RheumaManagement Ausgabe Juli/August 2019

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EULAR News BERUFSVERBAND

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MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE JULI/AUG 2019


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NÄCHSTE AUSGABE

Impressum

Vorschau

VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de

47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)

CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de

29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. med. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de

Foto: © Maritim Hotel Dresden

HERAUSGEBER: Dr. Ludwig Kalthoff, Prof. Dr. Jörn Kekow, Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff

Internationales Congress Center, Dresden, 4. - 7. September 2019

Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 2019 Schwerpunkte

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe alles Wissenswerte rund > Autoimmun-Systemerkrankungen um die DGRh-Jahrestagung in Dresden. > Osteoarthrose

Wichtige Termine bis 8.Juli 2019

Deadline Anmeldung zum Frühbuchertarif

August 2019

Veröffentlichung Hauptprogramm

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GRAFIK: Inken Esin, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik SchulzeKoops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · RA Andrea Mangold, München · Prof. Dr. Günter Neubauer, München BEIRAT DES BDRH: Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos, Herne · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Gottingen · Dr. Philipp Sewerin, Dusseldorf · Dr. Martin Welcker, Planegg · Dr. Silke Zinke, Berlin JAHRGANG 11 · 4-2019

www.dgrh-kongress.de | info@dgrh-kongress.de

ISSN 1868-6044 JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden. BILDQUELLEN: Titelseite und EULAR-Bilder – ©EULAR, S. 3 – ©Shutterstock, S. 20 – ©pitopia,

Bericht von der Mitgliederversammlung am 6. September 2019 in Dresden ... und weitere wichtige Meldungen für Rheumatologen.

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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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RÜCKBLICK AUF DEN EULAR 2019 IN MADRID

Neue Leitlinien und Phase-III-Studien im Fokus Vom 12. bis 15. Juni 2018 trafen sich im IFEMA-Kongresszentrum in Madrid rund 14.500 Teilnehmer aus über 130 Ländern zur 20. Jahrestagung der European League Against Rheumatism (EULAR) – diesmal gemeinsam mit der Paediatric Rheumatology European Society (PReS) abgehalten. Auf dem EULAR präsentiert wurden mehr als 350 Abstracts als Kurzvorträge und 2.226 Poster. Mit über 125 wissenschaftlichen Sitzungen und 36 geführten Posterführungen, auf denen 425 Poster vorgestellt wurden, kann der diesjährige EULAR-Kongress erneut als ein großer Erfolg für die europäische Rheumatologie verbucht werden. Erstmals gab es eine eigenständige, gut besuchte Late breaking Abstracts-Session. Ein weiteres Highlight waren zahlreiche neue Leitlinien.

Rituximab und Abatacept gab es neue Aspekte sowie eine interessante Pilotstudie zur Vagusnervstimulation bei therapierefraktärer RA.

Zum guten Gelingen des Kongresses trugen natürlich auch in diesem Jahr wieder die unter dem Dach der EULAR befindliche europäische Patientenorganisation „People with Arthritis and Rheumatism in Europe“ (PARE) und der Zusammenschluss rheumatologischen Fachassistenzpersonals, die „Health Professionals in Rheumatology“ (HPR), bei. Thematisch adressiert wurden neben der Grundlagen- und klinischen Forschung in der Rheumatologie auch die Immunologie, Osteologie und überschneidende internistische Fachgebiete, was den Kongress gleichermaßen für Rheumatologen, Forscher und Ärzte der Primärversorgung attraktiv gestaltete. Einen guten Überblick zu den neuen diagnostischen und therapeutischen Entwicklungen boten die sehr gut nachgefragten Clinical Science und Abstract Sessions sowie die bewährten HOT („How to Treat“)- und WIN („What Is New“)-Sessions.

Syndrom – allesamt präsentiert auf einer eigenen, sehr gut besuchten Session. Hinzu kommen EULAR-Empfehlungen zum Management von Checkpoint-Inhibitor-assoziierten rheumatischen Beschwerden sowie der interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) bei systemischer Sklerose (SSc).

Ein klarer Schwerpunkt lag auf neuen EULAR-Leitlinien. Noch nicht abschließend konsentiert sind jene zum Management der rheumatoiden Arthritis (RA) und Psoriasis-Arthritis (PsA), von denen vor allem letztere größere Veränderungen bereithalten wird. Bereits publiziert sind die aktualisierten Empfehlungen zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) sowie zum Antiphospholipidsyndrom, angenommen zur Publikation sind jene zu Großgefäßvaskulitiden, also der Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis. Weitgehend fertiggestellt sind auch neue Leitlinien zum primären Sjögren-

Letzteren kommt besondere Bedeutung zu, nachdem mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib infolge der positiven Ergebnisse der Phase-III-Studie SENSCIS voraussichtlich bald erstmals ein zugelassenes Medikament zum Erhalt der Lungenfunktion bei SSc-ILD zur Verfügung stehen wird. Bei der RA standen wieder primär die JAK-Inhibitoren im Fokus, so vor allem die Phase-III-Studien FINCH-1 und -3 zu dem JAK-1-Hemmer Filgotinib, aber auch weitere Daten zu Upadacitinib aus SELECT-COMPARE oder Tofacitinib aus ORAL Shift. Aber auch zu TNFα-Inhibitoren, Tocilizumab,

Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester

Viel beachtet wurde die Head-to-headStudie SPIRIT-H2H, die in vielen Endpunkten, so im kombinierten ACR50/ PASI 100-Ansprechen, bei PsA signifikante Vorteile für den IL-17A-Inhibitor Ixekizumab gegenüber Adalimumab auswies. Zu dem IL-23-Hemmer Tildrakizumab wurden positive Ergebnisse einer Phase-II-Studie präsentiert. Bei axialer PsA lieferte die IL-17-Hemmung in Form von Secukinumab in der MAXIMISEStudie einen Wirksamkeitsnachweis. In Sachen neuer Therapien etwas hinterher hinkt die axiale Spondyloarthritis, wo insbesondere neue Daten aus der Bildgebung zur Frühdiagnostik im Vordergrund standen. Spannende neue Erkenntnisse wurden zudem aus der Kinderrheumatologie berichtet. Breiten Raum nahmen auch die Biosimilars ein. Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass die Rheumatologie uneingeschränkt eines der spannendsten Medizinfelder ist. Auf ein Wiedersehen beim nächsten EULAR-Kongress, der als „Heimspiel“ vom 3.-6. Juni 2020 in Frankfurt/M. ansteht! m Prof. Dr. med. Gerd Rüdiger Burmester Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charitéplatz 1, 10117 Berlin


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

Inhalt

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EDITORIAL EULAR 2019 in Madrid: Neue Leitlinien und Phase-III-Studien im Fokus Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester

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MITTEILUNGEN DES BDRH 11

EINLADUNG Mitgliederversammlung des BDRh

12 BERUFSVERBAND DER BAYERISCHEN RHEUMATOLOGEN Famulaturstipendien – „Super 9 von 10 …“ 14 TERMINSERVICE- UND VERSORGUNGSGESETZ Das Prüfungsschwert wird deutlich stumpfer RA Christian Koller 18

MEDIZINRECHT FÜR RHEUMATOLOGEN Originator oder Biosimilar − droht Regress? RA Jörg Hohmann

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GESELLSCHAFT UND POLITIK IN DER KRISE Schafft die 19er-Jugend die Wende? Dr. Erich Schröder

23 STELLENBÖRSE

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ORIGINATOR ODER BIOSIMILAR – DROHT REGRESS?

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS SELECT-COMPARE: Upadacitinib überzeugt

30 GICHTARTHRITIS Update der EULAR-Empfehlungen zur Diagnostik 31

BILDGEBENDE DIAGNOSTIK Osteomeningeom bei RA-Patient Prof. Dr. Herbert Kellner

EULAR-KONGRESS 2019 32

RHEUMATOIDE ARTHRITIS Neuigkeiten zur Therapie und aktualisierte EULAR-Leitlinie Prof. Dr. Klaus Krüger

GICHTARTHRITIS: EULAR-LEITLINIE ZU DIAGNOSTIK

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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

Inhalt

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS JAK-Inhibitoren weiter im Rampenlicht

38 AXIALE SPONDYLOARTHRITIS UND PSORIASIS-ARTHRITIS Kongressbericht vom EULAR 2019 in Madrid Prof. Dr. Denis Poddubnyy

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40 PSORIASIS-ARTHRITIS Neue EULAR-Leitlinie zum Therapiemanagement und direkte Vergleichsstudie im Fokus 43 BILDGEBUNG Aktuelles vom EULAR 2019 in Madrid Prof. Dr. Herbert Kellner 44

RIESENZELL- UND TAKAYASU-ARTERIITIS Aktualisierte EULAR-Leitlinie zu Großgefäßvaskulitiden vorgestellt

47 KOLLAGENOSEN Neues zu Systemischer Sklerose und SLE vom EULAR 2019 Prof. Dr. Christof Specker 52

PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM Erste EULAR-Empfehlungen präsentiert

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SYSTEMISCHE SKLEROSE Nintedanib weiter im Blickpunkt

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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Neue Therapiestudien vom EULAR 2019

EULAR 2019: NEUES ZU RA, AXIALER SPA UND PSA

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57 RHEUMATISCHE NEBENWIRKUNGEN DER KREBS-IMMUNTHERAPIE Erste EULAR-Empfehlungen zu Diagnose und Management von irAEs

INDUSTRIE-BERICHTE 62

SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Neue EULAR-Leitlinie: Früher Einsatz von Belimumab sinnvoll

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Tocilizumab-Monotherapie bietet Knochenschutz durch Reparatur von Erosionen

UPDATE ZU VASKULITIDEN UND KOLLAGENOSEN

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Save-the-date BDRh-Kongress 2020 27.-28. März Seminaris CampusHotel Berlin-Dahlem

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WWW.BDRH.DE

Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen BDRh e.V. 6. September 2019 von 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr, Hotel & Internationales Congress Center Dresden Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir laden Sie herzlich zur ordentlichen Mitgliederversammlung im Rahmen des 47. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie ein. Die Veranstaltung findet im Raum Raum „K3“ im Hotel & Internationales Congress Center Dresden, Ostra-Ufer 2, 01067 Dresden statt. Wir freuen uns auf ein zahlreiches Erscheinen! Mit besten Grüßen Dr. Ludwig Kalthoff Prof. Dr. Jörn Kekow

AGENDA 1 Bericht des 1. Vorsitzenden 2 Bericht des 2. Vorsitzenden 3 Bericht des Kassenwarts 4 Abnahme der Jahresrechnung 2018 und Entlastung des Vorstands 5 Neuwahl des Vorstands für die Legislaturperiode 2020/21 6 Verschiedenes

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BERUFSVERBAND DER BAYERISCHEN RHEUMATOLOGEN

Famulaturstipendien – „Super 9 von 10 …“ Seit 2019 bietet der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) Bayern Famulaturstipendien für Studentinnen und Studenten in rheumatologischen Praxen.

Die ersten beiden Famulanten, Jan Weghorn, 7. Semester an der Friedrich-Alexander Universität Uni Erlangen, und Fabian Förtsch, 8. Semester, ebenfalls von der Uni Erlangen, haben sich erfolgreich beworben. „Super 9 von 10 mit Tendenz zur 10. Alle Ärzte waren interessiert, mir etwas beizubringen und haben es somit geschafft, mich zu begeistern. Der mir unter dem Semester kompliziert erscheinende Stoff der Rheumatologie konnte hervorragend unkompliziert aufgearbeitet werden ….“, antwortet Jan Weghorn auf die Frage wie es ihm gefallen hat. Fabian Förtsch (li.), PD Dr. Stefan Kleinert (re.) Die ambulante Rheumatologie bietet ein breites klinisches Spektrum, und ausgezeichnete Behandlungsmöglichkeiten aufgrund der vielen neuen zielgerichteten immunmodulierenden Systemtherapien. Auch die differentialdiagnostische Aufarbeitung komplexer Beschwerdebilder wurde vermittelt. Besonders gefallen hat Fabian Förtsch, der bereits in der Rheumatologie promoviert, neben der angenehmen Atmosphäre, dass es spannend ist, „mit Patienten zu arbeiten, bei denen vorher möglicherweise niemand weiter wusste, so kennt doch fast jeder Medizinstudent den, an Dr. House

angelehnten Spruch: „es ist niemals Lupus.“ „Sicher ist in der Sprechstunde der Zeitaufwand höher, wenn man es ernst meint! Auf der einen Seite sind die Studenten von den vielen Differentialdiagnosen überrascht, auf der anderen Seite vermitteln wir die besondere Qualität der Arzt-Patientenbeziehung bei chronischkranken Menschen, die ja meist unter Schmerzen leiden oder litten. Das macht Freude und Sinn“, berichtet Dr. Florian Schuch, Vorsitzender des BDRh Bayern.

Über soziale Medien sollen diese Möglichkeiten, die mit 400 Euro pro Monat vom BDRh Bayern unterstützt werden, bekannter gemacht werden. Auch an den anderen Medizinischen Fakultäten in Bayern sind die Famulaturangebote bereits kommuniziert worden und es ist zu hoffen, dass sich möglichst viele Medizinstudenten in den klinischen Semestern bewerben werden. m Quelle: Pressemitteilung Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) Bayern, Juli 2019

BEWERBUNGSANGEBOT an Medizinstudenten in klinischen Semestern an Medizinischen Fakultäten in Bayern. Famulieren Sie in rheumatologischen Praxen in Bayern! Richten Sie bitte Ihre Bewerbung mit einem formlosen Antrag und einem Motivationsschreiben per Mail an: florian.schuch@pgm.de susanna.spaethling@rpmp.de

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TERMINSERVICE- UND VERSORGUNGSGESETZ (TSVG)

Das Prüfungsschwert wird deutlich stumpfer Seit Anfang Mai gilt das TSVG. Ziel des Gesetzgebers war es unter anderem, die vertragsärztliche Niederlassung attraktiver zu machen. Zu diesem Zwecke wurden zahlreiche Regelungen der Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung entschärft. Die wohl Bedeutendste ist die gesetzliche Festlegung einer Ausschlussfrist für Prüfungen.

Verkürzte Ausschlussfristen Im Bereich der Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen müssen die Festsetzung einer Kürzung für unwirtschaftliche ärztliche Leistungen nunmehr innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Damit halbiert das TSVG die vom Bundessozialgericht entwickelte, bislang geltende Ausschlussfrist von vier Jahren. Ähnliches gilt für die Festsetzung einer Nachforderung („Regress“), wobei hier die Prüfgremien ein bisschen mehr Zeit erhalten. Die Regressierung einer unwirtschaftlichen Leistung muss nun innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistung verordnet wurde, erfolgen. Dies dürfte zu vielen Verfahrenseinstellungen aus formellen Gründen führen, da allein die Lieferung der zu prüfenden Daten teilweise deutlich länger als ein halbes Jahr dauert. Dabei ist zu beachten, dass die Regelungen erst für Honorarbescheide gilt, die nach Inkrafttreten des TSVG ergangen sind.

Bezüglich davor ergangener Honorarbescheide verbleibt es bei der vierjährigen Ausschlussfrist.

Abschaffung der Zufälligkeitsprüfung Bislang mussten die Prüfgremien mindestens 2 % der Vertragsärzte je Quartal ohne Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten prüfen. Dieser „Schuss ins Blaue“ stellte sich als äußerst ineffektiv heraus. Die obligatorische Zufälligkeitsprüfung wird deshalb durch eine anlassbezogene Prüfung ersetzt. Die Prüfung darf nur auf Antrag der Kassen oder der Kassenärztlichen Vereinigung durchgeführt werden. Aufgreifkriterien, die zu einer Antragstellung berechtigen, sind z. B. der begründete Verdacht einer Fehlindikation, Ineffektivität, Qualitätsmangel oder Unangemessenheit der Kosten der ärztlichen Leistung. Näheres regeln die Selbstverwaltungspartner auf Landesebene.

Weitere Prüfbremsen Über die soeben dargestellte anlassbezogene Prüfung hinaus können die Selbstverwaltungspartner weitere Prüfverfahren vereinbaren. Im Falle der hoch umstrittenen Durchschnittsprüfung gilt jedoch eine erhebliche Einschränkung: So darf im Falle einer festgestellten (drohenden) Unterversorgung oder im Falle eines festgestellten zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfung nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. Dies dürfte in einigen Regionen vor allem den Fachbereich der Rheumatologie betreffen. Des Weiteren müssen die regionalen Prüfungsvereinbarungen zukünftig eine

Höchstzahlbegrenzung für die je Quartal zu prüfenden Ärzte enthalten. Diese Begrenzung muss dabei so ausgestaltet sein, dass weiter hin eine effektive Prüfung der Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist. Eine „homöopathische“ Prüfzahl ist damit ausgeschlossen.

Verbesserung der Praxisbesonderheiten Die regionalen Prüfvereinbarungen müssen besondere Kriterien für die Definition von Praxisbesonderheiten enthalten. Als Praxisbesonderheit nennt die Gesetzesbegründung Landarztpraxen, eine Versorgungstätigkeit schwerpunktmäßig in Hospizen oder Pflegeheimen sowie die Versorgung bestimmter Patientengruppen, z. B. Patienten mit anerkannter Pflegebedürftigkeit oder bei schwerer Erkrankung, in deren Folge die Patienten nicht in der Lage sind, ärztliche Leistungen selbstständig in Anspruch zu nehmen. Ebenso sollen die Besuchsleistungen gefördert und dementsprechend bereits im Vorfeld als wirtschaftlich anerkannt werden.

Begrenzung von Verordnungsregressen Wie auch bei der Verkürzung der Ausschlussfrist hebt der Gesetzgeber eine weitere arztfeindliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf. Bislang galt der vom BSG entwickelte sog. „Normative Schadensbegriff“. Handelte ein Arzt unwirtschaftlich, wurde der Rückforderung der gesamte Betrag der ärztlichen Leistung bzw. Verordnung zugrunde gelegt. Dies stieß vor allem in den Fällen auf Unverständnis, in denen Ärzte günstige Bezugswege (insbesondere die Verordnung von Sprechstundenbedarf) wählten, um Kosten für die Gesetzliche →


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Krankenversicherung einzusparen. Anschließend wurde aber von den Krankenkassen eine Prüfung wegen des formal falschen Bezugsweges eingeleitet. Zukünftig werden Nachforderungen unwirtschaftlicher Verordnungsweisen gesetzlich auf die Höhe der Differenz der Kosten zwischen der wirtschaftlichen und der tatsächlichen ärztlichen verordneten Leistung begrenzt. Das bedeutet, dass der Schaden um den Betrag gemindert wird, den eine wirtschaftliche Leistung gekostet hätte. Probleme werden hier sog. Off-label-use-Fälle bereiten. Verordnet ein Arzt ein Arzneimittel außerhalb seiner Zulassung, ohne das die anerkannten Voraussetzungen vorliegen, ist die Verordnung nicht unwirtschaftlich, sondern sogar rechtlich unzulässig. Es dürfte sich damit die Frage stellen, ob bei einer unzulässigen Verordnung ebenfalls die Anrechnung einer zulässigen Alternativverordnung möglich ist.

Fällen eine Anrechnung gefordert werden.

Erleichterungen bei Impfstoffbestellungen Der Stellenwert der Influenza-Prävention nimmt zu. Umso unerfreulicher war es bislang, dass zahlreiche Ärzte mit Prüfungen wegen Sprechstundenbedarf überzogen wurden, weil sie zu viel Impfstoffe bestellt hatten. Mit dem TSVG wird es einem Arzt nun erlaubt, im Rahmen seines Praxisbedarfs saisonale Grippeimpfstoffe mit einem gewissen Sicher-

heitszuschlag zur konkret erwartenden Nachfragen zu beschaffen. Dies soll verhindern, dass sie später Nachforderung wegen Unwirtschaftlichkeit befürchten müssen, wenn diese zusätzliche Dosen wider Erwarten (z. B. milder saisonaler Verlauf) nicht verwendet werden. m

Rechtsanwalt Christian Koller Fachanwalt für Medizinrecht Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München Mail: christian.koller@tacke-krafft.de

Das TSVG bringt viele spürbare Erleichterungen im Bereich des Prüfwesen. Insbesondere die deutlich kürzeren Ausschlussfristen werden zu einem Rückgang der Prüfverfahren führen. Auch die Aufhebung des normativen Schadensbegriff gibt den Ärzten im Regressverfahren mehr Argumente für eine Absenkung oder Aufhebung einer Nachforderung. Das einst so scharfe Prüfungsschwert wird stumpfer.

Solange dies nicht geklärt ist, muss aus Sicht des Arztes auch in diesen

FAZIT

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EIN SERVICE FÜR BDRH-MITGLIEDER

Sie fragen – Experten antworten Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“

Thema: Scheinselbstständigkeit Frage: Ich bin in Einzelpraxis niedergelassen und möchte zu meiner Entlastung einen jungen Kollegen beschäftigen. Eine Anstellung kommt für ihn jedoch aus steuerlichen Gründen nicht in Betracht. Gibt es die Möglichkeit einer freiberuflichen Tätigkeit in meiner Praxis? Antwort: Eine freiberufliche Tätigkeit in Ihrer Praxis ist nur möglich, soweit Sie mit dem ärztlichen Kollegen eine Berufsausübungsgemeinschaft gründen. Ansonsten erfordert die Tätigkeit in Ihrer Praxis einen Anstellungsvertrag. Eine Beschäftigung auf freiberuflicher Basis zur Behandlung gemeinsamer

RA Christian Koller

Patienten unter Einbindung in Ihre Praxisorganisation führt in der Regel zur Scheinselbstständigkeit. Es drohen Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber den Sozialversicherungsträgern und strafrechtliche Konsequenzen. Alternativ können Sie mit dem Kollegen eine Organisationsgemeinschaft gründen. Dies setzt aber voraus, dass der ärztliche Kollege einen eigenen Patientenstamm erhält bzw. aufbaut und getrennt von Ihrer Praxis abrechnet. m


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MEDIZINRECHT FÜR RHEUMATOLOGEN

Originator oder Biosimilar − droht Regress? Spätestens seit Patentablauf des Originators von Adalimumab und der Zulassung von sieben Biosimilars hat ein Wettlauf um Rheumapatienten begonnen und den Biosimilars den Weg in die ambulante Versorgung geebnet. Durch die Einsparpotenziale von bis zu 40 % fühlen sich insbesondere die Kostenträger gestärkt, die Verordnung von Biosimilars voranzutreiben.

Dies gelingt mit einem vielschichtigen Informationssystem, dass auf Vertragsärzte niederprasselt bis hin zum Setzen von Anreizen wie Biosimilar-Verordnungen in Verträgen zur besonderen Versorgung, der stetig zunehmenden Ausgestaltung regionaler Prüfungsvereinbarungen mit Quotenanteilen für Biosimilars und hin zur Überlegung, die Austauschpflicht für Biosimilars einzuführen. Fraglich ist, ob in diesem Zusammenhang das Patienteninteresse gewährt bleibt und inwieweit tatsächlich ein Umstellungszwang – der zumindest so empfunden wird – gegeben ist und ob Regressgefahr droht, wenn nicht sämtliche Patienten sofort umgestellt werden. Biosimilars decken inzwischen schon über ein Drittel der Versorgung ab, die Kostenträger sparen einen dreistelligen Millionenbetrag!

EU-Zulassungen von Biosimilars Durch die Implementierung verschiedener EU-Richtlinien (z. B. Directive 2001/83/EG) und weiterer Bestimmungen für die Zulassung von Biosimilars steht die EU hier in einer Vorreiterrolle und wird zu einem attraktiven Markt. Es gibt mehr Zulassungen als z. B. in den USA oder Japan, zumal auch die European Medicines Agency (EMA) für die Zulassung ist. Erleichternd im Rahmen der Zulassung ist eine sog. bezugnehmende Zulassung eines bereits zugelassenen Wirkstoffs (Originator). Obwohl sich erhebliche Unterschiede zu herkömmlichen chemischsynthetischen Arzneimitteln ergeben, da die Makromoleküle nicht nur durch ihre chemische Grundstruktur, sondern auch durch ihre räumliche Anordnung

Rechtsanwalt Jörg Hohmann ihre biologische Aktivität entfalten, gibt es das Prinzip der Extrapolation auf die Daten des Originators, soweit in einer sensitiven Indikation ein Wirksamkeitsnachweis als Ergebnis geeigneter vorklinischer oder klinischer Versuche erbracht wurde. Die Zulassung der Biosimilars erstreckt sich somit auch auf Indikationen, die in klinischen Prüfungen des Präparates nicht überprüft wurden. Als Folge der Extrapolation kann sich die Zulassung möglicherweise auch auf Indikationen erstrecken, für die der Originator erst später eine Zulassung erhält. Diese gelockerte Zulassungspraxis korrespondiert allerdings mit strengen Pharmakovigilanz-Auflagen. Nach Richtlinie Nummer 520/212 der EU-Kommission ist der Vertrieb von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach der Markteinführung genauer zu beobachten. Seit dem 01.01.2014 gilt, dass die Packungen mit besonderen Kennzeichnungen zu versehen sind (sog. schwarze Triangel, also einem auf der Spitze stehendem schwarzen gleichschenkligen Dreieck). Das Symbol ist mit dem Zusatz zu versehen: „dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung“. Diese Phar-

makovigilanz-Auflage gilt während der ersten fünf Jahre nach Marktzulassung. Ausgehend von dieser Auflage stellt sich die Frage, ob ein Apotheker eine Substitution vornehmen darf. Die Substitutionsregelungen sind in § 129 SGB V niedergelegt und haben zur Folge, dass die Substitution maßgeblich das Marktgeschehen bei der Abgabe chemischsynthetischer Arzneimittel steuert. Teils gibt es Rabatte von 90 % und mehr auf gelistete Herstellerabgabepreise, damit ist die aut idem-Substitution infolge der Rabattverträge aus Sicht der Krankenkassen ein effizientes Instrument zur Kostendämpfung. Diese Regelungen sind aber nicht auf Biosimilars zu übertragen, weil es sich hierbei nicht um Biogenerika, sondern nur um ähnliche Wirkstoffe handelt, also Biosimilars. Nach § 16 der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu Biosimilars gelten die auf biotechnologischem Weg hergestellten Präparate als derselbe Wirkstoff, soweit sie im Falle von Proteinen dieselbe Ami-


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Versorgung kommen, so dass Biosimilars, für die der G-BA eine Austauschbarkeit festgestellt hat, künftig den gleichen Austauschregelungen wie Generika unterliegen. Wenn der G-BA feststellt, dass die betreffenden Biologika austauschbar sind und der Arzt kein aut idem-Kreuz gesetzt hat, wäre die Apotheke zur Abgabe eines preisgünstigeren Biosimilars verpflichtet.

nosäuresequenz aufweisen; dabei kann sich das Molekül in der Glykosylierung oder Tertiärstruktur unterscheiden. Unerheblich sind dabei verschiedene Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate eines Wirkstoffes sowie nach unterschiedlichen biotechnologischen Verfahren hergestellten Produkten. Diese können nach der Grundsatzentscheidung des G-BA zu Somatropin vom März 2009 in eine einheitliche Festbetragsgruppe einfließen.

Allerdings wurde für das Inkrafttreten des aut idem-Austausches auf Apothekerebene eine Vorlaufzeit von drei Jahren festgelegt, um mehr Erfahrung im Hinblick auf die verstärkte Austauschbarkeit der Biologika zu erhalten und Verfahrensregelungen zur Beachtung der Pharmakovigilanz-Auflagen und der Dokumentation der Chargennummern zu gewährleisten. Bis zum Juli 2022 gilt somit die bisherige Rechtslage!

Substitution und Pharmakovigilanz Der Substitution stehen derzeit noch Pharmakovigilanz-Auflagen entgegen, soweit gemäß § 62 Abs. 2 AMG bei der Verordnung der Name des Arzneimittels und die Nummer der Herstellungscharge genau angegeben werden sollen. Damit ist eine zweifelsfreie Produktzuordnung im Nachgang zum Auftritt von unerwünschten Arzneiwirkungen möglich, allerdings ist eine zweifelsfreie Produktzuordnung in der ärztlichen Dokumentation oft nicht gegeben.

Der Deutsche Ärztetag hatte am 30.05.2019 eine aut idem-Substitution für Biologika ausdrücklich abgelehnt. Hingegen ergibt sich aus dem Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) zum Einsatz von Biosimilars vom August 2017, dass sie sowohl bei der Erstverordnung von Biologika als auch bei der Folgeverordnung zur Fortsetzung der Therapie die jeweils wirtschaftlichere Verordnungsalternative empfiehlt.

Damit setzen sich Ärzte grundsätzlich Haftungsansprüchen aus, soweit eine mangelhafte Therapiekontrolle als Behandlungsfehler eingestuft wird. Inzwischen ist das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) im Juli 2019 in Kraft getreten. Biosimilars sollen danach schneller in die

Allerdings betont die AkdÄ die Wichtigkeit der Pharmakovigilanz und die Notwendigkeit, beobachtete Nebenwir-

Einflussfaktoren auf die Verordnung von Biosimilars Ärzte aus Kliniken geben häufiger an, dass Vorbehalte der Patienten und der eigene Informationsmangel Einflussfaktoren auf die Verordnung sind.

Top-Two: „Stimme (voll und ganz) zu“ Praxis

Klinik W2

W1

W2

W1

71 68

72 73

Produktwirkung für Patienten entscheidend 64 59

Mangel an Langzeitstudien

57

49 51

Mangel an Switch-Studien Patientenaufklärung ist zeitaufwendig Patienten haben Vorbehalte gegenüber Biosimilars

53 42

44 48

22 18 0

28

Prozent

63

50

43 48

36 36

Mangel an Informationen

67

100

0

35

Prozent

100

Basis Gesamt: W1: n=185 Befragte, davon aus Praxen: n=96, aus Kliniken: n=89; W2: n=188 Befragte, davon aus Praxen: n=100, aus Kliniken: n=88; Feldzeit: W1: 2.-17.03.2017; W2: 19.11.-10.12.2018

Abb.: Dtsch Arztebl 2019; 116(11): A-512 / B-418 / C-414

kungen zu melden. Außerdem sei die ausführliche Patienteninformation und -beratung durch den Arzt wesentliche Voraussetzung für die Verordnung beziehungsweise den Einsatz von Biosimilars, weil andernfalls Ängste zur Schwächung der Adhärenz führen und den therapeutischen Erfolg gefährden. Die Leitlinie „gute Substitutionspraxis“ der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft hingegen lehnt bei Patienten in der Dauermedikation einen Austausch ab. Da ein Therapieerfolg bzw. ein Therapieversagen bei dieser Wirkstoffklasse nur aufwendig und in längeren Abständen überprüft werden könne, müssten sich die Betroffenen bestmöglich auf ihre Therapie verlassen können. Da ein Präparatewechsel zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen kann, sollte im Rahmen einer Dauertherapie dringend von einem Austausch abgesehen werden. Nach neueren Erkenntnissen des Marktforschungsinstitutes IQVIA wurde am Beispiel von Etanercept eine Erfolgsquote von ca. 80 % ermittelt, 10 % hätten zu einem Original zurückwechseln müssen, 14 % wären zu einem anderen Biologikum gewechselt (Ärztezeitung vom 25.05.2018). In rechtlicher Hinsicht bleibt der Arzt für die Therapie und die Therapiekontrolle verantwortlich. Stellt der Arzt fest, dass trotz guter Compliance der Therapieerfolg ausbleibt oder vermeidbare Arzneimittelrisiken auftreten, sollte keine Umstellung erfolgen. Haftungsrechtlich wird eine Verteidigung mit dem Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht akzeptiert. Haftungsrechtlich kann somit eine Umstellung nur dann vorgenommen werden, wenn der Arzt sicher weiß, dass das Biosimilar in gleicher Weise wirkt. Insoweit existiert keine gesetzliche Handhabe, dem Arzt eine bestimmte Verordnungsweise (Umstellung) vorzuschreiben. Der Arzt darf die Umstellung nur vornehmen, wenn auf den ersten Blick die positiven Voraussetzungen dafür vorliegen und keine medizinischen Gründe dagegensprechen. →


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KV

KV-spezifische Regelungen

BiosimilarQuote

PB Rheuma

geregelt in

BadenWürttemberg

Wirtschaftlichkeitsprüfung nach praxisindividuellen Richtwerten, der praxisindividuelle Richtwert (PiRW) ist ein garantierter Euro-Wert pro Verordnungspatient und Quartal. Er gilt als durchschnittlicher Mindestquartalswert für alle 4 Quartale des Jahres 2019. Prüfung nach Überschreitung des Richtwertvolumens >25 %; Berechnung auf Basis vom festgelegten AT-Mittelwert (Arzneimitteltherapie-Mittelwert), der für den AT 28 (Mittel bei Autoimmunerkrankungen, Biologicals und Sonstige) bei Rheumatologen 4.931,25 € beträgt.

Nein

Abbildung über AT 28

Richtwert-V. 2019

Bayern

Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Wirkstoffgruppen und Wirkstoffmengenzielen (es gelten Generika- oder Leitsubstanzquoten), Rabattverträge werden positiv auf die Erfüllung der Generika-Quote gewertet. Für TNF-alpha-Blocker wurden Biosimilar-Quoten vereinbart, diese sind Gegenstand der Regelprüfungen (Rheumatologen 10 %). Individuelle Praxisbesonderheiten können in jeder Prüfung und in der Beratung geltend gemacht werden

10 %

Nein

Wirkstoff-V 2018

Berlin

Richtgrößenprüfung, Anerkennung als Praxisbesonderheit nach Anlage 2 Abs. 2 Nr. 6 und Abs. 3 Nr. 12 Richtgrößenvereinbarung (Immunsuppressiva bei Rheumatologen, weitere individuelle Praxisbesonderheiten können geltend gemacht werden

Nein

Ja

Richtgrößen-V 2018

Brandenburg

Richtgrößenprüfung, Anerkennung als Praxisbesonderheit bei Verordnung von Immunsuppressiva mit der Symbol-Nr. 99301, im Übrigen individuelle Geltendmachung von Praxisbesonderheiten im Falle einer Prüfung/Beratung

Nein

Symbol-Nr. Richtgrößen-V 99301 2018

Bremen

Wirkstoffprüfung: Ein mögliches Aufgreifkriterium für Wirkstoffgruppen sind zum Beispiel auffällige Kostenausgaben in einzelnen Facharztgruppen, ungünstige Verteilungen, wirtschaftliche/unwirtschaftliche Wirkstoffe etc. Prüfung erfolgt auf gemeinsamen Antrag der Verbände der Kassen und der KVHB, genaue Aufgreifkriterien und Praxisbesonderheiten sind nicht definiert. Individuelle Praxisbesonderheiten können im Rahmen der Prüfung/Beratung geltend gemacht werden.

