, kontrollierten Studien TaSER und ARCTIC im Hinblick auf das Erreichen des Therapieziels Remission keine Überlegenheit einer zusätzlichen US-Evaluation im Vergleich zu einer allein klinischen Bewertung der Krankheitsaktivität. Wo der Ultraschall seinen höchsten Stellenwert hat, erläuterte Dr. Valentin Schäfer, Bonn.

Eine gute Übersicht zum Stellenwert des US bei RA (und auch Psoriasis-Arthritis) bietet laut Schäfer ein aktuelles Review der neueren Literatur (Clin Exp Rheumatol 2018; 36(4): 519-525). Völlig unbestritten ist dessen wichtige Rolle bei der Diagnose und Differenzialdiagnose der RA. So lässt sich bei Patienten mit klinisch verdächtigen Arthralgien mittels US der Verdacht auf eine Früharthritis erhärten, also die diagnostische Sicherheit jenseits der Klinik steigern. Auch kann der US – vor allem der Power-Doppler (PD) – die Progression zu einer klinischen Arthritis prädizieren: So finden sich Veränderungen (Erosionen, B-Bild, PD) auch bei ACPA-positiven Patienten ohne klinische Synovitis. Überdies kann der PD-Score der MCP- und Handgelenke ergänzend zu den ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für RA aus 2010 hilfreich für die RA-Diagnose bei ACPA-negativen Patienten sein, so Schäfer weiter.

Treat-to-target: Zusatznutzen des Ultraschalls? Schwieriger ist die Beurteilung der Wertigkeit des US im Monitoring der Krankheitsaktivität. Dem im Gefolge von ARCTIC und TaSER erfolgen Abgesang der Sonografie (Ann Rheum Dis 2018; 77(1): 18-20) in diesem Kontext schloss sich Schäfer explizit nicht an. Ein kurzer Rückblick: In der TaSER-Studie war bei 111 neu mit RA oder undifferenzierter Arthritis diagnostizierten Patienten untersucht worden, ob der US zusätzlich zur Bestimmung der Krankheitsaktivität eine bessere Umsetzung der Treat-to-target (T2T)-Strategie im Sinne einer US-gestützten Remission erlaubt. Nach sechs Monaten erhielten signifikant mehr US-gestützt behandelte RA-Patienten eine DMARDKombinationstherapie als die Kontrollgruppe, deren Therapie allein klinisch nach dem DAS28 festgelegt wurde (67 vs. 38 %, p=0,003). Ungeachtet dessen zeigten sich nach 6 Monaten keine Unterschiede in der Abnahme des DAS44. Nur bei der DAS44-Remission <1,6 zeigte sich die US-gestützte Therapie nach 18 Monaten signifikant überlegen (66 vs. 43 %; p=0,03). Die radiologische Progression war jeweils nur minimal und in beiden Gruppen vergleichbar (Ann Rheum Dis 2016; 75(6): 1043-1050). Auch in der ARCTIC-Studie wurde randomisiert-kontrolliert untersucht, ob bei einer auf Remission (DAS28 <1,6!) abzielenden T2T-Therapie das strukturierte Einbeziehen des US (Ziel-

Dr. Valentin Schäfer setzung: kein PD-Signal!) bei 238 de-novo-RA-Patienten das klinische und radiologische Outcome gegenüber einer konventionellen Tight-control (TC)-Strategie verbessert. Im primären Endpunkt (DAS28-Remission <1,6 und SJC44 =0 in Monat 16, 20 und 24 sowie keine radiologische Progression zwischen Monat 16 und 24), war nur ein positiver Trend zugunsten des US gegeben, trotz intensiverer Therapie: So erhielten mehr Patienten ein bDMARD (29 vs. 17 %) und weniger eine MTXMonotherapie (53 vs. 71 %) (BMJ 2016; 354: i4205). Festzuhalten ist laut Schäfer, dass in beiden Studien mittels T2T mit und ohne US exzellente Therapieergebnisse erzielt wurden mit einem Trend für geringere Gelenkschädigungen im jeweiligen US-Arm. Jedoch waren die Ziele gerade in ARCTIC (13 Visiten in zwei Jahren, 32 Gelenke im US erfasst) sehr hoch gesteckt und im Praxisalltag völlig unrealistisch. Auch führt eine subklinische Synovitis nicht zwingend zu einer radiologischen Progression. Viel besser ist die Korrelation der im US erfassten Synovitis mit Schüben und dem Versagen einer Biologika-Reduktion bei Patienten in klinischer Remission. Zur Therapiesteuerung zum Erreichen einer Remission hat der US für Schäfer primär seinen Platz bei klinisch indifferenten Patienten, also eher in Zweifelsfällen und nicht beim Gros der RAPatienten. m Quelle: WIN-Session „Rheumatoide Arthritis“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


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ARTHROSE UND KNORPELSCHÄDEN

Mechanische Gelenktoilette ist „out“: Regenerieren statt glätten Lange Zeit galt die mechanische Knorpelglättung als Mittel der Wahl bei Knorpelschäden, insbesondere am Knie. Inzwischen ist sie vom G-BA als unwirksam erklärt worden. An ihre Stelle treten mehr und mehr moderne regenerative Therapieansätze, wie beim DGRh-Kongress 2018 in Mannheim zu hören war.

In Deutschland gehörte die ungezielte mechanische Knorpelglättung über lange Zeit zu den am häufigsten durchgeführten Eingriffen. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 161.700 stationär durchgeführte Behandlungsfälle eines Knorpeldebridements. Werden die ambulant durchgeführten Fälle hinzugerechnet, so ist die Zahl sicher doppelt so hoch, berichtete Prof. Dr. Gunter Spahn, Jena. Die Intervention zählte also zwei Jahre nach dem G-BA-Entscheid über die Unwirksamkeit der mechanischen Knorpelglättung zu den 20 häufigsten Prozeduren in Deutschland. REM-Untersuchungen hatten zu dem Zeitpunkt schon ergeben, dass die Grundidee hinter der „Gelenktoilette“ – mit dem Shaver wieder eine glatte Oberfläche herzustellen und damit den Reibungswiderstand zu senken – zu einfach war. Es fanden sich Hinweise dafür, dass der subchrondrale Knochen geschädigt und Kollagenfasern freigelegt werden. Auch die Evidenz zur Wirksamkeit der Intervention war dünn. Den erhofften Stopp des Arthroseprozesses konnte sie nicht bewirken, sondern führte allenfalls kurzfristig zu einer Besserung der Beschwerden. In vielen Fällen aber auch das nicht, wie Spahn erläuterte. In randomisierten Studien konnte inzwischen gezeigt werden, dass chondroplastische Verfahren zu einem besseren klinischen Ergebnis führen. Insbesondere zur autologen Knor-

peltransplantation (ACT) gibt es positive Ergebnisse und aus dem Knorpelregister auch Daten zur Versorgungssituation. Sie zeigen, dass sich in der Praxis die Indikation von traumatischen auf degenerative Knorpelschäden ausweitet, dann allerdings mit der Tendenz zu mehr Komplikationen. Grundsätzlich sollte bei Knorpeldefekten unter einer Größe von 1 cm2 keine Therapie erfolgen, erläuterte PD Dr. Johannes Zellner, Regensburg. Bei Defekten ab einer Größe von 2,5 cm2 riet er zu bioregenerativen Verfahren, insbesondere der ACT. Sie eignet sich insbesondere für junge, aktive Patienten mit fokalem bzw. isoliertem Knorpelschaden und stabilen Defekträndern. Sie ist aber auch bei älteren Personen mit degenerativen Defekten einer Größe >3-4 cm2 effektiv. Bei korrekter Patientenselektion ist noch 5-10 Jahre nach der ACT ein signifikanter und stabiler Anstieg der klinischen Funktionsscores zu beobachten. Prädiktoren für ein schlechtes Outcome sind laut Zellner Alter, weibliches Geschlecht, Langzeitbeschwerden, Voroperationen, multiple Defekte und eine patellofemorale Lokalisation. Wichtig für den Erfolg ist zudem, dass Begleitpathologien des Gelenks mit versorgt werden. (wk) m

Quelle: Sitzung „Knorpelregeneration und Knorpelreparatur“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018

SARKOPENIE BEI RHEUMATOIDER ARTHRITIS UND OSTEOPOROSE

Muskelfunktion und -masse prüfen und erhalten Die Sarkopenie von älteren, speziell Rheumapatienten, rückt immer mehr in den Fokus. Ziel ist es, ihr rechtzeitig auf die Spur zu kommen und durch körperliches Training gegenzusteuern.

Denn Muskelfunktion, genauer Ganggeschwindigkeit und Griffstärke sind entscheidend für die Mobilität und Lebensqualität. Sie bestimmen darüber, ob Menschen in einer Ampelschaltung über die Straße kommen oder eine Flasche selber öffnen können. Zudem sind sie ein Marker für die Mortalität, so Dr. Björn Bühring, Herne. Daher sei die Messung der Muskelfunktion als Vitalparameter gerade bei Rheumapatienten wichtig. Aus seiner Sicht sollte sie idealerweise durch Bestimmung

der maximalen Muskelkraft erfolgen, da diese am besten mit der Muskelmasse korreliert. Am Rheumazentrum Ruhrgebiet gehört es inzwischen zur Routine, zwei Muskelfunktionstest regelmäßig zu erheben – die Griffstärke und die Short Physical Performance Battery mit den Unterpunkten Ganggeschwindigkeit (4 m-Strecke), Repeated Chair Rises (5x ohne Hilfe der Arme aus dem Stuhl aufstehen) und Gleichgewicht (RombergStehversuch, Semi-Tandem-Stand und Tandemstand). Diese


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Testung ist laut Bühring gerade bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) wichtig, da sich deren Alltagsfunktionen (HAQ) bei verminderter Muskelfunktion und Muskelmasse weiter verschlechtern. Eine klare Definition der Sarkopenie fehlt bisher. Generell wird darunter der altersbedingte Verlust von Muskelmasse und/ oder Muskelkraft, teils auch die Verschlechterung der körperlichen Funktion, verstanden. Für den klinischen Alltag hält Bühring die Sarkopenie-Definition der European Working Group of Sarcopenia in Older Persons (EWGSOP) für gut anwendbar: Danach soll bei >65-Jährigen zunächst die Ganggeschwindigkeit gemessen werden. Beträgt sie >0,8 m/sec, reicht es im zweiten Schritt die Griffstärke zu messen, ist sie normal, liegt keine Sarkopenie vor, ist sie niedrig, sollte – wie bei einer Ganggeschwindigkeit ≤0,8 m/sec – die Muskelmasse gemessen werden. Ist diese niedrig, liegt eine Sarkopenie vor, ist sie normal, kann diese ausgeschlossen werden. Als Einstiegskriterium wird ein Alter >65 Jahren gewählt, da in dieser Gruppe 5-10 % betroffen sind. Kommt eine chronisch-entzündliche Erkrankung hinzu, steigt das Risiko weiter an. In einer kleinen Untersuchung war die Sarkopenie bei RA-Patienten etwa 6x

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so häufig wie bei altersgleichen Kontrollen (30 statt 5 %). Mit Widerstandstraining kann die Muskelkraft auch im Alter erfolgreich gestärkt und einer Sarkopenie entgegengewirkt werden. Dies verbessert nicht nur die Funktionsfähigkeit im Alltag, sondern führt auch zu positiven Effekten auf die Entzündungsaktivität. Denn in seiner Funktion als endokrines Organ setzt der Muskel Myokine und letztlich anti-entzündliche Zytokine frei, so Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin. Da zudem der Knochen der Funktion folgt, ist eine verbesserte Muskelfunktion auch ein Osteoporose-Schutz. Den Stellenwert von regelmäßigem, körperlichem Training ausreichender Intensität unterstreichen auch die gerade publizierten, von Prof. Dr. Karin Niedermann, Winterthur (Schweiz), vorgestellten EULAR-Bewegungsempfehlungen. Vielleicht nicht ganz überraschend, kann auch die medikamentöse Therapie im Nebeneffekt einen Beitrag zum Erhalt der Muskelmasse leisten. Eine Studie zur Körperzusammensetzung unter Anti-IL-6-Therapie fand, dass die Muskelmasse zunahm, während das viszerale Fett abnahm. (wk) m Quelle: Sitzung „Osteoporose/Sarkopenie“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018

AUTOIMMUNERKRANKUNGEN

Stress als Entzündungstreiber? Dass Stress krank machen kann, ist ein Allgemeinplatz. Wie dies geschieht, war unklar. Nun gibt es Evidenz dafür, dass Stress über die enge Verknüpfung von Immun- und Stresssystem einen Toleranzbruch begünstigen und auf diesem Weg Autoimmunerkrankungen Vorschub leisten kann.

Generell wird davon ausgegangen, dass Autoimmunerkrankungen multifaktoriell bedingt sind. Auch Umweltfaktoren werden als Auslöser diskutiert. Hierfür spricht der subjektive Befund, dass Rheumapatienten, nach einem Auslöser ihrer Erkrankung gefragt, häufig belastende Lebenssituationen anführen. Dieser Eindruck wird nun durch wissenschaftliche Evidenz untermauert, wie Prof. Dr. Georg Pongartz, Düsseldorf, beim DGRh-Kongress in Mannheim berichtete. Es gäbe immer mehr Daten, die für eine Rolle von Stress bei der Entstehung einer sterilen Inflammation sprechen. Damit diese zum Ausbruch komme, müsse allerdings eine entsprechende genetische Disposition vorliegen. Hinweise hierzu entstammen etwa einer Auswertung der Nurses‘ Health Study. Bei Patientinnen mit posttraumatischem Stresssyndrom (PTSD) war die Inzidenz der rheumatoiden Arthritis (RA) um 68 % erhöht. Es gab eine Dosisabhängigkeit der Inzidenz mit der Schwere des PTSD. Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) war die Inzidenz sogar um 162 % erhöht.

steht bei chronischem Stress die Erschöpfung der HHN-Achse im Vordergrund. In der akuten Situation werden sympathisches Nervensystem und Kortisol-Produktion der Nebenniere in Vorbereitung auf Flucht bzw. Kampf hochgefahren. Die Folge sind vermehrter Blut- und Lymphfluss, gesteigerte Antigenprozessierung und -präsentation sowie vermehrte Energiebereitstellung von Seiten des Nervensystems und Produktion von Steroidhormone auf Seiten der HHN-Achse und letztlich ein proinflammatorisches Milieu mit Stimulation von Immunzellen. Zudem fördere Stress die humorale Aktivität durch Umverteilung von Lymphozyten, so Pongartz. In der chronischen Stresssituation entsteht so eine explosive Mischung. Diese begünstigt laut Pongartz den Toleranzbruch und letztlich Autoimmunerkrankungen wie die RA. Aus Untersuchungen zu pflegenden Angehörigen – einem Modell für chronischen Stress – wisse man, dass ihre inflammatorische Last höher sei und sie mit einem schnelleren Anstieg der Interleukin (IL)-6-Spiegel reagieren als Kontrollen. (wk) m

Während es bei akutem Stress über das limbische System zu einer Aktivierung von autonomem Nervensystem und Hypophysen-Hypothalamus-Nebennieren (HHN)-Achse kommt,

Quelle: Sitzung „Microbiom, Trauma und Stress als Ursachen der chronischen Entzündung“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


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AXIALE SPONDYLORTHRITIS UND PSORIASIS-ARTHRITIS

Neue Erkenntnisse und Therapiestudien im Überblick Auf einer WIN-Session stellten namhafte Experten neue Erkenntnisse und Studien zu Diagnostik und Therapie der axialen Spondyloarthritis (axSpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA) vor. In beiden Indikationen, vor allem aber der PsA, hat sich das Therapiearsenal erweitert und ist künftig mit noch weiteren neuen Medikamenten zu rechnen. Auch auf die im Praxisalltag nicht immer triviale Unterscheidung zwischen einer seronegativen rheumatoiden Arthritis (RA) und peripheren SpA wurde eingegangen.

Dr. Uta Kiltz

Dr. Frank Behrens

In den ASAS-Klassifikationskriterien für axiale SpA spielt der Nachweis einer Sakroiliitis im MRT eine zentrale Rolle. Das Knochenmarködem ist zwar ein Indikator für eine aktive Sakroiliitis, aber keineswegs spezifisch, erläuterte Dr. Uta Kiltz, Herne. So zeigen, wie gleich zwei Studien belegen, auch gesunde Probanden häufig ein für Sakroiliitis positives MRT der Sakroiliakalgelenke (SIG) und/oder weisen Knochenmarködeme auf. Am ehesten steigert dann die Anzahl und Tiefe der Läsionen die Wahrscheinlichkeit für eine axiale SpA.

