DGRh-Kongress 2019 Dresden im Blickpunkt
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DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.
MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE SEPT/OKT 2019
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NÄCHSTE AUSGABE
Vorschau
Impressum VERLAG: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/59096-11 info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de CHEFREDAKTION: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de REDAKTION: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Dr. Klaus Steffen, info@wortreich-gik.de HERAUSGEBER: Dr. Ludwig Kalthoff, Prof. Dr. Jörn Kekow, Dr. Edmund Edelmann, Sigurd Rudeloff GRAFIK: Inken Esin, www.coast-design.de DRUCK: AWG Druck, Runkel
ACR-Jahrestagung 2019 First look: Aktuelles vom ACR/ARP Annual Meeting – American Congress on Rheumatology 2019 in Atlanta.
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · RA Christian Koller, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · RA Andrea Mangold, München · Prof. Dr. Günter Neubauer, München BEIRAT DES BDRH: Priv.-Doz. Dr. Xenofon Baraliakos, Herne · Dr. Kirsten Karberg, Berlin · Dr. Michael Rühlmann, Gottingen · Dr. Philipp Sewerin, Dusseldorf · Dr. Martin Welcker, Planegg · Dr. Silke Zinke, Berlin JAHRGANG 11 · 5-2019 ISSN 1868-6044
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JAHRESABONNEMENTPREIS: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden. BILDQUELLEN: Titelseite: ©Shutterstock, S. 11 – ©Shutterstock, S. 35 – ©Alexander Raths/fotolia.com, S. 39 – ©Monkey Business/fotolia.com, S. 40 – ©Shutterstock, DGRh-Kongress: ©Thomas Hauss
Berufsverband Deutscher Rheumatologen In der nächsten Ausgabe berichten wir über Neues zum Vorstandswechsel und die Ziele des neuen Vorstands.
FREIE JOURNALISTEN: Dr. Wiebke Kathmann (wk), Dr. Nana Mosler (nm), Roland Fath (rf)
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RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS 2019 IN DRESDEN
Deutsche Rheumatologie weiter auf Erfolgskurs Mit fast 3.000 Teilnehmern stellte der gemeinschaftlich ausgetragene 47. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) mit der 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und der 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) vom 4.-7. September 2019 in Dresden einen neuen Rekord auf, der das Kongresszentrum allerdings auch an die Belastungsgrenze brachte. Mit den Schwerpunkten AutoimmunSystemerkrankungen und Osteoarthrose wurde ein breiter Bogen über die gesamte Rheumatologie gespannt. 55 Sitzungen mit 420 Vorträgen und – auch dies ein Rekord – 347 Abstracts spiegeln den großen Erfolg der deutschen Rheumatologie wider.
Die großen Fortschritte in der Rheumatologie ließen sich bereits an der ersten Plenarsitzung „Year in Review“ festmachen, in der Tagungspräsident Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden, einen ausgezeichneten Überblick über die wichtigsten neuen Studien seit dem vergangenen DGRh-Kongress in Mannheim gab – nicht wenige davon mit prominenter deutscher Beteiligung. Auch neue Erkenntnisse der Grundlagenforschung und spannende „futuristische“ Therapieansätze machen Mut auf eine künftig noch individueller gestaltbare Behandlung von Rheumapatienten. Auf mehreren Sitzungen wurden innovative Versorgungsprojekte diskutiert, die helfen sollen, trotz des weiter zu beklagenden Mangels an internistischen Rheumatologen eine noch raschere Diagnosestellung sowie frühzeitige Behandlung zu gewährleisten und mehr Patienten am medizinischen Fortschritt teilhaben zu lassen. Bei der bei rheumatoiden Arthritis (RA) bestätigen die auf einer WIN-Session vorgestellten neuen EULAR-Empfehlungen die aktuelle S2e-Leitlinie der DGRh zum Management der RA. Mit Upadacitinib und Filgotinib sind hier zwei weitere tsDMARDs auf dem Weg zur Zulassung. Etwas weniger im Vordergrund standen dieses Jahr die axiale Spondyloarthritis, hier ist vor allem die kurz vor dem Kongress erschienene aktualisierte S3-
Sjögren-Syndrom, Morbus Behcet oder Polyarteriitis nodosa sowie die Rheumatherapie in besonderen Situationen oder spezielle Problemfelder wie Fatigue, Fibromyalgie-Syndrom, Sicca-Symptomatik und Raynaud-Syndrom besprochen. Einen Blick über den Tellerrand bot die Gastlandsession Tschechien.
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops Leitlinie der DGRh zu nennen, und die Psoriasis-Arthritis, wenngleich sich auch in diesen Indikationen das Therapiespektrum künftig noch verbreitern dürfte. Auf großes Interesse stießen weitere WIN-Sessions, so gleich zwei zu Vaskulitiden, wo es für die Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis ebenfalls neue EULAREmpfehlungen gibt, und nicht zuletzt zu den Kollagenosen. Gerade auf diesem Feld gibt es viel Neues zu vermelden, so zum systemische Lupus erythematodes (SLE) die neuen ACR/ EULAR-Klassifikationskriterien und bei systemischer Sklerose mit interstitieller Lungenerkrankung die Aussicht, dass nach einer positiven Phase-III-Studie mit Nintedanib erstmals ein Medikament mit antifibrotischer Wirksamkeit vor der Zulassung in dieser Indikation steht. Zugleich wurden auch seltenere Erkrankungen wie Myositis,
Ein weiterer Schwerpunkt war die „interdisziplinäre Rheumatologie“ mit Themen wie Schmerz, Entzündungsmedizin, Mikoroangiopathie und Autoinflammation. Vielfältig war das Themenspektrum auch in der pädiatrischen Rheumatologie, wo es einen Ausblick auf die fast abgeschlossene S2-Leitlinie der DGRh zur juvenilen idiopathischen Arthritis gab und nicht zuletzt periodische Fiebersyndrome im Fokus standen. In der orthopädischen Rheumatologie wurden unter anderem der „Rheumafuß“ und Therapiemöglichkeiten der Fingerpolyarthrose diskutiert. Auf ein Wiedersehen bei der DGRh-Jahrestagung vom 9.- 12. September 2020 im MOC Veranstaltungscenter in München! m
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. Klinikum der Universität München Med. Klinik und Poliklinik IV Bereichsleiter Rheumaeinheit Pettenkoferstr. 8a, 80336 München
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WWW.BDRH.DE BDRH AKTUELL
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G-BA-BESCHLUSS VOM 1. JULI 2019
Vertragsärztliche Bedarfsplanung: Flexiblere Instrumente für sachgerechte Lösungen vor Ort – Stellungnahme des BDRh Fakten zum Beschluss Nach Umsetzung des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) können bundesweit 3.470 neue Niederlassungsmöglichkeiten entstehen, zusätzlich zu den rund 3.440 derzeit offenen Niederlassungsmöglichkeiten. Von den neuen Niederlassungsmöglichkeiten entfallen 1.446 auf Hausärzte, rund 776 auf Psychotherapeuten, 476 auf Nervenärzte und 401 auf Kinder- und Jugendärzte. Zusätzlich zu den heute freien Arztsitzen können durch die 3.470 neuen Nieder-
lassungsmöglichkeiten damit bundesweit insgesamt 6.906 Niederlassungen erfolgen. Für die Arztgruppe der Facharztinternisten sind keine zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten vorgesehen. Jedoch legte der G-BA für Rheumatologen eine Mindestquote von 8 % fest. Eine weitere Erhöhung auf 10 % wird nach 5 Jahren geprüft. Weiterhin wurden für ausgewählte Fachinternisten Maximalquoten festgelegt, die bei Zulassung und Nachbesetzung nicht überschritten werden sollen. Gemäß Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) entstehen neue Möglichkeiten, wonach die Landesbehörden in ländlichen oder struktur-
Stellungnahme des BDRh Bisher liegen nur in einzelnen KVen Zahlen vor, die aber noch nicht abgesichert sein können, da die jeweiligen Landesausschüsse dem zustimmen müssen. In Bayern zum Beispiel ist die KVB nicht bereit, die ermittelten Zahlen vor der Veröffentlichung im nächsten Jahr im Landesanzeiger nach außen zu geben. Nach dem, was bisher in einzelnen KVen an Zahlen bekannt wurde, kommt man auf ganz Deutschland hochgerechnet auf ca. 100 freie Arztsitze für Rheumatologen. Interessant wird vor allem, welche Zulassungsbezirke freie Arztsitze ausweisen werden. Ein Zulassungsbezirk für Facharztinternisten umfasst in der Regel 2 bis 3 KV-Bezirke. Neuere Zahlen deuten bis dato leider auf weniger freie Sitze hin. Von insgesamt 17 KVen haben bisher 9 die Zahlen übermittelt, es sind dort 57 freie Arztsitze für Rheumatologen. Wirklich Genaueres wissen wir erst Anfang nächsten Jahres. Wir werden Sie laufend unterrichten. m Dr. Edmund Edelmann Vorstand des BDRh e. V.
schwachen Gebieten Zulassungssperren für die Neuniederlassung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten sowie Vertragspsychotherapeuten/-innen aufheben können. Nach Inkrafttreten der beschlossenen Änderungen zum 30. Juni 2019 haben die Landesausschüsse maximal 6 Monate Zeit, diese umzusetzen. Im Zuge dessen werden auch die in einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu erwartenden zusätzlichen Niederlassungsmöglichkeiten pro Planungsbereich berechnet. m https://www.g-ba.de/presse/ pressemitteilungen/797/ https://www.g-ba.de/beschluesse/3798/
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Inhalt
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RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS 2019 IN DRESDEN Deutsche Rheumatologie weiter auf Erfolgskurs Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops
MITTEILUNGEN DES BDRH 07
G-BA-BESCHLUSS VOM 1. JULI 2019 Vertragsärztliche Bedarfsplanung: Flexiblere Instrumente für sachgerechte Lösungen vor Ort – Stellungnahme des BDRh
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AKTUELL: ZUM 1. JANUAR 2020 NEUER BDRH-VORSTAND GEWÄHLT
13 MEDIZINRECHT Honorarärzte im Krankenhaus: Sind sie sozialversicherungspflichtig? Rechtsanwalt Jörg Hohmann 14 MEDIZINRECHT Arzneimittelverordnungssteuerung im Wandel Rechtsanwalt Dr. Gerhard Nitz 18 TERMINSERVICE- UND VERSORGUNGSGESETZ Anforderungen und Grenzen der Verpflichtung zur Meldung freier Kapazitäten Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf
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BDRh NEUER BDRH-VORSTAND AB 2020
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22 PSYCHONEUROIMMUNOLOGIE PETRA-Projekt: Eine erweiterte Medizin und ihre Chancen für die Rheumatiode Arthritis 25 STELLENBÖRSE
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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK Im Fokus: Nagel-Patella-Syndrom Prof. Dr. Herbert Kellner
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Neue Erkenntnisse zu JAK-Inhibitoren
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS FINCH-2-Studie: Filgotinib zeigt Wirksamkeit bei therapierefraktärer RA
BILDGEBUNG: NAGEL-PATELLA-SYNDROM
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Inhalt
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS Aktualisierte deutsche S3-Leitlinie erschienen
42 PSORIASIS-ARTHRITIS Ixekizumab zeigt Vorteile gegenüber Adalimumab
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DGRH-KONGRESS 2019 47
RHEUMATOIDE ARTHRITIS Was gibt es Neues? – Ein Update zu den EULAR-Empfehlungen und mehr
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RHEUMATOLOGIE: YEAR IN REVIEW Die wichtigsten Studien im Überblick
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN Neue Erkenntnisse aus 2019 im Überblick
54 RIESENZELL-ARTERIITIS Neues zu Diagnostik und Therapie 56 KOLLAGENOSEN Update zu Fortschritten der Therapie
INDUSTRIE-BERICHTE 60
AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS Ustekinumab lang anhaltend effektiv in der täglichen Praxis
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Remission: Therapieziel zwischen Anspruch und Wirklichkeit
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS Baricitinib in der Routineversorgung: Trend geht zu frühem Einsatz in Monotherapie
70 ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN Methotrexat – ein small molecule der ersten Generation 77 PSORIASIS-ARTHRITIS UND PLAQUE PSORIASIS Therapieerfolg mit IL-17A-Inhibitor Ixekizumab
AXIALE SPONDYLOARTHRITIS: NEUE DEUTSCHE S3-LEITLINIE
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DGRH-KONGRESS 2019: HIGHLIGHTS AUS DRESDEN
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Aktuell: Zum 1. Januar 2020 neuer BDRh-Vorstand gewählt Auf der Mitgliederversammlung im Rahmen des diesjährigen DGRh-Kongresses am 6. September 2019 in Dresden wurde mit großer Mehrheit der neue Bundesvorstand gewählt, der ab 1.Januar 2020 den BDRh führen wird. Frau Dr. Silke Zinke, Berlin, wird ab nächstem Jahr den 1. Vorsitz übernehmen. Mit Dr. Edmund Edelmann, Bad Aibling, wird ihr ein äußerst erfahrener Kollege als 2. Vorsitzender zur Seite stehen.
Der Vorstand wird komplettiert durch: Dr. Kirsten Karberg (Berlin), Kassenwart Dr. Florian Schuch (Erlangen), Schriftführer Dr. Xenofon Baraliakos (Herne), Beisitzer Prof. Dr. Eugen Feist (Vogelsang-Gommern), Beisitzer Prof. Dr. Christoph Fiehn (Baden-Baden), Beisitzer Dr. Michael Rühlmann (Göttingen), Beisitzer Dr. Martin Welcker (Planegg), Beisitzer Der neue Vorstand bedankt sich für das entgegengebrachte Vertrauen und freut sich auf die neue Aufgabe.
Ab dem 01.10.2019 ändern sich damit die Postanschrift sowie die Kontaktdaten des BDRh: Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. Geschäftsstelle Geschäftsführerin: Sonja Froschauer Sekretariat: Amra Jahic, Sabine Zimmermann, Kristina Schwarzer Dr.-Max-Str. 21, 82031 Grünwald Tel.: 089/904141413, Fax: 089/904141419 kontakt@bdrh.de
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MEDIZINRECHT
Honorarärzte im Krankenhaus: Sind sie sozialversicherungspflichtig? Niedergelassene Ärzte, die in einem Krankenhaus honorarärztlich tätig sind, werden in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anerkannt. Sie unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht.
von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht könnten nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen „entlastete“ und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 4. Juni 2019 in insgesamt 11 Fällen entschieden, in denen Ärzte und Krankenhäuser jeweils einen Konsiliar- oder Honorararztvertrag geschlossen haben. Die meisten wurden nach Stunden vergütet. So hat in einem Fall ein Kreiskrankenhaus in Bayern einer Anästhesistin 80,00 € je Stunde im Tagesdienst und 24,00 € je Stunde im Bereitschaftsdienst gezahlt. Sozialbeiträge wurden nicht abgeführt. Hiergegen hatte die Rentenversicherung geklagt. Bereits die Vorinstanzen hatten eine abhängige Beschäftigung bereits bejaht. Die Ärzte seien in den Betrieb der jeweiligen Klinik eingegliedert und auch weisungsgebunden. Unternehmerische Risiken – wie bei Freiberuflern üblich – bestünden nicht. Lediglich das Landessozialgreicht (LSG) Rheinland-Pfalz hatte der klagenden geriatrischen Rehabilitationsklinik Recht gegeben. Diese hatte mit einem Allgemeinarzt einen Honorarvertrag über freie Mitarbeit geschlossen und ihn gegen Stundenlohn von 25,00 € im Bereitschaftsdienst eingesetzt. Im Ergebnis wurden die Revisionen zurückgewiesen. Der Senat stellte fest, dass bei einer Tätigkeit als Arzt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität in der ärztlichen Heilkunde als Dienste „höherer Art“ ausgeschlossen sei. Entscheidend sei, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in einer Arbeitsorganisation eingegliedert seien. Letzteres sei bei Ärzten und einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrsche, auf die die Betroffenen keinen
Rechtsanwalt Jörg Hohmann eigenen, hätten.
unternehmerischen
Einfluss
So seien Anästhesisten bei einer Krankenhaus-Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten müsse. Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setzte regelmäßig voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügten. Im Leitfall war die Ärztin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig. Hinzu komme, dass Honorarärzte bei ihrer Tätigkeit ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses nutzen, also nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig in den dortigen Betriebsablauf eingegliedert seien. Unternehmerische Entscheidungsspielräume seien bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht gegeben. Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen habe keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens
Somit verbleibt letztlich nur noch ein kleiner Spielraum für eine selbstständige honorarärztliche Tätigkeit im Krankenhaus, zum Beispiel wenn ein niedergelassener Arzt Apparate und Personal in das Krankenhaus mitbringt, um dort zu operieren. Dies ist aber ein seltener Ausnahmefall, sodass bestehende Honorararztverträge auf Basis dieser Rechtsprechung in Anstellungsverträge umzugestalten sind. Die Dienstverträge können dabei so gestaltet werden, dass eine Befreiung von der Kranken- und Rentenversicherungspflicht aufgrund bereits bestehender Sozialverpflichtungen beantragt werden kann. Im Ergebnis kommt daher die Gestaltung der Dienstverträge der freiberuflichen Tätigkeit sehr nahe. m Quelle: Urteil des BSG v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R und weitere
Rechtsanwalt Jörg Hohmann Kanzlei für Medizinrecht Prof. Schlegel Hohmann und Partner Paul-Nevermann-Platz 5 22765 Hamburg Telefon 040- 39 106 97-0 Telefax 040- 39 106 97-10 www.gesundheitsrecht.com
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MEDIZINRECHT
Arzneimittelverordnungssteuerung im Wandel Vor 20 Jahren wurden bundesweit die Richtgrößen und mit ihnen die allseits gefürchtete Richtgrößenprüfung des ärztlichen Verordnungsverhaltens eingeführt. Vor vier Jahren entschied der Gesetzgeber im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, dass die Richtgrößenprüfung als bundesweit geltende Methode der Wirtschaftlichkeitsprüfung ab dem Verordnungsjahr 2017 abgeschafft wird. Doch wurde damit keine regressfreie Zone geschaffen. Vielmehr gibt es nun einen bundesweiten Flickenteppich sehr unterschiedlicher Modelle der Verordnungssteuerung und -prüfung.
Rechtliche Vorgaben der Verordnungssteuerung Als Medizinstudent hätte man auf die Frage, was das ärztliche Verordnungsverhalten steuert, vermutlich noch geantwortet: der medizinische Standard, wie er sich insbesondere in Leitlinien widerspiegelt. Falsch ist diese Antwort auch heute nicht, doch denken Vertragsärzte vermutlich zuerst an die Fülle rechtlicher Regelungen und Verlautbarungen von Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen), die sie zu beachten haben. Wie sind all diese Vorgaben miteinander in Einklang zu bringen? Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus der juristischen Normenpyramide: Ganz oben stehen das Europarecht (EuR GG) und das Grundgesetz (SGB V), aus denen sich nur selten konkrete Vorgaben für das ärztliche Verordnungsverhalten ableiten lassen, weshalb sie hier außer Betracht bleiben können. Wichtig ist jedoch die Erkenntnis, dass die gesetzlichen Vorgaben der Regulierung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA; z. B. Nutzenbewertungen) vorgehen. Die regionale Regulierung auf KV-Ebene (z. B. Quotenziele) steht wiederum unterhalb der G-BA-Richtlinien. Ganz unten steht die Informationspolitik von KVen und Krankenkassen, die keine verbindlichen Vorgaben machen kann, sondern nur über rechtliche Vorgaben zutreffend informieren darf. Was bedeutet das praktisch?
Qualitätsgebot und G-BA-Entscheidungen Das Gesetz regelt in § 2 Absatz 1 Satz 3 SGB V das sogenannte Qualitätsgebot, nach dem die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen müssen. Diese wenig konkrete Vorgabe ist vom Arzt im Hinblick auf die Besonderheiten seines Patienten zu konkretisieren. Dabei sind die Regeln der evidenzbasierten Medizin anzuwenden. Gleichzeitig hat der G-BA die Aufgabe, auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin den medizinischen Standard zu konkretisieren. Dies tut er etwa im Rahmen der Nutzenbewertungen neuer Arzneimittel, wenn er für das neue Arzneimittel einen Zusatznutzen gegenüber dem bisherigen Therapiestandard feststellt (oder auch nicht). Zu beachten ist jedoch, dass der G-BA seine Entscheidung allein auf der Grundlage von Studien trifft, also abstrakte Aussagen
Rechtsanwalt Dr. Gerhard Nitz über eine typisierte Patientenklientel trifft. Der Arzt behandelt jedoch einen individuellen Patienten. Schon deshalb kann die Entscheidung des G-BA die Verordnungsentscheidung des Arztes nicht vorgeben. Zwar muss der Arzt die Bewertung des G-BA berücksichtigen. Was jedoch bei seinem Patienten dem medizinischen Standard entspricht, kann nur der einzelne Arzt entscheiden. Auch dort, wo der G-BA keinen Zusatznutzen erkennt, kann also im konkreten Einzelfall vom Arzt ein Zusatznutzen angenommen werden.
Wirtschaftlichkeitsgebot Das in § 12 SGB V geregelte Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt vom Arzt, unter therapeutisch gleichwertigen Optionen die für die Krankenkasse kostengünstigere auszuwählen. Gibt es einen medizinischen Grund zur Wahl der teureren Therapie, ist diese nach dem Qualitätsgebot geschuldet und entspricht auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Der medizinische Grund sollte in der Patientenakte knapp dokumentiert werden, sodass der Arzt ihn später gegebenenfalls belegen kann. Diese einfache Vorgabe gilt unabhängig davon, ob es um große oder kleine Kostenunterschiede geht, um große oder kleine therapeutische Unterschiede. Sie gilt also z. B. auch für die Verordnungsentscheidung zwischen einem Original und einem Biosimilar. Gibt es einen Grund, ein bestimmtes Produkt auszuwählen, etwa weil die Umstellung auf ein anderes Produkt allgemein oder auch nur patientenindividuell problematisch ist, dann rechtfertigt dieser Grund auch Mehrkosten. Umgekehrt gilt selbstverständlich: Ist es egal, ob der Patient mit einem Original oder einem →
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Biosimilar behandelt wird, ist die für die Krankenkasse kostengünstigere Option zu wählen. Dabei ist zu beachten, dass Rabattvertragsprodukte stets als kostengünstigste Option gelten.
Regionale Biosimilarquoten In welchem Verhältnis steht dies nun zu regionalen Verordnungsquoten, die etwa einen bestimmten Prozentsatz von Biosimilar-Verordnungen regeln? Da die regionale Regelung im Verordnungsrang unter dem Gesetz steht, kann sie die Pflicht des Arztes zur Verordnung des Produkts, das dem Qualitätsund Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht, nicht aushebeln. Die Quoten sind also dahingehend zu verstehen, dass die regionalen Vertragspartner davon ausgehen, dass man unter Beachtung des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebots zu dem definierten Prozentsatz Biosimilars einsetzen kann. Das muss aber nicht für die Patientenklientel jeder Praxis stimmen. Deshalb gilt in Wirtschaftlichkeitsprüfungen, dass die bloße Verfehlung einer Quote nie automatisch zu einem Regress führen darf. Es bedarf vorher stets der Prüfung, ob die Verordnungen nicht doch wirtschaftlich waren. Praktisch erfolgt dies im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten. Dass die Quoten den medizinischen Standard nicht exakt abbilden, bestätigt ein Blick auf die im Jahr 2019 geltenden biosimilarbezogenen Quotenvorgaben für Rheumatologen. Auch wenn die Verordnungsgruppen teilweise unterschiedlich definiert sind, weichen die Quoten in ihrer Höhe doch in einem Maße voneinander ab, das sich nicht medizinisch begründen lässt (Tab.). Tatsächlich bestimmen sich die Quotenhöhen im Wesentlichen nach dem tatsächlichen Verordnungsverhalten der Ärzte und spiegeln so eine Verordnungspraxis wider, die sich vermutlich nicht nur nach den Anforderungen des Qualitäts- und WirtschaftlichkeitsgeQuote
KV-Bezirk
Zielquote (in %)
Biosimilars an TNFa-Inhibitoren
Nordrhein Niedersachsen Thüringen Brandenburg Hamburg Bayern
66,0 49,75 41,0 34,0 15,0 10,0
Biosimilars oder Certolizumab oder Golimumab an TNFa-Inhibitoren
Rheinland-Pfalz
55,0
Biosimilars an TNFa-Inhibitoren subkutan
Sachsen
37,5
Biosimilars im AT28 (Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Rituximab)
BadenWürttemberg
35,0
Biosimilars an der gesamten Gruppe der biosimilarfähigen Biologika bei Neueinstellungen
Hessen
80,0
Biosimilars an Biologika und JAK-Inhibitoren bei rheumatischen Erkrankungen
Sachsen-Anhalt
22,89
Biosimilars an Infliximab
Westfalen-Lippe Bremen Saarland
90,0 75,0 60,0
Biosimilars an Etanercept
Westfalen-Lippe Schleswig-Holstein Bremen Saarland
90,0 78,0 75,0 50,0
Biosimilars an Adalimumab
Schleswig-Holstein Bremen Westfalen-Lippe
66,0 60,0 50,0
Tab.: Regionale Biosimilar-Quoten (Quelle: eigene Darstellung des Autors, Stand: 01.08.2019, ohne Gewähr)
bots richtet, sondern insbesondere auch von Regressängsten und Informationsschreiben der Krankenkassen und KVen beeinflusst wird. Der Anspruch des Patienten darf aber durch aggressive Informationspolitik von Krankenkassen nicht beschränkt werden. Deshalb ist an Ärzte zu appellieren, sich bei ihren Verordnungsentscheidungen an den dargestellten Vorgaben des medizinischen Standards und des Wirtschaftlichkeitsgebots zu orientieren. Dann werden Einsparungen generiert, wo dies möglich ist, ohne dass der medizinische Standard unterschritten wird.
Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Jahr 2019 Die Sorge vor Regressen ist nach wie vor weit verbreitet. Tatsächlich ist die Anzahl der Regresse in Auffälligkeitsprüfungen in den vergangenen Jahren bundesweit deutlich zurückgegangen und liegt, soweit mir bekannt, überall nur noch im Promillebereich; in einzelnen KV-Bezirken gab es gar keine Regresse mehr. Diese Entwicklung liegt zum einen an der seit 2012 geltenden Regelung „Beratung vor Regress“, zum anderen aber auch an den neu geschaffenen Instrumenten der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Während in einigen KV-Bezirken zwar immer noch an den Richtgrößen als Prüfmaßstab festgehalten wird, orientiert man sich in den meisten Regionen an anderen Instrumenten: dem Fachgruppendurchschnitt, Richtwerten, Fallwerten, MRG-Kosten etc. Wieder andere Regionen prüfen nicht mehr das gesamte Verordnungsvolumen, sondern konzentrieren sich auf ausgewählte Verordnungsbereiche, für die sie Wirtschaftlichkeitsziele in Form von Quoten geregelt haben.
Verordnungssteuerung über Information Der Rückgang der Prüf- und Regresswahrscheinlichkeit deckt sich häufig nicht mit der empfundenen Regressangst. Der Grund hierfür dürfte in einer zunehmenden Verordnungssteuerung durch Informationsschreiben der Krankenkassen und der KVen liegen. Hierin wird versucht, auf das Verordnungsverhalten mit vereinfachender Symbolik einzuwirken, etwa durch farbliche Kennzeichnungen: Generika und Biosimilars erscheinen „grün“, Originalpräparate „rot“. Wichtig ist jedoch zu erkennen, dass diese Informationsschreiben keine eigenen Regelungen setzen können. Auch „rot“ markierte Arzneimittel sind weiter verordnungsfähig nach den oben dargestellten Regeln. Die rote Markierung soll den Arzt lediglich anhalten zu überlegen, ob er das Arzneimittel – therapeutisch gleichwertig! – gegen ein kostengünstigeres ersetzen kann. Diese Entscheidung obliegt jedoch weiterhin dem Arzt nach Maßgabe des Qualitätsgebots. Die rote Markierung soll also lediglich ein Nachdenken auslösen und kein Verbot symbolisieren. Ob die häufige Farbwahl „rot – gelb – grün“ insoweit irreführend ist, sollte kritisch diskutiert werden. m Rechtsanwalt Dr. Gerhard Nitz Fachanwalt für Medizinrecht Geiger ∙ Nitz + Partner Rechtsanwälte PartG mbB Mommsenstr. 45, 10629 Berlin
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TERMINSERVICE- UND VERSORGUNGSGESETZ
Anforderungen und Grenzen der Verpflichtung zur Meldung freier Kapazitäten Grundsätzlich ist jeder Vertragsarzt aufgrund des Erlasses des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) nach § 75 Abs. 1a S. 20 SGB V i. V. m. dem neu zum 01.09.2019 in Kraft getretenem § 5 Abs. 2 der Anlage 28 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ärzte) verpflichtet, an die Terminservicestelle freie Terminkapazitäten zu melden. Bereits nach wenigen Wochen der praktischen Umsetzung lassen sich unterschiedliche Handhabungen durch die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) erkennen, die ein Bedürfnis für eine entsprechende Klarstellung zu den Grundlagen der gesetzlichen Verpflichtung begründen.
Umfang der Verpflichtung Die aufgrund der gesetzlichen Anordnung bestehende Meldepflicht bezieht sich zunächst auf freie Terminkapazitäten innerhalb der nach dem TSVG vorgesehenen Mindestsprechstundenzeiten, also bei Vollzulassung auf das gesetzlich vorgesehene Mindestsprechstundenangebot von nunmehr 25 Wochenstunden. Gibt es innerhalb dieses zeitlichen Rahmens – entsprechend reduziert für Teilzulassungen – noch freie Behandlungstermine, ist der betroffene Vertragsarzt verpflichtet, diese seiner KV, dort konkret der Terminservicestelle, zu melden. Für diese Meldung stellen die meisten KVen elektronische Zugänge bereit. Eine Ausschöpfung der Mindestsprechstundenzeit bedeutet allerdings nicht, dass damit eine Verpflichtung zur Vorhaltung freier Kapazitäten insgesamt entfiele. Vielmehr ist insoweit zu beachten, dass sich der erteilte Versorgungsauftrag nicht ausschließlich auf die Vorhaltung von Kapazitäten innerhalb der vorgesehenen Mindestsprechstundenzeiten beschränkt, sondern sich an den Bedürfnissen einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung zu orientieren hat (vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä). So wird dieser Umstand aktuell bereits von einigen KVen herangezogen, um eine Verpflichtung zur Ausweitung der Sprechstundenzeiten und zur Meldung dadurch geschaffener zusätzlicher Kapazitäten zu begründen. Offen bleibt in diesem Zusammenhang aber, inwieweit sich die KVen insbesondere bei Fachrichtungen, in denen im jeweiligen Planungsbereich eine deutliche Über-
bar – etwa kurzfristige Erkrankung –, die dennoch eine Ablehnung rechtfertigen können. Ungerechtfertigte Ablehnungen können demgegenüber, wie auch die generelle Verweigerung, freie Terminkapazitäten zu melden, die Annahme eines Verstoßes gegen vertragsärztliche Pflichten mit entsprechenden disziplinarischen Folgen begründen.
Begrenzung aus Gründen der tatsächlichen Verfügbarkeit Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf versorgung vorliegt, darauf rechtssicher werden berufen können. Bis sich mit der Schaffung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten in der Rheumatologie – mit welcher ab Beginn des neuen Jahres zu rechnen ist – die Versorgungssituation voraussichtlich etwas entspannt, besteht allerdings das Risiko, dass insbesondere Rheumatologen mit diesem Argument zu einer weiteren Ausweitung ihrer Kapazitäten verpflichtet werden könnten.
Disziplinarische Folgen bei Verstoß gegen die Verpflichtung Entsprechend der mitgeteilten Kapazitäten erfolgt dann eine Terminvergabe über die Terminservicestelle. Die damit verbundene Patientenzuweisung kann im Regelfall, da der Vertragsarzt mit der Mitteilung die Terminkapazität dokumentiert hat, in diesem Zeitfenster für eine Versorgung zur Verfügung zu stehen, auch nicht abgelehnt werden. Selbstverständlich sind aber Umstände denk-
Die Pflicht zur Meldung freier Terminkapazitäten muss allerdings bereits rein praktisch dahingehend eingeschränkt werden, dass tatsächlich noch freie Kapazitäten zur Verfügung stehen. Entsprechendes gilt auch für die weiter mögliche Zuweisung von Patienten ohne vorherige Meldung eines freien Termins, aber nach entsprechender Anfrage bei der einzelnen Praxis über die Terminservicestelle. Der Nachweis der Vollauslastung kommt dabei allerdings dem einzelnen Vertragsarzt zu. Insoweit sind bereits einzelne KVen dazu übergegangen, die Vertragsärzte zur generellen Meldung einer Mindestanzahl von Terminen – wenn auch auf unklarer Rechtsgrundlage – zu verpflichten, um einer möglichen Aushöhlung der gesetzlichen Vorschriften entgegenzuwirken. Auch wenn es zur Nachweistiefe einer bestehenden Auslastung der Praxis noch keine praktische Erfahrung gibt, ist davon auszugehen, dass dieser Nachweis insbesondere von Praxen erfolgreich geführt werden kann, die weit überdurchschnittlich abrechnen.
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Relevanz einer zeitnahen Terminvergabe auf Vergütungsebene Die von gesetzgeberischer Seite vorgesehenen Anforderungen hinsichtlich einer zeitnahen Terminvergabe betreffen in erster Linie die Terminservicestelle. So besteht nach § 75 Abs. 1a S. 3 Nr. 1 SGB V für diese die grundsätzliche Pflicht zur Terminvermittlung innerhalb einer Woche. Darüber hinaus darf die Wartezeit auf den vermittelten Termin nach § 75 Abs. 1a S. 5 SGB V vier Wochen nicht überschreiten. Kann diese Frist nicht eingehalten werden, ist die Terminservicestelle verpflichtet, dem Patienten einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus zu verschaffen, soweit es sich nicht um eine
verschiebbare Routineuntersuchung, eine termingebundene Gesundheitsuntersuchung für Kinder, eine Bagatellerkrankung oder vergleichbare Fälle handelt. Bei Akutfällen verkürzt sich diese Frist auf 24 Stunden nach durch den Patienten erfolgter Terminanfrage.
Patienten erfolgt, 50 % auf die jeweilige altersgruppenspezifische Versicherten-, Grund- bzw. Konsiliarpauschale, bei Terminfällen innerhalb vom 1. bis 8. Tag ebenfalls 50 %, innerhalb vom 9. bis 14 . Tag 30 % sowie innerhalb vom 15. bis 35. Tag immerhin noch 20 %.
Die Zeitdauer zwischen einer Terminanfrage durch den Patienten und einer Terminwahrnehmung in der jeweiligen Praxis ist für den betroffenen Vertragsarzt grundsätzlich nur für die Höhe der damit verbundenen außerbudgetär vergüteten Zuschläge entscheidend. Je früher ein Termin in der Praxis verfügbar ist, desto höher fallen diese Zuschläge aus. Sie betragen bei einem Akutfall, soweit die Behandlung innerhalb von 24 Stunden nach Terminanfrage durch den
Dies stellt zumindest eine kleine Entschädigung für die mit der Verpflichtung zur Meldung von Behandlungskapazitäten verbundenen Aufwände und Beeinträchtigungen des Praxisablaufs dar. m Rechtsanwältin Dr. Julia Gräf Fachanwältin für Medizinrecht Kanzlei Tacke Krafft Rindermarkt 3 und 4 80331 München E-Mail: julia.graef@tacke-krafft.de
Nachfrage zum Thema TSVG In seinem Beitrag „Das Prüfungsschwert wird deutlich stumpfer“ zum TSVG in Rheuma Management Juli/August 2019 schrieb RA Christian Koller u. a. über sich von 4 auf 2 Jahre verkürzende Verjährungsfristen für Kürzungen oder Nachforderungen für unwirtschaftliche ärztliche Leistungen. Hierzu gab es eine Nachfrage eines unserer Leser.
Dr. Stefan R.: „Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel zum TSVG gelesen. Mittlerweile sind ja schon sehr viele medizinrechtliche Artikel zum TSVG geschrieben worden. In Ihrem Artikel wird die Problematik 2 vs. 4 Jahre erörtert. Dies habe ich in den vielen anderen Artikeln nicht (bewusst) gefunden. Mir ist die „Abgrenzung“ nicht ganz klar: der erste nach Inkrafttreten des TSVG erlassene Honorarbescheid ist am 31.07.2019 ergangen. Heißt das, dass für diesen Bescheid die 2-Jahresregel gilt? Wie lange zurück – ab jetzt gerechnet – gilt die 4-Jahresregel? Und wie ist Ihre Aussage zu berücksichtigen, dass die Regressierung einer unwirtschaftlichen Leistung innerhalb von 2 Jahren ab dem Schluss .... erfolgen muss. Bezieht sich dies auf Verordnungen (Arzneimittel, Heilmittel) oder auch auf abgerechnete ärztliche Leistungen?“ Im Nachgang an den Beitrag soll auf die Frage eingegangen werden, ab wann
und für welche Prüfungen die verkürzte Verjährungsfrist gelten soll.
gresse für die Quartale 3 und 4/2019 nur noch bis zum 31.12.2021 zurückgefordert werden. Hier gilt die 2-Jahresfrist.
RA Christian Koller:
Unklar sind hingegen die Quartale 1 und 2/2019. Hier kann man nun ebenfalls die Auffassung vertreten, dass die kurze Verjährungsfrist rückwirkend auch für diese beiden Quartale gilt. Schließlich läuft das Kalenderjahr 2019, in dem die Verordnungen in den Quartalen 1 und 2/2019 ausgestellt worden sind, noch.
Die Regelung in § 106 Abs. 3 SGB V tritt ab dem 11.05.2019 in Kraft. Dabei wird unterschieden zwischen der Prüfung der Unwirtschaftlichkeit ärztlicher Leistungen und Verordnungen. Ärztliche Leistungen: Für Rückforderungen wegen erbrachter ärztlicher Leistungen gilt die kürzere Verjährungsfrist erst für Honorarbescheide ab dem Quartal 1/2019. Die Frist für 1/2019 läuft ab zum 31.07.2021. Grund: hier ist der Erlass des Honorarbescheides maßgeblich. Ärztliche Verordnungen: Hier ist die Rechtslage nicht so eindeutig. Maßgeblich ist die Ausstellung der Verordnung. Die Frist beginnt zum Ablauf des Kalenderjahres, also immer zum 31.12. eines Jahres. Unproblematisch können Re-
Dagegen spricht, dass die maßgebliche Handlung der Verordnung für diese beiden Quartale teilweise noch vor dem 11.05.2019, also vor dem Inkrafttreten des TSVG erfolgt ist. Es besteht also die Möglichkeit, dass die Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, dass für die Quartale 1/2019 und 2/2019 noch die alten, längeren Fristen gelten, da zu Beginn dieser Quartale die vierjährige Verjährungsfrist nach der alten Rechtslage zu laufen begann. m
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SPITZENVERBAND FACHÄRZTE DEUTSCHLANDS
Neues Konzept für sektorenübergreifende Versorgung Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) positioniert sich mit einem eigenen Konzept für eine sektorenübergreifende Versorgung an der Schnittstelle ambulant/stationär. Zugleich übt er deutliche Kritik an einer aktuell publizierten, von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebene Studie zur Vergütung ambulanter und ambulant erbringbarer Leistungen.