Nein

Nein

AMV 2018

Hamburg

Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Wirkstoffgruppen und Wirkstoffmengenzielen (es gelten Generika- oder Leitsubstanzquoten), Rabattverträge werden positiv auf die Erfüllung der Generika-Quote gewertet. Für TNF-alpha-Blocker wurden Biosimilar-Quoten vereinbart, diese sind Gegenstand der Regelprüfungen (Rheumatologen 40 %). Individuelle Praxisbesonderheiten können in jeder Prüfung und in der Beratung geltend gemacht werden. Bis zu 20 Ärzte werden pro Quartal nach MRGBedingungen geprüft (vergleiche KVSH)

40 %

Nein

Wirkstoff-V 2019

Hessen

Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Basis der Arzneimittelverordnungen als Durchschnittsprüfungen, Durchschnitt kann bis zu 45% überschritten werden. Erst ab Überschreitung von 45 % Einleitung der Prüfung. Nach Anhang 4/I Nr. 2 werden immunsuppressive Behandlungen bei Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis als Praxisbesonderheit anerkannt, GOP Ziffer 98502. Individuelle Beantragung von Praxisbesonderheiten bei Prüfung/Beratung möglich

Nein

Ziffer 98502

Prüf-V Anhang 4/I

MecklenburgVorpommern

Prüfung nach indikations- und prüfgruppenbezogenen Quoten auf Basis des KBV-Medikationskataloges (MK) oder fachgruppenspezifische Ziele (z.B. Rheumatologen Biosimilarquote TNF-alpha 22,5 %. Praxisbesonderheiten § 14 Prüfvereinbarung

22,5 %

Nein

Anh.4 zu Anlage 3 PV

Niedersachsen

Durchschnittsprüfung: Ab 50% Überschreitung des Fachgruppenschnitts folgt eine Prüfung, Ablösung durch Einhaltung fachgruppenspezifischer Quoten (z.B. Rheumatologen 2018 Biosimilarquote bei TNF-Alpha 31,3 3%. §13 Anerkennung Praxisbesonderheiten über Mehrbedarfsprüfung,

31,33 %

Nein

Prüf-V

Nordrhein

Modifizierte Durchschnittswerteprüfung: Ab 50% Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts erfolgt Prüfung, Ablösung bei Einhaltung fachgruppenspezifischer Quoten (Rheumatologen: Generika 90 %, me too 1 %, Biosimilars bei TNF-alpha 66 %, Praxisbesonderheiten nach Anlage 2 der Prüfvereinbarung , Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis Praxisbsonderheit mit Symbolziffer 90912

66 %

Ziffer 90912 Anlage 2 Prüf-V

RheinlandPfalz

Prüfung nach fachgruppenspezifischen Arzneimittel-Fallwerten (niedriger als Richtgrößen), Ablösung bei Einhalten der fachgruppenspezifischen Quoten (Rheumatologen aut idem 5 %, Generika 80 %, TNF-alpha / Biosimilar 55 %), Adalimumab Praxisbesonderheiten nach Anlage 3 zur Prüfvereinbarung und auf individuellen Vortrag

55 %

Ja

Anl. 3 PV

Saarland

Richtgrößenprüfung, Einhaltung der ergänzenden Zielquoten (keine für Adalimumab) führt zur Vermeidung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung in diesen Zielfeldern; Selektive Immunsuppressiva Praxisbesonderheit Anlage 6 Prüfvereinbarung, weitere Individuelle Praxisbesonderheiten können als Mehrkosten im Vergleich zur Fachgruppe anerkannt werden

Nein

Ja

Anl. 6 PV

Sachsen

Keine Richtgrößenprüfung für Rheumatologen, es gilt eine Biosimilarquote bei TNF-alpha von 37,5%, Nein Anerkennung Adalimumab bei Rheuma und Plaque Psoriasis Praxisbesonderheit nur bei Kinderärzten und Pseudo-GOP 99910M, Anlage 1a Teil B Nr. 16 Prüfvereinbarung, individuelle Praxisbesonderheiten können im Falle einer Prüfung/Beratung geltend gemacht werden

Ziffer 99911B Ki-Ärzte

Anl. Prüf-V

SachsenAnhalt

Richtgrößenprüfung und ergänzende Zielwertprüfung AMV 2018 (Zielwerte für Rheumatologen: Generika 86,34 %; Biologika bei Rheuma 17,08 %; Biosimilars bei Rheuma mindestens 15,35 % / bei Erfüllung von 2 der 3 Ziele Befreiung von der Prüfung). Bei Psoriasis Rheuma TNF-alpha als Praxisbesonderheit Anlage 6 1.17-1.19 Prüfvereinbarung

Ja

Anl. 6 PV

SchleswigHolstein

MRG-Auffälligkeitsprüfung, jeder Patient mit Verordnungen wird einer MRG (morbidity related 66 % groups), ausgehend von den vierstelligen ATC-Codes zugeordnet (in dem Fall N03A). Die Gruppierung erfolgt auf Basis der verordneten Wirkstoffe. Die teuerste Indikation des Patienten wird identifiziert und einer MRG zugeordnet, wobei alle Verordnungskosten dieses Patienten addiert werden. Danach werden die Durchschnittskosten für diese MRG ermittelt. Es erfolgt weiterhin eine Einteilung nach Schweregraden. Daraus ergibt sich der Sollwert für alle Patienten in der MRG. Die Summe aller Sollwert ergibt das Arztbudget. Dieses wird mit den tatsächlichen Verordnungskosten verglichen. Bei einer Abweichung der Summe von 12,5% gegenüber dem Sollwert wird der Arzt auffällig. Die Abweichungen können durch Verordnungen in anderen Wirkstoffgruppen kompensiert werden. Bei Rheuma TNF-alpha als Praxisbesonderheit § 33 Abs. 4 iVm Richtg.-V 2016 Anlage 3, Vortrag individueller Praxisbesonderheiten nach § 17 Prüfvereinbarung möglich. Zusätzliche Quoten, Einhaltung führt zur Prüfbefreiung, Biosimilaranteil bei Adalimumab 66 %

Ja

Anl. 3 RGV 2016

Thüringen

Keine Referenzfallwerte für Rheumatologen, Zielquotenprüfung, Biosimilarquote bei TNF-alpha 12,5%, Individuelle Anerkennung von Praxisbesonderheiten bei Prüfung/Beratung möglich

12,5 %

Nein

§ 7 Abs. 3 Anlage 1 Teil C Abs. 10 Prüf-V

WestfalenLippe

Richtgrößenprüfung; Einhaltung der ergänzenden Zielquoten kann zur Prüfbefreiung führen, Zielquoten für Rheumatologen: Adalimumab-Biosimilaranteil bei TNF-alpha >50 %, nach § 11 Abs. 6 Prüfvereinbarung Geltendmachung von Praxisbesonderheiten

50 %

Nein

§ 11 PV

15,35 %


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Quoten und Therapiefreiheit Nach neueren Erkenntnissen beeinflusst aber auch die genetische Situation des Patienten den Erfolg einer BiologikaTherapie. So hat sich z. B. die Kombination von Methotrexat (MTX) mit dem Biologikum Adalimumab in der OPTIMAStudie als gute Wahl in der Therapie von Patienten mit frühen Stadien der rheumatoiden Arthritis (RA) erwiesen. Es ist insoweit eine Entwicklung zu einer personalisierten, patientenorientierten Präzisionsmedizin erkennbar: Die Wirkung von Adalimumab mit MTX war umso besser, je mehr HLA DBR1-GenVarianten der Patient hatte. Der Nachweis von mehreren „shared epitope“-Kopien spricht deshalb für eine frühzeitige Behandlung mit Adalimumab. Auf diese Weise können natürlich Gentests auch die Behandlungskosten senken und den Einsatz bestimmter Produkte in einer frühen Phase vertretbar machen. Hingegen gibt es keine Erkenntnis, dass ein Originator mit sämtlichen Biosimilars austauschbar wäre. Gerade bei Hochrisikopatienten ist deshalb die Austauschbarkeit eingeschränkt. Diese Erkenntnisse vermehren sich, je mehr Biologika eingesetzt werden. Teilweise behalten dabei Register wie RABBIT die Biologika-Risiken im Blick.

Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit bedeutet dies, dass ein Vertragsarzt möglicherweise die vorgegebenen Biosimilar-Quoten aus medizinischen Gründen nicht einhalten kann. Die Verordnung von Biosimilars wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst (s. Abb. S. 19).

WICHTIG: Im Hinblick darauf schließt sich das Sozialrecht bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit zivilrechtlichen Grundsätzen an. Nach den Vorgaben in § 9 der ArzneimittelRichtline gilt ein Minimalprinzip, wenn das Therapieziel mit mehreren gleichwertigen Behandlungen und Strategien erreichbar wäre. In dieser Situation fordert die Rechtsprechung den Einsatz eines preisgünstigen Präparates (BSG v. 13.05.2015 – B 6 KA 8/14 R). Hingegen sind finanzielle Aspekte bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung unbeachtet, wenn eine Gleichwertigkeit nicht gegeben ist (z. B. BGH v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01). Insoweit besteht dann eine einzelfallbezogene Prüfung, ob möglicherweise Anlass auch zur Verordnung des teuren Medikaments besteht (BSG v. 20.10.2004 – B 6 KA 41/03). Grundsätzlich ist ein Vertragsarzt zur Anwendung des effektivsten Mittels verpflichtet, zugleich soll er zivilrechtlich die schonendste Methode wählen. Es ist behandlungsfehlerhaft, wenn bei der medikamentösen Therapie erkennbare und vermeidbare Nebenwirkungen auftreten, in die der Patient nicht eingewilligt hat (z. B. BGH v. 15.03.2005 – VI ZR 289/03; sowie vom 17.04.2007 – VI ZR 108/06 zur Aufklärung bei Medikamentenwechsel). Deshalb rechtfertigen deutliche Nutzenvorteile auch höhere Kosten, wie dies z. B. bei Unverträglichkeiten, längerer Wirkung/seltenerer Einnahme, erheblicher Reduktion unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder erheblichen Risikofaktoren in Behandlungsfällen vorstellbar ist (Grundsatzentscheidung BSG v. 31.05.2006 – B 6 KA 13/05 R).

Regionale Vereinbarungen versus Standards Die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) halten für die Verordnung unterschiedliche Quoten vor, die für den jeweiligen Vertragsarzt unterschiedliche Bedeutungen haben (s. vorh. Tab.). Bei den regionalen Vorgaben darf jedoch nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.09.2016 – B 6 KA 43/15 R die Therapiefreiheit des Arztes nicht beschränkt werden. Der Arzt muss stets die Möglichkeit haben, z. B. auf Schwierigkeiten von Patienten im Umgang mit bestimmten Präparaten mit dem Wechsel auf ein anderes Medikament zu reagieren. Es ist unzulässig, die Zielwerte so zu bemessen, dass sie nur bei der Verordnung der preiswertesten Arzneimittel erreicht werden können. Aus diesem Grund lassen die Prüfvereinbarungen auch stets die Möglichkeit zu, anderweitig zu verordnen. Ein Zwang zur Umstellung scheidet somit aus, bundesweite Standards sind also trotz der jeweiligen regionalen Vorgabe überall leistbar. Prüfangst muss sich trotzdem nicht ausbreiten, zumal die Wirtschaftlichkeitsprüfungen insgesamt kaum noch messbar durchgeführt werden. Hintergrund sind formelle Probleme der Prüfgremien im Umgang mit den Rabattverträgen (die Rabatte werden gegenüber der Prüfungsstelle nicht offengelegt), so der Prüfung von AMNOG-bewerteten Produkten, die bereits aufgrund eines Rabatts als wirtschaftlich gelten. Da es keine Rechtssicherheit bei der Durchführung dieser Prüfungen gibt, hat dies nahezu zu einem Prüfstillstand geführt. Hinzu kommen erleichternde Regelungen wie der Grundsatz „Beratung vor Regress“, die dazu beitragen, dass eine Regressangst nicht die Triebfeder der Verordnung ist. m Rechtsanwalt Jörg Hohmann Fachanwalt für Medizinrecht Kanzlei für Medizinrecht Prof. Schlegel Hohmann & Partner Paul-Nevermann-Platz 5 22765 Hamburg


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GESELLSCHAFT UND POLITIK IN DER KRISE

Schafft die 19er-Jugend die Wende? Die Gesellschaft hat sich verändert. Auch die Politik, allerdings nicht so, dass sie den gesellschaftlichen Veränderungen gerecht würde – eher im Gegenteil. Gesellschaft und Politik scheinen sich geradezu gegensätzlich zu entwickeln. Und das vor den bekannten Problemen, Klimawandel, Verschmutzung der Ozeane durch Kunststoffe, unkontrollierte Migration und mehr. Eine entschlossene gemeinsame Arbeit an Lösungsmöglichkeiten für diese Probleme fehlt, die vorhandenen Ansätze reichen bei weitem nicht aus. Die Probleme nehmen zu, dazu kommen nationale Egoismen und seltsam irrationale Tendenzen in der Politik mit zunehmender Kriegsgefahr. Die gesellschaftliche Veränderung lässt sich insbesondere an zwei Eigenschaften festmachen: eine zunehmende Verrohung und abnehmender Respekt gegenüber Menschen und Autoritäten. Die Gesellschaft ist egozentrischer geworden: Es beginnt bei Milliarden Selfies und Selbstdarstellungen in den sozialen Medien und endet in zunehmender Gewalt, die bereits auf dem Schulhof beginnt. Ein Symptom sind auch die Gaffer im Straßenverkehr. Es fehlt generell an Respekt – vor dem menschlichen Leben, dem Mitmenschen, dem Alter und insbesondere Autoritäten. Bademeister, Zugbegleiter und Rettungssanitäter werden ebenso attackiert wie Notärzte, Lehrer, Feuerwehrleute, Polizisten und auch Politiker. Die Politik erkennt diese Entwicklungen und reagiert darauf mit markigen Statements, ohne wirklich gegenzusteuern. Schnell wird der Ruf nach mehr Polizeigewalt und härteren Strafen laut. Dies mag der Selbstdarstellung der Politiker dienen, zur Lösung der Probleme trägt es kaum bei. Das zeichnet ein Bild heutiger Politiker, das primär durch Oberflächlichkeit und kurzfristige Publicity

geprägt ist. Meinungsumfragen und Beliebtheitsskalen geben den Ton an. Der Bevölkerung bleibt diese politische Schwäche nicht verborgen. Die Oberflächlichkeit, Profilierungssucht und massenhafte Produktion neuer Gesetze ohne dabei die wesentlichen Probleme wie z. B. die Wohnungsnot anzugehen, lassen das Vertrauen in die Politik zu-

Dr. med. Erich Schröder Arzt und Journalist, Geschäftsführer der Redaktion Gesundheitspolitik. de und des Kollegiums Medizin und Recht

nehmend schwinden. Es fehlen Politiker die bereit und in der Lage sind, gemeinsam, auch mit dem politischen Gegner, langfristige Konzepte und Strategien zu entwickeln, die über den nächsten Wahltag hinausreichen. Ein Gesamtkonzept, etwa eine Agenda 2030, wäre für Deutschland ebenso notwendig wie für die Probleme auf globaler Ebene. Vorsichtige Ansätze in dieser Richtung scheitern regelhaft an politischem Streit und Interessengruppen. Das aktuelle politische Personal weltweit und in Deutschland scheint nicht fähig zu sein, über ideologische und Parteigrenzen hinweg vernünftige mittel- bis langfris-

tige Konzepte auf die Beine zu stellen und in Gang zu bringen. Man twittert lieber seine eigene Tagesmeinung und verliert sich in persönlichen Profilierungen und kleinkariertem Parteienstreit. Dabei wären solche Konzepte und ihre energische Umsetzung jetzt bitter notwendig. Die erforderliche Wende kommt möglicherweise durch das politische Erwachen der Jugend. Jahrzehntelang hatte man den Eindruck, Politik sei ihr ziemlich egal, ihre persönlichen Bedürfnisse dagegen viel wichtiger. Dann fand eine schwedische Schülerin mit ihrem Schulstreik ein offenbar attraktives Instrument, die Gesellschaft mit den berechtigten Sorgen der jungen Generation aufzurütteln. Das und ihr mutiges Auftreten auf großer politischer Bühne kamen bei ihrer Generation so gut an, dass daraus gerade eine weltweite Jugendbewegung entsteht. Das lässt auf neue Bewegung in der Politik zur Lösung der Probleme hoffen. Auch wenn sich die Bewegung aktuell noch auf das Klimaproblem konzentriert, so könnte sie doch – ähnlich wie seinerzeit die 68er – verkrustete Strukturen in Gesellschaft und Politik aufbrechen und neue Wege anstoßen. Die aktuellen Wahlerfolge der Grünen zulasten der etablierten Parteien der Regierungskoalition zeigen, dass sich in der Gesellschaft etwas bewegt. Ob die Bewegung so stark werden kann, auch der Gesellschaft neue Werte des Zusammenlebens zu vermitteln, bleibt abzuwarten. Dazu bedarf es der Unterstützung aus der Wissenschaft, der Philosophie und auch aus der Politik. Und nicht zuletzt sollten wir, die mündige Gesellschaft, uns dieser Entwicklung nicht verschließen, sondern vielmehr darauf einlassen, dass Veränderungen notwendig sind und auch unsere Unterstützung brauchen. m


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Oberarzt (m/w/d) für Rheumatologie in Bad Bramstedt

NEU

Ihre Aufgabenschwerpunkte: – Oberärztliche Tätigkeit in der Fachabteilung für Rheumatologie und Immunologie – Management der Stationsabläufe zur Versorgung der Patienten und der Abteilungsabläufe – Mitwirken an und Durchführung von Studien in der Sektion für Rheumatologie und entzündliche Systemerkrankungen am UKE – Mitentwicklung und Begleitung interdisziplinärer Konsiliardienste und Sprechstunden Ihr Profil: – – – – –

Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Innovative und teamfähige Persönlichkeit Führungsqualitäten mit hoher sozialer und organisatorischer Kompetenz Engagement in der Weiterentwicklung der Behandlungskonzepte Erfahrungen in der Forschungstätigkeit

Wir bieten Ihnen: – Unterstützung/Finanzierung von Fortbildungen – Eine monatlich vielfältig einsetzbaren Gutscheinkarte – Attraktive Angebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements – Eine attraktive betriebliche Altersversorgung und Zusatzrente – 32 Tage Urlaub je Kalenderjahr

Bei Fragen: Tel. 04192/90 2011 j.ritter@klinikumbb.de Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung per Email: Klinikum Bad Bramstedt GmbH Bewerbermanagement Oskar-Alexander-Straße 26, 24576 Bad Bramstedt karriere@klinikumbb.de

Assistenzarzt (m/w/d) für Rheumatologie (in fortgeschrittener internistischer Weiterbildung) oder Facharzt (m/w/d) für Rheumatologie in Bad Bramstedt

NEU

Auf Sie warten in unserer modernen Klinik attraktive und berufsorientierte Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Außerdem haben Sie die Möglichkeit einer regulär geplanten Rotation ins UKE (Notaufnahme, Intensivmedizin und andere internistische Fachabteilungen). Neben der Ausbildung im stationären Bereich haben Sie die Möglichkeit zum ambulanten Arbeiten in der 116b Ambulanz. Die Teilnahme an Therapiestudien ist möglich. Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten ist erwünscht. Durch die enge Kooperation mit dem UKE haben Sie neben den Tätigkeiten in einer großen Akut-Rheumatologie alle Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung einer Universitätsklinik. Kenntnisse und Fertigkeiten in der endoskopischen Diagnostik zum Ausbau unserer Endoskopie Abteilung wären sehr erwünscht.

Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung per Email: Bei Fragen: Dr. Arndt, Tel. 04192/90 2576 f.arndt@klinikumbb.de

Klinikum Bad Bramstedt GmbH Bewerbermanagement Oskar-Alexander-Straße 26, 24576 Bad Bramstedt karriere@klinikumbb.de

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Nachfolge für internistisch-rheumatologische Schwerpunktpraxis in Stadtbergen (AugsburgLand) gesucht

Nachfolge für Internistisch-Rheumatologische Schwerpunktpraxis in Ettlingen bei Karlsruhe gesucht

– langjährig-etablierte Praxis mit großem Einzugsgebiet Augsburg Stadt und Land

Wir bieten:

– moderne Einrichtung, digital gut ausgestattet – verkehrsgünstige Lage mit kostenlosen Parkplätzen und gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel (Bus und Straßenbahn) Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung: Dr. Martin Linke Wankelstraße 1, 86391 Stadtbergen dr.linke@onlinemed.de, www.rheumapraxis-augsburg-land.de

– eine attraktive lebendige Kleinstadt mit kulturellem Niveau und hohem Freizeitwert, am Fuße des Schwarzwalds gelegen in unmittelbarer Großstadtnähe (Universität) mit sehr großem kulturellen Angebot – langjährige gut eingeführte, moderne und gut strukturierte Einzelpraxis – verkehrsgünstige Lage – langjähriger Patientenstamm – vielseitige Kooperationen (digitales Röntgen, Osteodensitometrie) Für die Praxisübernahme sind nach Absprache und Wunsch verschiedenste Übergangsregelungen denkbar. Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung an: Dr. med. Anne-Dore Kumpe, info@dr-kumpe.de

Weiterbildungsassistent zum Facharzt (m,w,d) für Innere Medizin und Rheumatologie in der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Rendsburg (SH)

NEU

Ihre Voraussetzungen: Approbationselbständige, verantwortungsvolle und effektive Arbeitsweise Interesse an Aus- und Weiterbildung Patientenorientierte, kontaktbereite und kollegiale Persönlichkeit Wir bieten Ihnen: Verantwortungsvolle Tätigkeit in einem engagierten und kollegialen Team Kollegiales und freundliches Arbeitsklima Voll/-Teilzeit möglich Ein breites Spektrum an apparativer Funktionsdiagnostik in der Rheumatologie und Osteologie Studienzentrum Infusionsambulanz Autoimmunlabor Möglichkeit zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung Unterstützung der rheumatologischen Tätigkeiten durch Rheumafachassistentinnen Entlastung von artfremden Tätigkeiten durch den Einsatz von Sekretärin/Schreibkraft EDV-technisch innovative Praxis, SpracherkennungGroßes überregionales Einzugsgebiet Einstieg, Praxispartnerschaft oder Übernahme zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung an: Dr. med. R. Jochen Walter Hollesenstraße. 27a, 24768 Rendsburg j.walter@rheuma.sh Tel.: 0171/3813063


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Als bundesweit tätige gemeinnützige Einrichtung mit rund 6.700 Mitarbeitern nehmen wir eine bedeutende Position im Bereich der Gesundheitsversorgung in Deutschland ein.

Wir suchen zum nächstmöglichen Termin zur Vollzeitbeschäftigung Sie als engagierten Internisten (m/w) mit Schwerpunkt Rheumatologie Die Tätigkeit erfolgt in Anstellung auf einem vollen KV-Sitz. Im MVZ sind zusätzlich zu der Rheumatologie die Nephrologie und Angiologie vertreten. Schwerpunkt des MVZ ist die facharztübergreifende Patientenversorgung. Es besteht eine enge Kooperation mit der Rheumatologie im Sana Klinikum Offenbach unter chefärztlicher Leitung von Frau Professor de Groot, mit der Möglichkeit der gemeinsamen Patientenbesprechung. Außerdem besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem KfHNierenzentrum Offenbach im gleichen Gebäude. Wir bieten Ihnen eine selbständige Tätigkeit in kollegialer Atmosphäre, eine sichere und zukunftsorientierte Position, ein leistungsgerechtes Entgelt mit einem zusätzlichen variablen Vergütungsanteil, umfangreiche Sozialleistungen sowie eine überdurchschnittliche Altersversorgung. Wir erwarten von Ihnen eine hohe Fach- und Sozialkompetenz, Kommunikations- und Kooperationsstärke, Flexibilität, Offenheit für neue Lösungen sowie die Fähigkeit, eine hohe Patientenbindung aufzubauen. Dieses Angebot richtet sich selbstverständlich auch an Interessenten mit Behinderung. Wir freuen uns auf Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen: KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e. V. Personalmanagement Ärzte Martin-Behaim-Str. 20, 63263 Neu-Isenburg bewerbung-aerzte@kfh-dialyse.de, www.kfh.de/mvz/offenbach, www.kfh.de

Für ertragsstarke internistisch-rheumatologische Facharztpraxis wird nette/r

Rheumatologe/in zur Mitarbeit und/oder späterer Nachfolge

Nachfolge für rheumatologische Schwerpunktpraxis Rand Berlin gesucht

im Raum Düsseldorf-Neuss gesucht.

– S-Bahn 5 Minuten entfernt

Wir bieten:

– in einem Ärztehaus einer Kleinstadt (seenreiche Umgebung)

– verkehrsgünstige Lage – alle Vorzüge des Raums Düsseldorf-Neuss in Bezug auf Kultur, Bildung, Sport und Freizeit – moderne Praxis (Autoimmunlabor, Sonographie) – vielseitige Kooperationen (ASV ist beantragt)

– großes Einzugsgebiet – langjährige gute Kooperation vor Ort – erfahrene, engagierte rheumatologische Fachassistentinnen

– flexible Mitarbeitsgestaltung und Einstiegsmöglichkeiten, z. B. Anstellung mit Umsatzbeteiligung, zusätzlicher KVSitz möglich

Bei Interesse melden Sie sich bitte unter e-mail:

– motiviertes Mitarbeiterteam mit zwei rheumatologischen Fachassistentinnen und Study Nurse

wandreas@t-online.de

www.rheumatologie-neuss.net

W. Andreas

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Partner (m/w) für eine internistisch, rheumatologische Privatpraxis in Frankfurt/Main – Zentrale Lage, seit 30 Jahren bestehend mit treuem Patientenstamm. – Bestens ausgestattet: Digitales Röntgen, MRT Gelenke, Siemens Acuson 2000,

Auf www.bdrh.de/ stellen-praxisboerse/stellen angebote.html finden Sie alle Stellenangebote und angebotene Geräte

– Dexa-Osteodensitometrie, Belastungs-EKG, Lungenfunktion. – Eigenlabor mit breitem internistischem und rheumatologischem Spektrum. Kontakt: Tel. (abends) 0178/403 2221

NEU

Weiterbildungsstelle internistische Rheumatologie (gerne auch Teilzeit) im Rheumazentrum Essen-Altenessen ab sofort zu besetzen. Sehr gutes Arbeitsklima, enge Zusammenarbeit mit den umliegenden Rheumakliniken und moderne Diagnostik, einschließlich Osteodensitometrie, z. B. mit drei modernen hochauflösenden Ultraschallgeräten in 3 eigenen Untersuchungszimmern, wird geboten. Weiterbildungsbefugnis für 18 Monate für Rheumatologie und 12 Monate Innere Medizin ist vorhanden. Kontakt: Dr. med. J. Währisch/P. Flaxenberg Rheumazentrum Essen-Altenessen Wilhelm-Nieswandt-Allee 123 45326 Essen Tel. 0201/837010 Fax 0201/837010 mail@docwaehrisch.de

Rheumatologin/e (FÄ/FA für Innere Medizin) in Bochum in Festanstellung Vollzeit/mind. 20 Stunden/Woche gesucht. Die Arbeitszeit ist flexibel gestaltbar. Ihre Bewerbung richten Sie bitte an: Internistische Schwerpunktpraxis Immunologie, Rheumatologie, Osteologie Dr. Ludwig Kalthoff JosefCarrée Bochum

Rheumatologe/in in Hamburg Wir bieten: – Großstadtflair an der Elbe – Praxis im Ärztehaus mit Nephrologie, Pulmologie, Hämatologie, Labor, Radiologie (MRT, CT, PET/ CT, Sonographie) – Enge universitäre Anbindung – Teilnahme an der ASV (ambulante spezialfachärztliche Versorgung – Tagesklink mit 5 Infusionsplätzen – Heimarbeitsplatz möglich (1 Tag in der Woche) – u.a. 7 Rheumatologische Fachassistenten (RFA) und ein RheumaCoach – Moderner digitaler Arbeitsplatz mit Spracherkennung, digitales Röntgen, Sono an jedem Arbeitsplatz – Studienambulanz – KV-Sitz vorhanden – Zeitpunkt: verhandelbar Und: – Nie wieder Nacht- oder Wochenend-Dienste ! – Volle Konzentration auf die Medizin, wir kümmern uns um Praxisorganisation und die Bürokratie

Gudrunstraße 56, 44791 Bochum Tel. 0234/95544-30 Fax 0234/95544-320 eva.kalthoff@rheumaticon.de

Rheumatologin/ Rheumatologe gesucht Für langjährig bestehende internistisch/rheumatologische Fachpraxis mit großem Patientengut suchen wir zum 01.07.2019 oder später einen/eine Rheumatologen/ Rheumatologin zur Mitarbeit, auch in Teilzeit in einer endokrinologisch/ osteologisch/rheumatologischen BAG in Regensburg. – Modernes Sonografie-Gerät – DEXA-Messung – Rheumalabor – Rheumatologische Fachassistenten – Verkehrsgünstige Lage Zusätzlicher Kassensitz wird von der BAG unterstützt. Kontakt: Dr. Herwig Rumpel

Kontakt:

Dr.-Gessler-Straße 12a 93105 Regensburg

Dr. Aries rheumatologie@hamburg.de

Für evtl. Rückfragen auch telefonisch erreichbar unter: 0941/9465747

www.rheumatologie.hamburg

NEU


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PSORIASIS-ARTHRITIS

Biologika steigern Chancen auf Knochenerhalt Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) ist gut belegt, dass eine Therapie mit bDMARDs vor Knochenverlust und daraus potenziell resultierenden Frakturen schützt, wobei die REBONE-Studie nahelegt, dass hier die IL-6-Rezeptorinhibition mit Tocilizumab (anders als Adalimumab plus Methotrexat, MTX) womöglich sogar das Potenzial für die Reparatur von Erosionen hat. Im Gegensatz dazu ist bei Psoriasis-Arthritis (PsA) die Datenlage zu den Effekten von bDMARDs oder MTX auf die Knochenstruktur und –stärke bislang kaum untersucht. Dies ändert nun eine von Georg Schett, Erlangen, und Kollegen angestrengte Querschnittsstudie.

In der Studie wurden PsA-Patienten erfasst, die mit keinem DMARD, mit MTX oder einem bDMARD behandelt wurden und mittels hochauflösender peripherer quantitativer CT (HR-pQCT) des distalen Radius und einer MikroFinite-Elemente-Analyse (μFEA) sowohl die volumetrischen Knochendichten (vBMDs), mikrostrukturellen Parameter (Trabekeldichte und -zahl, kortikale Dicke) und biomechanischen Eigenschaften (Steifigkeit, Bruchlast) in den Gruppen ohne DMARD, jedwedem DMARD, MTX oder einem bDMARD bestimmt. Insgesamt flossen 165 PsA-Patienten in die Analysen ein, 79 ohne und 86 mit einer DMARD-Therapie; von letzteren erhielten wiederum 52 bDMARDs (TNFα-, IL-17- oder IL-12/23-Inhibitoren) und 34 MTX. Die jeweiligen Gruppen waren gut ausgewogen in Bezug auf Alter (im Mittel 49 Jahre), Geschlecht (>50 % Frauen), Komorbiditäten, funktionelle In-

dizes und knochenprotektive Therapien (z. B. Vitamin D oder Bisphosphonate), während die mittlere Krankheitsdauer in der bDMARD-Gruppe mit 7,8 Jahren am längsten war gefolgt von der MTX-Gruppe mit 4,6 Jahren und der Kontrollgruppe ohne DMARD mit nur 2,9 Jahren. Im Ergebnis zeigte sich keine Differenz der Knochenparameter zwischen der Kontroll- und MTX-Gruppe. Hingegen fand sich für die bDMARD-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikant höhere Gesamt- (320 vs. 290 mg/ cm3; p=0,001) und trabekuläre vBMD (174 vs. 165; p=0,005), größere kortikale Dicke (0,80 vs. 0,71 mm; p<0,001) und Bruchlast (p=0,012) sowie Steifigkeit (p=0,012) – dies trotz substanziell längerer Krankheitsdauer und höherer vorheriger Steroidexposition. Es war hierbei kein Unterschied zwischen der TNFα- und IL-17-Inhibition erkennbar. In Regres-

sionsmodellen beeinflussten Alter und bDMARDs die Gesamt-vBMD, während sich Alter, Geschlecht und erneut eine bDMARD-Therapie auf die Bruchlast und Steifigkeit auswirkten. Für die MTXMonotherapie wurden keine solchen Effekte beobachtet, obwohl gegenüber der bDMARD-Gruppe die Unterschiede in puncto Krankheitsaktivität (z. B. im DAPSA 15,8 vs. 12,3, Remission 18 vs. 19 %) vernachlässigbar waren. Als Fazit bleibt somit, dass bDMARD-behandelte PsA-Patienten trotz der längeren Krankheitsdauer von einer höheren Knochenmasse und besseren Knochenstärke gegenüber keinem DMARD oder MTX profitieren. Diese Daten stützen – analog zur RA – das Konzept einer besseren Kontrolle PsA-assoziierter Knochenveränderungen durch bDMARDs. m

Quelle: Arthritis Res Ther 2019; 21(1): 162

Osteoporose: Keine Zulassung für Romosozumab Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Medizinagentur EMA sprach in seiner Sitzung Ende Juni eine negative Bewertung für die Zulassung des Sclerostin-Antikörpers Romosozumab aus und kommt damit zu einem anderen Schluss als die US-amerikanische FDA, die diesen im Frühjahr im zweiten Anlauf zur Therapie von Frauen mit schwerer Osteoporose zuließ. Grund für das negative Votum waren vermehrte schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkte oder Schlaganfälle in Phase-III. Wenn alle Daten zusammen betrachtet wurden, gab es unter Romosozumab auch mehr Todesfälle bei Patienten im Alter ≥75 Jahre. Da unklar war, warum der Sclerostin-Antikörper das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse erhöht und es keine offensichtliche Gruppe von Patienten gab, bei denen das Risiko nicht erhöht war, konnten auch keine spezifische Maßnahmen zur Risikominderung empfohlen werden. Romosozumab ist bei Patienten mit schwerer Osteoporose unbestritten sehr gut wirksam, wenngleich der Nutzen bei Patienten mit weniger schwerer Erkrankung schwächer ausgeprägt war. Deshalb zog der Ausschuss zumindest vorläufig das Fazit, dass mögliche Vorteile die Risiken der Therapie nicht überwiegen. m Quelle: Meeting Highlights des CHMP, 24.-27. Juni 2019


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

SELECT-COMPARE: Upadacitinib überzeugt Die JAK-Inhibition gewinnt (nicht nur) bei rheumatoider Arthritis (RA) immer weiter an Boden. Standen auf dem EULAR vor allem zwei Phase-III-Studien zu Filgotinib im Fokus, wurden jetzt die Ergebnisse der zentralen Phase-III-Studie SELECT-COMPARE zu dem präferenziellen JAK-1-Inhibitor Upadacitinib in der Situation nach Methotrexat (MTX)-Versagen veröffentlicht, die nicht nur eine Überlegenheit gegenüber Placebo sondern auch dem TNFα-Inhibitor Adalimumab belegen.

Signifikante Überlegenheit auch versus Adalimumab Alle primären und die genannten sekundären Endpunkte wurden erreicht. So erzielten in Woche 12 signifikant mehr Patienten auf Upadacitinib gegenüber Placebo ein ACR20-Ansprechen (70,5 vs. 36,4 %) und eine DAS28-CRP-Remission <2,6 (28,7 vs. 6,1 %) ( je p<0,001). Auch gegenüber Adalimumab

50

Placebo Upadacitinib 15 mg Adalimumab 40 mg

40,9

40

Patienten (%)

34,7 30

26,9

24,3

23,0

22,9 20

13,8

13,8 10

0

9,5

ACR70

9,2

DAS28CRP

5,5

4,8

CDAI <2,8

SDAI ≤3,3

Abb.: SELECT-COMPARE-Studie: Signifikante Überlegenheit von Upadacitinib versus Placebo und Adalimumab in Woche 26

zeigte sich ein signifikanter Vorteil im ACR20 (63,0 %; p<0,05) und DAS28-CRP <2,6 (18,0 %; p<0,001). Eine Überlegenheit von Upadacitinib gegenüber Adalimumab im sekundären Endpunkt in Woche 12 wurde nachgewiesen für das ACR50Ansprechen (45,2 vs. 29,1 %; p<0,001), einen DAS28-CRP ≤3,2 (45,0 vs. 28,7 %; p<0,001), ΔSchmerz (-31,76 vs. -25,31; p<0,001) und ΔHAQ-DI (-0,60 vs. -0,49; p<0,01). Auch und gerade im Hinblick auf strenge Kriterien wie das ACR70-Ansprechen oder die CDAI- bzw. SDAI-Remission zeigte sich Upadacitinib Placebo und auch Adalimumab jeweils signifikant überlegen. Die signifikanten Differenzen versus Placebo und Adalimumab blieben für alle Endpunkte bis Woche 26 bestehen, so im Hinblick auf das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität (LDA) oder Remission (DAS28, CDAI, SDAI, Boolean; nominal p<0,001) (Abb.). In Woche 26 zeigte sich unter Upadacitinib zudem eine versus Placebo signifikant geringere radiologische Progression (ΔmTSS 0,24 vs. 0,92) und mehr Patienten wiesen keine radiologische Progression auf (ΔmTSS ≤0) (83,5 vs. 76,0 %; je p<0,001). Numerisch waren hier im Vergleich minimale Vorteile des TNFα-Inhibitors erkennbar. Bis Woche 26 waren unerwünschte Ereignisse (UE) einschließlich schwerer Infektionen unter Upadacitinib und Adalimumab vergleichbar häufig, schwere UE und solche, die zum Therapieabbruch führten, wurden öfter unter Adalimumab verzeichnet. Herpes zoster und CK-Erhöhungen traten öfter unter Upadacitinib auf, jedoch gab es kein Signal in Bezug auf venöse Thromboembolien oder sonstige sicherheitsrelevante Aspekte. m

Letztlich spiegeln diese Daten, wenn auch nur in einem indirekten Vergleich, recht gut jene zu Baricitinib aus der RA-BEAM-Studie wider, wobei in letzterer allerdings nicht durchweg und zu jeder Zeit ein signifikanter Vorteil gegenüber Adalimumab nachgewiesen wurde (in beiden Studien gab es leichte Vorteile von Adalimumab in puncto radiologischer Progression). Einer baldigen Zulassung von Upadacitinib dürfte angesichts eines auch sonst überzeugenden Phase-III-Programms nichts mehr im Wege stehen.

Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; doi: 10.1002/art.41032

KOMPAKT

Erstmals auf dem ACR-Kongress vorgestellt, wurden nun die Resultate der randomisierten, doppelblinden, aktiv- und placebokontrollierten Phase-III SELECT-COMPARE-Studie von einer internationalen Studiengruppe um Roy Fleischmann, Dallas (USA), online publiziert. In der Situation nach MTX-Versagen wurden 1.629 Patienten mit aktiver RA trotz MTX im Verhältnis 2:2:1 auf Upadacitinib 1x 15 mg/Tag, Placebo oder Adalimumab s.c. 40 mg alle 2 Wochen auf dem Boden einer stabilen MTXHintergrundtherapie randomisiert. Primäre Ko-Endpunkte waren das ACR20-Ansprechen und ein DAS28-CRP-Score ≤2,6 (NRI) in Woche 12. Sekundäre Endpunkte waren ein Nachweis der Nicht-Unterlegenheit (und Überlegenheit) von Upadacitinib versus Adalimumab in Woche 12 (für den ACR50, DAS28CRP ≤3,2, ΔSchmerz und ΔHAQ-DI ab Baseline) sowie die Hemmung der radiologischen Progression (ΔmTSS) für Upadacitinib versus Placebo in Woche 26. Patienten mit <20 % Verbesserung im SJC/TJC erhielten ab Woche 14 bis 26 eine Rescue-Therapie (mit Upadacitinib oder Adalimumab).


Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Postoperative Infektionen: Nicht Biologika, Steroide sind das Problem Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) weisen nach einer Gelenkersatzoperation ein erhöhtes Risiko für Infektionen auf, ohne dass die Risiken für spezifische Biologika gut erfasst sind. US-amerikanische Experten um Michael D. George, Philadelphia, erfassten nun in einer retrospektiven Kohortenstudie auf Basis zweier Datenbanken (Medicare und Truven MarketScan 2006-2015), das Risiko für postoperative Infektionen unter verschiedenen Biologika und in Verbindung mit Glukokortikoiden (GK).

Eingeschlossen wurden erwachsene RA-Patienten mit einem elektiven Knieoder Hüftgelenkersatz (TEP), entweder primär oder als Revision, die vor dem Eingriff eine Infusion oder Verordnung von Abatacept, Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Rituximab oder Tocilizumab erhalten hatten. Mittels Propensity-Scoring wurden die jeweiligen Risiken für eine hospitalisierungspflichtige Infektion binnen 30 Tagen oder Gelenkprotheseninfektion innerhalb von 12 Monaten zwischen den Biologika und verschiedenen GK-Dosen verglichen. Bei 9.911 mit Biologika behandelten Patienten wurden 10.923 chirurgische Eingriffe identifiziert. Im Ergebnis war kein signifikanter Unterschied zwischen den

unterschiedlichen Biologika ersichtlich. Verglichen mit einem 8,16 %-Risiko für hospitalisierungspflichtige Infektionen für Abatacept bewegte sich das prädizierte Risiko gemäß den Propensity-gewichteten Modellen zwischen 6,87 % für Adalimumab und 8,90 % für Rituximab (letztere Gruppe war ebenso wie jene für Tocilizumab klein, was definitive Aussagen erschwert). Im Vergleich mit einer kumulativen 1-Jahres-Inzidenz für Gelenkprotheseninfektionen von 2,14 % für Abatacept bewegte sich diese zwischen 0,35 % für Rituximab und 3,67 % für Tocilizumab. Im Gegensatz dazu waren GK mit einem dosisabhängigen Anstieg des postoperativen Risikos für alle Outcomes assoziiert. Propensity-gewichtete Modelle zeigten, dass der Gebrauch

von ≥10 mg GK/Tag (versus kein GK) in einem prädizierten Risiko für für hospitalisierungspflichtige Infektionen von 13,25 % (vs. 6,78 %) und für die prädizierte kumulative 1-Jahres-Inzidenz von Gelenkprotheseninfektionen von 3,83 % (vs. 2,09 %) resultierte. Als Fazit kann gezogen werden, dass das postoperative Infektionsrisiko durch Biologika eher weniger und in vergleichbarem Maße beeinflusst wird, während GK vor allem in Dosierungen >10 mg/Tag dieses Risiko deutlich steigern. m

Quelle: Ann Intern Med 2019; 170(12): 825-836

Erhöhtes Frakturrisiko unter Opioiden, Steroiden und SSRI Mit dem Frakturrisiko von mit DMARDs, Statinen, PPI, Opioiden, Analgetika und SSRI behandelten RA-Patienten befassten sich anhand von Daten aus dem großen, US-weiten Querschnitts-Beobachtungsregisters FORWARD US-amerikanische Mediziner um Kaleb Michaud, Wichita.

Auf neu auftretende Osteoporose-assoziierte Frakturen (vertebral, Hüfte, Unterund Oberarm) hin analysiert wurden hierin RA-Patienten ohne vorherige Fraktur zwischen 2001 und 2015. Bei DMARDs wurde unterschieden zwischen Methotrexat (MTX)-Monotherapie, TNFαInhibitoren (TNFi), Nicht-TNFi-Biologika und anderen DMARDs. Nicht-DMARDs und Glukokortikoide (GK) wurden klassifiziert nach gegenwärtigem/jemaligem Gebrauch und basierend auf der Behandlungsdauer. Das 10-Jahres-Risiko für schwere osteoporotische Frakturen wurde mittels FRAX-Score ermittelt und

mit Cox-proportionalen Hazard-Modellen auf Einflussfaktoren adjustiert. Im Verlauf des medianen Follow-up über 3 Jahre wurden bei 11.412 RA-Patienten 914 Frakturen dokumentiert. Adjustiert zeigte sich ein signifikanter Anstieg des Frakturrisikos mit jeder GK-Dosis ≥3 Monate (Hazard ratio, HR 1,26 für <7,5 mg/Tag und 1,57 für ≥7,5 mg/Tag), für Opioide (schwache: HR 1,37; starke: HR 1,53) und SSRI (HR 1,37). Das Frakturrisiko unter Opioiden stieg bereits nach einem Monat an (HR 1,66), jenes unter SSRI nach >3 Monaten (HR 1,25). Sowohl Statine (HR 0,77) als auch TNFi (HR 0,72) waren

hingegen mit einer Risikoreduktion für vertebrale Frakturen assoziiert. Kein Anstieg des Frakturrisikos zeigte sich unter DMARDs wie MTX, überraschend aber auch nicht unter PPI (womöglich aufgrund einer zu kurzen Einnahmedauer). Auch unter diesen Gesichtspunkten sollte eine möglichst kurze bzw. längerfristig höchstens niedrig-dosierte GK-Therapie angestrebt und präferenziell eher auf DMARDs umgestellt werden. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2019; 78(8): 1041-1047


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

GICHTARTHRITIS

Update der EULAR-Empfehlungen zur Diagnostik Obwohl Gicht die häufigste entzündliche Arthritis ist, sind Fehldiagnosen nicht selten. Nachdem seit der letzten Leitlinie aus 2006 neue Daten zu Bildgebung und klinischer Diagnostik generiert wurden, sahen sich EULAR-Experten um Pascal Richette, Paris (Frankreich), veranlasst, ein Update der Empfehlungen zur Gichtdiagnostik auf Basis eines systematischen Literaturreviews zu entwickeln. Das Ergebnis eines Delphi-Konsensus waren schließlich acht spezifische Empfehlungen.

Zunächst die wichtigsten Aspekte: Die Suche nach Kristallen in Synovialflüssigkeit oder Tophusaspirat wird bei jedem Patienten mit V. a. Gicht empfohlen, da der Nachweis von MononatriumuratKristallen (engl. MSU) die definitive Diagnose einer Gicht ermöglicht. Es herrschte Einigkeit, dass die Anzahl verdächtiger klinischer Hinweise die GichtDiagnose unterstützt. Dies sind die monoartikuläre Beteiligung eines Fuß- oder Sprunggelenks (vor allem des ersten Metatarsophalangeal [MTP]-Gelenks), frühere Episoden einer ähnlichen akuten Arthritis, das rasche Einsetzen schwerer Schmerzen, Erytheme, männliches Geschlecht, begleitende kardiovaskuläre Erkrankungen und Hyperurikämie. Ist eine Kristallanalyse nicht möglich, wird empfohlen, jede atypische Präsentation bildgebend zu untersuchen, primär mit dem Ultraschall (US), um nach typischen Merkmalen von MSU-Ablagerungen zu fahnden (Doppelkonturzeichen und Tophi). Gleichfalls war man sich einig, dass die Gicht-Diagnose nicht auf dem Vorliegen einer Hyperurikämie alleine basieren sollte. Eine starke Empfehlung wird dahingehend ausgesprochen, bei allen Gicht-Patienten systematisch nach assoziierten Komorbiditäten und kardiovaskulären Risikofaktoren, sowie nach Risikofaktoren für eine chronische Hyperurikämie zu suchen.

Die acht Empfehlungen im Wortlaut Die Suche nach Kristallen in Synovialflüssigkeit oder Tophusaspirat wird bei jedem Patienten mit V. a. Gicht empfohlen, da der Nachweis von MSU die definitive Diagnose einer Gicht gestattet. Eine Gicht sollte als Diagnose bei jeder entzündlichen Arthritis bei Erwachsenen

erwogen werden. Ist eine Analyse der Synovialflüssigkeit (SF) nicht möglich, wird die klinische Gicht-Diagnose durch folgende verdächtige Merkmale unterstützt: monoartikuläre Beteiligung eines Fuß- (insbesondere MTP I) oder Sprunggelenks, frühere, vergleichbare Episoden einer akuten Arthritis, rasches Einsetzen schwerer Schmerzen und Schwellungen (mit Höhepunkt in <24 h), Erytheme, männliches Geschlecht, begleitende kardiovaskuläre Erkrankungen und Hyperurikämie. Das Vorliegen dieser Merkmale ist hoch verdächtig, aber nicht spezifisch für Gicht. Es wird eindringlich empfohlen, bei jedem Patienten mit einer noch nicht diagnostizierten entzündlichen Arthritis eine SF-Aspiration und Kristalluntersuchung durchzuführen. Die GichtDiagnose sollte nicht allein aufgrund einer Hyperurikämie gestellt werden. Ist die klinische Diagnose einer Gicht unsicher und eine Kristallidentifizierung nicht möglich, sollte mittels Bildgebung nach MSU-Kristallablagerungen und Merkmalen für jedwede alternative Diagnose gefahndet werden. Konventionelle Röntgenaufnahmen sind indiziert für die Suche nach bildgebender Evidenz von MSU-Kristallablagerungen, sind aber von limitiertem Nutzen

für die Diagnose eines Gicht-Schubes. Hilfreicher für die Diagnosestellung bei Patienten mit V. a. auf einen Gicht-Schub oder eine chronische Gichtarthritis ist der US durch die Detektion von Tophi, die sich bei der klinischen Untersuchung nicht feststellen lassen, oder einem Doppelkonturzeichen auf Knorpeloberflächen, das hochspezifisch für MSU-Ablagerungen in den Gelenken ist. Es sollte bei allen Patienten mit Gicht nach Risikofaktoren für eine chronische Hyperurikämie gesucht werden, insbesondere chronische Nierenerkrankungen, Übergewicht, Medikamente (inkl. Diuretika, Low-dose-ASS, Cyclosporin und Tacrolimus), exzessive Zufuhr von Alkohol (speziell Bier und Spirituosen), Limonaden/Cola/Fruchtsäfte etc., Fleisch und Schalentieren. Zu guter Letzt wird bei Gicht-Patienten ein systematisches Assessment auf das Vorliegen assoziierter Komorbiditäten einschließlich Adipositas, Nierenfunktionsstörungen, Hypertonie, ischämische Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz, Diabetes und Dyslipidämie empfohlen. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-215315


Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK

Wenn die Schädelkalotte sich verdickt: Osteomeningeom ANAMNESE: Erstvorstellung 11/2011: Seit mehreren Monaten polytope Gelenkschmerzen und -schwellungen. LABOR: CRP 23,4 mg/l, RF 114 IU/l, CCP-Ak 5, ANA 1:320. DIAGNOSE: seropositive rheumatoide Arthritis (RA). VERLAUF: Von 12/2011-12/2013 Teilnahme an einer Früharthritis-Studie (Methotrexat [MTX] und Abatacept) → Remission. Von 1/2014 bis jetzt MTX-Monotherapie mit 15 mg/Woche – intermittierend low-dose Prednisolon 5 mg/Tag. 3/2019 vierteljährliche Kontrolluntersuchung – Patient gibt an, dass sich seit 6-8 Wochen ein „Buckel“ am Kopf gebildet hätte. KLINISCHER BEFUND: 172 cm, 76 kg. Gelenkstatus: keine peripheren synovitischen Schwellungen, tastbare, ca. 2-3 cm große derbe Erhebung (nicht druckschmerzhaft) hochfrontal. LABOR: CRP <5 mg/l, BKS 10/h, RF 144 IU/l, CCP-Ak 1,4, ANA 1:320. GANZKÖRPERSKELETTSZINTIGRAFIE: hochfrontal findet sich ein hochmalignitätsverdächtiger Knochenstoffwechsel. Keine weiteren speicherverdächtigen Foci. RÖNTGEN UND MRT: siehe links (Abb. 1a/b und 2).

DIAGNOSE: Osteomeningeom RÖNTGEN: Abb. 1a/b: Schädel in zwei Ebenen, hochfrontal zeigt sich eine röntgendichte Verdickung der Schädeldecke mit Verdacht auf eine Kortikalisinfiltration.

Bemerkungen: Meningeome sind Tumoren, die ihren Ursprung von den Meningealzellen der weichen Hirnhäute nehmen und praktisch nur bei Erwachsenen vorkommen. Sie sind pathologische Proliferate veränderter Zellen der Arachnoidea. Die zur Transformation führende Ursache ist zur Zeit noch nicht genau bekannt. Nach Radiatio und bei Patienten mit Neurofibromatose Typ II kommen Meningeome vermehrt vor. Epidemiologie: Etwa 15 % aller Hirntumoren sind Meningeome. Die meisten Patienten erkranken zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Frauen sind bevorzugt betroffen. Jüngere Patienten neigen zu höher malignen Meningeomen. 90 % der Meningeome wachsen intrakraniell, 9 % spinal und 1 % ektop in der Orbita, am Nacken, im Thorax, in der Haut, den Nasennebenhöhlen oder der Parotis. Ungefähr 9 % aller Patienten haben multiple Meningeome. THERAPIE: Kraniotomie mit kompletter Tumorresektion.

MRT: Abb. 2: Sagittal T1 mit KM: Kontrastmittelaufnehmende Weichteilvermehrung links hochfrontal mit Infiltration der Meningen, der Schädelkalotte und Pelottierung der Galea nach kranial.

Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München

m


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EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Neuigkeiten zur Therapie und eine aktualisierte EULAR-Leitlinie Auch der in Madrid abgelaufene EULAR-Kongress 2019 bot auf dem Gebiet der medikamentösen Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) viele spannende Neuigkeiten. Die wichtigsten davon wurden in eine Leitlinien-Sitzung gepackt, die als letzte am Samstag Mittag ablief, wohl um möglichst viele Teilnehmer bis zum Kongressende zu binden. In dieser Sitzung wurden sowohl neue EULAR-Empfehlungen zur RA als auch zur Psoriasis-Arthritis (PsA) vorgestellt.

Die neue Ausgabe der EULAR-Empfehlungen für die RA-Therapie enthielt nur wenige Änderungen im Vergleich zur vorherigen Version aus dem Jahr 2016 und unterschied sich kaum von der im Vorjahr erschienenen deutschen S2e-Leitlinie, was sicher als Kompliment für die Arbeit der deutschen LeitlinienKommission verstanden werden kann. Zu nennen sind einmal ein wohl ethisch begründetes, neu hinzugefügtes „Overarching Principle“, in dem gefordert wird, dass alle Patienten Zugang zu möglichst vielen DMARDs und möglichst vielen Wirkmechanismen erhalten sollten. Betont wird aufgrund neuer Studiendaten, dass die Erfassung (und Verlaufsüberwachung) der Remission klinisch, d. h. ohne Berücksichtigung zusätzlicher bildgebender Untersuchungen erfolgen sollte. Ein Unterschied zur deutschen Leitlinie ist, dass bei DMARD-Tapering stets mit dem bDMARD bzw. tsDMARD begonnen werden sollte – hier ergibt sich ein gewisser Widerspruch zu der essenziellen übergeordneten Forderung, dass Therapieentscheidungen von Arzt und Patient gemeinsam getroffen werden sollten: Viele Patienten wünschen, dass zuerst Methotrexat (MTX) und dann erst das bDMARD bzw. tsDMARD reduziert werden sollte. Die deutsche Leitlinie gibt hier keine strikte Reihenfolge vor, sondern empfiehlt ein individuelles Vorgehen unter Einbeziehung des Patientenwunsches. Im Gegensatz zu den RA-Empfehlungen boten die neuen Recommendations für die PsA tatsächlich eine Vielzahl von Änderungen, nicht zuletzt deshalb, weil seit der vorherigen Erstellung eine Reihe neuer Substanzen zugelassen wurden. In einem neuen „Overarching Principle“ wird auf die Bedeutung von Komorbiditäten hingewiesen. Nagelbefall wird neu als ungünstiger Prognosefaktor benannt. Wie bisher wird ein Beginn mit einem csDMARD, präferenziell MTX empfohlen, wenn nicht eine Enthesitis oder ein Achsenskelettbefall im Vordergrund stehen (in diesem Fall nach NSAR gleich ein bDMARD). Als Zweitlinientherapeutika werden bei im Vordergrund stehendem Gelenkbefall gleichwertig TNFα-(TNFi) und IL-17-Inhibitoren (IL-17i) empfohlen, bei im Vordergrund stehendem Hautbefall werden IL-17i und IL-12/23i als überlegen gegenüber TNFi eingestuft. JAK-Inhibitoren werden gegenüber bDMARDs als nachgeordnet eingestuft, Apremilast nach csDMARDVersagen bei milder PsA empfohlen, außerdem dann, wenn bDMARDs nicht eingesetzt werden können (z. B. bei massiven Infektionsproblemen).

Prof. Dr. Klaus Krüger

RA-Therapie mit csDMARDs und bDMARDs Die Frage, ob eine Induktionstherapie mit bDMARDs als Ersttherapie die bessere Option ist als die in der Leitlinie empfohlene Starttherapie mit MTX plus Glukokortikoid (GK)-Bridging konnte mittels eines systematischen Reviews mit 22 ausgewerteten Studien eindeutig beantwortet werden. (1) Während eine solche Induktionstherapie im Vergleich zu MTX ohne GK überlegen ist, bietet sie im Vergleich zur Leitlinien-gemäßen MTX/ GK-Kombination keinerlei Vorteile. In Madrid wurden auch weitere Auswertungen aus der SEMIRA-Studie präsentiert, in der bei laufender Tocilizumab (TCZ)Therapie das schrittweise Reduzieren von 5 mg Prednisolon auf 0 unter randomisiert-kontrollierten Bedingungen mit fortlaufender Gabe von 5 mg verglichen wurde. (2-4) Zwar bot die Fortsetzung der GK-Gabe leichte Vorteile (was in Anbetracht der sehr langen Krankheitsdauer der Patienten nicht überraschend kam), gleichwohl bot auch die Tapering-Gruppe exzellente Resultate, u. a. mit 88 % abgeschlossener verblindeter Behandlung, 65 % mit vollem Behandlungserfolg und keinem einzigen Abbruch aufgrund von unzureichender Flare-Kontrolle. Darüber hinaus zeigte sich bei keinem der Tapering-Patienten der Verdacht auf eine Nebenniereninsuffizienz, in keinem Fall war ein ACTH-Stimulationstest erforderlich. Letztlich demonstrierte diese in ihrer Art einmalige Studie somit, dass ein GK-Tapering selbst bei fortgeschrittener RA machbar ist.


EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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Bei laufender TCZ-Therapie ist auch das Tapering von MTX nach vorheriger Kombinations-Gabe ohne Probleme möglich, wie in einer Auswertung aus dem US-amerikanischen CORRONA-Register demonstriert wurde. (5) Die Gruppe mit komplettem Ausschleichen schnitt nicht relevant schlechter ab als jene mit Dosisreduzierung und jene mit fortgeführter Volldosisgabe. In einer weiteren Auswertung aus der über zwei Jahre nicht-interventionell mit TCZ durchgeführten ICHIBAN-Studie ergaben sich keine Hinweise für eine erhöhte Rate kardiovaskulärer Ereignisse: Sowohl Herzinfarkte als auch Schlaganfälle entsprachen mit 0,8 bzw. 0,6 Ereignissen pro 100 Patientenjahre (PJ) der aus der Normalbevölkerung bekannten Häufigkeit. (6)

Substanzen wurden unterdessen entsprechend angepasst. Ebenso sind alle TNFi in der Stillperiode einsetzbar. Ein Vorteil des kaum placentagängigen Certolizumab (CZP) ist sicherlich, dass Neugeborene nicht immunsupprimiert sind, wenn die Mutter in der Schwangerschaft CZP einnahm. Eine Untersuchung zum Risiko schwerer Infektionen des Neugeborenen bei TNFi-Therapie in der Schwangerschaft belegt jedoch, dass dieses generell gering ist; es liegt bei gesunden Schwangeren bei 1,6 %, bei RA-Patientinnen ohne TNFi bei 2,1 % und mit TNFiEinnahme bei 2,3 %. (12) Der Vergleich von TNFi mit hohem versus niedrigem Placenta-Transfer bot numerisch eine kleine Risikoerhöhung, die aber im nicht-signifikanten Bereich lag.

In einem von mehreren Beiträgen aus dem RABBIT-Register konnte gezeigt werden, dass eine bDMARD-Therapie bei Patienten >70 Jahre genauso gut läuft wie bei Patienten <65 Jahre. (7) Dies ließ sich anhand gleich guter Wirksamkeit, Verträglichkeit und identischem Drug Survival demonstrieren. Ein weiterer RABBIT-Beitrag konnte zeigen, dass die 1-Jahres-Retentionsrate nach dem Wechsel von originalem (bo)- auf biosimilares (bs)-Etanercept bei 65 % und damit auf dem gleichen Wert wie bei Weiterbehandlung mit dem Original lag. (8) Nur neun von 102 Switchern wechselten zurück zum Originalpräparat. Auch generell ist zu beobachten, dass der Wechsel von bo- zu bsDMARDs bei europäischen Patienten immer weniger Probleme bereitet und der Anteil von zurückwechselnden Patienten immer kleiner wird. In einer großen britischen Real-Life-Untersuchung mit 966 Patienten über rund ein Jahr betrug er nur noch 7 %. (9) Ähnliche Ergebnisse sind auch bei der Spondyloarthritis zu erwarten, wie eine gepoolte Auswertung aus skandinavischen Registern bei 1.015 Patienten zeigte. (10) Der 1-JahresDrug Survival lag bei 66 und 73 % (bo- vs. bs-Etanercept).

Ausblick auf neue JAK-Inhibitoren

In einer ausgezeichneten Review-Präsentation zur medikamentösen Therapie in der Schwangerschaft stellte die britische Expertin Nelson-Piercy dar, dass mittlerweile TNFi bei nicht optimal kontrollierter Krankheitsaktivität in der Schwangerschaft Mittel der Wahl sind. Weiterhin gibt es (bei immer größeren Erfahrungen) keine Daten, die für diese Substanzen ein erhöhtes Risiko zeigen würden. (11) Auch die Fachinformationen der fünf

Mit Upadacitinib (UPA) und Filgotinib (FIL), zwei präferenziellen Hemmstoffen von JAK-1, stehen zwei Substanzen vor der Zulassung für den Einsatz bei RA. Deren Studiendaten wurden dementsprechend besonders intensiv diskutiert. Am interessantesten erscheinen die Ergebnisse der SELECT-COMPAREStudie, bei der UPA über 48 Wochen mit Adalimumab und über 24 Wochen auch mit Placebo verglichen wurde. (13) Beide Substanzen waren gegenüber Placebo überlegen, UPA jedoch in allen Parameter auch deutlich im Vergleich zu Adalimumab (z. B. CDAI-Remission 25 vs. 17 %). In einer Subpopulation aus dieser Studie wurde auch erstmals gezeigt, dass bei nicht ausreichendem Response auf den JAKi der nachfolgende Wechsel auf einen TNFi durchaus Erfolgsaussichten bietet. (14) Weitere wichtige Ergebnisse der vorgestellten UPA-Studien: In der SELECT-Early-Studie bei MTX-naiven Patienten erwies sich die Substanz als überlegen im Vergleich mit MTX (z. B. CDAI-Remission 40 % vs. MTX 17 %). (15) Eine gepoolte Analyse ergab überdies, dass UPA in der Monotherapie gleich gut wirksam ist wie in Kombination mit MTX. (16) Auch die – vor allem als „Late-breaker“ präsentierten – Studiendaten von FIL sind sehr gut. In der FINCH-1-Studie erwies sich die Substanz bei Patienten mit nicht ausreichendem Ansprechen auf MTX über 24 Wochen nicht nur als überlegen gegenüber Placebo, sondern in der 200 mg-Dosierung auch →


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

im Vergleich zu Adalimumab (z. B. DAS28-CRP-Remission 200 mg 48,4 %, 100 mg 35,2 %, Adalimumab 35,7 %, Placebo 16,2 %). (17) In der FINCH-3-Studie bei MTX-naiven Patienten waren die Ergebnisse beim gleichen Parameter: 200 mg + MTX 54 %, 100 mg + MTX 42,5 %, FIL 200 mg mono 42,4 %, MTX 29 %. (18) Ein weiterer neuer JAK-Inhibitor, das präferenziell JAK-3 inhibierende Peficitinib, wurde ebenfalls mit Daten vorgestellt, scheint aber den zuvor besprochenen Substanzen – soweit das ohne direkten Vergleich beurteilt werden kann – etwas unterlegen zu sein. (19) Im Gegensatz zu den mit langer Erfahrung versehenen bDMARDs ist bei den JAKi noch unklar, wie sie sich bei Vorhandensein von Komorbiditäten auswirken. Einen ersten kleinen Hinweis darauf, dass auch JAKi kardioprotektiv sein könnten, liefert eine russische Untersuchung (20): Hier wurde der auf erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hinweisende Surrogat-Parameter NT-proBNP unter einjähriger Behandlung mit Tofacitinib um 63 % reduziert. Kardiovaskuläre Ereignisse traten in dieser Behandlungsperiode nicht auf. Alle JAKi-Studien liefern Hinweise darauf, dass darunter das Risiko für das Auftreten eines Herpes zoster etwas erhöht ist. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Verfügbarkeit eines ZosterTotvakzins weiter an Bedeutung. Bisher gab es jedoch keinerlei Erfahrungen mit dem Einsatz dieses Vakzins bei RA-Patienten. In Madrid wurde jetzt eine retrospektive Auswertung von Impfungen bei 300 immunsupprimierten RA-Patienten, darunter

EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

46 % unter bDMARD-Therapie, vorgestellt. (21) Die Verträglichkeit war sehr gut: RA-Schübe traten zu 3 % nach der ersten und 2,9 % nach der zweiten Impfung auf, Nebenwirkungen der Impfung (z. B. Lokalreaktionen, grippeähnliche Symptome) bei 15,3 %. Diese Häufigkeiten liegen nicht höher als bei RA-Patienten ohne Impfung bzw. bei Impfung anderer Populationen.

Ein neues Therapieprinzip? In mehreren kleinen offenen Untersuchungen hat sich in der Vergangenheit das Prinzip der Vagusnervstimulation, welches bei der Behandlung der refraktären Epilepsie bereits zum Einsatz kommt, auch bei der RA als erfolgsversprechend erwiesen. Auf dieser Basis wurden in Madrid die Ergebnisse einer ersten kleinen randomisiert-kontrollierten Studie vorgestellt. (22) Bei 14 Patienten mit therapierefraktärer RA (im Mittel 4,8 bDMARDs bzw. tsDMARDs als Vortherapien) und hoher Krankheitsaktivität (DAS28-CRP im Mittel 5,94) zeigte sich nach 12 Wochen Behandlung eine Besserung des DAS von 1,24, unter Sham-Behandlung hingegen eine Verschlechterung von 0,16. Die Spiegel der proinflammatorischen Zytokine IL-1β, IL-6 und TNFα wurden um mehr als 30 % reduziert. Eine größere kontrollierte Studie soll folgen. m Prof. Dr. med. Klaus Krüger Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Praxiszentrum St. Bonifatius St.-Bonifatius-Str. 5, 81541 München

Literatur: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 377 (THU0198) | 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 84 (OP0030) | 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 115-116 (OP0086) | 4 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 336 (THU0128) | 5 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1150 (SAT0156) | 6 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1154 (SAT0163) | 7 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1123 (SAT0112) | 8 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1136 (SAT0134) | 9 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1141 (SAT0141) | 10 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 196 (OP0236) | 11 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 32 (SP0110) | 12 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1158 (SAT0169) | 13 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 744-745 (FRI0147) | 14 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 83-84 (OP0029) | 15 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 356 (THU0165) | 16 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 376 (THU0197) | 17 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 77-78 (LB0001) | 18 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 259-260 (LB0003) | 19 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 736-727 (FRI0134) | 20 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 368 (THU0185) | 21 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 695 (FRI0068) | 22 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 264 (LB0009)


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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RHEUMATOIDE ARTHRITIS

JAK-Inhibitoren weiter im Rampenlicht Im Hinblick auf die rheumatoide Arthritis (RA) waren die wohl unbestrittenen Highlights des EULAR-Kongresses zwei positive Phase-III-Studien zu dem JAK-1-Inhibitor Filgotinib (FINCH-1 und -3), die beide als Late Breaking-Abstracts präsentiert wurden. Auch zu anderen tsDMARDs wie Upadacitinib oder Tofacitinib wurden weitere interessante Studiendaten vorgestellt, ebenso aber auch zu seit Langem etablierten Biologika wie Abatacept oder Rituximab. Neue Therapieprinzipien standen ebenfalls auf dem Prüfstand, so bei therapierefraktärer RA die Vagusnervstimulation. Last but not least gab es einen Ausblick auf das nächste Update der EULAR-Empfehlungen zum Management der RA.

Filgotinib: Die Phase-III-Studien FINCH-1 und -3 im Überblick Bereits auf dem ACR 2018 hatte mit FINCH-2 die erste große Phase-III-Studie zu dem selektiven JAK-1-Inhibitor Filgotinib bei RA-Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Biologika (meist TNFa-Inhibitoren) eine signifikante Überlegenheit gegen Placebo gezeigt und das Potenzial der Substanz in dieser Indikation unterstrichen (positive Phase-II-Daten gibt es auch bei Psoriasis-Arthritis und ankylosierender Spondylitis). In Madrid stellte nun Bernard Combe, Montpellier (Frankreich), als ersten „Late Breaker“ die Ergebnisse der doppelblinden, aktiv- und placebokontrollierten Phase-III-Studie FINCH-1 vor, in der 1.759 RA-Patienten (82 % Frauen, Krankheitsdauer im Mittel 7,8 Jahre, DAS28-CRP 5,7) mit unzureichendem Ansprechen auf Methotrexat (MTX) in einem 3:3:2:3-Design auf Filgotinib 1x 100 oder 1x 200 mg/Tag, Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen oder Placebo für 52 Wochen (plus stabile MTX-Dosis) randomisiert wurden. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 12, sekundäre Endpunkte u. a. ACR50/70, DAS28CRP ≤3,2 and <2,6, die Röntgenprogression (mTSS) und PROs (HAQ-DI, SF-36 PCS, FACIT-F). Eine Testung auf Nicht-Unterlegenheit von Filgotinib versus Adalimumab erfolgte für den DAS28-CRP ≤3,2 und <2,6.

In Woche 12 zeigten sich Filgotinib 100 und 200 mg im ACR20Ansprechen gegenüber Placebo mit 69,8 und 76,6 vs. 49,9 % ( je p<0,001) signifikant überlegen (Adalimumab 70,8 %) (Abb. 1). Ein vergleichbares Bild zeigt sich sowohl nach 12 als auch 24 Wochen ebenso im ACR50/70-Ansprechen, DAS28-CRP ≤3,2 und <2,6, mTSS (Woche 24) und bei den genannten PROs einschließlich der physischen Funktion. Eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber Adalimumab wurde in Bezug auf den DAS28-CRP ≤3,2 für Filgotinib 200 mg nachgewiesen. Die höhere Dosis zeigte auch die beste Wirksamkeit (in Woche 24 z. B. ACR20/50/70, 78, 58 und 36 % sowie DAS28-CRP ≤3,2 und <2,6 61 bzw. 48 %), die 100 mg-Dosis bewegte sich knapp darunter und etwa auf dem Level von Adalimumab. Das Sicherheitsprofil von Filgotinib entsprach jenem früherer Studien. (1) In Anbetracht der guten Wirksamkeit mit rasch einsetzendem Ansprechen dürfte sich somit Filgotinib auf einem recht sicheren Weg zur Zulassung als dann – voraussichtlich nach Upadacitinib – vierter JAK-Inhibitor befinden. Dafür sprechen auch die Ergebnisse der doppelblinden, aktiv-placebokontrollierten Phase-III-Studie FINCH-3, die Rene Westhovens, Leuven (Belgien), vorstellte. In dieser wurden 1.252 Patienten mit früher, mäßig bis schwer aktiver RA (77 % Frauen, Krankheitsdauer im Mittel 2,2 Jahre, DAS28-CRP 5,7, 36 % orale Steroide zu Baseline), die noch MTX-naiv waren, → 80

76,6 69,8

70 ACR20-Ansprechen (%)

Zwar noch nicht final beschlossen, wurde doch am letzten Kongresstag von Josef S. Smolen, Wien (Österreich), ein erster Ausblick auf das Update der EULAR-Leitlinie zur RA gewährt. Sowohl bei den übergreifenden Prinzipien (ein fünftes kommt hinzu) als auch bei den spezifischen Empfehlungen gibt es nur wenige, punktuelle Änderungen, die allem voran den Wortlaut betreffen. Wichtigster Punkt ist sicherlich, dass bei Patienten mit ungünstigen prognostischen Faktoren nach csDMARDVersagen nun explizit mit einem bDMARD oder tsDMARD kombiniert werden „soll“ und vor allem, dass bDMARDs und tsDMARDs in dieser Situation jetzt auch expressis verbis völlig gleichgestellt werden. Überdies werden in der Empfehlung zum Tapering nach neuen Studienergebnissen nun auch die tsDMARDs integriert. Noch gearbeitet wird am Therapiealgorithmus, auch soll in der abschließenden Fassung das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) unter JAK-Inhibitoren adressiert werden.