Aktuelles zur axialen SpA Die bei TNFα-Inhibitoren oft gestellte Frage, ob diese längerfristig auch die Röntgenprogression hemmen, kann inzwischen wohl mit Ja beantwortet werden. Im Fall einer frühzeitigen, dauerhaften Gabe mit rascher, vollständiger Entzündungshemmung scheint dies vor allem bei Risikopatienten im Langzeitverlauf möglich zu sein. Offenbar gibt es hier auch eine Korrelation zwischen ASDAS-Remission und einer Röntgenprogression im mSASS-Score, auch wenn dieser nicht ideal erscheint, da er die Röntgenprogression an der Brustwirbelsäule (BWS), wo diese vorwiegend auftritt, nicht erfasst. Aktuelle 4-Jahres-Daten aus der RAPID-axSpA-Studie zu Certolizumab bestätigen, dass es sowohl bei Patienten mit nicht-röntgenologischer (nr-) axSpA als auch ankylosierender Spondylitis (AS) zur raschen Reduktion der Entzündung im MRT (SIG, Wirbelsäule) kam, die über vier Jahre bestehen blieb mit einer geringeren Progres-

Prof. Dr. Joachim Sieper sion zwischen den Jahren 2-4 versus 0-2. Parallel dazu wurde nur eine geringe (AS) bzw. fast keine (nr-axSpA) Progression im mSASSS verzeichnet (Ann Rheum Dis 2018; 77(5): 699-705). Noch stärker ins Auge genommen werden sollten künftig geschlechtsspezifische Aspekte der Anti-TNF-Therapie, die Retentionsraten sind bei Männern signifikant höher als bei Frauen, und die unter dieser Therapie deutlich verbesserte Erwerbsfähigkeit. Die Umstellung auf Biosimilars erscheint weitgehend unproblematisch. Dass Absetzstrategien bei axialer SpA noch schwieriger als bei RA umzusetzen sind, zeigte kürzlich die randomisierte, placebokontrollierte ABILITY-3-Studie, in der Adalimumab bei nr-axSpA-Patienten in anhaltender Remission abgesetzt wurde. Im Vergleich zu Teilnehmern mit fortgesetzter Adalimumab-Gabe hatten diese häufiger einen Schub (47 vs. 70 % ohne Flare) (Lancet 2018; 393(10142): 134144) – hier sollte eher eine vorsichtige Dosisreduktion versucht werden. Die Adalimumab-Serumkonzentration gab hier keine prädiktiven Hinweise auf einen Remissionserhalt- oder verlust. Auch laut ASAS/EULAR-Leitlinie bietet der IL-17A-Inhibitor Secukinumab eine gute Alternative zur Anti-TNF-Therapie, für den zudem über vier Jahre eine nur geringfügige Röntgenprogression bei AS belegt ist. Fast 80 % der Patienten wiesen keine radiologische Progression auf (ΔmSASSS <2), als Risikofaktoren wurden männliches Geschlecht, Syndesmophyten und ein erhöhter hsCRP-Wert zu Baseline identifiziert (EULAR 2018; SAT0268), führte Kiltz weiter aus.


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Update zur Psoriasis-Arthritis In der Pathogenese der PsA ist die Verbindung zwischen Darm, Enthesen und Haut inzwischen gut etabliert, stellte Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., fest. Sowohl bei der PsA als auch der AS spielt hierbei die zelluläre Typ-3-Immunantwort eine tragende Rolle. Neben innaten Lymphozyten, die mutmaßlich im Darm aktiviert werden, wobei auch eine mikrobielle Dysbiose zum Tragen kommt, und über die Blutbahn in Gelenke und Enthesen einwandern, wird die lokale Entzündung dabei von residenten, IL-23-responsiven T-Zellen vermittelt (Curr Rheumatol Rep 2018; 20(7): 41, Rheumatology 2018; 57(8): 1417-1422). Im Hinblick auf Behandlungsaspekte hat sich das zugelassene Therapiespektrum nach csDMARD- bzw. in aller Regel MTXVersagen erneut erweitert. So steht mit Tofacitinib jetzt ein weiteres orales tsDMARD und zugleich der erste JAK-Inhibitor zur Verfügung, der in der Phase-III-Studie OPAL Broaden bei csDMARD-Versagern nach 12 Monaten beim Erreichen einer minimalen Krankheitsaktivität (MDA; 37,4 vs. 39,6 %) oder im PASI75-Ansprechen (63,0 vs. 61,4 %) Adalimumab als aktivem Komparator ebenbürtig war. In der Phase-III-Studie OPAL Beyond zeigte der JAK-Inhibitor aber auch ein gutes Ansprechen nach TNF-Versagen – eingeschlossen wurden hier, so lobte Behrens, tatsächliche TNF-Versager und nicht Patienten, die irgendwann im Verlauf mal kurzzeitig auf einem TNFα-Inhibitor waren und keine Versager sein mussten. So erreichten nach einer Anti-TNF-Vortherapie nach drei Monaten immerhin 60 % ein ACR20-Ansprechen, nach mehreren vorherigen TNFα-Hemmern waren dies noch gut ein Drittel. Bereits zuvor war mit Ixekizumab ein zweiter IL-17A-Hemmer nach csDMARD-Vortherapie zugelassen worden, der im Praxisalltag wohl ähnlich wie Secukinumab einzuschätzen ist. In der Phase-III-Studie SPIRIT P2, in der gleichfalls „echte TNFVersager“ evaluiert wurden, erreichten in Woche 24 etwas über 50 % ein ACR20-Ansprechen, die Wirksamkeit auf die Haut ist wie auch bei Secukinumab besonders stark ausgeprägt. Für

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beide IL-17A-Hemmer spielt das Thema Depression und Suizidalität (Stichwort: Brodalumab) keine Rolle, es zeigte sich im Gegenteil unter Secukinumab eine Abnahme depressiver Symptome. Interessanter Nebenaspekt dieser Analyse der Studien FUTURE-1 und -2 (PsA) sowie CLEAR (Psoriasis): Depression und Angst waren entgegen den Erwartungen bei den PsAstärker als bei den Psoriasis-Patienten ausgeprägt (ACR 2017; Abstr. 607). Wie bei der SpA könnte zukünftig Bimekizumab eine wichtige Rolle spielen, eine Phase-III-Studie ist bereits angelaufen. Anders als bei der AS, wo die IL-23-Inhibition sich nicht bewährt hat, wurden für Guselkumab bei aktiver PsA positive Phase-II-Daten berichtet mit z. B. einem ACR20/50/70Ansprechen von 58, 34 und 14 % und sehr guter Wirksamkeit auf Enthesitis, Daktylitis und Haut (Lancet 2018; 391(10136): 2213-2224). Ein weiterer Befund dieser Studie, in der bei NichtAnsprechen in Woche 16 ein Wechsel auf Ustekinumab erfolgte, war, dass nicht auf Guselkumab respondierende Patienten, die auf Ustekinumab wechselten, in Woche 56 zu 62,5 % ein ACR20-Ansprechen erreichten, führte Behrens weiter aus. In der Pipeline ist mit Risakizumab noch ein zweiter IL-23-Inhibitor, der in Phase-II gut wirksam war, bei dem die Dosisfindung für die PsA aber noch Probleme bereitet.

Periphere SpA versus seronegative RA Mit der diagnostisch relevanten Unterscheidung zwischen peripherer SpA und seronegativer rheumatoider Arthritis (RA), befasste sich abschließend Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin. Für eine periphere SpA sprechen ein asymmetrischer, mon-/ oligiarthritischer Gelenkbefall der unteren Extremitäten, das Vorliegen von Enthesitis oder Daktylitis, HLA-B27-Positivität ein Morbus Crohn, eine vorausgegangene Infektion, Psoriasis, sowie axiale Beteiligung. Im Gegensatz dazu ist die seronegative RA durch einen symmetrischen, polyarthritischen Befall der kleinen Gelenke ohne gleichzeitige Enthesitis oder Daktylitis charakterisiert, rief Sieper in Erinnerung. m Quelle: WIN-Session „SpA/PsA“, DGRh-Kongress, Mannheim, 19. September 2018

50

46,7

45,9

BKZ 160 mg

BKZ 320 mg

42,6 40 ASAS40-Ansprechen (%)

Vorab bekanntgegebene positive Top-line-Resultate einer Phase-III-Studie zu Ixekizumab lassen darauf hoffen, dass künftig ein zweiter IL-17A-Inhibitor für die Therapie der AS zugelassen wird – genauere Daten sind für den ACR-Kongress 2018 avisiert. Dass das Therapieprinzip bei aktiver AS gut funktioniert, beweisen auch positive Phase-II-Daten zu dem dualen IL17A/F-Inhibitor Bimekizumab, die auf dem EULAR-Kongress präsentiert wurden (Abb.) (EULAR 2018; LB0001). Keine Zukunft scheint bei AS hingegen die selektive Blockade von IL-23 zu haben, abzulesen an enttäuschenden Phase-II-Ergebnissen für Risankizumab. Eine gute Nachricht ist, dass jetzt mit Tofacitinib auch ein oraler JAK-Inhibitor bei AS in Phase-III geprüft werden soll. Zuletzt verwies Kiltz auf die Vorteile körperlichen Trainings auch bei axSpA-Patienten, das in den neuen EULAREmpfehlungen zurecht als zentraler Bestandteil des Gesamttherapiekonzepts bewertet wird (Ann Rheum Dis 2018; 77(9): 1251-1260).

Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

29,5

30

20 13,3 10

0

Placebo

BKZ 16 mg

BKZ 64 mg

Abb.: ASAS40-Ansprechen auf Bimekizumab in Woche 12


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VASKULITIDEN

Update zu Diagnostik, Outcome und Therapie Die neuesten Erkenntnisse und Leitlinien zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV), Polymyalgia rheumatica (PMR), Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis (RZA/TA), stellten in einer WIN-Session auf dem DGRh-Kongress Prof. Dr. Kirsten de Groot, Offenbach, und Prof. Dr. Christian Dejaco, Bruneck (Italien), zur Diskussion.

Einleitend stellte de Groot neueste Erkenntnisse zur Pathophysiologie der AAV vor. Hier gibt es offenbar einen Link zwischen ANCA-induzierter Neutrophilen-Aktivierung, Nekroptose, der Ausbildung von Neutrophil Extracellular Traps (NETs), Komplement-Aktivierung und der endothelialen Zellschädigung mit konsekutiver Vaskulitis und Glomerulonephritis. Die Daten machen nun Hoffnung auf neue Biomarker: So korreliert die vom ANCA-Titer unabhängige NET-Formation mit der Krankheitsaktivität, während epigenetisch der DNA-Methylierungsgrad von PRTN-Promotor und MPO CGI Exon 5-6 mit der Genexpression und Rezidiven assoziiert ist. Ob sich hieraus auch neue therapeutische Targets ableiten lassen, bleibt abzuwarten.

ANCA-assoziierte Vaskulitiden: Neue Studien im Überblick Die aktuelle Evidenz im Therapiemanagement von AAV geben die Empfehlungen von EULAR/ERA-EDTA (Ann Rheum Dis 2016; 75(9): 1583-1594) und zuletzt die S1-Leitlinie der DGRh (Z Rheumatol 2017; 76(Suppl3): 77-104) mit einigen Unterschieden im Detail – z. B. in der Einteilung der Krankheitsstadien, den Therapieempfehlungen zur Remissionsinduktion und -erhaltung sowie der nach drei Monaten anzustrebenden Prednison-Dosis – wieder, wobei einige Fragen etwa zur Frequenz der ANCA-Kontrollen im Verlauf oder der Dauer der remissionserhaltenden Therapie aber in beiden Leitlinien noch offen blieben. Neu gezeigt wurde kürzlich, dass eine Induktionstherapie mit 2x 1 g Rituximab plus sechs niedrigdosierten

Tod/terminale Niereninsuffizienz (%)

100

kein Plasmaaustausch Plasmaaustausch Primärer Endpunkt: Plasmaaustausch 28 % vs. Kontrolle 31 %; Hazard ratio 0,86; p=0,27

80

60 41 %

40

36 % 20

0

0

365

730

1.095 Zeit (Tage)

1.460

Abb.: Kein langfristiger Vorteil für zusätzlichen Plasmaaustausch in PEXIVAS-Studie

1.825

2.190

Cyclophosphamid (CYC)-Pulsen (500-750 mg) plus Prednison im Vergleich zu einer CYC-Induktion nach dem CYCLOPS-Protokoll (Remissionserhaltung mit Azathioprin oder MMF) nach durchschnittlich 56 Monaten mit einem signifikant geringeren Rezidivrisiko (Hazard ratio, HR 0,29; p=0,004), einer niedrigeren Mortalität (HR 0,49; p=0,04) sowie – und dies ist bei nur 66 Patienten wohl das belastbarste Ergebnis – geringeren CYC(3 vs. 8,2 g) und Prednisolon-Dosis (4 vs. 7,5 g) assoziiert war (Nephrol Dial Transplant 2018; 33(5): 899). Große Hoffnungen auf die Verwirklichung einer steroidarmen oder sogar -freien Remissionsinduktion ruhen derzeit auf dem C5a-Rezeptorinhinbitor Avacopan, der nach den vielversprechenden Phase-IIDaten der CLEAR-Studie (JASN 2017; 28(9): 2756-2767) derzeit in der Phase-III-Studie ADVOCAT geprüft wird. Die Rekrutierung ist bereits abgeschlossen. Eingeschlossen wurden 300 AAV-Patienten mit Erstdiagnose oder nach Rezidiv, verglichen wird eine Induktionstherapie mit Avacopan oder Placebo 2x 30 mg/Tag, Rituximab (RTX) 4x 375 mg/m2, CYC für drei Monate, gefolgt von Azathioprin; nur im Placeboarm wird dabei auch Prednison eingesetzt (60 mg/Tag, Ausschleichen bis Woche 21). Primäre Endpunkte sind eine Remission nach 6 Monaten sowie eine anhaltende Remission nach 12 Monaten, führte de Groot weiter aus. Die 60-Monats-Langzeitdaten der MAINRITSAN-Studie weisen erneut darauf hin, dass bei vergleichbarem Nebenwirkungspotenzial eine reduzierte RTX-Dosis (500 mg alle 6 Monate) in der Remissionserhaltung wirksamer als Azathioprin ist, sowohl im Hinblick auf die Freiheit von leichten und schweren Rezidiven (57,9 vs. 72,2 %; p=0,012) als auch das Überleben (100 vs. 93 %; p=0,045) (Ann Rheum Dis 2018; 77(8): 1150-1156). Ein weiteres Ergebnis: ANCA-Positivität war gerade im zeitlichen Verlauf mit einem höheren Rezidivrisiko assoziiert. In der MAINRITSAN 2-Studie bot eine individuelle, an ANCA bzw. BZell-Anstieg orientierte RTX-Erhaltungstherapie nach 28 Monaten in puncto Rezidiven, Überleben oder Nebenwirkungen keine Vorteile gegenüber dem fixen RTX-Schema (Ann Rheum Dis 2018; 77(8): 1143-1149). Zu beachten ist, dass zur Verhütung von Infektionen unter RTX die prophylaktische Gabe von Trimethoprim-Sulfamethoxazol effektiv ist (Ann Rheum Dis 2018; 77(10): 1440-1447). Eine persistierende Hämaturie, so führte de Groot weiter aus, ist nach aktuell vorgestellten Daten prädiktiv für ein renales Rezidiv nach Induktionstherapie. Auf dem ERA/EDTA-Kongress 2018 wurde zudem in der PEXIVAS-Studie mit 704 Patienten mit schwerer AAV, GFR <50 ml/


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min, alveolärer Hämorrhagie) die Frage, ob der Rheumatologe zusätzlich zu RTX oder CYC (plus Steroid) den Plasmaaustausch benötigt, eher mit Nein beantwortet. Im primären Endpunkt Tod/terminale Niereninsuffizienz war (Abb.) – auch in allen Subgruppen – kein relevanter Unterschied auszumachen, eine reduzierte Steroiddosis, die als sekundärer Endpunkt evaluiert wurde, erwies sich als nicht unterlegen.