Die SpiFa-Mitgliederversammlung hat ein Konzept für intersektorale ärztliche Leistungen einstimmig verabschiedet. Hintergrund sind die Arbeiten und ersten Eckpunkte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur sektorenübergreifenden Versorgung. Die Grenze ambulant-stationär muss abgebaut werden. „Heute bestimmt immer öfter der Zustand des Patienten und nicht die Leistung an sich, ob der Patient ambulant oder stationär behandelt wird. Dem muss die Ordnungspolitik der Zukunft Rechnung tragen und die derzeit gültigen gesetzlichen Vorgaben neu ordnen“, erläuterte Dr. Hans-Friedrich Spies, Vorstandsmitglied des SpiFa. Im SGB V geht es dabei um die §§ 115 bis 121, vom ambulanten Operieren über die ASV bis hin zur belegärztlichen Versorgung. Der SpiFa macht deshalb einen Gesetzesvorschlag, der alle seitherigen Regelungen in einem § 115 neu zusammenfasst. Bei den so definierten intersektoralen ärztlichen Leistungen werden neben den seitherigen Regelungen in den angesprochenen Paragrafen auch alle stationären Fälle mit einbezogen, die in der Regel 4 Tage Liegedauer nicht überschreiten. Der neu geordnete Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) wird die stationären Fälle dahingehend überprüfen, ob sie ambulant hätten erbracht werden können. Damit übernimmt man den stationären Leistungskatalog mit dem offenen Verbotsvorbehalt, sodass für die Vergütung nicht der „begrenzende Ein-
Dr. Hans-Friedrich Spies heitliche Bewertungsmaßstab (EBM)“ sondern ein Fallpauschalensystem vorgesehen wird, nach dem Motto: „Eine Leistung, eine Qualität, ein Preis.“ Die intersektoralen ärztlichen Behandlungen stehen Krankenhäusern genauso wie Gemeinschaften von Vertragsärzten zur Verfügung, die die Inhalte der Fallpauschalen abbilden können. „Der SpiFa macht damit einem praktikablen Vorschlag für Klinik und Praxis, der die Grenze ambulant-stationär flexibel öffnet und der die Versorgungsqualität für die Patientensicherheit verbessern wird“, so Spies. Das Konzeptpapier „Intersektorale ärztliche Leistungen“ ist einsehbar unter: www.spifa.de/intersektorale-Leistungen.
im Auftrage der Bertelsmann-Stiftung verfasste Studie zur „Vergütung ambulanter und ambulant erbringbarer Leistungen“, da diese bei der Behandlung des an sich wichtigen Themas zielgeleitet, aber in der Sache völlig unnötig den altbekannten Traum von der Bürgerversicherung mit aufwärmt. „Eine Vereinheitlichung der Vergütungssysteme ist für die Behebung der sich aus der Art der Finanzierung von im intersektoralen Bereich erbrachter medizinischer Leistungen nicht notwendig“, so Rechtsanwalt Lars F. Lindemann, Hauptgeschäftsführer des SpiFa. „Die so diskutierte Angleichung beider Vergütungssysteme berücksichtigt zudem nicht, dass bei aller möglicher Kritik am Nebeneinander von privater und gesetzlicher Honorarordnung, der freie Beruf des Arztes einen Anspruch auf eine freie Gebührenordnung „GOÄ“ hat“, ergänzte Spies. Die Studie der Bertelsmann-Stiftung beschreibt ausführlich eine Vielzahl von Problemen bei der Vergütung ambulanter und ambulant erbringbarer Leistungen. Zielführender ist das Konzept des SpiFa der ärztlich intersektoralen Leistungen, welches konsequent den Ansatz ambulant vor stationär verfolgt. m
Kritik an Studie der Bertelsmann-Stiftung In diesem Kontext äußerte der SpiFa erhebliche Bedenken zur am 1. Oktober erschienenen, von Prof. Dr. Jürgen Wasem
Quelle: Pressemitteilungen des Spitzenverband Fachärzte Deutschlands, 4. September und 2. Oktober 2019
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PSYCHONEUROIMMUNOLOGIE
PETRA-Projekt: Eine erweiterte Medizin und ihre Chancen für die Rheumatiode Arthritis Als junger Forschungszweig bietet die Psychoneuroimmunologie neue Einsichten in das Zusammenspiel von Körper und Geist und legt dabei besonderes Augenmerk auf chronische Entzündungskrankheiten. Die Psychoneuroimmunologie (PNI) leistet damit einen wertvollen Beitrag für eine ganzheitliche Erweiterung der modernen Rheumatologie – und wird mit „PETRA“ durch ein Projekt des Innovationsfonds unterstützt.
Die Inzidenz rheumatischer Autoimmunerkrankungen nimmt weltweit zu (1) – die PNI hilft, ihr komplexes Entstehungsgefüge zu verstehen und setzt neue Impulse für eine personalisierte Therapie. Aufbruch in eine neue Medizin Die Rheumatoide Arthritis (RA) bleibt aufgrund ihrer Komplexität für moderne Versorgungsstandards eine Herausforderung. Trotz bahnbrechender Erfolge rund um die Biologikatherapien zeigen sich fernab des Behandlungszimmers immer noch vielgestaltige Begleiterscheinungen: Neben körperlichen Symptomen, psychischen Belastungen und Einschränkungen im sozialen Miteinander führt die Erkrankung für die Betroffenen nicht selten zu Einkommensverlusten und Frühberentungen – ein Leidensdruck auf mehreren Ebenen also, der wiederum auf die Erkrankung rückwirken kann. Mit Blick auf die Betroffenen ist damit ergänzend zur Pharmakotherapie ein ganzheitlicher Therapieansatz wünschenswert. Die PNI kommt diesem Anliegen nach und sieht den Menschen im Zentrum eines bio-psycho-sozialen Netzwerkes, indem sie die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Psyche, Nerven-, Hormon- und Immunsystem untersucht. In ihrer Annahme, dass diese Systeme keine voneinander getrennten Einheiten sind, stellt sie gewissermaßen einen missing link dar, über den sich „harte“ biochemische Labordaten mit
„weichen“ psychosozialen Daten verbinden lassen. Die PNI hält damit das Potenzial bereit, einen in der Medizin lange gehegten Dualismus, d. h. die Trennung von Körper und Geist, zu überwinden. (2) Wer schon einmal den Eindruck hatte, dass Gesundheit wie auch das Auftreten von Krankheiten eine Verbindung zum persönlichen Lebensalltag haben könnten, findet hierfür in der PNI eine wissenschaftliche Basis – mitsamt der damit begründeten Hoffnung auf innovative Therapieansätze. Wegbereitend für die PNI war die Erkenntnis, dass es eine „gemeinsame biochemische Sprache“ zwischen den oben genannten Systemen in Form geteilter Rezeptoren und Effektormoleküle gibt. (3) So besitzen beispielsweise Immunzellen wie T- und B-Lymphozyten, Makrophagen und natürliche Killerzellen Rezeptoren für verschiedene Neurotransmitter (darunter Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Histamin), aber auch für Neuropeptide (z. B. Neuropeptid Y oder Substanz P) und Hormone (z. B. Prostaglandine, Wachstumshormon, Cortisol, Corticotropin-Releasing-Hormon [CRH], Adrenocorticotropes Hormon [ACTH] oder auch endogene Opioide). (4) Da diese immunkompetenten Zellen und ihre Dialogmoleküle wiederum neuronale Zellpartner haben, ergibt sich im Umkehrschluss, dass das zentrale Nervensystem kontinuierlich und in Echtzeit über die Aktivität des Immunsystems informiert ist – und umgekehrt, das Immunsystem über die Aktivitäten des Nervensystems. (5) Auf diese Weise entsteht ein komplexes Gefüge zur Regulation jenes Prozesses,
der im Zentrum des gegenwärtigen psychoneuroimmunologischen Interesses steht und auch bei Erkrankungen wie RA eine maßgebliche Rolle spielt: die Entzündung. (6)
Entzündung gleich Stress Aus Sicht der PNI kommt es immer dann zu einer Entzündungsreaktion, wenn der Organismus ge- oder überfordert – also gestresst – wird. Dabei macht es für den Organismus keinen Unterschied, ob der Stressor physischer oder psychischer Natur ist. Inwieweit jedoch stressbedingte Entzündungsreaktionen gesundheitliche Konsequenzen für den Organismus haben, hängt von der Stressdauer und -intensität ab, wie im Folgenden deutlich wird. Im Zuge einer akuten Stressreaktion (materiellen oder immateriellen Ursprungs) führt die Aktivierung des sympathischen Nervensystems u. a. zu einem kurzfristigen Anstieg von entzündlichen Parametern wie Interleukin-1 und -6 (IL-1β, IL-6) oder dem Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNFα) als Ausdruck der zellulären THelfer-Typ 1 (TH1)-Immunaktivität. (7) Diese Anpassungen stellen eine Art ersten Abwehrwall des Immunsystems dar, um z. B. auf eine Verwundung schnell reagieren zu können. Längerfristige Entzündungsaktivität ist jedoch potenziell schädigend für körpereigenes Gewebe (8), weswegen es in der Regel zu Gegenregulationsmechanismen kommt, sobald die Gefahr gebannt ist. So werden die entzündlichen Proteine selbst zu Triggern für die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennie- →
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renrinden (HPA)-Achse, die daraufhin über CRH und ACTH letztlich zu einer Cortisolfreisetzung mit entzündungshemmender Wirkung führt. Die zelluläre TH1-Aktivität wird damit inklusive ihrer Entzündungsaktivität zugunsten einer humoralen T-Helfer-Typ 2 (TH2)-Immunaktivität gesenkt (TH1/TH2-Shift). (8, 9) Dauert eine Stressreaktion an, steuert der Körper zunächst durch vermehrte Cortisolausschüttung gewebeschützend dagegen (Hypercortisolismus), untergräbt damit allerdings die TH1-Immunität, die beispielsweise zur Abwehr von viralen Erregern oder auch zur Wundheilung notwendig ist. (9) So konnte in der Tat gezeigt werden, dass experimentell zugefügte Schleimhautwunden bei Zahnmedizinstudierenden um 40 % langsamer heilten, wenn sie sich kurz vor einer Semesterprüfung befanden. (10) Auch führte psychosoziale Belastung bei gesunden Probanden zu einer erhöhten Anfälligkeit für Viruserkrankungen. (11) Handelt es sich jedoch um andauernden oder außergewöhnlich intensiven Stress, z. B. jenem, der in den sensiblen Phasen frühkindlicher Entwicklung auftritt, kann es zu einer Erschöpfung der HPA-Achse kommen („Crash im Stresssystem“). (12) Tritt nun Stress auf, wird Cortisol einerseits in geringeren Mengen freigesetzt (Hypocortisolismus), andererseits wird auf das noch vorhandene Cortisol vermindert reagiert (Glukokortikoidresistenz), weshalb der stressbedingten TH1Immunität nichts mehr entgegengesetzt werden kann – die Konsequenz sind ungebremste Entzündungsreaktionen und die damit verbundene Gefahr, langfristig an den Folgen der chronischen Entzündungsanstiege zu erkranken. (13)
Die PNI der rheumatoiden Arthritis Während die Ursache der RA bislang in einer Verbindung aus Genetik und Umweltfaktoren wie Zigarettenkonsum oder Nahrungsbestandteilen gesehen wird (14, 15), tragen die psychoneuroimmunologischen Überlegungen möglicherweise zu einem umfassenderen ätiopathogenetischen Verständnis der RA bei. Stress könnte demnach tatsächlich ein Dreh- und Angelpunkt der autoimmunen Entzündungsaktivität sein, nachdem er in verschiedenen Studien mit klinischer Verschlechterung der RA (16) und einem Anstieg von entzündlichen Zytokinen in Verbindung gebracht wurde. (17) Auch die bei RA-Patienten nachgewiesene Glukokortikoidresistenz und verminderte Cortisolantwort bei Stress könnte das PNI-Modell der Entzündungserkrankungen widerspiegeln. (18, 19) Interessanterweise gehen belastende Lebensereignisse dem Ausbruch der RA überdurchschnittlich häufig voraus, was die Bedeutung von Stress zusätzlich betont. (20) Es gibt zudem, wie bereits angesprochen, Hinweise darauf, dass die Grundlagen für ein dysfunktionales Stressregulationssystem bereits in der Kindheit gelegt werden können – so sind stressbehaftete oder gar traumatische Erfahrungen aus der Kindheit wie ein überstrenger Erziehungsstil, Zurückweisung oder auch Missbrauch 20 Jahre später mit erhöhten Entzündungswerten verbunden (21) und steigern das Risiko für Autoimmunerkrankungen. (22) Ungeachtet der Frage nach Henne und Ei können sich bei RA eine Reihe von Komorbiditäten wie Depression oder
Angst zeigen, welche ihrerseits auch mit verstärkten Entzündungsprozessen einhergehen und insgesamt mit ungünstigerem Outcome und geringerer Lebenserwartung verbunden sind. (23) Die PNI betreibt hier jedoch nicht nur Schwarzmalerei – auch die Forschung zu den sog. „Positivfaktoren“ der PNI nimmt stetig zu. So konnte z. B. nachgewiesen werden, dass bei Patienten mit RA positive Einflüsse wie „heiteres Lachen“ entzündungshemmende Effekte nach sich ziehen. (24) Doch wie lassen sich alle diese neuen Einsichten in das KörperPsyche-Zusammenspiel für die Praxis tatsächlich nutzbar machen?
Gesundheits- und Lebenskompetenz mit PETRA Mit dem Programm zur personalisierten Therapie von rheumatoider Arthritis – kurz PETRA* – bietet der Innovationsfonds eine Möglichkeit, die Erkenntnisse der PNI gewinnbringend für Betroffene in die Regelversorgung der modernen Rheumatologie zu integrieren. Das Projekt will dadurch die Kompetenz im Umgang mit der Erkrankung stärken. PETRA sieht den Menschen im Mittelpunkt einer individuellen Behandlung, die eine gesundheitskompetente Persönlichkeitsentwicklung initiieren und nachhaltig fördern will. Durch das Programm sollen die Remissionsraten bei RA gesteigert und Verbesserungen in den Krankheitsverläufen Betroffener erreicht werden. Letztlich wird mit PETRA zusätzlich zur fachkundigen Behandlung des Rheumatologen ein psychologisch erweitertes Angebot für Betroffene geschaffen, die allzu oft unter großem Leidensdruck stehen. m
David Hilber – Berufsverband der Präventologen, e.V., Gneisenaustraße 42, 10961 Berlin, david.hilber@tirol-kliniken.at | Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Christian Schubert – Medizinische Universität Innsbruck, Klinik für Medizinische Psychologie, Schöpfstrasse 23a, 6020 Innsbruck, christian.schubert@i-med.ac.at | Prof. Dr. Dr. Kurt S. Zänker – Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Medizin, Institut für Immunologie, Stockumer Straße 10, 58453 Witten, Kurt.Zaenker@uni-wh.de * Förderkennzeichen 01NVF17045 (Projekt des Innovationsfonds nach § 92a SGB V) Literatur: 1 Lerner A et al., IJCD 2015; 3(4): 151-155 | 2 Schubert S. In: Schubert C, Editor. Psychoneuroimmunologie und Psychotherapie. 2. Stuttgart, New York: Schattauer; 2015. p. 68-116 | 3 Blalock JE. Immunol Today 1994; 15(11): 504-511 | 4 Wrona D. J Neuroimmunol 2006; 172(1-2): 38–58 | 5 Besedovsky H, Sorkin E. Clin Exp Neuroimmunol 1977; 27(1): 1-12 | 6 Schubert C et al. In: Adler RH et al., Editors. Psychosomatische Medizin. 7. München: Elsevier; 2011. p. 82–97 | 7 Dragoş D, Tănăsescu MD. JML 2010; 3: 10-18 | 8 Naugler WE, Karin M. Trends Mol Med 2008; 14(3): 109–119 | 9 Elenkov IJ, Chrousos GP. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 1999; 13: 583–595 | 10 Marucha PT et al. Psychosom Med 1998; 60: 362-365 | 11 Cohen S et al., New Engl J Med 1991; 325: 606-612 | 12 Van Houdenhove B et al., Med Hypotheses 2009; 72: 701–705 | 13 Besedovsky HO, del Rey A. Brain Behav Immun 2007; 21: 34-44 | 14 Kurkó J et al., Clin Rev Allergy Immunolo 2013; 45: 170–179 | 15 Silman A, Pearson J. Arthritis Res 2002; 4(Suppl3): 265-272 | 16 Herrmann M et al., Rheumatic Dis Clin North Am 2000; 26: 737-763 | 17 Davis MC et al., Brain Behav Immun 2008; 22: 24-32 | 18 Motivala SJ et al., Arthritis Rheum 2008; 58(2): 376-383 | 19 Heim C et al., Psychoneuroendocrinology 2000; 25: 1-35 | 20 Marcenaro M et al., Ann N Y Acad Sci 1999; 876: 419-425 | 21 Danese A et al., PNAS 2007; 104(4): 1319-1324 | 22 Dube SR et al., Psychosom Med 2009; 71: 243–250 | 23 Sturgeon JA et al., Nat Rev Rheumatol 2016;12(9): 532–542 | 24 Matsuzaki T et al., Rheumatology (Oxford) 2006; 45(2): 182-186
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Oberarzt (m/w/d) für Rheumatologie in Bad Bramstedt Ihre Aufgabenschwerpunkte: – Oberärztliche Tätigkeit in der Fachabteilung für Rheumatologie und Immunologie – Management der Stationsabläufe zur Versorgung der Patienten und der Abteilungsabläufe – Mitwirken an und Durchführung von Studien in der Sektion für Rheumatologie und entzündliche Systemerkrankungen am UKE – Mitentwicklung und Begleitung interdisziplinärer Konsiliardienste und Sprechstunden Ihr Profil: – – – – –
Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Innovative und teamfähige Persönlichkeit Führungsqualitäten mit hoher sozialer und organisatorischer Kompetenz Engagement in der Weiterentwicklung der Behandlungskonzepte Erfahrungen in der Forschungstätigkeit
Wir bieten Ihnen: – Unterstützung/Finanzierung von Fortbildungen – Eine monatlich vielfältig einsetzbaren Gutscheinkarte – Attraktive Angebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements – Eine attraktive betriebliche Altersversorgung und Zusatzrente – 32 Tage Urlaub je Kalenderjahr
Bei Fragen: Tel. 04192/90 2011 j.ritter@klinikumbb.de Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung per Email: Klinikum Bad Bramstedt GmbH Bewerbermanagement Oskar-Alexander-Straße 26, 24576 Bad Bramstedt karriere@klinikumbb.de
Assistenzarzt (m/w/d) für Rheumatologie (in fortgeschrittener internistischer Weiterbildung) oder Facharzt (m/w/d) für Rheumatologie in Bad Bramstedt Auf Sie warten in unserer modernen Klinik attraktive und berufsorientierte Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Außerdem haben Sie die Möglichkeit einer regulär geplanten Rotation ins UKE (Notaufnahme, Intensivmedizin und andere internistische Fachabteilungen). Neben der Ausbildung im stationären Bereich haben Sie die Möglichkeit zum ambulanten Arbeiten in der 116b Ambulanz. Die Teilnahme an Therapiestudien ist möglich. Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten ist erwünscht. Durch die enge Kooperation mit dem UKE haben Sie neben den Tätigkeiten in einer großen Akut-Rheumatologie alle Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung einer Universitätsklinik. Kenntnisse und Fertigkeiten in der endoskopischen Diagnostik zum Ausbau unserer Endoskopie Abteilung wären sehr erwünscht.
Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung per Email: Bei Fragen: Dr. Arndt, Tel. 04192/90 2576 f.arndt@klinikumbb.de
Klinikum Bad Bramstedt GmbH Bewerbermanagement Oskar-Alexander-Straße 26, 24576 Bad Bramstedt karriere@klinikumbb.de
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Rheumatologe/in für internistisch-rheumatologische Gemeinschaftspraxis in Bremen gesucht Wir (6 Rheumatologen) suchen eine(n) Kollegen/in zur Unterstützung unseres Teams und baldigen Nachfolge für einen Vertragsarztsitz in unserer partnerschaftlich geführten internistisch-rheumatologischen Schwerpunktpraxis. Wir bieten: – zentral gelegene, schöne, neue Praxisräume im Ärztehaus am Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen in verkehrsgünstiger Lage – flexible Voll-/Teilzeittätigkeit, 1 Tag Home Office – Unterstützung der rheumatologischen Tätigkeit durch ein nettes, motiviertes Praxisteam inkl. Rheumafachassistentinnen – fachspezifisches OIII-Labor und Sonographie – 18 Monate Weiterbildungsermächtigung für Rheumatologie – gut etablierte Früharthritis-Sprechstunde – vielseitige Kooperation, insbesondere mit der im gleichen Haus gelegenen rheumatologischen Akutklinik und rheumaorthopädischen Abteilung – Teilnahme an der ASV (ambulante spezialärztliche Versorgung) geplant – ein Anstellungsverhältnis vor Praxiseinstieg ist möglich Bei Interesse melden Sie sich bitte unter: info@rheumapraxis-bremen.de Dr. Imke Lührs, Dr. Hans-Gerhard Müller, Bettina Wodtke, Markja Melzer, Dr. Gisela Grothues, Linh Hoang Osterstraße 1a, 28199 Bremen
Rheumatologe, auch in Weiterbildung (m/w/d) für MVZ in Dresden gesucht
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Rheumatologische Schwerpunktpraxis und zertifiziertes Osteologisches Zentrum (DVO), Lehrpraxis der TU Dresden mit eigener DXA-Einheit und Immunlabor sucht für den Standort Dresden zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen FA Innere Medizin und Rheumatologie Ihre Aufgabenschwerpunkte: – Ambulante Versorgung Rheumatologischer Krankheitsbilder – Konsile und internistische Diagnostik (Sonografie) am nahegelegenen Krankenhaus – Mitwirken an Klinischen Studien – Mitwirken bei der Ausbildung von Weiterbildungasassistenten Wir bieten Ihnen: – Herausragende Arbeitsbedingungen in einem modernen Neubau umgeben von einem engagierten Team – Lukratives Gehalt bei 30 Tagen Urlaub im Kalenderjahr – 18 Monate Weiterbildungsermächtigung für Rheumatologie – Unterstützung/Finanzierung von Fortbildungen – Unterstützung bei der Wohnungssuche – und das alles inmitten der sächsischen Landeshauptstadt mit vielfältigen kulturellen Angeboten und hoher Lebensqualität Bei Fragen: Tel. 0351-88886952 oder 0351-8888690 weiterbildung@rheuma-dd.de Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre aussagekräftige Bewerbung an die o.st. Email-Adresse oder per Post: Rheumatologisches MVZ Dresden GmbH, Königsbrücker Landstrasse 98, 01109 Dresden
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Nachfolge für internistischrheumatologische Schwerpunktpraxis in Hildesheim gesucht Sehr gut eingeführte und modern ausgestattete Praxis mit derzeit zwei Ärzten – Immunologisches und osteologisches Labor, Sonographie, Röntgen, DXA – Ambulante Weiterbildungsermächtigung über 18 Monate vorhanden. – Teilnahme ASV – Verkehrsgünstige Lage Bei Interesse melden Sie sich bitte unter Praxis Dres. von Hinüber/Linhart Bahnnhofsplatz 5 31134 Hildesheim kontakt@rheuma-hildesheim.de
Nachfolge für InternistischRheumatologische Schwerpunktpraxis in Ettlingen bei Karlsruhe gesucht Wir bieten: – eine attraktive lebendige Kleinstadt mit kulturellem Niveau und hohem Freizeitwert, am Fuße des Schwarzwalds gelegen in unmittelbarer Großstadtnähe (Universität) mit sehr großem kulturellen Angebot – langjährige gut eingeführte, moderne und gut strukturierte Einzelpraxis – verkehrsgünstige Lage – langjähriger Patientenstamm – vielseitige Kooperationen (digitales Röntgen, Osteodensitometrie) Für die Praxisübernahme sind nach Absprache und Wunsch verschiedenste Übergangsregelungen denkbar. Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung an: Dr. med. Anne-Dore Kumpe, info@dr-kumpe.de
Weiterbildungsassistent zum Facharzt (m,w,d) für Innere Medizin und Rheumatologie in der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Rendsburg (SH) Ihre Voraussetzungen: Approbationselbständige, verantwortungsvolle und effektive Arbeitsweise Interesse an Aus- und Weiterbildung Patientenorientierte, kontaktbereite und kollegiale Persönlichkeit Wir bieten Ihnen: Verantwortungsvolle Tätigkeit in einem engagierten und kollegialen Team Kollegiales und freundliches Arbeitsklima Voll/-Teilzeit möglich Ein breites Spektrum an apparativer Funktionsdiagnostik in der Rheumatologie und Osteologie Studienzentrum Infusionsambulanz Autoimmunlabor Möglichkeit zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung Unterstützung der rheumatologischen Tätigkeiten durch Rheumafachassistentinnen Entlastung von artfremden Tätigkeiten durch den Einsatz von Sekretärin/Schreibkraft EDV-technisch innovative Praxis, SpracherkennungGroßes überregionales Einzugsgebiet Einstieg, Praxispartnerschaft oder Übernahme zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Bei Interesse schicken Sie bitte Ihre Bewerbung an: Dr. med. R. Jochen Walter Hollesenstraße. 27a, 24768 Rendsburg j.walter@rheuma.sh Tel.: 0171/3813063
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Oberarzt/Oberärztin (m/w/i) für Innere Medizin/ Rheumatologie je nach Qualifikation als Sektionsleiter „Rheumatologie“ (I.3/2019/105) Die Klinik für Innere Medizin I – komm. Direktor Herr Prof. Dr. Stephan Stilgenbauer – sucht zum 01.11.2019 eine/einen Ihre Aufgaben – Leitung interdisziplinärer Teams zur ambulanten und stationären Versorgung von Patienten mit rheumatologischen und immunologischen Erkrankungen – Leitung des Studiensekretariats für Versorgungsforschung „RheumaVor“ – Fortführung und Ausbau der Studienambulanz (klinische Prüfungen der Phase III) – Ausbau des neu etablierten Schwerpunkts: periphere Blutstammzelltransplantation bei Autoimmunopathien Ihr Profil – Facharzt für Innere Medizin, für die Position der Sektionsleitung „Rheumatologie“ ist die Schwerpunktbezeichnung „Rheumatologie“ erwünscht – Erfahrung in wissenschaftlichem Arbeiten – Hohes Engagement mit ausgeprägter Motivation und sozialer Kompetenz – Belastbarkeit und Teamfähigkeit Unser Angebot – Erwerb der Zusatzbezeichnung „Rheumatologie“ (wenn noch nicht vorliegend) und bei Interesse „Hämatologie und internistische Onkologie“
– Engagement im Forschungsschwerpunkt „molekulare Rheumatologie“ am José Carreras-Zentrum mit der Möglichkeit der Habilitation – Tätigkeit in der bereits etablierten Sektion „Rheumatologie“ mit eigenem Sekretariat, zwei ärztlichen Kolleg/innen (1 Facharzt, 1 Assistenzarzt) – Umfassende klinische Fortbildungsmöglichkeiten – Verwendung vorhandener Drittmittel zu Forschungszwecken Die Vergütung erfolgt nach den tariflichen Vorschriften des TV-Ärzte. Bewerber/innen mit einer Schwerbehinderung werden bei gleicher Eignung vorrangig berücksichtigt. Das UKS fordert Frauen besonders auf, sich zu bewerben, um nach Maßgabe des Frauenförderplans des UKS die bestehende Unterrepräsentanz in dieser Entgeltgruppe zu beseitigen. Wenn Sie Interesse haben, diese vielfältigen Aufgaben zu übernehmen, dann freuen wir uns über den Erhalt Ihrer Bewerbungsunterlagen innerhalb von 4 Wochen über unser Online-Bewerbungsformular. Fragen beantwortet Herr Prof. Dr. Stilgenbauer oder Herr Prof. Dr. Aßmann (Lt. OA) gerne unter 06841/16-15011 oder per E-Mail an stephan.stilgenbauer @uks.eu oder gunter. assmann @uks.eu.
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Nachfolge für internistischrheumatologische Schwerpunktpraxis im Saarland Auf www.bdrh.de/ stellen-praxis-boerse/stellen angebote.html finden Sie alle Stellenangebote und angebotene Geräte
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
BILDGEBENDE DIAGNOSTIK
Im Fokus: Nagel-Patella-Syndrom (Osteoonychodysplasie) ANAMNESE: Die Patientin stellte sich 5/2019 erstmals zur rheumatologischen Abklärung vor. Auswärts wurde bereits eine Osteoonychodysplasie (Nagel-Patella-Syndrom) diagnostiziert. Einem ärztlichen Befundbericht vom 3/2019 zufolge bestand von dermatologischer Seite bei zunächst u. a. einer Alopezia areata der V. a. einen spontan rückläufigen Lupus erythematodes. Die ANA-Antikörper waren positiv. Eine medikamentöse Lupus-Behandlung wurde nicht eingeleitet. Die Patientin berichtete über wiederkehrende Schmerzen im Bereich des rechten Schulter-, beider Knie- und Ellenbogengelenke sowie einem Nagelverlust an allen Finger- und einigen Zehennägeln. FAMILIENANAMNESE: Beim Sohn der Patientin wurde bereits mit 2,5 Jahren die Diagnose Nagel-Patella-Syndrom gestellt. Er konnte deshalb nicht am Sportunterricht teilnehmen, war wiederholt im Krankenhaus wegen Patellaluxationen. Z. n. zweimaliger Handgelenksfraktur. KLINISCHER BEFUND: 160 cm, 48 kg. Gelenkstatus: Elevation der Arme beidseits über die Horizontale schmerzhaft eingeschränkt, rechts nur bis zur Horizontale möglich. Streckdefizit im Bereich der Ellenbogengelenke beidseits (von 20°). Wirbelsäulenstatus: Eingeschränkte HWS-Funktion (Rotation 30- 0-30°). Bekannte Skoliose im LWS-Bereich. LABOR: CRP < 5 mg/l, BKS 8/h, RF- und ccP-Ak negativ. ANA 1:1000, dsDNA-Ak negativ. Komplementwerte im Normbereich, ENA negativ.
DIAGNOSE: Nagel-Patella-Syndrom (Osteoonychodysplasie) Bei der Osteoonychodysplasie (Nagel-Patella-Syndrom) handelt es sich um eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die mit verschiedenen Fehlbildungen einhergeht. Die Osteoonychodysplasie ist eine seltene Erkrankung. Die Fehlbildung tritt bei Lebendgeborenen in etwa gleich verteilt beim männlichen und weiblichen Geschlecht mit einer Häufigkeit von 1:50.000 auf. Die Osteoonychodysplasie wird durch eine Mutation im LMX1B-Gen hervorgerufen. Symptome der Osteoonychodysplasie können sein eine Deformierung der Nägel mit Nagelhypoplasie oder Nagelaplasie oder eine fehlende oder zu kleine Patella. Ferner kann es zu Fehlbildungen des Ellenbogengelenkes und der Wirbelsäule (Skoliose) sowie Hand- und Fußdeformationen (z. B. Klumpfuß) kommen. Weiterhin beobachtet man Exostosen, vor allem im Bereich des Beckenknochens. Neben den skelettalen Veränderungen ist es vor allem eine Niereninsuffizienz, die den weiteren klinischen Verlauf bestimmt. Die Therapie ist rein symptomatisch, da der zugrundeliegende Gendefekt derzeit nicht beseitigt werden kann. Durch das Eintreten eines chronischen Nierenversagens ist meist schon im Kleinkindesalter eine Dialyse notwendig. m
RÖNTGEN: siehe unten
Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München
Abb. 1: Kniegelenke beidseits seitlich. Dysplastische, verkleinerte Patella beidseits.
Abb. 2: Ellenbogengelenk links seitlich: verformtes Ellenbogengelenk, Gelenkspaltweite erhalten.
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IMPFEN BEI RHEUMATISCHEN ERKRANKUNGEN
Update der EULAR-Empfehlungen veröffentlicht Die letzten EULAR-Empfehlungen zur Vakzinierung erwachsener Patienten mit autoimmunen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen (engl. AIIRD) stammten aus 2011. Eine Task Force um Victoria Furer, Tel Aviv (Israel), legte nun ein 2019er-Update unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse und Entwicklungen der letzten Jahre vor.
Die übergreifenden Prinzipien und Empfehlungen Mit hohem Zustimmungsgrad versehen sind folgende fünf der sechs „overarching principles“: Der Impfstatus und Indikationen für weitere Vakzinierungen sollten jährlich von einem Rheumatologen-Team erhoben werden. Das individualisierte Impfprogramm sollte Patienten von diesem Team erklärt werden, um die Basis für eine „shared decision“ zu schaffen, und gemeinsam von Hausbzw. Allgemeinarzt, Rheumatologen und Patienten implementiert werden. Die Vakzinierung sollte präferenziell in „ruhigen“ Krankheitsphasen sowie möglichst vor einer geplanten Immunsuppression, insbesondere vor B-Zell depletierenden Therapien, erfolgen. Totimpfstoffe können auch während der Behandlung mit systemischen GK und DMARDs einge-
setzt werden. Kontrovers war mit einer Zustimmung von nur 53 % die 6. Aussage: Abgeschwächte Lebendimpfstoffe können mit Vorsicht bei AIIRD-Patienten erwogen werden. Einigkeit herrschte darin, dass diese unter einer Immunsuppression, von Einzelfällen (z. B. MMRAuffrischung) abgesehen, vermieden werden sollten. Unverändert blieb die auf Position 1 vorgerückte Empfehlung, dass die Influenzaimpfung für die Mehrheit der Patienten „stark“ erwogen werden sollte (trotz positiver Studiendaten wird derzeit keine MTX-Unterbrechung vor/nach der Impfung befürwortet). Der identische, gleichbleibende Wortlaut wurde für die an die 2. Stelle gerückte PneumokokkenImpfung gewählt. AIIRD-Patienten sollten eine Tetanus-Impfung entsprechend den Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung erhalten, bei Patienten mit B-Zell depletierenden Therapien sollte eine passive Immunisierung erwogen werden. Ebenfalls fast unverändert gilt, dass Patienten mit entsprechendem Risiko Hepatitis A- und B-Vakzine erhalten sollten, neu ist, dass in bestimmten Situationen eine Auffrischung oder passive Immunisierung indiziert ist. Gleich blieb die Empfehlung, dass eine Herpes zoster-Impfung bei Hochrisiko-Patienten erwogen werden sollte. Eine spezifische Empfehlung zugunsten des Totimpfstoffs
Shingrix gibt es noch nicht – sehr vorteilhafte Daten zur Effektivität und Sicherheit speziell bei AIIRD-Patienten wurden aber kürzlich auf dem EULAR 2019 vorgelegt. Neu ist, dass eine Gelbfieber-Impfung bei AIIRD-Patienten generell vermieden werden sollte und dass insbesondere solche mit SLE eine HPV-Impfung gemäß den Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung erhalten sollten. Des Weiteren, auch dies ist neu, sollen immunkompetente Haushaltsmitglieder von Rheumapatienten dazu ermutigt werden, Impfungen gemäß den nationalen Leitlinien zu erhalten – mit Ausnahme der oralen Polio-Vakzine. Last but not least: Abgeschwächte Lebendimpfstoffe sollten bei Neugeborenen von Müttern, die in der zweiten Schwangerschaftshälfte bDMARDs erhielten, in den ersten sechs Lebensmonaten vermieden werden. Die neuen Daten bzw. Zulassungsänderungen zum Einsatz von Certolizumab (und teils anderen Anti-TNF-Therapien) in der Schwangerschaft änderten hier (noch) nichts an der Einschätzung der EULARExperten. (1) m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/ annrheumdis-2019-215882 2 Bundesgesundheitsbl 2019, 62(4): 494-515 3 Epidemiologisches Bulletin 34/2019
Im April 2019 hat ein deutsches Expertenteam auf STIKO-Initiative Anwendungshinweise speziell für AIIRD-Patienten veröffentlicht (2), deren Lektüre ebenso empfehlenswert ist wie die neuen Impfempfehlungen der STIKO 2019/20 (3), die den Totimpfstoff Shingrix als Standardimpfung für alle Personen ≥60 Jahre und Personen ≥50 Jahre bei erhöhtem Risiko infolge z. B. angeborener oder erworbener Immundefizienz oder Immunsuppression vorsieht.
KOMPAKT
Aufgrund ihrer Grunderkrankung, Komorbiditäten und immunsuppressiven Therapien mit Glukokortikoiden, csDMARDs, bDMARDs und tsDMARDs weisen Rheumapatienten gerade in frühen Krankheitsstadien ein erhöhtes Risiko für Infektionen auf, was eine konsequente Prävention durch geeignete Impfstrategien erforderlich macht. Die aktualisierten EULAR-Empfehlungen 2019 basieren auf vier systematischen Literaturreviews zur Inzidenz bzw. Prävalenz durch Impfungen vermeidbarer Infektionen bei AIIRD-Patienten, zur Effektivität, Immunogenität und Sicherheit der Vakzinen, zu den Effekten antirheumatischer Therapien auf das Impfansprechen und zum Effekt der Vakzinierung auf Personen im häuslichen Umfeld der Betroffenen. Nachfolgend wurden basierend auf Evidenz aber auch Expertenmeinung sechs übergreifende Prinzipien und neun Empfehlungen verabschiedet.
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Neue Erkenntnisse zu JAK-Inhibitoren aus aktuellen Studien Bereits in Kürze wird voraussichtlich mit Upadacitinib der dritte JAK-Inhibitor zur Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) zugelassen werden und auch Filgotinib dürfte nach drei positiven Phase-III-Studien vom ACR 2018 und EULAR 2019 im nächsten Jahr wohl gleichfalls die Zulassung zur RA-Therapie erhalten. Durch die jetzt schon längere Verfügbarkeit von Baricitinib und Tofacitinib gibt es bereits vielfältige Erfahrungen mit diesem Therapieprinzip in der Praxis. Dass in vielen (aber nicht allen) Fällen auf Methotrexat (MTX) als Kombinationspartner verzichtet werden kann, suggerieren für Baricitinib Langzeitdaten der RA-BEYONDund für Tofacitinib der Phase-IIIb/IV-Studie ORAL Shift, die kürzlich vorab auf dem EULAR präsentiert wurden. Dort vorgestellt wurden auch neue Daten aus SELECT-COMPARE zum Switch von Adalimumab auf Upadacitinib und vice versa, was sich ohne Washout-Phase gut bewerkstelligen lässt.