70,8

60 49,9

50 40 30 20 10 0

6,1 Filgotinib 200 mg (n=475)

Filgotinib 100 mg (n=480)

Adalimumab (n=325)

Placebo (n=475)

Abb. 1: FINCH-1-Studie: ACR20-Ansprechen in Woche 12 auf Filgotinib 100 bzw. 200 mg, Adalimumab und Placebo (1)


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im Verhältnis 2:1:1:2 auf Filgotinib 1x 200 oder 1x 100 mg/Tag ( jeweils plus MTX bis zu 20 mg/Woche) oder Filgotinib 1x 200 mg/Tag oder Placebo alleine ( jeweils plus Placebo) für bis zu 52 Wochen randomisiert. Primärer Endpunkt war diesmal das ACR20-Ansprechen in Woche 24, die sekundären Endpunkte waren identisch zu FINCH-1. Im Ergebnis erreichten in Woche 24 signifikant mehr Patienten unter Filgotinib 200 mg + MTX (81,0 %; p<0,001) und Filgotinib 100 mg + MTX (80,2 %; p<0,05) ein ACR20-Ansprechen im Vergleich zur MTX-Monotherapie (71,4 %); Filgotinib 200 mg alleine (78,1 %) war nur im Trend besser (Abb. 2). Angesichts der raschen Wirksamkeit von Filgotinib ab Woche 2 (bis Woche 20 war die Monotherapie signifikant besser) könnte dies einem späteren Wirkeintritt von MTX oder auch dem generell sehr hohen MTX-Ansprechen geschuldet sein. Letzteres wurde offenbar stark von Patienten aus Osteuropa und Südamerika getrieben. Gegenüber der MTX-Monotherapie erreichten (meist signifikant) mehr Patienten unter Filgotinib mit oder ohne MTX ein ACR50/70-Ansprechen, einen DAS28-CRP <2,6 und ≤3,2 sowie eine Verbesserung von PROs. Am besten schnitt insgesamt die Filgotinib 200 mg + MTX-Kombination ab mit einem ACR50/70-Ansprechen von 61,5 bzw. 44 % und dem Erreichen eines DAS28-CRP <2,6 und ≤3,2 in 54 bzw. 69 % der Fälle. Auch in dieser Studie gab es in puncto Sicherheit keine Überraschungen. (2) In der Gesamtschau überzeugte der spezifische JAK-1-Inhibitor sowohl bei MTX-naiven, bei auf MTX- als auch auf Biologika-versagenden RA-Patienten.

JAK-Inhibition: SELECT-COMPARE und ORAL Shift Nicht näher eingegangen sei an dieser Stelle auf weiterhin positive Phase-III-Daten zu Peficitinib, einem weiteren JAKInhibitor, für den eine Zulassung aber offenbar nur auf dem asiatischen Markt angestrebt wird. In Bälde mit der Zulassung zu rechnen ist im Falle von Upadacitinib. Wichtige neue Daten aus

100

*p<0,05 vs. MTX alleine **p<0,001 vs. MTX alleine

81,0** 80,2*

ACR20-Ansprechen (%)

80

78,1 71,4

60

40 Filgotinib 200 mg + MTX (n=416) Filgotinib 100 mg + MTX (n=207) Filgotinib 200 mg (n=210) MTX (n=416)

20

0

2

4

8

12

16

20

24

Sudienwoche

Abb. 2: FINCH-3-Studie: ACR20-Ansprechen bis Woche 24 auf Filgotinib 100 oder 200 mg + MTX sowie Filgotinib 200 mg oder MTX alleine (2)

der zentralen Phase-III-Studie SELECT-COMPARE, die bei RAPatienten nach MTX-Versagen (in Kombination mit diesem) eine Überlegenheit des präferenziellen JAK-1-Inhibitors gegenüber Adalimumab auswies, stellte in Madrid Mark C. Genovese, Palo Alto (USA), vor. Während die Umstellung von bDMARDs auf tsDMARDs viel praktiziert wird, fehlte es noch an Daten zum umgekehrten Vorgehen. In der Phase-III-Studie wurden Patienten mit einer Verbesserung im SJC/TJC ≤20 % nach 14, 18 oder 22 Wochen als Non-Responder erachtet und verblindet und ohne Washout von Upadacitinib auf Adalimumab (19 %) oder von Adalimumab auf Upadacitinib (24 %) umgestellt. Gemäß der Post hoc-Analyse war der Switch in beide Richtungen effektiv und vor allem auch ohne Washout-Phase sicher. Wie schon die Hauptstudie erwarten ließ, war der Nutzen einer Umstellung von Adalimumab auf Upadacitinib größer: So erreichten nach 6 Monaten 75, 49 und 24 % dieser Patienten ein ACR20/50/70-Ansprechen und 54 % einen DAS28-CRP ≤3,2, im umgekehrten Fall erreichten diese Kriterien „nur“ 59, 26, 12 und 35 % der Patienten. Nichtsdestotrotz wurde hier erstmals die Effektivität eines TNFα-Inhibitors nach Versagen eines JAK-Inhibitors nachgewiesen. (3) Im Hinblick auf die bereits zugelassenen JAK-Inhibitoren wurden sowohl zu Baricitinib (so z. B. positive Langzeitdaten über 7 Jahre) als auch Tofacitinib weitere Studiendaten präsentiert. Besonders aufschlussreich war hier die von Stanley B. Cohen, Dallas (USA), vorgestellte Phase-IIIb/IV-Studie ORAL Shift, die die Frage adressierte, ob bei unter Tofacitinib (als neue 1x tägliche, 11 mg extended release [ER]-Formulierung) plus MTX nach 6 Monaten eine niedrige Krankheitsaktivität gemäß einem CDAI <10 erreichenden Patienten (dies war bei 76 % der Patienten der Fall) MTX abgesetzt werden kann. Genau dies wurde anschließend 1:1 verblindet gegen die Fortführung von MTX über weitere 6 Monate getestet. Im Ergebnis war das Absetzen von MTX mit keinem Wirkverlust verbunden, eine Nicht-Unterlegenheit der Tofacitinib-Monotherapie konnte im primären Endpunkt DAS28-ESR in Woche 48 signifikant nachgewiesen werden. (4) In diesem Kontext bleibt zudem zu hoffen, dass die 1x tägliche ER-Formulierung von Tofacitinib auch ihren Weg nach Europa finden wird.

Neue Therapiekandidaten und etablierte Biologika im Fokus Jenseits der JAK-Inhibitoren fehlt es bislang an weiteren oral einnehmbaren Therapien mit „small molecules“. Ebenfalls von Stanley B. Cohen vorgestellte Daten einer randomisierten, doppelblinden Phase-II-Studie deuten an, dass sich dies mit dem Bruton-Tyrosinkinase (BTK)-Inhibitor Fenebrutinib ändern könnte. In dieser wurden zwei Kohorten mit mäßiger bis schwer aktiver RA (eine mit Versagen auf MTX, die zweite mit Biologika-Versagern) erfasst. Als Ergebnis zeigte sich nach 12 Wochen in Kohorte 1 und 2 ein jeweils gegenüber Placebo überlegenes ACR50-Ansprechen des BTK-Inhibitors (bis zu 35 % unter der 200 mg-Dosis), das (in Kohorte 1) auf Augenhöhe mit Adalimumab als aktivem Komparator (36 %) lag. Für


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genauere Aussagen ist es aber noch zu früh, das Sicherheitsprofil war akzeptabel. (5) Zwiespältiger fallen die Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden Phase-II-Studie zu E6011, einem gegen Fractalkin (CX3CL1) gerichteten monoklonalen Antikörper aus. In der japanischen Studie war in puncto ACR20-Ansprechen auch unter der höchsten Dosis (initial s.c. 400 mg, später 200 mg alle 2 Wochen) dieses erst ab Woche 24 Placebo signifikant überlegen (57,4 vs. 35,2 %). Viel größer war allerdings die Differenz zugunsten von E6011 bei Patienten mit erhöhtem CD16+ Monozyten-Spiegel zu Baseline (69,6 vs. 30,0 %). Auch hier bleiben weitere Daten abzuwarten. (6) In Sachen Biologika wurden erneut die zuvor bereits auf dem ACR 2018 präsentierten Daten der SEMIRA-Studie besprochen, die zeigen, dass in der Mehrzahl der Patienten mit langjähriger RA unter Tocilizumab der Entzug der PrednisonTherapie möglich ist, ohne die Krankheitsaktivität entgleisen zu lassen. Doch gleich weiter zu Abatacept, dass vor einigen Jahren in der AMPLE-Studie gegenüber Adalimumab speziell bei ACPA-positiven Patienten Vorteile gezeigt hatte. In der Early AMPLE-Studie evaluierten nun William Rigby, Lebanon (USA), und Kollegen Patienten mit früher, mäßig bis schwer aktiver, seropositiver RA (Anti-CCP2+). Erneut zeigte Abatacept 1x 125 mg s.c./Woche gegenüber Adalimumab 40 mg s.c. alle 2 Wochen ein (on top einer stabilen MTX-Therapie) nach 24 Wochen in puncto ACR20/50/70 oder DAS28-CRP numerisch besseres Ansprechen. Dabei fiel diese Therapiedifferenz bei HLA-DRB1shared epitope (SE+) positiven Patienten noch deutlich stärker aus, sodass das oft mit Anti-CCP2-Positivität verknüpfte Vorliegen von HLA-DRB1-Risikoallelen (in ca. 85 %) ein weiterer Indikator für ein gutes Ansprechen auf Abatacept ist. (7) Als erfolgreichen Fehlschlag könnte man die von Lise M. Verhoef, Nijmegen (Niederlande), präsentierte REDO-Studie bezeichnen, die die Nicht-Unterlegenheit niedriger bis sehr niedriger Rituximab-Dosen (1x 500 bzw. 1x 200 vs. 1x 1.000 mg; 2:2:1) in der Re-Therapie nachweisen wollte. Formal gelang dies nicht, jedoch erwiesen sich in der großen Mehrzahl der RA-Patienten, die auf den ersten Rituximab-Zyklus gut angesprochen

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hatten, die sehr niedrigen Dosierungen in der Re-Therapie nach 6 Monaten als völlig ausreichend in puncto DAS28-CRPVerlauf und B-Zell-Zahlen. Ein geringfügiger Nachteil war ein Trend zu etwas mehr Komedikation, als Vorteil ist hingegen das geringere Infektionsrisiko zu nennen. (8)

Vagusnervstimulation effektiv bei therapierefraktärer RA Für viel Aufsehen sorgte eine wiederum als Late BreakingAbstract von Mark C. Genovese präsentierte Pilotstudie zur Vagusnervstimulation (VNS) bei 14 RA-Patienten auf MTX, die zuvor auf ≥2 bDMARDs oder JAK-Inhibitoren mit ≥2 unterschiedlichen Wirkmechanismen versagt haben mussten (im Mittel 4,8 frühere Biologika, mittlerer DAS28-CRP 5,94). Zur VNS wurde den Patienten ein neu entwickelter, der Epilepsie-Therapie angelehnter, miniaturisierter Neurostimulator („MicroRegulator“) implantiert (mit Sham-Kontrolle). Die Implantation des Device war in allen Fällen erfolgreich, zwei OP-assoziierte Ereignisse konnten gut beherrscht werden. In 50 % der Fälle kam es (anders als in der Sham-Gruppe) zu einem relevanten klinischen Ansprechen im DAS28-CRP in Woche 12, zwei Patienten gelangten sogar in eine DAS28Remission. Parallel dazu konnte eine Reduktion proinflammatorischer Zytokine nachgewiesen werden. (9) In Anbetracht der ersten positiven Ergebnisse ist nun eine größere, auf den gewonnenen Erkenntnissen zur idealen Frequenz der VNS aufbauende, Sham-kontrollierte Studie in einem vergleichbaren Kollektiv im Grunde austherapierter RA-Patienten geplant. m

Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 77-78 (LB0001) 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 259-260 (LB0003) 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 83-84 (OP0029) 4 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 260-261 (LB0004) 5 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 80-81 (OP0025) 6 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 188 (OP0223) 7 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 263-264 (LB0008) 8 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 264-265 (LB0010) 9 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 264 (LB0009)


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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS UND PSORIASIS-ARTHRITIS

Kongressbericht vom EULAR 2019 in Madrid Auch bei der axialen Spondyloarthritis (axSpA) gewinnt das Therapieprinzip der Interleukin (IL)-17-Inhibition zunehmend an Bedeutung – so eine wichtige Erkenntnis vom EULAR-Kongress. Erstmals wurde eine Therapiestudie mit dem IL-17A-Inhibitor Secukinumab gezielt zu Psoriasis-Arthritis (PsA)-Patienten mit axialer Beteiligung durchgeführt. Auf großes Interesse in Sachen PsA stieß eine Head-to-head-Studie, in der die IL-17A- und TNFα-Inhibition mit Ixekizumab und Adalimumab miteinander verglichen wurden. Als neues Wirkprinzip bei PsA könnte sich in Zukunft die IL-23-Hemmung herauskristallisieren.

IL-17 Inhibitoren auch bei axSpA im Anmarsch Neben dem bereits für die röntgenologische axSpA (ankylosierende Spondylitis, AS) zugelassenen IL-17A-Inhibitor Secukinumab und dem kurz vor der Zulassung stehenden Ixekizumab, befinden sich drei weitere IL-17-Inhibitoren in der Entwicklung für diese Indikation: Bimekizumab, Brodalumab und Netakimab. Bimekizumab – ein monoklonaler Antikörper gegen IL-17A und F – wurde in der Phase-IIb-Studie BE AGILE bei der röntgenologischen axSpA untersucht. (1) Insgesamt 303 Patienten mit aktiver AS (BASDAI ≥4; Rückenschmerzen ≥4 [0-10 Skala]) wurden 1:1:1:1:1 auf subkutanes Bimekizumab 16 mg, 64 mg, 160 mg, 320 mg oder Placebo alle 4 Wochen für 12 Wochen randomisiert. Zu Woche 12 erreichten signifikant mehr Bimekizumab-behandelte Patienten den primären Endpunkt eines ASAS40-Ansprechens (Abb. 1). Auch alle relevanten sekundären Endpunkte wurden erreicht. So zeigten 23,0 % (16 mg) bis 47,5 % (320 mg) der Teilnehmer eine Reduktion des BASDAIScores um 50 %, unter Placebo waren es 11,7 %. Der entsprechende mittlere Rückgang des BASDAI bewegte sich zwischen 1,7 und 2,9 Punkten gegenüber 1,0 im Placeboarm. Zwei PhaseIII-Studien mit Bimekizumab bei der nicht-röntgenologischen und röntgenologischen axSpA sind bereits auf dem Weg.

50

* p<0,05 vs. Placebo ** p<0,001 vs. Placebo

46,7**

45,9**

42,6*

ASAS40-Ansprechen (%)

40 29,5*

30

20 13,3 10

0

Placebo

BKZ 16 mg

BKZ 64 mg

BKZ 160 mg

BKZ 320 mg

Abb. 1: BE-AGILE-Studie: ASAS40-Ansprechen von AS-Patienten auf Bimekizumab (BKZ) vs. Placebo in Woche 12 (1)

Prof. Dr. Denis Poddubnyy Brodalumab ist ein monoklonaler Antikörper, der sich an den IL-17-Rezeptor bindet und dadurch die biologische Aktivität der proinflammatorischen Zytokine IL-17A, IL-17F, IL-17A/F-Heterodimer und IL-25 (auch IL-17E genannt) hemmt. Brodalumab ist in Deutschland für die Behandlung der Psoriasis zugelassen. Die Weiterentwicklung in anderen Indikationen wurde aufgrund von beobachteten Fällen von suizidalem Verhalten durch den ursprünglichen Medikamentenentwickler eingestellt und erst vor Kurzem wiederaufgenommen. In Madrid wurden Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit Brodalumab bei axSpA vorgestellt, die in Asien (Japan, Südkorea und Taiwan) durchgeführt wurde. (2) Insgesamt wurden 159 Patienten mit axSpA (röntgenologische als auch nicht-röntgenologische Formen) 1:1 zu Brodalumab 210 mg oder Placebo subkutan (Woche 0, 1 und 2, danach alle 2 Wochen) randomisiert. Das ASAS40-Ansprechen in Woche 16 war in der Brodalumab-Gruppe (43,8 %) signifikant höher als in der Placebogruppe (24,1 %; p=0,018). Es ist anzumerken, dass im Rahmen der Studie eine ungewöhnlich hohe Placeboantwort-Rate gesehen wurde. Es wurden keine suizidalen Gedanken oder Verhaltensweisen beobachtet. Netakimab ist eine weitere IL-17-hemmende Substanz (ein monoklonaler Antikörper gegen IL-17A), die gegenwärtig bei der axSpA untersucht wird. In Rahmen der auf dem EULAR-Kongress vorgestellten ASTERA-Studie wurden 228 AS-Patienten 1:1 randomisiert, um Netakimab 120 mg oder Placebo subkutan zu Woche 0, 1, 2 und danach alle 2 Wochen bis Woche 16 zu erhalten. Der primäre Endpunkt wurde erreicht mit einem


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Axiale Beteiligung bei der PsA Patienten mit Psoriasis-Arthritis weisen ebenfalls häufig eine Beteiligung des Achsenskeletts auf. Der erste Versuch, im Rahmen einer Therapiestudie diese Patientengruppe gezielt zu adressieren, wurde jetzt in Madrid vorgestellt. (4) In der MAXIMISE-Studie wurden 498 Patienten mit PsA mit axialer Beteiligung (definiert als BASDAI ≥4 plus Rückenschmerz ≥40 auf einer 0-100 Skala) 1:1:1 auf subkutanes Secukinumab 300 mg, Secukinumab 150 mg oder Placebo für 12 Wochen randomisiert. Bedauerlicherweise wurde im Rahmen der Studie keine objektive Bestätigung der axialen Beteiligung gefordert, sodass unklar ist, wie viele der eingeschlossenen Patienten tatsächlich eine entzündliche axiale Beteiligung hatten. Der primäre Endpunkt der Studie wurde erreicht: Signifikant mehr Patienten unter Secukinumab 300 und 150 mg zeigten in Woche 12 ein ASAS20-Ansprechen verglichen mit Placebo (63,1 und 66,3 % vs. 31,3 %; je p<0,0001). Wie groß der Beitrag der axialen Symptome (Rückenschmerzen) für diese Verbesserung tatsächlich war, lässt sich derzeit aber nur schwer beurteilen.

Neue und alte Therapieoptionen für die PsA Im Rahmen eines Late-breaking-Beitrags wurden Phase-II-Daten zu Tildrakizumab (ein monoklonaler Antikörper gegen IL23) bei der PsA präsentiert. (5) Patienten mit aktiver PsA wurden randomisiert 1:1:1:1:1 zu Tildrakizumab (200 mg einmal alle 4 Wochen (n=78), 200 mg alle 12 Wochen (n=79), 100 mg alle 12 Wochen (n=77), 20 mg alle 12 Wochen (n=78) bis Woche 24 oder Placebo alle 4 Wochen bis Woche 24 (n=79). Unter Tildrakizumab zeigten Patienten signifikant höhere ACR20/50/70und PASI-Ansprechraten verglichen mit Placebo zu Woche 24. Am besten schnitten die 200 mg-Dosierungen alle 4 bzw. 12 Wochen ab mit einem ACR20/50/70-Ansprechen von bis zu 79,5, 52,6 und 29,1 %, ein PASI75/90-Ansprechen erreichten bis zu 79,6 bzw. 50,0 % der Patienten in diesen Therapiearmen. Es ist davon auszugehen, dass das Medikament nun im Rahmen einer Phase-III-Studie bei der PsA untersucht wird. In einer Head-to-Head Studie (SPIRIT-H2H), die ebenfalls als ein Late-Breaker-Beitrag präsentiert wurde, wurde die Wirksamkeit des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab mit der des TNFαInhibitors Adalimumab bei Patienten mit aktiver PsA verglichen. (6) Insgesamt wurden 566 Patienten 1:1 zu Ixekizumab oder Adalimumab randomisiert. Der Anteil der Patienten, die sowohl ein ACR50- als auch PASI100-Ansprechen erreichten (der primärer Endpunkt), war für Ixekizumab signifikant höher als für Adalimumab (36 vs. 28 %; p<0,05). Das kam aber offensichtlich durch das bessere PASI100-Ansprechen auf Ixekizumab zustande, da die ACR50-Ansprechraten zwischen den Behandlungsgrippen vergleichbar waren (Abb. 2).

39

Im Rahmen einer weiteren Studie wurde das Ansprechen auf eine Methotrexat (MTX)-Monotherapie, Etanercept-Monotherapie und Methotrexat-Etanercept-Kombination bei Patienten mit aktiver PsA untersucht. (7) Diese wurden für 48 Wochen in drei Gruppen randomisiert: Etanercept 50 mg + MTX 20 mg wöchentlich (Kombi; n=283), Etanercept 50 mg + Placebo wöchentlich (ETN-Mono; n=284) oder MTX 20 mg + Placebo wöchentlich (MTX-Mono; n=284). Die ACR20- (der primäre Endpunkt) und Minimal Disease Activity (MDA)-Antworten zu Woche 24 (sowie zu Woche 48) waren signifikant höher mit ETN-Mono versus MTX-Mono sowie mit Kombi versus MTXMono; die ETN-Mono- und Kombi-Gruppe zeigten ähnliche Ansprechraten. Somit brachte eine Kombination aus einem TNFα-Inhibitor und Methotrexat keine Vorteile gegenüber der Monotherapie mit einem TNFα-Inhibitor. Gleichzeitig zeigte die Methotrexat-Monotherapie eine beträchtliche klinische Wirksamkeit, obgleich diese geringer war im Vergleich zur AntiTNF-Therapie. m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 193 (OP0231) 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 195 (OP0234) 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 193-194 (OP0232) 4 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 195-196 (OP0235) 5 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 78-79 (LB0002) 6 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 261 (LB0005) 7 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 129 (OP0111) Prof. Dr. med. Denis Poddubnyy Leiter der Rheumatologie am Campus Benjamin Franklin – Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Hindenburgdamm 30, 12203 Berlin

p<0,01 60

40 30

60

Ixekizumab (n=283) Adalimumab (n=283) 51

50

Patienten (%)

ASAS40-Ansprechen von 40,3 % in der Netakimab-Gruppe verglichen mit lediglich 2,6 % bei den Patienten der Placebogruppe (p<0,001). (3)

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

47

47

p<0,05 36 28

20 10 0

ACR50 + PASI100

ACR50

PASI100

Abb. 2: SPIRIT-H2H-Studie: Primärer (ACR50- und PASI 100-Ansprechen) und wichtige sekundäre Endpunkte in Woche 24 unter Ixekizumab vs. Adalimumab (6)


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EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

PSORIASIS-ARTHRITIS

Neue EULAR-Leitlinie zum Therapiemanagement und direkte Vergleichsstudie im Fokus Ein Höhepunkt des EULAR-Kongresses in Madrid waren sicherlich die Ergebnisse der SPIRIT-H2H-Studie, die im primären und vielen sekundären Endpunkten signifikante Vorteile für Ixekizumab versus Adalimumab auswies und dem Therapieprinzip der IL-17A-Inhibition bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) weiter Aufwind verleihen wird. Dafür sprechen auch erste Daten der MAXIMISEStudie, die Secukinumab auch bei axialer PsA eine gute Wirksamkeit attestieren. Auch die selektive IL-23-Hemmung nimmt nach positiven Phase-II-Daten für Tildrakizumab weiter Fahrt auf. Die Vielzahl an neuen Erkenntnissen zur PsA bewog die EULAR dazu, ihre Empfehlungen zu aktualisieren -eine gewisse Annäherung an die GRAPPA-Empfehlungen ist dabei unverkennbar.

Zunächst zu den mit heißer Nadel gestrickten, noch nicht abschließend konsentierten EULAR-Empfehlungen zum Management der PsA, deren aktueller, noch vorläufiger Stand auf einer Leitlinien-Session von Laure Gossec, Paris (Frankreich), vorgetragen wurde. Während sich die übergreifenden Prinzipien kaum ändern – es wird jetzt noch stärker der Augenmerk auf die unterschiedlichen PsA-Manifestationen gerichtet – gibt es bei den spezifischen Empfehlungen ein gewisses Abrücken von der rein hierarchischen Struktur hin zu einem (wie bei der GRAPPA) stärker Domänen-orientierten Ansatz, der zwar die Haut etwas außen vor lässt, aber stärker zwischen Oligo- und Polyarthritis, enthesialer und axialer PsA differenziert. Bei Polyarthritis wird als erstes csDMARD eindeutig Methotrexat (MTX) präferiert, nach csDMARD-Versagen, egal ob bei Poly- oder Oligoarthritis, sind bDMARDs gefragt, bei relevanter Hautbeteiligung gibt es eine Präferenz für IL-17- oder IL-12/23-Inhibitoren. Führen cs- und bDMARDs nicht zum Erfolg, wird zu JAK-Inhibitoren geraten. Bei milder Erkrankung wird nach csDMARD-Versagen, wenn bDMARDs unangemessen erscheinen, Apremilast empfohlen. Bei Enthesitis und axialer PsA werden nach NSAR bDMARDs empfohlen, bei axialer Beteiligung präferenziell TNFα-Inhibitoren (bei relevanter Psoriasis komp<0,01 50

Ixekizumab (n=283) Adalimumab (n=283)

48

40

Patienten (%)

35 p<0,05

30

27

20

18

p<0,01 29

19

10

0

MDA

DAPSA-Remission ≤4

PASDAS-VLDA ≤1,9

Abb. 1: SPIRIT-H2H-Studie: Minimale Krankheitsaktivität (MDA), DAPSA-Remission und PASDAS-VLDA in Woche 24 unter Ixekizumab vs. Adalimumab (1)

men wieder eher IL17- und ggf. IL-12/23-Hemmer ins Spiel). Auch zum Tapering oder zur Situation nach bDMARD- (und ggf. tsDMARD)-Versagen gibt es Hinweise. Auf die Vollpublikation mit einem deutlich veränderten Therapiealgorithmus, mit der aber wohl frühestens Ende des Jahres oder wahrscheinlicher in 2020 zu rechnen ist, kann man gespannt sein.

SPIRIT-H2H: Vorteile von Ixekizumab versus Adalimumab Die Ergebnisse der mit Spannung erwarteten 52-wöchigen, randomisierten, open-label, Studienarzt-verblindeten, Parallelgruppenstudie SPIRIT-H2H zum Head-to-head-Vergleich des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab mit dem etablierten TNFαInhibitor Adalimumab stellte Philip J. Mease, Seattle (USA), als Late breaking-Abstract vor. In die Studien waren 566 Patienten (mittleres Alter 48 Jahre, Krankheitsdauer ca. 6 Jahre) mit aktiver PsA (≥3 TJC + ≥3 SJC; im Mittel SJC 10, TJC 20) und Plaque-Psoriasis (≥3 % Körperoberfläche, BSA; mittlerer PASI knapp 8) eingeschlossen worden, die noch bDMARD-naiv waren und auf eine csDMARD-Therapie nur unzureichend angesprochen hatten (ca. 70 % erhielten eine Begleittherapie mit einem csDMARD, in der Regel war dies MTX). Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 für 52 Wochen auf Ixekizumab oder Adalimumab randomisiert, wobei die Höhe bzw. Frequenz der jeweiligen On-label-Dosierung auf dem Vorliegen oder NichtVorliegen einer mäßigen bis starken Psoriasis ausgerichtet wurde. Primärer Endpunkt war der Nachweis der Überlegenheit von Ixekizumab versus Adalimumab im gleichzeitigen Erreichen eines ACR50- und PASI 100-Ansprechens in Woche 24. Wichtige sekundäre Endpunkte waren wiederum in Woche 24 der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit von Ixekizumab im ACR50-Ansprechen (Nicht-Unterlegenheits-Marge -12 %) und einer Überlegenheit beim Erreichen des PASI 100-Kriteriums. Alle primären und die wichtigsten sekundären Endpunkte wurden von Ixekizumab erfüllt: So erreichten 36 vs. 28 % der Patienten in Woche 24 ein kombiniertes ACR50- und PASI 100-Ansprechen (p<0,05), demonstriert wurde auch die Nicht-Unterlegenheit im ACR50- (51 vs. 47 %) und Überlegenheit beim PASI 100-Ansprechen (60 vs. 47 %; p<0,01). Auf


EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Alles in Allem boten diese Ergebnisse beim Quervergleich der bisherigen Studien keine große Überraschung, wobei die Wahl des strengen Outcome-Kriteriums durchaus Lob verdient, selbst wenn durch die PASI 100-Komponente der Ausgang natürlich in Richtung Ixekizumab beeinflusst wurde. Interessant wird sein, wie die derzeit noch laufende Head-to-head-Studie EXCEED von Secukinumab versus Adalimumab ausgehen wird, wo der primäre Endpunkt tatsächlich rein auf die Gelenke abzielt, wenn auch mit der hohen 300 mg-Dosis von Secukinumab und dem weniger ambitionierten ACR20-Ansprechen in Woche 52 als Zielkriterium.

Axiale PsA: Secukinumab punktet in MAXIMISE-Studie In Sachen Secukinumab sei zunächst kurz auf die ebenfalls von Philip J. Mease als Late breaker vorgestellten, anhaltend positiven 2-Jahres-Daten aus der FUTURE 5-Studie sowohl zum klinischen Ansprechen als auch zur Hemmung der radiologischen Progression verwiesen. Bei 89,5 % der mit Secukinumab 300 mg über zwei Jahre behandelten PsA-Patienten kam es zu keiner radiologischen Progression (mTSS <0,5), unter der 150 mg-Dosierung bei 82,3 %. 77 bzw. 51,9 % erreichten unter 300 mg Secukinumab nach zwei Jahren ein ACR20/50-Ansprechen und 70,1 und 49,5 % ein PASI 90/100-Ansprechen, unter der 150 mg-Dosierung waren es 79,4 und 52,6 % (ACR20/50) bzw. 59,2 und 44,2 % (PASI 90/100). (2) Noch interessanter waren die ersten Ergebnisse der von Xenofon Baraliakos, Herne, präsentierten doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIIb-Studie MAXIMISE, in die für 52 Wochen 498 Patienten mit aktiver PsA (CASPAR-Kriterien) und klinisch diagnostizierter axialer Beteiligung (WirbelsäulenSchmerz VAS >40/100; im Mittel 73) und BASDAI ≥4 (im Mittel 7,3) trotz vorheriger Therapie mit ≥2 NSAR eingeschlossen wurden. Bei 30-70 % der PsA-Patienten kann auch das Achsenskelett betroffen sein, Klassifikationskriterien (ASAS und GRAPPA arbeiten derzeit daran) hierfür fehlen aber ebenso wie eindeutige Evidenz aus klinischen Studien. Aufgrund der guten Wirksamkeit von IL-17A-Inhibitoren sowohl bei PsA als

auch ankylosierender Spondylitis (AS) lag für die Durchführung einer ersten solchen Studie in einem Kollektiv mit axialer PsA die Wahl von Secukinumab als Prüfsubstanz nahe. Die Patienten waren im Verhältnis 1:1:1 auf s.c. Secukinumab 300 mg oder 150 mg oder Placebo wöchentlich für 4 Wochen und dann alle 4 Wochen randomisiert worden. In Woche 12 wurden die Placebo-Patienten auf Secukinumab 300 oder 150 mg re-randomisiert. Der primäre Endpunkt war das ASAS20-Ansprechen auf Secukinumab 300 mg in Woche 12, als sekundärer Endpunkt war nach Nachweis der Überlegenheit von Secukinumab 300 mg im ASAS20-Ansprechen in Woche 12 festgelegt worden. Beide Endpunkte wurden signifikant erreicht: So betrug in Woche 12 das ASAS20-Ansprechen 63,1 % unter der 300 mg- und 66,3 % unter der 150 mg-Dosis ( je p<0,0001) versus 31,3 % im Placebo-Arm (Abb. 2). Das Ergebnis war mit (65,1 und 67,3 vs. 33,9 %) und ohne Begleittherapie mit MTX (60,5 und 64,4 vs. 27,1 %) vergleichbar, ebenso das Sicherheitsprofil. Genaueres wird sich erst mit den vollumfänglichen Daten über 52 Woche sagen lassen, jedoch belegt die erste randomisierte, kontrollierte Studie zur axialen PsA überhaupt eine rasche, signifikante Verbesserung der Symptomatik durch den IL-17A-Inhibitor, wobei – ähnlich wie bei AS – womöglich die 150 mg-Dosierung ausreichen könnte. (3)

IL-23-Inhibitor Tildrakizumab überzeugt in Phase-II-Studie Bereits am ersten Kongresstag hatte wiederum Philip J. Mease die Ergebnisse einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-II-Dosisfindungsstudie zu dem hochaffinen Anti-IL-23p19 monoklonalen Antikörper Tildrakizumab präsentiert, der nach 24 Wochen mit überzeugenden Daten aufwartete. Insgesamt 391 Patienten mit aktiver PsA (mittlere Krankheitsdauer knapp 7 Jahre, SJC 10, TJC 20, PASI ca. 7) wurden im Verhältnis 1:1:1:1:1 auf Tildrakizumab s.c. 200 mg alle 4 Wochen (Q4W), 200 mg alle 12 Wochen (Q12W), 100 mg Q12W, 20 mg Q12W bis Woche 24 oder Placebo Q4W bis Woche 24 →

100

Secukinumab 300 mg s.c. (n=164) Secukinumab 150 mg s.c. (n=157) Placebo (n=164)

80 ASAS20-Ansprechen (%)

Augenhöhe waren die beiden bDMARDs in Woche 24 auch in puncto ACR20/70, Daktylitis (LDI-Basic), signifikante Vorteile bot Ixekizumab jedoch im PASI75/90 sowie bei der vollständigen Resolution der Enthesitis (SPARCC Enthesitis-Index =0: 57 vs. 45 %; p<0,05) sowie im Hinblick auf mehrere, die PsAManifestationen in der Gesamtheit besser abdeckenden Komposit-Scores. So erreichten mit 48 vs. 35 % signifikant mehr der mit Ixekizumab behandelten Teilnehmer das Treat-to-target (T2T)-Zielkriterium einer minimalen Krankheitsaktivität (MDA; p<0,01) sowie eine DAPSA-Remission ≤4 (27 vs. 18 %; p<0,05) und PASDAS-VLDA ≤1,9 (29 vs. 19 %; p<0,01) (Abb. 1). Gerade diese Befunde liefern letztlich gute Argumente zugunsten des IL-17A-Inhibitors, vor allem dann, wenn eine relevante Psoriasis und/oder eine Enthesitis vorliegen, zumal keine neuen Sicherheitssignale erkennbar waren. (1)

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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

66,3 60

63,1

40 31,3

20

0

4

8 Zeit (Wochen)

Abb. 2: MAXIMISE-Studie: ASAS20-Ansprechen in Woche 12 auf Secukinumab 300 und 150 mg vs. Placebo (2)

12


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

randomisiert. Gestattet war zuvor max. eine Anti-TNF- (ca. 23 % der Fälle), nicht aber Anti-IL-17 oder -IL-12/23-Therapie, ebenso eine stabile Begleittherapie mit NSAR, Prednison und MTX oder Leflunomid. Primärer Endpunkt war das ACR20Ansprechen in Woche 24, sekundäre Zielkriterien waren u. a. ACR50/70, PASI 75/90 und der SJC/TJC in Woche 24 sowie therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse (TEAE).

chend zu sein, das Q4W-Regime brachte nur marginale zusätzliche Vorteile. (4) Von einer weiteren Evaluation des IL-23-Inhibitors in einer größeren Phase-III-Studie dürfte somit sicher auszugehen sein.