Neue Erkenntnisse zu Riesenzellund Takayasu-Arteriitis Bei den Großgefäß-Vaskulitiden standen die neuen EULAREmpfehlungen zur Bildgebung für die Diagnose, OutcomePrädiktion und Verlaufsbeobachtung (Ann Rheum Dis 2018; 77(5): 636-643) im Fokus, fußend auf einem systematischen Literaturreview und einer Metaanalyse (RMD Open 2018;4(1): e000612), berichtete im Anschluss Prof. Dejaco, seines Zeichens Erstautor der Leitlinie. Eine bildgebende Befundung soll bei RZA mittels Ultraschall (US) als erstem Verfahren und dem nicht komprimierten Halo-Zeichen als wichtigstem USMerkmal für RZA möglichst früh erfolgen, bei zugleich starkem klinischen Verdacht kann direkt die Diagnose gestellt werden. Wichtig ist, dass angesichts des potenziell drohenden Visusverlustes in keinem Fall die Therapie verzögert wird. Bei Patienten mit Verdacht auf eine TA ist anders als bei der RZA das MRT das primäre bildgebende Verfahren. Nichts wesentlich Neues gibt es zum Therapiemanagement der Polymyalgia rheumatica zu berichten, den aktuellen Startof-the-Art geben einerseits ein systematisches Review (JAMA 2016; 315(22): 2442-2258) sowie andererseits natürlich die frisch publizierte S3-Leitlinie der DGRh zur PMR wieder (Z Rheumatol 2018; 77(5): 429-441). Aufgrund des bei PMR ebenso wie bei Riesenzell-Arteriitis oft auch längerfristig hohen Steroidbedarfs, den aktuelle Daten aus deutschen und USamerikanisch/britischen Registern bestätigen, wird auch jenseits von Methotrexat (MTX) gerade bei RZA die Suche nach steroidsparenden DMARDs intensiviert. Eine potenzielle Alternative zum MTX könnte nach den Daten einer Pilotstudie Leflunomid darstellen (Clin Rheumatol 2018; doi: 10.1007/s10067018-4232-x), so Dejaco. Während im Hinblick auf Biologika entsprechende Versuche mit TNFα-Blockern erfolglos blieben, brachte der IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab in der PhaseIII-Studie GiACTA den lange erhofften Durchbruch mit deutlich höheren Raten einer anhaltenden Remission nach 52 Wochen im Verbund mit einem verringerten Steroidbedarf. Dabei bedeutet klinische Remission nicht immer eine Remission in der MR-Angiografie, wie eine aktuelle Substudie belegt. Im Falle eines Rezidivs könnte künftig anstelle des unter Tocilizumab unbrauchbaren CRP-Werts Osteopontin als Biomarker fungieren (RMD Open 2017; 3(2): e00057). Offen bleibt die Frage nach der Therapiedauer und ob ein konsekutiver Wechsel auf MTX zum Remissionserhalt effektiv wäre. Auch mit einer Reihe anderer Biologika wurden, wie Dejaco ergänzte, in ersten Studien mit RZA-Patienten inzwischen er-

freuliche Ergebnisse erzielt. So steigerte etwa Abatacept versus Placebo ( jeweils plus Steroid bis Woche 28) in einer randomisierten, doppelblinden Studie das Rezidiv-freie Überleben nach 12 Monaten (48 vs. 31 %) und auch eine kleine 12-monatige Pilotstudie zu dem IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab zeigte eine Reduktion des Steroidbedarfs von 20 auf 5 mg/Tag, ohne dass es zu einem Rezidiv kam (Arthritis Rheumatol 2017; 69(4): 837-845; Semin Arthritis Rheum 2018; doi: 10.1016/j.semarthrit.2018.04.004). Nach ersten Untersuchungen im Tiermodell scheint auch die Hemmung des JAK/STAT-Signalwegs die pathologischen Immunantworten bei Vaskulitiden der mittelgroßen und großen Gefäße unterdrücken zu können, gab Dejaco einen Ausblick in die Zukunft. Eine erste offene Phase-II-Studie zu dem oralen JAK-Inhibitor Baricitinib bei 15 RZA-Patienten im Rezidiv ist bereits angelaufen. Noch schwieriger gestaltet sich die Therapiesituation bei der Takayasu-Arteriitis. Obgleich der primäre Endpunkt, das Rezidiv-freie Überleben, nicht signifikant war (p=0,096), wurde in der japanischen TAKT-Studie bei 36 refraktären TA-Patienten unter Tocilizumab doch ein positiver Trend verzeichnet (Ann Rheum Dis 2018; 77(3): 348-354). Keinerlei Benefit war hingegen – im Gegensatz zur RZA – bei 26 refraktären TA-Patienten in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie zu Abatacept erkennbar (Arthritis Rheumatol 2017; 69(4): 846-853). Sehr kleine Pilotstudien lassen auf eine bestenfalls sehr geringe Effektivität von Rituximab schließen, während für Certolizumab (auch nach Versagen auf Infliximab) ein gutes Ansprechen verzeichnet wurde. Für nähere Bewertungen ist es hier aber noch eindeutig zu früh, so abschließend Dejaco. m

Quelle: WIN-Session „Vaskulitiden“, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Wie sollte die Krankheitsaktivität im Praxisalltag monitoriert werden? Zu dieser Frage gab Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden, im Rahmen einer WIN-Sitzung zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) praxisrelevante Tipps. Er unterstrich, dass über die Krankheitsaktivität hinaus weitere Aspekte erhoben werden müssen, um einen Gesamtüberblick der individuellen Krankheitssituation zu erhalten.

Seit 2014 ist auch in der Therapie des SLE das Treat-to-target (T2T)-Konzept etabliert. Laut T2T-Empfehlung ist das Ziel der Therapie eine Remission der systemischen Symptome und Organmanifestationen. Gelingt dies nicht, sollte eine möglichst geringe Krankheitsaktivität angestrebt werden. Überdies sollten Schmerzen, Fatigue und Depression angegangen werden, da sie einen negativen Einfluss auf die gesundheitsabhängige Lebensqualität haben.

lenken ein Hinweis, rheumatologisch tätig zu werden und einen genauen Gelenk-Count durchzuführen. Nur so könne später der Therapieerfolg evaluiert werden. Ähnlich bei Schmerz und Fatigue, die interindividuell sehr unterschiedlich stark ausgeprägt seien und mit relativ wenig Aufwand mit einem VAS-Bogen erfasst werden könnten. Aringer plädierte dafür, über Fatigue nachzudenken, da sie mit Ausdauersport und mit Belimumab zum Teil auch immunologisch angehbar sei.

Aktivitätsindizes unverzichtbar, weiteren Beschwerden nachgehen

Aussagekraft des Labors

Wie aber sollten Krankheitsaktivität bzw. Remission im Alltag beurteilt werden? Laut Aringer, kommt man um die Scores nicht herum, d. h. die drei validierten SLE-Aktivitätsindizes klinischer SLEDAI, klinischer ECLAM oder BILAG 2014 D/E sowie das Physician Global Assessment (PGA). Für die Beurteilung einer Remission riet er dazu, sich am Konsensus der internationalen Task Force zur den Definitionen der Remission beim SLE (DORIS) von 2016 zu orientieren (Ann Rheum Dis 2017; 76(3): 554-561). Demnach müssen drei Forderungen erfüllt sein: Aktivitätsindex = 0, PGA ≤0,5 und Prednisolon-Dosis ≤ 5 mg/Tag. Zu unterscheiden ist zudem eine „Remission auf Therapie“, bei der der Patient neben einer Hydroxychloroquin (HCQ)-Erhaltungsdosis auch eine Erhaltungsdosis an Immunsuppressiva bzw. Biologika erhalten darf, und eine „Remission ohne Therapie“, bei der er nur eine HCQ-Erhaltungsdosis bekommt. Für den Status „niedrige Krankheitsaktivität“ empfahl Aringer die Definition gemäß Lupus Low Disease Activity State (LLDAS) zu verwenden (Ann Rheum Dis 2016; 75(9): 1615-1621). Sie umfasst fünf Aspekte: SLEDAI ≤4 ohne Aktivität an Niere, ZNS, Herz/Lunge, Vaskulitis oder Hämolyse, keine neuen SLE-Symptome, PGA ≤1, Prednisolon-Dosis ≤7,5 mg/Tag und nur gut vertragene Erhaltungsdosis von Immunsuppressiva/Biologika. In Dresden werden darüber hinaus bei jeder Visite eine Reihe möglicher Symptome und Beschwerden abgefragt. Neben Allgemeinsymptomen sind dies mukokutane, vaskuläre, muskuloskelettale, pleuropulmonale, gastrointestinale und zentralnervöse Beschwerden. Denn, so Aringer, einen Raynaud berichte der Patient nicht von sich aus. Es gehe nicht so sehr um die Summe der Beschwerden, sondern darum, einen Rundumblick zu bekommen. So sei die Angabe von Beschwerden an ≥2 Ge-

Im Praxisalltag gibt bereits das Labor gute Hinweise zur Krankheitsaktivität. BSG und CRP korrelieren eng mit anderen Markern der Aktivität. Beim CRP sei zu bedenken, dass hohe Werte um die 60-70 eher für eine Infektion sprechen, Werte im mittleren Bereich aber mit der Aktivität bestimmter Krankheitsdomänen wie Serositis korrelieren. Gerade bei Patienten, bei denen das Komplement nicht unten sei, sei es durchaus nützlich, das CRP anzuschauen. Auch das Differentialblutbild liefert wichtige Informationen: So spricht ein niedriger Hb-Wert – außer im Fall einer Eisenmangelanämie – für eine erhöhte Krankheitsaktivität, da ein Großteil der Anämie bei SLE aus der chronischen Erkrankung resultiert. Er korreliere negativ mit dem SLEDAI und sei ein Grund, genauer hinzuschauen. Als Marker für eine beginnende Nierenschädigung und damit das Outcome ist die Proteinurie wichtig. Denn anders als bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden, wo das Sediment entscheidend ist, ist es beim SLE die Proteinurie. Eine Lupusnephritis ohne Proteinurie ist extrem unwahrscheinlich, so Aringer. Bei einem Wert von <0,7-0,8 g/Tag sei man auf der sicheren Seite. Hinweise sind auch der Immunologie zu entnehmen, die in größeren Abständen durchgeführt werden sollte. ANA eignen sich allerdings nicht für die Verlaufsbeurteilung. Gleiches gilt für die Titer von dsDNA-Antikörpern und Histone; ihr Anstieg ist zwar aktivitätsbezogen, ihr Abfall aber sehr langsam. Für Komplementveränderungen gilt laut Aringer, dass sie ohne weitere Signale kein Grund für eine Therapieintensivierung sind. Denn es gibt SLE-Patienten, die langfristig serologisch aktiv sind, ohne dass klinisch etwas passiert. (wk) m

Quelle: WIN-Session „SLE“, DGRh-Kongress, Mannheim, 20. September 2018


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SYSTEMISCHE SKLEROSE

Neue Erkenntnisse aus deutschem Register Die wohl mit am stärksten ins Gewicht fallenden Therapiedefizite in der Rheumatologie sind in der Versorgung von Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) zu beklagen. Einerseits fehlt es vielfach an verlässlichen Daten zu bestimmten SSc-Patientenpopulationen, andererseits sind die Therapieoptionen speziell bei Lungenbeteiligung noch limitiert, auch wenn zur SSc mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) mehrere Medikamente in Phase-III untersucht werden. Auf dem DGRh-Kongress wurden hierzu neue Daten des Deutschen Netzwerks für Systemische Sklerodermie (DNSS) als Poster präsentiert.

Bei der SSc handelt es sich um eine äußerst hetrogene, multisystemische Kollagenose, die Mehrzahl der betroffenen Patienten entwickelt erste klinische Symptome im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Wenig war bislang darüber bekannt, ob und inwieweit das Alter zu Krankheitsbeginn die klinischen Charakteristika der SSc beeinflusst. Basierend auf klinischen Daten des DNSS-Registers untersuchten nun Priv.-Doz. Dr. Pia Moinzadeh, Köln, und Kollegen mögliche Zusammenhänge. In die Analyse eingeschlossen wurden 4.021 SSc-Patienten, die drei Altersgruppen bei Krankheitsbeginn (<40 Jahre, 40-60 Jahre und >60 Jahre) zugeordnet und mit klinischen Phänotypen korreliert wurden (DGRh 2018; VK.02).

Die Lungenbeteiligung im Blickpunkt Bei Berücksichtigung aller Patienten entwickelten 27 % erste Nicht-Raynaud-Symptome im Alter unter 40 Jahre, während dies bei den 40-60-Jährigen zu 44 % und bei den über 60-Jährigen zu 29 % beobachtet wurde. Bei näherer Betrachtung der bislang nur unzureichend evaluierten Altersgruppe der SScPatienten mit Krankheitsbeginn nach dem 60. Lebensjahr zeigte sich, dass diese signifikant (p<0,001) häufiger einen limitiertkutanen Subtyp hatten (71,1 %) und Anti-Centromer-Antikörper (45,8 %) aufwiesen, einen signifikant niedrigeren modifizierten Rodnan Skin Score (mRSS 7,8), häufiger eine pulmonale Hypertonie (PH; 17,4 %) sowie einen signifikant geringeren durchschnittlichen DLCO-Level (69,7 %) und seltener digitale Ulzera (20,2 %) zeigten. Dennoch wurde kein signifikanter Unterschied für Lungenfibrose, Herz- oder Nierenbeteiligung ausgemacht. Progressivere Subtypen (diffus-kutane SSc, Overlap-Syndrome) zeigten sich signifikant häufiger bei Patienten mit einem Krankheitsbeginn in jüngeren Jahren (p<0,001). In dieser Kohorte entwickelten somit fast ein Drittel eine SSc erst im Alter über 60 Jahre, wobei der limitiert-kutane Subtyp mit häufiger pulmonaler Hypertonie dominiert. Nach Ansicht der Autoren könnten die Ergebnisse einen wichtigen Einfluss auf die Empfehlungen zur Diagnose und Therapie der SSc ausüben. Ein zweites Poster aus dem DNSS-Register befasste sich mit der pulmonalen Beteiligung, der Haupttodesursache bei der SSc, die sich als ILD, PH oder als deren Kombination (ILD-PH) manifestieren kann. Ziel der Untersuchung von Prof. Dr. Michael Kreuter, Heidelberg, und Kollegen war die Bestimmung der Prävalenz, klinischer Charakteristika und Outcomes dieser

verschiedenen Formen der Lungenbeteiligung (DGRh 2018; VK.03). In die Analyse gingen 3.699 SSc-Patienten mit einem durchschnittlichen Follow-up von 34,4 Monaten ein. Zu Baseline fand sich bereits häufig eine ILD (29,5 %), während die Prävalenz von ILD-PH (7,5 %) und PH (6,1 %) deutlich geringer war. Zum Ende des Follow-up wiesen 32 % der erfassten SSc-Patienten eine ILD auf, 13 % eine ILD-PH und 7 % eine PH. ILD (47 %) und ILD-PH (12 %) traten häufiger im Rahmen der diffusen Form auf, bei der PH zeigte sich kein solcher Trend. Signifikante Differenzen zwischen PH vs. ILD-PH vs. ILD zeigten sich für Alter, Männer und Rauchen. Die mittlere DLCO und FVC betrugen 56 bzw. 93 % für PH, 49 bzw. 78 % für ILD-PH und 56 bzw. 81 % für die ILD. Signifikante Abnahmen von DLCO (≥15 %) und FVC (≥10 %) fanden sich zu je 45 bzw. 26 % bei PH sowie ILD-PH und 36 bzw. 16 % bei ILD. Die Gesamtmortalität belief sich auf 8,1% und differierte signifikant zwischen Patienten ohne Lungenbeteiligung (4 %) vs. mit ILD (7,8 %), PH (14,2 %) und ILD-PH (21 %; je p<0,001). Im Ergebnis ist die ILD die häufigste Lungenbeteiligung bei SSc, während die ILDPH mit dem schlechtesten Überleben assoziiert ist. Die neuen Daten könnten künftig eine bessere Identifizierung von SScRisikopatienten erlauben. m


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Preisverleihungen auf dem DGRhKongress 2018 Kussmaul-Medaille geht an Arbeitsgruppe Kerndokumentation Für die langjährige Erfassung und Analyse der Behandlungsdaten von Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erhielt das Team Kerndokumentation des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZ) im Rahmen der Eröffnung des 46. DGRh-Kongresses am 19. September 2018 in Mannheim die Kussmaul-Medaille 2018.