Switch von Adalimumab auf Upadacitinb und vice versa Während die Umstellung von bDMARDs auf tsDMARDs viel praktiziert wird, fehlte es noch an validen Daten zum umgekehrten Vorgehen. Dies ändern neue Daten aus der zentralen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PhaseIII-Studie SELECT-COMPARE, die bei Patienten nach unzureichendem Ansprechen auf MTX in Kombination mit diesem in Woche 26 eine Überlegenheit des präferenziellen JAK-1-Inhibitors Upadacitinib gegenüber dem TNFα-Hemmer Adalimumab auswies, die zunächst auf dem EULAR vorgestellt und jetzt von Roy M. Fleischmann, Dallas (USA), und Kollegen publiziert wurden. In der Phase-III-Studie wurden RA-Patienten mit einer Verbesserung im SJC oder TJC ≤20 % nach 14, 18 oder 22 Wochen bzw. im Falle eines CDAI-Scores >10 in Woche 26 als NonResponder eingestuft und verblindet und ohne Washout von Upadacitinib auf Adalimumab (38,6 %; n=251 von 652) oder
80
Upadacitinib-NR mit Wechsel auf Adalimumab Adalimumab-NR mit Wechsel auf Upadacitinib
70
Ansprechen (%)
60 50 40 30 20 10 0
ACR20
ACR50
ACR70
Abb. 1: SELECT-COMPARE-Studie: ACR20/50/70-Ansprechen auf Upadacitinib und Adalimumab 24 Wochen nach Umstellung aufgrund vorheriger Non-Response (NR) (1)
von Adalimumab auf Upadacitinib (48,6 %; n=159 von 327) umgestellt. Im Fokus standen neben der Effektivität und Sicherheit von Upadacitinib 15 mg/Tag vs. Adalimumab nach 48 Wochen kontinuierlicher Gabe (in den randomisierten Gruppen, jeweils plus MTX) vor allem 3 bzw. 6 Monate nach der Umstellung das Outcome jener Patienten, die bei Ineffektivität auf Upadacitinib oder Adalimumab gewechselt hatten. Bei den durchgehend bis Woche 48 mit Upadacitinib oder Adalimumab behandelten RA-Patienten bestätigte sich die Überlegenheit des JAK-Inhibitors, so z. B. im ACR20/50/70Ansprechen (65/49/36 vs. 54/40/23 %; p<0,01), ΔHAQ-DI (-0,73 vs. -0,60; p<0,01), einer Reihe von PROs (Schmerz, Fatigue) und im Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität ( je p<0,001) bzw. Remission ( je p<0,01) gemäß DAS28-CRP (50 vs. 35 bzw. 38 vs. 28 %) und CDAI (47 vs. 34 bzw. 25 vs. 17 %). Keine radiologische Progression zeigte sich bei 86 vs. 88 % der Teilnehmer. Noch wichtiger: Die Rescue-Therapie war in beide Richtungen effektiv und vor allem auch ohne Washout-Phase sicher. Auch in dieser Situation war der Nutzen einer Umstellung von Adalimumab auf Upadacitinib größer als umgekehrt: So erreichten 6 Monate nach dem Wechsel 55,8 vs. 39,6 bzw. 34,7 vs. 21,7 % einen DAS28-CRP-Wert ≤3,2 bzw. <2,6. Auch eine niedrige Krankheitsaktivität bzw. Remission gemäß CDAI (52,7 vs. 40,6 bzw. 15,1 vs. 5,1 %) wurde öfter nach Umstellung von Adalimumab auf Upadacitinib als vice versa erreicht, selbiges gilt in Bezug auf das ACR/20/50/70-Ansprechen 24 Wochen nach dem Switch (Abb. 1). Dennoch wurde hier erstmals die Effektivität eines TNFα-Inhibitors nach Versagen eines JAK-Inhibitors nachgewiesen. Auch erwies sich die Umstellung in beide Richtungen auch ohne Washout-Phase als sicher. (1)
Baricitinib mit oder ohne MTX – Krankheitsaktivität entscheidend Gleichfalls von einer Studiengruppe um Roy Fleischmann publiziert wurde eine Post-hoc-Analyse zum Einsatz von Baricitinib bei RA, die zeigte, dass viele Patienten sehr gut auf eine Baricitinib-Monotherapie oder den Wechsel darauf ansprechen,
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andererseits bei inadäquater Krankheitskontrolle die Zugabe von MTX durchaus sinnvoll ist. In die neue Analyse wurden Patienten der RA-BEGIN-Studie, die in die Langzeitextensionsstudie RA-BEYOND übergingen, eingeschlossen. Diese hatten entweder zunächst eine Baricitinib-Monotherapie erhalten oder wechselten von MTX auf diese oder erhielten zusätzlich zu Baricitinib später auch MTX. In RA-BEGIN waren MTX-naive Patienten mit früher, aktiver RA auf eine MTX-Monotherapie, Baricitinib 4 mg-Monotherapie oder Baricitinib 4 mg plus MTX randomisiert worden. Nach 52 Wochen erhielten alle in RABEYOND eingehenden Teilnehmer Baricitinib 4 mg, konnten aber, wenn Studienärzte dies für sinnvoll erachteten, zusätzlich auch MTX bekommen. Von den 423 Patienten (die zuvor in RA-BEGIN keine RescueTherapie erhalten haben durften) setzen 47 % ihre BaricitinibMonotherapie fort, aber bei immerhin 53 % (unabhängig vom früheren Studienarm) wurde die Therapie um MTX ergänzt. Im Ergebnis zeigte sich, dass jene Patienten mit niedriger Krankheitsaktivität (SDAI, CDAI, HAQ-DI) zu Baseline in RA-BEYOND sehr gut weiter auf die Baricitinib-Monotherapie ansprachen. Jene Patienten, die MTX benötigten, hatten eine höhere Krankheitsaktivität, die sich unter MTX im Verlauf wieder verbesserte und es nach erreichter Krankheitskontrolle in ca. 50 % der Fälle erlaubte, MTX später wieder ohne Verlust des Ansprechens abzusetzen. Wie nicht anders zu erwarten, profitierten die meisten Patienten, die beim Übergang in RA-BEYOND aufgrund einer unzureichenden Krankheitskontrolle von ihrer MTX- auf eine Baricitinib-Monotherapie wechselten, von einem ausgeprägten Rückgang der Krankheitsaktivität.
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heit der Tofacitinib-Monotherapie gegenüber der Kombination definiert war als obere Grenze des 95 %-Konfidenzintervalls der Veränderung im DAS28-4-ESR (<0,6) zwischen beiden Therapiegruppen. Tatsächlich konnte nach 24 Wochen der zweiten Studienphase eine Nicht-Unterlegenheit der Tofacitinib-Monotherapie demonstriert werden (ΔDAS28-4-ESR 0,30; 95% KI 0,12-0,48) (Abb. 2). Konsistent mit dem primären Endpunkt waren auch bezüglich des ΔDAS28-4-CRP/SDAI/CDAI etwas größere Veränderungen unter der Tofacitinib-Monotherapie zu beobachten, die aber nicht klinisch relevant waren. Die Ansprechraten gemäß ACR und HAQ-DI oder in puncto niedriger Krankheitsaktivität waren in beiden Armen vergleichbar. Gleiches gilt für unerwünschte Ereignisse, die bei 107 (41 %) der 264 Patienten in der Tofacitinib-Monotherapie- und 109 (41 %) der 266 Patienten in der Tofacitinib/MTX-Gruppe verzeichnet wurden. Für die Mehrzahl der RA-Patienten, die unter Tofacitinib in Kombination mit MTX eine gute Krankheitskontrolle erreichen, scheint es somit möglich, MTX in der Folge ohne relevanten Wirkverlust oder unerwartete Sicherheitssignale abzusetzen – auch hier gilt es aber, stets den individuellen Fall zu betrachten. In diesem Kontext bleibt überdies zu hoffen, dass die 1x tägliche Retard-Formulierung von Tofacitinib in der näheren Zukunft auch in Europa zur Verfügung stehen wird. (3) m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-215764 2 Arthritis Care Res 2019; doi: 10.1002/acr.24007 3 Lancet Rheumatol 2019; 1(1): e23-34
Die Take-home-Message ist letztlich, dass die Frage, ob die von den meisten Patienten sicher bevorzugte orale Monotherapie machbar ist, nach der jeweiligen Krankheitskontrolle zu beantworten ist. (2)
Niedrige Krankheitsaktivität: Tofacitinib auch ohne MTX effektiv 8
In der multinationalen Studie wurden jene 533 Patienten, die nach 24 Wochen unter open-label Tofacitinib als 1x tägliche, 11 mg extended release-Formulierung (der 2x 5 mg-Dosierung entsprechend) plus MTX eine niedrige Krankheitsaktivität gemäß CDAI ≤10 erreicht hatten, im Verhältnis 1:1 für weitere 24 Wochen doppelblind randomisiert auf Tofacitinib plus Placebo (maskierter MTX-Entzug) oder die Fortsetzung der Tofacitinib/ MTX-Kombination. Primärer Endpunkt war das DAS28-4-ESRAnsprechen in Woche 24 bis 48, wobei eine Nicht-Unterlegen-
Tofacitinib-Monotherapie (n=264) Tofacitinib + MTX (n=266)
7 Mittlerer DAS28-4-ESR
Die Ergebnisse der randomisierten Phase-IIIb/IV-Nicht-Unterlegenheitsstudie ORAL Shift, in der untersucht wurde, ob bei Patienten mit mäßiger bis schwerer RA und zunächst unzureichendem Ansprechen auf MTX, die aber unter Tofacitinib plus MTX eine niedrige Krankheitsaktivität erreicht hatten, MTX danach ohne Wirkeinbußen abgesetzt werden kann, stellten Stanley B. Cohen, Dallas (USA), und Kollegen vor.
6 5 4 3 2 1 0 Tag 1 (Baseline)
Woche 12
Woche 24
Woche 36
Woche 48
Randomisierung
Abb. 2: ORAL Shift-Studie: Kein signifikanter Unterschied zwischen Tofacitinib-Monotherapie (MTX abgesetzt) und fortgeführter Tofacitinib + MTX-Kombination in den Wochen 24-48 im DAS28-4-ESR (3)
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
FINCH-2-Studie: Filgotinib zeigt Wirksamkeit bei therapierefraktärer RA Mit Filgotinib nimmt nach Tofacitinib, Baricitinib und Upadacitinib (dessen Zulassung unmittelbar bevorstehen dürfte) der vierte JAK-Inhibitor die nächste Hürde auf dem Weg zur Zulassung bei (nicht nur) rheumatoider Arthritis (RA). Ähnlich wie bei Upadacitinib handelt es sich primär um ein JAK-1-selektives tsDMARD. Nachdem bereits auf dem ACR-Kongress 2018 die Ergebnisse der FINCH-2-Studie zu Patienten mit therapierefraktärer RA vorgestellt wurden, erfolgte nun die Vollpublikation dieser ersten von insgesamt drei Phase-III-Studien in dieser Indikation.
Die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PhaseIII-Studie FINCH-2 stellten im Detail Mark C. Genovese, Stanford (USA), und Kollegen vor. In die 24-wöchige Studie eingeschlossen wurden 448 Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver RA (im Mittel 56 Jahre, 80 % Frauen, mittlere Krankheitsdauer 12 Jahre, SJC/TJC 17 bzw. 27, DAS28-CRP 5,9) sowie Intoleranz oder Versagen auf ≥1 Biologikum (23 % hatten zuvor bereits auf ≥3 bDMARDs versagt) und auf Basis einer fortgeführten stabilen csDMARD-Therapie im Verhältnis 1:1:1 auf 1x 100 mg/Tag Filgotinib (n=153) oder 1x 200 mg/Tag Filgotinib (n=148) oder Placebo (n=148) randomisiert. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 12, als sekundäre Endpunkte wurden ebenfalls in Woche 12 eine niedrige Krankheitsaktivität (DAS28-CRP ≤3,2), der ΔHAQ-DI, SF-36, FACIT-Fatigue-Score und eine
DAS28-CRP-Remission ≤2,6 in Woche 24 sowie unerwünschte Ereignisse erfasst.
Starkes Ansprechen nach Biologika-Versagen Den primären Endpunkt eines ACR20Ansprechens in Woche 12 erreichten unter der 100 bzw. 200 mg-Dosis 57,5 und 66,0 vs. 31,1 % der Patienten unter Placebo ( je p<0,001) (Abb. li.). Selbst bei jenen Patienten, die auf ≥3 Biologika versagt hatten, wurde in 70,3 (200 mg) bzw. 58,8 % (100 mg) der Fälle ein ACR20Ansprechen erreicht gegenüber 17,6 % mit Placebo (Abb. re.). Auch im ΔHAQDI (Woche 12) war Filgotinib signifikant überlegen (-0,48 und -0,55 vs. -0,23; je p<0,001), ebenso im SF-36 und FACITFatigue. Fast durchweg schnitt die 200 mg-Dosis numerisch etwas besser ab. Mit 200 mg Filgotinib erreichten in Wo-
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ACR20-Ansprechen (%)
70 60
70,3
66,0
100 mg/Tag 200 mg/Tag Placebo
58,8
57,5
50 40 30
31,1 17,6
20 10 0
Gesamtpopulation
Subgruppe mit ≥3 bDMARDs
Abb.: FINCH-2-Studie: ACR20-Ansprechen in Woche 12 auf Filgotinib 100 und 200 mg/ Tag versus Placebo sowohl bei allen Patienten (li.) als auch solchen mit Versagen auf ≥3 bDMARDs (re.)
che 24 z. B. 45,6 bzw. 32,0 % der Patienten ein ACR50/70-Ansprechen und 30,6 % eine DAS28-CRP-Remission <2,6. Alle und schwere unerwünschte Ereignisse waren gleich verteilt, zu den häufigeren Nebenwirkungen (5-10 %) zählten Nasopharyngitis, Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege. Es kam zu 4 Herpes zoster-Fällen, nicht aber Tuberkulose, opportunistischen Infektionen, Malignitäten, gastrointestinalen Perforationen oder Todesfällen. Neue Sicherheitssignale waren nicht zu verzeichnen, das Profil war typisch für die JAK-Inhibition. Vor dem Hintergrund eines überwiegend therapieresistenten Patientenkollektivs können sich die Ergebnisse mehr als sehen lassen – auch dieser JAK-1-Inhibitor dürfte künftig, wenn auch wohl etwas später als Upadacitinib, das Behandlungsspektrum bei RA bereichern. An einer späteren Zulassung dürften gerade angesichts der kürzlich auf dem EULAR-Kongress in Madrid als Latebreaker präsentierten positiven Ergebnisse der Phase-III-Studien FINCH-1 und -3 bei RA-Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Methotrexat (MTX) bzw. bei zuvor noch MTX-naiven Patienten keine Zweifel bestehen. Zugleich wird Filgotinib nach einem Wirknachweis in Phase-II-Studien auch in den Indikationen ankylosierende Spondylitis und Psoriasis-Arthritis in Phase-III geprüft. m
Quelle: JAMA 2019; 322(4): 315-325
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Weiterer JAK-Inhibitor erfolgreich in Phase-III-Studien geprüft Auch wenn eine künftige Einführung auf den europäischen Markt nach derzeitigem Stand wohl eher unwahrscheinlich sein dürfte, seien an dieser Stelle die Ergebnisse zweier insgesamt positiver Phase-III-Studien zu dem oralen JAK-Inhibitor Peficitinib bei rheumatoider Arthritis (RA) in der Situation nach Methotrexat (MTX)- respektive csDMARD-Versagen vorgestellt. Bereits im März 2019 wurde Peficitinib in einer 1x täglichen Dosierung von 50 und 100 mg in Japan zur Therapie der RA nach Ineffektivität von csDMARDs zugelassen. Aufgrund diverser Ähnlichkeiten mit anderen JAK-Hemmern und hier vor allem Tofacitinib wäre eine globale Entwicklung der Substanz vermutlich wenig aussichtsreich.
Zunächst zur von Yoshiya Tanaka, Kitakyushu (Japan), und Kollegen kürzlich publizierten randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie RAJ3, in der die Effektivität und Sicherheit von Peficitinib bei RA-Patienten aus Japan, Taiwan und Südkorea mit unzureichendem Ansprechen auf csDMARDs geprüft wurde. Insgesamt 507 Patienten waren hierin für 52 Wochen auf Peficitinib 100 mg/Tag, Peficitinib 150 mg/ Tag, Placebo oder open-label Etanercept randomisiert worden. Nach 12 Wochen wurden die Placebo-Patienten auf eine der beiden Peficitinib-Dosierungen geswitcht. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 12, als sekundäre Endpunkte wurden kontinuierlich erfasst u. a. das ACR20/50/70Ansprechen, der DAS28-Score und unerwünschte Ereignisse.
Gute Wirksamkeit nach csDMARD- und MTX-Versagen Den primären Endpunkt eines ACR20Ansprechens in Woche 12 erreichten signifikant mehr Patienten unter Peficitinib 100 mg (57,7 %) und 150 mg (74,5 %) im Vergleich zu Placebo (30,7 %) ( je p<0,001). Das ACR50/70-Ansprechen war für beide Peficitinib-Dosierungen ebenfalls höher als unter Placebo. Die Verbesserungen im ACR-Ansprechen konnten bis Woche 52 aufrechterhalten werden. Die Reduktion von DAS28-CRP bzw.- ESR sowie im SJC respektive TJC ab Baseline bis Woche 12 war unter beiden Peficitinib-Dosierungen versus Placebo wiederum signifikant größer
(p<0,001). Die Inzidenz unerwünschter Ereignisse war in allen Therapiearmen ähnlich, schwere Infektionen und Herpes zoster waren häufiger unter dem JAKHemmer, ohne dass eine klare Dosisabhängigkeit erkennbar war. Für Peficitinib 1x täglich war somit eine gute Wirksamkeit bei zugleich akzeptabler Verträglichkeit in diesem überwiegend japanischen Kollektiv erkennbar. (1) Die zweite, alleine in Japan durchgeführte randomisierte, doppelblinde, Parallelgruppen, placebokontrollierte Phase-IIIStudie RAJ4, die parallel Tsutomu Takeuchi, Tokyo (Japan), und Kollegen veröffentlichten, umfasste RA-Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf MTX. Insgesamt 519 Patienten wurden hierin (in Kombination mit MTX) im Verhältnis 1:1:1 für 52 Wochen auf Peficitinib 100 oder 150 mg/Tag oder Placebo randomisiert. Auch hier wechselten in Woche 12 NonResponder von Placebo auf Peficitinib, alle anderen Placebo-Patienten dann in Woche 28. Primärer Endpunkt war wieder das ACR20-Ansprechen in Woche 12 sowie hier die Veränderung im van der Heijde-modifizierten Total Sharp Score (mTSS) von Baseline bis Woche 28. Im Ergebnis erreichten signifikant mehr Patienten unter Peficitinib 100 und 150 mg/ Tag (58,6 bzw. 64,4 %) gegenüber Placebo (21,8 %) ein ACR20-Ansprechen in Woche 12 ( je p<0,001). Auch im ΔmTSS bis Woche 28 zeigten sich mit 1,62 (100 mg) bzw. 1,03 (150 mg) signifikante Vorteile im Vergleich zu Placebo (3,37) ( je p<0,001). Wie in der RAJ3-Studie traten vermehrt schwere Infektionen und Herpes zoster unter Peficitinib auf sowie für
JAK-Hemmer typische Veränderungen hämatologischer und biochemischer Parameter. Auch in dieser Studie zeigte sich somit eine recht gute Effektivität in puncto Reduktion der Krankheitsaktivität und in diesem Fall Hemmung der radiologischen Progression bei einem – auch im Vergleich zu den anderen JAK-Inhibitoren – akzeptablem Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. (2) Dennoch wollte man bei der Zulassung in Japan wohl auf Nummer Sicher gehen, da neben der 100 mg-Dosis auch die (in diesen beiden Phase-III-Studien gar nicht geprüfte) 50 mg-Dosierung zugelassen wurde, nicht aber die 150 mg/Tag-Dosierung, die eigentlich am effektivsten war. m Quellen: 1 Ann Rheum Dis 2019; 78(10): 1320-1332 2 Ann Rheum Dis 2019; 78(10): 1305-1319
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Neues zum Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren Bei Krebspatienten kann es unter Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) häufiger zu immun-assoziierten unerwünschten Nebenwirkungen (IRAE) kommen, die sich aber meist ohne Therapiestopp mit Steroiden und Methotrexat gut beherrschen lassen. Experten dreier französischer Onkologie-Immunologie-Netzwerke um Divi Cornec, Brest, und Marie Kostine, Bordeaux, befassten sich jetzt in einer retrospektiven Kohortenstudie mit der Sicherheit und Effektivität von ICI bei Krebspatienten mit vorexistierenden Autoimmunerkrankungen (PAD), die aus klinischen Studien zu ICI meist ausgeschlossen waren.
In der landesweiten, multizentrischen Kohorte wurden zwischen Januar 2017 und Januar 2018 mit ICI behandelte erwachsene Krebspatienten mit PAD auf das Auftreten von PAD-Schüben, anderen IRAE und das Tumoransprechen untersucht. Insgesamt 112 Patienten, von denen 22 % eine immunsuppressive Therapie bei ICI-Initiierung erhielten, wurden über median 8 Monate beobachtet, häufigste PAD waren Psoriasis (n=31), rheumatoide Arthritis (n=20) und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (n=14). Zum einem Schub der jeweiligen PAD und/oder anderen IRAE kam es bei 79
Patienten (71 %), einschließlich eines PAD-Flares bei 53 Patienten (47 %) und/ oder anderen IRAE bei 47 Patienten (42 %), was bei 48 Patienten (43 %) eine immunsuppressive Therapie erforderte und eine permanente ICI-Suspendierung bei 24 Patienten (21 %). Bei genauer Betrachtung jener Patienten mit immunsuppressiver Therapie bei ICI-Initiierung, wiesen diese – auch bestätigt durch multivariate Analysen – ein kürzeres medianes progressionsfreies Überleben (PFS) auf (3,8 vs. 12 Monate; p=0,006). Das mediane PFS war auch kürzer bei Patienten, die einen PAD-Schub hatten oder andere IRAE entwickelten mit dem Trend zu einem besseren Überleben in
jener Subgruppe ohne immunsuppressive Therapie oder ICI-Beendigung. Das Auftreten von Schüben der immunassoziierten Grunderkrankung oder neuen IRAE war in den meisten Fällen also ohne ICI-Stopp beherrschbar. Jedoch war eine immunsuppressive Therapie bei ICI-Start mit einem schlechteren Outcome assoziiert – gerade an diesem Punkt ist sicher noch weitere Forschungsarbeit zu leisten. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; doi: 10.1002/art.41068
Krankheitsaktivität treibt das Risiko für RA-ILD Zu den schwersten Komplikationen einer rheumatoiden Arthritis (RA) zählt neben den kardiovaskulären Ereignissen vor allem die RA-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung (RA-LD). US-amerikanische Rheumatologen um Jeffrey A. Sparks, Boston, evaluierten in der prospektiven Kohortenstudie BRASS zwischen 2003 und 2016 die Assoziation von RA-ILD und Krankheitsaktivität.
In der Studie wurden bei allen 1.419 RAPatienten (ohne RA-ILD zu Beginn, mittleres Alter 56 Jahre, 68 % seropositiv für ACPA und/oder RF) jährlich der DAS28 und damit assoziierte klinische Daten erhoben sowie bildgebend (HRCT) die spätere Diagnose einer RA‐ILD bestätigt. Die Bestimmung der Hazard ratios (HRs) für RA-ILD anhand des DAS28 erfolgte mittels Cox-Regression mit Adjustierung auf bekannte RA-ILD-Risikofaktoren wie z. B. Alter, Geschlecht, Rauchen, Krankheitsdauer und Serostatus. In weiteren Analysen wurde auch auf andere Einflussfaktoren wie z. B. eine Therapie mit Glukokortikoiden (GK), Methotrexat (MTX) oder bereits vorliegenden Knochenerosionen und Rheumaknoten ad-
justiert. Im Verlauf des durchschnittlich 8,9-jährigen Follow-up wurden insgesamt 85 inzidente Fälle einer RA-ILD identifiziert. In der Subgruppe mit einer moderaten bis hohen Krankheitsaktivität zeigte sich im Vergleich zu jener mit Remission bzw. niedriger Aktivität im DAS28 eine multivariate adjustierte HR von 2,22 (95% KI 1,28-3,82) für RA-ILD. Das Risiko für die Entwicklung einer RA-ILD stieg über die Krankheitsaktivitäts-Kategorien kontinuierlich an: multivariate HR 1,00 (Referenz) für Remission, 1,41 (95% KI 0,61-3,28) für eine niedrige Krankheitsaktivität, 2,08 (95% KI 1,06-4,05) für eine mäßige und schließlich 3,48 (95% KI 1,64-7,38)
für eine hohe Krankheitsaktivität (p für Trend =0,001). Für jeden Anstieg im DAS28 um eine Einheit erhöhte sich das Risiko für eine RA‐ILD um 35 %. Auch nach Einberechnung fehlender DAS28Daten und Adjustierung auf GK- oder MTX-Gebrauch sowie andere Faktoren änderte sich nichts an diesem Ergebnis. Eine aktive artikuläre RA war somit mit einem erhöhten Risiko für RA-ILD verbunden, eine konsequente Reduktion der systemischen Entzündung könnte also auch dieses Risiko positiv beeinflussen. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; 71(9): 1472-1482
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Herpes zoster-Risiko: Glukokortikoide beachten Unter JAK-Inhibitoren wie Tofacitinib wurde ein Anstieg der Inzidenz von Herpes zoster bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) beobachtet. Nachdem bislang der Einfluss von Begleittherapien wie Methotrexat (MTX) und Glukokortikoiden (GK) nur unzureichend erfasst wurde, verglichen nun US-amerikanische Rheumatologen um Jeffrey R. Curtis, Birmingham, das Herpes zoster-Risiko unter Tofacitinib mit und ohne zusätzliche Gabe von MTX oder GK.
Unter Verwendung von MarketScanund Medicare-Daten der Jahre 2011 bis 2016 wurden alle RA-Patienten identifiziert, bei denen eine Therapie mit Tofacitinib (Index-Datum) begonnen wurde. Demografische und Baseline-Kovariable wurden im Jahr vor dem Index-Datum erfasst. Ein Herpes zoster wurde gemäß ICD-10 mit antiviraler Therapie (±7 Tage) bestimmt. Zur Evaluation der Hazard ratios (HRs) für Herpes zoster bei Tofacitinib-Anwendern mit und ohne MTX bzw. GK wurde eine multivariable CoxRegression mit Kontrolle von BaselineFaktoren durchgeführt. In die Analyse flossen 8.030 neue Tofacitinib-Anwender (83,3 % Frauen, mittleres Alter 60 Jah-
re) ein. Die Herpes zoster-Inzidenz war numerisch am geringsten bei Patienten, die keine GK einnahmen (3,4/100 Patientenjahre [PJ] mit MTX; 3,7/100 PJ ohne MTX). Ein ungefähr zweifacher Anstieg der Herpes zoster-Inzidenz war bei Tofacitinib-Anwendern zu verzeichnen, die entweder zusätzlich nur GK (6,0/100 PJ) oder sowohl MTX als auch GK erhielten (6,5/100 PJ). Die adjustierte HR für Herpes zoster bei mit Tofacitinib behandelten RA-Patienten blieb unverändert (HR 0,99) in Kombination mit MTX, stieg aber unter Tofacitinib plus GK deutlich an (HR 1,96). Weitere Risikofaktoren für Herpes zoster waren höheres Alter und weibliches Geschlecht, während eine vorheri-
ge Vakzinierung mit einem starken Trend zu einem verringerten Risiko bei Tofacitinib-Anwendern verknüpft war. Somit beläuft sich das Herpes zosterRisiko unter dem JAK-Inhibitor – frühere Daten bestätigend – auf ca. 4 % pro Jahr und verdoppelte sich unter GK, während MTX dieses nicht beeinflusste. Sobald die Verfügbarkeit des neuen Totimpfstoffs Shingrix sichergestellt ist, dürfte sich das Herpes zoster-Risiko künftig bei konsequenter Vakzinierung deutlich verringern. m Quelle: Arthritis Care Res 2019; 71(9): 1249-1254
NEUIGKEITEN IN DER RHEUMATOLOGIE
Ein Blick über den großen Teich In Bälde zu erwartende Neuzulassungen in Europa vorwegnehmend hat die US-amerikanische FDA am 16. August den JAK-1-Inhibitor Upadacitinib für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) bei Erwachsenen zugelassen, keine zwei Wochen später folgte die Zulassungserweiterung für den IL-17A-Inhibitor Ixekizumab für Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS). Am 6. September erhielt dann auch noch der Multi-Tyrosin-Kinase-Inhibitor Nintedanib grünes Licht für den Einsatz bei systemischer Sklerose (SSc)-assoziierter Lungenerkrankung (ILD).
Das als Rinvoq (AbbVie) vermarktete Upadacitinib ist gemäß dem Zulassungstext der FDA in einer Dosierung von 1x täglich 15 mg indiziert zur Therapie erwachsener RA-Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver Erkrankung, die auf Methotrexat (MTX) nicht angesprochen haben oder dieses nicht vertragen. Er kann als Monotherapie eingesetzt werden oder mit MTX oder anderen csDMARDs kombiniert werden. Ein Warnhinweis („boxed warning“) macht (ähnlich wie bei anderen JAK-Inhibitoren) speziell auf das Risiko schwerer Infektionen, Malignitäten und Thrombosen aufmerksam.
Ixekizumab (Taltz, Lilly) kann in den USA nun – auf Basis der Ergebnisse der Phase-III-Studien COAST-V und -W – auch zur Therapie erwachsener AS-Patienten eingesetzt werden. Die empfohlene Dosierung ist 160 mg s.c. (zwei 80 mg-Injektionen) in Woche 0, gefolgt von 80 mg s.c. alle 4 Wochen. Ernste Warnhinweise sind nicht zu beachten, dennoch wird auf u. a. auf das Risiko für schwere Infektionen, Hypersensitivitätsreaktionen und neuen oder sich verschlechternden CED sowie die Erfordernis eines vorherigen Tb-Screeenings verwiesen. Die Zulassung von Nintedanib (Ovef, Boehringer)
bei SSc-ILD war angesichts positiver Ergebnisse der Phase-III-Studie SENSCIS und in Ermangelung zugelassener, wirksamer, antifibrotischer Therapien zu erwarten, obgleich die maßgebliche Entscheidung des FDA-Beratergremiums unter Abwägung von Wirksamkeit und Sicherheit zuvor nur mit 10:7 Stimmen zu dessen Gunsten ausgefallen war. Dennoch dürfte auch in Europa mit einer Zulassung zu rechnen sein, bei Upadacitinib und Ixekizumab erscheint dies absolut sicher. m Quelle: FDA-Mitteilungen, Sept. 2019
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Aktualisierte deutsche S3-Leitlinie erschienen Unter der Federführung von PD Dr. Uta Kiltz und Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne, entwickelte die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Kooperation mit weiteren Fachgesellschaften ein Update der S3-Leitlinie „Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen“, die umfassend die evidenzbasierte Diagnostik und Therapie der axialen Spondyloarthritis (SpA) darstellt, mit dem Ziel, durch eine frühere Diagnosestellung rascher eine adäquate Therapie zu sichern, um strukturelle Läsionen zu vermeiden oder zu verzögern. Durch neue epidemiologische Daten sowie neue Therapieoptionen hatte sich die Notwendigkeit eines Updates der Fassung der Leitlinie von 2013 zwingend ergeben.
Die inter- bzw. multidisziplinäre Leitlinie richtet sich ausdrücklich sowohl an Rheumatologen als auch andere Fach- aber auch Hausärzte und Angehörige nichtärztlicher Berufsgruppen, die an der Versorgung der Patienten mit axialer SpA in allen Sektoren beteiligt sind. Zugleich richtet sie sich in Form einer allgemeinverständlichen Fassung auch an Angehörigen von und Patienten mit axialer SpA. Auch wenn sich viele Empfehlungen nicht grundsätzlich von der aktuellen EULAR-Leitlinie unterscheiden, sollen diese hier doch ausführlich dargelegt werden.
Grundsätzliche Behandlungsprinzipien Vorangestellt wird eine Präambel mit sechs „übergreifenden Prinzipien“: Unter einer axialen SpA versteht man eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die mit verschiedenen muskuloskelettalen und extraskelettalen Manifestationen vergesellschaftet sein kann. (1) Sie ist eine potenziell schwerwiegende Erkrankung mit unterschiedlichen Krankheitserscheinungen und -verläufen, welche vor allem auch unter Berücksichtigung von extraartikulären Manifestationen wie Psoriasis, Uveitis und CED und Komorbiditäten (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen) ein koordiniertes multidisziplinäres Vorgehen erfordert. (2) Die Koordination der Versorgung sowie die Zuständigkeit für Komorbiditäten und deren Risikofaktoren soll zwischen dem Rheumatologen und dem Hausarzt abgesprochen werden. (3) Patienten, die immunsuppressiv behandelt werden, sollen gemäß den STIKO-Empfehlungen geimpft werden. (4) Primäres Ziel der Behandlung von Patienten mit axialer SpA ist die Optimierung der Lebensqualität durch das Erreichen einer weitgehenden Symptomfreiheit, die Reduktion der Entzündung, Verhinderung von strukturellen Schäden und die Aufrechterhaltung bzw. Normalisierung von Funktion, Aktivität und sozialer Partizipation einschließlich der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. (5) Die Therapie sollte auf die beste Betreuung ausgerichtet sein und auf der Grundlage einer partizipativen Entscheidungsfindung zwischen Patient und behandelndem Arzt erfolgen. (6)
Erfassung der klinischen Symptomatik Fünf Empfehlungen werden zur klinischen Symptomatik ausgesprochen: Bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen
(≥12 Wochen) sollten die Charakteristika des entzündlichen Rückenschmerzes erfragt werden (Morgensteifigkeit >30 Min., Aufwachen in 2. Nachthälfte, Besserung durch Bewegung, keine Verbesserung durch Ruhe, schleichender Beginn, Alter bei Beginn ≤45 Jahre). Hierbei ist zu beachten, dass nur ca. 75 % der Patienten mit SpA diese typischen Charakteristika aufweisen. (1) Bei einer raschen Verschlimmerung oder Veränderung der Schmerzsymptomatik der Wirbelsäule (WS) sollte neben einer Entzündung auch eine Fraktur (auch nach geringfügigem Trauma) als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Eine entsprechende Diagnostik inklusive Bildgebung (Röntgen/CT/MRT) sollte zeitnah veranlasst werden. Bei Wirbelsäulenverletzungen (Frakturen) sollte aufgrund des höheren Instabilitätspotenzials nur in Ausnahmefällen eine konservative der operativen Therapie vorgezogen werden. (2) Bei Patienten mit axialer SpA soll regelmäßig und in Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf geprüft werden, ob sich die Wirbelsäulenbeweglichkeit verschlechtert. (3) In der Betreuung von Patienten mit axialer SpA sollen regelmäßig und in Abhängigkeit des Krankheitsverlaufes die Krankheitsaktivität und körperliche Funktionsfähigkeit ggf. auch unter Zuhilfenahme von Fragebögen (BASDAI und BASFI) bzw. Composite Scores (ASDAS) erfasst werden. (4) Extraskelettale Manifestationen und Begleiterkrankungen wie z. B. gastrointestinale und/oder kardiovaskuläre Erkrankungen bzw. deren Risikofaktoren sollten regelmäßig evaluiert und therapiert werden. (5) Zwei Empfehlungen gibt es zu Klassifikations- und Diagnosekriterien: Die Diagnosestellung einer axialen SpA soll anhand von Anamnese, klinischer Untersuchung, Laborbefunden, Bildgebung und unter Berücksichtigung von Differenzialdiagnosen erfolgen. (1) Die ASAS-Klassifikationskriterien beinhalten wichtige Parameter der axialen SpA, können die oben beschriebene Diagnosefindung aber nicht ersetzen. (2) Zwei weitere Empfehlungen befassen sich mit der Erstdiagnose und Überweisungsstrategie: Die axiale SpA ist eine wichtige Differenzialdiagnose bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, wenn diese vor dem 45. Lebensjahr beginnen. (1) Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (≥3 Monate), einem Alter bei Beginn der Rückenschmerzen <45 Jahre und mindestens einem weiteren Parameter, der für eine SpA spricht, sollen zur weiteren Klärung zum Rheumatologen
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überwiesen werden. Besonders geeignete Parameter sind entzündlicher Rückenschmerz und ein Nachweis des HLA-B27 Allels. (2)
Empfehlungen zur Diagnostik Bei Patienten mit V. a. axiale SpA sollte eine Bildgebung der Sakroiliakalgelenke (SIG) erfolgen. Abhängig von der Symptomdauer und unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht kann ein konventionelles Röntgen (Beckenübersicht) oder MRT der SIG mit Entzündungssequenz (STIR und/oder T1 nach Kontrastmittelgabe) erfolgen. Insbesondere bei jüngeren Erwachsenen mit kurzer Symptomdauer sollte die MRT bevorzugt werden. (1) Wenn strukturelle knöcherne Läsionen (Syndesmophyten) an der Wirbelsäule z. B. zur Beurteilung der Prognose erfasst werden sollen, sollte eine Röntgenuntersuchung des betroffenen WS-Abschnitts erfolgen. (2) Ein Röntgen der WS im Krankheitsverlauf sollte nicht routinemäßig, sondern bedarfsorientiert erfolgen. (3) Bei Patienten mit unauffälligem Röntgenbild der SIG und mit starkem Verdacht auf axiale SpA soll ein MRT der SIG mit Entzündungssequenz (STIR und/oder T1 nach Kontrastmittelgabe) durchgeführt werden. (4) Bei Patienten mit gesicherter axialer SpA und Rückenschmerzen soll beschwerdeorientiert ein MRT des betroffenen Abschnitts des Achsenskeletts mit Entzündungssequenz (STIR, T1, KM) zum Nachweis entzündlicher Veränderungen in der WS durchgeführt werden. (5) Ist bei V. a. eine periphere Enthesitis eine Bildgebung erforderlich, sollten eine Sonografie oder ein MRT der betroffenen Region durchgeführt werden. (6) Zur Diagnosestellung einer axialen SpA sollte die Szintigrafie hingegen nicht eingesetzt werden. (7) Unter strenger Indikation kann zum Nachweis von Fusionen und Erosionen oder zur Differenzialdiagnose ein CT der SIG indiziert sein. (8) Zur Erfassung und Überprüfung der Krankheitsaktivität bei Patienten mit axialer SpA sollten CRP und/oder BSG bestimmt werden. (9) Keine Empfehlungen wurden zur Krankheitsaktivität und Prognose der SpA verabschiedet, dafür ganze 33 zur Therapie, die im Folgenden dargelegt werden.