Im Ergebnis zeigte sich in Woche 24 ein signifikant besseres Ansprechen auf Tildrakizumab versus Placebo im ACR20/50/70und PASI 75/90-Ansprechen, mit teils klaren Vorteilen bereits ab Woche 8. Am besten schnitt in puncto Gelenke meistens die 200 mg Q4W-Dosis (knapp gefolgt von 200 mg Q12Q) ab, mit einem ACR20-Ansprechen von 79,5 % (Abb. 3) sowie einem ACR50 bzw. 70 von 52,6 und 28,2 %. Beim PASI 75/90 war sogar die 200 mg Q12W-Dosis am effektivsten (79,6 bzw. 50,0 %). Auch Schmerzen und Enthesitis wurden signifikant gebessert, ohne dass es zu nennenswerten TEAE kam – die Verträglichkeit war gut. Angesichts des geringen Unterschieds in der Wirksamkeit scheint die 12-wöchentliche Gabe ausrei-

Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass die PsA weiter einen ausgesprochenen Boom im Hinblick auf die Verfügbarkeit neuer Therapien erlebt. So könnte noch vor Tildrakizumab – positive Phase-III-Daten vorausgesetzt, die IL-23-Hemmung in Form von Guselkumab das Therapiearsenal weiter bereichern, ebenso gespannt kann man auf die Phase-III-Studien zum dualen IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab und zum JAK-1-Inhibitor Filgotinib (die beide auch bei AS vielversprechende Kandidaten sind) sein. Apropos axiale Spondyloarthritis: hier gab es auf dem EULAR jenseits neuer Daten zur Bildgebung nur relativ wenig Neues zu berichten, zumal zwei positive Phase-III-Studien zu den beiden IL-17-Inhibitoren Brodalumab und Netakimab für Europa wohl letztlich keine Relevanz entfalten, da eine Zulassung für den ersteren nur in Asien und den letzteren nur in Russland angestrebt wird. Als nächste Schritte zu erwarten sind hierzulande die Zulassung von Ixekizumab bei zunächst AS und in der Folge dann wohl auch der nicht-radiografischen axialen SpA (positive Top-line-Ergebnisse aus COAST-X wurden bereits vorab gemeldet, genauere Daten dürften wohl auf dem ACR 2019 zu erwarten sein). Auch zu Secukinumab stehen in nächster Zeit Phase-III-Daten zur nicht-radiografischen axSpA in Aussicht. m

80

79,5

71,4

70 ACR20-Ansprechen (%)

77,2

73,1

60 50,6

50 40 30

Was es sonst noch vom EULAR zu berichten gibt…

20 10

6,1

0 Tildrakizumab 200 mg q4w

Tildrakizumab Tildrakizumab 200 mg 100 mg q12q q12w

Tildrakizumab 20 mg q12w

Placebo

Abb. 3: Phase-II-Studie: ACR20-Ansprechen in Woche 24 auf Tildrakizumab oder Placebo (3)

Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 261 (LB0005) 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 262 (LB0006) 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 195-196 (OP0235) 4 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 78-79 (LB0002)


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BILDGEBUNG IN DER RHEUMATOLOGIE

Aktuelles vom EULAR 2019 in Madrid Auch beim diesjährigen EULAR-Kongress in Madrid war die Bildgebung in der Rheumatologie wieder ein Schwerpunktthema. Im Abstractband finden sich unter dem Suchbegriff „Imaging“ 478 Einzelbeiträge. Von besonderem Interesse war eine MRT-Studie zur Frühdiagnostik der axialen Spondyloarthritis (axSpA).

Eine Arbeitsgruppe um Xenofon Baraliakos, Herne, ging in einer prospektiven Studie der klinisch relevanten Frage nach, welche im MRT nachweisbaren Läsionen an den Sakroiliakalgelenken (SI) bei axialer SpA von differenzialdiagnostischem Wert sind. (1) Bei 131 (43,7 %) von 300 konsekutiv eingeschlossenen Patienten diagnostizierten Rheumatologen eine axSpA. 99 davon erfüllten die ASAS-Klassifikationskriterien (75,6 %). Bei 97 von 162 Patienten stimmten Rheumatologen und Radiologen in der Diagnose einer axSpA und non-axSpA überein (86,3 %). Bei 34 von 131 (28,1 %) diagnostizierten Rheumatologen eine axSpA, was von radiologischer Seite nicht bestätigt werden konnte.

MRT: Knochenmarködem allein zu unspezifisch für axSpA-Diagnose Ein Knochenmarködem (BME) als einziges diagnostisches MRT-Kriterium war für Radiologen (in Übereinstimmung mit der rheumatologischen Diagnose) nur in 7 von 97 Fällen (7,2 %) ausschlaggebend, während chronische SI-Läsionen alleine in 30 von 97 (30,9 %) und in Kombination mit den BME in 60 von 97 Fällen (61,9 %) differenzialdiagnostisch wegweisend waren. Während sich die Sensitivität von BME für die axSpA-Diagnose nicht veränderte, stieg die Spezifität bei zusätzlichem Vorliegen chronischer Läsionen an (z. B. von 63,3 % auf 95,3 bzw. 94,1 % in Kombination mit „fatty lesions“ bzw. Erosionen). Die Autoren schließen daraus, dass die Kombination frischer (BME) und chronischer SI-Läsionen am aussagekräftigsten für die Diagnose einer axSpA ist, während der alleinige Nachweis von BME diagnostische Unsicherheit in sich birgt. Eine ungarische Gruppe um Zsofia Kardos untersuchte in ihrer Studie die Häufigkeit der atlantoaxialen Beteiligung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), der nach aktueller Datenlage zweithäufigsten Gelenkmanifestation nach den kleinen Finger- und Zehengelenken. (2) 49 Patientinnen ohne neurologische oder zervikale Beschwerden unterzogen sich einer MRT-Untersuchung der Halswirbelsäule. Gleichmäßig auf alle therapeutischen Subgruppen (csDMARD oder bDMARD) verteilt, konnte bei 26,5 % eine atlantoaxiale Mitbeteiligung nachgewiesen werden. Prädiktiv ( jedoch nicht statistisch signifikant) waren eine erhöhte Krankheitsaktivität (DAS28), BKS, CRP, RF und CCP-Antikörper sowie eine frühe erosive Erkrankung. Die Autoren weisen auf die Bedeutung der atlantoaxialen Manifestation bei RA-Patienten auch ohne klinische Symptomatik hin, deren Fortschreiten durch eine Behandlung mit csDMARDs oder bDMARDs verhindert werden kann.

Prof. Dr. Herbert Kellner Portugiesische Rheumatologen um Ana C. Duarte untersuchten in einer retrospektiven Auswertung die Häufigkeit und Art der Lungenmanifestation beim primären Sjögren-Syndrom (pSS), die auf 10-20 % geschätzt wird und meist mit einer gesteigerten Morbidität und Mortalität einhergeht. (3) 137 Patienten (131 Frauen) wurden in die Studie eingeschlossen. Bei 17 Patienten (12,4 %) konnte nach durchschnittlich zwei Jahren Krankheitsdauer eine Lungenmanifestation nachgewiesen werden, in 9 Fällen eine ILD 9 (52,9 %), 6 mit isolierten Bronchiektasen (35,3 %) und 2 mit Bronchiolitis (11,8 %). Als prädiktiv erwiesen sich das Alter zum Zeitpunkt der pSS-Diagnose (p=0,04) und eine konstitutionelle Beteiligung im Verlauf (p<0,001). 6 der 9 Patienten mit ILD wurden mit Immunsuppressiva behandelt (CYC, AZA, MMF, RTX), bei 5 stabilisierte sich die Lungenbeteiligung, ein Patient verstarb unter der immunsuppressiven Therapie. Die Autoren konnten die geschätzte Häufigkeit einer Lungenbeteiligung bei pSS somit bestätigen und weisen auf den positiven Einfluss einer immunsuppressiven Therapie hin. m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 255-256 (OP0344) 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1622 (AB0329) 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 1714-1715 (AB0503)

Prof. Dr. med. Herbert Kellner Schwerpunktpraxis für Rheumatologie und Gastroenterologie und Ärztlicher Leiter der Abteilung Rheumatologie Romanstr. 9, 80639 München


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RIESENZELL- UND TAKAYASU-ARTERIITIS

Aktualisierte EULAR-Leitlinie zu Großgefäßvaskulitiden vorgestellt Die letzten EULAR-Empfehlungen zum Management von Großgefäßvaskulitiden (LVV), sprich Riesenzell-Arteriitis (RZA) und Takayasu-Arteriitis (TA), stammten aus dem Jahr 2009. Angesichts zahlreicher neuer Studien- und Registerdaten vor allem zur RZA war ein Update daher überfällig. Die Anfang Juli online publizierte Fassung, die den EULAR-SOPs entsprechend auf systematischen Literaturreviews und einem eingehenden Abstimmungsprozess beruht, wurde vorab in Madrid von Bernhard Hellmich, Kirchheim/Teck, stellvertretend für eine 20-köpfige EULAR Task Force aus 13 Ländern vorgestellt.

Neu etabliert wurden nicht zuletzt drei übergreifende Prinzipien. So sollte LVV-Patienten eine bestmögliche Versorgung offeriert werden, die auf einer gemeinsamen Entscheidung von Patienten und Rheumatologen unter Berücksichtigung von Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten basieren muss. Patienten sollten Zugang zu Schulungsmaßnahmen haben, die auf die Auswirkungen von LVV, deren Hauptwarnsymptomen und Behandlung einschließlich therapieassoziierter Komplikationen fokussieren sollte. LVV-Patienten sollten überdies auf therapiebedingte und kardiovaskuläre Komorbiditäten gescreent werden und bei Bedarf eine Prophylaxe und Lebensstilberatung zur Reduktion dieser Risiken erhalten.

Zehn spezifische Empfehlungen im Überblick Folgende Empfehlungen werden ausgesprochen, die insbesondere einige Neuerungen zur Frühdiagnose, multidisziplinärem Management, dem Vorgehen bei Rezidiven und im Hinblick auf Begleittherapien zu Steroiden enthalten. Alle Patienten mit Zeichen und Symptomen, die den V. a. eine RZA begründen, sollten (aufgrund des potenziell drohenden Visusverlusts) mit hoher Dringlichkeit an ein spezialisiertes Team zum weiteren diagnostischen Work-up und Management überwiesen werden. Fast identisch ist der Wortlaut für TA-Patienten, hier bleibt jedoch für die Zuweisung etwas mehr Zeit. Bei V. a. eine LVV sollte die Diagnose bestätigt werden entweder durch Bildgebung (Ultraschall oder MRT für Temporal-/andere kraniale Arterien bzw. Ultraschall, CT, PET-CT oder MRT der Aorta/ extrakranialer Arterien) oder die Histologie (Temporalarterienbiopsie). Für Details wird hier auf die jüngsten EULARLeitlinien zur Bildgebung bei LVV von Dejaco et al. verwiesen (Ann Rheum Dis 2018; 77(5): 636-643), bei V. a. RZA sollte die Diagnostik den Therapiebeginn aus dem genannten Grund aber nicht verzögern. Zur Remissionsinduktion bei aktiver RZA/TA sollte sofort eine hochdosierte Glukokortikoid (GK)-Therapie (40-60 mg/Tag Prednisonäquivalent) eingeleitet werden. Sobald die Erkrankung unter Kontrolle ist, wird ein Tapering der GK-Dosis auf eine Zieldosis von 15-20 mg/Tag binnen 2-3 Monaten empfoh-

Prof. Dr. Bernhard Hellmich len und dann auf ≤5 mg/Tag (RZA) bzw. ≤10 mg/Tag (TA) nach einem Jahr. Eine Begleittherapie mit Tocilizumab sollte bei selektierten RZA-Patienten (refraktäre Erkrankung oder wiederholte Rezidive, bei gegebenem oder erhöhtem Risiko für GKassoziierte Nebenwirkungen oder Komplikationen) eingesetzt werden. Als eine Alternative zum IL-6-Inhibitor wird Methotrexat empfohlen. Nicht-biologische DMARDs sollten in Kombination mit GK alle TA-Patienten erhalten, Tocilizumab oder TNFαInhibitoren können in Fällen einer refraktären Erkrankung oder bei wiederholten Rezidiven trotz einer csDMARD-Therapie erwogen werden. Im Fall eines schweren Rezidivs (mit entweder Zeichen oder Symptomen einer Ischämie oder progressiven Gefäßentzündung) wird die Wiederaufnahme oder Dosiseskalation der GK-Therapie empfohlen – analog zum Vorgehen bei einer Ersterkrankung. Bei leichteren Rezidiven wird ein Anheben der GK-Dosis auf mindestens das Niveau der letzten effektiven Dosis empfohlen. Die Einleitung oder Modifizierung einer Begleittherapie sollte insbesondere nach mehreren Krankheitsschüben erwogen werden. Neu ist auch, dass eine Antiplättchen- oder Antikoagulationstherapie nicht routinemäßig zur Behandlung von LVV-Patienten angewendet werden sollte, es sei denn, eine solche ist aus anderen Gründen (z. B. KHK etc.) indiziert. In speziellen Situa-


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tionen wie vaskulären ischämischen Komplikationen oder bei hohem kardiovaskulären Risiko, können solche Therapien auf individueller Basis erwogen werden. Elektive endovaskuläre Interventionen sollten bei LVV-Patienten in Phasen einer stabilen Remission durchgeführt werden. Dessen ungeachtet bedürfen eine Aortendissektion oder kritische vaskuläre Ischämien der dringlichen Überweisung an ein Gefäßzentrum. Abschließend wird ein regelmäßiges Follow-up und Monitoring von LVV-Patienten empfohlen, primär basierend auf den Symptomen, klinischen Befunden und ESR/CRP-Spiegeln. Wie üblich wurden die Empfehlungen separat für RZA (Abb. li.) und TA (Abb. re.) in Form eines Therapiealgorithmus zusammengefasst.

Die neuen Empfehlungen geben recht gut den aktuellen Wissenstand zur RZA und TA wieder, auch wenn – dies verdeutlichen die Diskussionen um die Folgedaten der GIACTA-Studie – im Falle einer erforderlichen Begleittherapie mit Tocilizumab noch viele Fragen z. B. im Hinblick auf die Therapiedauer offen sind. Die neue EULAR-Leitlinie 2018 zu LVV wurde kürzlich in den Annals of Rheumatic Diseases veröffentlicht. (1, 2) m

Riesenzell-Arteriitis

Takayasu-Arteriitis

Risiko für oder aktuelle GK-assoziierte Nebenwirkungen

RZA-assoziierte visuelle Symptome

Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 60 (SP0192) 2 Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-215672

PHASE 1

Diagnose einer aktiven RZA

Starte GK 40-60 mg/Tag und gehe direkt zu Phase II

Diagnose einer aktiven TA

Erwäge i.v. Methylprednisolon 0,25-1 g/Tag für 3 Tage

Starte GK 40-60 mg/Tag

Starte GK 40-60 mg/Tag

Reduziere GK auf 15-20 mg/Tag binnen 2-3 Monaten und dann auf <5 mg/Tag nach 1 Jahr

GKReduktion fortsetzen

Reduziere Tocilizumab oder Methotrexat

ja

Ziel erreicht?

Reduziere GK auf 15-20 mg/Tag binnen 2-3 Monaten und dann auf <10 mg/Tag nach 1 Jahr

GK-Reduktion fortsetzen

nein

Schweres Rezidiv

Leichtes Rezidiv

Erhöhe GK auf 40-60 mg/Tag

Erhöhe GK auf letzte effektive Dosis

ja

Ziel erreicht?

Erwäge Tocilizumab oder TNFa-Inhibitor

Reduziere GK (auf 0 bis Monat 6 auf Tocilizumab)

Reduziere GK

nein Ziel erreicht?

Konsultiere Expertenzentrum

nein

PHASE 2

Starte Tocilizumab (oder Methotrexat)

ja

Starte csDMARD

+

Reduziere Tocilizumab oder TNFa-Inhibitor

ja

Abb.: Therapieagorithmus zur Riesenzell-Arteriitis (links) und Takayasu-Arteriitis (rechts)

nein Ziel erreicht?

Schweres Rezidiv

Leichtes Rezidiv

Erhöhe GK auf 40-60 mg/Tag

Erhöhe GK auf letzte effektive Dosis

Konsultiere Expertenzentrum


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

RIESENZELL-ARTERIITIS

Langzeitdaten zu Tocilizumab aus zweitem Teil der GIACTA-Studie Nachdem es in Madrid kaum Neuigkeiten zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden gab, konzentrierte sich das Interesse auch jenseits der aktuellen EULAR-Empfehlungen zu den Großgefäßvaskulitiden fast gänzlich auf die Riesenzell-Arteriitis (RZA), zu der John H. Stone, Boston (USA), die Ergebnisse des zweiten Teils der Phase-III-Studie GIACTA vorstellte, die zur Zulassung von Tocilizumab in dieser Indikation geführt hatte. Trotz weiter positiver Daten bleiben aber unverändert viele Fragen offen.

Zur Erinnerung: In der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten GIACTA-Studie resultierte Tocilizumab 162 mg s.c. jede Woche (QW) oder alle 2 Wochen (Q2W) mit einem 26-wöchigen Prednison-Tapering nach 52 Wochen bei den untersuchten RZA-Patienten in höheren Raten einer anhaltenden Glukokortikoid (GK)-freien Remission im Vergleich zu Placebo plus 26- oder 52-wöchigem Prednison-Tapering. Im zweiten Teil der Studie wurden in einer 2-jährigen Extension nun die Langzeitwirksamkeit und -sicherheit des IL-6-Inhibitors erfasst. Nach Beendigung der doppelblinden Studienphase (die originale Verblindung wurde aber aufrechterhalten) wurde bei Patienten in klinischer Remission, definiert als kein Flare gemäß Einschätzung des Studienarztes, Tocilizumab vor Eingang in Teil 2 der Studie gestoppt. Im Falle eines Rezidivs konnte jederzeit Tocilizumab mit/oder ohne GK je nach Krankheitsstatus erneut gegeben und wieder abgesetzt werden. Im Fokus standen der Erhalt der klinischen Remission (kein Flare in Teil 2), die Zeit bis zum ersten Flare, die erhaltenen Therapien, die kumulative GK-Dosis sowie die Sicherheit.

Langfristige Remission in etwa 50 % der Fälle Von ursprünglich 250 Patienten gingen 215 in Teil 2 ein, 197 (92 %) konnten über die vollen 3 Jahre ausgewertet werden. Bei 47 bzw. 36 % der Patienten, die sich unter Tocilizumab QW bzw. Q2W in Woche 52 in Remission befanden, konnte diese durchgehend bis Woche 156 aufrechterhalten werden. Von diesen waren 65 % völlig behandlungsfrei (also ohne IL-

6-Inhibitor und Prednison) und damit deutlich mehr als in der Gruppe der früheren Placebo-Patienten (45 %), die ebenfalls in Remission blieben. Die mediane Zeit bis zum ersten Flare war markant länger in den ursprünglichen Tocilizumab-Gruppen (QW 575 Tage, Q2W 428 Tage) als bei Patienten der früheren Placebo-Gruppen (26- bzw. 52 wöchiges GK-Tapering 162 bzw. 295 Tage). Das langfristig beste Therapieergebnis wurde somit unter Tocilizumab 1x wöchentlich erzielt. Erfreulich war, dass eine Wiederbehandlung mit Tocilizumab (mit oder ohne GK) zu einer erneuten Remission führte. Die kumulative GK-Dosis war unter dem IL-6-Inhibitor nach drei Jahren mit 2.382 (QW) bzw. 2.863 mg erheblich niedriger als in den früheren Placebogruppen mit jeweils >5.000 mg. Neue Sicherheitssignale traten während der 3-jährigen Studienphase nicht auf. (1) Auf der Habenseite steht sicher, dass bei fast 50 % der Patienten unter Tocilizumab QW die Remission – zu 65 % sogar medikamentenfrei – auch nach drei Jahren bestehen blieb, dass in den doch recht vielen Fälle, wo dies nicht gelang, die Remission binnen 1-2 Wochen rasch wieder etabliert werden konnte und natürlich die viel geringere kumulative GK-Dosis. Für die tägliche Praxis stellt sich aber weiter die Frage, ob Tocilizumab (bei fehlenden klaren Markern für einen Flare) nach 52 Wochen abgesetzt und auf ein Rezidiv gewartet werden soll, ob das Absetzen auf individueller Basis erfolgen sollte, oder ob eine schrittweise Deeskalation erfolgversprechend wäre. Kurz eingegangen sei an dieser Stelle noch auf eine spanische, prospektive Real-world-Studie mit 134 refraktären RZAPatienten, die zusätzlich zu GK entweder eine Tocilizumab„Monotherapie“ (62,2 %) oder dieses in Kombination mit einem csDMARD (37,8 %; zu >90 % handelte es sich um Methotrexat) erhielten. Bei einem vergleichbaren steroidsparenden Effekt und ebenso ähnlichem Sicherheitsprofil wurde unter der Kombinationstherapie aus IL-6-Inhibitor und csDMARD gegenüber Tocilizumab allein sowohl nach 12 (82,4 vs. 51,4 %; p=0,006) als auch 24 Monaten (85 vs. 50 %; p=0,018) häufiger eine anhaltende Remission erreicht. (2) In der Praxiswirklichkeit könnte in therapierefraktären Fällen also durchaus ein kombiniertes Vorgehen mit Tocilizumab und MTX sinnvoll sein. m Quellen: 1 Ann Rheum 2019; 78(Suppl2): 145-146 (OP0140) 2 Ann Rheum 2019; 78(Suppl2): 252-253 (OP0339)


EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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KOLLAGENOSEN

Neues zu Systemischer Sklerose und SLE vom EULAR 2019 Nach 2013 und 2017 fand der diesjährige EULAR-Kongress wiederum in Madrid statt. Die Stadt glänzte dieses Mal nicht nur mit ihrer hervorragenden Infrastruktur (Metro und unterirdische S-Bahn), sondern auch mit einem sehr angenehmen Klima. Auf dem Sektor der Kollagenosen war wahrscheinlich die erfolgreiche Studie zur Anwendung von Nintedanib bei systemischer Sklerose (SSc) mit Lungenfibrose die wichtigste Neuigkeit. Mit einer Zulassung dieses neuen Wirkprinzips ist zu rechnen, wobei aber noch einige Fragen offen bleiben. Eher wenig Neues gibt es zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) zu berichten.

Eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD), welche nach einer entzündlichen, „alveolitischen“ Phase meist langsam progredient in eine Fibrosierung übergeht, ist bei der diffusen Form der SSc der Hauptrisikofaktor für eine erhöhte Mortalität. Aufgrund der fließenden Übergänge von entzündlichen zu irreversiblen Lungengerüstveränderungen sind Aktivität und Prognose sowie das Ansprechen auf eine antiinflammatorische Therapie schlecht abzuschätzen. Eine erste prospektive Studie aus dem Jahre 2006 zur Therapie einer frühen bzw. floriden ILD bei SSc, die Scleroderma Lung Study I, konnte eine zwar schwache, aber messbare durchschnittliche Verbesserung der Lungenfunktionsparameter durch Cyclophosphamid (CYC) aufzeigen, insbesondere gegenüber der Verschlechterung aufgrund des natürlichen Progresses einer (unbehandelten) Lungenbeteiligung bei SSc-ILD. (1) Aufgrund der Toxizität von CYC wurde die Therapie aber auf ein Jahr begrenzt und so ging dieser Effekt ohne Fortbehandlung nach ca. 2 Jahren meist wieder verloren. (2) 2016 wurde dann die Scleroderma Lung Study II, eine zweite prospektive, verblindet-randomisierte Studie vorgestellt, welche die Wirkung von Mycophenolat Mofetil (MMF; 3 g/Tag) über 2 Jahre im Vergleich zu oralem CYC (2 mg/kg/Tag) über ein Jahr auf Patienten mit SSc-ILD untersuchte. (3) Unter MMF war der Effekt auf die ILD vergleichbar der von CYC mit einer leichten durchschnittlichen Besserung der forcierten Vitalkapazität (FVC) über 2 Jahre, MMF wurde aber besser vertragen und zeigte eine deutlich geringere Toxizität, sodass seitdem MMF zunehmend und gegenüber CYC bevorzugt zur Behandlung der SSc-ILD eingesetzt wird. Prospektive Daten zum naheliegenden Einsatz von CYC als Induktionstherapie und dann MMF als Erhaltungstherapie fehlen aber leider nach wie vor bei der SSc.

Nintedanib bei SSC-ILD Nintedanib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, welcher sowohl Rezeptoren des Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), als auch des Fibroblasten-Wachstumsfaktors (FGF) hemmt und somit sowohl eine antitumoröse (Anti-Angiogenese) als auch eine antifibrotische Wirkung (Fibroblasten-Suppression) aufweist. In Kombination mit Docetaxel ist Nintedanib zur Be-

Prof. Dr. Christof Specker

handlung des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms zugelassen und in Monotherapie bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF). Oliver Distler, Zürich, stellte auf dem EULAR erstmals die weltweite, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte SENSCIS-Studie zum Einsatz von Nintedanib bei der ILD im Rahmen einer SSc vor, wobei Ende Juni 2019 die Vollpublikation im New England Journal of Medicine erschienen ist. (4) Insgesamt wurden 819 Patienten (aus 32 Ländern) zwischen November 2015 und Oktober 2017 gescreent. Ein- und Ausschlusskriterien waren u. A. ein Mindestalter 18 Jahre, Diagnose einer SSc mit einer Krankheitsdauer (erstes nicht-Raynaud-Symptom) von max. 7 Jahren mit Nachweis einer ILD mittels HRCT (Fibrose ≥10 %), wobei die FVC nur bis auf max. 40 % des Solls eingeschränkt sein durfte und die Diffusionskapazität (DLCOHb) zwischen 30 und 89 % liegen musste. Dies diente dazu, einerseits eindeutige Fälle einer ILD zu erfassen, andererseits aber auch keine zu weit fortgeschrittenen Krankheitsbilder, die einer antifibrotischen Therapie wahrscheinlich nicht mehr zugänglich sein dürften. Als Hintergrundmedikation war Prednison in einer Dosis von max. 10 mg/Tag erlaubt und MMF oder Methotrexat (MTX), wobei diese für ≥6 Monate stabil gewesen sein musste. Außerdem war eine behandlungsbedürftige pulmonal-arterielle Hypertonie ein Ausschlusskriterium. →


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EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

Der primäre Endpunkt der Phase-III-Studie war die jährliche Abnahme der FVC (ml/Jahr) über 52 Wochen. Sekundäre Endpunkte waren die absolute Veränderung des modifizierten Rodnan-Skin-Score (mRSS) und als Patient Reported Outcome (PRO) Ergebnisse eines speziellen Fragebogens zur respiratorischen Situation der Patienten (St. George's Respiratory Questionnaire). 239 der 819 Patienten waren sog. „ScreeningFailures“, sodass 580 Patienten randomisiert und letztendlich 576 SSc-ILD-Patienten behandelt wurden. Die Therapie wurde – aus unterschiedlichen Gründen – etwas häufiger unter Nintedanib vorzeitig beendet als unter Placebo ( jeweils + Standardtherapie, SOC), sodass letztendlich 264 bzw. 275 Patienten bis zur 52. Woche in der Studie verblieben. Die Patientencharakteristika der beiden Behandlungsgruppen zu Baseline waren gut ausgewogen. Die adjustierte jährliche Veränderung der FVC war nach 52 Wochen in der Nintedanib-Gruppe mit -52,4 ml/Jahr signifikant niedriger als in der Placebogruppe mit -93,3 ml/Jahr (p=0,04; 95% KI 2,9-79,0), wobei sich dieser Effekt ab der ca. 12. Behandlungswoche abzeichnete (Abb. 1). Einen absoluten Rückgang der FVC (Woche 52 vs. Baseline) um mehr als 5 %-Punkte wiesen 20,6 % der Patienten unter Nintedanib und 28,5 % unter Placebo (Odds ratio, OR 0,65; 95% KI 0,44-0,96) auf und um mehr als 10 %-Punkte 16,7 % gegenüber 18,1 % (OR 0,91; 95% KI 0,59-1,41). Bei SSc-Patienten, die MMF einnahmen, lag die jährliche Veränderung der FVC bei -40,2 ml unter Nintedanib und bei -66,5 ml unter Placebo, bei Patienten ohne MMF waren dies -63,9 ml unter Nintedanib und -119,3 ml unter Placebo. Eine signifikante Veränderung des mittleren mRSS war in den 52 Wochen der Studie nicht zu verzeichnen (-2,17 Punkte unter Nintedanib und -1,96 Punkte unter Placebo, 95% KI; -0,94 bis 0,53) und auch in den PROs zeigten sich keine Unterschiede. Die Rate unerwünschter Wirkungen (UEs) war zwar insgesamt ähnlich, solche die zum Therapieabbruch führten, waren aber

Mittlere Veränderung der FVC (ml)

20 0 -20

-60 -80 -100

-140

Fazit: Es handelt sich um eine große, randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie bei SSc mit einer prognostisch relevanten Organmanifestation (ILD), die ihren primären Endpunkt erreicht hat: SSc-Patienten wiesen unter Nintedanib (+ SOC) über 52 Wochen eine signifikant geringere Abnahme der FVC auf als unter Placebo (+ SOC). Ein klinischer Nutzen von Nintedanib im Hinblick auf die sekundären Endpunkte, wie Hautsklerose (mRSS) oder PROs war indes nicht zu verzeichnen. Unerwünschte Ereignisse waren unter Nintedanib ähnlich wie bei IPF mit vor allem gastrointestinalen Nebenwirkungen. Die klinische Relevanz der geringeren FVC-Abnahme unter Nintedanib gegenüber Placebo von ( je nach Hintergrundmedikation) um 40-60 ml pro Jahr bei einem Ausgangsvolumen von ca. 2.500 ml bleibt fraglich, wobei berücksichtigt werden muss, dass die mittleren Unterschiede ohne jedwede Therapie (also auch ohne MMF) fast doppelt so hoch waren und sich dieser Effekt natürlich in den Folgejahren noch fortsetzen kann. Dies spricht auf der anderen Seite aber auch wieder dafür, dass MMF bei der SSc-ILD wirksam ist. Man kann eine synergistische, antiinflammatorische Wirkung durch MMF und antifbrotische Wirkung durch Nintedanib annehmen. Für die Beurteilung einer Wirkung auf die Haut dürfte die Studie zu kurz gewesen sein. Hinsichtlich dieser Fragen muss man sicher auch Daten der laufenden (offenen) Long-Term-Extension-Studie abwarten. Im Hinblick auf eine (zu erwartende?) Zulassung ist auf der einen Seite die Quantifizierung des Zusatznutzens offen, insbesondere auch angesichts der fehlenden PROs und die Frage, inwieweit eine off-label Ko-Medikation mit MMF (oder auch MTX) Teil einer Zulassung sein kann (wenn man die ca. 50 % der Patienten herausrechnen muss, die MMF erhielten, könnte das Ergebnis wiederum seine Signifikanz verlieren). In den USA wurde auf jeden Fall ein beschleunigtes Zulassungsverfahren („Fast Track“) für Nintedanib bei SSc-ILD in Aussicht gestellt.

Tocilizumab bei der SSc?

-40

-120

mit 16 % unter Nintedanib häufiger als unter Placebo mit 9 %. Dabei waren gastrointestinale Nebenwirkungen, wie schon aus den Zulassungsstudien zur IPF bekannt, am häufigsten: 76 % berichteten über Diarrhöen, welche bei 26 % der Patienten zu einer Dosisreduktion von Nintedanib führten und bei 9,2 % zum Therapieabbruch. Insgesamt sind 19 Patienten während der Studie verstorben, 10 (3,5 %) in der Nintedanib- und 9 (3,1 %) in der Placebo-Gruppe.

Nintedanib Placebo 2 4 6

12

24

36

52

Zeit (Wochen)

Abb. 1: SENSCIS-Studie: Verlauf der FVC (ml) bei SSc-ILDPatienten unter Nintedanib vs. Placebo (4)

In diesem Zusammenhang muss auch nochmal auf zwei Studien zum Einsatz von Tocilizumab bei der SSc eingegangen werden, wozu auch auf dem EULAR weitere Auswertungen präsentiert wurden. (5) In einer ersten Phase-II-Studie zum Einsatz von Tocilizumab bei SSc mit 87 Patienten (6) war der primäre Endpunkt einer Verbesserung der Hautsklerose (mRSS) in Woche 24 numerisch, aber nicht statistisch signifikant besser (p=0,09) mit -3,92 gegenüber -1,22 Punkten unter Placebo. Im sekundären Endpunkt eines geringeren Anteils von Patienten mit einer Verschlechterung der FVC war dies aber sehr wohl


EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

Eine Verbesserung im mRSS war nach 48 Wochen auch schon in der Placebo-Gruppe mit -4,41 Punkten unerwartet hoch, sodass eine vergleichsweise deutliche Veränderung des mRSS in der Tocilizumab-Gruppe mit -6,14 Punkten statistisch nicht mehr signifikant unterschiedlich war (p=0,098) und somit der primäre Endpunkt der Studie auch verfehlt wurde. Die FVCVeränderung war nach 48 Wochen aber deutlich unterschiedlich mit -3,9 % unter Placebo und -0,6 % unter Tocilizumab, was einer Differenz von durchschnittlich 167 (95% KI 83-250) ml entsprach (Abb. 2). Fünf (5,4 %) Patienten wiesen unter Tocilizumab einen absoluten Rückgang der FVC um ≥10 %-Punkte auf, gegenüber 15 (16,5 %) unter Placebo und auch im HRCT zeigte sich unter Tocilizumab eine geringere Progression. Fazit: Hätte man in dieser Studie die FVC als primären Endpunkt gewählt, wäre sie erfolgreich gewesen und im (allerdings indirekten) Vergleich mit der SENSCIS-Studie zu Nintedanib war der Unterschied zwischen Verum und Placebo für Tocilizumab sogar deutlicher (bei vergleichbarer Placebo-Response). Leider gibt es zur focuSSced-Studie, die erstmals schon auf dem letzten ACR-Meeting vorgestellt wurde, aber noch keine Vollpublikation.

Systemischer Lupus: Wie häufig ist eine ILD? Die Daten zu Substanzen mit positiven Effekten auf eine ILD bei der SSc lassen die Frage aufkommen, wie häufig eine solche Lungenbeteiligung bei anderen Kollagenosen vorkommt. Bekannt ist ein ganz ähnliches Bild in Art, Häufigkeit und Prognose einer ILD bei der Dermatomyositis bzw. den Anti-Synthetase-Syndromen. Beim SLE finden sich sehr viel seltener interstitielle Lungenveränderungen. Dies hat eine spanische Arbeitsgruppe jetzt auch auf dem EULAR bestätigt. (7) Von den 165 analysierten SLE-Patienten (im Mittel 37 Jahre, 93 % weiblich), wiesen lediglich 38 (irgendeine) Lungenmanifestationen auf, worunter z. T. auch noch infektiologische Komplikationen subsummiert wurden. Eine ILD war aber mit 1,2 % sehr selten beim SLE.

Niedrig dosierte Prednisolon-Dauertherapie beim SLE?

In der Gruppe, welche das Prednison abgesetzt hatte, war es zwar zu signifikant mehr Schüben gekommen (17 vs. 4; p=0,0034) (Abb. 3), diese waren aber in der Mehrzahl leicht oder moderat (12 vs. 3; p=0,029) und schwere Schübe waren nicht signifikant unterschiedlich (5 vs. 1; p=0,208). Die meisten Schübe (>66 %) traten innerhalb der ersten 6 Monate nach Absetzen der niedrig-dosierten GK auf. Es fand sich in der Absetzgruppe kein Zusammenhang zwischen Schüben und Alter, Geschlecht, Krankheitsdauer, Dauer der Remission, der GK-Behandlung, der Gabe begleitender Immunsuppressiva oder der serologischen Aktivität zu Baseline. Bei vier Patienten in der Absetz- und keinem in der Erhaltungsgruppe kam es zu krankheitsbedingten Schäden (Damage): 2 osteoporotische Frakturen, 1 HCQ-Retinopathie, 1 Katarakt. Fazit: Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass das Absetzen niedrig-dosierter GK (Prednison 5 mg/Tag) bei Patienten →

100 50 0 -50 -100 -150 -200 -250 -300

Tocilizumab 162 mg qw s.c. Placebo 8

16

24

36

48

Zeit (Wochen)

Während bislang meist eine niedrig dosierte Therapie mit Glukokortikoiden (GK) beim SLE toleriert wurde, wird zur gänzlichen Vermeidung hierdurch bedingter Langzeitschäden

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auch ein Verzicht auf niedrige Dosen gefordert. In den aktuellen EULAR-Recommendations zur Behandlung des SLE von 2019 wird empfohlen, in der dauerhaften Erhaltungstherapie GK auf max. 7,5 mg/Tag (Prednisonäquivalent) zu minimieren und – wenn möglich – ganz abzusetzen. Eine französische Arbeitsgruppe hat untersucht, inwieweit dies möglich ist. (8) In der prospektiven, randomisierten, offenen, aber kontrollierten CORTICOLUP-Studie wurden von Januar 2014 bis März 2017 SLE-Patienten mit seit mindestens einem Jahr inaktiver Erkrankung (SLEDAI-2K ≤4, BILAG 2004 ≥C in allen Domänen und PGA=0) und stabiler Therapie einschließlich 5 mg Prednison täglich 1:1 randomisiert, entweder weiter 5 mg Prednison zu nehmen oder dieses abzusetzen. Primärer Endpunkt war die Anzahl der Patienten mit Schüben während der folgenden 12 Monate. Bei 124 Patienten (61 in der Erhaltungs- und 63 in der Entzugsgruppe) bestanden bezüglich der Krankheits-Charakteristika keine signifikanten Unterschiede zu Studienbeginn, bis auf einen gewissen Unterschied in der Remissionsdauer von 56 zu 67 Monaten. Im Verlauf waren in dieser monozentrischen Studie keine Drop-outs zu verzeichnen.