Seit 1993, also 25 Jahren, widmet sich die bundesweite Kerndokumentation der Regionalen Kooperativen Rheumazentren dem Ziel, die Gesundheitsversorgung und Lebensqualität rheumakranker Menschen zu verbessern. Sie liefert aktuelle Daten, Auswertungen und Berichte für die Versorgungsplanung und die Analyse von Mängeln. Und sie erstellt auch regelmäßig Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. „Der langfristig und konsequent erhobene Datenschatz erlaubt nicht nur regionale Bedarfsanalysen“, betonte Laudator Prof. Dr. Christof Specker, Vorstandsmitglied der DGRh aus Essen. Aktuell bringen 16 Kliniken und Praxen regelmäßig ihre Daten zu rund 15.000 Patienten in das Projekt ein. Dem Team Kerndokumentation gehören (im Bild von li. nach re.) aktuell an: Gregor Förster (medizinischer Dokumentar), Katja Thiele (medizinische Dokumentarin), Dr. Johanna Callhoff (Statistikerin), Prof. Dr. Angela Zink (Epidemiologin am DRFZ), Dr. Katinka Albrecht (Ärztin, Teamleitung) und Sascha Bischoff (medizinischer Dokumentar). m

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Hans Hench-Preis: Depressionen im Fokus Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) geht mit einem erhöhten Risiko für depressive Symptomen einher, wie eine 2018 online in den Annals of Rheumatic Diseases publizierte Studie von Imke Redeker und Kollegen zeigte, für die die Berliner Statistikerin den Hans-Hench-Preis für Rehabilitations- und Versorgungsforschung 2018 erhielt. Der mit 2.000 Euro dotierte Preis wurde auf dem 46. DGRh-Kongress verliehen.

Gemeinsam mit ihren Berliner Kollegen hatte Redeker das psychische Wohlbefinden von Patienten mit axSpA mithilfe eines geprüften Screening-Instruments (WHO-5) untersucht. Sie werteten die Fragebögen von 1.736 Männer und Frauen verschiedener Altersgruppen aus. Daraus ergab sich, dass der Anteil von axSpA-Patienten mit depressiven Symptomen hoch ist: Nur 42 % der Personen bezeichneten ihr Wohlbefinden als gut. 28 % äußerten leichte, 31 % sogar mittlere bis schwere depressive Symptome. „Besonders bemerkenswert ist, dass axSpAPatienten im mittleren Alter, also zwischen 40 und 59 Jahren, die höchste Prävalenz depressiver Symptome zeigten“, so Imke Redeker. Stress und wenig Bewegung könnten dies gepaart mit dem Einfluss der Krankheit erklären. Gerade axSpA-Patienten dieser Altersgruppe sollten daher auf depressive Symptome gescreent werden. Es gilt, Depressionen verstärkt in zukünftige axSpA-Therapiekonzepte einzubeziehen. m

Ideenwettbewerb 2018: Rheuma und Neuropathien In diesem Jahr feierte die Deutsche Rheumastiftung ihr 10-jähriges Jubiläum. Seit sieben Jahren schreibt sie den „Ideenwettbewerb“ aus, der innovative Forschungsideen fördert. Die Preisverleihung 2018 bildete den Auftakt zum Jubiläumssymposium, das am 21. September im Rahmen des 46. DGRh-Kongresses in Mannheim stattfand. Fachlicher Schwerpunkt war die Erforschung der Zusammenhänge von Neuropathien und entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.

Die Deutsche Rheumastiftung zeichnete den Assistenzarzt Vincent Casteleyn von der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie Berliner Charité als Gewinner des mit 2.500 Euro dotierten Preises „Ideenwettbewerb 2018“ für seine Idee aus, diese Zusammenhänge systematisch zu erforschen. Im Fokus stehen dabei neuropathische Schäden in Verbindung mit Vaskulitiden. Anhand der Gewebeanalyse von Nervenproben sollen prognostische Biomarker identifiziert und optimierte, standardisierte Therapieformen für Vaskulitis-bedingte Nervenschäden entwickelt werden. m


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INDUSTRIE-BERICHT

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Gute Praxiserfahrungen mit Tocilizumab Früh nach csDMARD-Versagen eingesetzt zeigt der IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab als Mono- wie auch Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) gute Ansprechraten und führt vielfach schnell zu einer Remission. Unter einer Tocilizumab-Monotherapie erreichten die Patienten dabei eine signifikant längere Verweildauer als unter einer Anti-TNF-Kombinationstherapie mit MTX. Deren Stellenwert bestätigen auf dem DGRh-Kongress 2018 präsentierte aktuelle Daten einer Interimsanalyse der deutschen ARATA-Studie.

Die deutsche nicht-interventionelle Studie (NIS) ARATA untersucht die Effektivität und Verträglichkeit von Tocilizumab s.c. (RoActemra®) in der täglichen Praxis. In der aktuellen Interimsanalyse von Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., und Kollegen wurden die Daten von 1.154 RA-Patienten getrennt nach ihrer Vor- und Begleittherapie ausgewertet. Dabei wurde untersucht, wie eine Vortherapie mit csDMARD oder bDMARD die Wirksamkeit, Behandlungsdauer und Retentionsrate einer Tocilizumab-Mono- bzw. Kombinationstherapie mit MTX beeinflusst. Bei RA-Patienten, die ausschließlich mit csDMARD vorbehandelt wurden, zeigten

sich unabhängig von der Begleitmedikation (Tocilizumab-Monotherapie, n=275 bzw. Tocilizumab plus MTX, n=98) bessere Ansprech- und Verträglichkeitsraten als bei Patienten, die bereits bDMARDs erhalten hatten (Tocilizumab-Monotherapie, n=431 bzw. Tocilizumab plus MTX, n=245). Zu Woche 104 lag der Anteil von Patienten mit einer niedrigen Krankheitsaktivität (DAS28-BSG <2,6) bei 63,2 bzw. 65,4 % im Vergleich zu 54,4 bzw. 56,6 %. Eine Remission (CDAI ≤2,8) erreichten im gleichen Zeitraum 47,3 bzw. 31,3 % verglichen mit 28,1 bzw. 20,7 %. Ein frühestmöglicher Einsatz von Tocilizumab – direkt nach csDMARD Versagen – kann folglich die Prognose des Patienten ver-

bessern, sowohl bei der Gabe als Monotherapie oder auch in Kombination mit MTX. Weiterhin wurde beobachtet, dass die Monotherapiepatienten (Tocilizumab direkt nach csDMARD-Behandlung) mit 525,5 Tagen die längste mediane Behandlungsdauer mit Tocilizumab aufwiesen. Bei Patienten mit bDMARD-Vorbehandlung lag die mediane Behandlungsdauer nur bei 415,0 Tagen. Auch die Retentionsrate fiel im Vergleich der Behandlungsgruppen tendenziell höher aus (DGRh 2018; Poster RA.27). m Quelle: Pressemitteilung Roche Pharma AG, Chugai Pharma Europe Ltd., 20. September 2018

Certolizumab Option in Schwangerschaft und Stillzeit Frauen im gebärfähigen Alter und mit chronisch-rheumatischer Erkrankung stehen vor den Herausforderungen einer möglichen Schwangerschaft und den Risiken von Früh-, Fehl- und Kaiserschnittgeburten. Im Fokus steht dabei die Frage, wie mit der Medikation umgehen, denn vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel können Medikamente fatale Auswirkungen haben.

Für Ärzte stellt sich die Frage, wie sie die Medikamentengabe für Patientinnen gestalten sollen, die schwanger sind oder eine Schwangerschaft planen. Im Einzelfall ist dies eine schwierige Nutzen-Risiken-Abwägung, erklärte Dr. Wolfgang E. Paulus, Ulm. Denn die Grunderkrankung sollte in der Schwangerschaft möglichst ruhig und stabil bleiben. Durch ein Aufflackern von Rheumaschüben können Probleme wie z. B. eine erhöhte Frühgeburtlichkeit auftreten. An seiner Beratungsstelle für Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit werden daher im Jahr 4.000 Beratungen zur Problematik der Auswirkungen potenziell schädigender Faktoren auf die Fruchtbarkeit der Eltern und die Entwicklung des Kindes

während Schwangerschaft und Stillzeit durchgeführt. Rheumatologen neigen aufgrund des Beipackzettels oder Empfehlungen der Hersteller eher dazu, nach Bekanntwerden der Schwangerschaft alles wegzulassen oder Prednisolon zu verschreiben, was oft nicht reicht, so der Experte. Mit den Biologika besteht in diesem Kontext die Chance in Schwangerschaft und Stillzeit eine vernünftige Therapie fortzusetzen. In der pharmakokinetischen Studie CRIB wurde untersucht, ob ein plazentaler Transfer des TNFα-Blockers Certolizumab Pegol (Cimzia®) bei während

ihrer Schwangerschaft damit behandelten Frauen stattfindet. Die Ergebnisse zeigten, dass es keinen bis minimalen plazentalen Transfer gab. CRADLE, eine prospektive pharmakokinetische Studie, bei der das Vorhandensein eines AntiTNF-Antikörpers in der Muttermilch gemessen wurde, zeigte einen minimalen Transfer von Certolizumab Pegol während der Stillzeit. Aufgrund dieser Daten hat die EMA einer möglichen Anwendung bei chronisch-rheumatischer Erkrankung während der Schwangerschaft und Stillzeit zugestimmt. (rk) m Quelle: Meet the Expert, UCB Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Mannheim, 20. September 2018


INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2018

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AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS

Neue Daten zu Ustekinumab vom DGRh 2018 Auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) wurden die Ergebnisse einer Subgruppenanalyse der nicht-interventionellen Studie SUSTAIN vorgestellt. (1) Für die darin untersuchten Patienten mit aktiver PsoriasisArthritis (PsA) deuten diese an, dass Ustekinumab sowohl bei Biologika-naiven also auch bei mit TNF-Inhibitoren (TNFi) vorbehandelten Patienten gut und langanhaltend wirksam ist. Bereits zuvor hatte der IL-12/23-Inhibitor im Rahmen der prospektiven, offenen Beobachtungsstudie ECLIPSA auf einen Wirksamkeitsvorteil gegenüber der Substanzklasse der TNFi in der PsA-Schlüsseldomäne Enthesitis hingewiesen. (2)

Ziel der laufenden prospektiven, multizentrischen, nicht-interventionellen Studie SUSTAIN ist, die Langzeitwirksamkeit, -sicherheit und Lebensqualität von Ustekinumab (Stelara®) bei erwachsenen Patienten mit aktiver PsA über drei Jahre zu beobachten.

Lang anhaltende Wirkung bei Biologikanaiven Patienten mit aktiver PsA beobachtet Basierend auf den Daten der zweiten Interimsanalyse (3) wurde in einer aktuellen Subgruppenuntersuchung die Langzeitwirksamkeit des IL-12/23-Inhibitors abhängig von der Anzahl der Vortherapien überprüft. (1) Bei Biologika-naiven Patienten sank die mittlere Anzahl druckschmerzhafter Gelenke von 8,1 zu Baseline bereits nach 16 Wochen um mehr als 50 % auf 3,7. Nach 76 Wochen waren im Mittel noch 2,1 Gelenke druckschmerzhaft (Abb.).

Mittlere Anzahl druckschmerzhafter Gelenke

Ein ähnlicher Effekt zeigte sich unter Ustekinumab auch bei Patienten, die mit einem TNFi vorbehandelt worden waren: In diesem Kollektiv sank die mittlere Anzahl druckschmerzhafter Gelenke von 13,2 zu Baseline auf 4,6 in Woche 16 und im weiteren

15

Baseline Woche 16 Woche 76

13,2

(9,5; 16,8)§

12

9

8,1

(6,6; 9,6)§

6

4,6#

3,7# 3

0

2,1

Hinweis auf deutliche Besserung der Enthesitis Etwa jeder dritte PsA-Patient leidet unter einer begleitenden Enthesitis. (4) Aufgrund der schmerzhaften, die Bewegung einschränkenden Entzündung der Sehnenansätze erhöht eine Enthesitis die Krankheitslast der Betroffenen. Die prospektive, offene Beobachtungsstudie ECLIPSA hat die Wirksamkeit von Ustekinumab der Substanzklasse der TNFi bei PsA-Patienten mit Enthesitis gegenübergestellt. (2) Die Ergebnisse deuten einen Benefit des IL-12/23-Inhibitors gegenüber TNFi-basierten Therapien an: 6 Monate nach Therapiebeginn erreichten 70,8 % der mit Ustekinumab behandelten PsA-Patienten (n=24) eine Remission (SPARCC=0)† hinsichtlich ihrer Enthesitis (primärer Endpunkt) gegenüber 38,4 % der mit TNF-Inhibitoren behandelten Patienten (n=26)‡. (2) m Literatur 1 Wendler J et al., DGRh-Kongress 2018; Poster SpA.45 2 Araujo EG et al., Arthritis Rheumatol 2017; 69: Abstract 881 3 Wendler J et al., EULAR 2017; Abstract AB0763 4 Kavanaugh A et al., Rheumatol Ther 2016; 3(1): 91-102

3,4

(1,3; 5,5)§

(1,1; 3,1)§

Biologika-naiv (Baseline, n=151)

Therapieverlauf auf 3,4 in Woche 76 (Abb.). (1) Sowohl im Biologika-naiven Studienarm (n=153) als auch im Arm mit TNFi-Vorbehandlung (n=86) bewertete* ein Großteil der behandelnden Ärzte bzw. ihre Patienten die Wirksamkeit von Ustekinumab in Woche 76 als „gut“/„sehr gut“ (Biologika-naiv: 95,7 bzw. 97,9 %; 1 TNFi-Vortherapie: 74,0 bzw. 77,7 %). (1)

Vortherapie mit 1 TNFi (Baseline, n=81)

Abb.: Mittlere Anzahl der druckschmerzhaften Gelenke in Abhängigkeit der Vortherapie (Biologika-naiv vs. eine TNFi-Vortherapie) zu Baseline, Woche 16 und Woche 76 unter Ustekinumab (§95%-Konfidenzintervall; #95%-Konfidenzintervall nicht berichtet), modifiziert nach (1)

* Erhebung mittels Physician's Global Assessment bzw. Patient's Global Assessment Fragebogen † definiert als SPARCC (Spondyloarthritis Research Consortium of Canada Enthesitis Index)-Wert von 0 ‡ Untersucht wurde die Wirkstoffklasse der TNF-Inhibitoren. Aussagen zur Wirksamkeit von Ustekinumab gegenüber einzelnen Substanzen lassen sich daraus nicht ableiten. Redaktion mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH


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INDUSTRIE-BERICHT

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Komorbiditäten beim Therapiemanagement berücksichtigen Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) sollten Komorbiditäten mehr Beachtung finden. Aktuelle Daten aus den Phase-IIIStudien mit dem IL-6-Rezeptorinhibitor Sarilumab legen nahe, dass Patienten von der Blockade der proinflammatorischen IL6-vermittelten Signalwege auch in puncto Begleiterkrankungen profitieren können.