Empfehlungen zu Therapien Generelle Aspekte: Das optimale Management für Patienten mit axialer SpA sollte eine Kombination aus nicht-pharmakologischen und pharmakologischen Maßnahmen beinhalten. (1) Die Therapiemöglichkeiten von Patienten mit axialer SpA können auch operative Maßnahmen umfassen. (2) Die Therapie eines Patienten mit axialer SpA sollte immer wieder an den aktuellen Gesundheitszustand, die Auswirkungen der Behandlung und die gemeinsam vorab definierten Ziele angepasst werden. (3) Die Behandlung sollte fortwährend an ein festgelegtes Therapieziel angepasst werden. Dieses wird zwischen Arzt und Patient festgelegt und kann im Krankheitsverlauf adaptiert werden. Dabei liegt für das Erreichen einer Remission/nied-
rigen Krankheitsaktivität die größte Evidenz vor. (4) Patienten mit axialer SpA sollten zu Beginn und im Verlauf der Erkrankung auf die Wichtigkeit von Sport, Bewegung im Alltag und regelmäßiger Bewegungstherapie hingewiesen und individuell beraten werden. (5) Physikalische Therapie: Bewegungsübungen, die zu Hause durchgeführt werden, sind zwar effektiv, aber allein nicht immer ausreichend. Angeleitete Bewegungstherapien (als Trocken- oder Wasserübungen), individuell oder als Gruppe, sollten zusätzlich zum häuslichen Bewegungsprogramm verordnet werden. (6) Bewegungstherapien sollten zusätzlich zur medikamentösen Therapie bzw. interventionellen Therapien erfolgen, da sie zu einer weiteren Verbesserung der Beweglichkeit und der Funktionsfähigkeit im Alltag führen. (7) Manuelle Therapie (Mobilisation) kann durchgeführt werden, um eine Verbesserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit und verbesserte Körperhaltung zu erreichen. (8) Manipulationen an der WS sollten hingegen nicht durchgeführt werden. (9) NSAR und Biologika: NSAR inklusive Coxibe sollen bei symptomatischen Patienten mit axialer SpA als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden. (10) Die Dosierung und Therapiedauer der NSAR inklusive Coxibe richtet sich nach der Intensität der Beschwerden des Patienten. (11) Die Effektivität einer Therapie mit NSAR sollte nach 2–4 Wochen beurteilt werden. Weitere Kontrollen sollen individuell vereinbart werden. (12) Wenn ein NSAR nicht gewirkt hat, sollte ein zweites NSAR für weitere 2-4 Wochen versucht werden. (13) Eine kontinuierliche Therapie mit NSAR ist indiziert, solange diese für eine gute Symptomkontrolle erforderlich ist. (14) Eine Therapie mit Biologika soll bei Patienten mit persistierend hoher entzündlicher Krankheitsaktivität und unzureichendem Ansprechen auf oder Unverträglichkeit von NSAR begonnen werden. Dabei sind Unterschiede in der Zulassung für TNFInhibitoren (TNFi)- und IL-17-Inhibitoren zu beachten. (15) Bei →
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Patienten mit axialer SpA und symptomatischer peripherer Arthritis sollte eine TNFi-Therapie versucht werden, wenn der Patient auf ≥1 lokale Steroidinjektion ungenügend angesprochen hat, und ein angemessener Behandlungsversuch mit einem csDMARD, bevorzugt Sulfasalazin, keine Wirkung gezeigt hat. (16) Bei Patienten mit extra-muskuloskelettalen Manifestationen, insbesondere Uveitis, CED oder Psoriasis, sollte die unterschiedliche Effektivität der verschiedenen Biologika auf diese Manifestationen beachtet werden. (17) Bei Patienten mit verbleibenden muskuloskelettalen Symptomen unter Biologika kann eine zusätzliche Therapie mit NSAR erfolgen. (18) Die Wirksamkeit eines Biologikums soll nach 12 Wochen überprüft werden. (19) Bei Patienten, die ein Ansprechen zeigen (Verbesserung im BASDAI um ≥2 oder ASDAS um ≥1,1 Punkte) und bei denen eine positive Expertenmeinung vorliegt, kann die Biologika-Therapie fortgeführt werden. Bei Patienten ohne Ansprechen sollte ein Absetzen in Erwägung gezogen werden. (20) Eine Empfehlung, ob mit einem TNFi oder IL-17i begonnen werden soll, kann aufgrund der Studiendaten zur Wirksamkeit und Sicherheit nicht gegeben werden. Für TNFi bestehen längere Erfahrungen in der klinischen Anwendung. (21) Bei nicht-ausreichender Wirksamkeit eines Biologikums und bestehender hoher entzündlicher Krankheitsaktivität sollte der Wechsel auf ein anderes Biologikum erfolgen. (22) Bei Patienten in anhaltender Remission (≥6 Monate) unter einem Biologikum kann eine Dosisreduktion bzw. Intervallverlängerung und später ggf. auch das Absetzen des Biologikums erwogen werden. (23) DMARDs und Steroide: Bei Patienten mit axialer SpA und klinisch führender peripherer Arthritis sollte eine Therapie mit Sulfasalazin durchgeführt werden. Andere csDMARDs wie Methotrexat (MTX) können alternativ eingesetzt werden. (24) Bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) sollte keine Behandlung der Wirbelsäulensymptomatik mit MTX erfolgen. (25) Es gibt ferner keine ausreichende Evidenz, eine Kombination von TNFi mit MTX zur Vermeidung von Anti-Drug-Antibodies
(ADAs) zu empfehlen. (26) Die systemische Langzeitgabe von Glukokortikoiden (GK) wird bei Patienten mit Achsenskelettbeteiligung ebenfalls nicht empfohlen. Für die Wirksamkeit einer kurzfristigen Therapie mit GK gibt es nur sehr begrenzte Evidenz. (27) Bei Patienten mit axialer SpA und symptomatischer peripherer Arthritis oder Enthesitis kann eine lokale Injektion mit GK erfolgen. (28) Bei Patienten mit axialer SpA und symptomatischer florider Sakroiliitis kann eine GK-Injektion in das SIG erfolgen. (29) Operation und Reha: Bei Patienten mit AS und einer klinisch symptomatischen Destruktion der Hüftgelenke sollte die Indikation zur Versorgung mit einer Totalendoprothese unabhängig vom Lebensalter gestellt werden. (30) Die Möglichkeit einer Wirbelsäulen-Aufrichtungs-Operation in einem erfahrenen Zentrum sollte AS-Patienten mit einer erheblichen Wirbelsäulenkyphose und dem Verlust der horizontalen Sicht angeboten werden. (31) Patienten mit axialer SpA und ankylosierter WS und einer Wirbelfraktur sollten in einem spezialisierten operativen Wirbelsäulenzentrum vorgestellt werden. (32) Die medizinische Rehabilitation wirkt sich positiv auf die Schmerzen, Beweglichkeit und körperliche Funktionsfähigkeit bei Patienten mit funktionellen Einschränkungen aus. Die Indikation zur Rehabilitation sollte bedarfsorientiert evaluiert werden, auch vor Ablauf des vierjährigen Regelabstandes. (33)
Patientenspezifische Aspekte Die systematische Erfassung von funktionellen Beeinträchtigungen zur Beurteilung der Krankheitslast bei Patienten mit axialer SpA kann mit der Internationalen Klassifikation für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) erfolgen. Das ICF Core Set für AS gibt auch für relevante Bereiche der Teilhabe eine Orientierung. (1) Patienten sollen darüber informiert werden, dass Aktivität und Teilhabe durch pharmakologische und nicht-pharmakologische Maßnahmen positiv beeinflusst werden. (2) Nicht-pharmakologische Maßnahmen sind multimodale Rehabilitation mit intensiver Bewegungstherapie, strukturierte Patientenschulung und berufsbezogene Therapieelemente in der Rehabilitation. (3) Patienten mit axialer SpA sollten an einem strukturierten Schulungsprogramm teilnehmen, da die Krankheitsbewältigung verbessert und die Krankheitskosten reduziert werden. (1) Sie sollen darüber informiert werden, dass neben den allgemeinen gesundheitlichen Risiken des Rauchens speziell für sie stärkere Einbußen der Funktionsfähigkeit, eine stärkere röntgenologische Progression und ein schlechteres Therapieansprechen auf Biologika im Vergleich zu Nichtrauchern bestehen. (2) Last but not least: Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen können das Management der Erkrankung unterstützen. (3) m
Quelle: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/060-003.html, Stand 14. August 2019
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AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Update der ACR-Empfehlungen vorgestellt Auch wenn für deutsche Rheumatologen naturgemäß die frisch publizierte S3-Leitlinie oder auch die aktuellen EULAR-Empfehlungen zur axialen Spondyloarthrtis (SpA) weitaus relevanter sind, ist ein kurzer Blick über den „großen Teich“ doch interessant, wo Michael M. Ward, Bethesda (USA), und Kollegen das 2019er-Update der evidenzbasierten ACR-Empfehlungen zur Therapie von Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) und nicht-röntgenologischer axialer SpA (nr-axSpA) vorlegten.
Die Leitlinie basiert auf systematischen Literaturreviews, die 20 klinische Fragestellungen der 2015er-Ausgabe zur medikamentösen Therapie adressierten, sowie 26 neuen Fragen zur Pharmakotherapie, Treat-to-target-Strategien und dem Einsatz bildgebender Verfahren. Neu behandelt wurden z. B. Fragen zum Einsatz von Secukinumab, Ixekizumab, Tofacitinib sowie Anti-TNF-Biosimilars und dem Tapering oder Absetzen von Biologika bei einer stabilen Krankheitskontrolle. Unter Anwendung der GRADEMethodologie wurden alles in Allem 86 Empfehlungen formuliert (51 zur AS und 35 zur nr-axSpA), die eine ≥70 %ige Zustimmung fanden. Insgesamt sind die Empfehlungen zur AS und nr-axSpA fast
deckungsgleich. Die wichtigsten Punkte: TNFα-Inhibitoren (TNFi) werden gegenüber IL-17A-Inhibitoren (IL-17i) als erstes Biologikum präferiert, wobei der größere Erfahrungsschatz zu TNFi hierfür ausschlaggebend war. Im Fall eines primären Nicht-Ansprechens auf einen ersten TNFi wird danach einem IL-17i Vorrang vor einem zweiten TNFi eingeräumt, nicht aber bei sekundärem Versagen. Generell werden TNFi und IL-17i gegenüber der JAK-Blockade (Tofacitinib) favorisiert. Eine begleitende Administration von niedrig-dosiertem Methotrexat zu einem TNFi wird ebenso wenig empfohlen wie – etwas überraschend – eine „strikte“ Treat-to-target-Strategie (Ziel: ASDAS <1,3 bzw. 2,1) oder das Absetzen
oder die Dosisreduktion von Biologika bei stabiler Erkrankung. Sulfasalazin wird nur bei persistierender peripherer Arthritis empfohlen, wenn TNFi kontraindiziert sind. Bei Patienten mit unklarer Krankheitsaktivität kann ein MRT von Wirbelsäule oder Hüfte hilfreich sein, ein routinemäßiges Monitoring mit seriellem Röntgen wird nicht empfohlen. Fazit: Trotz einiger interessanter Aspekte scheinen auch inhaltlich die deutschen und europäischen SpA-Empfehlungen insgesamt Vorteile aufzuweisen. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; doi: 10.1002/art.41042
Nicht-infektiöse Uveitis: DMARDs im Vergleich Gerade bei Patienten mit Spondylarthritiden muss mit dem Auftreten einer Uveitis gerechnet werden. Im Fall einer nicht-infektiösen Uveitis intermedia, Uveitis posterior oder Panuveitis müssen häufig Kortikosteroide in hoher Dosierung eingesetzt werden, was den Einsatz einer steroidsparenden DMARD-Therapie mit etwa Methotrexat (MTX) oder auch – vor allem bei Therapieversagen – TNFα-Inhibitoren erforderlich machen kann. Britische Experten um Sridhar Rathinam, Leicester, verglichen nun in der randomisierten, klinischen FAST-Studie den steroidsparenden Effekt von MTX mit jenem von Mycophenolat Mofetil (MMF).
Insgesamt 216 Patienten mit aktiver nicht-infektiöser Uveitis intermedia, Uveitis posterior oder Panuveitis wurden in FAST im Verhältnis 1:1 auf orales MTX 25 mg/Woche oder MMF 3 g/Tag randomisiert. Primärer Endpunkt war ein Behandlungserfolg in Monat 6, definiert als gut kontrollierte Entzündung in beiden Augen, ≤7,5 Prednison/Tag und ≤2 Tropfen Prednisolon-Acetat 1 % und kein Therapieversagen infolge von Sicherheitsproblemen oder aufgrund von Unverträglichkeit. Die Therapie wurde bis zum Ende des Follow-up in Monat 12 fortgesetzt, wobei je nach Ergebnis in Monat 6 ein Wechsel möglich war.
Fast 90 % der Patienten komplettierten das Follow-up bis Monat 6, wobei sich unter MTX im Vergleich zu MMF mit 66,7 vs. 57,1 % numerisch häufiger ein Behandlungserfolg einstellte. Ein signifikanter Unterschied zeigte sich in der Subgruppe von Patienten mit posteriorer Uveitis oder Panuveitis, wo MTX gegenüber MMF signifikant besser abschnitt (74 vs. 55 %; p=0,02). Eine Uveitis intermedia sprach hingegen numerisch öfter auf MMF als MTX an (64 vs. 33 %). Keine auffälligen Unterschiede gab es in puncto Sicherheit, zu einer Erhöhung der Leberenzyme als häufigstem uner-
wünschten Ereignis kam es öfter unter MTX (13,0 vs. 7,4 %). Als Fazit lässt sich ziehen, dass sich mit beiden DMARDs die Steroiddosis bei den meisten Teilnehmern senken ließ ohne – lässt man die Differenzen in den Subgruppen außen vor – klaren Unterschieden beim Behandlungserfolg. Mit ins Kalkül zu ziehen sind zudem die Schwierigkeiten der off-label MMF-Verordnung, sodass MTX in dieser Situation wohl die erste Option bleiben wird. m
Quelle: JAMA 2019; 322(10): 936-945
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PSORIASIS-ARTHRITIS
Ixekizumab zeigt Vorteile gegenüber Adalimumab Erstmals auf dem EULAR-Kongress in Madrid vorgestellt, sind die Ergebnisse der ersten Head-to-head-Studie SPIRIT-H2H zum Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab und dem etablierten TNFα-Inhibitor Adalimumab bei Biologika-naiven Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) jetzt auch als Vollpublikation online verfügbar.
Die 24-Wochen-Ergebnisse der 52-wöchigen, randomisierten, open-label, Studienarzt-verblindeten Parallelgruppenstudie SPIRIT-H2H zum direkten Vergleich von Ixekizumab mit Adalimumab wurden kürzlich von Philip J. Mease, Seattle (USA), und Kollegen veröffentlicht. In die Studie waren insgesamt 566 Patienten (mittleres Alter 48 Jahre, Krankheitsdauer ca. 6 Jahre) mit aktiver PsA (≥3 geschwollene + ≥3 druckschmerzhafte Gelenke [SIC bzw. TJC]; im Mittel SJC 10, TJC 20) und Plaque-Psoriasis (≥3 % Körperoberfläche, BSA; mittlerer PASI zu Studienbeginn knapp 8) eingeschlossen worden, die noch bDMARD-naiv waren und auf eine csDMARD-Therapie nur unzureichend angesprochen hatten (ca. 70 % der Studienteilnehmer erhielten eine Begleittherapie mit einem csDMARD, in der Regel handelte es sich dabei um Methotrexat). Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 für 52 Wochen auf Ixekizumab oder Adalimumab randomisiert, wobei die Höhe bzw. Frequenz der jeweiligen On-label-Dosierung auf dem Vorliegen oder Nicht-Vorliegen einer mäßigen bis starken Psoriasis ausgerichtet wurde. Primärer Endpunkt war der Nachweis der Überlegenheit von Ixekizumab gegenüber Adalimumab im gleichzeitigen Erreichen eines ACR50- und auch PASI 100-Ansprechens in Woche 24. Wichtige sekundäre Endpunkte waren wiederum in Woche 24 der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit von Ixekizumab im ACR50-Ansprechen (Nicht-Unterlegenheits-Marge -12 %) und einer Überlegenheit in Bezug auf das PASI 100-Ansprechen. p<0,001 60
51
Patienten (%)
50 40 30
60
Ixekizumab (n=283) Adalimumab (n=283) 47
47
p=0,036 36 28
20 10 0
ACR50 + PASI100
ACR50
PASI100
Abb.: SPIRIT-H2H-Studie: Primärer Endpunkt (kombiniertes ACR50- und PASI 100-Ansprechen) und wichtige sekundäre Endpunkte in Woche 24 unter Ixekizumab vs. Adalimumab
Klarer Zusatznutzen bei Psoriasis und Enthesitis Alle primären und die wichtigsten sekundäre Endpunkte wurden von Ixekizumab signifikant erreicht: So wiesen 36,0 vs. 27,9 % der Patienten in Woche 24 ein kombiniertes ACR50sowie PASI 100-Ansprechen auf (p=0,036), demonstriert wurde zudem eine Nicht-Unterlegenheit im ACR50-Ansprechen (50,5 vs. 46,6 %) und Überlegenheit im PASI 100-Ansprechen (60,1 vs. 46,6 %; p<0,001) (Abb.). Gleichauf waren die beiden bDMARDs in Woche 24 im Hinblick auf das ACR20/70-Ansprechen (68,9 vs. 72,1 % bzw. 31,8 vs. 25,8 %) und Daktylitis (LDIBasic =0: 88,1 vs. 93,1 %). Signifikante Vorteile bot Ixekizumab jedoch im PASI75/90-Ansprechen (80,2 vs. 68,9 %; p=0,002 bzw. 71,7 vs. 55,8 %; p<0,001) und auch bei der vollständigen Resolution der Enthesitis (SPARCC Enthesitis-Index =0: 56,6 vs. 45,0 %; p=0,019). Signifikant besser schnitt Ixekizumab überdies bei Betrachtung mehrerer Komposit-Scores zur PsAKrankheitsaktivität ab, die die Gesamtheit der Manifestationen reflektieren. So erreichten mit 47,7 vs. 35,3 % signifikant mehr der mit Ixekizumab behandelten Teilnehmer das Treat-to-target (T2T)-Zielkriterium einer minimalen Krankheitsaktivität (MDA; p=0,003) sowie eine DAPSA-Remission ≤4 (26,5 vs. 18,0 %; p=0,016) und eine PASDAS „near remission“ ≤1,9 (29,0 vs. 19,4 %; p=0,009). Gerade diese Befunde liefern letztlich gute Argumente zugunsten des IL-17A-Inhibitors, ganz offenkundig vor allem dann, wenn eine relevante Psoriasis und/oder eine Enthesitis vorliegen, zumal keine neuen Sicherheitssignale und klinisch relevante Unterschiede bezüglich unerwünschter Ereignisse zwischen den beiden bDMARDs erkennbar waren. Zusammengefasst boten diese Ergebnisse beim Quervergleich der bisherigen Studien keine ganz große Überraschungen, wobei die Wahl des strengen Outcome-Kriteriums auf jeden Fall begrüßenswert ist, selbst wenn durch die PASI 100-Komponente der Ausgang durchaus in Richtung Ixekizumab „gelenkt“ wurde. Interessant wird sein, wie die derzeit noch laufende Head-to-head-Studie EXCEED von Secukinumab versus Adalimumab ausgehen wird, wo der primäre Endpunkt rein auf die Gelenke abzielt, wenn auch mit der hohen 300 mg-Dosis von Secukinumab und dem weniger ambitionierten ACR20Ansprechen in Woche 52 als Zielkriterium. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/ annrheumdis-2019-215386
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PSORIASIS-ARTHRITIS
Frühe Intervention bei Hochrisiko-Psoriasis möglich Ungefähr 30 % aller Patienten mit Plaque-Psoriasis entwickeln eine Psoriasis-Arthritis (PsA). Eine Subgruppe von PsoriasisPatienten, die durch subklinische entzündliche Veränderungen charakterisiert ist und sich häufig mit Arthralgien präsentiert, weist ein besonders hohes Risiko für einen Übergang zur PsA auf. Deutsche Experten um Georg Schett, Erlangen, gingen in der prospektiven, offenen IVEPSA-Studie der Frage nach, ob bei Hochrisiko-Psoriasis-Patienten mit subklinischer Gelenkentzündung die Entwicklung zur PsA an der Schnittstelle zwischen Haut und Gelenken durch die IL-17A-Inhibition aufgehalten werden kann.
Eingeschlossen wurden 20 Psoriasis-Patienten ohne manifeste PsA, die als PsARisikofaktoren eine Nagel- oder Kopfhautbeteiligung oder hohen PASI-Score (>6) sowie entzündliche oder erosive Veränderungen im MRT oder CT aufweisen mussten. Eine klinische Untersuchung von Haut und Gelenken wurde zu Studienbeginn und nach 12 bzw. 24 Wochen durchgeführt, die Beurteilung mittels MRT und CT erfolgte zu Baseline und in Woche 24. 85 % der Patienten berichteten über eine Arthralgie, 40 % hatten druckschmerzhafte Gelenke bei Studieneintritt. Bei 83 % wurde ≥1 entzündliche
Läsion im MRT festgestellt, in der Mehrzahl handelte es sich um eine Synovitis oder/und Enthesitis. Die Patienten mit einer solchen „sehr frühen PsA“ wurden im Anschluss für 24 Wochen mit dem IL-17A-Inhibitor Secukinumab behandelt. Im Ergebnis kam es unter Secukinumab nach 24 Wochen sowohl zu einer signifikanten Verbesserung der Hautbeteiligung gemäß PASI (p<0,002) und BSA (p<0,003) als auch Arthralgie (VAS Schmerzen: p<0,003). Im MRT zeigte sich eine signifikante Verbesserung des Gesamt-PsAMRIS- (p=0,005) und Synovitis-Subscores (p=0,008). Des Weiteren
zeigte sich keine Progression von Erosionen und Enthesiophyten, während die Knochenmasse im distalen Radius nach 24 Wochen signifikant anstieg (p=0,020). Die IVEPSA-Daten suggerieren, dass bei sehr früher PsA eine Unterbrechung der weiteren Krankheitsentwicklung prinzipiell möglich erscheint. Dies liefert die Rationale für weitere frühe Interventionsstudien, um das Konzept einer Prävention der PsA bei Hochrisiko-PsoriasisPatienten zu untersuchen. m Quelle: Arthritis Res Ther 2019; 21: 178
GICHTARTHRITIS
Mehr Augenmerk auf Kristallablagerungen legen Bislang haben nur wenige Studien systematisch und quantitativ die Effekte einer harnsäuresenkenden Therapie auf Mononatriumurat (MSU)-Kristallablagerungen bei Patienten mit Gichtarthritis erfasst, meist ist der Fokus fast allein auf das Erreichen des Serumharnsäure-Zielwerts <6 mg/dl gerichtet. Eine deutsche Studiengruppe um Jürgen Rech, Erlangen, untersuchte jetzt in einer prospektiven Studie die Effekte von Lebensstilmodifikationen und medikamentöser Harnsäuresenkung auf MSU-Depots.
83 Gicht-Patienten mit MSU-Ablagerungen im Dual-Energy-CT (DECT) erhielten für 18 Monate entweder (allein) eine Lebensstilintervention oder auch harnsäuresenkende Therapie. Die MSU-Ablagerungen wurden quantifiziert durch volumetrische Messungen, validiert durch ein semi-quantitatives Scoring und verglichen zwischen Studienbeginn und Monat 18. Von allen Teilnehmern waren DECT-Scans vor und nach der Intervention verfügbar, 6 brachen die Therapie ab, 77 setzen diese (Lebensstilintervention: n=24, Allopurinol mit Eskalation von 100 auf bis zu 600 mg/Tag: n=29, Febuxostat 80-120 mg/Tag bei Intoleranz von
Allopurinol: n=22, Benzbromaron, n=2) über den gesamten Beobachtungszeitraum fort. Der Serumharnsäure-Spiegel sank in der Gesamtkohorte von 7,2 auf 5,8 mg/dl (bei Lebensstilintervention von 7,2 auf 6,7, unter Allopurinol von 7,0 auf 5,5 und unter Febuxostat von 7,8 auf 5,1 mg/dl), der Zielwert <6 mg/dl wurde also häufig erreicht. Nicht gelang dies bei Patienten mit vorzeitigem Abbruch der Therapie, deren MSU-Ablagerungen folglich auch nicht abnahmen. Diese gingen ansonsten unter Lebensstilintervention (MSU-Volumen: p=0,007; MSUScore: p=0,001), Allopurinol (MSU-Volumen/Score: p<0,001) und Febuxostat
(MSU-Volumen: p<0.001; MSU-Score: p=0,001) signifikant zurück. Sowohl die Änderung des Lebensstils (mit der aber keine ausreichende Harnsäuresenkung erreicht wurde) als auch vor allem die Therapie mit Allopurinol oder Febuxostat führten somit zu einer signifikanten Abnahme der MSU-Last. Damit wurde der Nachweis geführt, dass XanthinoxidaseInhibitoren nicht nur der Zielwert-Erreichung diesen, sondern auch zu einer klinisch relevanten Reduktion von Kristallablagerungen führen. m Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; doi: 10.1002/art.41063
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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
Anifrolumab doch wieder im Rennen? Die Schwierigkeit, eine signifikante Wirksamkeit von bDMARDs in Phase-III-Studien zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) nachzuweisen, ist hinlänglich bekannt. Bei Anlegen des zuletzt meist als primärer kombinierter Endpunkt gewählten SLE Responder Index (SRI)-4 scheiterten fast alle zuvor oft hoch gehandelten Hoffnungsträger – auch dieses Kriterium ist sicher nicht ideal, andererseits meisterte Belimumab in allen Phase-III-Studien diese Hürde. Auch der gegen den Typ-1-Interferon-Rezeptor gerichtete Antikörper Anifrolumab verfehlte in der Phase-III-Studie TULIP-1 diesen Endpunkt und war schon fast abgeschrieben, erreichte jetzt aber in TULIP-2 den primären Endpunkt – allerdings einen anderen.
Ende August 2018 war vom Hersteller das Verfehlen des primären SRI-4-Endpunkts in der TULIP-1-Studie, in der 460 SLE-Patienten 1:2:2 auf i.v. Anifrolumab 150 bzw. 300 mg oder Placebo ( jeweils plus Standardtherapie, SoC) alle 4 Wochen für 52 randomisiert wurden, vorab gemeldet worden – genauere Daten aus TULIP-1 gab es seitdem noch nicht. Anschließend wurde bei der jetzt vorab avisierten Phase-III-Studie TULIP-2 der primäre Endpunkt gewechselt. Statt dem SRI-4 wurde darin nun der British
Isles Lupus Assessment Group based Composite Lupus Assessment (BICLA) in Woche 52 angelegt, der eine (allerdings nur partielle) Verbesserung in allen Organen mit Krankheitsaktivität zu Baseline und keinen neuen Schub fordert und in TULIP-1 auch noch kein sekundärer Endpunkt war. Nun zeigte sich in der TULIP-2-Studie, in der 373 Patienten 1:1 für erneut 12 Monate auf i.v. Anifrolumab 300 mg oder Placebo alle 4 Wochen ( jeweils plus SoC) randomisiert wurden, im BICLA nach 52 Wochen ein signifikanter, klinisch relevanter Vorteil
gegenüber Placebo. Genauere Daten beider Studien sind auf den nächsten internationalen Kongressen zu erwarten, ob TULIP-2 wirklich ein Schritt in Richtung Zulassung darstellt, lässt sich noch nicht bewerten – womöglich bedarf es sogar einer weiteren PhaseIII-Studie, da der BICLA zwar von der EMA, nicht aber von der FDA als valider Studienendpunkt empfohlen wird. m
Quelle: Pressemitteilung AstraZeneca, 29. August 2019
SYSTEMISCHE SKLEROSE
Abatacept wohl auch künftig keine Option Aufgrund der Tatsache, dass T-Zellen eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der frühen systemischen Sklerose (SSc) zukommt, verband sich mit dem Einsatz von Abatacept schon länger die Hoffnung auf gute Therapieergebnisse. Eine von US-amerikanischen Rheumatologen um Dinesh Khanna, Ann Arbor, publizierte 12-monatige, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-Studie bei früher diffus-kutaner SSc (dcSSc) versetzt diesen Hoffnungen nun einen deutlichen Dämpfer.
In der Studie wurden 88 dsSSc-Patienten im Verhältnis 1:1 auf Abatacept 125 mg s.c. oder Placebo randomisiert. Bei progredienter dcSSc war nach sechs Monaten eine Escape-Therapie möglich, was häufiger in der Placebogruppe (36 vs. 16 %) erforderlich war. Ko-primäre Endpunkte waren die Veränderung im modifizierten Rodnan Skin Score (mRSS) und die Sicherheit nach 12 Monaten. Ausgehend von einem initialen mittleren mRSS von 22,45 betrug die adjustierte Veränderung im mRSS nach 12 Monaten -6,24 Punkte unter Abatacept und -4,49 Punkte unter Placebo (p=0,28), womit kein signifikanter Unterschied nachzuweisen war. Allerdings war die Abnahme
des mRSS unter Abatacept in zwei Genexpressions-Subsets signifikant stärker ausgeprägt, dies vor allem bei deutlicher Entzündung (p<0,001). Deutlich stärker als bei der Hautverdickung war das Signal bei der Lungenfunktion: Nach 12 Monaten verringerte sich die forcierte Vitalkapazität (FVC) unter Abatacept um -36,39 vs. -121,6 unter Placebo (p=0,19), was aber wiederum nicht signifikant war. Klinische und signifikante Vorteile für Abatacept vs. Placebo zeigten sich im ACR CRISS-Score, im HAQ-DI und einem Komposit-Score als sekundäre Endpunkte. Die Sicherheit und Verträglichkeit von Abatacept war gut, bei 35 vs. 40 Patienten kam es zu unerwünschten
Ereignissen einschließlich 2 vs. 1 Todesfällen. In dieser Phase-II-Studie punktete Abatacept mit einer recht guten Verträglichkeit, eine signifikante Abnahme der Hautverdickung wurde jedoch verfehlt. Trotz einer Reihe positiver Befunde in sekundären Endpunkten scheint Abatacept bei dcSSc-Patienten doch eher keine langfristig effektive Therapieoption darzustellen – dies unterstreichen auch gleich zwei kürzlich auf dem EULARKongress präsentierte Phase-III-Studien in dieser Indikation. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; doi: 10.1002/art.41055
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ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
INBUILD-Studie: Nintedanib gut wirksam bei progredient fibrosierender ILD Bei verschiedenen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen können progredient fibrosierende interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) auftreten und sind dann mit einer sehr ungünstigen Prognose assoziiert. Kürzlich hatte bei mit systemischer Sklerose assoziierte ILD (SSc-ILD) der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib in der Phase-III SENSCIS-Studie seine antifibrotische Wirksamkeit unter Beweis gestellt. Eine verringerte Abnahme der Lungenfunktion wurde nun auch in der Phase-III-Studie INBUILD in einem gemischten Patientenkollektiv mit oft rheumatischen Erkrankungen mit progredient fibrosierender ILD bestätigt.
Die wichtigsten Ergebnisse der INBUILD-Studie Die doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studie wurde an 153 Zentren in 15 Ländern durchgeführt und untersuchte die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Nintedanib (2x 150 mg/Tag) über 52 Wochen bei Patienten mit progredient fibrosierender ILD ≥18 Jahre, mit einer vom Arzt diagnostizierten anderen progredient fibrosieren-
den ILD als IPF, die in der HRCT einen Fibrosierungsgrad der Lunge von >10 % aufwiesen. Eine Lungenfibrose wurde als progredient definiert, wenn Patienten trotz Pharmakotherapie innerhalb der letzten 24 Monate vor dem Screening einen Verlust an forcierter Vitalkapazität (FVC) gegenüber Baseline hatten oder eine zunehmende fibrotische Veränderung in der Bildgebung erkennbar war oder sich ihre respiratorischen Symptome verschlechtert hatten. Primärer Endpunkt war der jährliche FVC-Verlust (ml/Jahr) über 52 Wochen, die wichtigsten sekundären Endpunkte die absolute Veränderung zu Woche 52 im King’s Brief Interstitial Lung Disease (K-BILD)-Fragebogen gegenüber Baseline, die Zeit bis zur ersten akuten ILDExazerbation oder Tod über 52 Wochen sowie die Gesamtmortalität über 52 Wochen. Im Ergebnis verlangsamte Nintedanib gegenüber Placebo (1:1 Randomisierung)
die ILD-Progression unabhängig vom fibrotischen Muster in der Thoraxbildgebung um 57 %. Die adjustierte jährliche FVC-Abnahme über 52 Wochen betrug in der gesamten Studienpopulation unter Nintedanib -80,8 vs. -187,8 ml/Jahr für Placebo (Δ107,0 ml/Jahr; p<0,001). Dabei zeigte Nintedanib eine konsistente Wirkung auf den Verlust der Lungenfunktion bei Patienten, die im HRCT ein fibrotisches UIP-Muster aufwiesen (-82,9 vs. -211,1 ml/Jahr, Δ128,2 ml/Jahr; p<0,001), aber auch bei solchen mit anderen fibrotischen Mustern. Als häufigstes unerwünschte Ereignis wurde Diarrhö dokumentiert (66,9 vs. 23,9 % unter Placebo). Die Sicherheit und Verträglichkeit von Nintedanib entsprachen früheren Befunden aus den Phase-III-Studien zur IPF (INPULSIS-1 und -2) und SSc-ILD (SENSCIS). m
Quelle: N Engl J Med 2019; doi: 10.1056/NEJMoa1908681
Angesichts dessen, dass progredient fibrosierende ILD zu den schwersten Komplikationen bei rheumatischen Erkrankungen zählen, stimmen die Ergebnisse der INBUILD-Studie, die jenseits der SSc-ILD auch andere Kollagenosen-assoziierte ILD und die RA-ILD erfasste, doch durchaus optimistisch. Bei IPF ist Nintendanib bereits seit dem Jahr 2015 zugelassen, bei der SSc-ILD in den USA nach den insgesamt positiven Daten der SENSCIS-Studie seit wenigen Wochen. Auch in Europa dürfte mit einer Zulassung bei Patienten mit SSc-ILD zu rechnen sein. Zulassungsanträge für progredient fibrosierende ILD wurden auf Basis der INBUILD-Studie bei FDA und EMA eingereicht – in Anbetracht fehlender Therapieoptionen dürften die Aussichten auch recht gut sein.
KOMPAKT
Bei der von Kevin R. Flaherty, Ann Arbor (USA), und Kollegen auf dem ERS-Kongress in Madrid präsentierten und parallel online publizierten INBUILD-Studie handelt es sich um die erste dieser Art, da die insgesamt 663 Patienten (darunter 62,1 % mit UIP-Muster in der HRCT) anhand des klinischen Verlaufs ihrer Krankheit und nicht der primären Diagnose eingruppiert wurden. Untersuchte wurde darin Nintedanib bei Patienten mit einem breiten Spektrum progredient fibrosierender ILD mit Ausnahme der idiopathischen Lungenfibrose (IPF), für die Nintedanib bereits zugelassen ist. Da der Krankheitsverlauf und die Symptome bei progredient fibrosierenden ILD unabhängig von der Grunderkrankung ähnlich sind, wurde ein breites Patientenkollektiv eingeschlossen mit etwa exogen-allergischer Alveolitis, systemischen Autoimmunerkrankungen, so z. B. mit rheumatoider Arthritis (RA-ILD), SScILD, mit anderen Kollagenosen assoziierten ILDs, Sarkoidose und idiopathischen Formen interstitieller Pneumonien, darunter unspezifische interstitielle Pneumonie (UIP) und nicht-klassifizierte idiopathische interstitielle Pneumonie (IIP).
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Impressionen vom DGRh 2019
DGRH-KONGRESS 2019 â&#x20AC;&#x201C; Dresden
DGRH-KONGRESS 2019 – Dresden
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Was gibt es Neues? – Ein Update zu den EULAR-Empfehlungen und mehr Auf der „What is new“ (WIN)-Sitzung zur rheumatoiden Arthritis (RA) gab Prof. Dr. Josef S. Smolen, Wien (Österreich), zum Kongressauftakt als neues Ehrenmitglied der DGRh gewürdigt, einen Überblick über die wichtigsten neuen klinischen Aspekte zur RA. Naturgemäß standen dabei die aktuellen, erstmals auf der EULAR-Tagung in Madrid enthüllten, noch „vorläufigen“ EULAREmpfehlungen zur RA-Therapie im Fokus, aber auch neue Aspekte zur Definition von Remission, zur Verhinderung eines refraktären Behandlungsverlaufs, Deeskalation der Therapie sowie zur JAK- und IL-6-Inhibition.
Insgesamt enthält die neue Ausgabe der EULAR-Empfehlungen für die RA-Therapie nur wenige Änderungen im Vergleich zur vorherigen Fassung aus 2016 und unterscheidet sich vor allem auch kaum von der im Vorjahr erschienenen deutschen S2e-Leitlinie, die also mit z. B. der Gleichstellung von bDMARDs und tsDMARDs nach Methotrexat (MTX)-Versagen voll auf der Höhe der Zeit ist.
Aktuelle EULAR-Empfehlungen im Fokus Betont wird aufgrund neuer Daten aus der TaSER- (Ultraschall) und IMAGINE-RA-Studie (MRT), dass die Erfassung und die Verlaufsüberwachung der Remission klinisch, d. h. ohne Berücksichtigung zusätzlicher bildgebender Untersuchungen erfolgen sollte. Der DAS28 hat aufgrund seiner Schwächen definitiv als Remissionskriterium ausgedient, betonte Smolen, künftig sollten hier in klinischen Studien der SDAI (≤3,3) und in der Praxis der CDAI (≤2,8) Anwendung finden. Einmal mehr machte der Experte auf die Bedeutung einer frühen, konsequenten Therapie aufmerksam: Mit jedem Versagen eines DMARDs steigt die Wahrscheinlichkeit für eine refraktäre RA, dies jedoch primär aufgrund einer zu späten Therapieeinleitung und zu langem Persistieren hoher Krankheitsaktivität. Ein wichtiger Aspekt ergibt sich aus neuen Daten der SELECT-COMPARE-Studie, die zeigt, dass in der Situation nach einem erstmaligem tsDMARD- bzw. bDMARD-Versagen bei unzureichendem Ansprechen auf den JAK-Inhibitor Upadacitinib mit gutem Erfolg auf Adalimumab gewechselt werden kann, auch wenn der umgekehrte Weg von Adalimumab auf Upadacitinib (ohne Washout) noch höhere Remissionsraten brachte, was aber letztlich das Hauptergebnis der Studie widerspiegelte, dass nämlich signifikant höhere Anteile von Patienten unter Upadacitinib versus Adalimumab eine CDAI- und SDAI-Remission erreichten. Beruhigend ist aber auf jeden Fall die Tatsache, dass – dies war zuvor noch offen – das Umstellen von einem tsDMARD auf ein bDMARD (hier einen TNFa-Inhibitor) prinzipiell möglich, sicher und oft auch wirksam ist. Ein Unterschied zur deutschen Leitlinie ist, dass laut den EULAR-Empfehlungen bei einem DMARD-Tapering stets mit dem bDMARD bzw. tsDMARD begonnen werden sollte, obwohl
Bild: v. li. n. re.: Prof. Dr. Martin Aringer, Prof. Dr. Josef S. Smolen, Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops viele Patienten in der Praxis wohl lieber erst MTX und dann das bDMARD oder tsDMARD reduziert sehen wollen. Die DGRhLeitlinie ist hier im Sinne einer „shared decision“ liberaler und empfiehlt ein individuelles Vorgehen unter Einbeziehung des Patientenwunsches. Smolen wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine DMARD-Dosisreduktion bei Patienten in anhaltender SDAI-Remission meistens ohne Remissionsverlust möglich ist.