Mittlere ∆FVC ab Baseline (ml)

der Fall (p=0,037). Leider wurde in der nachfolgenden PhaseIII-Studie focuSSced (5) mit Tocilizumab (162 mg s.c./Woche gegenüber Placebo über 48 Wochen) erneut die Hautsklerose mit dem mRSS als primärer Endpunkt gewählt und nicht eine Verbesserung einer ILD (nach der die Patienten aber auch nicht selektioniert wurden). Es wurden 212 Patienten randomisiert und 210 behandelt. 81 % waren weiblich, das Durchschnittsalter lag bei 48 Jahren, die Krankheitsdauer bei 23 Monaten. Der mRSS lag im Mittel bei 20,4 Punkten, die FVC bei 82 % des Soll und die DLCO bei 75,6 %.

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

Abb. 2: focuSSed-Studie: Veränderung der FVC (ml) unter Tocilizumab vs. Placebo bei SSc-Patienten (5)


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

mit inaktivem SLE und stabiler Therapie für mehr als ein Jahr mit einem hohen Schubrisiko verbunden sei. Man muss aber bedenken, dass die Schubrate insgesamt niedrig war (nur jeder 5. Patient nach dem Absetzen der GK und jeder 20. mit Fortführung der GK) und wenn eher leichte und moderate Schübe innerhalb des 1. Halbjahres nach dem Absetzen auftraten. Wirklich schwere Schübe waren mit 5/61 vs. 1/63 sehr selten. Andersherum betrachtet, würde man 4 von 5 Patienten die Möglichkeit einer Steroidfreiheit vorenthalten, ohne dass sie Gefahr liefen, einen Schub zu entwickeln. Die Daten zum Damage sind nach nur einem (weiteren) Jahr sicher nicht auf das Absetzen oder Fortführen der zuvor über Jahre hinweg gegebenen GK zurückzuführen.

te diagnostische „Performance“ mit einer Sensitivität von 93 % und Spezifität von 84 % aufwies.

Häufigkeit einer HCQRetinopathie

Fazit: Die OCT scheint der optimale Screening-Test zu sein, diese Untersuchung gehört in Deutschland aber nicht zu den Kassenleistungen. Die Autoren weisen auch auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Expertise beim Ophthalmologen für die Interpretation der Testverfahren hin, da diese auch häufig abnormal sein können, ohne dass eine HCQ-Retinopathie vorliegt. Ein Absetzen von HCQ auf der Grundlage eines abnormalen Tests ohne Bestätigung durch einen „RetinopathieExperten“ könnte ein unnötiges Absetzen eines für Lupus-Patienten wichtigen Medikamentes zur Folge haben. Dem kann man sich nur anschließen.

Die Angaben zur Häufigkeit einer Hydroxychloroquin (HCQ)Retinopathie schwanken deutlich. Die Rate nimmt mit Dauer und Dosis zwar zu, eine besondere Rolle scheint aber auch die nach Körpergewicht normierte Tagesdosis zu spielen, welche zuletzt von max. 6 auf 5 mg pro kg Körpergewicht (KG) reduziert wurde. Die Raten von Netzhautveränderungen unter Antimalariamitteln divergieren dabei umso mehr, je länger die Therapiedauer ist. So fanden sich in einer US-Versicherungsstudie Angaben von bis zu 40 % nach 20-jähriger Einnahme. (9) Auf dem EULAR-Kongress wurde nun die Analyse einer großen prospektiven US-Lupuskohorte aus Baltimore zur HCQRetinopathie vorgestellt. (10) SLE-Patienten werden dort (durchschnittlich) alle 3 Monate gesehen und augenärztliche Kontrollen werden einmal jährlich empfohlen. Je nach Krankenversicherung kommen dort mit der optischen Kohärenztomografie (OCT), dem Elektroretinogramm (ERG), der Microperimetrie (MP) und der Fundus-Autofluoreszenz (FAF) bis zu 4 ophthalmologische Untersuchungen zur Anwendung, wovon die OCT am häufigsten durchgeführt wurde und auch die bes-

GK-Entzug GK-Erhaltung

1,0

Schubwahrscheinlichkeit

0,8

0,6

0,4

0,2 0,0

100

200

300

Zeit bis Schub (Tage)

Abb. 3: CORTICOLUP-Studie: Schubrate (SFI) innerhalb eines Jahres nach Absetzen niedrig-dosierter GK bei SLE in Langzeitremission (8)

Die Häufigkeit der Retinopathie nahm zwar auch hier mit den Jahren der HCQ-Therapie zu, war aber bis zuletzt in dieser prospektiven Kohorte weitaus niedriger (~10 % nach 20 Jahren) als in der zuvor genannten retrospektiven US-Versicherungsdatenbank (mit bis zu 40 % nach 20 Jahren). Wenn man dann noch bedenkt, dass diese Rate wahrscheinlich noch geringer wird bei strikter Einhaltung der neuen Dosierungsempfehlung von ≤5 mg HCQ pro kg und Tag, ist eine HCQ-Retinopathie sehr selten und muss auch dann noch nicht einmal zu Visusstörungen führen.

Neue Therapien für den SLE Es wurden weiterhin keine „bahnbrechenden“ neuen Therapien beim SLE vorgestellt. Über die Versuche mit Baricitinib, Ustekinumab und mit der Sequenztherapie von Rituximab und Belimumab wurde an dieser Stelle schon öfter berichtet. Hierzu wurden keine (wesentlichen) neuen Daten vorgestellt. Es bleiben weiterhin erfolgreiche Phase-III-Studien (die im Gange sind) abzuwarten. m

Prof. Dr. med. Christof Specker Klinik für Rheumatologie & Klinische Immunologie, Evangelisches Krankenhaus Essen-Werden Evang. Huyssenstiftung Pattbergstraße 1-3, 45239 Essen Literatur: 1 N Engl J Med. 2006; 354(25): 2655-2666 2 Arthritis Rheumatol 2017; 69(7): 1451-1460 3 Lancet Respir Med 2016; 4(9): 708-719 4 N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528 5 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 202 (OP0245) 6 Lancet 2016; 387(10038): 2630-2640 7 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 399 (THU0244) 8 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 92 (OP0043) 9 JAMA Ophthalmol 2014; 132(12): 1453–1460 10 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 765-766 (FRI0182)


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Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

EULAR-KONGRESS 2019 – Madrid

PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM

Erstmals EULAR-Empfehlungen zum PSS präsentiert Nachdem auf dem EULAR-Kongress gleich zwei zum primären Sjögren-Syndrom (PSS) vorgestellte Phase-III-Studien zu Abatacept enttäuschende Ergebnisse lieferten, sodass am ehesten noch positive Phase-II-Daten zu dem Anti-CD40-Antikörper Iscalimab eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich zogen, konzentrierte sich das Interesse doch sehr stark auf die weitgehend fertiggestellten, aber noch nicht final konsentierten EULAR-Empfehlungen zum Management des PSS mit topischen und systemischen Therapien, die Manuel Ramos-Casals, Barcelona (Spanien), stellvertretend für die EULAR-Sjögren-Syndrome Task Force Group auf einer eigenen Leitlinien-Sitzung am letzten Kongresstag präsentierte.

Die Behandlung des PSS bleibt, gerade bei systemischer, extraglandulärer Erkrankung in der klinischen Praxis schwierig – von einem Treat-to-target-Ansatz jenseits der Kontrolle der Symptomatik ist man weit entfernt, große Veränderungen haben sich in den letzten Dekaden nicht herauskristallisiert. Dennoch wagte sich die internationale, multidisziplinäre Task Force aus 30 Ländern, bestehend aus Rheumatologen, Internisten, Mundpflegespezialisten, Ophthalmologen, Gynäkologen, Dermatologen, Epidemiologen, Statistikern, Hausärzten und Patientenvertretern, an die Aufgabe, entsprechend der 2014er EULAR SOPs auf der Basis eines systematischen Literaturreviews, in das Studien der Jahre 1986 bis 2017 eingingen, erstmals Evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen für PSS-Patienten (das sekundäre Sjögren-Syndrom ist explizit nicht abgedeckt) herauszugeben. Nach Abschluss des Delphi-Prozesses einigte man sich auf 3 übergreifende Prinzipien und 12 spezifische Empfehlungen zum Management des PSS mit topischen und systemischen Therapien, die eine logische Sequenz vom zentralen symptomatischen Dreigestirn (Mundtrockenheit, Fatigue, Schmerz) bis hin zur systemischen Erkrankung bilden.

Die wichtigsten Punkte im Überblick Generell gilt, dass PSS-Patienten in Zentren mit entsprechender Expertise, oder in enger Zusammenarbeit mit solchen, unter Verfolgung eines multidisziplinären Ansatzes behandelt

werden sollten. Der erste Behandlungsansatz für Trockenheit sollte in der symptomatischen Linderung mit topischen Therapien bestehen. Systemische Therapien können zur Therapie der aktiven systemischen Erkrankung erwogen werden. Die spezifischen Empfehlungen besagen, dass vor der Behandlung der Mundtrockenheit zu Beginn eine Evaluation der Speicheldrüsenfunktion stehen sollte. Als erste Therapie werden bei milder Dysfunktion eine nicht-pharmakologische, bei moderater Dysfunktion eine pharmakologische Stimulation sowie bei schwerer Dysfunktion eine Speichelsubstitution vorgeschlagen. First-line-Therapie bei Augentrockenheit sind Augentropfen, -gele bzw. -salben, in refraktären Fällen kommen auch Immunsuppressiva (IS)-haltige und autologe Serum-Augentropfen in Frage. Wichtig ist, dass bei einer Sicca-Symptomatik Biologika ausdrücklich nicht eingesetzt werden sollten. Finger weg auch von muskarinergen Agenzien bei schwerer Speicheldysfunktion oder von topischem Cyclosporin A (CsA) und/oder SerumAugentropfen bei nicht schwerwiegender Keratoconjunctivitis sicca – so die Botschaft der Task Force. Sich mit Fatigue und/oder Schmerzen präsentierende PSS-Patienten sollten auf Komorbiditäten (chronische Fatigue, Fibromylagie) evaluiert werden, deren jeweiliger Schweregrad sollte mit spezifischen Tools (z. B. ESSPRI-Domänen, FACIT-Fatigue, Brief Pain Inventory) ermittelt werden. Analgetika oder andere Schmerz-modifizierende Medikamente sollten unter Abwä-


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gung des potenziellen Nutzens und möglicher Nebenwirkungen bei muskuloskelettalen Schmerzen erwogen werden. Im Falle akuter Schmerzen wird für max. 7-10 Tage zu Paracetamol oder NSAR geraten, bei häufigen akut auftretenden Schmerzen kann Hydroxychloroquin erwogen werden, bei chronischen Schmerzen sollten physikalische Maßnahmen im Vordergrund stehen. Die Behandlung der systemischen Erkrankung sollte anhand der organspezifischen Ausprägung gemäß den ESSDAI-Definitionen festgelegt werden; eine systemische Therapie sollte bei moderater Aktivität in mindestens einer Domäne oder einem Gesamt-Krankheitsaktivitätsscore ≥5 erfolgen. Glukokortikoide (GK) sollten in einer minimalen Dosierung und Dauer eingesetzt werden, die ausreicht, die aktive systemische Erkrankung zu kontrollieren. Bei moderater PSS wird eine Induktionstherapie mit ≤0,5 mg/kg/Tag vorgeschlagen, in schweren Fällen können auch Methylprednisolon-Pulse erwogen werden. Ziel sollte ein schnellstmögliches Absetzen der GK oder zumindest eine Reduktion auf eine Erhaltungsdosis von ≤5 mg/Tag sein mit Hilfe steroidsparender IS. Vom Einsatz höherer Start- und Erhaltungsdosen wird ausdrücklich abgeraten. Immunsuppressive Medikamente sollten, so die nächste Empfehlung, primär zur Steroideinsparung (gerade bei Patien-

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ten mit schwerer Organbeeinträchtigung, die absehbar längerfristig GK benötigen) eingesetzt werden, ohne Evidenz für die Überlegenheit eines IS gegenüber einem anderen – auch hier sollten stets Nutzen und Risiken abgewogen werden. Bei Patienten mit schwerer, refraktärer Erkrankung können BZell-gerichtete Therapien erwogen werden. Die beste Evidenz gibt es hier für Rituximab, insbesondere gilt dies bei mit einer Kyroglobulinämie-assoziierten Vaskulitis verknüpften Symptomatik. Explizit abgeraten wird hingegen vom Einsatz von TNFα-Inhibitoren oder von Rituximab als First- oder Secondline-Therapie bei nur niedrigem oder moderat erhöhtem ESSDAI und ohne Anzeichen von Kryoglobulinämie-Symptomen. Die Therapie von B-Zell-Lymphomen sollte individuell je nach spezifischem histologischem Subtyp und des Krankheitsstadiums (in schwereren Fällen mit einer Rituximab-basierten Chemotherapie) erfolgen. Der systemische, organspezifische Therapieansatz kann dem sequenziellen oder kombinierten Einsatz von GK, IS und Biologika folgen – die Evidenz ist zwar allgemein eher schwach, zur Hilfestellung wird jedoch ein sich an den ESSDAI-Domänen orientierender Algorithmus vorgeschlagen (Abb.). m

Quelle: Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 59 (SP0190)

Erstlinien-Ansatz Glukokortikoid-frei

Schwer/ Zweitlinie Rescue RTX

GK

ESSDAIDomänen

Glukokortikoid

konstitutionell

Lymphknoten

lymphatisch

Parotisvergrößerung

glandulär

Fieber/Gv/Konstitut.

Arthralgien

artikulär

Zweitlinie Schwer/ Rescue

Arthritis

HCQ

RTX

HCQ GK

SCLE/Eryth. Bronchial

kutan pulmonal

aIS

GK

Tubulär

renal

CYC

IVIG

Nicht-vaskulitisch

periph. NS

Nicht-vaskulitisch

ZNS

Vaskulitis Interstitiell

RTX aIS

CYC

Pex

RTX

CYC

Glomerulär RTX Pex

vaskulitisch vaskulitisch/NMOSD

CYC RTX

GK

Neutropenie

hämatologisch

AHA/ITP

IVIG

Abk. Therapien: andere Immunsuppressiva (aIS), Cyclophosphamid (CYC), Glukokortikoide (GK), Hydroxychloroquin (HCQ), i.v.-Immunglobuline (IVIG), Plasmaaustausch (Pex), Rituximab (RTX) Sonst. Abk.: Autoimmune hämolytische Anämie (AHA), Gewichtsverlust (Gv), Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE), Neuromyelitis optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD)

Abb.: Neue PSS-Empfehlungen: Bei systemischen Manifestationen kann als Faustregel der organ-spezifische Behandlungsansatz dem sequenziellen (oder kombinierten) Einsatz von Glukokortikoiden, Immunsuppressiva und Biologika folgen


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SYSTEMISCHE SKLEROSE

Nintedanib weiter im Blickpunkt Ein großes Highlight auf dem EULAR-Kongress war die kurz zuvor publizierte und in Anbetracht der limitierten Therapieoptionen als Durchbruch gefeierte Phase-III-Studie SENSCIS, die gezeigt hatte, dass der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib bei Patienten mit systemischer Sklerose mit interstitieller Lungenerkrankung (SSc-ILD) die Abnahme der Lungenfunktion signifikant bremste. Auch nach den neu in Madrid präsentierten Daten zu bestimmten Subgruppen von SSc-ILD-Patienten ist sicher von einer Zulassung auszugehen, um so mehr, da weitere Therapiekandidaten nicht in Sicht sind. Weiter gesucht wird aber noch nach Medikamenten, die auch die Hautfibrose positiv beeinflussen.

In die von Oliver Distler, Zürich (Schweiz), vorgestellte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte SENSCIS-Studie waren 576, relativ praxistypische SSc-ILD-Patienten (ca. 50 % diffus-kutane SSc, mittlere Krankheitsdauer ≤7 Jahre, Fibrose im HRCT ≥10 %, FVC ≥40 %, DLCO 30-89 %) eingeschlossen und auf dem Boden einer stabilen Hintergrundtherapie mit Prednison ≤10 mg/Tag, Methotrexat, Mycophenolat Mofetil (MMF; in 48 % der Fälle) auf 2x 150 mg/Tag Nintedanib oder Placebo randomisiert worden. Primärer Endpunkt war der FVC-Verlust (ml/Jahr) über 52 Wochen. Wichtige sekundäre Endpunkte waren die Hautfibrose (ΔmRSS) nach 52 Wochen sowie die Dyspnoe-spezifische Lebensqualität gemessen an der Änderung des St. Georges Respiratory Questionnaire (SGRQ)-Scores nach 52 Wochen gegenüber Baseline. Der primäre Endpunkt wurde signifikant erreicht. Nach 52 Wochen betrug der adjustierte Verlust an forcierter Vitalkapazität unter Nintedanib -52,4 ml/Jahr im Vergleich zu -93,3 ml/Jahr unter Placebo (p=0,04) (Abb. 1). Dies entspricht einer relativen Differenz von 44 %, was – bei naturgemäß allerdings absolut geringeren Zahlen – den Ergebnissen der Phase-III-Studien zu Nintedanib bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) entspricht. (1) Der Wirkeffekt war bereits nach 12 Wochen erkennbar. Von Nintedanib profitierten alle untersuchten Subgruppen, wobei als interessanter Nebenbefund die sehr gute Wirksamkeit

FVC-Reduktion (ml/Jahr)

0

Nintedanib

Placebo

-20

-40

-60

-52,4

-80

-100

p=0,04

-93,3

Abb. 1: SENSCIS-Studie: Jährlicher FVC-Verlust unter Nintedanib versus Placebo (1)

von MMF auffällt. Bei zusätzlich damit behandelten Patienten betrug der FVC-Verlust unter Nintedanib gegenüber Placebo -40,2 vs. -66,5 ml/Jahr, ohne MMF waren es -63,9 vs. -119,3 ml/ Jahr. (2) Dass eine signifikante Verbesserung des mRSS nach 52 Wochen verfehlt wurde (absolute Differenz vs. Placebo -0,21; p=0,58), könnte wie in anderen Studien auch einer zu geringen Studiendauer geschuldet sein, die Indifferenz im SGRQ-Score in Monat 12 ist womöglich dem Umstand geschuldet, dass die Lungenfibrose und damit Dyspnoe in diesem Kollektiv (noch) nicht ausgeprägt genug waren. Trotz des noch nicht final abschätzbaren klinischen Nutzens ist sicher von einer Zulassung auszugehen, dabei dürfte dann das Hauptproblem im sorgfältigen Management gastrointestinaler Nebenwirkungen bestehen: Bei 76, 32 und 25 % der Patienten kam es unter Nintedanib zu Diarrhö, Übelkeit und Erbrechen, was in 26 % der Fälle eine Dosisreduktion und in 9 % sogar einen Therapieabbruch erzwang. (3)

Weitere Studienergebnisse im Überblick Das wie Nintedanib bei IPF bereits zugelassene Pirfenidon wurde von einer indischen Studiengruppe ebenfalls randomisiertkontrolliert untersucht bei allerdings nur 34 SSc-ILD-Patienten und dies auch nur für sechs Monate. Weder bezüglich FVC, Dyspnoe noch Hautfibrose konnten signifikante Unterschiede gegenüber Placebo ermittelt werden. (4) Interessant ist in diesem Kontext die auf dem ACR 2018 vorgestellte Phase-IIIStudie focuSSced zu Tocilizumab 162 mg s.c. bei Patienten mit rasch-progredienter SSc. Eine jetzt in Madrid neu vorgestellte Analyse verdeutlicht, dass trotz des verpassten primären Endpunkts (∆mRSS in Woche 48) wie schon zuvor in Phase-II ein signifikanter Vorteil im Hinblick auf die FVC (Δ167 ml vs. Placebo) mit sogar – anders als im Falle von Nintedanib – dem Erhalt der Lungenfunktion gegeben war (Abb. 2). Eine geringere Progression der Lungenfibrose bestätigte sich im HRCT. (5) Auch wenn Quervergleiche zur SENSCIS-Studie aufgrund der unterschiedlichen Kollektive wenig Sinn machen, wäre eine neue Studie zu dem IL-6-Inhibitor bei originären SSc-ILD-Patienten sicherlich wünschenswert. Kurz erwähnt sei noch die Analyse einer Phase-IIb-Studie zu dem sGC-Stimulator Riociguat bei Patienten mit früher diffus-kutaner SSc, in der sich in der Subgruppe von Teilnehmern mit SSc-ILD ebenfalls Hinweise auf einen Erhalt der Lungenfunktion fanden. (6)


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Kurz erwähnt sei abschließend noch eine von Anna-Maria Hoffmann-Vold, Oslo (Norwegen), präsentierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, 16-wöchige Pilotstudie, in der 10 Frauen mit limitiert-kutaner SSc und gastrointestinalen (GI)-Beschwerden eingeschlossen wurden. Im Verhältnis 1:1 erhielten diese einen fäkalen Mikrobiomtransfer (FMT) oder Placebo. Auch wenn nicht ganz klar ist, ob die Dysbiose Auslöser oder Folge der Grunderkrankung ist, war die FMT in der Regel nicht nur sicher, sondern reduzierte effektiv Beschwerden im unteren GI-Trakt und veränderte die Komposition des Darmmikrobioms nach 16 Wochen signifikant positiv im Sinne einer größeren Artenvielfalt und Diversität. (7) m

Quellen: 1 N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 75 (OP0017) 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 831-832 (FRI0301) 4 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 200-201 (OP0243) 5 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 202 (OP0245)

6 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 167 (OP0183) 7 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 246-247 (OP0327)

SYSTEMISCHE SKLEROSE MIT INTERSTITIELLER LUNGENERKRANKUNG

Evidenz-basierte Empfehlungen zu Diagnostik und Management Die mit systemischer Sklerose assoziierte interstitielle Lungenerkrankung (SSc-ILD) tritt häufig auf und ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verknüpft. Nachdem es bislang an spezifischen Empfehlungen zur SSc-ILD mangelte, entwickelte eine europäische Expertengruppe um Anna-Maria Hoffmann-Vold, Oslo (Norwegen), die 27 Pulmologen, Rheumatologen und Internisten mit SSc-Expertise umfasste, jetzt auf dem Boden eines systematischen Literaturreviews erstmals evidenzbasierte Empfehlungen zu Screening, Diagnose, Verlaufsbeobachtung und Therapiemanagement der SSc-ILD.

Nach Abschluss des Delphi-Prozesses einigte sich das Panel auf folgende Empfehlungen: Risikofaktoren: Der Nachweis von Anti–Topoisomerase I-Antikörpern, männliches Geschlecht und eine diffus-kutane SSc erhöhen das Risiko für die Entwicklung einer ILD. Alle SSc-Patienten sollten einem ILD-Screening mittels HRCT und Lungenfunktionstests unterzogen werden. Die Häufigkeit eines HRCT-Screenings sollte vom ILD-Risiko in Kombination mit klinischen Symptomen und der Lungenfunktion geleitet werden. Diagnose und Bestimmung des Schweregrads: Empfohlen wird der Einsatz des HRCT für die Diagnose und die Bestimmung der Schwere der SSc-ILD, unterstützt durch Befunde aus Lungenfunktionstests und der klinischen Untersuchung. Therapieeinleitung und -optionen: Bei allen Patienten mit schwerer oder progressiver SSc-ILD sollte eine Pharmakotherapie erwogen werden, mit Mycophenolat Mofetil (MMF) und Cyclophosphamid als empfohlenen Therapien. Bei unbehandelten Patienten sollte ein engmaschiges Monitoring auf Zeichen für eine Krankheitsprogression erfolgen. Krankheits-

progression: Zu den Indikatoren einer Progression zählen eine anhaltende Abnahme der Lungenfunktion, Verschlechterung der klinischen Symptome und eine Veränderung des Ausmaßes und/oder Musters der Fibrose im HRCT. Therapieeskalation: Bei Patienten mit unzureichendem Therapieansprechen sollte eine Eskalation erwogen werden. Die Eignung für eine Lungentransplantation sollte frühzeitig evaluiert werden, insbesondere bei fortgeschrittener Erkrankung zum Diagnosezeitpunkt. Eine autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation kann bei sorgfältig ausgewählten Patienten in Betracht gezogen werden. Die evidenzbasierten Expertenempfehlungen zur SSc-ILD dürften primär der Harmonisierung des Vorgehens in Europa dienen, in Deutschland ist dies ohnehin gelebte Praxis (zumindest in größeren Zentren). Noch nicht berücksichtigt sind neue Entwicklungen, wie die wohl baldige Verfügbarkeit von Nintedanib als erster zugelassener Therapie in dieser Indikation. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 104 (OP0064)


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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Neue Therapiestudien vom EULAR 2019 in Madrid In Sachen systemischer Lupus erythematodes (SLE) ist gerade eine Zeit relativer Ruhe eingekehrt. Nach positiven Phase-IIStudien zu dem IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab, für den jetzt auf dem EULAR die 1-Jahres-Daten vorgestellt wurden, sowie zu dem JAK-Inhibitor Baricitinib, gilt es jetzt, auf die jeweiligen Phase-III-Studien zu warten und vor allem darauf, ob nach Belimumab tatsächlich nach zahllosen enttäuschten Hoffnungen ein zweites Biologikum bzw. ein erstes tsDMARD den Markt bereichern könnte. Auf dem Kongress nochmals diskutiert wurden die bereits publizierten EULAR-Empfehlungen zum SLE, die bereits in der letzten Ausgabe ausführlich besprochen wurden.

Zunächst zu den von Ronald van Vollenhoven, Amsterdam (Niederlande), vorgestellten 1-Jahres-Daten einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-II-Studie zu Ustekinumab, die nach 24 Wochen eine signifikante Reduktion von Krankheitsaktivität (v. a. Arthritis und Haut) und Schüben unter dem IL-12/23-Inhibitor ergeben hatte. In der Studie waren 102 seropositive, aktive SLE-Patienten (SLEDAI ≥6, ≥1 BILAG A und/ oder ≥2 BILAG B-Scores) im Verhältnis 3:2 auf Ustekinumab (initial 6 mg/kg i.v.-Infusion, danach 90 mg s.c. q8w beginnend in Woche 8, n=60) oder Placebo (n=42) auf dem Boden einer Standardtherapie (SoC) randomisiert worden. Letztere wechselten in Woche 24 auf Ustekinumab 90 mg s.c. q8w. Den primären Endpunkt eines SLE Responder Index (SRI)-4-Ansprechens in Woche 24 hatten signifikant mehr Patienten unter Ustekinumab (62 vs. 33 % p=0,0057) erreicht.

Positive 1-Jahres-Daten zu Ustekinumab Das SRI-4-Ansprechen blieb bis Woche 48 konstant (63 %), ein SRI-6-Ansprechen zeigten 47 % der Patienten (in Woche 24 43 %). Auch die Anteile von Patienten mit Verbesserung des SLEDAI-2K-Scores ab Baseline ≥4 Punkte (Woche 24/48: 65 bzw. 67 %) und ≥30 % Verbesserung im PhGA (Woche 24/48: 68 bzw. 75 %) blieben ebenso erhalten wie Organ-spezifische Scores (≥50 % Verbesserung aktiver Gelenke: 87 % in Woche 24/48 sowie ≥50 % Verbesserung der Haut im CLASI-Score bei 53 bzw. 69 % in Woche 24/48). Bei den in Woche 24 von Placebo auf Verum wechselnden Patienten kam es zu einem ca. 10-20 % höheren Ansprechen in Woche 48. Die Rate schwerer BILAG-Schübe nahm von 2,1/10.000 Patiententagen in Woche 0-24 unter Ustekinumab auf 1,1/10.000 in den Wochen 24-48 ab, bei den vormaligen Placebo-Patienten sank sie von 8,4 auf 4,6/10.000 Patiententage in den Wochen 24-48. Das Auftreten schwerer BILAG-Schübe nahm scharf ab nach ca. 8 bzw. 32 Wochen (unter Ustekinumab bzw. nach dem Wechsel darauf). Es wurden keine Todesfälle, Malignitäten, opportunistische Infektionen, Tuberkulose-Fälle und unerwartete unerwünschte Ereignisse verzeichnet. Das Sicherheitsprofil des IL-12/23-Inhibitors war wie in den anderen Indikationen gut (1), auf künftige Phase-III-Daten kann man (wie auch für Baricitinib) mit der bei SLE stets angebrachten Skepsis sehr gespannt sein.

In der neuen EULAR-Leitlinie zum Therapiemanagement des SLE (2) wird nun – primär bei Patienten mit hoher klinischer und/oder serologischer Krankheitsaktivität – auch endlich Belimumab empfohlen, und kann nach Versagen einer Standardtherapie (Hydroxychloroquin, Steroid) oder hohem Steroidbedarf noch vor Immunsuppressiva (oder danach) eingesetzt werden. Die große Post Marketing-Studie BASE mit über 4.000 Patienten bestätigt dessen gute Sicherheit (Tod, Malignitäten, kardiovaskuläres Risiko), als einziges Signal fiel nach 52 Wochen ein – bei allerdings sehr geringen Fallzahlen – minimal erhöhtes Risiko für Depression und Suizidgedanken auf. (3) Fortgesetzt gute 2-Jahres-Daten bei refraktärem SLE bot die sequenzielle Kombination aus Rituximab und Belimumab in der niederländischen Pilotstudie SynBioSe. (4) Genauere Erkenntnisse zu diesem Wirkprinzip sind von der Phase-III-Studie BLISS BELIEVE zu erwarten. Eine explizite Forderung der aktuellen EULAR-Empfehlungen zielt auf die konsequente Reduktion der Steroidlast ab. So sollen Glukokortikoide primär zu Behandlungsbeginn und im Schub, aber nicht oder nur möglichst niedrig dosiert in der Erhaltungstherapie eingesetzt werden. Dass dies leichter gesagt als getan ist, ergab die CORTICOLUP-Studie mit 124 SLE-Patienten, die unter einer stabilen SoC mindestens 12 Monate in Remission waren, und deren niedrig dosierte Prednison-Therapie (5 mg) ausgeschlichen werden sollte. Gegenüber Patienten mit fortgeführter Steroidtherapie kam es im weiteren Verlauf zu einem signifikanten Anstieg der Schubrate (17 vs. 4; p=0,0034), wobei zumeist milde bis moderate Flares auftraten. Bezüglich schwerer Krankheitsschübe war allerdings kein signifikanter Unterschied erkennbar. (5) m

Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 91 (OP0041) 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(6): 736-745 3 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 266 (LB0012) 4 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 91-92 (OP0042) 5 Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 92 (OP0043)


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RHEUMATISCHE NEBENWIRKUNGEN DER KREBS-IMMUNTHERAPIE

Erste EULAR-Empfehlungen zu Diagnose und Management von irAEs Rheumatische, immun-assoziierte unerwünschte Ereignisse, oft muskuloskelettale Manifestationen, die als Begleiterscheinung und oft Zeichen eines guten Ansprechens bei onkologischen Patienten unter einer Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) auftreten, spielen mit deren zunehmendem Einsatz eine immer größere Rolle auch in der rheumatologischen Praxis. Aus diesem Grund entwickelte eine aus 19 Experten bestehende EULAR Task Force (darunter 14 Rheumatologen, zwei Internisten und drei Onkologen aus Europa und Nordamerika) um Marie Kostine, Bordeaux (Frankreich), jetzt auf Basis eines systemischen Literaturreviews und Expertenmeinungen erstmals evidenzbasierte Empfehlungen zu deren Diagnostik und Therapie.

Das Ergebnis der Literaturauswertung waren nach zwei Meetings und Abstimmungen 4 übergreifende Prinzipien und 10 spezifische Empfehlungen.

ermutigt werden, sofort einen Rheumatologen hinzuzuziehen, der dann einen erleichterten Zugang für diese Patienten gewähren sollte.

Die übergreifenden Prinzipien besagen: Rheumatische und muskuloskettale immun-assoziierte unerwünschte Ereignisse (irAEs) treten als Manifestationen einer Immuntherapie bei Krebspatienten auf. Das Management rheumatischer und muskuloskettaler irAEs sollte auf einer „shared decision“ von Patienten, Onkologen und Rheumatologen basieren. Rheumatologen sollten sich mit Onkologen in Verbindung setzen, um zur interdisziplinären Versorgung von Patienten mit muskuloskettalen Zeichen und Symptomen beizutragen. Die Rolle des Rheumatologen ist das Assistieren von Onkologen bei der Differenzialdiagnose und bei der Rückführung von rheumatischen und muskuloskettalen Symptomen auf ein akzeptables Niveau, welches die Fortführung einer effektiven Krebs-Immuntherapie erlaubt.

Diagnostisches Work-up: Metastasen, paraneoplastische Syndrome und rheumatische Erkrankungen ohne Bezug zur ICI-Therapie sollten als potenzielle Differenzialdiagnosen von irAEs erachtet werden. Das umfassende Assessment sollte auf den Nachweis einer Entzündung der Zielorgane fokussieren, basierend auf Anamnese, klinischen Features, Labortests, Bildgebung und/oder Biopsien.

Zehn Empfehlungen im Überblick Klinische Entitäten: Rheumatologen sollten sich des weiten Spektrums klinischer Präsentationen rheumatischer und/oder systemischer irAEs, die oft nicht die traditionellen Klassifikationskriterien erfüllen, bewusst sein. Zuweisungsprozess: Onkologen sollten bei V. a. rheumatische, muskuloskelettale oder systemische Zeichen und Symptome infolge der Immuntherapie dazu

Zur Therapie: Im Falle einer Ineffektivität symptomatischer Therapien und in Abhängigkeit von der Krankheitsschwere, sollten lokale und/oder systemische Glukokortikoide (GK) bei irAEs und CTD (Kollagenose)-artigen Symptomen erwogen werden. Dosierungen und Administrationsrouten sollten gemäß klinischer Entität und Aktivität gewählt werden. Nach erreichter Besserung sollten systemische GK auf die zur Symptomkontrolle erforderliche, geringstmögliche Dosis reduziert werden. Bei unzureichendem Ansprechen auf eine akzeptable GK-Dosis oder erforderlicher Steroideinsparung sollten csDMARDs erwogen werden. Bei schweren irAEs und CTD-artigen Symptomen oder unzureichendem csDMARDAnsprechen können bDMARDs erwogen werden, bei entzündlicher Arthritis präferenziell TNFα- oder IL-6-Inhibitoren. ICI-Regime: Die Entscheidung für oder gegen das Fortsetzen der ICI-Therapie sollte basieren auf der Schwere der ir-

AEs, dem Ausmaß der benötigten Immunsuppression, dem Tumoransprechen, dessen Dauer und dem künftigem onkologischen Behandlungsplan, in gemeinsamer Entscheidung mit dem Patienten. Zu speziellen Situationen: Bei Myositis kann ein Abbruch der ICI-Therapie diskutiert werden. Im Falle lebensbedrohlicher Manifestationen (Dysphagie, Dysarthrie oder Dysphonie sowie Dyspnoe und Myokarditis) sollten Hochdosis-GK, IVIG und/oder ein Plasmaaustausch erwogen werden; das Stoppen der ICI-Therapie ist dann immer erforderlich. Vorexistierende rheumatische oder CTDErkrankungen schließen eine ICI nicht aus. Immunsuppressiva sollten in der niedrigstmöglichen Dosis beibehalten werden (GK: <10 mg/Tag Prednisolon, falls möglich). Bei Patienten mit Flare der Grunderkrankung oder irAEs können GK und/oder csDMARDs erforderlich sein. Baseline-Screening: Vor Beginn der ICI-Therapie gibt es keine Indikation dafür, jeden Patienten auf Autoantikörper zu testen. Im Falle unerklärlicher rheumatischer, muskuloskelettaler oder systemischer Symptome sollte eine vollständige rheumatologische Abklärung durchgeführt werden. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 158 (OP0165)


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ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN

Herpes zoster: Neue Vakzine effektiv und sicher Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und anderen systemisch-rheumatischen Erkrankungen weisen ein per se und aufgrund ihrer Medikation mit Glukokortikoiden, Methotrexat, Biologika und vor allem JAK-Inhibitoren erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Herpes zoster auf. Der seit 2018 verfügbare adjuvantierte Totimpfstoff Shingrix weist eine Effektivität von über 90 % auf und bietet bei Patienten unter immunsuppressiven Therapien klare Vorteile gegenüber dem bisherigen Lebendimpfstoff.