Die bei RA-Patienten häufig anzutreffende Multimorbidität wirkt sich negativ auf Remission, Funktion, Lebensqualität und -erwartung aus. Hierbei ist die IL-6-Signaltransduktion an vielen RAassoziierten Komorbiditäten beteiligt, so z. B. an kardiovaskularen Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Osteoporose, Fatigue und Depression, erläuterte Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München. Dies liefert die Rationale dafür, dass Sarilumab (Kevzara®) bei RA-Patienten zusätzlich positive Effekte auf einige relevante Komorbiditäten ausüben kann. In puncto kardiovaskuläres Risiko wird allen Biologika eine Risikoreduktion zugeschrieben, dies gilt auch für IL-6-Inhibitoren. Für Sarilumab wurde im Vergleich zu Adali-

mumab überdies in der MONARCH-Studie eine stärkere Reduktion des kardialen Risikomarkers Lp(a) belegt. Bedeutsam ist auch der bei 10-20 % der RA-Patienten vorliegende Typ-2-Diabetes, der seinerseits kardiovaskuläre Ereignisse fördert. In Subanalysen der Phase-IIIStudien MOBILITY und TARGET war Sarilumab bei diabetischen und nichtdiabetischen Patienten mit erniedrigten HbA1c-Spiegeln assoziiert und senkte bei Diabetikern den Nüchternblutzucker. Gerade auch eine bei RA in ca. 20 % der Fälle anzutreffende depressive Symptomatik verringert die Erfolgsaussichten für ein gutes Behandlungsergebnis. In Subanalysen von MOBILITY und TARGET

resultierte Sarilumab bei RA-Patienten mit depressiven Symptomen in klinisch bedeutsamen Verbesserungen in den meisten SF-36-Domänen im Vergleich zu Placebo und in einigen Bereichen auch im Vergleich zu Adalimumab. Zugleich war Sarilumab etwa in der MOBILITYStudie auch mit einer Verbesserung der Fatigue assoziiert, die in 40 % der Fälle schwer ausgeprägt sein kann. Komorbiditäten sollten daher bei der Therapieauswahl noch stärker berücksichtigt werden, so Schulze-Koops. m Quelle: Symposium Sanofi Genzyme, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018

PERIODISCHE FIEBERSYNDROME

Wirksame Kontrolle der Krankheitsschübe mit Canakinumab Seit dem Jahr 2017 ist der Interleukin 1ß (IL-1ß)-Inhibitor Canakinumab für die Therapie von drei autoinflammatorischen Syndromen zugelassen. Nun wurde die dafür entscheidende CLUSTER-Studie publiziert.

In der für die Kinderrheumatologie wichtigen randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie CLUSTER erwies sich die IL-1ß-Inhibition mit Canakinumab (Ilaris®) als sehr wirksam und insgesamt gut verträglich. Die Studie schloss 181 Patienten im akuten Schub (Indexschub) ein, darunter 63 mit Colchicin-resistentem familiärem Mittelmeerfieber (FMF) respektive FMF bei Colchicin-Intoleranz, 72 mit Hyperimmunoglobulin-D-Syndrom (HIDS)/Mevalonatkinase-Defizienz (MKD) und 46 mit TNF-Rezeptor-assoziiertem periodischem Syndrom (TRAPS). Alle erhielten Canakinumab in einer Startdosierung von 150 mg alle vier Wochen. Primärer Endpunkt war die Responderrate nach

16 Wochen, was als Abklingen des Indexschubes bis Tag 15 und Fehlen weiterer Krankheitsschübe bis Woche 16 definiert war. Den primären Endpunkt erreichten signifikant mehr Patienten unter Canakinumab, und zwar 61 % der FMFPatienten (p<0,0001), 35 % der HIDS/ MKD-Patienten (p=0,003) und 45 % der TRAPS-Patienten (p=0,006); unter Placebo waren es nur 6 % der Patienten. Im Anschluss an Woche 16 wurden jene Patienten, die den primären Endpunkt erreicht hatten, erneut 1:1 randomisiert und erhielten für weitere 24 Wochen entweder einer Erhaltungsdosis von Canakinumab (150 mg alle acht Wochen)

oder Placebo. Alle FMF-, 82 % der HIDS/ MKD- und 83 % der TRAPS-Patienten blieben frei von Krankheitsschüben, was im Hinblick auf Langzeitkomplikationen wichtig ist. Die Therapie mit Canakinumab erwies sich als gut verträglich. Häufigste unerwünschte Ereignisse waren Infektionen vor allem der oberen Atemwege (N Engl J Med 2018; 378(20): 1908-1919). Diese Ergebnisse hatten 2017 zur Zulassung von Canakinumab für alle drei Fiebersyndrome bei Kindern und Erwachsenen geführt. (wk) m

Quelle: Symposium Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


INDUSTRIE-BERICHT

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Baricitinib früh nach MTX-Versagen einsetzen Die von der DGRh verabschiedete neue S2e-Leitlinie empfiehlt für die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) erstmals auch den Einsatz von JAK-Inhibitoren wie Baricitinib. Wie Prof. Dr. Klaus Krüger, München, im Rahmen des DGRh-Kongresses in Mannheim erläuterte, werden diese dabei als gleichrangig zu Biologika bewertet.

Bereits früh wurde erkannt, dass die JAKInhibition bei der Behandlung der RA großes Potenzial besitzt: Triftige Gründe für die frühe Berücksichtigung der JAK-Inhibitoren in der EULAR-Leitlinie waren die in Studien nachgewiesene gute Wirksamkeit und Verträglichkeit, so Krüger. In einem breit angelegten PhaseIII-Studienprogramm mit über 3.000 behandelten Patienten erwies sich z. B. der JAK1/2-Inhibitor Baricitinib (Olumiant®) als konsistent wirksam. Dies zeigte etwa RA-BEAM, die erste direkte Vergleichsstudie eines ts- mit einem bDMARD bei RA, in der Baricitinib plus MTX versus Adalimumab plus MTX in Woche 12 im ACR20 und der DAS28-CRP-Reduktion signifikant überlegen war. Auch zu weiteren Zeitpunkten war z. B. das ACR50/70-

Ansprechen unter Baricitinib signifikant höher als unter Adalimumab. Rasche signifikante Verbesserungen ergaben sich zudem in puncto HAQ-DI, Schmerz und Fatigue. Laut Krüger zeigt Baricitinib zudem ein günstiges Verträglichkeitsprofil, das über eine Expositionsdauer von bis zu 5,5 Jahren keine neuen Sicherheitshinweise ergab. In der S2e-Leitlinie der DGRh werden JAK-Inhibitoren als gleichwertige Alternative zu bDMARDs bewertet, sodass sie vor oder nach diesen eingesetzt werden können. So sollten JAK-Inhibitoren oder bDMARDs bei Patienten zum Einsatz kommen, die unter optimierter Starttherapie mit MTX das Therapieziel verfehlt haben und bei denen eine hohe

Krankheitsaktivität bzw. ungünstige Prognosefaktoren bestehen, führte Krüger weiter aus. Die Wahl des Behandlungsprinzips sei auch von der Patientenpräferenz abhängig, die stets in die Therapieentscheidung einbezogen werden sollte. Für Baricitinib spricht die einfache Anwendung als 1x tägliche Tablette, gute Steuerbarkeit aufgrund der kurzen Halbwertszeit von 12,5 Stunden, die sehr geringe hepatische Metabolisierung, wodurch kaum klinisch relevante Wechselwirkungen auftreten, sowie die Tatsache, dass es sowohl als Monotherapie oder in Kombination mit MTX zugelassen ist. m Quelle: Pressegespräch Lilly Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Mannheim, 20. September 2018

SYSTEMISCHE SKLEROSE

Antifibrotische Therapien auf dem Prüfstand Die systemische Sklerose (SSc) ist mit einer hohen Mortalität assoziiert. Gerade der fibrotische Umbau der Lunge im Zuge einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) trägt dabei ganz wesentlich zur Morbidität und Mortalität von SSc-Patienten bei.

Die Pathophysiologie der mit SSc assoziierten ILD (SSc-ILD) zeigt Gemeinsamkeiten mit anderen fibrotischen Erkrankungen wie der idiopathischen Lungenfibrose (IPF). Bei beiden ILDs kommt es zur Aktivierung, Migration und Proliferation von Fibroblasten, Akkumulation von Myofibroblasten und Ablagerung von extrazellulärer Matrix (ECM). Eine Schlüsselrolle spielen dabei Wachstumsfaktoren wie TGF-8 und PDGF. Zukünftige Behandlungsansätze zielen auf die an den fibrotischen Prozessen beteiligten Signalwege und werden derzeit in mehreren Phase-II- und -III-Studien geprüft, so Prof. Dr. Jörg Distler, Erlangen.

Der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib, der für die IPF zugelassen ist und hierfür in der aktuellen S2k-Leitlinie empfohlen wird, inhibiert die Rezeptor-Tyrosinkinasen der Wachstumsfaktoren VEGF, FGF und PDGF und zeigte eine gute antifibrotische Wirkung. Eine gepoolte Analyse der Phase-IIStudie TOMORROW und Phase-IIIStudien INPULSIS-1 und -2 zeigte laut Prof. Dr. Michael Kreuter, Heidelberg, dass Nintedanib die jährliche FVCAbnahme gegenüber Placebo und das Risiko für akute Exazerbationen bei IPFPatienten signifikant reduziert. Aufgrund

der positiven Erfahrungen bei IPF wird Nintedanib derzeit auch bei SSc-ILD geprüft. Die randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie SENSCIS untersucht den Effekt von Nintedanib auf das Fortschreiten der Fibrosierung der Lunge bei Patienten mit SSc-ILD (≥10 % Fibrose der Lunge im HRCT, FVC ≥40 %) anhand der jährlichen Rate des FVC-Verlustes – auf die Ergebnisse kann man aufgrund des hohen Therapiebedarfs sehr gespannt sein. m Quelle: Symposium Boehringer Ingelheim Pharma GmbH Co. KG, DGRhKongress, Mannheim, 21. September 2018


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INDUSTRIE-BERICHT

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND SPONDYLARTHRITIDEN

Die Therapie durch Bewegung gezielt unterstützen In der Behandlung der Spondylarthritiden (SpA) und rheumatoiden Arthritis (RA) wurden in der Vergangenheit neben der medikamentösen Therapie auch im Bereich der nicht-pharmakologischen Behandlung deutliche Fortschritte erzielt. So zeigen zahlreiche Studien, dass sich auch ein gezieltes, regelmäßiges Ausdauer- und Muskeltraining positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken kann. Hier scheint es zunehmend ein Umdenken zu geben, sowohl bei den Fachgesellschaften als auch durch Initiativen wie „RheuMotion“. Über den Stellenwert von Bewegung im Therapieschema und die neuen EULAR-Empfehlungen hierzu sprachen wir mit Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos vom Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne.

Herr Dr. Baraliakos, wie ist es aktuell um die Therapiestandards bei SpA und RA in Deutschland bestellt? Die medikamentöse Therapie sowohl bei RA als auch SpA bewegt sich auf hohem Niveau, auch wenn im Sinne des Erreichens einer Remission ein mitunter noch konsequenterer Einsatz von DMARDs und Biologika gemäß den LeitlinienEmpfehlungen wünschenswert wäre. Aufgrund dieser Fortschritte wurden jedoch lange andere Ansätze, wie z. B. die körperliche Bewegung als wichtiges Therapieprinzip eher vernachlässigt. Gezieltes Training als Therapieansatz bei SpA bzw. RA spielt momentan noch eine eher nachgelagerte Rolle. Hier sollte jedoch ein Umdenken stattfinden.

Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos che Maßnahmen zusätzlich zur medikamentösen Therapie erhalten. Die Evidenz für deren Nutzen ist in Studien zur RA und axialen sowie peripheren SpA gut etabliert. Um eine optimale Wirkung zu erhalten, sollte eine Physiotherapie in Form eines strukturierten, überwachten Ausdauer- und Muskelaufbautrainings erfolgen. Ziele sind die Verbesserung muskuloskelettaler Beschwerden und

Wie genau kann körperliches Training die Therapie unterstützen? Wir haben erkannt, dass die Physiotherapie und Bewegung im Allgemeinen sehr wichtige Teile der Behandlung sind. Unabhängig vom Alter oder auch der Krankheitsdauer sollte jeder Patient solFettgewebe

Lipolyse von viszeralem Fett Subkutan

Lipolyse

Viszeral

IL-6

Follistatin

LIF IL-4 IL-6 IL-7 IL-15

Irisin Meteorin-like

Neutrozytose

IL-15

Lymphozyten

FGF-21 IL-6

Nebenniere

Unbekannter Belastungsstimulus

Lymphopenie IL-6

IL-6

Angiogenese IGF-1 FGF-2 TGF-β

Kortisol

Leber

Myostatin IL-6 IL-6 BDNF Hypertrophie IL-6 Lipolyse AMPK GlukoseAufnahme Fettoxidation

braunes Fettgewebe

TNF IL-10 IL-1ra

IL-8? CXCL1? Makrophagen

GastrointestinalTrakt

FSTL-1 Pankreas

Knochen GLP-1

Neutrophile

Hepatische GlukoseProduktion unter Belastung

Schmerzlinderung, also der Gelenkfunktion und -beweglichkeit, aber zugleich auch die Aktivierung des Selbstschutzes des Körpers durch die Verringerung der systemischen Entzündung, um kardiovaskuläre Ereignisse zu vermeiden. Eine entscheidende Bedeutung kommt hier den Myokinen als spezifischen Substanzen (Zytokinen) des Muskels zu. Heute ist bekannt, dass diese bei Ausdauer- bzw. Muskelaufbautraining von den Muskeln verstärkt produziert und ausgeschüttet werden und als Botenstoffe direkt, etwa durch die Herunterregulierung proinflammatorischer Zytokine antientzündliche Effekte ausüben, aber auch indirekt die systemische Entzündung positiv beeinflussen. Letzteres erfolgt über die Wirkung auf Komorbiditäten im Sinne einer Reduktion von Körper- und vor allem Bauchfett und des kardiovaskulären Risikoprofils über eine Senkung von Cholesterin und Blutdruck sowie die Verbesserung des Glukose- und auch Knochenstoffwechsels (Abb.). Regelmäßiges Training stärkt also nicht nur die Muskelleistung und -funktion, sondern die Muskeln selbst wirken über die bei deren Beanspruchung ausgeschütteten Myokine als eigener Arzt, der hilft, die systemische Entzündung zusätzlich zur Medikation zu reduzieren. (1, 2)

Insulin

Abb.: Myokine als Medikamente des Muskels (mod. nach 2)

Blutgefäße Fördert endotheliale Funktion und Revaskularisation

Welche konkreten Daten gibt es hier zu positiven Auswirkungen bei Patienten mit SpA bzw. RA? Die Mehrheit der Studien hat sowohl für RA- als auch SpA-Patienten einen Vorteil durch ein angepasstes körperliches Training gezeigt, einige andere verliefen neutral, zeigten aber keine schädlichen Effekte. Zu berücksichtigen sind hier die Art der Intervention, deren Dauer, die ge-


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wählten funktionellen Parameter und der Zeitpunkt von deren Erfassung. Insgesamt sind aber signifikant positive Effekte in Bezug auf Ausdauer, Funktion, Muskelkraft und die Entzündungs- und damit auch Krankheitsaktivität zu konstatieren. Beispielhaft genannt seien kontrollierte Studien zu RA-Patienten, die durch ein langzeitiges individualisiertes Ausdauerund Muskeltraining zusätzlich zu einer stabilen DMARD-Therapie das kardiovaskuläre Risiko und die Krankheitsaktivität und -schwere (DAS28) senkten, Schmerzen verminderten und die Funktionskapazität (HAQ) verbesserten. (3, 4) Eine weitere Studie bestätigt, dass selbst ein 10-wöchiges hochintensives Intervalltraining ohne Probleme von den RA-Patienten vertragen wurde und die genannten positiven Effekte zeitigte. (5) Dass auch bei Patienten mit axialer SpA eine hochintensive physikalische Therapie zusätzlich zu NSAR und TNFαInhibitoren zu Verbesserungen der Krankheitsaktivität (ASDAS), Gelenkfunktion (BASDAI) und Abnahme kardiovaskulärer Risikofaktoren führt, wies ebenfalls eine randomisierte, kontrollierte Studie nach. (6) Selbst ein zuhause anhand eines Manuals durchgeführtes Multifunktionstraining 5x pro Woche für ≥30 Minuten führte in Studien bei SpAPatienten zur Verbesserung der Funktionskapazität, Beweglichkeit, Reduktion der Krankheitsaktivität und Steigerung der Lebensqualität zusätzlich zu einer Anti-TNF-Therapie. (7, 8) Warum ist dann körperliche Aktivität nicht stärker etabliert in der Rheumatherapie? Ein Problem ist immer noch die Unsicherheit der Therapeuten, die befürchten, hierdurch die Funktionalität der Gelenke zu schädigen, was aber keineswegs der Fall ist. Denn es sollte im Gegenteil aktiv und langfristig eine Physiotherapie zum Erhalt der Gelenkfunktion verordnet werden. Nach bislang zurückhaltenden Empfehlungen in Leitlinien tragen jetzt die neuen EULAR-Empfehlungen