Neues zur JAK- und IL-6-Inhibition Auch interessant: Die bisherige Annahme, dass JAK-Inhibitoren die TNFα-Inhibition nicht berühren, ist nach aktuellen Erkenntnissen aus der Forschung nicht ganz korrekt. So werden Janus-Kinasen nicht nur über IL-6 und Interferone (IFN) aktiviert, sondern auch indirekt – über IFNβ – durch TNF. Zuletzt zur IL-6-Inhibition: Hier zeigt laut Smolen eine neue, noch nicht veröffentlichte Studie, dass ein hoher CRP-Spiegel (≥3 mg/dl) ein guter Prädiktor für ein gutes Ansprechen – Messlatte war eine CDAI-Remission nach 24 Wochen – auf in diesem Fall Tocilizumab gegenüber anderen Medikamenten (hier MTX und Rituximab) ist. m
Quelle: Plenarsitzung „WIN Rheumatoide Arthritis“, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
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RHEUMATOLOGIE: YEAR IN REVIEW
Die wichtigsten Studien im Überblick Der schwierigen Aufgabe, die für die klinische Praxis relevantesten Arbeiten, die zwischen dem vergangenen DGRh-Kongress in Mannheim und dem diesjährigen in Dresden publiziert wurden, zu selektieren, stellte sich Kongresspräsident Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden. Berücksichtigt wurden nur Vollpublikationen, sodass etwa bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) die auf dem EULAR als Abstract präsentierte SPIRIT-H2H-Studie außen vor blieb, die Vorteile für den IL-17A-Inhibitor Ixekizumab versus Adalimumab gezeigt hatte. Überaus interessant waren auch die von Prof. Dr. Andreas Radbruch, Berlin, dargelegten Neuigkeiten aus der Grundlagenforschung, auf die an dieser Stelle – noch ist vieles Zukunftsmusik – nicht näher eingegangen wird.
Schon die voll besetzte erste Plenarsitzung „Year in Review“ im größten Tagungssaal ließ erahnen, dass das Dresdner Kongresszentrum in den folgenden Tagen nicht nur an seine Kapazitätsgrenze, sondern darüber hinaus gelangen würde. Bei allen Unannehmlichkeiten brachte es den stetigen Zuwachs der deutschen Rheumatologie zum Ausdruck, der bei der Planung des Kongresses vor fünf Jahren so noch nicht einkalkuliert war. Dass die Rheumatologie boomt, spiegelten auch die von Prof. Aringer selektierten, praxisrelevanten Highlight-Studien wider, an denen deutsche Rheumatologen vielfach beteiligt waren.
Kollagenosen: SSc und SLE Zu den angesichts der limitierten Therapieoptionen wichtigsten Arbeiten zählte die Phase-III-Studie SENSCIS, in der der antifibrotisch wirksame Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib in einem praxistypischen Kollektiv von 566 Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) und interstitieller Lungenerkrankung (ILD) gegen Placebo geprüft wurde – zu knapp 50 % on top von Mycophenolat Mofetil (MMF). Nach 52 Wochen gelang eine signifikante Reduktion der Abnahme der Lungenfunktion (ΔFVC -41 ml/Jahr) (Abb.). Der größte klinische Effekt wurde in Kombination mit MMF erreicht, bei dann allerdings geringerer Therapiedifferenz versus Placebo. In den USA wurde Nintedanib bereits zur Therapie der SSc-ILD zugelassen, einer breite-
FVC-Reduktion (ml/Jahr)
0
Nintedanib
Placebo
-40 -52,4
-80
-100
Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) stechen die neuen EULAR-Empfehlungen hervor, die das Treat-to-targetPrinzip betonen, sich für Hydroxychloroquin in einer Dosis von <5 mg/kg reales Körpergewicht bei allen Patienten mit einem (bei fehlenden Risikofaktoren) nach 5 Jahren jährlichen ophthalmologischen Screening aussprechen. (3) Erstmals gibt es auch konkrete Empfehlungen für Belimumab, für das gegenüber einer kanadischen Kohorte mit Standardtherapie ohne den BLyS-Inhibitor ein über 8 Jahre deutlich niedrigeres Risiko für Organschäden nachgewiesen wurde. (4) Aringer war als einer der beiden Erstautoren selbst ganz maßgeblich an den gemeinsamen EULAR/ACR-Klassifikationskriterien beteiligt. (5) Die wichtigsten Neuerungen sind als Eingangskriterium ein ANA-Titer ≥1:80, der in Kombination mit dem Erreichen von 10 Punkten aus 7 klinischen und 3 immunologischen Domänen eine Klassifikation als SLE erlaubt. In puncto Sensitivität und Spezifität zeigen sich klare Vorteile gegenüber den alten ACRund SLICC-Kriterien. Die Grundlage hatte eine Arbeit geliefert, in der weltweit typische Manifestationen bei neu diagnostizierten SLE-Patienten erfasst worden waren. (6)
Vaskulitiden: AAV und RZA/TA
-20
-60
ren Zulassung steht der verpasste Nachweis einer Besserung der Hautfibrose im Wege. (1) Dass die Hautprogression gemäß mRSS – die als primärer Endpunkt bereits vielen Kandidaten in Phase-III den Weg zur Zulassung verbaute – dennoch ein guter Prädiktor sowohl für den FVC-Verlust als auch die Gesamtsterblichkeit von SSc-Patienten darstellt, zeigten laut Aringer aktuelle Daten aus dem EUSTAR-Register. (2)
p=0,04
-93,3
Abb. 1: SENSCIS-Studie: Signifikant geringerer jährlicher FVCVerlust unter Nintedanib versus Placebo (1)
Bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) wartet man noch auf die Vollpublikation der PEXIVAS-Studie, bereits veröffentlicht wurde die MYCYC-Studie, die in der Induktion eine Nicht-Unterlegenheit von MMF gegenüber Cyclophosphamid (CYC) in der Induktionsphase aufzeigte, aber in der Erhaltungstherapie ein höheres Rezidivrisiko bot. Da letzteres vor allem PR3-ANCA-Patienten betraf, könnte MMF bei MPO-ANCAPatienten eine gute Alternative sein. (7) Praxisrelevant ist auch eine Studie zu AAV-Patienten unter Rituximab, in der durch eine Prophylaxe mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol) eine Reduktion schwerer Infektionen um 70 % verzeichnet wurde (8), so Aringer weiter. Neue EULAR-Empfehlungen, von
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untersucht werden müsste. In puncto AS zeigte sich eine auch nach 4 Jahren nur geringe radiologische Progression unter dem IL-17A-Inhibitor Secukinumab, ob dieses Therapieprinzip in dieser Hinsicht Vorteile gegenüber der TNFα-Inhibition hat, bleibt aber vorläufig noch offen. (12) Auch eine Negativstudie der Phase-III hatte Aringer dabei: Sowohl bei AS als auch im nicht-röntgenologischen Stadium entfaltete – anders als bei PsA – die IL-12/23-Inhibition mit Ustekinumab keinen Nutzen, womit sich das Thema IL-23 bei AS erledigt haben dürfte. (13)
Rheumatoide Arthritis
Prof. Dr. Martin Aringer Erstautor Prof. Dr. Bernhard Hellmich zuvor auf dem EULAR präsentiert, wurden auch zur Riesenzell- (RZA) und TakayasuArteriitis (TA) veröffentlicht. (9) Einerseits bieten diese eine gute schematische Anleitung zur Steroidtherapie und deren Ausschleichen als auch Empfehlungen zu steroidsparenden Medikamenten wie Methotrexat und jetzt auch dem IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab.
Adultes Still-Syndrom: AOSD Um bei Tocilizumab zu bleiben: Nachdem systemische JIA (sJIA) und adulter Morbus Still (AOSD) heute als eine Krankheitsentität mit differentem Manifestationsalter verstanden werden, lag es nahe, das bei sJIA zugelassene Tocilizumab auch bei AOSD in einer randomisierten Studie zu prüfen, wo nach NSAR- bzw. Steroidversagen vorwiegend IL-1-Inhibitoren zur Anwendung kommen. Bereits nach 4 Wochen wurde ein ACR50-Ansprechen bei 61,5 % der Teilnehmer sowie bis Woche 12 eine versus Placebo über doppelt so hohe Reduktion des Steroidbedarfs erzielt. Zum Ende der offenen Studienphase in Woche 52 wurde mit 84,6, und 61,5 % ein hohes ACR50/70Ansprechen gesehen. Auch die Anzahl der Fieberattacken wurde über die gesamte Studie hinweg deutlich gesenkt. (10)
Spondylarthritiden: PsA und AS Bei der PsA hat sich das Therapiespektrum in den vergangenen Jahren erheblich erweitert, nach dem zugelassenen Tofacitinib scheint mit Filgotinib (zu dem auch bei rheumatoider Arthritis auf dem EULAR zwei weitere positive Phase-IIIStudien als Late-breaker vorgestellt wurden) erstmals auch ein selektiver JAK-1-Inhibitor das Potenzial für eine Zulassung bei PsA und auch ankylosierender Spondylitis (AS) zu haben. In beiden Indikationen, so auch jetzt zur PsA, wurde in Phase-II eine gute Wirksamkeit nachgewiesen. (11) Dies wirft laut Aringer allerdings die Frage nach dem Warum der Effektivität der JAK-1-Blockade auf, da IL-6 bei PsA keine relevante Rolle spielt und zu TNF (über Interferon) nur eine geringe und zu IL-17 oder -23 wohl keine Interferenz besteht. In Frage kommen jetzt eine ganze Reihe andere Zytokine, deren Einfluss auf die PsA näher
Zu guter Letzt widmete sich Aringer drei Studien zur rheumatoiden Arthritis (RA), die auch jenseits der Phase-III-Studien zu Upadacitinib (in den USA zugelassen, in Europa steht dies unmittelbar bevor) und Filgotinib, wichtige Erkenntnisse lieferten. So fand sich – bei aller Vorsicht in der Interpretation – in einer Langzeitstudie für Anti-TNF-behandelte versus Biologika-naive RA-Patienten mit vorheriger Malignität kein signifikant erhöhtes Risiko für ein Tumorrezidiv und vor allem kein negativer Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit. (14) In der bisher größten derartigen Erhebung zu Schwangerschaften wurden unter Certolizumab, für das kein oder nur ein minimaler Plazentatransfer belegt ist, bei Rheuma- (sowie CED)-Patientinnen mit Exposition darauf (meist im ersten Trimenon, selten auch über die gesamte Schwangerschaft hinweg), im Vergleich zu gesunden Frauen keine Anzeichen für teratogene Effekte oder Fehl- bzw. Todgeburten gesehen. (15) Abschließend verwies Aringer auf eine Studie, die erneut das mit Glukokortikoiden in ansteigender kumulativer und mittlerer Dosis verbundene erhöhte Risiko für Diabetes, Osteoporose, ischämischen Schlaganfall, Herzinfarkt, schwere Infektionen und Tod aufzeigte. (16) m Quelle: Plenarsitzung „Year in review“, DGRh-Kongress, Dresden, 4. September 2019
Literatur: 1 Distler O et al., N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528 2 Wu W et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(5): 648-656 3 Fanouriakis A et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(6): 736-745 4 Urowitz MB et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(3): 372-379 5 Aringer M et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(9): 1151-1159 6 Mosca M et al., Arthritis Rheumatol 2019; 71(1): 91-98 7 Jones RB et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(3): 399-405 8 Kronbichler A et al., Ann Rheum Dis 2018; 77(10): 1440-1447 9 Hellmich B et al., Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/ annrheumdis-2019-215672 10 Kaneko Y et al., Ann Rheum Dis 2018; 77(12): 1720-1729 11 Mease P et al., Lancet 2018; 392(10162): 2367-2377 12 Braun J et al., Rheumatology 2019; 58(5): 859-868 13 Deodhar A et al., Arthritis Rheumatol 2019; 71(2): 258-270 14 Raaschou P et al., Ann Intern Med 2018; 169(5): 291-299 15 Clowse MEB et al., Arthritis Rheumatol 2018; 70(9): 1399-1407 16 Wilson JC et al., Arthritis Care Res 2019; 71(4): 498-511
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RHEUMATOLOGIE TRIFFT ONKOLOGIE
Tumorerkrankungen und antirheumatische Therapien In den letzten Jahren wurde die Datenlage zum Risiko inzidenter Malignome sowie der Gefahr für Malignomrezidive unter verschiedenen DMARD-Therapien immer solider, wobei nunmehr zudem neuere Zytokin-Inhibitoren (Anti-IL-12/23, Anti-IL-17), aber auch die JAK-Inhibitoren zu betrachten sind. Vermehrte Aufmerksamkeit verlangen auch die zunehmend bei Tumorpatienten eingesetzten, oft effektiven Checkpoint-Inhibitoren, die aufgrund ihres Wirkmechanismus aber nicht selten Autoimmunerkrankungen mit vor allem Gelenkbeschwerden anstoßen, was ein gemeinsames Vorgehen von Onkologen und Rheumatologen erforderlich macht, so Prof. Dr. Marc Schmalzing, Würzburg.
Im Hinblick auf das Risiko von Malignomen ist laut Schmalzing in erster Linie auf eine im Vergleich zu anderen bDMARDs (und csDMARDs) leicht erhöhte Malignominzidenz unter Abatacept zu achten, insbesondere gilt dies für nicht-melanozytären Hautkrebs. Daher ist gerade bei Abatacept, aber auch bei anderen DMARDs, auf ein konsequentes Hauttumor-Screening zu achten und sollte bei Malignomanamnese wenn möglich auf ein alternatives DMARD ausgewichen werden. Zumindest bei Psoriasis-Patienten bestätigt sich ein eher gutes Sicherheitsprofil von Ustekinumab, das im PSOLAR-Register (wie auch Methotrexat, MTX) nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert war, während unter TNFα-Inhibitoren bei längerer Anwendung ein gewisser Anstieg zu verzeichnen war. Daher empfiehlt eine dermatologische S3-Leitlinie bei bestehender Tumorerkrankung hier den präferenziellen Einsatz des IL-12/23-Inhibitors Ustekinumab und von IL-17A-Inhibitoren gegenüber Anti-TNFTherapien, dies aber auf eher dünner Datenbasis, erläuterte Schmalzing. Die Komplexität verdeutlicht ein Fallbeispiel eines 50-jährigen Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom, bei dem es unter dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab zu einer Exazerbation seiner Psoriasis kam. Unter dem daraufhin eingesetzten Secukinumab verbesserte sich zwar rasch die Haut, je-
t: T her api e
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I. Milde entzündliche Arthritis/Tenosynovitis/ Enthesitis. Nichtentzündliche Symptome (z. B. Myalgie/Arthralgie)
nic ht v e
II. Moderate entzündliche Arthritis/Tenosynovitis/ Enthesitis. PMR-artige Symptome
rbe s
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III. Schwere entzündliche Arthritis/ Tenosynovitis/Enthesitis (i. e. RA-artig). Vaskulitis-, Sklerose-, Siccaoder Sarkoidose- sowie milde Polymyositis-artige Symptome
irA Es
Schweregrad der rheumatischen irAE
IV. Schwere Polymositis-artige (insbes. bulbäre) Symptome. Lebens-/Organ-bedrohende rheumatische irAEs (z. B. Herz, Lunge)
Hochdosiertes i.v. (Methyl)prednisolon bis zu 2 mg/kg → ICI abbrechen Hochdosiertes p.o. Prednisolon bis zu 1 mg/kg → ICI zurückhalten
Low-Dose Prednisolon 5-10 mg/Tag +/- NSAR und/oder Analgetika und/oder i.a. Steroide → ICI fortsetzen
irAE verbessert: Therapiedeeskalation erwägen
Steroidsparendes csDMARD (z. B. MTX) oder bDMARD (z. B. TNF- oder IL-6-Inhibitor) erwägen
V. Add-on-Therapie
NSAR (z. B. Celecoxib, Etoricoxib oder Ibuprofen) und/oder Analgetika (Metamizol, Paracetamol) und/oder i.a. Steroide → ICI fortsetzen
Abb.: Therapiealgorithmus zum Einsatz antirheumatischer Therapien bei mit Checkpoint-Inhibitoren behandelten Patienten mit irAEs (ESMO Open;4(Suppl 2): e000529)
doch kam es zu einem Tumorprogress. Allgemein verbindliche Aussagen sind daher schwierig.
Update zu Biologika und JAK-Inhibitoren Noch weitgehend unklar ist auch die Risikokonstellation unter JAK-Inhibitoren, berichtete Schmalzing. Bei mit JAK-1/2Inhibitoren (Ruxolitinib, Gandotinib, Fedratinib, Momelotinib) behandelten Patienten mit myeloproliferativen Neoplasien, hier Myelofibrosen, wurde – bei allerdings sehr geringer Fallzahl – ein deutlich erhöhten Risiko für aggressive B-Zell-Lymphome dokumentiert, was in dieser speziellen Patientengruppe aber mechanistisch plausibel erscheint. Inzwischen wurde allerdings eine zweite größere Studie veröffentlicht, die dies nicht bestätigen konnte. Mit Blick auf die bei rheumatoider Arthritis (RA) genutzten JAK-Inhibitoren konnte laut Schmalzing für Tofacitinib bislang kein signifikant erhöhtes Risiko für Malignome oder Lymphome nachgewiesen werden, für Baricitinib fehlt es derzeit noch an belastbaren Daten, entsprechende Signale wurden aber bis dato nicht registriert. Jedoch sollte bis auf Weiteres bei bestehender Tumoranamnese große Zurückhaltung in puncto JAK-Inhibitoren geübt werden, betonte Schmalzing. Hier stellen bDMARDs wie die TNFα-Inhibitoren oder Rituximab die bessere Alternative dar. Aus einer ganzen Reihe europäischer Register zum Risiko von Malignomrezidiven bei RAPatienten geht hervor, dass zumindest bei einem mehrjährigen Intervall zwischen Tumor- und bDMARD-Therapie kein erhöhtes Rezidivrisiko zu bestehen scheint – hierin erfasst wurden vor allem Anti-TNF-Therapien und Rituximab. Womöglich, dies legen Medicare-Daten aus den USA nahe, ist aber auch ein kürzeres Intervall zwischen Tumor- und Biologika-Behandlung von ca. 1 Jahr vertretbar. So war bei Frauen mit Mammakarzinom und Brust-OP weder unter TNFα-Inhibitoren noch MTX ein erhöhtes Rezidivrisiko auszumachen.
Checkpoint-Inhibitoren im Fokus Seit 2011 wurden in Deutschland mit Nivolumab, Pembrolizumab (Anti-PD-1), Atezolizumab, Durvalumab, Avelumab (Anti-PD-L1) und Ipilimumab (Anti-CTLA4) sechs ImmunCheckpoint-Inhibitoren (engl.: ICI) zugelassen, die infolge ihrer
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Wirkmechanismen doch recht häufig unerwünschte immunassoziierte Nebenwirkungen (engl.: irAEs) nach sich ziehen können, darunter oft Arthralgien bis hin zu einer RA-artigen Gelenksymptomatik, aber auch Vaskulitis- oder Kollagenosen (CTD)-artige Symptome. Wertvolle Anhaltspunkte zum Vorgehen in solchen, in der rheumatologischen Praxis immer häufiger werdenden Fällen, lassen sich den kürzlich in Madrid präsentierten, ersten EULAR-Empfehlungen zu diesem Themenkomplex entnehmen. Ein laut Schmalzing wichtiges „übergreifendes Prinzip“ der noch unveröffentlichten EULAR-Leitlinie zur ICI-Inhibition besagt, dass das Management rheumatoformer irAEs auf einer „shared decision“ von Patienten, Onkologen und Rheumatologen basieren sollte, wobei der Rheumatologe früh vom Onkologen mit ins Boot geholt werden sollte. In der Regel reichen lokale bzw. systemische Kortikosteroide, bei Bedarf auch ein csDMARD, zur Krankheitskontrolle aus. Nur bei
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schweren irAEs bzw. CTD-artigen Symptomen oder unzureichendem csDMARD-Ansprechen können bDMARDs erwogen werden, bei entzündlicher Arthritis präferenziell TNFα- oder IL-6-Inhibitoren. Für TNFα-Inhibitoren wurde in einer kleinen Studie gezeigt, dass eine simultane ICI-Therapie nicht zu einem Tumorprogress führte. In fast allen Fällen kann ein ICI fortgeführt werden, nur bei Myositis oder bei lebensbedrohlichen Manifestationen kann bzw. muss dieser temporär abgesetzt werden, so Schmalzing weiter. Ein guter Leitfaden für die Praxis ist nach seinen Worten ein von Heidelberger Rheumatologen entwickelter Therapiealgorithmus (Abb.). m
Quelle: Symposium „Rheumatologische Therapie in besonderen Situationen“, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
BIOPSIEN IM RHEUMATOLOGISCHEN ALLTAG
Proteinurie beim Lupus bioptisch nachgehen Auf dem DGRh-Kongress wurde eine Übersicht dazu gegeben, in welchen rheumatologischen Indikationen heutzutage tatsächlich eine Biopsie in der klinischen Praxis noch unumgänglich ist. Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist sie das eindeutig, da die Frage einer Nierenbeteiligung im Raum steht – eine häufige und prognostisch ungünstige Organbeteiligung. Sobald Nierenfunktion und Urindiagnostik auffällig sind, sollte einem entsprechenden Verdacht bioptisch nachgegangen werden, um die Prognose abschätzen und die Therapie anpassen zu können.
Beim DGRh-Kongress beantwortete Prof. Dr. Stefan Weiner, Trier, die Frage, ob die Biopsie noch zeitgemäß ist, für die Nierenbiopsie beim SLE mit einem klaren Ja. Als Gründe hierfür nannte Weiner zum einen die neuen EULAR/ACR-Klassifikationskriterien für den SLE von 2019. Sie fordern dazu auf, beim Nachweis einer Proteinurie der Nierenbeteiligung histologisch nachzugehen. Zeigt sich histologisch eine proliferative oder diffuse Lupusnephritis (LN), ist dies ein Hinweis auf einen schweren Verlauf und die Notwendigkeit, die Therapie anzupassen. In diesem Kontext ist zu beachten, dass im vergangenen Jahr eine Revision der ISN/RPS-Klassifikationskriterien der LN erfolgt ist. Unterschieden werden nun sechs Klassen: die minimale mesangiale (I), mesangial proliferative (II), fokale (<50 % der Glomeruli betroffen, III), diffuse (>50 % der Glomeruli betroffen, IV), membranöse (V) und fortgeschrittene sklerosierende LN (>90 % der Gomeruli betroffen, VI). Weinerts zweites Argument ist, dass sich anhand der Klinik nicht abschätzen lasse, wie stark die Nieren betroffen sind. Nur die Nierenhistologie könne eine Aussage zum Ausmaß der renalen Beteiligung liefern. Die Biopsie sei also erforderlich, um die an der Lupusnephritis-Klasse orientierten KDIGO-Therapieempfehlungen umsetzen zu können. Als ein Beispiel für die therapeutische Relevanz der Biopsie-Befunde nannte Weiner die LN Typ II mit nephrotischem Syndrom. Erst seit relativ kurzer Zeit wisse man, dass sie mit einer Podozytopathie assozi-
iert ist. In dieser Situation ist ein Calcineurin-Inhibitor Mittel der Wahl, da er stark antiproteinurisch wirkt. Der Nephropathologe kann der Biopsie darüber hinaus differenzialdiagnostisch bzw. prognostisch wichtige Informationen entnehmen. Finden sich in der Biopsie zelluläre Halbmonde, so spreche dies für eine proliferative Nephritis. Sind die Halbmonde dagegen fibrös, so sei dies ein Hinweis dafür, dass die Glomeruli nicht mehr zu retten sind, erläuterte Weiner. Vernarbungen seien charakteristisch für eine tubulointerstitielle Nephritis, die aufgrund der tubulären Atrophie mit einer schlechten Prognose assoziiert ist. Zudem ist es möglich, anhand der Biopsie zu beurteilen, ob eine ebenfalls prognostisch ungünstig vaskuläre Erkrankung der Niere vorliegt (z. B. Lupusvaskulopathie, Antiphospholipid-Nephropathie). Last but not least kann anhand der Biopsie der Grad der Aktivität bzw. Chronizität der LN abgeschätzt werden. Bei Schrumpfnieren oder zahlreichen Nierenzysten im Punktionsgebiet sollte auf eine Biopsie verzichtet werden. Als wichtige Kontraindikationen nannte Weiner unkontrollierte Hypertonie, ausgeprägte Thrombozytopenie, Gerinnungsstörungen und nicht absetzbare Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulanzien. (wk) m Quelle: Symposium „Organmanifestationen rheumatischer Erkrankungen – ist die Biopsie noch zeitgemäß?“, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
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JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS
Aktualisierung der S2k-Leitlinie fast abgeschlossen Das 2018er-Update der AWMF-Leitlinie zur Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) stellte auf dem DGRh-Kongress in Dresden Dr. Prasad Oommen, Düsseldorf, einer der beiden Koordinatoren der 3. Auflage der Leitlinie, vor. Sie habe durch die übergeordneten Prinzipien eine neue Struktur, werte die Rolle der nicht-medikamentösen Maßnahmen auf und spreche keine starken Empfehlungen zu den neueren Substanzen aus, da die Langzeiterfahrungen noch nicht ausreichend seien.
Der Aktualisierung liegt eine Literaturaufbereitung nach ILARSubgruppen (systemische, sJIA; polyartikuläre, pJIA; oligoartikuläre, oJIA und Enthesitis-assoziierte Arthritis, EAA) für den Zeitraum 15.Januar 2011 bis 15. Januar 2018 zugrunde. Damit ist sie nicht aktuell, wie Oommen betonte, was daran liege, dass die Erstellung ein langer und aufwendiger Prozess sei. In die S2k-Leitlinie wurde bewusst auch die sJIA einbezogen, damit niedergelassene Pädiater, die in die JIA-Leitlinie schauen, dazu auch etwas finden. Sie umfasst nun zwölf übergeordnete Therapieprinzipien, neun Empfehlungen zur medikamentösen Therapie und fünf zu nicht-medikamentösen Maßnahmen. Die übergeordneten Prinzipien decken die Themen Einordnung ins Krankheitsspektrum, zügige Diagnose und Betreuung, Therapieziele, Therapiekoordination, Schulung, psychosoziale Aspekte, Familie und Patient als Partner, früher Therapiestart, Therapieauswahl, Treat-to-Target, Qualitätssicherung und Pharmakovigilanz sowie Transition ab.
So früh wie möglich medikamentös behandeln Die wichtigsten Empfehlungen zur medikamentösen Therapie lauten nun: NSAR sollten bei allen Subtypen der JIA zur Symptomverbesserung einer aktiven Arthritis als initiale oder begleitende Therapie eingesetzt werden. Eine intraartikuläre Injektion von kristalloidem Glukokortikoid (GK: Triamcinolonhexacetonid) sollte zur Therapie der aktiven Arthritis bei JIA eingesetzt werden. GK in systemischer Applikation sollten bei hoher Krankheitsaktivität für nicht-systemische und systemische Verlaufsformen der JIA eingesetzt werden. Ein langfristiger Einsatz soll wegen unerwünschter Wirkungen und der Verfügbarkeit anderer Therapieformen jedoch nicht erfolgen. Methotrexat (MTX) soll bei nicht ausreichender Wirksamkeit von NSAR, hohem oder wiederholtem Steroidbedarf oder pJIA eingesetzt werden. MTX kann ferner auch bei sJIA eingesetzt werden. Hingegen sollte MTX nicht zur Behandlung der isolierten axialen EAA zum Einsatz kommen. Bei unzureichendem Ansprechen oder Unverträglichkeit von csDMARDs (z. B. MTX) sollte bei nicht-systemischer JIA und kann bei systemischer JIA ein TNFa-Inhibitor eingesetzt werden. Die Wahl des TNFaInhibitors sollte das Vorhandensein extraartikulärer Manifestationen berücksichtigen. Abatacept kann bei Patienten mit pJIA
bei Versagen eines DMARDs eingesetzt werden. Der IL-6-Rezeptor-Inhibitor Tocilizumab sollte bei der MTX-refraktären polyartikulär verlaufenden JIA entweder in Kombination mit MTX oder als Monotherapie eingesetzt werden. Dies kann entweder alternativ zu einem TNFa-Inhibitor oder nach unzureichendem Ansprechen auf einen solchen erfolgen. Bei aktiver sJIA sollen die IL-1-Inhibitoren Anakinra und Canakinumab, GK oder Tocilizumab vorrangig eingesetzt werden. Eine längerfristige Therapie mit GK soll vermieden werden. Bei den Empfehlungen zu den nicht-medikamentösen Maßnahmen wird die Bedeutung der Physiotherapie jetzt noch stärker betont. Kinder und Jugendliche mit JIA sollen zu einem aktiven Lebensstil und sportlichen Aktivitäten ermutigt werden. Eine psychologische Betreuung in der pädiatrisch-rheumatologischen Regelversorgung soll bei Bedarf zu einem frühen Zeitpunkt erfolgen, um psychische Prozesse und spezifische Verhaltensauffälligkeiten zu erfassen, aufzufangen und zu behandeln. Der Einsatz physikalischer Therapien (u. a. Thermotherapie, Elektrotherapie, Massage und Lymphdrainage) kann erwogen werden. Nach ausbleibendem Erfolg der konservativen Therapiemaßnahmen oder Komplikationen (z. B. bei Achsfehlern, Beinlängendifferenzen oder Gelenkdestruktion) sollten (im Hinblick auf die Notwendigkeit chirurgischer Maßnahmen) Kinderorthopäden hinzugezogen werden. (wk) m Quelle: Symposium„Update Therapien JIA“, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
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ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
Neue Erkenntnisse aus 2019 im Überblick Im Falle der ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) standen einerseits neue Daten aus der Grundlagenforschung, welche die zukünftige Klassifikation von AAV beeinflussen dürften, sowie andererseits Ergebnisse aus den klinischen Studien PEXIVAS, SCOUT und MYCYC im Fokus des Interesses, berichtete Prof. Dr. Bernhard Hellmich, Tübingen.
Ergebnisse aus PEXIVAS, SCOUT und MYCYC Bei der Remissionsinduktion steht man bei AAV vor allem vor zwei Problemen, dem mit hohen Glukokortikoid (GK)-Dosen einhergehenden Infektionsrisiko, und der Gefahr früher Organschäden etwa bei einer rasch progredienten Glomerulonephritis (RPGN). In letzterem Fall, mit einem Serum-Kreatinin >5,7 mg/l als Cut-off-Wert, oder bei schwerer alveolärer Hämorrhagie, gibt es seitens der DGRh und EULAR in den Leitlinien eine in Ermangelung ausreichender Evidenz schwache Empfehlung für einen Plasmaaustausch. Letzteres dürfte sich durch die Ergebnisse der mit 702 AAVPatienten (GPA/MPA) großen PEXIVAS-Studie nun erledigt haben. Zusätzlich zu einer Standardinduktionstherapie mit Cyclophosphamid (CYC) oder Rituximab brachte eine Plasmapherese (7x binnen 14 Tagen) nach 6 Jahren keinen Vorteil beim primären kombinierten Endpunkt aus Tod und Nierenversagen (36 vs. 41 %; p=0,27). Positiv war aber, dass das zweite Studienziel erreicht wurde: Eine raschere Reduktion der GK-Dosis (auf 10 statt 20 mg in Woche 11) wirkte sich gegenüber der GK-Standardreduktion nicht negativ auf den primären Endpunkt in Jahr 6 aus (42 vs. 35 %), reduzierte aber das Infektionsrisiko. Auch ein noch rascheres Ausschleichen des GK (binnen 8 Wochen) erwies sich (mit Rituximab zur Induktion) in der SCOUT-Studie als praktikabel mit einer Remissionsrate von 70 % in Monat 6, was – bei allerdings weniger Nebenwirkungen – im indirekten Vergleich den Ergebnissen der RAVE-Studie entspricht. Jedoch kam es häufiger zu Rezidiven, bei Patienten mit schweren AAVManifestationen ist diese Strategie der raschen GK-Reduktion laut Hellmich daher nicht geeignet. Bei nicht akut organ- oder lebensbedrohlicher AAV spricht sich die deutsche Leitlinie für den Einsatz von Methotrexat (MTX;
0,3 mg/kg KG wöchentlich, max. 25 mg plus GK) anstelle von CYC oder Rituximab (RTX) in der Induktionstherapie aus, Mycophenolat Mofetil (MMF) wird nur in der Zweitlinie empfohlen. In der MYCYC-Studie wurden in dieser Situation nun bei 140 Patienten CYC (15 mg/kg alle 2-3 Wochen) und MMF (2-3 g/ Tag) in der Remissionsinduktion ( jeweils plus GK) verglichen, zur Remissionserhaltung wurde Azathioprin gegeben. Nach 6 Monaten zeigte sich MMF im primären Endpunkt Remission CYC nicht unterlegen (67 vs. 61 %) ohne Unterschiede bei der GK-Dosis oder in Subgruppen. Jedoch kam es in der Folge zu signifikant mehr Rezidiven unter MMF (36,5 vs. 20,0 %). Getrieben wurde dies jedoch alleine durch die PR3-ANCA-Patienten, bei solchen mit MPO-ANCA gab es diesbezüglich ebenso keinen Unterschied wie im Hinblick auf die Sicherheit, führte Hellmich weiter aus. Bei MPO-ANCA-Patienten könnte MMF somit eine zusätzliche Alternative darstellen.
Was es sonst noch Interessantes gab Wenig Neues gibt es zur Remissionserhaltung bei AAV: Hier wurde laut Hellmich in einer randomisierten, placebokontrollierten Studie mit 105 Patienten (GPA/MPA) untersucht, ob nach einer Induktion mit CYC oder Rituximab der BLyS-Inhibitor Belimumab (10 mg/kg i.v. in Woche 0, 2 und 4, dann alle 4 Wochen) als sich anschließende Anti-B-Zell-Therapie zusätzlich zu Azathioprin (2 mg/kg) und niedrig-dosierten GK das Rezidivrisiko zu senken vermag. Dies war gegenüber der Standardtherapie letztlich nicht der Fall (n=19 vs. 21), obwohl → 100 Tod/terminale Niereninsuffizienz (%)
Innerhalb der ANCA-Vaskulitiden gibt es bekanntlich genetische Unterschiede zwischen MPO- und PR3-AAV. Als erste wichtige Neuerung nannte Hellmich nun den Befund, dass es sich nach den Ergebnissen einer Genom-weiten Assoziationsstudie auch bei MPO-ANCA-positiver und ANCA-negativer Eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) um zwei genetisch und klinisch unterschiedliche Syndrome handelt. So ist etwa bei MPO-ANCA EGPA häufiger mit Glomerulonephritis und Polyneuropathien zu rechnen, auch künftige Therapieversuche sollten diese Differenzen im Blick haben.
kein Plasmaaustausch Plasmaaustausch Primärer Endpunkt: Plasmaaustausch 28 % vs. Kontrolle 31 %; Hazard ratio 0,86; p=0,27
80
60 41 %
40
36 % 20
0
0
365
730
1.095 Zeit (Tage)
1.460
1.825
Abb.: PEXIVAS-Studie: Kein langfristiger Vorteil einer zusätzlichen Plasmapherese
2.190
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sich als interessanter Nebenbefund herausstellte, dass es nach vorheriger RTX-Induktion zu keinem einzigen Vaskulitis-Rezidiv unter Belimumab kam. Abschließend berichtete Hellmich über den AAV-PRO. Dabei handelt es sich um das erste validierte Patient Reported Outcome (PRO)-Instrument speziell für AAVPatienten, in dem 29 Items aus den Domänen organspezifische Symptome, systemische Symptome, Nebenwirkungen der Therapie, soziale und emotionaler Einfluss, Zukunftsängste und körperliche Funktion erfasst werden.
Behçet-Syndrom und Polyarteriitis nodosa In der ersten von zwei Vaskulitis-Sitzungen wurde auch noch auf zwei seltene vaskulitische Krankheitsentitäten eingegangen. Zunächst äußerte sich Prof. Dr. Ina Kötter, Hamburg, zum Behçet-Syndrom, zu dem in 2018 neue EULAR-Empfehlungen veröffentlicht wurden, die einen näheren Blick lohnen. Jenseits der darin für die verschiedenen Manifestationen gelis-
teten Therapieoptionen könnten künftig – überwiegend auf Basis von Fallserien – IL-1- und IL-6-Inhibitoren eine größere Rolle spielen. Gleiches gilt im Falle des IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab bei oralen Ulzerationen. Bereits weiter ist hier der PDE-4-Inhibitor Apremilast, wo in Bälde mit der Publikation der Phase-III-Studie RELIEF und auch der Zulassung zur Therapie oraler Ulzera beim Behçet-Syndrom zu rechnen ist. Therapeutisch eher wenig Neues gibt es zur Polyarteriitis nodosa (PAN) zu berichten, über die Prof. Dr. Alfred Mahr, Paris (Frankreich), referierte. Die bei ähnlichen Indikationen wie AAV, RiesenzellArteriitis (RZA) und EGPA erfolgreich eingesetzten Biologika, also B-Zell depletierende Therapien (Rituximab), IL-6- (Tocilizumab) oder IL-5-Inhibitoren (Mepolizumab), wurden in Fallserien mit teils guten Ergebnissen erprobt – belastbare Daten aus klinischen Studien fehlen aber nach wie vor. m Quelle: Symposium „WIN Vaskulitiden“, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
RIESENZELL-ARTERIITIS
Neues zu Diagnostik und Therapie Den klaren Schwerpunkt der den Kongress beschließenden Plenarsitzung bildete die Riesenzell-Arteriitis (RZA), zu der erst kürzlich aktualisierte EULAR-Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie vorgelegt wurden. Um hohe Steroiddosen zu vermeiden und die Chancen für eine Remission zu erhöhen, wird hier vermehrt Wert auf Kombinationen mit Tocilizumab oder Methotrexat (MTX) gelegt. Gestreift wurde aber auch die Polymyalgia rheumatica (PMR).