Unklar war bislang, ob das verwendete Adjuvans Schübe der Rheumaerkrankungen triggern und in solchen Kollektiven zu vermehrten Nebenwirkungen führen könnte. Eine als Poster von Emma Stevens, Boston (USA), präsentierte monozentrische, retrospektive Studie mit 300 Patienten der Jahre 2018 bis 2019 (69 % mit RA), welche Shingrix und die genannten Medikamente erhielten (so z. B. 15 % Tofacitinib), gibt diesbezüglich Entwarnung. Ein Schub (neue, klinische Symptome bzw. Glukokortikoid [GK]Verordnung oder auch -Dosiserhöhung) musste binnen 12 Wochen nach der Vakzinierung aufgetreten sein. Zusätzlich wurden die typischen Nebenwirkungen

der Vakzine dokumentiert. Nach einem durchschnittlichen Follow-up von 12,5 Wochen wurde nur in 9 bzw. 4 Fällen (3,0 bzw. 2,9 %) nach der ersten bzw. zweiten Impfdosis ein Flare verzeichnet (ein Patient mit Schub nach 1. und 2. Dosis). Alle Schübe waren jedoch mild, selbstlimitierend, sprachen gut auf niedrig-dosierte GK an und erforderten auch keine Eskalation der immunsuppressiven Therapie. 15,3 % (n=46) der Patienten klagten über Nebenwirkungen der Vakzine wie Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Magenschmerzen und Grippe-artige Symptome. Bei den Patienten, auf die das zutraf, geschah dies zu 15,4 % (n=40)

nach der ersten und zu 8,6 % (n=11) nach der zweiten Dosis (bei 5 Patienten nach 1. und 2. Dosis). Alle Nebenwirkungen von Shingrix wurden als mild eingestuft und bedurften keiner Aufnahme in die Notfallambulanz. Wichtig auch: Es traten keine Herpes zoster-Fälle auf. Bei einer Schubrate von 3 % und nur milden Nebenwirkungen bei 15 % der Patienten scheint die Vakzine in der rheumatologischen Praxis gut und sicher anwendbar zu sein, auch wenn dies noch der formellen Bestätigung in größeren Studien bedarf. m Quelle: Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 695 (FRI0068)

PÄDIATRISCHE RHEUMATOLOGIE

IFNγ-Blocker effektiv bei Makrophagenaktivierungssyndrom Zur pädiatrischen Rheumatologie gab es auf dem EULAR mehrere relevante Studien zur juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) und JIA-assoziierten Uveitis. Berichtet sei hier aber über eine internationale Pilotstudie von Fabrizio De Benedetti, Rom (Italien), und Kollegen, die ergab, dass sich ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) als schwere Komplikation einer systemischen JIA (sJIA) gut und sicher mit dem bei primärer Hämophagozytischer Lymphohistiozytose (HLH) eingesetzten Interferon (IFN)-γAntikörper Emapalumab kontrollieren lässt.

In die einarmige Open-label-Studie wurden sechs sJIA-Patienten (5 weiblich, im Mittel 11 Jahre) mit MAS und inadäquatem Ansprechen auf hochdosierte i.v.Glukokortikoide (GK) eingeschlossen (in 2 Fällen auch Versagen auf Ciclosporin [CsA] und in 2 weiteren auf CsA und Anakinra). Emapalumab wurde initial in einer Dosierung von 6 mg/kg gegeben, danach 2x wöchentlich 3 mg/kg für ≤4 Wochen bis zum Erreichen eines kompletten Ansprechens. Der Serumspiegel von Emapalumab wurde ebenso erfasst wie jener der IFNγ-induzierten Chemokine CXCL9 und sIL2R. In puncto Sicher-

heit wurden unerwünschte Ereignisse und Laborwertveränderungen bestimmt. Die Effektivität war definiert als komplettes Ansprechen in Woche 8, d. h. keine klinische MAS-Zeichen plus Leuko- und Lymphozytenzahlen im unteren Normbereich, LDH, AST/ALT <1,5 x oberer Normbereich, Fibrinogen >100 mg/dl und Ferritin-Abnahme >80 % oder auf <2.000 ng/ml. Die erreichten Emapalumab-Konzentrationen führten gemäß der CXCL9- und SIL2R-Spiegel zu einer raschen Neutralisierung von IFNγ. Alle Patienten erreich-

ten ein komplettes Ansprechen in Woche 8. Systemische GK konnten bei allen Teilnehmern abgesetzt werden. Emapalumab wurden gut vertragen, es kam zu keinem vorzeitigen Studienabbruch. Eine Zytomegalie-Virus-Reaktivierung als potenziell therapieassoziierte Nebenwirkung konnte unter Therapie völlig beherrscht werden. Als Fazit lässt sich somit ziehen, dass Emapalumab auch bei MAS eine effektive und sichere Therapie darzustellen scheint. m Quelle: Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 178 (OP0204)


INDUSTRIE-BERICHT

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RIESENZELLARTERIITIS

Neue Erkenntnisse zu Tocilizumab vom EULAR 2019 Auf dem EULAR-Kongress 2019 in Madrid wurden neue 3-Jahres-Langzeitdaten der GIACTA-Studie vorgestellt, die aufs Neue das Potenzial des IL-6-Rezeptorblockers Tocilizumab in Bezug auf den Erhalt der klinischen Remission und das Einsparen von Glukokortikoiden (GK) bei Patienten mit Riesenzellarteriitis (RZA) aufzeigen.

Die aktuell von Studienleiter Prof. John H. Stone, Boston (USA), vorgestellten Daten aus der offenen Verlängerungsphase der Phase-III-Zulassungsstudie GiACTA unterstreichen auch bei RZAPatienten die Relevanz einer effektiven GK-Reduktion, die durch die Therapie mit Tocilizumab (RoActemra®) ermöglicht wird. Nahezu die Hälfte der Studienteilnehmer, die in der verblindeten Phase der Studie bis Woche 52 wöchentlich mit Tocilizumab behandelt worden waren, befand sich auch am Ende der 2-jährigen Verlängerungsphase noch in einer anhaltenden klinischen Remission. Während der offenen Verlängerung benötigten mit Tocilizumab behandelte Patienten in anhaltender klinischer Remission zudem seltener eine Therapiefortsetzung

zum Erhalt dieser Remission: 65 % der ursprünglich mit dem IL-6-Rezeptorinhibitor behandelten Patienten benötigten keinerlei Therapie (weder Tocilizumab noch GK), verglichen mit 45 % der Patienten, die in der verblindeten Phase mit einer Prednison-Monotherapie behandelt worden waren. Das große GK-Einsparpotenzial wird auch bei Betrachtung der kumulativen, medianen GK-Dosis deutlich: Patienten, die ursprünglich wöchentlich mit Tocilizumab behandelt worden waren, erhielten während der Verlängerungsphase im Mittel 785 mg GK und über die komplette Studiendauer von drei Jahren kumulativ 2.647 mg GK. Im Vergleich dazu benötigten Patienten aus den ehemaligen

GK-Monotherapie-Armen während der Verlängerungsphase mit 1.952 mg bzw. 1.505 mg (Ausschleichen über 26 bzw. 52 Wochen) fast die doppelte Menge. Ihre kumulative GK-Gesamtdosis betrug über die drei Jahre 5.248 bzw. 5.323 mg (26bzw. 52-wöchiges Tapering). Auch in der Verlängerungsphase traten keine neuen Sicherheitssignale auf. Damit konnte für Tocilizumab über einen Zeitraum von drei Jahren sowohl die Langzeitwirksamkeit als auch -sicherheit sowie ein anhaltender, steroidsparender Effekt nachgewiesen werden. m

Quelle: Medienmitteilung Roche Pharma AG & Chugai Pharma Germany GmbH, 8. Juli 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Tofacitinib: Gute Wirksamkeit und hohes Drug Survival Aktuell auf dem EULAR-Kongress 2019 in Madrid präsentierte Daten zu dem oralen JAK-Inhibitor Tofacitinib bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis (RA) zeigen, dass dieser sowohl in Kombination mit Methotrexat (MTX) als auch in Monotherapie gut und langfristig wirksam ist.

Für Tofacitinib (Xeljanz®) in Kombination mit MTX ist ein hohes und mit bDMARDs vergleichbares Ansprechen in der Zweitlinientherapie belegt. In einer NetzwerkMeta-Analyse erwies sich nach 24 Wochen die Kombination mit MTX gegenüber einer Monotherapie (ohne MTX) nicht nur für Tofacitinib 5 mg 2x täglich hinsichtlich des ACR20/50/70-Ansprechens (71,0/52,2/28,7 %) als effektiver, sondern auch für TNFα-Inhibitoren (TNFi). Bei MTX-Unverträglichkeit oder Kontraindikation kann Tofacitinib auch gut als Monotherapie eingesetzt werden. Im US-amerikanischen CORRONA-Register war das Therapieansprechen ähn-

lich gut wie unter der Kombinationstherapie. Nach Daten des schweizerischen RA-Registers könnte Tofacitinib in der Monotherapie hinsichtlich Wirksamkeit und Therapietreue im Vergleich zu TNFi sogar numerisch vorne liegen. Eine langfristige Wirksamkeit belegen gepoolte Daten aus Langzeitextensionen der klinischen Studien ORAL Sequel und A3921041 zu 1.535 RA-Patienten über bis zu 9,5 Jahre Behandlungsdauer. Unter Tofacitinib 5 mg 2x täglich betrug die mediane Persistenz 5,2 Jahre. Bei seropositiven RA-Patienten war sie tendenziell höher. Die Therapieadhärenz war unter

Tofacitinib in der Mono- genauso hoch wie unter der Kombinationstherapie. Auch die Langzeitsicherheit spricht für Tofacitinib. Eine weitere Auswertung des CORRONA-Registers fand vergleichbare Raten an schweren Infektionen (3,51 vs. 3,29 pro 100 Patientenjahre, PJ) wie unter bDMARD. Die Rate an Herpes Zoster-Infektionen lag unter Tofacitinib höher (1,79 vs. 0,77). Jedoch gab es kein erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien gab (2,43 vs. 2,59/100 PJ mit bDMARDs). m Quelle: Pressemitteilung Pfizer Deutschland GmbH, 11. Juli 2019


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INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Wege zu optimierten Therapieergebnissen mit Methotrexat Selbst in Zeiten neuer Biologika und JAK-Inhibitoren bleibt Methotrexat (MTX) das bevorzugte Erstlinien-Therapeutikum bei rheumatoider Arthritis (RA) und gilt dort nach wie vor als Goldstandard. Dies erkennen auch die aktuellen EULAR- und ACR-Leitlinien an, die die DMARD-Mono- gegenüber der Kombinationstherapie empfehlen und MTX als bevorzugtes Erstlinien-DMARD nennen. Zugleich ist Methotrexat seit Langem auch in der Kombinationstherapie mit Biologika etabliert.

In letzter Zeit wurde allerdings Kritik laut, dass das Potenzial von MTX sowohl hinsichtlich der Anwendungshäufigkeit und der Dosierung als auch in Bezug auf die Applikationsform nicht voll ausgeschöpft werde. Dr. Dario Camellino, Genua (Italien), verwies daher erneut auf die belegten Vorteile der subkutanen (s.c.) Gabe. Diese zeige eine bessere Bioverfügbarkeit, durch die MTX-Polyglutamatisierung eine bessere Wirksamkeit und zudem eine bessere Verträglichkeit, da der Gastrointestinaltrakt umgangen wird. Die letzten Weiterentwicklungen wie die Arzneimittelkonzentration von 50 mg/ml und damit korrelierende Reduzierung des Injektionsvolumens sowie

die erleichterte Applikation mithilfe der Medac-Autoinjektoren (Metoject®, Metex®, Rasuvo™) fördern zudem die Therapietreue. Dr. Carter Thorne, Newmarket (Kanada), bestätigte die Vorteile von s.c. MTX anhand von Best-Practice-Erfahrungen. Die kanadische Beobachtungskohorte CATCH zu Patienten mit früher RA belegt die Vorteile einer optimierten Dosierung und s.c.-Applikation. So zeigte sich, dass vor allem in der Initialtherapie eine optimierte Dosierung mit einem verbesserten Ansprechen und geringeren Therapieversagen einhergeht. Mit der s.c.Gabe wird gerade ab Dosierungen von

>15 mg/Woche die Resorption von MTX verbessert. Neue Studienergebnisse unterstreichen laut Thorne, dass „Patienten mit subkutaner MTX-Monotherapie im Vergleich zu oralem MTX seltener wechseln (45 vs. 79 %) und länger auf die Behandlung ansprechen.“ Mit Blick auf die Dosierung resümierte Thorne, dass „eine Initialtherapie mit optimierter MTX-Dosierung von 25 mg/ Woche subkutan verabreicht einen besseren Therapieerfolg ermöglicht.” m Quelle: Pressemitteilung und Symposium medac, EULAR-Kongress, Madrid, 13. Juni 2019

BIOSIMILARS IN DER RHEUMATOLOGIE

Adalimumab-Biosimilar bietet große Chancen Nach seiner europäischen Zulassung im September 2018 war das Adalimumab-Hulio® Anfang Dezember auf dem deutschen Markt eingeführt worden und verbreitert die Palette verfügbarer Biosimilars zu dem am häufigsten eingesetzten TNFα-Inhibitor. Hulio® stellt eine bedeutende Ergänzung des mit 20 Biosimilars im Vertrieb oder in der Entwicklung umfangreichen Portfolios von Mylan dar und ist das erste vom Unternehmen in den europäischen Markt eingeführte Anti-TNFα-Biosimilar.

Die europäische Zulassung für Hulio® wurde auf Basis einer Phase-I- und der Phase-III-Studie ARABESC erteilt. 728 Patienten, die unter moderat bis schwer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) litten, seit ≥3 Monaten Methotrexat (MTX) einnahmen und darunter keine adäquate Krankheitskontrolle erzielten, waren im Verhältnis 1:1 auf alle zwei Wochen Hulio® 40 mg/0,8 ml oder das Referenzprodukt Humira® 40 mg/0,8 ml in Kombination mit MTX randomisiert worden. Das ACR20-Ansprechen in Woche 24 war mit 74,4 vs. 75,7 % in beiden Therapiearmen vergleichbar, ebenso der DAS28CRP-Score in Woche 24 (3,43 vs. 3,42).

Schwere unerwünschte Ereignisse traten ähnlich selten auf (4,1 vs. 5,2 %). Die Zulassung von Hulio® gilt wie gehabt für das gesamte Indikationsspektrum des Adalimumab-Originals. Angesichts der bislang in Deutschland geringen Verordnungsquoten von Biologika, die aus Budgetgründen zudem oft relativ spät eingesetzt wurden, begrüßte Prof. Dr. Rieke Alten, Berlin, ausdrücklich die durch die EMA streng kontrollierten Biosimilars entstehenden neuen Möglichkeiten einer besseren Patientenversorgung. Das Vertrauen in diese Produkte sei hoch, vermehrt werden – im Fall

von Adalimumab erfolgen ca. 50 % aller Verordnungen mit einem Biosimilar – auch bereits mit dem Original behandelte Patienten auf ein solches umgestellt. Voraussetzung ist laut Alten seitens der Rheumatologen, diese Produkte eingehend dem Patienten zu erklären, um keine Einbußen in puncto Adhärenz zu riskieren. Auf der Habenseite steht nach ihren Worten, dass offenbar immer mehr Rheumatologen dafür offen sind, früher eine „biosimilare“ Biologika-Therapie zu initiieren. m Quelle: Media Round Table Mylan, EULAR-Kongress, Madrid, 12. Juni 2019


INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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SYSTEMISCHE SKLEROSE

Bei ILD wirkt Nintedanib effektiv der Fibrosierung entgegen Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) sind rund ein Drittel aller damit assoziierter Todesfälle auf eine interstitieller Lungenerkrankung (ILD) als eine der Hauptkomplikationen dieser Kollagenose zurückzuführen. Bisher angewendete Off-label-Therapien bei SSc-ILD sind Cyclophosphamid (CYC) und Mycophenolat Mofetil (MMF). Die auf dem EULAR vorgestellte und kurz zuvor im New England Journal of Medicine publizierte Phase-III-Studie SENSCIS dürfte zu einem Paradigmenwechsel führen: Der bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) bereits zugelassene, gegen drei Wachstumsfaktoren wirkende Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib bremste effektiv den Verlust der Lungenfunktion bei Patienten mit SSc-ILD.

Im Rahmen des EULAR-Kongresses rief eine Diskussionsrunde mit SSc-ILD-Patienten deren Nöte und die unbefriedigende Behandlungssituation in Erinnerung. Bislang fehlt es an zugelassenen Therapien, speziell CYC ist mit gravierenden Nebenwirkungen behaftet. Mit Nintedanib steht nun wohl erstmals ein realistischer Therapiekandidat bei SSC-ILD vor der Zulassung. In der von Studienleiter Prof. Dr. Oliver Distler, Zürich (Schweiz), vorgestellten doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie SENSCIS, an der 576 Patienten in 32 Ländern teilnahmen, erreichte Nintedanib signifikant den primären Endpunkt, die Reduktion des Verlustes der forcierten Vitalkapazität (FVC; ml/Jahr) bei SSc-Patienten mit assoziierter ILD. Die FVC ist ein etablierter Parameter der Lungenfunktion. Mit dem Fortschreiten der Lungenfibrose

verschlechtert diese sich zunehmend und irreversibel. Wie die Studienergebnisse zeigen, bremst Nintedanib den Verlust der Lungenfunktion bei Patienten mit SSc-ILD im Vergleich zu Placebo effektiv. Bei mit Nintedanib behandelten Patienten war der Verlust der Lungenfunktion mit der FVC als Maß nach 52 Wochen um 44 % gegenüber Placebo reduziert (absolute Differenz 41,0 ml/Jahr; p=0,04). Diese relative Differenz ist vergleichbar mit den Ergebnissen zu Nintedanib in den Phase-III-Studien INPULSIS-1 und -2 bei IPF-Patienten (absolute Differenz 110 ml/Jahr, -49 %), die aber von Beginn an schlechter waren und eine raschere Abnahme der Lungenfunktion aufwiesen. Dies ist ein beachtliches Ergebnis, zumal ca. 50 % der Patienten auf MMF waren und das Kollektiv (≥10 % Lungenfibrose im HRCT, FVC ≥40 %, DLCO 30-89 %) praxistypisch und noch nicht zu schwer erkrankt war – wohl auch ein

Grund dafür, dass sich die Dyspnoebezogene Lebensqualität als sekundärer Endpunkt nicht signifikant besserte. Auch eine Verbesserung der Hautfibrose (im mRSS als weiterem sekundären Endpunkt) wurde nicht erreicht, sodass die Zulassung von Nintedanib selektiv für SSc-ILD angestrebt wird. Entsprechende Anträge bei FDA und EMA wurden im ersten Quartal 2019 eingereicht, wobei die FDA kürzlich bereits eine vorrangige Prüfung gewährt hat. Das Sicherheitsprofil von Nintedanib entspricht jenem bei IPF, vor allem gastrointestinale Nebenwirkungen, insbesondere Diarrhöe, meist mild bis moderat ausgeprägt, sind laut Distler zu erwarten. m

Quelle: Presseveranstaltung Boehringer Ingelheim, EULAR-Kongress, Madrid, 12. Juni 2019

PHARMANEWS

Biosimilar jetzt noch preisgünstiger

Aktualisierung der EU-Fachinformation

Seit dem 1. Juni hat Hexal den Preis seines Etanercept-Biosimilars Erelzi® deutlich reduziert: Nach der Preissenkung liegt der Preisvorteil gegenüber dem Etanercept-Referenzprodukt Enbrel® bei bis zu 40 % (Apothekenverkaufspreis, AVP). Die Einund Umstellung auf Erelzi® schafft so zusätzliche Freiräume, um weiteren Patienten Zugang zu einer Etanercept-Behandlung verschaffen zu können. Durch eine breite Rabattvertragsabdeckung von Erelzi® können über 95 % der GKV-Versicherten erreicht werden. m

Die Fachinformation für das Adalimumab-Biosimilar Imraldi™ wurde für die Europäische Union (EU) aktualisiert und für die Lagerbedingungen erweitert. So wurde Imraldi™ nun auch für die Lagerung in ungekühltem Zustand (bis zu 25 °C) für einen Zeitraum von bis zu 28 Tagen zugelassen. Die Aktualisierung erfolgte auf Basis einer Studie, welche belegen konnte, dass das Adalimumab-Biosimilar von Samsung Bioepis bei Zimmertemperatur (bis zu 25 °C) 28 Tage lang physikochemisch und biologisch stabil bleibt. m

Pressemitteilung Hexal AG, 29. Mai 2019

Pressemitteilung Samsung Bioepis Co. Ltd., 24. Juni 2019


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INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Neue EULAR-Leitlinie: Früher Einsatz von Belimumab sinnvoll Seit Juli 2011 bietet der zielgerichtet wirksame BLyS-spezifische Inhibitor Belimumab für Patienten mit aktivem systemischem Lupus erythematodes (SLE) die Chance einer langfristig stabilisierenden Erhaltungstherapie mit – wie aktuelle Daten verdeutlichen – großem Potenzial, akkumulierende Endorganschäden zu verzögern oder zu verhindern. Bei klinisch und serologisch aktiven SLE-Patienten bietet das einzige für den SLE zugelassene Biologikum eine Möglichkeit, das stets anzustrebende Behandlungsziel einer Remission bei möglichst niedriger Therapietoxizität zu erreichen. Gemäß den neuen EULAR-Empfehlungen zum SLE besteht explizit die Option, Belimumab früh nach erfolgloser Standardtherapie mit Antimalariamittel und Steroid einzusetzen.

Vor dem Hintergrund, dass es bei 40-50 % der SLE-Patienten nur fünf Jahre nach Diagnosestellung zu ersten irreversiblen Organschäden (Damage) kommt, rief Prof. Dr. Alejandro Olivé Marqués, Barcelona (Spanien), im Rahmen des EULAR-Kongresses 2019 die kurz- und langfristigen Therapieziele bei SLE in Erinnerung. Primäres Ziel ist im Einklang mit den Treat-totarget (T2T)-Empfehlungen (1) und der kürzlich aktualisierten EULAR-Leitlinie (2) das frühe Erreichen einer Remission oder zumindest niedrigen Krankheitsaktivität, was mit weniger Schüben, weniger Organschäden, niedrigerer kumulativer Steroiddosis, geringerer Krankheitsaktivität und kürzerer Zeit mit aktiver Erkrankung assoziiert ist.

Frühe Krankheitskontrolle bedeutet weniger Organschäden Vor allem die Verhinderung von im SLICC Damage Score (SDI) erfassten Organschäden ist essenziell, da diese im Verlauf mit akkumulierenden Endorganschäden und einer erhöhten Mortalität verknüpft sind. Eine rasche Krankheitskontrolle oder besser noch Remission zur Vermeidung von Schüben ist daher unerlässlich, so Olivé Marqués. Dabei sollen Steroide nur nied-

Patienten ohne Organschaden (%)

100

Belimumab KM

80 Belimumab exponentiell Hazard ratio = 0,036

SoC KM

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SoC exponentiell Hazard ratio = 0,091

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Hazard ratio = 0,391 (95% CI 0,253-0,605); p<0,0001 KM = Kaplan-Meier 1

2

3

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7

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Jahre seit Baseline

Abb. 1: Zeit bis zur Progression von Organschäden in einer BLISS-LTE-Studie vs. Toronto Lupus Kohorte: Signifikante Vorteile von Belimumab + SoC vs. SoC (10)

rig dosiert eingesetzt und bestenfalls ganz abgesetzt werden und Faktoren wie Fatigue oder Schmerz, die die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten einschränken, müssen therapeutisch adressiert werden. Laut Dr. José A. Gómez-Puerta, Barcelona (Spanien), wurde die SLE-assoziierte Mortalität zwar stark zurückgedrängt, jedoch ist eine Remission eher selten und ein großer Teil der Patienten leidet trotz Standardtherapien (Standard of Care, SoC) unter einer residualen Krankheitsaktivität verbunden mit teils schweren Krankheitsschüben. Gesetzt als SoC bei SLE ist Hydroxychloroquin (HCQ), das prognostisch günstig, aber mit einer schlechten Adhärenz verbunden ist. Zweiter Baustein sind Glukokortikoide (GK), die eine rasche Krankheitskontrolle gerade im Schub erlauben, aber langfristig vor allem in Dosen ≥7,5 mg/Tag Organschäden begünstigen und das Infektionsrisiko in die Höhe treiben. Führen HCQ und GK nicht zum Erfolg, werden zur GK-Einsparung und Verbesserung der Krankheitskontrolle trotz eher mäßiger Evidenz meistens Methotrexat (MTX) oder Azathioprin (AZA) eingesetzt.

Belimumab: Bessere Krankheitskontrolle und Schubreduktion Im Gegensatz dazu verfügt Belimumab (Benlysta) inzwischen über eine überzeugende Evidenz zur Senkung der Krankheitsaktivität und Schubreduktion aus vier klinischen Phase-III-Studien, betonte Prof. Dr. Luca Iaccarino, Padua (Italien). In einer gepoolten Analyse der Phase-III-Studien BLISS-52/-76 (3, 4) erreichten unter Belimumab i.v. 10 mg/kg plus SoC gegenüber Placebo plus SoC 50,6 vs. 38,8 % der Teilnehmer den primären Endpunkt eines SLE Responder Index (SRI)-4-Ansprechens (p<0,001). (5) Noch größer war die Differenz bei jenen Patienten des europäischen Zulassungskollektivs mit hoher serologischer bzw. klinischer Krankheitsaktivität (51,5 vs. 31,7 %; p<0,001), bei denen schwere Schübe signifikant um 39 % (19,0 vs. 29,6 %; p=0,004) und im Trend auch Steroide (p=0,15) reduziert wurden, obwohl die Studien nicht auf den Nachweis einer Steroidreduktion ausgelegt waren. (5) Zusätzlich kam es zu einer signifikanten


INDUSTRIE-BERICHT

Dass sich die verbesserte Krankheitskontrolle und Schubreduktion auch in eine langfristig niedrigere Rate von Organschäden übersetzt, hatten zunächst Post-hoc-Daten einer BLISS-52/76Langzeitextension (LTE) gezeigt. Nach 5-6 Jahren Belimumab kam es bei 85 % der Patienten zu keinem Anstieg von Organschäden im SDI-Score. (9) Gestützt wird dieser Befund durch eine aktuelle 1:1 Propensity-Score-gematchte 5-Jahres-Analyse der BLISS-76 LTE-Kohorte verglichen mit Patienten mit alleiniger SoC-Therapie aus der Toronto Lupus Kohorte. Nach fünf Jahren wurde unter Belimumab (plus SoC) ein versus SoC signifikant niedrigerer Anstieg des SDI-Scores (n=je 99; -0,434; p<0,001) ausgemacht. Die jährliche Wahrscheinlichkeit für den Progress zu einem höheren SDI-Score war um 61 % geringer (p<0,001) (Abb. 1). Der Anteil von Patienten mit einem SDI-Anstieg um ≥2 war ohne Belimumab 5-fach erhöht (p=0,006). (10) Laut neuer EULAR-Empfehlung sollte Belimumab bei unzureichender Krankheitskontrolle unter einer SoC mit HCQ plus GK oder nicht möglicher Reduktion der GK-Dosis auf ≤7,5 mg/Tag erwogen werden, ein vorheriges Ausprobieren von MTX oder AZA ist nicht erforderlich – Belimumab kann also bereits relativ früh eingesetzt werden. Besonders vielversprechend ist dies, so Iaccarino, bei SLE-Patienten mit hoher Krankheitsaktivität (SLEDAI ≥10), hohen GK-Dosen (≥7,5 mg/Tag), serologischer Aktivität (niedriges C3/C4, hoher Anti-dsDNA-Titer) sowie kutanen und arthritischen Manifestationen. Dass diese Empfehlungen sinnvoll sind, bestätigen auch italienische Real-life-Daten von 458 Patienten: Nach 48 Monaten Follow-up erreichten 69,4 % unter Belimumab ein SRI-4-Ansprechen (p<0,001) mit einem SLEDAI-2K ≥10 zu Beginn als signifikantem Prädiktor.

Auch Patienten mit moderater Nierenbeteiligung profitieren Ein häufiges Missverständnis in Sachen Belimumab räumte Prof. Dr. Andreas Schwarting, Mainz/Bad Kreuznach, aus. So ist dieses bei Nierenbeteiligung keineswegs kontraindiziert. Bei schwerer, aktiver Lupusnephritis wird die Anwendung auf Grund der limitierten Datenlage nicht empfohlen. Eine Dosisanpassung ist bei Nierenfunktionsstörungen nicht erforderlich. In BLISS-52/-76 wurden 267 Patienten mit einer nicht-schweren und nicht-akuten Nierenbeteiligung (z. B. Proteinurie <6 g/ Tag, Kreatinin <2,5 mg/dl) eingeschlossen. Daten einer Posthoc-Analyse zeigten über die 52-wöchige Studiendauer einen positiven Effekt von Belimumab auf renale Parameter. So wurde eine initiale Proteinurie von ≥0,2 g/Tag unter Belimumab plus SoC gegenüber Placebo plus SoC signifikant gesenkt (Abb. 2) und die Rate renaler Schübe halbiert (1,4 vs. 3,0 %). (12) Wie er an einem Fallbeispiel demonstrierte, kann Belimumab durchaus erfolgreich bei renaler Beteiligung als langfristige Erhaltungstherapie eingesetzt werden und erhöht potenziell die Chance, einen renalen Progress zu unterbinden. m Quelle: Satellitensymposium GSK, EULAR-Kongress, Madrid (Spanien), 13. Juni 2019 Report mit freundlicher Unterstützung der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG

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Placebo + SoC (n=215)

Belimumab 10 mg/kg + SoC (n=228)

Abb. 2: Gepoolte Post hoc-Analyse der Phase-III-Studien BLISS52/76: Abnahme der Proteinurie (initial >0,2 g/24 h) unter Belimumab i.v. + SoC vs. Placebo + SoC (12)

Literatur: 1 van Vollenhoven RF et al., Ann Rheum Dis 2014; 73(6): 958-967 – 2 Fanouriakis A et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(6): 736-745 – 3 Navarra SV et al., Lancet 2011; 377(9767): 721–731 – 4 Furie R et al., Arthritis Rheum 2011; 63(12): 3918–3930 – 5 van Vollenhoven RF et al., Ann Rheum Dis 2012; 71(8): 1343–1349 – 6 Stohl W et al., Arthritis Rheumatol 2017; 69(5): 1016-1027 – 7 Wallace DJ et al., Arthritis Rheumatol 2019; doi: 10.1002/art.40861 – 8 Sheikh S et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl2): 266 – 9 Bruce IN et al., Lupus 2016; 25(7): 699–709 – 10 Urowitz MB et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(3): 372-379 – 11 Iaccarino L et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl 2): 778-779 – 12 Dooley MA et al., Lupus 2013; 22(1): 63-72

PM-DE-BEL-CLSM-190001 07.2019

Langfristige Organprotektion unter Belimumab möglich

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Die Schubfrequenz sank um 74 % (p<0,001) und auch die Steroideinsparung war beträchtlich und fiel deutlich größer als in den klinischen Phase-III-Studien aus. (11)

Medianer Rückgang der Proteinurie (%)

Verbesserung der Fatigue im FACIT-F-Score (Δ4,21 vs. 1,99; p<0,001). Konsistent mit diesen Ergebnissen zeigte die PhaseIII-Studie BLISS SC, dass die Gabe von 1x 200 mg/Woche Belimumab s.c. plus SoC in Woche 52 versus Placebo plus SoC zu einer klinisch bedeutsamen Reduktion der SLE-Krankheitsaktivität und Schubfrequenz führte (6), so Iaccarino. So erreichten in der Gesamtpopulation signifikant mehr Patienten ein SRI4-Ansprechen unter Belimumab s.c. plus SoC als unter Placebo plus SoC (61,4 vs. 48,4 %; p<0,0006). Erneut gelang eine signifikante Reduktion der Wahrscheinlichkeit schwerer Schübe um 42 % (10,6 vs. 18,2 %; p=0,0004). Das Sicherheitsprofil der i.v.- und s.c-Formulierung, die sich inzwischen bei etwa 75-80 % der Patienten durchgesetzt hat, ist vergleichbar gut. Auch aktuelle Langzeitdaten über bis zu 13 Jahre und die große 52-wöchige Post Marketing-Studie BASE mit über 4.000 Patienten bestätigen das günstige Nutzen-Risiko-Profil des BLySspezifischen Inhibitors. (7, 8)

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019


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INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Mit Upadacitinib künftig ehrgeizigere Ziele verfolgen Das Erreichen einer klinischen Remission bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) ist in Studien und mehr noch im Praxisalltag seltener als gedacht möglich, vor allem wenn statt dem DAS28 strengere Kriterien wie ACR/EULAR Boolean, CDAI oder SDAI angelegt werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass patientenrelevante Endpunkte wie Schmerz und Fatigue oft nicht ausreichend gebessert werden. Mit dem kurz vor der Zulassung stehenden JAK-1-Inhibitor Upadacitinib verbindet sich die Hoffnung, die bisher erreichbaren Remissionsraten weiter zu steigern.

Dass eine konsequente Treat-to-targetStrategie mit der Remission als Ziel bei RA-Patienten das Outcome verbessert ist unstrittig. So ist das Erreichen einer Remission sowohl mit einer verbesserten Lebensqualität, physischen Funktion und Arbeitsproduktivität verbunden, was einen häufigeren Erhalt der Arbeitsfähigkeit und seltenere Frühverrentungen bedeutet. Bei Diskussionen über hohe Therapiekosten bleibt allerdings die erreichbare, oft ganz erhebliche Senkung solcher indirekter Kosten vielfach außen vor. In der Praxis – in Registerstudien wird bis dato oft nur der DAS28 erfasst – ist eine anhaltende Remission gemäß CDAI oder SDAI aber selbst bei relativ frühem Einsatz von bDMARDs

doch eher selten. Wie Prof. Peter Nash, Brisbane (Australien), im Rahmen des EULAR-Kongresses darlegte, könnten sich mit JAK-Inhibitoren hier noch Steigerungen erzielen lassen. In der klassischen Situation nach csDMARD (i. e. Methotrexat, MTX)-Versagen bei weiter laufender MTX-Gabe war Tofacitinib in der ORAL Strategy-Studie in puncto CDAI- und SDAI-Remission in Monat 6 auf Augenhöhe mit Adalimumab. Für Baricitinib zeigte sich in Woche 24 in der RA-BEAM-Studie ein ähnliches Bild.

bisher höchsten CDAI- und SDAI-Remissionsraten ermittelt wurden. Bemerkenswert ist hier, dass in Woche 26 sowohl im CDAI ≤2,8 (23 vs. 14 %), SDAI ≤3,3 (24 vs. 14 %) und Boolean (18 vs. 10 %) eine signifikante Überlegenheit gegenüber Adalimumab ( je p≤0,001) gesehen wurde. Im Verbund mit weiteren vorteilhaften Studiendaten aus dem SELECTProgramm könnte der selektive JAK-1-Inhibitor Upadacitinib somit die Chance bieten, künftig mehr Patienten als bisher in Remission zu bringen. m

Der größte Hoffnungsträger ist derzeit Upadacitinib, für das in der SELECTCOMPARE-Studie zu diesem Zeitpunkt bei allerdings indirektem Vergleich die

Quelle: Satellitensymposium und Presse-Roundtable AbbVie, EULAR-Kongress, Madrid, 12./14. Juni 2019

PSORIASIS-ARTHRITIS

Aktuelle Real-World-Daten zu Ustekinumab Auf dem EULAR-Kongress in Madrid wurden neue Daten der prospektiven, nicht-interventionellen, multizentrischen Beobachtungsstudie SUSTAIN zu Ustekinumab bei Psoriasis-Arthritis (PsA) vorgestellt. Die Ergebnisse belegen eine schnelle und langanhaltende Wirksamkeit bei Patienten mit aktiver PsA unter Praxisbedingungen.