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zur körperlichen Aktivität bei Patienten mit entzündlicher Arthritis und Arthrose den neuen Erkenntnissen Rechnung und fordern ganz explizit z. B. ein Ausdauerund Muskelaufbautraining als integralen Bestandteil des Gesamtbehandlungskonzepts, das auf den allgemeinen Empfehlungen zur körperlichen Aktivität bei Gesunden fußt, und über den gesamten Krankheitsverlauf individuell angepasst erfolgen soll. (9) Wichtige Aspekte der EULAR-Empfehlungen betreffen die regelmäßige Durchführung eines aeroben Ausdauer- bzw. Muskeltrainings mindestens 3x pro Woche in moderater oder auch höherer Intensität und ebenso dass dieses unter Überwachung durch qualifizierte Fachkräfte erfolgen sollte, um die individuellen Möglichkeiten der Patienten in Abhängigkeit von deren Schmerzintensität und Funktionseinschränkungen gebührend zu berücksichtigen. (9) Wie schätzen Sie den Stellenwert von körperlichem Training bei SpA bzw. RA in der Zukunft ein? Durch die klar formulierten EULAR-Empfehlungen sollte der Stellenwert der physikalischen Therapie wachsen, die eben nicht nur ein Beiwerk zur Pharmakotherapie darstellt, sondern als gleichrangig zu dieser als tragende Säule des Patientenmanagements zu verstehen ist. Je-

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der Rheumatologe sollte daher etwaige Hemmungen ablegen, sich mit den „Basics“ von Ausdauer- und Muskeltraining vertraut machen und im Idealfall mit Physiotherapeuten kooperieren, die bereits Erfahrung mit Rheumapatienten haben. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistet die Initiative „Rheumotion“, die über den interdisziplinären Austausch von Rheumatologen, Sportärzten, Physiotherapeuten, Psychologen und Patientenorganisationen auf wissenschaftlicher Basis Experten-Empfehlungen für angemessene körperliche Aktivität von Rheumapatienten erarbeitet hat, die in gewisser Weise die EULAR-Empfehlungen vorweg genommen haben. Wenn alle Parteien stärker an einem Strang ziehen, der Rheumatologe, Physiotherapeut und Patient, kann mit regelmäßiger Bewegung und medikamentöser Therapie das bestmögliche Ergebnis erzielt werden. Entscheidend hierfür ist eine gute Kommunikation des Arztes, der Patienten vom großen Nutzen eines langfristig angelegten körperlichen Trainings überzeugen muss. m Herr Dr. Baraliakos, haben Sie vielen Dank für das Gespräch. Report mit freundlicher Unterstützung der AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG

RheuMotion im Fokus RheuMotion ist eine Initiative, ins Leben gerufen von AbbVie und ausgewiesenen Experten aus der Rheumatologie, Psychologie und Sportwissenschaft, die mehr Bewegung in die Rheumatologie bringen möchte. Die Vision ist es, Bewegung als festen Bestandteil in der Rheumatherapie zu etablieren. Dass dies sinnvoll ist, davon sind die Initiatoren überzeugt. Neuere Daten zeigen, dass Bewegung den entzündlichen Krankheitsprozess beeinflussen und damit die medikamentöse Therapie sinnvoll unterstützen kann. Das neue Verständnis von Bewegung und die Motivation zur langfristigen Nutzung sind zentrale Inhalte, die in Form wissenschaftlicher Studien, innovativer Fortbildungskonzepte und vielfältiger Kooperationen transportiert werden sollen. Erfahren Sie dazu mehr unter www. rheumotion.de.

Literatur: 1 Benatti FB, Pedersen BK. Nat Rev Rheumatol 2015; 11(2): 86-97, 2 Pedersen BK, Febbraio MA. Nat Rev Endocrinol 2012; 8(8): 457-465, 3 StavropoulosKalinoglou A et al., Ann Rheum Dis 2013; 72(11): 1819-1825, 4 Lourenzi FM et al., Clin Rehabil 2017; 31(11): 1482-1491, 5 Sandstad J et al., Eur J Appl Physiol 2015; 115(10): 2081–2089, 6 Sveaas SH et al., PLoS One 2014; 9(9):e108688, 7 Aytekin E et al., Clin Rheumatol 2012; 31(1): 91-97, 8 Yigit S et al., Rheumatol Int 2013; 33(1): 71-77 9 Rausch Osthoff AK et al., Ann Rheum Dis 2018; 77(9): 1251-1260


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INDUSTRIE-BERICHT

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PSORIASIS-ARTHRITIS

Apremilast überzeugt in deutscher Praxisstudie Insbesondere bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) mit einem eher moderaten oligoartikulären Gelenkbefall ist von einer therapeutischen Unterversorgung auszugehen. Nach csDMARD-Versagen ist gerade in solchen Fällen der PDE-4-Inhibitor Apremilast eine gute Wahl, der zu klinisch bedeutsamen Verbesserungen im Hinblick auf die Anzahl geschwollener und druckschmerzhafter Gelenke, der körperlichen Funktionsfähigkeit und Psoriasis führt. Gepoolte Daten der Phase-III-PALACE-Studien unterstreichen neben einer anhaltend hohen Effektivität über 5 Jahre auch dessen vorteilhaftes Sicherheitsprofil.

Laut Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen den PsA-Patientenkollektiven in Phase-III-Studien mit einer Vielzahl betroffener Gelenke und der Praxis, wo sehr häufig Patienten mit Oligoarthritis, eher mäßigem Gelenkbefall, aber typischen PsA-Manifestationen wie Enthesitis und Daktylitis anzutreffen sind. Gerade für letztere Patienten erachtet Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, Apremilast (Otezla®) als eine Therapie der Wahl nach dem Versagen eines ersten csDMARDs. Als Beleg führte er die deutsche prospektive, nicht-interventionelle LAPIS-PsAStudie an, in die ein praxistypisches Patientenkollektiv mit aktiver PsA und eher moderater Krankheitsaktivität eingeschlossen wurde (mittlerer PGA 2,5;

ca. 70 % Biologika-naiv). In eine aktuelle Auswertung gingen 210 neu mit Apremilast behandelte Patienten ein, die über ca. 4 Monate beobachtet wurden (DGRh 2018; SpA.31). Primärer Endpunkt war der Anteil an Patienten, die unter Apremilast eine Verbesserung ihres PGA-Werts um ≥1 Punkt erreichten. Dieses Ziel erreichten nach 4 Monaten Apremilast 80 % der Biologika-naiven und 67 % der Biologika-erfahrenen Patienten, 67,9 bzw. 56,9 % erreichten einen PGA-Wert von 0 oder 1 (keine oder minimale Symptome). Die Anzahl geschwollener und druckschmerzhafter Gelenke sank bis zu diesem Zeitpunkt im Median um 50,0 bzw. 18,3 % (Biologika-naiv) und 50,0 bzw.

16,7 %. (Biologika-erfahren). Initial wies die Hälfte der Patienten eine Enthesitis auf, jeder vierte Patient litt unter Daktylitis. Apremilast linderte diese belastenden, schmerzhaften und funktionseinschränkenden PsA-Manifestationen rasch und effektiv: Nach vier Monaten wiesen 61,1 bzw. 53,6 % der Patienten keine Enthesitis mehr auf und 69,7 bzw. 61,5 % waren in Abhängigkeit von der Vortherapie frei von Daktylitis. Laut Witte verbesserten sich auch PROs wie Schmerzen und Pruritus unter Apremilast deutlich. Das gute Sicherheitsprofil von Apremilast wurde erneut bestätigt. m Quelle: Symposium Celgene GmbH, DGRh-Kongress, Mannheim, 20. September 2018

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Versorgungsdefizite: Delegation ein Ansatzpunkt In Anbetracht des eklatanten Mangels an internistischen Rheumatologen bedarf es vermehrter Anstrengungen, die Versorgung von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) adäquat zu adressieren. Hierzu kann das Delegieren von Aufgaben wie z. B. die Erfassung von Komorbiditäten an Rheumatologische Fachassistent/innen (RFA) beitragen. Die Verbesserung der Versorgung durch RFA war auch das Ziel der vom Unternehmen AbbVie initiierten Beobachtungsstudie ERIKO.

Die Erfassung von Komorbiditäten bei der Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen findet im Praxisalltag beim Rheumatologen – vor allem aus Zeitgründen – häufig nicht statt. Die prospektive, randomisierte Beobachtungsstudie ERIKO mit 341 an 42 Zentren erfassten RA-Patienten sollte daher prüfen, ob man Rheumatologen in Bezug auf die Erfassung von Komorbiditäten durch eine intensivere Einbindung gut ausgebildeter RFA entlasten und an diese das Screening delegieren kann. „Es hat sich

gezeigt, dass die RFAs nach der entsprechenden Schulung die Erfassung der Komorbiditäten gut übernehmen konnten und hier deutlich zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beitragen können“, erläuterte Studienleiter Prof. Dr. Klaus Krüger, München. Insbesondere für den Impfstatus, den Zahnstatus und beim oft vernachlässigten Thema Depression konnten signifikante Unterschiede zur Kontrollgruppe, in der kein strukturiertes Interview durch

die RFAs stattfand, festgestellt werden. Womöglich hätten bei einem kränkeren Patientenkollektiv und längerer Beobachtungsdauer sich auch in puncto kardiovaskuläres Risikoprofil noch signifikante Verbesserungen herausarbeiten lassen – sinnvoll sei dieser Ansatz aufgrund der höheren Patientenzufriedenheit auf jeden Fall. m Quelle: Symposium AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


INDUSTRIE-BERICHT

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PSORIASIS-ARTHRITIS

Umfassende Therapie mit Ixekizumab Bei Psoriasis-Arthritis (PsA) kommt es darauf an, möglichst alle Manifestationen zu verbessern. Mit dem IL-17A-Inhibitor Ixekizumab steht ein zielgerichtetes Biologikum zur Verfügung, das neben einer überzeugenden Wirksamkeit auf klinische Parameter auch positive Effekte auf die körperliche Funktion sowie weitere patientenrelevante Parameter ausübt. Aktuelle Daten belegen zudem, dass Ixekizumab auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Arbeitsproduktivität verbessern kann.

Eine rasche Schmerzreduktion, Verbesserung der körperlichen Funktion und Fatigue sind wichtige Parameter für mehr Lebensqualität. PsA-Patienten benötigen eine umfassende Therapie, die sich individuell an den vorherrschenden Symptomen und PROs orientieren sollte, so Prof. Dr. Klaus Krüger, München. Zu den häufigen Manifestationen zählen neben Spondylitis und Arthritis auch Enthesitis und Daktylitis, sowie psoriatische Veränderungen von Nägeln und Haut. „Moderne Behandlungskonzepte sollten möglichst alle relevanten Facetten der PsA berücksichtigen“, so Krüger. Eine gute Option, das heterogene Krankheitsbild PsA zu behandeln, ist der IL-17AInhibitor Ixekizumab (Taltz®). Der IL-17A-Inhibitor zeigte sowohl bei Biologika-naiven Patienten als auch nach Versagen von TNFα-Inhibitoren

eine starke und über bis zu drei Jahren anhaltende Wirksamkeit im ACRAnsprechen: Eine signifikante Verbesserung im ACR20 stellte sich bereits in Woche 1 ein, nach drei Jahren erreichten über 50 % der Patienten der SPIRIT-P1Studie ein ACR50-Ansprechen. Auch bei Enthesitis und Daktylitis zeigte Ixekizumab gute und langanhaltende Effekte: Nach 24 Wochen erreichten in SPIRITP1 43 % der Patienten ein vollständiges Abklingen der Enthesitis und 80 % eine komplette Remission der Daktylitis. Auch hier hielten die Verbesserungen über drei Jahre an: 47 bzw. 63 % der Patienten hatten eine Remission der Enthesitis bzw. Daktylitis. Gute Therapieergebnisse wurden speziell auch in puncto Haut und Nagel-Psoriasis erreicht. Die körperliche Funktion gemäß HAQ-DI verbesserte sich ab Woche 1 und persistierend über drei Jahre (-0,4 Punkte vs. Baseline). Da

auch Schmerzen und Fatigue abnahmen, zeigen folgerichtig gepoolte Daten der Studien SPIRIT-P1 und -P2 einen Zugewinn an Lebensqualität, der besonders ausgeprägt war, wenn sich sowohl Gelenk- als auch Hautsymptome verbessern. Auf dem DGRh-Kongress vorgestellte Daten untermauern die positiven Effekte von Ixekizumab: Bei ca. 50 % der Patienten verbesserte sich die Lebensqualität nach 24 Wochen. Auch zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Arbeitsproduktivität, eine deutliche Zunahme der Anwesenheit am Arbeitsplatz und verringerte Beeinträchtigung der täglichen Aktivität. m Quelle: Pressegespräch Lilly Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Mannheim, 20. September 2018

ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN

Biosimilars bieten neue Möglichkeiten Die Einführung der ersten Biosimilars zu TNFα-Blockern wie Infliximab oder Etanercept bietet die Chance, TNFα-Inhibitoren kostengünstiger zu verordnen und dadurch potenziell noch mehr Patienten den wirtschaftlichen Zugang zu dieser Therapie zu ermöglichen. Ab Mitte Oktober 2018 werden auch Adalimumab-Biosimilars zur Verfügung stehen.

Für das kürzlich neu in Europa zugelassene Adalimumab-Biosimilar Hyrimoz® wurde laut Prof. Dr. Kristian Reich, Hamburg, in der randomisiert-doppelblinden, vergleichskontrollierten Phase-III-Studie ADACCESS mit Mehrfach-Switch zwischen Hyrimoz® und dem Referenzpräparat (Humira®) die therapeutische Gleichwertigkeit in der sensitiven Indikation mittelschwere bis schwere chronische Plaque-Psoriasis belegt. Es wurde die Äquivalenz von Biosimilar und Re-

ferenzpräparat in puncto Wirksamkeit (primärer Endpunkt PASI75-Ansprechen 66,8 vs. 65,0 %), Sicherheit und Immunogenität gezeigt bei Patienten, die kontinuierlich Hyrimoz® oder das Referenzpräparat erhielten, sowie bei Patienten, die mehrmals zwischen beiden Adalimumab-Präparaten wechselten.

munogenität gegenüber dem jeweiligen Adalimumab-Präparat berichtet. Das als 40 mg-Dosis zu verabreichende Biosimilar ist mit Ausnahme von pädiatrischen Indikationen, in denen eine niedrigere Dosis benötigt wird, in allen rheumatologischen Indikationen des Originalpräparats zugelassen. m

Auch bei mehrfachem Switch von Hyrimoz® auf das Referenzpräparat oder umgekehrt wurde keine Steigerung der Im-

Quelle: Pressemitteilung Hexal AG, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018


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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Tocilizumab punktet in der Monotherapie und mit hoher Therapietreue In der Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) sind frühzeitige Therapieanpassungen unabdingbar, wenn die Krankheitskontrolle nicht ausreicht und die gesetzten Therapieziele nicht erreicht werden. Dennoch ist jeder Therapiewechsel für den Arzt wie auch für Patienten mit einem gewissen Aufwand und Unsicherheit verbunden. Eine hohe Therapieverweildauer – bei gleichzeitig effektiver Krankheitskontrolle – bringt daher für beide Parteien Vorteile mit sich. Nicht zuletzt kann eine hohe Therapieverweildauer das Vertrauen des Patienten in die Behandlung – und damit auch in den Arzt – fördern. Die Evidenz für die sehr gute Wirksamkeit des Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibitors Tocilizumab in der Monotherapie wurde zuletzt in der S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) gewürdigt. Aktuellen Daten zufolge zeichnet sich Tocilizumab zudem durch eine sehr hohe Therapietreue aus.

Eine aktuelle Studie untersuchte die Effektivität des IL-6-Rezeptorinhibitors Tocilizumab (RoActemra®) gegenüber TNFα-Inhibitoren sowohl als Mono- oder Kombinationstherapie (plus konventionelle, synthetische krankheitsmodifizierende Antirheumatika; csDMARDs) unter realen Alltagsbedingungen bei RAPatienten, die mit mindestens einem Biologikum (bDMARD) vorbehandelt waren.