Einleitend referierte Prof. Dr. Frank Buttgereit, Berlin, über die PMR, für die im vergangenen Jahr eine DGRh-Leitlinie vorgestellt wurde. Anhand eines Falls und Registerdaten machte er darauf aufmerksam, dass in sehr seltenen Fällen bei PMR weder CRP noch BSG erhöht sind – in der Regel sollte dann zunächst aber dennoch nach alternativen Diagnosen gefahndet werden. Ein zweiter Punkt: Atypische (aber auch typische) Symptome bzw. Verläufe können auch bei Tumorpatienten infolge einer Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren auftreten. PMR-artige Symptome sind aber – anders als Arthralgien – doch eher die Ausnahme und lassen sich wie die PMR selbst fast immer mit einer Glukokortikoid (GK)-Monotherapie beherrschen, nur vereinzelt wird zusätzlich ein csDMARD benötigt.
Update zu Diagnostik und Bildgebung Praktische Aspekte der Diagnostik erörterte im Anschluss PD Dr. Nils Venhoff, Freiburg. Bei klinischem Verdacht auf RZA ist aufgrund des drohenden Visusverlustes auf jeden Fall ein FastTrack-Verfahren in spezialisierten Kliniken sinnvoll, wobei die Einleitung der Therapie mit GK Vorrang vor der Diagnosesicherung mittels Bildgebung (Ultraschall, MRT oder PET-CT) und/ oder Temporalarterienbiopsie (TAB) haben sollte. Andererseits sollte man sich mit der Diagnosesicherung aber auch keine
Zeit lassen, da die Sensitivität der Bildgebung nur wenige Tage nach GK-Initiierung rasch abnimmt. Bei kranialer RZA ist – so auch der Tenor der EULAR-Leitlinie zur Bildgebung bei Großgefäßvaskulitiden – der farbkodierte Duplex-Ultraschall (FKDS) die Methode der ersten Wahl, als Alternative bietet sich bei inkonklusiver Befundkonstellation und Verfügbarkeit ein hochauflösendes MRT an, führte Venhoff weiter aus. Die CT-Angiografie und das PET-CT werden hier explizit nicht empfohlen. Im Hinblick auf die extrakranialen Arterien können je nach Verfügbarkeit, Erfahrung und der jeweiligen Expertise FKDS, PET, MRT und/oder CT-Angiografie eingesetzt werden, bei Aortitis ist der Ultraschall nur von limitiertem Wert. In vielen Fällen kann auf eine zusätzliche TAB, die in Abhängigkeit von der Präzision bei der Entnahme ihrerseits auch nicht immer konklusive Schlüsse erlaubt, verzichtet werden, so bei starkem klinischen V. a. RZA und positiver Bildgebung oder umgekehrt bei nur schwachem klinischem Verdacht und negativer Bildgebung.
Empfehlungen der EULAR-Leitlinie Während eine interdisziplinäre Leitlinie unter Federführung der DGRh derzeit in Arbeit ist und 2020 veröffentlicht werden soll,
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wurden kürzlich bereits die neuen Therapieempfehlungen der EULAR zur RZA und Takayasu-Arteriitis (TA) publiziert. Zur Remissionsinduktion bei aktiver RZA sollten sofort hochdosierte GK (40-60 mg/Tag) gegeben werden. Im Erfolgsfall wird ein Tapering auf 15-20 mg/Tag binnen 2-3 Monaten empfohlen und dann auf ≤5 mg/Tag (RZA) bzw. ≤10 mg/Tag (TA) nach einem Jahr. Begleitend sollten Tocilizumab oder Methotrexat (MTX) zumindest bei RZA-Patienten mit refraktärer Erkrankung oder wiederholten Rezidiven sowie Risiko für GK-Nebenwirkungen oder Komplikationen eingesetzt werden. Bei schweren Rezidiven wird die Wiederaufnahme oder Dosiseskalation des GK empfohlen, bei leichteren ein Anheben auf mindestens das Niveau der letzten effektiven Dosis. Die Einleitung oder Modifizierung einer Begleittherapie sollte insbesondere nach mehreren Krankheitsschüben erwogen werden. Insgesamt rückt damit die Kombination von GK mit Tocilizumab oder alternativ MTX, sowohl aus Gründen der Reduktion des Steroidbedarfs, aber auch zur Senkung des Rezidivrisikos und Steigerung der Wahrscheinlichkeit für ein komplettes Absetzen von GK immer stärker in den Vordergrund.
Aktuelle und potenzielle Therapieoptionen Die gegenwärtige Evidenz für solche Begleittherapien beleuchtete Prof. Dr. Peter M. Villiger, Bern (Schweiz). Zunächst befasste er sich mit den csDMARDs und hier dem in der EULAR-Leitlinie empfohlenen MTX. Für dieses ist die Datenlage durchaus besser, als sie allgemein wahrgenommen wird. So belegte eine Metaanalyse über drei kleinere Studien durchaus eine signifikante, klinisch relevante Reduktion des Rezidivrisikos mit niedrigerem GK-Bedarf und signifikant häufigerer Steroidfreiheit. Weniger Evidenz gibt es für Leflunomid, das aber in einer Pilotstudie oftmals ebenfalls eine recht gute Wirksamkeit offenbarte. In Bezug auf die bDMARDs spielen TNFα-Inhibitoren hier keine Rolle, während Abatacept in einer klinischen Studie durchaus zu überzeugen wusste. Die Pläne für eine PhaseIII-Studie wurden jedoch nach Bekanntwerden der positiven Daten der GiACTA-Studie ad acta gelegt, so Villiger. Für die Zukunft könnten neben dem offensichtlichen Sarilumab als weiterer IL-6-Inhbitor auch an IL-12/23 (Ustekinumab) oder IL-
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17 (Secukinumab) ansetzende Antikörper eine Option sein. Vor allem die JAK-Inhibition könnte demnächst eine Rolle spielen, nachdem zu Upadacitinib mit SELECT-GCA bereits eine große Phase-III-Studie bei RZA angelaufen ist. Die gegenwärtig beste Evidenz zur Senkung des Rezidivrisikos und Steroideinsparung um ca. 50 % liegt aus der bereits genannten Phase-III-Studie GiACTA vor, die zur Zulassung von Tocilizumab in dieser Indikation geführt hatte. Erfreuliches Resultat der 12-monatigen Therapie mit Tocilizumab war zudem, dass es in 50 % der Fälle zu einer anhaltenden, medikamentenfreien Remission führte – daran werden sich alle zukünftigen Medikamente messen lassen müssen, so Villiger. Zu beachten ist, dass Tocilizumab etwas profunder bei kranialer als bei PMR-assoziierter RZA zu wirken scheint. Kleine Nachteile sind jenseits der Maskierung des CRP-Werts und Fehlens von Biomarkern, die das Rezidivrisiko anzeigen, das erhöhte Risiko für Infektionen und Darmperforationen – beides insbesondere in einer Kombination mit GK. Daher stellt sich für die Zukunft die Frage, ob Tocilizumab respektive die IL-6-Inhibiton als solche Steroide nicht ganz ersetzen kann.
Ein Ausblick in die Zukunft? Genau dies wird derzeit von Villiger und Kollegen in der Pilotstudie GUSTO untersucht. In dieser erhalten 18 RZA-Patienten mit Diagnosestellung vor <4 Wochen, einem CRP-Wert >25 mg/l und vorheriger GK-Exposition (max. 60 mg/Tag) für maximal 10 Tage nur an Tag 0, 1 und 2 je 500 mg i.v. Methylprednisolon, danach wird die Steroidtherapie sofort gestoppt. An Tag 3 kommt i.v. Tocilizumab 8 mg/kg KG zum Einsatz, ab dem 10. Tag das in GiACTA erfolgreich erprobte Therapieregime mit wöchentlich s.c. 162 mg. Die Ergebnisse werden zwar noch etwas auf sich warten lassen, die in Dresden vorgestellte Interimsanalyse sowie die von Villiger geschilderten persönlichen Erfahrungen mit diesem neuen Therapieansatz klingen jedoch durchaus vielversprechend. m Quelle: Plenarsitzung „Riesenzellarteriitis und PMR“, DGRh-Kongress, Dresden, 7. September 2019
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DGRH-KONGRESS 2019 – Dresden
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KOLLAGENOSEN
Update zu Fortschritten der Therapie Praxisrelevante Aspekte zur Behandlung von Kollagenosen, von der Dermato- und Polymyositis (DM/PM), über das primäre Sjögren-Syndrom (pSS), die systemische Sklerose (SSc) mit einem besonderen Fokus auf die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) bis hin zum systemischen Lupus erythematodes (SLE), standen im Fokus einer weiteren WIN-Session.
Myositis: Neues zu Biologika, JAKs und CB2R-Agonisten Für die Bewertung der Wirksamkeit können die IMACS-Kriterien (Definition of Improvement, DOI) oder ACR/EULAR-Ansprechkriterien herangezogen werden. Glukokortikoide (GK) bleiben unverändert die erste Option, gestartet wird in der Regel mit 0,5-1 mg/kg/Tag Prednison oder in schweren Fällen mit einer i.v.-Methylprednisolon-Pulstherapie, alternativ sind auch Dexamethason-Pulse möglich. Besonders bei einer Organbeteiligung ist eine frühe Kombination mit GK-sparenden Immunsuppressiva ratsam. Bei generell schwacher Evidenz aus randomisierten Studien gibt es noch die besten Daten für Cyclophosphamid (CYC) und Methotrexat (MTX), weitere Optionen sind ferner Azathioprin, Mycophenolat Mofetil (MMF), Ciclosporin und Tacrolimus. Bei fehlendem Ansprechen können intravenöse Immunglobuline (IVIG) erwogen werden – doch auch hier sind die Resultate eher gemischt. Eine Option sind auch Biologika: So scheint bei refraktärer, adulter PM/DM Rituximab trotz der insgesamt neutral verlaufenen, kontrollierten RIM-Studie bei Antikörper (Mi-2, Jo-1)-positiven-Patienten effektiv zu sein. Positive Ergebnisse zeigte gerade bei frühem Einsatz bei refraktärer, adulter PM/DM die Phase-II-Studie ARTEMIS zu Abatacept, das derzeit in einer größeren PhaseIII-Studie geprüft wird, erläuterte Vencovský. Sehr vielversprechende Daten lieferte zuletzt mit Tofacitinib ein JAK-Inhibitor bei refraktärer DM, auch und gerade bei amyopathischer DM mit assoziierter ILD. So gelang hier in einer Studie gegenüber historischen Kontrollen der Nachweis einer signifikanten Reduktion der Mortalität (Abb. 1). Große Hoffnungen ruhen zudem nach positiven Phase-II-Ergebnissen auf den CB2-Rezeptoragonisten Anabasum und vor allem Lenabasum. Zu letzterem läuft aktuell eine große Phase-III-Studie zu DM-Patienten.
Therapieempfehlungen zum SLE, die verstärkt das Treat-totarget-Prinzip mit dem Ziel einer Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität mit Prävention von Schüben in allen Organen bei möglichst geringer GK-Dosis hervorheben. Als Zielkriterium gewinnt dabei neben der im DORIS-Projekt definierten Remission vermehrt der in der Praxis realistischere Lupus Low Disease Acitivity State (LLDAS) an Bedeutung. In der Leitlinie empfohlen wird Hydroxychloroquin (HCQ) in einer Dosis von <5 mg/kg tatsächlichem Körpergewicht bei allen Patienten mit einem bei fehlenden Risikofaktoren für Augentoxizität bei Therapiestart ab dem 5. Jahr jährlichen ophthalmologischen Screening. Neu ist auch die Empfehlung für Belimumab bei unzureichendem Ansprechen auf Standardtherapien (HCQ, GK) – der vorherige Einsatz von Immunsuppressiva wie MTX oder Azathioprin wird hierbei nicht vorausgesetzt. Zweites Highlight sind die neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien. Die wichtigsten Neuerungen sind ein ANA-Titer ≥1:80 als Eingangskriterium, der zusammen mit dem Erreichen von 10 Punkten aus 7 klinischen und 3 immunologischen Domänen eine Klassifikation als SLE erlaubt. Sowohl im Hinblick auf die Sensitivität als auch Spezifität zeigen sich laut Alexander deutliche Vorteile gegenüber den ACR- und SLICC-Kriterien. In Sachen Therapie stützen neue Daten den Stellenwert des BLyS-Inhibitors Belimumab: Für diesen wurde gegenüber einer kanadischen Kohorte mit alleiniger Standardtherapie ein über 8 Jahre hinweg niedrigeres Risiko für Organschäden (Dama-
100
Zum SLE konnte Dr. Tobias Alexander, Berlin, viele Neuigkeiten vermelden. Dazu gehören selbstredend die neuen EULAR-
p=0,04
80 Historische Kontrollen n=32
70
60
0
SLE: Neue Klassifikationskriterien und EULAR-Leitlinie
Tofacitinib n=18
90 Überleben (%)
Über die gegenwärtigen und potenziell neuen Therapieoptionen für Myositiden berichtete Prof. Dr. Jiři Vencovský, Prag (Tschechien). Viele Fragen sind hier noch offen, zumal angesichts der großen Heterogenität der Myositis zu klären ist, inwieweit die jeweils im Vordergrund stehenden Autoantikörper Einfluss auf die Behandlungsstrategie haben sollten.
1
2
3
4
5
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Zeit (Monate)
Abb. 1: Tofacitinib reduziert Mortalität bei Patienten mit amyopathischer DM-assoziierter ILD (N Engl J Med 2019; 381(3): 291293)
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ge) nachgewiesen mit einer 61 % geringeren jährlichen Wahrscheinlichkeit eines Anstiegs im SDI-Score (Abb. 2). Nach der Vielzahl gescheiterter Phase-III-Studien in den letzten Jahren überraschte kurz vor dem Start des DGRh-Kongresses, dass der Anti-Interferon (IFN)-α-Antikörper Anifrolumab (300 mg alle 4 Wochen s.c.) in der TULIP-2-Studie den primären Endpunkt, ein BICLA-Ansprechen in Woche 52, signifikant erreicht hat. Gut ein Jahr zuvor war das Scheitern der ersten Phase-IIIStudie TULIP-1, hier mit dem SRI-4 in Woche 52 als primärem Endpunkt, gemeldet worden. Wie die Zulassungsbehörden mit den je nach Endpunkt diskrepanten Ergebnissen umgehen werden, bleibt abzuwarten, zumal aus beiden Studien noch keine detaillierten Daten bekannt sind. Abzuwarten bleiben auch die zukünftigen Daten weiterer Phase-III-Studien. Dies sind die bereits abgeschlossene AURORAStudie zu dem Calcineurin-Inhibitor Voclosporin bei Lupus nephritis – erste Ergebnisse dürften auf dem ACR-Kongress vorgestellt werden, sowie die jeweils noch laufenden Studien BRAVE zum JAK-1/2-Inhibitor Baricitinib, LOTUS zum IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab und BLISS-BELIEVE zu einer sequenziellen Kombination aus Rituximab und Belimumab. Vielversprechend für die Zukunft sind laut Alexander BTK- und ICOS-L-Inhibitoren, niedrig dosiertes IL-2 sowie neue AntiCD-19 und -20-Antikörper.
pSS: Aktuelle Erkenntnisse aus Studien Im Anschluss berichtete Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, über neue Erkenntnisse zum pSS. Keinerlei Novitäten gibt es im Hinblick auf die Sicca-Symptomatik, wo nach wie vor Pilocarpin Therapie der ersten Wahl ist, belastbare Daten aus klinischen Studien gibt es ansonsten nur zu Kortison- und CiclosporinAugentropfen. Auch wenn die Studienlage zu HCQ uneinheitlich ist, hält Witte das Antimalariamittel durchaus für eine gute Option, solange die Speichdrüsenfunktion noch erhalten ist. Auch das Sjögren-Syndrom zeichnet sich durch eine große
Heterogenität aus, neue Anhaltspunkte für spezielle Cluster und damit Therapien dürfte künftig das große PRECISEADSProjekt liefern. Auf dem EULAR-Kongress wurde ein erster Ausblick auf die neuen europäischen Empfehlungen zum pSS gewährt, die aber noch nicht veröffentlicht sind. Als Parameter der Krankheitsaktivität aus Arzt- und Patientensicht werden der ESSDAI- und ESSPRI-Score bestätigt. Im Falle systemischer, organspezifischer Symptome wird der sequenzielle oder kombinierte Einsatz von GK, csDMARDs und/oder bDMARDs empfohlen. Zu berücksichtigen ist dabei auch die Rolle von SSA (Ro60)-Antikörpern, die durch eine Therapie mit RNAse abgebaut werden können: So führte in einer klinischen Phase-II-Studie zum pSS die RNAse RSLV32 bei SSA+-Patienten und IFN-Signatur zu einer drastischen Reduktion von Fatigue. In puncto bDMARDs gibt es eine Reihe von Enttäuschungen zu verzeichnen. So wurde in einer auf dem EULAR-Kongress in Madrid präsentierten Phase-III-Studie zu Abatacept der Nachweis einer Reduktion von ESSDAI und ESSPRI klar verpasst. Ebenso wenig von Erfolg gekrönt war eine aktuell publizierte Studie zu dem BAFF-Rezeptor-Inhibitor Ianalumab – auch hier war laut Witte keine Verbesserung im ESSDAI- oder ESSPRI-Score erkennbar. Die Zukunft scheint auch hier in der Kombination verschiedener Wirkmechanismen zu liegen. So wies eine randomisierte, placebokontrollierte Studie zur Kombination aus Leflunomid und HCQ eine signifikante Verbesserung von ESSDAI (Abb. 3) und Speichelfluss, aber auch ESSPRI mit den Domänen Schmerz und Fatigue sowie im globalen Arzt- bzw. Patientenurteil nach.
SSc: Nintedanib vor Zulassung bei Patienten mit ILD Bei SSc-Patienten kommt es auf eine frühe Überweisung, Diagnostik und Behandlung an, betonte Prof. Dr. Gabriele Riemekasten, Lübeck, unter Verweis auf Daten des EUSTARRegisters. Frühe und intensive Therapien unter Verwendung →
15
Belimumab KM
80
SoC KM
60
SoC exponentiell Hazard ratio = 0,091
40
20
0
p<0,001
Baseline Woche 24
12 Belimumab exponentiell Hazard ratio = 0,036
Hazard ratio = 0,391 (95% CI 0,253-0,605); p<0,0001 KM = Kaplan-Meier 1
2
3
4
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6
7
ESSDAI-Score
Patienten ohne Organschaden (%)
100
57
9
6
3
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0
Leflunomid + HCQ
Placebo
Jahre seit Baseline
Abb. 2: Signifikante Verlängerung der Zeit bis zur Progression von Organschäden bei SLE-Patienten durch eine Add-on-Therapie mit Belimumab (Ann Rheum Dis 2019; 78(3): 372-379)
Abb. 3: Signifikante Reduktion der Krankheitsaktivität (ESSDAIScore) von pSS-Patienten durch Leflunomid + HCQ-Kombination (Arthritis Rheumatol 2018; 70(Suppl 10): L10)
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von Kombinationen sind nach ihren Worten der Schlüssel, um Spätschäden zu vermeiden. Immunsuppressive Therapien sind nicht immer erforderlich, Voraussetzungen für deren Einsatz sind ein progressives, entzündliches Krankheitsbild mit z. B. Arthritis, Myositis oder inflammatorischer Fibrose. Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen, steht mit der autologen Stammzelltransplantation (ASCT) eine erfolgversprechende letzte Option zur Verfügung, die gegenüber CYC langfristig Vorteile aufweist, aber auch mit vielen Komplikationen verbunden ist und daher nur für sorgfältig ausgewählte Patienten in Frage kommt. In Bezug auf CYC selbst bleibt das Problem, dass das Ansprechen darauf nicht vorhersehbar ist. Bei SSc-ILD zeigte eine aktuell auf dem EULAR vorgestellte offene Studie zum Vergleich von CYC und Rituximab (RTX) eine vergleichbare Wirksamkeit mit besseren Effekten von RTX auf die kardiale Funktion und von CYC auf die ILD. In einer allerdings kleinen Studie war bei refraktärer SSc eine gute Effektivität der Kombination aus RTX und MMF erkennbar, führte Riemekasten weiter aus. Eine formal negative Phase-III-Studie wurde – wieder auf dem EULAR-Kongress – zu Abatacept bei
Adjustierte FVC-Reduktion (ml/Jahr)
0
Mit MMF n=138
Ohne MMF
n=140
n=149
-66,5
-63,9
n=148
-20 -40
-40,2
-60 -80 -100 -120
Nintedanib Placebo
-119,3
Abb.: Geringerer Verlust der Lungenfunktion (FVC) nach 52 Wochen bei SSc-ILD-Patienten unter Nintedanib in Kombination mit MMF (N Engl J Med 2019; 380(26): 2518-2528)
früher diffuser SSc vorgestellt, jedoch gab es Hinweise auf eine gewisse Effektivität vor allem bei Patienten mit entzündlicher Gensignatur. Eine formal negative Phase-III-Studie gibt es auch zum IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab zu vermelden. Der primäre Endpunkt einer Verbesserung der Hautfibrose im mRSS wurde wie in Phase-II verpasst, jedoch zeigte sich ein vollständiger Erhalt der Lungenfunktion mit signifikanten Vorteilen versus Placebo in der ΔFVC in Woche 40. Besonders ausgeprägt war diese Differenz bei Patienten mit SSc-ILD. Eine weitere Studie mit der Lungenfunktion als primärem Endpunkt bei SSc-ILD-Patienten wäre sicher wünschenswert. Das große Highlight in puncto SSc-ILD war derweil die Phase-III-Studie SENSCIS mit 566 SSc-ILD-Patienten: Hierin bewirkte der antifibrotisch wirksame, bei idiopathischer Lungenfibrose seit Jahren mit Erfolg eingesetzte Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib versus Placebo nach 52 Wochen eine signifikante Reduktion der Abnahme der Lungenfunktion (ΔFVC -41 ml/Jahr). Die höchste Wirksamkeit wurde in Kombination mit dem bei knapp 50 % der Teilnehmer gegebenen MMF erreicht, bei dann allerdings geringerer Therapiedifferenz versus Placebo (Abb. 4). Von einer Zulassung bei SSc-ILD ist auszugehen, in den USA ist diese bereits erfolgt. Von Interesse war zudem die Phase-II-Studie RISE bei Patienten mit früher diffuser SSc zu Riociguat: Eine Post-hoc-Analyse ergab, dass der sGC-Stimulator die Entwicklung digitaler Ulzera (DU) und bei SSc-ILD deren Progress verringerte, jedoch keinen Effekt auf die Abheilung von DU zeigte. Eine gute Wirksamkeit auf die DU-Heilung konnte hingegen mit einer Transplantation von Fettstammzellen über eine Injektion von 0,5-1 ml der mittleren Fraktion des Stammzellen enthaltenden adipösen Gewebes erreicht werden, zugleich kam es zu einer Verbesserung von Schmerzen und Kapillardichte der betroffenen Fingerkuppen. Ein letzter Punkt: Bei SSc-assoziierten GIBeschwerden sollten PPI aufgrund des Risikos für Kalzinosen nicht standardmäßig eingesetzt werden, so abschließend Riemekasten. m Quelle: WIN-Session „Therapiefortschritte bei Kollagenosen“, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
RheumaPreis 2019 verliehen Am 6. September 2019 ehrte die Initiative RheumaPreis – dieses Jahr unter dem Motto „AufRheumen im Beruf“ – im Rahmen des DGRh-Kongresses in Dresden erneut drei Arbeitnehmerinnen, Petra Ammann, Carolin Tödtmann und Jana Schmalisch, sowie ihre Arbeitgeber mit dem RheumaPreis 2019. Bereits zum elften Mal werden damit herausragende Lösungen gewürdigt, die es Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ermöglichen, weiter am Berufsleben teilzuhaben. Der unter anderem von DGRh und BDRh getragene, mit jeweils 3.000 Euro dotierte RheumaPreis wird von AbbVie, Lilly und Novartis unterstützt. m
Bild: v. li.: Jana Schmalisch, Petra Amman, Carolin Tödtmann
INDUSTRIE-BERICHT
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ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Nintedanib überzeugt in nächster Phase-III-Studie Positive Daten der Phase-III-Studie INBUILD® lassen auf eine neue Perspektive für Patienten mit progredient fibrosierenden interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) im Rahmen entzündlich-rheumatischer Krankheiten hoffen: Der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib konnte den primären Endpunkt, die jährliche Abnahme der Lungenfunktion (ΔFVC) nach 52 Wochen signifikant um 57 % verringern. Die Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht sowie auf dem ERS-Kongress 2019 vorgestellt und bilden die Grundlage für Zulassungsanträge bei der FDA und EMA.
Abgesehen von der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) und nach der USZulassung von Nintedanib in den USA der Systemische Sklerose-assoziierten ILD (SSc-ILD) sind derzeit keine Therapien zur Behandlung von progredient fibrosierenden ILDs zugelassen, so Prof. Kevin Flaherty, Ann Arbor (USA), Leiter der INBUILD-Studie: „Die Ergebnisse von INBUILD zeigen zum ersten Mal, dass Nintedanib den Verlust der Lungenfunktion bei Patienten mit verschiedenen fibrosierenden Lungenerkrankungen bremsen kann, was dessen Vorteile bei Patienten mit progredientem Phänotyp bei einem breiten Spektrum von ILDs bestärkt.“ In der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten INBUILD-
Studie wurden 663 Patienten mit einem breiten Spektrum progredient fibrosierender ILDs eingeschlossen, mit Ausnahme der IPF, für die Nintedanib bereits seit 2015 zugelassen ist. Das Spektrum der Grunderkrankungen umfasste u. a. systemische Autoimmunerkrankungen wie z. B. mit rheumatoider Arthritis assoziierte ILD (RA-ILD), die SSc-ILD – hier war in der SENCIS-Studie die Effektivität von Nintedanib nachgewiesen worden, und mit Kollagenosen assoziierte ILDs. Nintedanib (2x 150 mg/Tag) verlangsamte signifikant die ILD-Progression: So betrug die adjustierte jährliche Abnahme der FVC über 52 Wochen -80,8 ml/Jahr vs. -187,8 ml/Jahr für Placebo (Δ107,0 ml/
Jahr; p<0,001). Nintedanib wirkte konsistent sowohl bei Patienten mit UIP-Muster als auch bei Patienten mit anderen fibrotischen Mustern. Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil entsprach jenem in den klinischen Studien bei IPF- und SSc-ILD. Als Konsequenz aus der INBUILD-Studie könnten sich somit auch jenseits der SSc neue Möglichkeiten bei mit rheumatischen Erkrankungen assoziierten fibrosierenden ILDs eröffnen. m
Quelle: Pressemitteilung Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, 30. September 2019
Neu: MTX-Injektion mit mehr Komfort und mehr Sicherheit Die neu eingeführte NORDiMET®-Fertigspritze von Nordic Pharma mit einem automatischen Nadeleinzug erleichtert die subkutane Methotrexat (MTX)-Injektion und steht in den Dosierungen 7,5 mg, 10 mg, 12,5 mg, 15 mg, 17,5 mg, 20 mg, 22,5 mg und 25 mg jeweils in Packungsgrößen von 1, 4 oder 12 Fertigspritzen für ein individuelles Therapiekonzept zur Verfügung.
MTX hat einen hohen Stellenwert im Therapiemanagement der aktiven rheumatoiden Arthritis (RA), sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit cs- oder bDMARDs. Mehrere Studien zeigen hierbei therapierelevante Vorteile der subkutanen gegenüber der oralen MTX-Gabe hinsichtlich der Wirksamkeit und Verträglichkeit. Nordic Pharma hat in Zusammenarbeit mit führenden Experten neue Devices entwickelt, um die subkutane MTX-Injektion für Patienten und Pflegepersonal zu erleichtern und noch sicherer zu machen. Die NORDiMET®-Fertigspritze zeichnet sich durch ein ergonomisches Design
mit einer breiten Fingerauflage und einen automatischen Nadeleinzug nach vollständiger Injektion aus. Die extra feine 29 G-Nadel in der Fertigspritze bietet aufgrund einer besonders dünnen Wandstärke eine unveränderte Durchflussrate und durch den 5-Facetten-Schliff einen geringeren Penetrationswiderstand im Vergleich zu einer herkömmlichen 27 G-Nadel mit 3-Facetten-Schliff. Eine kontrollierte Studie zeigte ein um 40 % reduziertes Schmerzempfinden bei der Injektion mit dieser Technologie gegenüber einer 27 G-Nadel mit 3-Facettenschliff. Die Fertigspritze verfügt über ein Schutzsystem, das nach vollständiger Injektion die Nadel automatisch in den
Spritzenkörper einzieht, sodass Stichverletzungen nach der Injektion sicher vermieden werden. NORDiMET® ist indiziert zur Behandlung einer aktiven RA bei Erwachsenen, polyarthritischen Formen einer schweren, aktiven juvenilen idiopathischen Arthritis, einer schweren therapieresistenten, beeinträchtigenden Psoriasis vulgaris und schwerer Psoriasis-Arthritis bei Erwachsenen. Die NORDiMET-Injektion erfolgt einmal pro Woche. m
Quelle: Pressemitteilung Nordic Pharma GmbH, 1. Oktober 2019
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INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
AKTIVE PSORIASIS-ARTHRITIS
Ustekinumab lang anhaltend effektiv in der täglichen Praxis Die 3. Interimsanalyse der prospektiven, nicht-interventionellen, multizentrischen SUSTAIN-Studie hat gezeigt, dass unter dem Interleukin (IL)-12/23-Inhibitor Ustekinumab die Zahl geschwollener und druckschmerzhafter Gelenke bei Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) über den Beobachtungszeitraum bis Woche 112 verglichen mit Baseline langanhaltend abnahm. Bei guter Verträglichkeit profitierten sowohl Biologika-naive als auch mit einem TNF-Inhibitor vorbehandelte Patienten. (1)
IL-23 spielt eine zentrale Rolle in der Pathophysiologie der PsA. Eine zielgerichtete Hemmung der proinflammatorischen Aktivität von IL-23 mit dem rein humanen, monoklonalen Antikörper Ustekinumab (Stelara®) hat sich in der rheumatologischen Praxis als effektiv erwiesen. Aktuelle 112-Wochen-Daten der laufenden nicht-interventionellen Studie SUSTAIN*, welche die Langzeitwirksamkeit und -sicherheit, Lebensqualität und andere Patient Reported Outcomes (PROs) von Patienten mit aktiver PsA unter Routinebehandlung mit Ustekinumab untersucht, wurden kürzlich auf dem DGRh-Kongress vorgestellt.
Deutliche Linderung der Gelenksymptomatik In die SUSTAIN-Studie wurden 336 PsA-Patienten eingeschlossen. Die Behandlung mit Ustekinumab führte im Zeitraum von 112 Wochen zu einer sehr deutlichen Abnahme der mittleren Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke: So reduzierte sich die Anzahl der druckschmerzhaften Gelenke im Median von 10,0 zur Baseline (95 %-Konfidenzintervall [KI]: 8,6-11,3) auf 1,8 zu Woche 112 (95 %-KI: 1,1-2,5; n=108). Die mitt-
Mittlere Anzahl betroffener Gelenke
10
10
Anzahl druckschmerzhafter Gelenke
8
Anzahl geschwollener Gelenke
6
4
4,1
1,8
2
0,7 0
(n=336) Baseline
(n=108) Woche 112
Abb. 1: Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke zwischen Baseline und Woche 112 in der SUSTAIN-Studie bei Patienten mit aktiver PsA unter Ustekinumab (erstellt nach 2)
lere Anzahl geschwollener Gelenke nahm von 4,1 zur Baseline (95 %-KI: 3,4-4,9) auf 0,7 zu Woche 112 (95 %-KI: 0,3-1,0; n=108) ab (Abb. 1). (1, 2) Dabei war sowohl bei Biologika-naiven als auch bei Biologika-vorbehandelten Teilnehmern bis Woche 112 eine deutliche Abnahme der mittleren Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke zu beobachten. Die Ansprechrate unter Ustekinumab war über alle Subgruppen hinweg zu Woche 112 vergleichbar gut. (1, 2) Bereits zu Woche 76 deutete eine Subgruppenanalyse eine ähnliche Effektivität auch bei bereits mit einem TNF-Inhibitor vorbehandelten Patienten an, mit einer Reduktion druckschmerzhafter bzw. geschwollener Gelenke von 13,2 auf 3,4 (n=81) bzw. von 4,6 zur Baseline auf 1,0 (n=79) in Woche 76. (3)† Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass nach einer Anti-TNF-Vortherapie ein Wechsel auf die IL-12/23-Inhibition zielführend sein könnte. (1, 3)
Gute Wirksamkeit und Verträglichkeit Die Verträglichkeit von Ustekinumab bewerteten zu Woche 112 100 % der Ärzte und Patienten als „gut“ oder „sehr gut“. (1) Befragt nach dem subjektiven Empfinden der Wirksamkeit, bewerteten 89,9 % der Patienten zu Woche 112 die UstekinumabTherapie als „sehr gut“ oder „gut“. Zu diesem Urteil kamen mit 91,1 % auch ungefähr ebenso viele der behandelnden Ärzte. (2)‡ Unerwünschte Ereignisse (UE) respektive schwerwiegende UE, die auf Ustekinumab zurückzuführen waren, wurden bei 56 % (n=188) bzw. 3,3 % (n=11) der Studienteilnehmer verzeichnet. Nur 3,9 % (n=13) aller Patienten haben die Behandlung aufgrund eines UEs abgebrochen. (1) Im gleichen Zeitintervall verbesserte sich das subjektive Schmerzempfinden laut visueller Analogskala (VAS 0-100) im Mittel von 56,0 auf 34,3 Punkte. (2) Ein früher Einsatz scheint sinnvoll: Von den 96 Studienteilnehmern, die zu Woche 112 noch eingeschlossen waren, hatte knapp ein Drittel eine minimale Krankheitsaktivität (Minimal Disease Activity, MDA) bereits zu Woche 28 erreicht. (2) m Report mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH
* Sustainability of effectiveness, safety and patient reported outcomes for UStekinumab in the Treatment of Active psoriatic arthritis IN a real-life Cohort | † Untersucht wurde die Wirkstoffklasse der TNF-Inhibitoren. Aussagen zur Wirksamkeit von Ustekinumab gegenüber einzelnen Vertretern dieser Wirkstoffklasse lassen sich daraus nicht ableiten. | ‡ Die Beurteilung der Wirksamkeit von Ustekinumab wurde bei den behandelnden Ärzten mittels des Physician‘s Global Assessment (PGA) Fragebogen und bei den Patienten mittels des Patient‘s Global Assessment (PGA) Fragebogen erhoben. Literatur: 1 Wendler J, et al., DGRh 2019, Poster VS.03 | 2 Wendler J et al., EULAR 2019; Abstr. #AB0786 | 3 Wendler J et al., DGRh 2018; Poster #SpA.45
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Umfassende Therapie mit Baricitinib Der JAK-1/2-Inhibitor Baricitinib überzeugt bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) mit starker Wirksamkeit und guter Verträglichkeit auch im Langzeitverlauf. Dabei werden auch weniger sichtbare, für Patienten aber sehr belastende Symptome wie Schmerzen, Fatigue und eingeschränkte körperliche Funktionsfähigkeit adressiert.
Mit klinischen Scores, Laborwerten und Bildgebung lässt sich die RA objektiv bewerten und der Therapieerfolg messen. Doch für Patienten zählen vor allem subjektive Symptome wie Schmerz, Fatigue und Bewegungseinschränkungen, die den Alltag bestimmen und die Lebensqualität beeinträchtigen, so Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster. Neue Posthoc-Daten aus der RA-BEAM-Studie belegten eine starke Wirkung von Baricitinib (Olumiant®) auf den Schmerz: Bereits in der 4. Woche wiesen 48 % der Patienten unter Baricitinib eine 50 %ige Schmerzreduktion auf (versus Adalimumab: 37 %; p ≤0,001). Im Gegensatz zu Adalimumab konnten Patienten mit Baricitinib von einer starken Schmerzreduktion profitieren, die von der verblei-
benden Entzündungsaktivität unabhängig war. Eine weitere Post-hoc-Analyse zu RA-BEAM zeigte, dass Baricitinib bei gleichzeitiger bedeutsamer Schmerzreduktion (gezeigt für VAS >20 und >40) zu statistisch signifikant weniger Fatigue (FACIT-F), besserer körperlicher Funktionsfähigkeit (HAQ-DI) und höherer allgemeiner Lebensqualität (SF-36) führte. Aus ärztlicher Sicht wichtig ist, dass Baricitinib in der RA-BEAM-Studie beim ACR20-Ansprechen und der mittleren Reduktion des DAS28-CRP eine Überlegenheit gegenüber Adalimumab in Woche 12 (beide in Kombination mit MTX) bewies. Kürzlich vorgestellte Daten einer integrierten Sicherheitsanalyse belegen die gute Verträglichkeit von Baricitinib
über bis zu sieben Jahre. Für einen Therapieerfolg, mit dem Arzt und Patient zufrieden sind, sollten beide Perspektiven berücksichtigt werden, betonte Gaubitz. Ins Kalkül zu ziehen sei ferner die Therapieadhärenz, wo JAK-Inhibitoren wie Baricitinib nach csDMARD-Versagen in der Therapieeskalation den Vorteil einer oralen Einnahme und somit guten Alternative zu den s.c. oder i.v. verabreichten bDMARDs bieten. Mit Baricitinib profitieren Patienten von einer flexiblen, einmal täglichen Verabreichung, die besonders einfach in den Alltag integriert werden kann, resümierte Gaubitz. m Quelle: Pressegespräch Lilly Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
OSTEOPOROSE
Erstes Teriparatid-Biosimilar verfügbar Mit Terrosa® steht ab sofort Osteoporose-Patienten mit hohem Frakturrisiko der osteoanabole Wirkstoff Teriparatid erstmals als Biosimilar zur Verfügung. Für das in Deutschland vom Unternehmen Gedeon Richter biotechnologisch hergestellte ParathormonFragment (PTH 1-34) wurde in Studien eine Vergleichbarkeit mit dem Referenzprodukt nachgewiesen.