Die dritte Interimsanalyse der SUSTAINStudie schloss 336 PsA-Patienten ein, von denen 54,4 % mindestens einen TNFα-Inhibitor (TNFi) als Vortherapie erhalten hatten. Unter Ustekinumab (Stelara®) reduzierte sich die mittlere Anzahl druckschmerzhafter Gelenke von 10,0 zu Baseline auf 1,8 bis Woche 112. Die Anzahl geschwollener Gelenke sank von 4,1 auf 0,7. Die Schmerzbeurteilung durch die Patienten ging von 56,0 auf 34,3 (VAS) zurück. 89,9 % der Patienten und 91,9 % der Ärzte beurteilten die Wirksamkeit von Ustekinumab bis Woche 112 als „gut“ oder „sehr gut“. Alle Ärzte und

Patienten bewerteten zudem die Verträglichkeit von Ustekinumab bis Woche 112 als „sehr gut“ oder „gut“. Neu präsentiert wurden auch die 6-Monats-Ergebnisse zu 303 Patienten aus der prospektiven Beobachtungsstudie PsABio, die als Erst-, Zweit- oder Drittlinien-Therapie auf Ustekinumab oder einen TNFi als erstes bDMARD eingestellt wurden. Patienten, die unter Ustekinumab eine geringe Krankheitsaktivität oder Remission im cDAPSA erreichen, können demnach von einer klinisch relevanten, höheren Lebensqualität (HR-

QoL) profitieren. Sie berichteten auch von einer besseren körperlichen Aktivität (HAQ-DI) und weniger Schmerzen (VAS). 50,8 % der Patienten erreichten unter Ustekinumab nach sechs Monaten eine niedrige (LDA) und 28,8 % eine minimale cDAPSA-Krankheitsaktivität (MDA). Die neuen Real-World-Daten zeigen, dass Ustekinumab eine wirksame und sehr verträgliche Therapieoption ist, die PsA-Patienten die Chance auf eine verbesserte Lebensqualität bietet. m Quelle: Pressemitteilung Janssen-Cilag GmbH, 2. Juli 2019


INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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PSORIASIS-ARTHRITIS

Ixekizumab zeigt sich Adalimumab signifikant überlegen Die auf dem EULAR präsentierte SPIRIT-H2H-Studie ist der weltweit erste Head-to-Head (H2H)-Vergleich zweier Biologika bei der Psoriasis-Arthritis (PsA). In dieser direkten Vergleichsstudie konnte die Überlegenheit des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab gegenüber dem TNFα-Inhibitor Adalimumab beim Erreichen des primären kombinierten Endpunkts, dem gleichzeitigen Erreichen eines ACR50-Ansprechens sowie einer vollständig erscheinungsfreien Haut (PASI 100) in Woche 24, demonstriert werden. Auch die gute Verträglichkeit von Ixekizumab wurde mit den aktuellen Daten erneut bestätigt.

Die aktuell von Prof. Philip Mease, Seattle (USA), vorgestellten Ergebnisse der SPIRIT-H2H-Studie zeigen eine signifikante Überlegenheit des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab (Taltz®) im direkten Vergleich mit Adalimumab bei der Behandlung von 566 Patienten (283 je Arm) mit aktiver PsA in der Situation nach csDMARD (eine solche Begleittherapie, meistens MTX, erhielten ca. 70 % der Teilnehmer). Primärer Endpunkt war das gleichzeitige Erreichen eines ACR50-Ansprechens und PASI 100 in Woche 24. Unter Ixekizumab erreichten 36 % der Patienten den kombinierten Endpunkt, unter Adalimumab 28 % (p<0,05). Auch die beiden sekundären Schlüsselendpunkte wurden in Woche 24 erreicht. Ixekizumab zeigte eine Nicht-Unterlegenheit beim ACR50-Ansprechen im Vergleich zu Adalimumab; 51 % der Patienten unter

Ixekizumab (vs. 47 % unter Adalimumab) erreichten nach 24 Wochen ein ACR50Ansprechen. Deutlich überlegen war Ixekizumab beim Erreichen eines PASI 100: Nach 24 Wochen zeigten unter Ixekizumab 60 % der Patienten eine völlig erscheinungsfreie Haut im Vergleich zu 47 % der Patienten unter Adalimumab (p<0,001). Auch die gute Verträglichkeit von Ixekizumab wurde mit den aktuellen Daten erneut bestätigt. In der SPIRIT-H2H-Studie wurde auch die Wirksamkeit auf die bei PsA-Patienten häufige Enthesitis untersucht. Ixekizumab zeigte hier eine signifikant stärkere Wirksamkeit als Adalimumab: Über 56 % der mit Ixekizumab behandelten Patienten erreichten in Woche 24 eine Remission ihrer Enthesitis (SPARCC Enthesitis Index=0) gegenüber 45 % der Patienten unter Adalimumab. Zudem

konnte bei rund 90 % der Patienten, die zu Studienbeginn unter Daktylitis litten, eine vollständige Remission (LDI-B Score=0) in Woche 24 erzielt werden (88 % unter Ixekizumab vs. 93 % unter Adalimumab). Bei Patienten mit NagelPsoriasis wurde unter Ixekizumab bei 58 % dieser Patienten, im Vergleich zu 50 % unter Adalimumab, in Woche 24 eine Erscheinungsfreiheit (NAPSI=0) erreicht. Eine minimale Krankheitsaktivität (MDA) in Woche 24 erzielten mit 48 vs. 35 % (p<0,01) signifikant mehr Patienten unter dem IL-17A-Inhibitor, ebenso eine DAPSA-Remission (26 vs. 18 %; p<0,05). m

Quelle: Pressemitteilung Lilly und Late Breaking Abstract-Session, EULAR-Kongress, Madrid, 13./15. Juni 2019

RHEUMATOLOGY TODAY

Neues vom EULAR-Kongress 2019 in Madrid Auch in diesem Jahr wurde auf dem EULAR-Kongress in Madrid wieder ein umfangreiches Programm an wissenschaftlichen Highlights präsentiert. Aus den vorgestellten Forschungsergebnissen besuchten unsere Experten die für die Patientenversorgung wichtigsten Vorträge, analysierten die Ergebnisse und stellten diese kompakt vor der Kamera vor.

Die finale Auswahl der Experten ist jetzt auf Rheumatology TODAY einsehbar. Die Videobeiträge enthalten Zusammenfassungen aus den Bereichen Vaskulitiden, axiale SpA, PsA, Biologika-Monotherapie, Kollagenosen und Neues zur RATherapie. Die Inhalte sind auf www.rheumatology-today.de kostenlos für ein Jahr abrufbar, inklusive der Präsentationen zum Download. Zusätzlich fand erneut das einzige deutschsprachige Satelliten-

symposium des EULAR 2019 statt. Vor mehr als 350 Teilnehmern diskutierten die Referenten ihre persönlichen Kongresshöhepunkte. Die Highlight-Statements der Diskutanten können auf www. rheumatology-today.de angeschaut werden. Die Audiomitschnitte des Symposiums stehen als Podcast zur Verfügung.

gang zu Rheumatology TODAY erfolgt über einen DocCheck-Account oder anforderbare Login-Daten. Auf Wunsch informiert ein Newsfeed interessierte Fachärzte über aktuelle Programminhalte. Die Anmeldung ist direkt über www. rheumatology-today.de möglich. m

Dieser Service wird von Chugai Pharma, Roche und Novartis unterstützt. Der Zu-

Quelle: Pressemitteilung Rheumatology TODAY, 23. Juli 2019


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INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

EULAR 2019: Neues zu Baricitinib aus der Praxis Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) ist die Verträglichkeit eines der Hauptkriterien für die Therapiewahl. Für den JAK-Inhibitor Baricitinib demonstrierte erst zu Beginn des Jahres eine Vollpublikation die Langzeitverträglichkeit über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren. Eine auf dem EULAR-Kongress vorgestellte neue Auswertung belegt die gute Verträglichkeit von Baricitinib nun über sogar bis zu sieben Jahre. Überdies widmeten sich zahlreiche Poster auch der Real World Evidence (RWE) und analysierten den Einsatz von JAK-Inhibitoren im klinischen Alltag.

Die auf dem EULAR-Kongress vorgestellten Daten einer integrierten Sicherheitsanalyse belegen die gute Verträglichkeit des JAK-1/2-Inhibitors Baricitinib (Olumiant®) über einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren. Die Datenauswertung von mehr als 3.700 Patienten und über 10.100 Patientenjahre ergab keine neuen Sicherheitssignale. Baricitinib zeigte auch ein gutes kardiovaskuläres Verträglichkeitsprofil. Die Inzidenzrate (IR) je 100 Patientenjahre für schwere kardiale Komplikationen (MACE) und tiefe Venenthrombosen oder Lungenembolien (DVT/PE) lag jeweils bei 0,5/100 Patientenjahre. Zu den häufigsten Infektionen zählte Herpes zoster mit einer Inzidenz von 3,3.

In einer Analyse zu Herpes zoster wurde die Inzidenz im Langzeitverlauf und in Abhängigkeit von Risikofaktoren ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass diese im Zeitverlauf über drei Jahre nicht zunahm und stabil blieb. Die aufgetretenen Infektionen waren meist unkompliziert und betrafen nur ein Dermatom. Zu den Risikofaktoren zählten die geografische Lage, mit einer höheren Inzidenz in Asien, und das Patientenalter (Hazard Ratio: 1,3). Das Risiko für Herpes zoster steigt im Allgemeinen mit dem Lebensalter an. Eine aktuelle STIKO-Empfehlung sieht deshalb vor, dass Personen mit Risikofaktoren, wie z. B. einer RA-Erkrankung oder einer Immunsuppression, ab dem 50. Lebensjahr eine Herpes zoster-Impfung erhalten. Seit diesem Jahr gehört

die Shingrix®-Impfung deshalb auch für RA-Patienten ab 50 Jahren zur Kassenleistung. Ebenfalls neu vorgestellte RWEDaten gaben Aufschluss über die flexible Anwendung von Baricitinib im klinischen Alltag: Je nach Analyse und Standort war der Einsatz des JAK-1/2-Inhibitors im Therapiealgorithmus nach csDMARDoder bDMARD-Versagen sehr unterschiedlich. Der Anteil der Patienten, die Baricitinib direkt nach csDMARD-Versagen und damit vor Biologika erhielten, variierte zwischen 18 und 60 %. Etwa die Hälfte der Patienten erhielt Baricitinib als Monotherapie ohne MTX. m

Quelle: Pressemitteilung Lilly Deutschland GmbH, 18. Juni 2019

Update zu Sarilumab vom EULAR-Kongress Seit zwei Jahren steht mit dem monoklonalen humanen IL-6-Rezeptor (IL-6R)-Inhibitor Sarilumab eine effektive Therapieoption zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) nach csDMARDIneffektivität oder -Unverträglichkeit zur Verfügung, die auch als Monotherapie überzeugt. Besondere Vorteile weist Sarilumab im Hinblick auf eine Reihe mit RA assoziierter Komorbiditäten auf, wie aktuelle Daten vom EULAR-Kongress 2019 unterstreichen.

Der hohe Stellenwert von Sarilumab (Kevzara®) wurde laut Prof. Andrea RubbertRoth, St. Gallen (Schweiz), im Phase-IIIStudienprogramm SARIL-RA etabliert, das Daten von ca. 2.900 Patienten mit aktiver mittelschwerer bis schwerer RA umfasste, die auf Methotrexat (MOBILITY) oder TNFα-Blocker (TARGET) versagt hatten, oder als Monotherapie nach MTX-Versagen (MONARCH), wo es sich Adalimumab überlegen zeigte. Inzwischen belegen 5-Jahres-Daten aus der EXTEND-Studie eine anhaltende Wirksamkeit und Sicherheit in Kombination mit csDMARDs.

Bekannt ist, dass die IL-6-Inhibition eine ganze Reihe RA-assoziierter Komorbiditäten positiv beeinflusst. Neue Daten vom EULAR zeigen laut Rubbert-Roth, dass Sarilumab in den Phase-III-Studien TARGET und MONARCH gegenüber csDMARDs deutlich den HbA1c-Spiegel und Nüchternblutzucker senkte – dies vor allem bei RA-Patienten mit zu Beginn hohem Serum-IL-6-Spiegel. In der MONARCH-Studie bestätigte sich dieser Effekt im Vergleich zu Adalimumab. Bei diabetischen oder auch prä-diabetischen RA-Patienten könnte Sarilumab daher doppelt punkten.

Hohe Serum-IL-6-Spiegel zu Baseline waren prädiktiv für eine rasche klinische und radiologische Progression, aber auch ein gutes Therapieansprechen auf Sarilumab – sowohl klinisch in puncto Krankheitsaktivität als auch im Hinblick auf die Verbesserung von PROs. Erneut bestätigt wurden überdies positive Effekte von Sarilumab auf die Lebensqualität, depressive Symptome, Knochenneubildung sowie Anämie. m Quelle: Satellitensymposium und Meet-the-Expert von Sanofi Genzyme, EULAR-Kongress, Madrid, 12. Juni 2019


INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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PSORIASIS-ARTHRITIS

Secukinumab auch bei axialer Beteiligung wirksam Auf dem EULAR-Kongress 2019 in Madrid vorgestellte neue Daten aus der MAXIMISE- und FUTURE 5-Studie belegen die Wirksamkeit und Sicherheit des Interleukin (IL)-17A-Inhibitors Secukinumab sowohl in der Therapie axialer Manifestationen der Psoriasis-Arthritis (PsA) als auch eine effektive Hemmung der radiologischen Progression über einen Zeitraum von zwei Jahren.

Wie PD Dr. Uta Kiltz, Herne, erläuterte, können PsA-Patienten neben Gelenkschmerzen auch unter einer entzündlichen Manifestation der PsA an der Wirbelsäule leiden, wobei diese zusätzliche Schmerzen verursacht und die Mobilität einschränken kann. Eine solche axiale PsA kann bis zu 50 % der Patienten betreffen. Die laufende 52-wöchige Phase-IIIb-Studie MAXIMISE war die erste überhaupt mit einem Biologikum in der axialen PsA und hat sowohl den primären als auch den sekundären Endpunkt erreicht. So erzielten von den 498 PsA-Patienten mit klinisch diagnostizierter axialer Beteiligung, Rückenschmerz (>40/100 auf VAS) und einem BASDAI ≥4 trotz mindestens zwei eingesetzter NSAR 61,3 bzw. 66,3 % unter Secukinumab (Cosentyx®) 300 mg

Bei etwa der Hälfte der PsA-Patienten kommt es laut Kiltz innerhalb von zwei Jahren zu strukturellen Veränderungen an den Gelenken. Neben einer wirksamen Linderung der Gelenk- und Hautbeschwerden oder Entesitis sollte daher die langfristige Verhinderung der Röntgenrogression in der Therapiewahl ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen.

behandelten PsA-Patienten einer weiteren Gelenkschädigung vorgebeugt und die radiologische Progression (∆mTSS <0,5) gestoppt werden. 89,5 % (300 mg), 82,3 % (150 mg) und 81,1 % (150 mg ohne loading dose) der Patienten erfuhren über zwei Jahre keine radiologische Progression. 77 bzw. 51,9 % erreichten unter 300 mg Secukinumab nach zwei Jahren ein ACR20/50-Ansprechen und 70,1 bzw. 49,5 % ein PASI 90/100-Ansprechen. Auch die 150 mg-Dosierung von Secukinumab erzielte nach zwei Jahren positive Effekte auf Gelenke und Haut (79,4 % ACR20, 52,6 % ACR50, 59,2 % PASI 90 und 44,2 % PASI 100). m

In FUTURE 5, einer Phase-III-Studie, in die 996 PsA-Patienten eingeschlossen wurden, konnte bei bis zu 89,5 % der mit Secukinumab 300 mg über zwei Jahre

Quelle: Pressegespräch und -information, EULAR-Kongress, Madrid, Novartis Pharma GmbH, 13. bzw. 27. Juni 2019

bzw. Secukinumab 150 mg ein ASAS20Ansprechen in Woche 12 im Vergleich zu 31,3 % unter Placebo ( je p<0,0001). Eine Abnahme der Beschwerden wurde unter Secukinumab bereits in Woche vier beobachtet.

CHRONISCHE HYPERURIKÄMIE

Harnsäuresenkung: Neues Febuxostat-Präparat erhältlich Mit einer möglichen Einsparung von bis zu 57 % gegenüber dem Erstanbieter bieten Febuxostat Glenmark Filmtabletten eine preisbewusste Therapieoption zur Senkung des Harnsäurespiegels bei Gicht-Patienten.

Febuxostat Glenmark 80 und 120 mg Filmtabletten sind indiziert bei Erwachsenen zur Therapie der chronischen Hyperurikämie bei Erkrankungen, die bereits zu Uratablagerungen geführt haben, einschließlich eines aus der Krankengeschichte bekannten oder aktuell vorliegenden Gichtknotens und/oder einer Gichtarthritis. Febuxostat Glenmark Filmtabletten werden in den Wirkstärken 80 mg und 120 mg eingeführt und sind in den Packungsgrößen mit 28 (N1) und 84 (N3) Filmtabletten erhältlich. Gegenüber dem

Erstanbieter senkt das Produkt mit einer möglichen Einsparung von bis zu 57 % sowohl die Harnsäurewerte als auch die Therapiekosten zur Behandlung und Prävention der Hyperurikämie und bietet eine preisgünstige und bioäquivalente Alternative zu Adenuric®. Febuxostat zeigte in jeder Phase-III-Studie eine überlegene Wirksamkeit bezüglich der dauerhaften Senkung des Serumharnsäurespiegels gegenüber Allopurinol. Die Filmtabletten können mahlzeitenunabhängig eingenommen werden. Die empfohlene Dosis zur Behandlung der

chronischen Hyperurikämie beträgt 1x täglich 80 mg. Liegt der Serumharnsäurespiegel nach 2-4 Wochen noch immer oberhalb des Zielwerts von <6 mg/dl (357 μmol/l), kann eine Dosissteigerung auf 1x täglich 120 mg erwogen werden. Ältere Patienten sowie Patienten mit leichter oder mittelschwerer Nierenfunktionsstörung benötigen keine Dosisanpassung. m

Quelle: Pressemitteilung Glenmark Arzneimittel GmbH, 19. Juni 2019


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INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Tocilizumab-Monotherapie bietet Knochenschutz durch Reparatur von Erosionen Fokale Knochenerosionen sind typische Veränderungen bei rheumatoider Arthritis (RA) und Marker einer irreversiblen strukturellen Schädigung – besonders gefährdet sind Anti-CCP-Antikörper (ACPA)- und Rheumafaktor (RF)-positive Patienten. Einer der Hauptfaktoren im erosiven Verlauf ist Interleukin (IL)-6, seine Hemmung durch den IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab ist daher eine wirksame Strategie zum Knochenschutz. Das zeigen die aktuellen Daten der REBONE-Studie: Mit der Tocilizumab-Monotherapie ließen sich bestehende Knochenerosionen bei RA-Patienten reparieren, unter der Kombination mit Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-α-Blockern plus Methotrexat (MTX) kam es beim überwiegenden Teil der Patienten nur zu einem Arrest des Erosionsvolumens.

Den Daten radiologischer Studien zufolge weisen 75 % der Patienten mit früher RA Erosionen auf. (1) Die stärkste Progression findet meist schon während der ersten beiden Krankheitsjahre statt. Das bestätigen unter anderem auch die Ergebnisse einer radiologischen Untersuchung, wonach zwei Drittel der Patienten innerhalb von drei Jahren erosive Veränderung entwickelten, davon bereits knapp 75 % im ersten und 97 % am Ende des zweiten Jahres. (2)

ACPA- und/oder RF-positive Patienten besonders gefährdet Anti-citrullinierte Protein-Antikörper (ACPA) haben einen hohen prädiktiven Wert für eine erosive RA, unabhängig von der Krankheitsaktivität. Damit sind ACPAs prognostisch von Bedeutung, da bei ACPA-positiven Patienten ein deutlich aggressiverer Verlauf mit Gelenkzerstörung zu erwarten ist. (3, 4) Interessanterweise sind ACPAs meist bereits vor der Krankheitsmanifestation nachweisbar, und auch dann können schon erste Erosionen auftreten. (5) Auch hohe RF-Serumlevel sind mit Gelenkschädigung und radiologischer Progression assop=0,0017

Mittlere Veränderung (+/- SD) vs. Ausgangswert (mm3)

3,0

Tocilizumab-Monotherapie Adalimumab + MTX

2,9

2,5 2,0 1,5 1,0

p<0,0001 1

0,5 0,0

0,05 Metakarpalkopf II

0,08 Radius

Abb. 1: REBONE-Studie: Erosionsvolumina im Metakarpalkopf II und Radius unter Tocilizumab mono s.c. und Adalimumab plus MTX nach 52 Wochen (mod. nach 10)

ziiert. (6) Da mit 55 % mehr als die Hälfte der RA-Patienten ACPA- und RF-positiv sind (7), bedeutet das: Der Großteil der Betroffenen ist gefährdet, einen erosiven Verlauf mit Funktionsverlust und Fehlstellungen zu erleiden.

Keine Erosionen ohne Synovitis Entscheidend ist dabei die chronische Synovitis: Je ausgeprägter diese ist, umso stärker ist der erosive Prozess. (8) Zudem korrelieren Entzündungsmarker direkt mit dem Ausmaß der Erosionen. (9) Pathophysiologisch bedingt das inflammatorische Milieu im synovialen Entzündungsgewebe zusammen mit proinflammatorisch wirkenden Zytokinen wie TNFα sowie IL-1, -6 und -17 die Differenzierung zu Osteoklasten. Insbesondere IL-6 scheint einen essenziellen Einfluss auf die Knochenhomöostase bei RA-Patienten zu haben. (10) In verschiedenen Untersuchungen ließ sich nachweisen, dass IL-6 die Osteoklastogenese induziert und damit den Knochenabbau fördert und zugleich die Osteoblastentätigkeit hemmt. Zudem korrelieren IL-6-Level zu Erkrankungsbeginn mit der Progression der Knochenerosionen. (11)

Ultraschall detektiert frühzeitig, schnell und einfach ossäre Schäden Mit der konventionellen Röntgenaufnahme lassen sich strukturelle Gelenkveränderungen frühestens etwa sechs Monate nach Krankheitsbeginn nachweisen. (12) Die frühere Sicherung struktureller Gelenk- und Knochenveränderungen gelingt dagegen mit der Arthrosonografie. Vorteile des Verfahrens sind zudem die fehlende Strahlenexposition, die schnelle Verfügbarkeit und die unmittelbare Darstellung der Entzündung mittels Nachweis einer Mehrdurchblutung (Dopplersonografie) und Verdickung der entzündeten Synovia. Erosive Knochenläsionen lassen sich mit dieser Methode frühzeitig am besten an den Handwurzelknochen sowie im Bereich der Fingergrundgelenke (Metacarpophalangeae; MCP) und hier besonders radialseitig an den MCP-Gelenken I, II und III und ulnarseitig am MCPGelenk V nachweisen. (12) Aber auch dorsalseitig insbesondere bei Flexionsstellung in Höhe der MCP- und PIP (proximale


INDUSTRIE-BERICHT

Interphalangeal)-Gelenke sind erosive Läsionen frühzeitiger sichtbar als mit der konventionellen Röntgenuntersuchung. Bei Patienten mit ungünstigen prognostischen Faktoren wie RF- und/oder ACPA-Positivität, hohen Entzündungswerten und bereits vorhandenen Erosionen kann eine Ultraschalluntersuchung neu aufgetretene oder Vergrößerungen vorhandener Erosionen entdecken, sodass die Therapie ggf. angepasst werden kann. Ähnlich wie die Ultraschalluntersuchung kann auch die Magnetresonanztomografie (MRT) frühe Veränderungen an den knöchernen Strukturen der Gelenke wie Erosionen darstellen, bevor diese klinisch relevant werden. (13) Nachteile sind jedoch die eingeschränkte Verfügbarkeit sowie die hohen Kosten. Das trifft auch für die hochauflösende periphere quantitative Computertomografie (HR-pQCT) als das Verfahren mit der derzeit höchsten Ortsauflösung zu: Diese nicht-invasive Bildgebungstechnik ist hervorragend geeignet, frühzeitig periartikuläre knöcherne Veränderungen der Kortikalis und Trabekelstruktur quantitativ zu erfassen, ist jedoch nur in einigen wenigen Kliniken verfügbar und wird daher derzeit nicht routinemäßig, sondern nur in Studien eingesetzt.

REBONE-Studie: Reparatur von Knochenerosionen im Fokus Angesichts der Bedeutung struktureller Veränderungen für die Funktionseinschränkung der Gelenke und die Prognose für RA-Patienten wird deutlich, dass neben der Remission auch der Aspekt des Knochenschutzes bei der Wahl der Therapie zu berücksichtigen ist. Eine wirksame Strategie, dies zu erreichen, bietet die medikamentöse Blockade des IL-6-Rezeptors mit Tocilizumab (RoActemra®; TCZ). (14) Dafür sprechen die aktuellen Daten der prospektiven, nicht-randomisierten REBONEStudie, in der erstmals zwei Biologika in Bezug auf die Reparatur von Knochenerosionen bei RA-Patienten verglichen wurden. (10) Die 66 Studienteilnehmer mit aktiver RA und unzureichendem Ansprechen auf Methotrexat (MTX) (DAS28-BSG >3,2, Prednison ≤5 mg/Tag für ≥4 Wochen, vorhandene Erosionen) erhielten entweder TCZ s.c. als Monotherapie (n=33) oder den TNFα-Hemmer Adalimumab (ADA) plus MTX (n=33). Primärer Endpunkt war die Veränderung der Erosionsvolumina in Metakarpalkopf II (MCH II) und Radius, evaluiert mittels HR-pQCT vom Ausgangswert bis Woche 52.

Tocilizumab mono gewinnt Head-to-HeadVergleich mit TNFα-Blocker plus MTX Die klinische Wirksamkeit war in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar: TCZ s.c. als Monotherapie reduzierte die Krank-

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

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heitsaktivität nach 52 Wochen in vergleichbarem Ausmaß wie die Kombination von Adalimumab und MTX (DAS28-BSGRemission: TZC 22/33 Patienten, ADA/MTX 19/33 Patienten). (10) Jedoch war unter TCZ s.c. als Monotherapie nach 52 Wochen Behandlung eine signifikant stärkere Reparatur der Knochenerosionen im Metakarpalkopf II sowie auch im Radius im Vergleich zu ADA/MTX nachzuweisen, während es unter ADA/ MTX bei den meisten Patienten lediglich zu einem Stillstand kam (p<0,001 bzw. p=0,017; TCZ vs. ADA/MTX) (Abb. 1). Darüber hinaus fand sich in der TCZ-Gruppe verglichen mit ADA/ MTX ein signifikanter Anstieg der Osteocalcin-Konzentrationen (p<0,001), was auf eine erhöhte Knochenbildung hindeutet. Die Reparaturen von Knochenerosionen unter Tocilizumab-Monotherapie in der REBONE-Studie wird beispielhaft über die HRpQCT-Aufnahmen in Abb. 2 gezeigt.

Fazit Die Monotherapie mit dem IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab s.c. bietet neben der schnellen und anhaltenden Remission auch einen effektiven Knochenschutz und ist daher besonders für RA-Patienten mit Risikofaktoren für einen erosiven Verlauf (ACPA- und/oder RF-positiv) oder mit bereits vorhandenen Knochenerosionen geeignet. Damit ist eine bessere strukturelle Kontrolle der RA auf Gelenkebene möglich, was potenziell auch einen besseren Funktionserhalt der Gelenke im Langzeitverlauf gewährleisten könnte. m Report mit freundlicher Unterstützung von Roche Pharma AG und Chugai Pharma Germany GmbH

Rheumatoid

Abb. 2: REBONE-Studie: Beispielhafte HR-pQCT-Bilder der Reparaturen von Knochenerosionen zweier Patienten zu Baseline (BL) und Follow-up (FO), die in der Studie mit einer TocilizumabMonotherapie behandelt wurden. (10)

Literatur: 1. van der Heijde DM, Br J Rheumatol 1995; 34(Suppl 2): 74-78 | 2. Machold KP et al., Rheumatology (Oxford) 2007; 46(2): 342-349 | 3. Visser H et al., Arthritis Rheum 2002; 46(2): 357-365 | 4. Kastbom A et al., Ann Rheum Dis 2004; 63(9): 1085-1089 | 5. Kleyer A et al., Ann Rheum Dis 2014; 73(5): 854-856 | 6. Lindqvist E et al., Ann Rheum Dis 2005; 64(2): 196-201 | 7. Pope JE et al., RMD Open 2018; 4(2): e000738 | 8. Haavardsholm EA et al., Ann Rheum Dis 2008; 67(6): 794-800 | 9. Jansen LM et al., Ann Rheum Dis 2001; 60(10): 924-927 | 10. Finzel S et al., Ann Rheum Dis 2019; doi:10.1136/annrheumdis-2018-214894 | 11. Kondo Y et al., Rheumatology 2017; 56(7): 1089-1094 | 12. Backhaus M, Scheel AK. MMW - Fortschritte der Medizin 2006; 148: 32 | 13. Finzel S et al., Z Rheumatol 2013; 72(2): 129-136 | 14. Fachinformation RoACTEMRA®, Stand Januar 2019

2 Effects of TOC and ADA/MTX on erosion repair. (A) Erosion volumes at baseline and 1 year follow-up in the MCH2 and radius g treatment with either TOC monotherapy or ADA in combination with MTX. (B) Exemplaric high resolution peripheral quantitati


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INDUSTRIE-BERICHT

Rheuma MANAGEMENT | Juli/Aug 2019

AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS

Moderat ausgeprägte PsA nicht vernachlässigen Oft wird bei Psoriasis-Arthritis (PsA)-Patienten mit eher moderater, oligoartikulärer PsA das Krankheitsbild unterschätzt. Eine Konsequenz daraus kann sein, dass solche Patienten keine ausreichend wirksame Therapie – vielfach nur NSAR, Opioide und ein csDMARD – erhalten. Nicht selten folgt daraus ein im Vergleich zu Patienten mit von Beginn an polyartikulärer PsA langfristig sogar schlechteres Behandlungsresultat.

Laut Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., können Patienten mit einer oligoartikulären PsA bzw. limitiertem Gelenkbefall (SJC/TJC ≤4) trotz vorheriger csDMARDTherapie PsA-typische Manifestationen wie Enthesitis und Daktylitis aufweisen. Zwar scheint das Risiko für eine strukturelle Progression in diesem Kollektiv geringer zu sein, die Krankheitslast ist aber vielfach ebenso ausgeprägt wie bei polyartikulärer PsA, vor allem wenn keine konsequente Therapieintensivierung erfolgt, was laut deutschen Registerdaten häufig der Fall ist. Der PDE4-Inhibitor Apremilast (Otezla®) wird aufgrund seiner guten Effekte auf

Gelenke, Haut, Enthesitis und Daktylitis als wirksamer im Vergleich zu csDMARDs wie Methotrexat eingestuft, reicht womöglich aber nicht ganz an die Wirksamkeit der bDMARDs heran. Aus diesem Grund wurden die PhaseIII-Daten zu Apremilast unter diesem Aspekt noch einmal genauer evaluiert, um besonders gut darauf ansprechende Patienten zu identifizieren. Auf Basis des cDAPSA-Scores, der SJC66, TJC68, globales Patientenurteil (PtGA) und Schmerz (VAS) beinhaltet, gingen in eine gepoolte Analyse der PALACE 1-3-Studien 375 für 12 Monate mit Apremilast 2x 30 mg/Tag behandelte Patienten ein. Im Ergebnis profitierten Patienten mit eher

limitiertem Gelenkbefall sogar stärker als solche mit einer stark ausgeprägten PsA. So wurde bei nicht zu hoher Ausgangsaktivität nach 52 Wochen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Remission oder niedrige Krankheitsaktivität (LDA) erreicht. Patienten mit zu Studienbeginn moderater cDAPSA-Aktivität (mittlerer SJC von 5,5 bzw. TJC von 8,5), gelangten zu 47 % in Remission oder LDA, im Fall einer geringen Ausgangsaktivität sogar 71 %. Ein ähnliches Bild zeigte sich für die Resolution von Enthesitis und Daktylitis, so Behrens. m Quelle: Satellitensymposium Celgene, EULAR-Kongress, Madrid, 14. Juni 2019

SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Ustekinumab zeigt anhaltenden klinischen Nutzen Auf dem EULAR-Kongress vorgestellte Analysen einer Phase-II-Studie zum Einsatz des bei Psoriasis-Arthritis seit Längerem etablierten IL-12/23-Inhibitors Ustekinumab bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) belegen einen über 48 Wochen anhaltenden klinischen Nutzen in puncto Reduktion der Krankheitsaktivität sowie der Abnahme schwerer Schübe.

In der von Prof. Ronald van Vollenhoven, Amsterdam (Niederlande), präsentierten randomisierten, placebokontrollierten Phase-II-Studie waren 102 seropositive Patienten mit aktivem SLE trotz Standardtherapie (SoC: Steroid, Antimalariamittel und/oder Immunsuppressiva) im Verhältnis 3:2 für 24 Wochen auf i.v. Ustekinumab oder Placebo in Kombination mit SoC randomisiert worden. In Woche 24 wechselten auch die Patienten der Placebogruppe auf Ustekinumab. Zu diesem Zeitpunkt hatte der IL-12/23Hemmer seine Effektivität unter Beweis gestellt, die, so die neuen Ergebnisse, über 48 Wochen persistierte. So reduzierte Ustekinumab die Rate schwerer

BILAG-Flares von Woche 0 bis 24 gegenüber Placebo um das 4-fache (2,1 vs. 8,4/10.000 Patiententage). Von Woche 24-48 betrug diese Rate bei den durchgehend mit Ustekinumab behandelten Patienten 1,1 und bei den darauf gewechselten 4,6/10.000 Patiententage. Das Sicherheitsprofil des IL-12/23-Inhibitors erwies sich als konsistent vorteilhaft. Eine Biomarker-Analyse der Phase-IIStudie durch Dr. George Tsokos, Boston, und Kollegen evaluierte den Wirkmechanismus von Ustekinumab bei SLE: Nur jene SLE-Patienten mit gutem Ansprechen auf Ustekinumab wiesen eine anhaltende Reduktion des IFN-γ-

Proteinspiegels im Vergleich zu Baseline auf, während die Konzentrationen von Typ 1-IFN, IL-17A/F und IL-22 weitgehend unverändert blieben. Dies impliziert die Beteiligung des IL-12-Signalwegs an der IFN-γ-Produktion und nicht eine solche des Typ 1-IFN-Signalwegs bei auf Ustekinumab ansprechenden SLE-Patienten – ein Befund, der aber zunächst noch ebenso wie die potenzielle Wirksamkeit in der derzeit laufenden Phase-III-Zulassungsstudie LOTUS bestätigt werden muss. m

Quelle: Pressemitteilung Janssen, 13. Juni 2019


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