Anteil an Patienten (%) in CDAI-Remission oder -LDA nach 1 Jahr (LUNDEX-adjustiert)

Verglichen wurden die Therapieverweildauern sowie der Krankheitsaktivitätslevel (gemessen mit dem LUNDEX-adjustierten* Clinical Disease Activity Index; CDAI) von 8.308 RA-Patienten aus 10 europäischen RA-Registern (TOCERRA), die zwischen 2009 und 2017 mit Tocilizumab oder TNFα-Inhibitoren als Monotherapie oder in Kombination mit

csDMARDs (meist Methotrexat, MTX) behandelt wurden. (1)

eine höhere Verweildauer zugunsten des IL-6-Rezeptorinhibitors. (1)

Hohe Effektivität und Therapieverweildauer mit Tocilizumab-Monotherapie

Zudem war verglichen mit einer AntiTNFα-Kombinationstherapie unter der Monotherapie mit Tocilizumab eine höhere Therapietreue zu beobachten: Gegenüber der Kombination aus TNFαInhibitor plus MTX >15 mg/Woche war das Risiko für ein Absetzen der Medikation signifikant geringer (Hazard ratio 0,75; p<0,001). Auch in puncto Krankheitsaktivität und Remission waren klare Vorteile für Tocilizumab auszumachen. So wiesen nach 12 Monaten unter der TocilizumabMonotherapie vergleichbar viele Patienten eine niedrige Krankheitsaktivität (CDAI ≤10) oder Remission (CDAI ≤2,8) auf wie mit einer TNFα-Monotherapie oder einer Kombinationstherapie aus TNFα-Inhibitor und csDMARD. (1)

In der TOCERRA-Studie wurde unter Tocilizumab-Monotherapie eine hohe Therapietreue und höhere Verweildauer als unter einer Behandlung mit TNFa-Inhibitoren erreicht. Die mediane Verweildauer auf der Tocilizumab-Monotherapie betrug 2,31 Jahre (95% KI: 2,07-2,61) und war damit fast doppelt so lang im Vergleich zur TNFα-Monotherapie mit 1,31 Jahren (95% KI: 1,18-1,47). (1) Beim Vergleich der Tocilizumab- und Anti-TNFαKombinationstherapie mit MTX (1,98 Jahre vs. 1,37 Jahre) zeigte sich auch hier

Tocilizumab-Monotherapie TNF-I+csDMARD-Kombinationstherapie

50 40 30 20 10 0

gesamt

MTX

MTX anderes + csDMARD anderes csDMARD

Remission

<10

10-15 >15 MTX-Dosis (mg/Woche)

gesamt

MTX

MTX anderes + csDMARD anderes csDMARD

<10

10-15 >15 MTX-Dosis (mg/Woche)

LDA

Abb.: Unter Tocilizumab-Monotherapie wiesen vergleichbar viele Patienten nach 1 Jahr eine Remission (CDAI ≤2,8) oder eine niedrige Krankheitsaktivität (LDA; CDAI ≤10) auf wie mit einer Kombinationstherapie aus TNFα-Inhibitor und csDMARD. Die Ergebnisse waren unabhängig von der Kombination mit csDMARDs und der MTX-Dosierung. (2)

Eine weitere Analyse aus dem TOCERRA-Register, die auf dem EULAR 2018 vorgestellt wurde, bestätigt diese Daten bei bDMARD-naiven RA-Patienten: So betrug die mittlere Therapieverweildauer für die Tocilizumab-Monotherapie 2,8 Jahre (95% KI: 2,0-3,3) im Vergleich zu 2,0 Jahre (95 % KI: 1,8-2,1) für die Kombination aus TNFα-Inhibitor und csDMARD (p=0,21). Des Weiteren war der Anteil von Patienten mit niedriger Krankheitsaktivität (CDAI ≤10) oder Remission (CDAI ≤2,8) nach 12 Monaten zwischen beiden Gruppen vergleichbar (Abb.). (2) Die Analyse zeigt: Tocilizumab bietet RA-Patienten auch ohne MTX (bzw. cs-


S2e-Leitlinie der DGRh empfiehlt: Wenn Monotherapie, dann mit Tocilizumab Tocilizumab kann aufgrund der langjährigen Erfahrung als die Monotherapie mit dem höchsten Grad an klinischer Evidenz betrachtet werden. Auch die neue S2e-Leitlinie der DGRh zur Behandlung der RA (3) betont die gute monotherapeutische Wirkung von Tocilizumab sowie die einzigartige Datenlage: „Tocilizumab hat in zahlreichen Studien eine gute monotherapeutische Wirksamkeit bewiesen und sich [...] im Head-tohead-Vergleich mit Adalimumab als monotherapeutisch überlegen erwiesen.“ (4) Weniger eindeutig ist die Evidenz hingegen für die JAK-Inhibitoren, sodass in der Leitlinie als Fazit gezogen wird, dass JAK-Inhibitoren mit csDMARDs kombiniert werden sollten. (3)

DMARDs) eine effektive Krankheitskontrolle. Zudem profitieren diese unter der Tocilizumab-Monotherapie von einer signifikant längeren Verweildauer als unter einer Anti-TNFα-Mono- oder Kombinationstherapie mit einem csDMARD. (2)

Mehr Ruhe in der Therapie – Vorteile für Arzt und Patient Die Befunde zu unterschiedlichen Retentionsraten sind von großer Bedeutung, handelt es sich doch bei der RA-Therapie fast in allen Fällen um eine Langzeittherapie. Aus diesem Grund sind Therapieverweildauer und –treue essenziell für die langfristige Prognose der RAPatienten. Die Adhärenz eines Patienten für ein Medikament hängt einerseits von dessen Wirksamkeit und anderseits von dessen Verträglichkeit ab. Nicht zu vernachlässigen ist in diesem Kontext eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation, die das Vertrauen in die Therapie erheblich stärken kann. Für Tocilizumab sind eine gute Langzeitsicherheit und Verträglichkeit über bis zu sechs Jahre schon seit Längerem überzeugend nachgewiesen. (5, 6)

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Erneut bestätigt wird das gute Langzeit-Sicherheitsprofil über bis zu sieben Jahre bei über 600.000 RA-Patienten durch eine auf dem ACR-Kongress 2017 vorgelegte Sicherheitsanalyse über 12 klinische Phase-III/IV-Studien zur i.v.und s.c.-Applikation von Tocilizumab und deren Langzeit-Extensionen: Auch bei fortgesetzter Therapiedauer zeigten sich keine Anzeichen für vermehrte unerwünschte Ereignisse. (7) Dass Tocilizumab hinsichtlich der Therapietreue zu punkten vermag, hatten bereits die zuvor beschriebenen Daten aus der TOCERRA-Studie nachgewiesen. (1) Sinnvoll erscheint zur Steigerung der Adhärenz, Reduktion von Langzeitfolgen und einer langfristigen Hemmung der radiologischen Progression eine frühzeitige Therapieeinstellung sowie, wann immer möglich, Reduktion der Komedikation zur Vereinfachung der Behandlung und Erhöhung der Therapiesicherheit. In der nicht-interventionellen ICHIBAN-Studie konnte sowohl unter einer TocilizumabKombinations- als auch Monotherapie bei 44 % der Patienten die Glukokortikoid (GK)-Dosis reduziert und damit das Risiko von GK-induzierten Folgeerkrankungen verringert werden. (8) Gute Erfahrungen mit einem Abbau der Komedikation nach dem Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität (DAS-BSG <3,2) wurden ebenfalls in der COMPACT-Studie gesammelt. (9, 10) So konnte auch nach dem Absetzen von MTX ein anhaltend niedriger DAS28-BSG unter einer Tocilizumab-Monotherapie aufrechterhalten werden. (11)

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In Summe beeinflussen all diese therapeutischen Effekte die Prognose und Lebensqualität der Patienten und sorgen für eine geringere Alltagsbelastung und Betreuungsfrequenz beim Rheumatologen. Auf diese Weise kann Tocilizumab das Gesamttherapierisiko senken und eine langfristig höhere Patientenzufriedenheit und Therapieadhärenz fördern. m Literatur: 1 Lauper K et al., Ann Rheum Dis 2018; 77(9): 1276-1282 2 Lauper K et al., EULAR-Kongress 2018; Poster THU0202 3 Fiehn C et al., Z Rheumatol 2018; 77(Suppl 2): 35-53 4 Gabay C et al., Lancet 2013; 381(9877): 1541-1550 5 Genovese MC et al., EULAR-Kongress 2013; Poster FRI0256 6 Genovese MC et al., J Rheumatol 2013; 40(6): 768–780 7 Mohan S et al., ACR-Kongress 2017; Poster 550 8 Specker C et al., DGRh-Kongress 2015; Poster RA.20 9 Peterfy C et al., EULAR-Kongress 2018; Poster SAT0168 10 Kremer J et al., EULAR-Kongress 2018, Abstract AB0448 11 Kremer J et al., ACR-Kongress 2017, Oral Presentation 1905 *LUNDEX = Index zur Bewertung der Langzeitwirksamkeit von Biologika, der das klinische Ansprechen und die Adhärenz in einem Wert kombiniert Report mit freundlicher Unterstützung der Roche Pharma AG

Für das Therapieprinzip der IL-6-Inhibition und insbesondere Tocilizumab konnte in zahlreichen Studien eine überlegene Wirksamkeit in der Monotherapie nachgewiesen werden, ohne relevanten Unterschied zur Kombinationstherapie mit MTX. Dies macht Tocilizumab zur präferierenden Therapieoption für die Monotherapie. Die neue S2e-Leitlinie der DGRh betont diese umfangreiche Datenlage zur Tocilizumab-Monotherapie, während JAK-Inhibitoren in Kombination mit MTX empfohlen werden. Für Tocilizumab ist als Biologikum zugleich eine hohe Therapietreue im Praxisalltag belegt. Vor dem Hintergrund der langfristigen Planbarkeit bedeutet dies mehr Ruhe in der Therapie und Freiheit für Arzt und Patient.

KOMPAKT

INDUSTRIE-BERICHT


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INDUSTRIE-BERICHT

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PSORIASIS-ARTHRITIS

Tofacitinib auch in neuer Indikation gut wirksam Orale JAK-Inhibitoren etablieren sich zunehmend als therapeutisches Prinzip in der Rheumatologie. Als erster und einziger JAKInhibitor in der EU hat Tofacitinib im Juni 2018 die Zulassungserweiterung für Psoriasis-Arthritis (PsA) erhalten. In Kombination mit Methotrexat (MTX) ist Tofacitinib 5 mg 2x täglich bei erwachsenen Patienten mit aktiver PsA indiziert, die zuvor auf ein oder mehrere DMARD nicht angesprochen oder diese nicht vertragen haben.

Bei der rheumatoiden Arthritis bereits ein fester Therapiebaustein, erobern sich JAK-Inhibitoren auch in anderen Indikationen zunehmend ihren Platz. Die Zulassungserweiterung von Tofacitinib (Xeljanz®) als wichtige und gut verträgliche Option, mit der das vielschichtige Erkrankungsspektrum der PsA behandelt werden kann, begrüßte Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M. Die Wirksamkeit auf Haut und Gelenke sowie die Verträglichkeit von Tofacitinib wurde in den Phase-III-Studien OPAL Broaden und OPAL Beyond sowie der noch laufenden Verlängerungsstudie OPAL Balance untersucht. In OPAL Broaden erhielten 422 PsAPatienten, die auf ≥1 csDMARD nicht ausreichend angesprochen hatten und TNF-Inhibitor (TZF-I)-naiv waren, randomisiert Tofacitinib 2x 5 mg/Tag oder Adalimumab als aktiver Kontrolle oder Placebo, jeweils in Kombination mit einem

csDMARD. Nach drei Monaten erreichten unter Tofacitinib 50 % der Patienten (vs. 33 % mit Placebo) ein ACR20Ansprechen, unter Adalimumab waren es 52 %. Zum Studienende nach zwölf Monaten wiesen 68 % der mit Tofacitinib und 60 % der mit Adalimumab behandelten Patienten ein ACR20-Ansprechen auf. Der HAQ-DI hatte sich in diesem Zeitraum unter Tofacitinib mit -0,54 und unter Adalimumab mit -0,45 ( jeweils ab Baseline) weiter verbessert. Auch bei sekundären Endpunkten (Enthesitis, Daktylitis, SF-36, FACIT-F) zeigte Tofacitinib eine gute Wirksamkeit gegenüber Placebo. Ein Ansprechen im PASI75 erreichten nach drei Monaten 43 % der Patienten unter Tofacitinib, 15 % unter Placebo und 39 % im Adalimumab-Kontrollarm. OPAL Beyond war laut Behrens die erste PsA-Studie, die nur mit Patienten durchgeführt wurde, die zuvor auf ≥1 TNF-I versagt hatten. 394 Patienten erhielten

randomisiert Tofacitinib oder Placebo sowie eine stabile csDMARD-Dosis. Ein ACR20-Ansprechen erreichten nach drei Monaten 47 % der Patienten unter Tofacitinib vs. 24 % unter Placebo. Die Differenzen zum Ausgangswert waren beim HAQ-DI größer unter Tofacitinib: -0,39 vs. -0,14 unter Placebo. Die Verbesserungen dauerten bis Studienende an und zeigten sich auch bei den sekundären Endpunkten. Die Studiendaten zeigen, dass Tofacitinib in wichtigen PsAKrankheitsdomänen zu signifikanten Verbesserungen führt. Auch die Verträglichkeit ist gut. Häufigste unerwünschte Ereignisse waren Nasopharyngitis und Infektionen der oberen Atemwege. Eine Herpes zoster-Infektion betraf in beiden Studien nur je einen Patienten unter 2x 5 mg Tofacitinib, so Behrens. m

Quelle: Pressegespräch Pfizer Pharma GmbH, Mannheim, 20. September 2018

GICHTARTHRITIS

Kombinationspräparat erhält Marktzulassung in Europa Das Unternehmen Grünenthal gab bekannt, dass die Europäische Kommission der positiven Empfehlung des CHMP der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vom Juni 2018 gefolgt ist und die europäische Marktzulassung für Duzallo® erteilt hat. Das Kombinationspräparat mit den Wirkstoffen Allopurinol und Lesinurad ist zugelassen zur Therapie der Hyperurikämie bei erwachsenen Gichtpatienten, bei denen der angestrebte Harnsäurespiegel mit Allopurinol allein nicht erreicht wird.

Lesinurad ist das erste innovative Urikosurikum für die Behandlung von Gicht seit über 40 Jahren. Aufgrund seines innovativen und selektiven Wirkmechanismus hat der URAT1-Inhibitor Lesinurad das Potenzial, den Harnsäurespiegel besser zu kontrollieren und so zu einer verbesserten Lebensqualität für Patienten beizutragen. Denn während Allo-

purinol als Xanthinoxidase-Inhibitor die Harnsäureproduktion verringert, erhöht zugleich Lesinurad deren Ausscheidung über die Nieren. Darüber hinaus kann das Kombinationspräparat die Tablettenlast reduzieren.

(Zurampic®) als Einzelsubstanz, in der Schweiz und in Italien eingeführt, weitere Länder sollen bis zum Ende dieses Jahres folgen. Duzallo® selbst soll 2019 in den meisten europäischen Ländern eingeführt werden. m

Bereits im März 2018 wurde das erste Gichtpräparat von Grünenthal, Lesinurad

Quelle: Pressemitteilung Grünenthal GmbH, 28. August 2018


INDUSTRIE-BERICHT

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SPONDYLARTHRITIDEN

Positiver Effekt der IL-17A-Inhibition auf Komorbiditäten Aktuelle Real-World-Daten aus Deutschland zeigen, dass der direkte IL-17A-Inhibitor Secukinumab bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) respektive Psoriasis-Arthritis (PsA) auch relevante Komorbiditäten günstig beeinflusst.