Das Teriparatid-Biosimilar besitzt eine vergleichbare Qualität, Wirksamkeit, und Sicherheit wie das Referenzprodukt Forsteo®. Die Bioäquivalenz von Terrosa® wurde in einer randomisierten, doppelblinden Crossover-Studie an 54 gesunden Frauen nachgewiesen. Das pharmakodynamische und -kinetische Profil nach einmaliger s.c.-Injektion von 80 μl Terrosa® (=20 μg Teriparatid) war vergleichbar mit dem Referenzprodukt. Die vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit sowie das vergleichbare Immunogenitätsprofil zum Referenzprodukt unterstreichen die Ergebnisse einer Phase-III Studie mit Terrosa® an 250 japani-
schen postmenopausalen Frauen und Männern mit hohem Frakturrisiko. Terrosa® ist als wiederverwendbarer Injektions-Pen verfügbar und wird einmal täglich vom Patienten selbst injiziert. Ein hör- und fühlbares Klicken während der Injektionsvorbereitung und Abgabe der Injektionslösung vermeidet Anwendungsfehler. Eine Überdosierung wird mechanisch verhindert. Der Pen ist nach Gebrauch im Kühlschrank bei 2-8° Celsius aufzubewahren. Nach 28 Anwendungen wird mit einer Drehung der Verschluss des Pens entkoppelt und die Patrone kann gewechselt werden. Mit der Einfüh-
rung von Terrosa® startet Gedeon Richter sein OsteoCare-Programm, das Patienten während der 24-monatigen Therapie z. B. durch eine qualifizierte Schulung, einen Direktliefersevice und die Infoseite www. osteocare.de unterstützt und dadurch auch das Praxisteam entlastet. Terrosa® kann als Starter-Pack (1 Pen/1 Patrone – 502,80 Euro, PZN 15562175), als N1 (1 Patrone – 490,19 Euro, PZN 15562146) sowie als N3 (3 Patronen – 1.448,50 Euro, PZN 15562152) verordnet werden – die Kostenersparnis beträgt 20-25 %. m Quelle: Pressemitteilung Gedeon Richter Pharma GmbH, 22. August 2019
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
INDUSTRIE-BERICHT
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Remission: Therapieziel zwischen Anspruch und Wirklichkeit Die weiterentwickelten Therapiestrategien der letzten Jahrzehnte haben die Behandlungsziele bei rheumatoider Arthritis verändert. Dauerhafte Remission gilt heute als oberstes Therapieziel und lässt sich mit dem Konzept Treat-to-Target (T2T) erreichen. Auch in der aktuellen S2e-Leitlinie zur Therapie der rheumatoiden Arthritis ist Remission als primäres Therapieziel formuliert. (1)
Im Praxisalltag wird die Chance auf frühzeitige Remission allerdings noch zu häufig verpasst. So liegt laut RABBIT-Register die mittlere Erkrankungsdauer bis zum Einsatz von Biologika bei sieben bis acht Jahren. (2) Die Rheumatologen Dr. Florian Schuch, Erlangen, und Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster, suchen nach möglichen Gründen für die vergebenen Chancen. In einer Pro- und Kontra-Diskussion beleuchten sie das Therapieziel Remission aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigen auf, welche möglichen Herausforderungen sich in der Praxis stellen.
Pro: Nicht mit weniger als Remission zufriedengeben Dr. Florian Schuch: In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Therapieziele für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen revolutioniert worden. Remission, also die völlige Entzündungsfreiheit, ist heute realistisch und sollte das Ziel für jeden Patienten mit rheumatoider Arthritis sein.
geben. Selbst wenn es Patienten gibt, die dies nicht erreichen, sollten wir immer versuchen, das Optimum anzustreben.
Wir können einem Menschen mit der Erstdiagnose „rheumatoide Arthritis“ heute schon am Anfang seiner Reise mit der chronischen Erkrankung positive Perspektiven geben: Schmerzfreiheit, Erhalt der Gelenkfunktion und Verhindern von Komorbiditäten sind realistisch. Deshalb sollten wir uns nicht mit weniger als Remission als primärem Therapieziel zufrieden-
Um das Therapieziel Remission früh zu erreichen gilt es, die Krankheitsaktivität bei aktiver Erkrankung engmaschig zu kontrollieren, die diagnostischen Möglichkeiten auszuschöpfen und die Scores, z. B. den DAS28, CDAI, SDAI (Abb.) anzuwenden. Und dann in Abstimmung mit dem Patienten, Konsequenzen zu ziehen, z. B. durch rasche und intensivere Anpassung der
Dr. med Florian Schuch, Rheumatologische Schwerpunktpraxis Erlangen
Abb.: Remissions-Scores bei RA: Das Ziel von T2T ist es, einen Krankheitsaktivitätsscore zu erreichen, der einer Remission entspricht. Die klinische Krankheitsaktivität wird dabei mit Composite-Scores gemessen. Die aktuelle deutsche Leitlinie empfiehlt, den SDAI zur Bestimmung der Remission zu verwenden. Zur Überwachung der Krankheitsaktivität können zudem auch DAS28 oder CDAI herangezogen werden. (1) Dabei ist zu beachten, dass eine DAS28-Remission von 2-3 mal mehr Patienten erreicht wird als eine CDAI- oder SDAI-Remission. (3)
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ein deutlich erhöhter CRP-Wert nicht akzeptiert werden. Bei älteren und/oder komorbiden Patienten sind wir unter Umständen nachsichtiger und akzeptieren eher den Wunsch des Patienten, kein weiteres oder kein anderes Medikament einzusetzen. Wobei fortgeschrittene Erkrankung, Alter und Begleiterkrankung nicht per se Kontrapunkte zum Therapieziel Remission darstellen.
immunmodulierenden Systemtherapie. Das konsequente Umsetzen von T2T ist herausfordernd für den Patienten, für den Arzt und sein rheumatologisches Fachassistenten-Team. Doch auf lange Sicht zahlt sich das aus! Die Leitlinien geben dies her und wir haben viele Bausteine, um das Ziel zu erreichen. Dies sind innovative Medikamente, aber auch zahlreiche nicht-medikamentöse Möglichkeiten, wie Physiotherapie, Ergotherapie, Selbsthilfe und vor allem Patientenschulungen. Denn: Je besser der Patient sich selbst als aktiven Part in der multimodalen Therapie versteht, desto besser werden wir gemeinsam das Ziel Remission erreichen. Auch wenn ein Patient zufrieden scheint, dürfen wir die entzündliche Komponente nicht unterschätzen und z. B. Schmerz als Arthrose, chronifizierte Schmerzstörung oder begleitende Depression abtun. Im Praxisalltag fordert das enge Begleiten des Patienten Ressourcen, die (zu) knapp sind. Aber wir dürfen gute Medizin nicht vernachlässigen, sondern sollten differenzierte Strukturen im ambulanten Versorgungsalltag schaffen. Das gelingt vor allem durch Unterstützung der rheumatologischen Fachassistenzen (DGRh-BDRh), wie wir in unserer Praxis zeigen können. Und es trägt dazu bei, Remission für immer mehr Patienten erreichbar und erlebbar zu machen.
Kontra: Remission nicht um jeden Preis erreichen Prof. Dr. Markus Gaubitz: Bei neu erkrankten Patienten sollte das Ziel Remission unbedingt und konsequent verfolgt werden. Doch im Alltag sehen wir oft Patienten, die nicht unzufrieden sind, aber bei denen Remission nicht erreicht wird, insbesondere bei einer länger bestehenden und fortgeschrittenen Erkrankung. Bei ihnen kann bereits die Verringerung der Krankheitsaktivität eine ausreichende Verbesserung darstellen. Dennoch können mehrere geschwollene Gelenke oder
Ausräumen möchte ich abschließend noch einen häufig angeführten vermeintlichen Kontrapunkt: Ökonomische Vorbehalte gegenüber neueren (teureren) Therapien. Diese lassen sich bei genauer Betrachtung kaum halten. Hinsichtlich der Erstattung ist es bei richtiger Dokumentation kein Thema.
Fazit: Pro Remission, aber nicht kontra, sondern mit dem Patienten Jede Chance, Patienten optimal zu behandeln, sollte genutzt werden, darin sind sich beide Experten einig. Für beide Experten steht Remission als primäres Therapieziel bei rheumatoider Arthritis nicht in Frage. Denn: Patienten in Remission zeigen beispielsweise eine deutlich bessere körperliche Funktionalität und Arbeitsproduktivität als bei Low Disease Activity (LDA) (4), eine verbesserte Langzeitprognose hinsichtlich schwerer Operationen (5), weniger Gelenkzerstörung (6) und haben weniger Schmerzen. (7) Erreichen lassen sich strenge Therapieziele aber nur gemeinsam mit dem Patienten. Doch auch bei individualisierten Therapieentscheidungen rückt Remission nie ganz aus dem Blick. Der Rheumatologe ist gefordert, diese Entscheidung zu hinterfragen und die Krankheitsaktivität immer wieder objektiv zu bewerten. Wichtig ist es, den Patienten auf diesem Weg mitzunehmen. Die Voraussetzungen dafür können im Praxisalltag vor allem durch Unterstützung der rheumatologischen Fachassistenz geschaffen werden. m Report mit freundlicher Unterstützung der AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG
Referenzen: 1 Fiehn C et al., Z Rheumatol 2018; 77(Suppl2): 5–53 | 2 Baganz L et al., Semin Arthritis Rheum 2019; 48(6): 976-982 | 3 Einarsson JT et al., Rheumatology 2019; 58(2): 227-236 | 4 Radner H et al., Arthritis Res Ther 2014; 16(1): R56 | 5 Nikiphorou E et al., Ann Rheum Dis 2016; 75(12): 2080–2086 | 6 Legrand J et al., Joint Bone Spine 2019; doi: 10.1016/j.jbspin.2019.03.008 | 7 Ishiguro N et al., Mod Rheumatol 2018; 28(6):950–959
DE-IMMR-190015
Prof. Dr. med. Markus Gaubitz, Interdisziplinäre Diagnostik und Therapie in der Akademie für Manuelle Medizin Münster
Aber aus meiner Sicht ist immer die individuelle Situation des Patienten bei der Therapieentscheidung zu berücksichtigen. Ist der Patient kontra konsequente Therapie, und versteht die Therapieintensivierung oder den Wechsel nicht, können wir ihm keine strengen Therapieziele vorschreiben. Wir sollten immer kompromissbereit und empathisch sein. Denn: Das Schlechteste, was uns als Rheumatologen passieren kann, wäre es, den Patienten zu verlieren, weil wir ihn mit der Therapie überfordern. Dies erfordert im Praxisalltag eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Patienten und das kostet Zeit. Nimmt man sich diese nicht, verpasst man eventuell die Chance, das für den Patienten beste Therapieziel zu erreichen.
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INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
PSORIASIS-ARTHRITIS
Apremilast effektiv in täglicher Praxis Sowohl in klinischen Studien als auch im Praxisalltag überzeugt der oral einzunehmende PDE-4-Inhibitor Apremilast bei Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) mit einer guten Wirksamkeit auf Gelenke, Haut, Enthesitis und Daktylitis bei einem zugleich guten Sicherheitsprofil. Eine besonders hohe Effektivität zeigt das Medikament bei PsA-Patienten mit oligoartikulärer PsA und eher moderatem Gelenkbefall.
Laut Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., wird Apremilast (Otezla®) in seiner Wirksamkeit oft zwischen csDMARDs wie Methotrexat und bDMARDs eingestuft, würde sich also speziell nach csDMARDVersagen bei eher moderater PsA noch vor einem bDMARD eignen. Dies bestätigt eine gepoolte Analyse der Phase-IIIStudien PALACE 1-3 zu Apremilast, in der auf Basis des cDAPSA-Scores, der SJC66, TJC68, globales Patientenurteil (PtGA) und Schmerz (VAS) beinhaltet, 375 für 12 Monate mit Apremilast 2x 30 mg/Tag behandelte Teilnehmer eingingen. So erreichten Patienten mit nicht zu hoher Ausgangsaktivität nach 52
Wochen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Remission oder niedrige Krankheitsaktivität (LDA) als solche mit hoher Aktivität: Patienten mit initial moderater cDAPSA-Aktivität (mittlerer SJC 5,5, TJC 8,5), gelangten zu 47 % in Remission oder LDA, im Fall einer geringen Aktivität sogar 71 %. Ein ähnliches Bild zeigte sich für Enthesitis und Daktylitis. In der nicht-interventionellen LAPISPsA-Studie mit 219 PsA-Patienten erwies sich der PDE-4-Inhibitor auch in der täglichen Praxis als gut wirksam, so Prof. Dr. Jürgen Wollenhaupt, Hamburg. In einer Interimsanalyse nach 7 Monaten erreich-
ten 72 % der Teilnehmer einen PGA von 0-1 (keine oder minimale Symptome) ausgehend von einem mittleren PGA von 2,5. Nach 7 Monaten waren 60 % der Patienten waren frei von Enthesitis (LEI = 0) und 72 % frei von Daktylitis. In Bezug auf TJC und SJC ging die Anzahl betroffener Gelenke um 57 bzw. 60 % zurück, die Hautverbesserung (BSA) betrug im Mittel 70 %. Zugleich bestätigte sich die gute Verträglichkeit von Apremilast, betonte Wollenhaupt. m Quelle: Symposium Celgene GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
SYSTEMISCHE SKLEROSE MIT INTERSTITIELLER LUNGENERKRANKUNG
Nintedanib auf dem Weg zur Zulassung Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) ist die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) eine der Hauptkomplikationen und mit hoher Mortalität und Morbiditiät assoziiert. Nachdem bislang nur Off-label-Therapien, allen voran Cyclophosphamid (CYC) und Mycophenolat Mofetil (MMF), verfügbar waren, steht nach positiven Daten der Phase-III-Studie SENSCIS der bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) bereits zugelassene Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib kurz vor der Zulassung bei SSC-ILD.
Mit Nintedanib steht laut Prof. Dr. Antje Prasse, Hannover, erstmals ein Therapiekandidat bei SSC-ILD vor der Zulassung. Bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) auf Basis der Phase-III-Studien INPULSIS-1 und -2 aufgrund einer nachweislichen Hemmung der Krankheitsprogression bereits seit 2015 zugelassen, ist dessen antifibrotische und antientzündliche Effektivität bei Lungenfibrose mehrfach gezeigt worden. In der von Dr. Jörg Distler, Erlangen, vorgestellten doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-IIIStudie SENSCIS, an der 576 Patienten mit SSc-ILD aus 32 Ländern teilnahmen,
erreichte Nintedanib signifikant den primären Endpunkt, die Reduktion des Verlustes der forcierten Vitalkapazität (FVC; ml/Jahr). Bei mit Nintedanib behandelten Patienten war der FVC-Verlust nach 52 Wochen um 44 % gegenüber Placebo reduziert (absolute Differenz 41,0 ml/ Jahr; p=0,04). Dies entspricht einer relativen Abnahme der Lungenfunktion wie in INPULSIS-1 und -2 bei IPF-Patienten. Dies ist ein erfreuliches Ergebnis, zumal ca. 50 % der Patienten auf Mycophenolat Mofetil (MMF) waren und das Kollektiv (≥10 % Lungenfibrose im HRCT, FVC ≥40 %, DLCO 30-89 %) praxistypisch und noch nicht zu schwer erkrankt war. Das Sicherheitsprofil von Nintedanib
entspricht jenem bei IPF, vor allem auf Pneumonien ist zu achten, ebenso auf die nicht seltenen gastrointestinalen (GI)-Nebenwirkungen, insbesondere Diarrhöe. In den USA erfolgte die Zulassung am 6. September, in Europa dürfte die EMA in Bälde nachziehen. Den Experten zufolge empfiehlt es sich, Nintedanib additiv zu MMF einsetzen, zumal dies nicht mit vermehrten GI-Problemen einhergeht. m Quelle: Pressegespräch Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
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ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Adhärenz der subkutanen Rheuma-Therapie verbessern Bei Patienten mit entzündlich-rheumatologischen Erkrankungen führt nicht selten mangelnde Therapieadhärenz zu einer ungenügenden Krankheitskontrolle. Zu den möglichen Ursachen zählen Angst vor Nebenwirkungen oder - bei einer Spritzentherapie - der Nadel. Zur Überwindung solcher Barrieren können neben einer guten Arzt-Patientenkommunikation auch innovative elektronische Devices beitragen.
Mit ava® zur Selbstinjektion von Certolizumab Pegol (Cimzia®) kommt der erste Vertreter demnächst auf den Markt. Erinnerungsfunktion, Display-Anweisungen und Monitorfunktionen sollen die Patienten für eine optimale Therapie motivieren. Das Gerät ist in Zusammenarbeit mit Patienten entwickelt worden, berichtete Dr. Valentin Schäfer, Bonn. Das eDevice ist bereits zugelassen und soll nach weiteren Tests in 20 Zentren demnächst eingeführt werden. Das erste Feedback von Angehörigen der medizinischen Fachbereiche in Europa sei sehr positiv, berichtete Schäfer. Zu den Vorzügen des eDevice zählen ein integrierter Kalender mit Erinnerungs-
funktion an die nächste Anwendung, Protokollfunktionen und ein Info-Bildschirm. Sobald das Gerät mit der Einzelpatrone bestückt ist, wird der Patient bis zum Abschluss der Injektion auf dem Display angeleitet. Die Nadel ist nicht sichtbar, eine Injektion kann nur nach Aufsetzen des Gerätes auf die Haut erfolgen, betonte Schäfer. Die Injektionsgeschwindigkeit kann über einen Drehregler vom Patienten eingestellt werden. Eine korrekte Injektion wird ebenfalls auf dem Display angezeigt. Der gesamte Ablauf wird protokolliert, die Daten können per USB-Schnittstelle an den behandelnden Rheumatologen gemailt oder in der Praxis ausgelesen werden.
Wirksamkeit und Sicherheit des eDevice, auch bei Patienten mit Handfunktionsstörungen, wurden in einer multizentrischen offenen Phase-III-Studie bei 65 Patienten belegt (DGRh 2019, Abstr. RA.01). Im Studienverlauf (zwei Arztbesuche) nahmen Patientenzufriedenheit, Selbstvertrauen und Anwendungsfreundlichkeit zu, während Schmerzen und Hautreaktionen zurückgingen. Die meisten Patienten präferierten ava® im Vergleich zur Fertigspritze (89,2 vs. 6,2 %), drei Patienten (4,6 %) hatten keine Präferenz. (rf) m Quelle: Symposium UCB Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
PSORIASIS-ARTHRITIS UND ANKYLOSIERENDE SPONDYLITIS
Secukinumab überzeugt im Praxisalltag Aktuell auf der DGRh-Jahrestagung präsentierte Ergebnisse einer Interimsanalyse der nicht-interventionellen AQUILA-Studie zum Einsatz von Secukinumab zeigen, dass extraartikuläre Manifestationen und Komorbidität unter Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) und Anyklosierender Spondylitis (AS) keine Seltenheit sind, aber den Therapieerfolg nicht schmälerten.
Im Behandlungsalltag sind besonders Depressionen ( je 15,4 % bei PsA bzw. AS), KHK (3,5 bzw. 7,9 %) und Uveitis (1,7 bzw. 6,4 %) verbreitet. Mehr als jeder zehnte AS-Patient leidet zudem auch unter Psoriasis. Die Interimsanalyse umfasste Daten von über 600 PsA- und 300 AS-Patienten, die im Praxisalltag mit Secukinumab (Cosentyx®) behandelt wurden. Jeder Dritte (33,9 bzw. 28,9 %) davon erhielt Secukinumab als erstes Biologikum. Etwa zwei Drittel aller Patienten waren also mit mindestens einem anderen bDMARD vorbehandelt und 17,6 % der PsA- und 24,1 % aller AS-Patienten erhielten im Vorfeld ≥3 Biologika.
Trotz hoher Krankheitslast zeigte sich ein starkes und über den Beobachtungszeitraum von 52 Wochen anhaltendes Ansprechen. Bei Patienten mit PsA reduzierte sich der PhGA von 5,3 auf 2,5. 73,4 % der Patienten erreichten ein PASI 75-Ansprechen, 59,6 % ein PASI 90- und 54,3 % sogar ein PASI 100-Ansprechen. Unter dem IL-17A-Inhibitor reduzierte sich zudem die Anzahl druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke von 7,6 auf 3,0 bzw. von 3,9 auf 0,7. Auch bei AS-Patienten kam es zu einer deutlichen Verbesserung des PhGA von 5,9 auf 2,6. Überdies reduzierte sich der durchschnittliche BASDAI von 5,6 auf 4,0, bei
Anti-TNF-naiven Patienten von 5,3 auf 3,4. Die Behandlung mit Secukinumab verbesserte zudem die Lebensqualität der Patienten und reduzierte Symptome depressiver Verstimmungen – in beiden Indikationen. Wohl auch deshalb und aufgrund einer allgemein guten Verträglichkeit verblieben 79,3 % bzw. 81,1 % der Biologika-naiven PsA- und AS-Patienten über 52 Wochen auf Secukinumab, bei Biologika-Vorbehandlung waren es immerhin noch 67,7 und 62,0 %. m Quelle: Pressemitteilung Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
INDUSTRIE-BERICHT
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Baricitinib in der Routineversorgung: Trend geht zu frühem Einsatz in Monotherapie Vor Einführung der JAK-Inhibitoren standen im Falle einer notwendigen Therapieeskalation bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) parenteral zu verabreichende bDMARDs zur Verfügung. Die Zulassung der JAK-Inhibitoren wie Baricitinib* eröffnete eine Wahlmöglichkeit zwischen Applikationsformen, sodass Arzt und Patient sich gegen eine Spritze und für eine Tablette entscheiden können. Baricitinib überzeugt gleichzeitig mit einer starken und schnellen Wirkung, die in Studien der Wirksamkeit von Adalimumab überlegen war.** (1) Registerdaten bestätigen, dass sich mit der Innovation der JAK-Inhibitoren wie Baricitinib die Verordnungsgewohnheiten ändern.
Niedermolekulare Arzneimittel wie der JAK1- und JAK2-Inhibitor Baricitinib (Olumiant®) sind bei der Behandlung der RA keine Exoten mehr, die nur bei therapierefraktären Patienten zum Einsatz kommen können. In nur etwas mehr als zwei Jahren haben JAK-Inhibitoren einen wichtigen Stellenwert gewonnen und zu einem Wandel der Verordnungsgewohnheiten beigetragen (Tab. 1). Denn Baricitinib kann nicht nur mit einer starken und schnellen Wirksamkeit überzeugen, die in klinischen Studien der Wirksamkeit des bisherigen Goldstandards Adalimumab überlegen war. (1) Als einmal täglich einzunehmende Tablette lässt sich Baricitinib besonders einfach und flexibel in den Alltag der Patienten integrieren. (2) Ein Fortschritt gegenüber den parenteral zu verabreichenden Biologika bestätigt Prof. Dr. Eugen Feist, Vogelsang-Gommern: „Meiner Meinung nach kann eine Therapie nur erfolgreich sein, wenn sie auch patientenfreundlich ist.“
Mit Baricitinib Gewohnheiten brechen und einfach mehr erreichen Auf dem diesjährigen EULAR-Kongress beschrieb Feist sein persönliches Umdenken beim Einsatz von Baricitinib: „Bei
Behandlungstrends mit Baricitinib Früher Einsatz nach csDMARD-Versagen
DGRh-Leitlinie (5) Baricitinib wird bereits nach Versagen des ersten csDMARD und bei gleichzeitigem Vorliegen ungünstiger Prognosefaktoren und/oder hoher Krankheitsaktivität empfohlen. Versorgungsdaten (3) Registerdaten zeigen, dass immer mehr bDMARDnaive Patienten von Baricitinib profitieren.
Verschreibung in Monotherapie
Zulassung (2) Baricitinib ist als Monotherapie und in Kombination mit MTX zugelassen. Für die Verschreibung als Monotherapie muss daher keine Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber MTX vorliegen. Versorgungsdaten (3) Das Vertrauen in die Monotherapie steigt und bereits jetzt erhalten viele Patienten Baricitinib als Monotherapie.
Tab. 1: Verordnungsgewohnheiten im Wandel: Baricitinib ermöglicht flexiblen Einsatz (2, 3, 5)
neuen Therapieoptionen, für die noch wenige Praxisdaten vorliegen, gehe ich erstmal vorsichtig vor. Deshalb habe ich Baricitinib nach Zulassung zunächst bei therapierefraktären Patienten eingesetzt, die auf bDMARDs nicht ansprachen. Mit zunehmender Erfahrung rückte Baricitinib im Therapiealgorithmus immer weiter nach vorne. Auch der Einsatz von Baricitinib als Monotherapie statt der Kombination mit Methotrexat (MTX) wurde häufiger.“ Diese Veränderungen zeigen sich auch in Daten des deutschen RABBIT-Registers. (3) Mit einer eingeschlossenen Patientenzahl von derzeit 287 Patienten (Stand 1.08.2019) (4) ist der Anteil an BaricitinibPatienten im Register noch gering (1,5 %), doch lassen sich aus den Auswertungen bereits wichtige Trends und praxisrelevante Informationen ableiten. Im Register werden zwei wesentliche Patientenpopulationen unterschieden: diejenigen, die bei der Aufnahme ins Register Baricitinib erhielten (Einschluss) und solche, die während der Teilnahme am Register von einer bestehenden Therapie auf Baricitinib neu eingestellt wurden (Switch). Die Einschluss-Patienten wurden häufiger in Monotherapie behandelt als die Switch-Patienten (63 vs. 49 %) und waren deutlich seltener mit bDMARDs vorbehandelt (bDMARD-naiv: 38 % bei Einschluss vs. 5 % bei Switch). (3) In einer ersten RABBIT-Auswertung zur Sicherheit und Wirksamkeit von Baricitinib im Praxisalltag wurden vom DRFZ Registerdaten mit Daten der Phase-III-Studie RA-BEACON verglichen, die Baricitinib bei Patienten nach bDMARD-Versagen eingeschlossen hat. Beim ACR-Ansprechen erzielten beide Populationen vergleichbare Ergebnisse. Bei der niedrigen Krankheitsaktivität (LDA) gemäß DAS28-BSG, SDAI und CDAI erreichten Patienten im praktischen Alltag im indirekten Vergleich zur Studienpopulation sogar deutlich bessere Werte (Abb. 1). (3) In der Studie RA-BEACON waren die Krankheitsaktivität und die Entzündungswerte zum Zeitpunkt der Behandlungsinitiierung im Vergleich zu der Einschluss-Population im Register höher und die Studienpopulation wies eine um drei Jahre längere Krankheitsdauer auf. „Der Vergleich zum Register zeigt deutlich, dass Patienten vom frühzeitigen Einsatz von Baricitinib profitieren können“, kommentierte Feist.
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Auch wenn Patienten bereits ein bDMARD erhalten, kann sich ein Wechsel auf Baricitinib lohnen. Dies wurde an der Adalimumab-Population aus der RA-BEAM-Studie untersucht, als Patienten in die RA-BEYOND-Studie überführt wurden und ab diesem Zeitpunkt Baricitinib erhielten. (8) Die Ergebnisse dieser Auswertung zeigen, dass der Wechsel ohne besondere Maßnahmen, wie z. B. eine lange Auswaschphase, durchgeführt werden konnte und gut verträglich war. Zusätzlich profitierten Patienten, die zuvor unzureichend auf Adalimumab angesprochen hatten, von der Umstellung: Die Hälfte erzielte 48 Wochen nach Umstellung eine LDA. Auch in dieser Untersuchung erwies sich eine frühzeitige Einstellung als Vorteil. Patienten, die in der RA-BEAM-Studie Baricitinib erhielten und die Behandlung in RA-BEYOND fortführten, erreichten nach 48 Wochen in der Verlängerungsstudie in über 78 % der Fälle eine LDA. Bei Patienten, die von Adalimumab auf Baricitinib umgestellt wurden, waren es 73,5 %. Befragt man Patienten nach ihren Therapiewünschen, kann sich daraus ein weiterer Grund für eine Behandlungsumstellung ergeben. Denn die meisten Patienten favorisieren eine einmal tägliche orale Applikation der RA-Medikation, die ohne MTX auskommt. (9) Darüber hinaus ist auch die Verträglichkeit der Therapie für die Adhärenz
Report mit freundlicher Unterstützung der Lilly Deutschland GmbH
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RA-BEACON Remission LDA
RABBIT Remission LDA
50 40 30 20 10 0
ACR20- DAS28-BSG Ansprechen <2,6 <3,2
SDAI ≤3,3 ≤11
CDAI ≤2,8 ≤10
Remission LDA
Abb. 1: Der indirekte Vergleich zwischen Studien- und Versorgungsdaten bestätigt die starke Wirksamkeit von Baricitinib im Praxisalltag. (3)
* Olumiant® ist angezeigt zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Olumiant® kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat eingesetzt werden | ** Statistische Signifikanz für Überlegenheit von Baricitinib gegenüber Adalimumab (beide in Kombination mit MTX) für ACR20 und mittlere Veränderung des DAS28-CRP, jeweils in Woche 12. Literatur: 1 Taylor PC et al., N Engl J Med 2017; 376(7): 652-662 und Suppl. Appendix | 2 Fachinformation Olumiant®. Stand Oktober 2018 | 3 Meissner Y et al., DGRhKongress, Mannheim 19.–22. September 2018; Poster: RA.34 | 4 RABBIT-Register. Im Internet: https://biologika-register.de/ | 5 Fiehn C et al., Z Rheumatol 2018; 77(Suppl 2): 35-53 | 6 Taylor PC et al., Arthritis Rheumatol 2018; 70(Suppl 9): Abstr. 546 | 7 van der Heijde D et al., RMD Open 2019; 5: e000898 | 8 Weinblatt M et al., Arthritis Rheumatol 2018; 70(Suppl 9): Abstract: 886 | 9 Alten R et al., Patient Prefer Adherence 2016; 10: 2217-2228 | 10 Genovese MC et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl 2): 308-309 | 11 Chen Y-H et al., Ann Rheum Dis 2019; 78(Suppl 2): 755
PP-BA-DE-0941
Baricitinib wirkt unabhängig von Therapiephase
Mit der Zulassung der JAK-Inhibitoren hat die Entwicklung der RA-Therapie in den letzten Jahren deutlich an Dynamik gewonnen. Studien belegen für Baricitinib eine starke Wirksamkeit und untermauern durch eine verlässliche Datenlage den breiten Einsatz im Therapiealgorithmus. Dass sich diese Ergebnisse im Praxisalltag reproduzieren lassen, bestätigen erste Registerdaten, die zudem durch geänderte Verordnungsgewohnheiten auf ein Umdenken bei der Therapiewahl hinweisen.
FAZIT
Eine Post-hoc-Analyse der RA-BEAM-Studie beleuchtet, wie eine konkrete Verbesserung für Patienten aussehen kann, wenn Baricitinib frühzeitig verschrieben wird. (6) In dieser Studie konnten Patienten in Woche 16 oder 24 von Placebo auf Baricitinib umgestellt werden. Dadurch ist eine Auswertung des Ansprechens in Abhängigkeit vom Einstellungszeitpunkt möglich. Patienten, die Baricitinib früher erhalten hatten, zeigten im Vergleich zu Patienten mit späterer Einstellung noch Wochen nach Umstellung signifikant bessere CDAI- und HAQ-DI-Werte. Beim CDAI war erst in Woche 40 und beim HAQ-DI erst zum Studienende in Woche 52 kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen mehr feststellbar. Auch wenn Patienten in der später eingestellten Gruppe bei der Verbesserung der Krankheitsaktivität und der körperlichen Funktionsfähigkeit aufholen konnten, so war die irreversible Gelenkzerstörung in dieser Patientenpopulation weiter fortgeschritten. Daten über zwei Jahre aus der derzeit noch laufenden Langzeitverlängerungsstudie RA-BEYOND zeigen die Hemmung der radiologischen Progression mit Baricitinib. (7)
entscheidend. Für Baricitinib belegen Daten über bis zu sieben Jahre ein günstiges Verträglichkeitsprofil. (10) Für das erhöhte Herpes zoster-Risiko (Inzidenzrate: 3,3/100 Patientenjahre) zeigen Studiendaten, dass die Inzidenz im Langzeitverlauf über drei Jahre stabil blieb und in Europa geringer ausfiel als in Asien. (11) Die Infektionen waren zumeist leicht bis mittelschwer und heilten ohne Komplikationen aus. „Die Verträglichkeitsdaten aus dem RABBIT-Register sind konsistent mit dem was wir aus Studien kennen, sodass auch aktuellere Praxisdaten die Verträglichkeit von Baricitinib unterstreichen“, urteilte Feist. m
Anteil der Patienten (%)
Patienten profitieren nachhaltig von früher Einstellung
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INDUSTRIE-BERICHT
PSORIASIS-ARTHRITIS
Secukinumab auch bei axialer Manifestation effektiv Der Interleukin-17A (IL-17A)-Inhibitor Secukinumab ist das erste Biologikum, für das der Nachweis der Wirksamkeit auf die axiale Krankheitsdomäne der Psoriasis-Arthritis (PsA) erbracht wurde. In der MAXIMISE-Studie fand sich ein schnelles und bisher bis Woche 12 anhaltendes Ansprechen der axialen Beschwerden.
Die doppelblinde, multizentrische, placebokontrollierte 52-wöchige Phase-IIIbStudie MAXIMISE schloss 498 Patienten mit aktiver PsA gemäß den CASPAR-Kriterien und ärztlicher Diagnose einer axialen Beteiligung ein. Trotz Vorbehandlung mit mindestens zwei NSAR wiesen sie einen BASDAI >4 und Rückenschmerzen in einer Stärke von >40/100 auf der visuellen Analogskala (VAS) auf. Die Studienteilnehmer erhielten randomisiert s.c. 150 bzw. 300 mg Secukinumab (Cosentyx®), in den ersten vier Wochen wöchentlich, anschließend einmal monatlich, oder Placebo. Die Patienten des Placeboarms wurden in Woche 12 auf eine der beiden Secukinumab-Dosierungen re-randomisiert.
Wie Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, derzeitiger Präsident der DGRh in Dresden berichtete, sehen die Daten der aktuellen Auswertung nach 12 Wochen sehr gut aus. Unter dem IL-17AInhibitor kam es zu einem sehr schnellen und anhaltenden Ansprechen. Bereits in Woche 4 fand sich unter Secukinumab ein signifikant besseres ASAS20-Ansprechen als unter Placebo. In Woche 12 wurde der primäre Endpunkt eines ASAS20-Ansprechens erhoben. Dieses Studienziel erreichten mit 63,1 % unter 300 mg Secukinumab signifikant mehr Patienten als unter Placebo mit 31,3 %. Unter der niedrigeren Secukinumab-Dosis waren es 66,3 % ( je
p<0,0001). Somit könne nun erstmalig eine PsA mit axialer Beteiligung auf der Basis von Evidenz behandelt werden, betonte Schulze-Koops. Dies sei eine große Erleichterung für die klinische Praxis. Aufgrund der bisherigen Daten zu dem IL-17A-Inhibitor – auch in der Indikation ankylosierende Spondylitis – sei davon auszugehen, dass das ASAS20-Ansprechen bis zum Studienende in Woche 52 erhalten bleibe. (wk) m
Quelle: Symposium Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Immunsupprimierte Patienten jetzt konsequent schützen Die Grippeimpfung ist laut WHO die effektivste Methode, um schwerwiegenden Erkrankungen, ausgelöst durch Influenzaviren, vorzubeugen – vor allem bei Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko. Patienten mit Immunsuppression sollten daher jedes Jahr eine Grippeimpfung erhalten und zusätzlich auch einmalig sequenziell gegen Pneumokokken geimpft werden.
Ungeachtet einschlägiger Empfehlungen von WHO und STIKO sind die Impfquoten niedrig. Aktuelle Daten zeigen, dass z. B. nur 40,8 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis gegen Grippe geimpft sind. Noch schlechter sieht es bei der Pneumokokkenimpfung aus: Nur 4,4 % der immunsupprimierten Patienten wurden in den ersten 2 Jahren nach Diagnosestellung geimpft. Im Fall einer Influenza-Infektion ist diese Impflücke besonders relevant, denn in 35 % der Fälle kommt es zu einer KoInfektion mit Streptococcus pneumoniae als führendem Erreger. Die zusätzliche Pneumokokkenimpfung ist somit für
immunsupprimierte Patienten eine unerlässliche Prophylaxemaßnahme. Besonders jetzt zum bevorstehenden Start der Grippesaison sollte die Grippe- und Pneumokokkenimpfung zwischen Arzt und Patient besprochen werden. Die Influenza-Vakzinierung sollte spätestens im November mit einem inaktivierten quadrivalenten Impfstoff mit von der WHO empfohlener Antigenkombination erfolgen. Im Idealfall kann die Pneumokokkenimpfung gleichzeitig verabreicht werden, sollte aber immer in Abhängigkeit vom Krankheits- und Therapieverlauf und in enger Abstimmung zwischen Haus- und Facharzt erfolgen. Für Patien-
ten mit Immunsuppression empfiehlt die STIKO die sequenzielle Pneumokokkenimpfung, bei der zunächst der 13-valente Konjugatimpfstoff PCV13 (Prevenar 13®) appliziert wird und 6 bis 12 Monate später der 23-valente Polysaccharidimpfstoff PPSV23. Sowohl die Influenza- als auch die Pneumokokkenimpfung werden für infektionsgefährdete Patienten von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. m
Quelle: Pressemitteilung Pfizer Deutschland GmbH, 2. September 2019
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RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Mit Upadacitinib häufiger Remission erreichbar Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) besteht das erklärte Therapieziel im Erreichen einer klinischen Remission. In klinischen Studien und mehr noch in der täglichen Praxis gelingt dies relativ selten. Denn die hierfür bislang angelegte DAS28Remission erlaubt bis zu zehn geschwollene Gelenke. Daher empfehlen die neuen Leitlinien strengere Kriterien wie ACR/EULAR Boolean, CDAI oder SDAI. Überdies werden patientenrelevante Endpunkte wie Schmerz und Fatigue bislang noch nicht ausreichend adressiert. Mit dem in den USA bereits zugelassenen JAK-1-Inhibitor Upadacitinib verbindet sich die Hoffnung auf künftig höhere Raten einer „echten“ Remission bei RA-Patienten..
Fest steht, dass mit einer konsequenten Treat-to-target-Strategie in Remission gebrachte RA-Patienten weniger Beschwerden, eine bessere körperliche Funktion und auch bessere Prognose haben als solche mit nicht optimal behandelter RA, betonte Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin. Aufgrund der unstrittigen Unzulänglichkeiten das DAS28 sollte nach den einhelligen Empfehlungen von EULAR, ACR und DGRh die Krankheitsaktivität mit – in Studien – den BooleanKriterien oder SDAI und – in der Praxis – dem CDAI erfasst werden. Um eine tatsächliche Remission auch nach diesen Kriterien zu erreichen, kommt es umso mehr darauf an, bei mit Methotrexat (MTX) oder einem anderen csDMARD unzureichend kontrollierten Patienten
diese rasch auf ein bDMARD oder tsDMARD zu eskalieren, um das „window of opportunity“ nicht zu verschenken und die Chancen auf Remission zu wahren. Jede Wochen ohne adäquate Therapie senkt bei früher RA die Wahrscheinlichkeit für eine Remission, warnte Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München. Laut Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester, Berlin, lassen sich mit JAK-Inhibitoren im direkten Vergleich mit bDMARDs – mit Adalimumab als Messlatte – oft noch höhere Ansprechraten und häufiger eine Remission erreichen – zumindest in klinischen Studien. In der häufigen Situation nach MTX-Versagen bei weiter laufender MTX-Therapie war Tofacitinib in der ORAL Strategy-Studie in puncto
CDAI- und SDAI-Remission in Monat 6 vergleichbar mit Adalimumab. Ähnliches zeigte sich für Baricitinib, das in der RA-BEAM-Studie nach 24 Woche hier geringfügige Vorteile aufwies. Eine statistisch signifikante Differenz konnte bislang nur für Upadacitinib in der SELECT-COMPARE-Studie (hier in Woche 26) ermittelt werden: So erreichten versus Adalimumab eine Remission gemäß einem CDAI ≤2,8 23 vs. 14 % der Patienten, beim SDAI ≤3,3 waren es 24 vs. 14 % und nach Boolean 18 vs. 10 % ( je p≤0,001). Mit der europäischen Zulassung ist in Kürze zu rechnen. m Quelle: Symposium AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
POLYARTIKULÄRE JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS
Abatacept ab sofort als subkutane Applikation verfügbar Abatacept ist ab sofort auch in der Kinderrheumatologie zur s.c.-Applikation in Form einer Fertigspritze verfügbar. Damit wird das Anwendungsgebiet erweitert: In Kombination mit Methotrexat (MTX) ist Abatacept s.c. indiziert für die Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis (pJIA) bei pädiatrischen Patienten ab 2 Jahren, die auf eine vorherige Therapie mit DMARD, einschließlich MTX, nicht ausreichend angesprochen haben.
Die s.c.-Applikation ist in der Indikation pJIA in den Stärken 50, 87,5 und 125 mg erhältlich. Die Behandlung kann ohne i.v.-Aufsättigungsdosis begonnen werden. Anschließend wird die s.c.-Gabe gewichtsadaptiert wöchentlich wiederholt. Das Anwendungsgebiet für Abatacept 250 mg Pulver, ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, wurde ebenfalls modifiziert: Abatacept ist in Kombination mit MTX jetzt auch zur Behandlung der mäßigen bis schweren ak-
tiven pJIA ab 6 Jahren indiziert, die nicht ausreichend auf ein DMARD, einschließlich MTX, angesprochen haben. Hintergrund hierfür ist die Aufhebung der Nutzungsbeschränkung, Abatacept erst nach unzureichendem Ansprechen auf mindestens einen TNFα-Inhibitor einzusetzen. Bei einer Intoleranz gegenüber MTX oder wenn MTX nicht angezeigt ist, kann Abatacept sowohl s.c. als auch als Monotherapie eingesetzt werden. Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit
von Abatacept bei Kindern und Jugendlichen mit pJIA war für die i.v.-Gabe in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie AWAKEN und für die s.c.-Applikation in der offenen, multizentrischen Phase-III-Studie PAED SC mit 219 Teilnehmern zwischen 2 und 17 Jahren demonstriert worden. m Quelle: Pressemitteilung Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, 20. August 2019
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
INDUSTRIE-BERICHT
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Methotrexat – ein small molecule der ersten Generation Die Erstsubstanz in der Behandlung rheumatologischer Erkrankungen ist und bleibt Methotrexat (MTX), ein bekannter früher Vertreter eines small molecules. Daran haben seit 20 Jahren auch neuere Medikamente nichts geändert. Dennoch bestehen weiterhin Chancen noch nicht ausreichend genutzte Potenziale einer MTX-Behandlung auszuschöpfen. Welche Vorteile sich daraus für den behandelnden Arzt und die Patienten ergeben, erläutert Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster.
Herr Prof. Gaubitz, aktuell sprechen alle von small molecules. Was ist damit gemeint und welche dieser Medikamente kommen in der Rheumatologie zum Einsatz? Seit der deutschen Zulassung der ersten rheumatologischen JAK-Inhibitoren vor gut zwei Jahren hat die Aufmerksamkeit für small molecules wieder stark zugenommen. Hier sind vor allem niedermolekulare Verbindungen von verstärktem Interesse, die in die Zelle eindringen und intrazelluläre Pathways beeinflussen können. Aber wir Rheumatologen verwenden ja bereits seit gut 30 Jahren ein small molecule der ersten Generation, nämlich MTX. Welchen Stellenwert hat MTX in der rheumatologischen Therapie und hat sich die Bedeutung durch die neuen JAK-Inhibitoren verändert? Erstaunlicherweise wurde durch die Markteintritte immer neuer Medikamente in den letzten 20 Jahren die Position von MTX eher gestärkt. Dies gilt insbesondere für die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA). Aber auch in der Remissionserhaltung bei Vaskulitiden und bei der Behandlung der PsoriasisArthritis hat MTX seinen Stellenwert. Seit wir Leitlinien entwickeln ist MTX die Ankersubstanz, mit der die RA-Therapie gestartet werden soll. Die wissenschaftliche Empfehlung gilt auch unumstritten seit der Markteinführung der hochpreisigen JAK-Inhibitoren. Diese neue Behandlungsmöglichkeit ist ein weiterer wichtiger Behandlungsbaustein, aber die JAK-Inhibitoren sollen nicht eingesetzt werden, bevor nicht ein angemessener Versuch mit parenteralem MTX als subkutane Injektion gemäß Leitlinie un-
Prof. Dr. med. Markus Gaubitz ternommen wurde. Bei Notwendigkeit empfiehlt die Behandlungsleitlinie darüber hinaus anschließend aber auch nicht eine Monotherapie mit Biologika oder JAK-Inhibitoren. Die Regelanwendung sollte hier in Kombination ausnahmslos mit MTX erfolgen, es sei denn, es besteht eine klare Kontraindikation wie z. B. die Niereninsuffizienz oder im Falle bestimmter Komorbiditäten. Alle Biologika sind gemeinsam mit MTX wirksamer als in Monotherapie, bei den JAK-Inhibitoren gibt es Situationen, in denen Mono- und Kombinationstherapie vergleichbar wirksam sind. Aber generell gilt auch hier, dass der Arzt bei guter Verträglichkeit mit der Kombinationstherapie therapeutisch auf der sicheren Seite ist. Daher wird die Komedikation mit MTX auch in der neuen Behandlungsempfehlung unverändert empfohlen. Woran liegt es, dass MTX in der rheumatologischen Therapie diesen ungebrochenen Stellenwert einnimmt? Die hervorzuhebenden Gründe liegen in der Wirksamkeit und Sicherheit dieses
Arzneimittels, die mit einer langjährigen fundierten Erfahrung einhergehen. Seit über 30 Jahren verwenden Rheumatologen regelmäßig und dauerhaft MTX. Es gibt reichhaltige Informationen aus Registerdaten, das Sicherheitsprofil ist gut und bekannt, gelegentlich eilt der Substanz im Patientengespräch ein kritischer Ruf voraus, der in der Behandlungsrealität nicht gerechtfertigt ist. Der weitaus überwiegende Anteil der Patienten kommt mit der MTX-Behandlung über viele Jahre hinweg ausgesprochen gut klar. Ferner ist MTX seit Langem bekannt gut wirksam. Je früher der Einsatz erfolgt, desto besser. Aber es liegen auch noch Chancen in einer konsequenten Dosisoptimierung und einem raschen „Aufdosieren“. Damit kann man den Therapieerfolg noch steigern. Was sind die bedeutenden Weiterentwicklungen in der MTX-Therapie seit der Rheuma-Zulassung? MTX wird bei Autoimmunerkrankungen einmal wöchentlich angewendet. Dieses Dosierungsintervall hat sich therapeutisch bewährt und muss auch sicherheitshalber eingehalten werden. Hingegen gab es bei der Höhe der Dosierung und der Startdosis in der Rheumatologie eine deutliche Lernkurve. Die initiale Dosierung soll 15 mg/Woche betragen und kann häufig ohne erhöhte Nebenwirkungsrate auf 25 mg/Woche in parenteraler Form, wenn nötig sogar auf 30 mg/ Woche gesteigert werden. Das führt zu einem deutlichen Anstieg der Erfolgsrate in der MTX-Therapie. Früher wurde MTX zudem überwiegend oral angewendet. Von Jahr zu Jahr nimmt jedoch die Tendenz zum parenteralen MTX-Einsatz in der subkutanen Applikation zu, sodass
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
dies in Behandlungszentren heute die führende Anwendung von MTX ist. Daher wird der Wunsch, Methotrexat wie in der Leitlinie parenteral durch die subkutane Selbstapplikation des Patienten einzusetzen, immer stärker – entweder durch eine Fertigspritze oder den automatisierten Fertigpen. Worin bestehen die Vorteile der subkutanen MTX-Gabe? Die Ergebnisse mehrerer verfügbarer vergleichender Studien oral versus MTX s.c. belegen eindeutig die bessere Bioverfügbarkeit von subkutanem Methotrexat. Deshalb kann mit der gleichen Menge MTX subkutan mehr Wirkung erzielt werden als mit der oralen Gabe. Auch wurde bei MTX-Tabletten ein Ceiling-Effekt (Sättigungseffekt) beobachtet, sodass bei Tabletten ab 15-20 mg/ Woche keine adäquate Steigerung der Wirksamkeit mehr zu erzielen ist. Der Vorteil von parenteralem MTX besteht damit auch darin, dass 100 % der gegebenen Dosis auch „ankommt“. Auch wird die parenterale Anwendung von MTX in den vorhandenen klinischen Studien als besser verträglich beschrieben und von den Patienten auch so empfunden. Somit lässt sich eine MTX-Therapie bei Verwendung von Fertigspritzen oder Fertigpen insgesamt optimieren. Wie können Patienten von dem metex® PEN, dem MTX-Fertigpen profitieren? Gerade zu Behandlungsbeginn werden Patienten damit beschwert, dass für sie die beste Therapie ein Medikament ist, dass gespritzt und idealerweise selbst
injiziert wird. In vergleichenden Studien zwischen MTX in einer Fertigspritze oder einem Fertigpen konnte bestätigt werden, dass der metex® PEN eine hervorragende Möglichkeit zur Selbstüberwindung und gar bei Spritzenphobie darstellt. Der Autoinjektor ist in der Anwendung einfach, sicher, technisch einwandfrei und es gibt folglich weniger Anwendungshemmnisse und -fehler als bei der Spritze. Der moderne und elegante MTX-Fertigpen bietet damit alle Vorteile der parenteralen Applikation ohne die Vorurteile oder Anwendungsnachteile von Fertigspritzen oder gar Durchstechflaschen. Wie kann die bewährte MTX-Therapie noch zusätzlich optimiert werden? Es besteht weiterhin in Teilen der Ärzteschaft Zurückhaltung, die vorhandenen effektiven und sicheren Dosierungsmöglichkeiten bis 30 mg/Woche auszuschöpfen. Die initiale Dosierung zur Behandlung der RA gibt die Leitlinie mit 15 mg/Woche an. Aber bei einem großen und kräftigen Patienten von ≥100 kg dürfen auch gleich zu Beginn 20 mg/ Woche erwogen werden. Auch sollte die in der Leitlinie empfohlene rasche Dosiseskalation auf bis zu 25 mg/Woche bei unzureichendem Ansprechen in den ersten Behandlungswochen stärker genutzt werden. Es wird immer Patienten geben, die MTX nicht vertragen oder bei denen es trotz optimaler Anwendung nicht ausreichend wirksam ist. Aber es sollte eine wichtige Aufgabe der Rheumatologen sein, Patienten mit einer unbefriedigenden oralen MTX-Therapie auf die paren-
0,47
s.c. MTX (n = 226)
-53 %
Biologika-Therapie * Referenz
0
0,5 Hazard Ratio
terale Gabe umzustellen. Daher ist der Hinweis in der neuen Behandlungsleitlinie konsequent, dass jeder Patient vor der Therapieeskalation auf ein Biologikum eine MTX-Behandlung mit parenteraler Applikation erhalten haben soll. Spielen wirtschaftliche Aspekte eine Rolle bei der Therapieentscheidung? Die Aufgabe eines Rheumatologen besteht in der erfolgversprechenden Therapie des Patienten im Behandlungszimmer, daher stehen wirtschaftliche Aspekte nicht im Vordergrund. Aber in unserem solidarisch finanzierten Krankenversicherungssystem ist es angemessen, bei vergleichbarer Effektivität der Behandlung die günstigere Therapie zu wählen. Das ist in der Tat ein außerordentlich starkes Argument für den Einsatz von MTX als Starttherapie und für die therapeutisch optimale Anwendung durch eine Dosissteigerung oder die parenterale Applikation mit einem Fertigpen. Das ist wirtschaftlich und therapeutisch vernünftig zugleich. m Herr Prof. Gaubitz, haben Sie vielen Dank für das Gespräch! Report mit freundlicher Unterstützung der medac GmbH Prof. Dr. med. Markus Gaubitz Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Gastroenterologie Praxisgemeinschaft für Interdisziplinäre Diagnostik und Therapie – Akademie für Manuelle Medizin an der WWU Münster Von-Esmarch-Str. 50, 48149 Münster
Frühzeitiger MTX-Einsatz verzögert kostenintensive Second-Line-Therapie
1,0*
orales MTX (n = 230)
71
1,0
Abb.: Wahrscheinlichkeit für einen Biologika-Einsatz bei initialer Behandlung mit s.c. MTX-Monotherapie oder oraler MTX-Monotherapie im Rahmen der multizentrischen, prospektiven, kanadischen Kohortenstudie CATCH an Patienten mit früher RA nach drei Jahren (nach Gottheil S et al., Ann Rheum Dis 2016; 75 [Suppl2]: Abstr. OP0179)
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INDUSTRIE-BERICHT
Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
PSORIASIS-ARTHRITIS
Umfassende Krankheitskontrolle mit Ixekizumab Mit dem IL-17A-Inhibitor Ixekizumab können bei guter Verträglichkeit nicht nur die äußerst vielfältigen klinischen Manifestationsformen der Psoriasis-Arthritis (PsA) wie die periphere Arthritis, Enthesitis, Daktylitis, eine entzündliche Beteiligung des Achsenskeletts sowie Haut- und Nagelpsoriasis, sondern auch patientenrelevante Beschwerden, wie Fatigue und Schmerz, die sich negativ auf die Lebensqualität auswirken, erfolgreich behandelt werden.
Zunächst ging PD Dr. Xenofon Baraliakos, Herne, auf die weltweit erste abgeschlossene Head-to-Head-Studie zweier Biologika bei PsA, SPIRIT-H2H, ein, die die für Arzt und Patient wichtigen Parameter Gelenke und Haut in einem gemeinsamen Studienendpunkt bündelte. Diesen kombinierten Endpunkt, bestehend aus gleichzeitigem Erreichen eines ACR50 und PASI 100 in Woche 24, erreichten unter Ixekizumab (Taltz®) 36 % der Patienten, unter Adalimumab 28 %. Klar überlegen war Ixekizumab bei dem Erreichen eines PASI 100: Nach 24 Wochen zeigten unter Ixekizumab 60 % der Patienten eine völlig erscheinungsfreie Haut, gegenüber 47 % unter Adalimumab. Beim ACR50-Ansprechen zeigte der IL-17A-Inhibitor eine Nicht-
Unterlegenheit gegenüber Adalimumab (51 vs. 47 %). Die SPIRIT-H2H-Studie bestätigte die Phase-III-Daten aus SPIRIT-P1 und -P2 auch in Hinblick auf Enthesitis und Daktylitis. Über 56 % der mit Ixekizumab behandelten Patienten erreichten in Woche 24 eine vollständige Remission der Enthesitis, gegenüber 45 % unter Adalimumab. 88 % der Patienten mit Daktylitis erreichten eine vollständige Remission (LDI-B Score=0) in Woche 24 (93 % unter Adalimumab). Von den Patienten mit Nagelpsoriasis waren unter Ixekizumab 58 % in Woche 24 erscheinungsfrei (NAPSI=0), im Vergleich zu 50 % unter Adalimumab. Eine kürzlich vorgestellte Subgruppenanalyse bestätigte, dass Ixekizumab
auch PROs erfolgreich adressiert. Die integrierte Auswertung der SPIRIT-P1- und -P2-Studien zeigte, dass sich Fatigue, axiale Schmerzen, Steifheit, körperliche Funktionsfähigkeit und Lebensqualität nach 16 und 24 Wochen gegenüber Placebo signifikant verbesserten. Aus den beiden Studien vorliegende Daten über 108 Wochen zeigen überdies, dass auch nach ca. 2 Jahren 21 % der Biologika-naiven und 22 % der TNF-vorbehandelten Patienten eine minimale Krankheitsaktivität (MDA) beibehalten, den hohen Stellenwert des IL-17A-Inhibitors unterstreichend, so abschließend Baraliakos. m Quelle: Pressegespräch Lilly Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Sarilumab: Gute Effekte auf depressive Verstimmungen Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) kommt es nicht selten begleitende oder als Folge der Grunderkrankung zu klinisch relevanten Depressionen und Anhedonie. Die Rolle von IL-6 als Trigger für diese oder andere Komorbidtäten ist gut etabliert, die Effekte von csDMARDs und bDMARDs auf depressive Verstimmungen sind dagegen nur schlecht belegt. Mit die beste Datenlage gibt es in dieser Hinsicht aus Post-hoc-Analysen zu Phase-III-Studien für den IL-6-Rezeptor (IL-6R)-Inhibitor Sarilumab.
Laut Prof. Dr. Klaus Krüger, München, wird die Depression als wichtige, die Effektivität der Therapie oft negativ beeinflussende Komorbidität der RA bislang nur selten systematisch erfasst. Mit einer klinisch relevanten Depression ist bei ungefähr 17 % der RA-Patienten zu rechnen, nimmt man den PHQ-9-Fragebogen als Maßstab, beträgt die Prävalenz für depressive Verstimmungen sogar fast 40 %. Der Einfluss von csDMARDs und bDMARDs hierauf ist nur ungenügend untersucht, jedoch scheinen IL-6-Inhibitoren am ehesten antidepressive Effekte
entfalten zu können. Dass die IL-6RBlockade in diesem Kontext wirksam ist, belegen laut Krüger Analysen zu den Phase-III-Studien MOBILITY, TARGET und MONARCH: So konnte unter Sarilumab (Kevzara®) eine teilweise signifikant positive Wirkung auf die Stimmung (psychische Komponente des SF-36) im Vergleich zu Placebo und im Trend auch gegenüber Adalimumab festgestellt werden. Darüber hinaus führte Sarilumab in zwei Post-hoc-Analysen zu diesen Studien bei RA-Patienten mit einer wahrscheinlichen schweren Depression und
Anhedonie nach 24 Wochen zu klinisch relevanten Verbesserungen in den meisten SF-36-Domänen im Vergleich zu Placebo und in mehreren Bereichen auch im Vergleich zu Adalimumab. Vor allem das psychische Wohlbefinden und die soziale Funktionsfähigkeit zeigten sich unter Sarilumab gegenüber dem Studienbeginn stark verbessert. m
Quelle: Symposium Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
INDUSTRIE-BERICHT
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Nächster JAK-Inhibitor weiter auf dem Vormarsch Nachdem die JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib bereits durch die EMA zugelassen sind und bald auch Upadacitinib folgen wird, befindet sich der vierte Vertreter dieser Substanzlasse, der orale selektive JAK-1-Inhibitor Filgotinib, quasi noch ante portas. Drei positive Phase-III-Studien lassen auch hier auf eine baldige Zulassung bei rheumatoider Arthritis (RA) hoffen.
Die FINCH-3-Studie, die Prof. Dr. Rieke Alten, Berlin, erläuterte, zeigte für Filgotinib 100 mg und 200 mg plus Methotrexat (MTX) einmal täglich über 52 Wochen signifikant höhere ACR20/50/70-Ansprechraten als mit MTX allein. Unter Filgotinib 200 mg und MTX erreichten den primären Endpunkt (ACR20 in Woche 24) 81 % der Patienten. Die Substanz bewies ein gutes Sicherheitsprofil. An der Studie nahmen 1.252 MTX-naive Patienten mit mittelschwerer bis schwer aktiver RA teil. Sie wurden 2:1:1:2 randomisiert auf 200 mg Filgotinib plus MTX (n=417), 100 mg Filgotinib plus MTX (n=207), 200 mg Filgotinib allein (n=210) oder MTX (n=418). Alten betonte, dass das rasche Ansprechen der MTX-naiven Patienten auf die JAK-Inhibition die Krankheitsperzeption dramatisch verändert und womöglich die Entwicklung sekundärer Schmerzsyn-
drome und chronischer Schmerzen verhindert. FINCH-1 untersuchte Filgotinib gegenüber Adalimumab und Placebo bei RA-Patienten, die unzureichend auf MTX ansprachen und eine längere Krankheitsdauer von im Mittel 7-8 Jahren aufwiesen. Verglichen wurden Filgotinib 200 mg + MTX (n=477) mit Filgotinib 100 mg + MTX (n=480) mit Adalimumab + MTX (n=325) und Placebo + MTX (n=477). Der primäre Endpunkt war das ACR20Ansprechen in Woche 12, den Filgotinib 200 mg vs. Placebo erreichte. FINCH-2 untersuchte Filgotinib versus Placebo bei RA-Patienten mit 12 Jahren Krankheitsdauer und csDMARD-Versagen. Die dreiarmige Studie randomisierte Filgotinib 200 mg + csDMARD (n=147) mit Filgotinib 100 mg + csDMARD (n=153) mit Placebo + csDMARD (n=148). Ein Viertel der Patienten hatte mehr als drei
bDMARDS erhalten, 80 % hatten bereits eine Anti-TNF-Therapie hinter sich. Bereits nach 2 Wochen zeigten sich für Filgotinib in Bezug auf die Wirksamkeit signifikante Unterschiede versus Placebo. Alten behandelt zum Einen eher jüngere Patienten gerne mit JAK-Inhibitoren, insbesondere bei Familienplanung, weil die Substanzen gut steuerbar und rasch absetzbar sind und die Sicherheit versus MTX gegeben ist. Zum Anderen therapiert sie meist in geringerer Dosis eher ältere, fragile Patienten, bei denen etwa im Fall einer unerwarteten Operation die Medikation schnell gestoppt werden kann. (nm) m Quelle: Symposium Gilead Sciences GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Über den Tellerrand geblickt: Gesund ernähren lohnt sich Auf einem Frühstücks-Symposium das Unternehmens Fresenius Kabi, das mit dem Adalimumab-Biosimilar Idacio® kürzlich seinen Einstand in die Rheumatologie gab, wurde, angesichts der Firmenhistorie und des Portfolios gar nicht so überraschend, mit der Ernährungsmedizin ein eher selten adressiertes Themengebiet gestreift.
Über ernährungsmedizinische Aspekte, die es bei rheumatologischen Erkrankungen zu beachten gilt, informierte Prof. Dr. Stephan C. Bischoff, Stuttgart. Nach seinen Worten ist es durchaus sinnvoll, bei manchen Rheumapatienten auch eine mögliche Mangelernährung zu erfassen und eine Mikronährstoffdiagnostik zu betreiben. Bei rheumatoider Arthritis etwa ist eine Rolle der Ernährung auf die Krankheitssituation gut belegt. Positive Effekte sind mit mediterraner Diät, Fischöl (3 g EPA plus DHA/Tag) und – bei Bedarf – Vitamin D-Substitution zu erzielen.
Selbiges gilt für Patienten mit systemischem Lupus erythematodes. Bei Polyund Dermatomyositis verbessern orale Kreatinpräparate (20 g/Tag für 8 Tage, danach 3 g/Tag für 6 Monate) in Kombination mit Bewegungsübungen die funktionelle Leistung bei Erwachsenen – bei Kindern wurde jedoch keine Verbesserung der Muskelfunktion gezeigt. Bei Osteoporose wird bei Frauen ab dem 50. und Männern ab dem 65. Lebensjahr eine Calciumzufuhr von 1.000 mg/Tag und Vitamin D von 10 μg/Tag empfohlen.
Laut DVO-Leitlinie wird eine Supplementation von gesamt 1.000 bis 1.500 mg Calcium empfohlen (bei gleichzeitiger Vitamin D-Gabe 500 bis 1.000 mg), für Vitamin D sind es 400 bis 800 IE, also 10 bis 20 μg. Auf ausreichend Bewegung ist zu achten, zugleich sollten Softdrinks – dies gilt generell – vermieden, auf Rauchen verzichtet und Alkohol nur in Maßen genossen werden. m Quelle: Symposium Fresenius Kabi Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
INDUSTRIE-BERICHT
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Gute Langzeiterfahrungen mit Tofacitinib Der orale JAK-Inhibitor Tofacitinib ist auch jenseits der rheumatoiden Arthritis (RA), etwa bei Psoriasis-Arthritis, inzwischen fest im klinischen Alltag etabliert. Bei der Behandlung der RA liegen mittlerweile Langzeitdaten aus 9,5 Jahren vor, die die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tofacitinib sowohl in der Kombination mit Methotrexat (MTX) als auch in der Monotherapie zeigen.
In den Empfehlungen von EULAR und DGRh werden JAK-Inhibitoren wie Tofacitinib (Xeljanz®) als tsDMARDs gleichberechtigt mit bDMARDs empfohlen, wenn die Behandlung mit MTX oder anderen csDMARDs nicht zu einem klinischen Ansprechen geführt hat. Sowohl bDMARDs als auch tsDMARDs sollen in Kombination mit MTX gegeben werden, falls keine Kontraindikation vorliegt, so Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden. Tofacitinib ist bei RA in einer Dosierung von 2x 5 mg täglich in Kombination mit MTX zugelassen, kann aber bei MTXUnverträglichkeit oder Kontraindikation auch als Monotherapie gegeben werden. Dass Tofacitinib als Monotherapie ähnlich wirksam ist wie die Adalimumaboder Tofacitinib-Kombinationstherapie mit MTX, wurde in der ORAL Strategy-
Studie bezüglich des ACR50-Ansprechens gezeigt. Tofacitinib ist sowohl bei bDMARD-naiven Patienten als auch nach bDMARD-Versagen wirksam, wie die Daten aus 9 Phase-II- und PhaseIII-Studien zeigen. Besonders ausgeprägt war das klinische Ansprechen bei bDMARD-naiven Patienten, was für den frühen Einsatz von Tofacitinib spricht. Als besondere Vorteile von Tofacitinib beim älteren multimorbiden Patienten wertete Prof. Dr. Christoph Fiehn, BadenBaden, dass bei Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung nötig ist und in der zugelassenen Dosierung kein signifikant erhöhtes Thromboserisiko beobachtet wurde. Auch die kurze Halbwertszeit des JAK-Inhibitors sei positiv. Ferner sei insbesondere bei älteren Patienten auf
einen konsequenten Impfschutz auch jenseits zu achten. Neben der Grippeimpfung sollte auch konsequent die neue Totvakzine gegen Herpes zoster eingesetzt werden. Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, verwies in puncto Sicherheit auf kürzlich publizierte, positive 9,5 Jahresdaten zu Tofacitinib: So betrugen die Inzidenzraten für unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse 3,4 für Herpes zoster, 2,4 für schwere Infektionen, 0,8 für Malignitäten (außer nicht-melanozytärem Hautkrebs), 0,4 für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und 0,3 für Tod aus jeglicher Ursache. m Quelle: Symposium Pfizer Deutschland GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
Das Potenzial von Methotrexat noch besser ausschöpfen Methotrexat (MTX) ist das „anchor drug“ in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA). Au dem DGRh-Kongress rief Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden, dazu auf, die Therapiechancen von MTX leitliniengerecht noch stärker auszureizen. Den Handlungsbedarf hierfür zeigte Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, anhand aktueller Verordnungsdaten auf.
Die deutsche S2e-Leitlinie bestätigt wie die EULR-Empfehlungen den hohen Stellenwert von MTX in der ErstlinienTherapie der RA. Empfohlen wird ein konsequenter optimierter Einsatz von MTX. Als „optimale Startdosis“ werden 15 mg/Woche genannt und es wird eine „rasche Dosissteigerung“ auf bis zu 25 mg/Woche angeraten. Auch neueren Erkenntnissen zur Bioverfügbarkeit und Effektivität bei parenteraler Gabe wird Rechnung getragen. So empfehlen die Leitlinien ab Dosierungen >15 mg/Woche die s.c.-Gabe, die generell mit einem geringeren Therapieversagen einhergeht. Zugleich ist MTX auch in der Kombinationstherapie etabliert und nach
Fiehn der bevorzugte Kombinationspartner im weiteren Verlauf. In letzter Zeit wurde allerdings Kritik laut, dass das Potenzial von MTX sowohl hinsichtlich der Anwendungshäufigkeit und der Dosierung als auch in Bezug auf die Applikationsform nicht voll ausgeschöpft werde. In diesem Kontext verwies Witte auf Abrechnungsdaten der AOK Niedersachsen zwischen 2013 und 2016 zur Darreichungsform und Dosierung vor erstmaliger Verschreibung eines Biologikums. Dabei wurde ermittelt, dass die RA-Patienten mehrheitlich vor der ersten Verordnung von bDMARDs mit parenteralem Methotrexat behandelt wurden
– ein durchaus erfreuliches Ergebnis. Da aber zugleich eine frühe und höher dosierte MTX-Gabe mit einem besseren Therapieansprechen assoziiert ist, erscheint der Mittelwert der maximalen MTX-Dosis vor dem ersten Biologikum mit rund 17 mg/Woche diskussionswürdig. Hier zeigt die aktuelle deutsche Leitlinie mit der Empfehlung einer raschen Dosissteigerung auf bis zu 25 mg/Woche noch zu hebende Potenziale für die s.c. MTX-Applikation auf – beispielsweise mit dem metex® PEN. m Quelle: Symposium medac GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
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PSORIASIS-ARTHRITIS UND PLAQUE-PSORIASIS
Therapieerfolg mit IL-17A-Inhibitor Ixekizumab Eine Nagel-Psoriasis wird häufig als Bindeglied zwischen Psoriasis-Arthritis und Plaque-Psoriasis angesehen. Sie tritt bei bis zu 50 % aller Psoriasis-Patienten auf, jedoch bei bis zu 80 % der Patienten mit gleichzeitig vorliegender Plaque-Psoriasis und Psoriasis-Arthritis. (1) Im vorliegenden Fall stellte sich ein Patient mit ausgeprägter Psoriasis-Arthritis (PsA) vor, die ihn gerade wegen der begleitenden Plaque-Psoriasis stark belastete. Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden, berichtet.
alle zwei Wochen bis Woche 12, gefolgt von einer Injektion alle vier Wochen. (2)
Steckbrief des Patienten – Männlich, 49 Jahre, ledig – Psoriasis-Arthritis seit 2000; Plaque-Psoriasis seit 1985 – Größe: 1,71 m; BMI: 21,5 kg/m²
Anamnese Der Patient stellte sich erstmals am 01.05.2006 vor. Die PsA wurde bei ihm im Jahr 2000 festgestellt, mit einer Arthritis der Endglieder sowie einer Daktylitis. Zu diesem Zeitpunkt litt er bereits seit 15 Jahren an einer Plaque-Psoriasis. Besonders betroffen waren die Nägel, der Stamm und die Extremitäten. Weitere Begleiterkrankungen hatte er nicht. Er zeigte keine Anzeichen eines Diabetes und war Nichtraucher. Seine Nierenfunktion war normal.
Vorherige Therapieversuche Den Leitlinien folgend wurde der Grafikdesigner zunächst auf Methothrexat (MTX) eingestellt. Von Juli bis Oktober 2006 erhielt er MTX in einer Dosierung
Abb. 2: Hautbefund nach 8 Wochen Ixekizumab von 15 mg/Woche subkutan. Wegen fehlender Wirkung wurde dies nicht weitergeführt. Gegen die rheumatischen Beschwerden nahm er dauerhaft über viele Jahre hinweg Diclofenac ein. Die ausbleibenden Therapieerfolge, die hohen Schmerzen und die zusätzliche Hautbeteiligung stellten für ihn eine hohe psychoemotionale Belastung dar. Insbesondere in Hinblick auf die Psoriasis äußerte er den Wunsch nach einer Therapie, die auch die Hautbeteiligung und den starken Juckreiz verbessert.
Therapie mit Ixekizumab Am 2. Mai 2019 wurde der Patient erstmalig auf den IL-17A-Inhibitor Ixekizumab (Taltz®) eingestellt. Die Krankheitslast war zu diesem Zeitpunkt stark ausgeprägt. Auf einer visuellen Analogskala (VAS, 0-10) gab er seine Schmerzen mit 9 an. Auch die Krankheitsaktivität beurteilte er mit 9 von 10. Der DAS28 betrug 4,35, der CRP-Wert lag bei 1,1 mg/dl. Die starke Hautbeteiligung begründete das Dosierschema von 2x 80 mg zum Start der Therapie (Woche 0), gefolgt von 80 mg
Fazit Das Besondere bei dem Fall war ein sehr schnelles Ansprechen der Therapie mit Ixekizumab, welches zu einer sehr effektiven Schmerzreduktion und deutlichem Rückgang der Plaque-Psoriasis führte. Der Patient möchte die Therapie unbedingt fortsetzten. m Prof. Dr. Christoph Fiehn Medical Center Baden-Baden Beethovenstraße 2 76530 Baden-Baden Report mit freundlicher Unterstützung der Lilly Deutschland GmbH
Literatur: 1 Sobolewski P et al., Reumatologia 2017; 55(3): 131–135 2 Aktuelle Fachinformation Taltz®
PP-IX-DE-1249
Abb. 1: Hautbefund vor der Therapie mit Ixekizumab
Nach 4 Wochen berichtete der Patient über spürbare Verbesserungen, besonders in Hinblick auf die Verbesserung der Plaque-Psoriasis, die ihn so sehr belastete. Nach eigenen Angaben verbesserte sich die Lebensqualität bereits innerhalb der ersten Wochen durch das starke und schnelle Ansprechen auf Ixekizumab. Nach 8 Wochen hatte sich der DAS28 deutlich verbessert. Er betrug nun 2,53. Der CRP-Wert lag bei 0,2 mg/ dl. Die empfundene Krankheitsaktivität gab der Patient mit 2 auf der VAS an. Auch seine Schmerzen beurteilte er mit 2 von 10. Von ursprünglich 5 waren noch 2 druckschmerzhafte Gelenke übriggeblieben. Geschwollene Gelenke hatte er keine mehr.
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Rheuma MANAGEMENT | Sept/Okt 2019
INDUSTRIE-BERICHT
FAMILIÄRES MITTELMEERFIEBER
Canakinumab gut wirksam bei Colchicin-Resistenz Bei seltenen autoinflammatorischen Erkrankungen wie dem familiären Mittelmeerfieber (FMF) ist eine möglichst frühe Diagnose und gezielte Therapie wichtig, um Langzeitschäden und potenziell lebensbedrohende Komplikationen zu vermeiden. Bei jenen 5-10 % der Patienten mit einem Colchicin-resistentem (cr) FMF zeigte der Interleukin (IL)-1β-Inhibitor Canakinumab eine hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit.
Als Therapiestandard bei FMF gilt die tägliche Einnahme von Colchicin, wodurch das Risiko einer Amyloid-A-Amyloidose deutlich reduziert werden kann: Vor der Verfügbarkeit von Colchicin entwickelten 60 % der FMF-Patienten langfristig eine Amyloidose. Doch bei 5 bis 10 % der Fälle wirkt Colchicin nicht oder ist in der benötigten Dosis unverträglich, sodass laut Prof. Dr. Jasmin KümmerleDeschner, Tübingen, von einer ColchicinResistenz gesprochen wird, so Diese ist in der Praxis oft wenig eindeutig, daher liefert nun ein jüngst veröffentlichter Konsens eines FMF-Expertenpanels eine klare Definition: Colchicin-resistent seien demnach „Patienten mit anhaltender Krankheitsaktivität bei maximal tolerierter Dosis, reflektiert durch ent-
weder rezidivierende klinische Attacken (im Schnitt ≥1 pro Monat über 3 Monate) oder ständig erhöhtes CRP oder SAA zwischen den Attacken ohne andere plausible Erklärung.“ Bei Colchicin-Resistenz und infolge dessen unzureichender Krankheitskontrolle empfehlen die GKJR und DGRh den Einsatz von IL-1β-Blockern, so Kümmerle-Deschner. Der IL-1β-Inhibitor Canakinumab (Ilaris®) ist zur Therapie von FMF in Deutschland zugelassen. In der maßgeblichen Phase-III-Studie CLUSTER zeigte sich Canakinumab bei crFMF gegenüber Placebo überlegen (p<0,005) und war gut verträglich. 61 % der crFMFPatienten erreichten unter der empfohlenen Anfangsdosierung von 150 mg
eine vollständige klinische Remission (p<0,0001 vs. Placebo). Bei unzureichendem Ansprechen ermöglichte eine Dosissteigerung im ersten Monat auf 300 mg (bzw. 4 mg/kg alle 4 Wochen) eine weitere Verbesserung der Krankheitskontrolle. Entscheidend sei eine frühzeitige Therapie, weshalb bei Kindern und Erwachsenen mit Herkunft aus dem östlichen Mittelmeerraum und typischer Symptomatik wie wiederkehrenden Fieberschüben, Bauch- und Brustschmerzen sowie entzündeten, geschwollenen Gelenken an FMF gedacht werden sollte. m Quelle: Pressegespräch Novartis Pharma GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 5. September 2019
PSORIASIS-ARTHRITIS
Effektive Therapie der Enthesitis mit Ustekinumab Ustekinumab weist bei Psoriasis-Arthritis (PsA)-Patienten mit Enthesitis eine im Vergleich zu TNFα-Inhibitoren stärkere Wirksamkeit auf – so das Ergebnis der ECLIPSA-Studie. Die Zahl der Patienten mit Remission der Enthesitis war signifikant höher.
Ustekinumab (Stelara®) führt als Inhibitor von Interleukin-12 und -23 (IL-12/23) zu einer schnellen und über 100 Wochen nachhaltigen Verbesserung der Gelenkbeschwerden von PsA-Patienten. Das hat beispielhaft die PSUMMIT1-Studie zeigen können, wie Prof. Dr. Harald Burkhardt, Frankfurt/M., im Rahmen des DGRh-Kongresses verdeutlichte. Auch die IL-23-getriebene Enthesitis besserte sich nachhaltig. So wurde in Woche 24 unter 45 bzw. 90 mg Ustekinumab eine mittlere Veränderung der Enthesitis gegenüber dem Ausgangswert gemäß dem modifiziertem MASES-Index um -42,9 bzw. -50,0 % erzielt, in Woche
52 um -87,5 bzw. -83,3 %. In der prospektiven, offenen Beobachtungsstudie ECLIPSA konnte das Wirkprinzip von Anti-IL-23 bestätigt und eine besonders ausgeprägte Reduktion der Enthesitis zeigt werden. Die Patienten mit mindestens einer schmerzhaften Enthese an SPARCC- oder MASES-Lokalisierungen erhielten entweder Ustekinumab oder einen TNFα-Inhibitor in der Standarddosis.
38,4 % der mit einem TNFα-Inhibitor behandelten PsA-Patienten. Ein hoher FACIT-Score zu Beginn war ein Prädiktor für das Abheilen der Enthesitis. Dieses Ergebnis ist laut Burkhardt als klinische Evidenz für die besondere Rolle von IL23 in der Pathogenese der Enthesitis zu werten. Die Ergebnisse müssten allerdings zukünftig noch in einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studie bestätigt werden. (wk) m
Den primären Endpunkt einer Remission der Enthesitis (SPARCC =0) nach sechs Monaten erreichten 70,8 % der mit Ustekinumab behandelten, aber nur
Quelle: Symposium Janssen-Cilag GmbH, DGRh-Kongress, Dresden, 6. September 2019
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