Für beiden Patientengruppen liegen Langzeitdaten aus randomisierten Studien vor, die eine gute Wirksamkeit von Secukinumab (Cosentyx®) auf alle relevanten Endpunkte und ein günstiges Sicherheitsprofil belegen. Da aber sowohl AS- als auch PsA-Patienten häufig Komorbiditäten, wie Depressionen und kardiovaskuläre Erkrankungen, und extraartikuläre Manifestationen, wie PlaquePsoriasis oder Uveitis, aufweisen und diese die Krankheitslast weiter erhöhen, wurde in der deutschen nicht-interventionellen Studie (NIS) AQUILA jetzt der Einfluss von Secukinumab auf diese Begleiterkrankungen ermittelt. In die AQUILA-Studie wurden 486 Patienten mit AS bzw. PsA eingeschlossen. Zu Beginn wiesen 63,3 % der PsA-Pa-

tienten eine Plaque-Psoriasis auf; aber auch 11,5 % der AS-Patienten waren von dieser extraartikulären Manifestation betroffen. Eine Uveitis war dagegen bei AS-Patienten häufiger (6,2 vs. 0,9 %), aber seltener als sonst in AS-Studien. Depressionen lagen bei 15,4 % der PsAund 12,2 % der AS-Patienten vor. Kardiovaskuläre Komorbiditäten wie KHK (8,9 vs. 3,5 %), Herzinsuffizienz (3,3 vs. 0,7 %) oder Schlaganfall (2,4 vs. 0,0 %) waren wie zu erwarten bei PsA-Patienten häufiger (EULAR 2018; Abstr. SAT0299). In der Interimsanalyse nach 52 Wochen fand sich eine Verbesserung der für Patienten relevanten Erscheinungen Psoriasis und Depression. Bei PsA-Patienten hatte sich der PASI unter Secukinumab von 5,0 zu Beginn auf 0,0 verbessert. Bei

der Hälfte der Patienten war die Haut abgeheilt. Über diesen Zeitraum entwickelten unter der Therapie nur ein ASund zwei PsA-Patienten erstmalig eine Uveitis. Unter der 52-wöchigen Therapie mit dem IL-17A-Inhibitor blieben die kardiovaskulären Komorbiditäten stabil. Nur bei zwei PsA-Patienten trat im Verlauf eine KHK bzw. Herzinsuffizienz auf. Die zu Beginn in beiden Gruppen häufigen Depressionen verbesserten sich im Verlauf deutlich. Der Wert im Becks Depression Inventory (BDI-II) war bei PsA-Patienten von 9,0 auf 6,0 zurückgegangen, bei AS-Patienten von 12,0 auf 6,0. (wk) m

Quelle: Symposium Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongresses, Mannheim, 21. September 2018

Europäische Zulassung für Adalimumab-Biosimilar

Zulassung für AdalimumabBiosimilar erteilt

Sandoz, eine Division von Novartis und Pionier im Bereich Biosimilars, gab die Zulassung von Hyrimoz® (Adalimumab) durch die EU-Kommission für die Anwendung in allen Indikationen des Referenzpräparats wie z. B. rheumatoide Arthritis bekannt.

Die Unternehmen Mylan und Fujifilm Kyowa Kirin Biologics gaben bekannt, dass die EU-Kommission die Marktzulassung für Hulio®, ein Biosimilar zu Adalimumab, für alle Indikationen des Originalpräparats erteilt hat.

Die Zulassung basiert auf umfangreichen analytischen, präklinischen und klinischen Daten, die belegen, dass Hyrimoz® dem Referenzbiologikum in Bezug auf Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität entspricht. Eine Phase-III-Studie zu Sicherheit und Wirksamkeit belegte die therapeutische Gleichwertigkeit in der sensiblen Indikation mittelschwere bis schwere chronische Plaque-Psoriasis, bei einem dem Referenzpräparat äquivalenten Sicherheits- und Immunogenitätsprofil. Bedeutsame klinische Unterschiede wurden nicht beobachtet. Hyrimoz® ist nur als 40 mg-Fertigspritze/Fertigpen erhältlich und kann pädiatrischen Patienten nicht verabreicht werden, die weniger als die volle 40 mg-Dosis benötigen. m

Die Zulassung erfolgte auf Grundlage des positiven Gutachtens des Ausschusses für Humanarzneimittel. Dieses bestätigt, dass das Entwicklungsprogramm einschließlich der analytischen, funktionellen, klinischen und immunogenen Daten eine Biosimilarität zum Referenzpräparat zeigte. Das Unternehmen Mylan plant den Produktlaunch von Hulio® auf diversen europäischen Märkten ab dem 16. Oktober 2018. Mylan und Fujifilm Kyowa Kirin Biologics haben ihre Partnerschaft Anfang des Jahres 2018 geschlossen. Fujifilm Kyowa Kirin Biologics verfügt über ein nicht ausschließliches Lizenzabkommen mit dem Unternehmen AbbVie für die Nutzung und Verkauf von Hulio® in europäischen Ländern. Mylan besitzt eine Sublizenz. m

Quelle: Pressemitteilung Sandoz International, 27. Juli 2018

Quelle: Pressemitteilung Mylan N.V., Fujifilm Kyowa Kirin Biologics Co. Ltd., 20. September 2018


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INDUSTRIE-BERICHT

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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Positive Phase-II-Daten zu Baricitinib publiziert In der Juli-Ausgabe des Lancet wurden die Ergebnisse einer Studie zum Einsatz von Baricitinib bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) veröffentlicht. Es ist die erste abgeschlossene Phase-II-Studie eines JAK-Inhibitors bei SLE. Im primären Endpunkt kam es nach 24 Wochen bei statistisch signifikant mehr Patienten unter Baricitinib 4 mg zum Rückgang der SLE-assoziierten Arthritis oder des Hautausschlags als unter Placebo. Der Start einer Phase-III-Studie ist im zweiten Halbjahr 2018 geplant.

In die doppelblinde 24-wöchige Studie wurden 314 erwachsene Patienten eingeschlossen. Im Verhältnis 1:1:1 randomisiert, erhielten sie ergänzend zu ihrer stabilen Standardtherapie täglich Placebo oder 2 mg bzw. 4 mg Baricitinib. Einschlusskriterien waren u. a. eine seit mindestens 24 Wochen bestehende SLE-Diagnose, ein SLEDAI-2K ≥4 sowie das Vorliegen einer aktiven Arthritis und/ oder eines Ausschlags. Primärer Studienendpunkt war der Anteil an Patienten, der nach 24 Wochen einen Rückgang der Arthritis und/oder des Ausschlags gemäß dem SLEDAI-2K erreichte. Unter 4 mg Baricitinib erreichten 67,3 % der Patienten einen Rückgang der SLE-assoziierten Arthritis oder des Ausschlags, unter Placebo waren es 53,3 % (p<0,05).

Im SLE-Responder-Index 4 (SRI-4) zeigten mit 4 mg Baricitinib behandelte Patienten eine geringere Krankheitsaktivität als unter Placebo (64,4 vs. 47,6 %, p<0,05). Die Effekte auf die Schmerzlinderung und Krankheitsaktivität nach den LLDAS-Kriterien waren ebenfalls größer. Zwischen der mit 2 mg Baricitinib und der mit Placebo behandelten Gruppe ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede in den Endpunkten. Während der 24-wöchigen Therapiephase brachen in der Placebogruppe 21 % der Patienten die Behandlung ab, gegenüber 18 % in der 2 mg- und 17 % in der 4 mg-Gruppe. Häufigste unerwünschte Ereignisse (UE) unter Baricitinib waren Infektionen der oberen Atemwege

einschließlich viraler Infektionen sowie Harnwegsinfektionen. Die Häufigkeit schwerer UE (meist Infektionen) betrug 5 % unter Placebo, 10,5 % in der 2 mgGruppe und 9,6 % in der 4 mg-Gruppe. Todesfälle, maligne Erkrankungen, schwere unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse, Tuberkulose oder schwere Herpes zoster-Infektionen traten nicht auf. Aufgrund der positiven Daten dieser Phase-II-Studie wird Lilly Baricitinib weiter in der bislang nicht zugelassenen Indikation SLE untersuchen. Eine PhaseIII-Studie zur Prüfung der Wirksamkeit und Verträglichkeit ist Anfang August 2018 angelaufen. m Quelle: Pressemitteilung Lilly Deutschland GmbH, 6. August 2018

PSORIASIS-ARTHRITIS

Ärzteportal auf den neuesten Stand gebracht Das Expertenportal „InSight Immunology“ bietet nun noch mehr nützliche Funktionen – Design und Inhalte wurden von Grund auf erneuert. Auf der Plattform können sich Ärzte über Psoriasis (PSO) und Psoriasis-Arthritis (PsA) informieren und weiterbilden.

Mit neuen Optionen bietet die Plattform www.insight-immunology.de des Unternehmens Celgene Zugang zu aktuellem praktischen Wissen, Neuigkeiten und Tipps rund um PSO und PsA. Im Bereich Wissen erläutern Artikel und Videobeiträge unter anderem die Pathomechanismen, Symptome und Schweregrade der beiden Erkrankungen sowie die verfügbaren Therapiestrategien. Im Bereich Fortbildung bieten Kongress- und Veranstaltungsberichte z. B. zu EADV und EULAR als Videos die Möglichkeit, sich einfach und schnell über neue Trends zu informieren. Die Inhalte von Symposien, Postern und Workshops werden kom-

pakt zusammengefasst und erklärt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf eHealth mit praxisrelevanten Tipps in Form von Videobeiträgen, z. B. zu den künftigen Chancen der Digitalisierung und Telemedizin. Zertifizierte eCME-Fortbildungen bieten Grund- und Schwerpunktwissen rund um Themen wie Therapien und Subtypen von PsA sowie die Option, Fortbildungspunkte zu sammeln. Darüber hinaus werden unter „Praxistipps“ verschiedene Fragebögen bzw. Tools vor- und teils auch als Download bereitgestellt, mit denen die verschiede-

nen Facetten der PSO und der PsA bzw. Krankheitsschwere und -aktivität erfasst und dokumentiert werden können. Zum Teil können diese direkt heruntergeladen werden – auch, um die Wirksamkeit der derzeitigen Therapie zu bewerten. Zum Thema Wirtschaftlichkeit bei der Verordnung von Therapien gibt Jörg Hohmann, Fachanwalt für Medizinrecht, in Videos praktische Tipps für die Umsetzung in der Praxis und begegnet gängigen Unsicherheiten mit juristischen Fakten. m

Quelle: Pressemitteilung Celgene GmbH, 24. Juli 2018


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INDUSTRIE-BERICHT

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Neue DGRh-Leitlinie: Update zu Methotrexat Den von der neuen S2e-Leitlinie der DGRh bestätigten Status von Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis (RA) als „Mittelpunkt der Therapie zu Beginn und als Kombinationspartner im weiteren Verlauf“ untermauern aktuelle Daten der Kerndokumentation: Mit 60 % behandelten Patienten ist es das am häufigsten eingesetzte RA-Medikament.

Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster, betonte, dass es ständig neue Erkenntnisse zu MTX gibt, die zeigen, dass dessen Potenzial noch lange nicht ausgereizt ist. Neben der langjährig erwiesenen Sicherheit und Effizienz von MTX belegen zahlreiche Studien die Vorteile der subkutanen Applikation von MTX. Diese zeigen bei vergleichbaren Sicherheitsdaten eine bessere Bioverfügbarkeit und Effektivität. Die s.c.-Applikation (z. B. mit metex®PEN) ist zudem mit einer besseren gastrointestinalen Verträglichkeit assoziiert. Mit Blick auf neuere Studiendaten erläuterte Gaubitz, dass eine frühe und höher dosierte MTX-Gabe mit einem besseren Therapieansprechen assoziiert ist. Auch kann ein Wechsel von oralem

auf s.c. MTX den Einsatz von Biologika hinauszögern oder sogar verhindern. Die S2e-Leitlinie der DGRh bestätigt den Stellenwert von MTX in der ErstlinienTherapie der RA. Als „optimale Startdosis“ werden 15 mg/Woche genannt und eine „rasche Dosissteigerung“ auf bis zu 25 mg/Woche angeraten. Ab Dosierungen >15 mg/Woche wird die s.c.-Gabe empfohlen. Jenseits der RA und Psoriasis-Arthritis weisen laut Prof. Dr. Marc Schmalzing, Würzburg, Daten darauf hin, dass MTX zur rheumatischen Behandlung bei der Tumoranamnese nicht nur möglich, sondern durchaus sinnvoll sei. Auch hinsichtlich organspezifischer „Immune-Re-

lated Adverse Events“ (IRAE) infolge der Gabe von Checkpoint-Inhibitoren gibt es klare Hinweise, dass steroidsparende DMARDs wie MTX hier effektiv sind. Abschließend erinnerte Priv.-Doz. Dr. Nils Venhoff, Freiburg, an die Rolle von MTX in der Therapie ANCA-assoziierter Vaskulitiden. Laut der DGRh-Leitlinie 2017 ist in der Remissionsinduktion bei fehlender lebens- und organfunktionsbedrohender Manifestation auch der Einsatz von MTX möglich und wird zur Remissionserhaltung sogar als ein Mittel der ersten Wahl empfohlen. m Quelle: Symposium medac GmbH, DGRh-Kongress, Mannheim, 21. September 2018

ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN

Pharmakovigilanz von Biologika im Fokus Original-Biologika und Biosimilars haben in der EU gleiche Wirkstoffnamen (INN). Für das Pharmakovigilanz-System ergeben sich daraus Herausforderungen: Erfolgen Nebenwirkungsmeldungen rein wirkstoffbezogen, können sie nicht immer eindeutig einem Produkt zugeordnet werden. Zudem liegt die Chargennummer nicht jedem vor, der Nebenwirkungen melden kann. Je mehr INN-gleiche Biosimilars auf den Markt kommen, desto schwieriger wird es, wirkstoffbezogene Meldungen zuzuordnen.

Gesetzlich muss die zuständige Bundesoberbehörde sicherstellen, dass Nebenwirkungen einem Produkt zugeordnet werden können. Dazu sollen Arzneimittelname und Herstellungscharge dokumentiert werden. Die Angaben sind jedoch nicht verpflichtend. Eine mögliche Folge sind rein wirkstoffbezogene Nebenwirkungsmeldungen, die dann allen Produkten mit diesem Wirkstoffnamen zugeordnet werden, obwohl diese nur bei einem bestimmten Produkt aufgetreten sind. Auch liegt die Chargennummer dem Arzt nicht vor, in der Apotheke und vom Patienten wird diese in der Regel nicht dokumentiert. Eine mögliche Folge

ist die Verzerrung des Sicherheitsprofils von Biologika: So können Probleme bei der eindeutigen Identifizierbarkeit bei der Rückverfolgung von Nebenwirkungsmeldungen sowie Doppelmeldungen auftreten, hieß es bei einem AbbVieWorkshop in Frankfurt/M. Einen Lösungsansatz sieht Dr. Martin Weiser, Bundesverband der ArzneimittelHersteller, in der verpflichtenden Angabe des Handelsnamens und der Chargennummer bei Nebenwirkungsmeldungen. Prof. Susanne Alban, Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, ergänzte, dass bereits im Rahmen der

Abgabe des Arzneimittels in der Apotheke routinemäßig die Dokumentation der Chargennummer erfolgen sollte. Für die Patienten schlug Melanie Krieg, Rheuma-Liga Hessen e.V. vor, die Chargennummer in den Patientenpass inzu integrieren. Als zuständige Behörde hat das Paul-Ehrlich-Institut kürzlich den Meldebogen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen um eine explizite Angabe des Handelsnamens erweitert. m

Quelle: Pressemitteilung AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, 11. September 2018


INDUSTRIE-BERICHT

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RHEUMATOLOGY TODAY

Präsentation der EULAR-Highlights Die Webseite Rheumatology TODAY informiert über die wissenschaftlichen Highlights der Jahrestagung der European League Against Rheumatism (EULAR) in Amsterdam.

Sechs deutsche Rheumatologen besuchten ausgewählte Vorträge auf dem EULAR-Kongress 2018, analysierten die Ergebnisse und präsentierten sie kompakt vor der Kamera. Die Videobeiträge enthalten Zusammenfassungen aus sechs verschiedenen rheumatologischen Teilgebieten und sind auf der Webseite www.rheumatology-today.de kostenlos für ein Jahr inklusive Download der Präsentationen abrufbar. Zudem fand erneut das einzige deutschsprachige Satellitensymposium des EU-

LAR 2018 statt. Vor mehr als 350 Teilnehmern diskutierten die Referenten ihre persönlichen Höhepunkte vom EULARKongress in Amsterdam. Die HighlightStatements können ebenfalls auf www. rheumatology-today.de angeschaut werden. Dieser Service wird gemeinsam von den Unternehmen Chugai Pharma, Roche und Novartis unterstützt. Zum dritten Mal in Folge nahmen auch in diesem Jahr im Rahmen der Joint Academy wieder deutsche Nachwuchsrheumatologen am EULAR-Kongress

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teil. Sechs junge Fachärzte erhielten die Möglichkeit, sich über die neuesten Studienergebnisse zu informieren, Eindrücke für den Arbeitsalltag zu sammeln und sich mit Kollegen auszutauschen. Ihre persönlichen Eindrücke und die Abstract-Auswahl werden gleichfalls auf der Rheumatology TODAY-Webseite vorgestellt. Ermöglicht wird die Joint Academy durch Chugai Pharma. m

Quelle: Pressemitteilung Rheumatology TODAY, 25. Juli 2018


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