15 minute read

ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN

Überwiegend gutes Ansprechen nach zweiter Impfung mit mRNA-Vakzine

Für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) gibt es gute Nachrichten zur Effektivität von mRNA-Vakzinen nach der zweiten Dosis seitens einer US-amerikanischen Studiengruppe um Dorry L. Segev, Baltimore. Fast durchweg kam es zu hohen Antikörper-Spiegeln, die einen ausreichenden Schutz bieten sollten – eine Ausnahme bilden aber Patienten auf Rituximab und in geringerem Maße Mycophenolat Mofetil (MMF). Auch im Falle von Methotrexat (MTX) muss womöglich mit einer abgeschwächten Impfwirkung gerechnet werden.

Advertisement

Nachdem erste Studien bei ERE-Patienten eine abgeschwächte Immunogenität nach der ersten mRNA-Impfdosis andeuteten, geben die Daten einer Kohorte von 404 Patienten (im Mittel 44 Jahre, 96 % Frauen) jetzt weitgehend Entwarnung. Häufigste Diagnosen waren eine entzündliche Arthritis (45 %) oder systemischer Lupus erythemadodes (22 %), die am häufigsten verordneten Medikamente Hydroxychloroquin (42 %) und Glukokortikoide (GK; 29 %); 51 % waren auf einer Kombinationstherapie.

Cave: Rituximab, MMF und auch MTX

Ein Monat (im Median 29 Tage) nach der zweiten mRNA-Impfung (49 % Biontech/ Pfizer, 51 % Moderna) wurde der Gesamt-Antikörper-Spiegel (IgM und IgG) gegen die SARS-CoV-2 S-Rezeptorbindungsdomäne (RBD) bestimmt. Die Ergebnisse schwankten zwischen <0,4und >250U/ml, ein positives Ansprechen war definiert als >0,79U/ml. Ein solches erreichten 94 % der ERE-Patienten, der mediane Anti-RBD-Titer war über dem oberen Limit des Assay (>250U/ml), niedrigere mediane Titer wurden bei Patienten auf MMF (8U/ml) und vor allem Rituximab (<0,4U/ml) festgestellt. Therapieregime mit TNFα-Inhibitoren waren mit einem positiven Antikörper-Ansprechen assoziiert (100 %; p<0,001), während solche mit MMF (73 %; p<0,001), Rituximab (26 %; p<0,001) oder GK (82 %; p<0,001) sowie die Diagnose einer Myositis (79 %; p=0,01) mit einem negativen Ansprechen verbunden waren. Dabei waren 80 bzw. 86 % der Patienten mit negativem Ansprechen mit Myositis oder auf GK zugleich auf einer Therapie mit MMF oder Rituximab; alle 8 Teilnehmer auf einer GK-Monotherapie erreichten einen Anti-RBD-Titer >250U/ml. Es kam nach der zweiten Impfdosis zu keiner symptomatischen COVID-19-Infektion, im Vergleich zur Erstimpfung stieg die Rate der Serokonversion von 74 auf 94 %. Letzteres galt auch für Patienten auf MMF (Anstieg von 27 auf 73 %), nicht aber für solche auf Rituximab (33 bzw. 26 % nach 1. bzw. 2. Dosis). (1)

Eine Subgruppenanalyse zu 20 Patienten, die nach der zweiten Dosis kein ausreichendes Ansprechen zeigten, ergab, dass die häufigsten Diagnosen SLE (50 %), Myositis (25 %) und Vaskulitis (15 %) waren. 90 % erhielten mehrere immunmodulierende Therapien, 80 % GK als Erhaltungstherapie (im Median 5 mg/ Tag). Das mit 55 % am häufigsten verordnete bDMARD war Rituximab (die Infusion erfolgte im Median 14 Wochen vor der 1. Impfdosis), 50 % erhielten MMF. Nur zwei Patienten erhielten weder Rituximab noch MMF (Belimumab bzw. Azathioprin plus Tacrolimus). Zudem hatten drei Patienten intravenöse Immunglobuline (IVIG) erhalten. Als gemeinsamer Nenner für ein schlechtes Impfansprechen zeigt sich somit der Einsatz B-Zelldepletierender oder die Lymphozyten beeinflussender Medikamente. (2)

Dass auch MTX bei ERE-Patienten mit einer schwächerem Impfwirkung nach zwei Dosen Biontech/Pfizer assoziiert ist, fanden Experten um Jose U. Scher und Mark J. Mulligan, New York (USA), sowie Georg Schett, Erlangen, bei der Auswertung zweier unabhängiger Kohorten heraus. Sowohl 208 gesunde Kontrollen (98,1 %) als auch 37, meist mit TNFα-Inhibitoren behandelte ERE-Patienten (91,9 %) erreichten eine robuste Immunantwort, während dies bei 45 Patienten, die (auch) MTX erhielten, nur zu 62,2 % der Fall war. Neben dem schlechteren humoralen Ansprechen zeigte sich auch eine verringerte Immunantwort auf zellulärer Ebene (kein Anstieg der CD8+ T-Zell-Aktivierung). Allerdings waren die Gruppen sehr klein, die Patienten auf MTX im Schnitt älter und es erfolgte keine Adjustierung auf die Krankheitsaktivität. Daher bleibt abzuwarten, ob künftig alternative Strategien (dritte Impfdosis, Pausieren oder Dosisreduzierung von MTX) erforderlich sind. (3) m

Quellen:

1 Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-220656 2 Ann Intern Med 2021; doi: 10.7326/M21-1451 3 Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-220597

ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN SARS-CoV-2-Impfantworten meistens dennoch gut

Nachdem eine erste deutsche Studie bereits auf eine ausreichende Impfantwort auf mRNA-Vakzine gegen SARS-CoV-2 bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) auch unter immunsuppressiven Therapien hingewiesen hatte, gab jetzt auch eine Studie von Georg Schett und Markus F. Neurath, Erlangen, und Kollegen vom Deutschen Zentrums Immuntherapie (DZI) weitgehend Entwarnung.

In die Studie eingeschlossen wurden Patienten und Kontrollen einer großen COVID-19-Studie 1) ohne COVID-19 in der Anamnese, 2) einem negativen Anti-SARS-CoV-2 IgG-Test zu Baseline und 3) einer SARS-CoV-2-Vakzinierung mindestens 10 Tage bevor die Seren auf Anti-SARS-CoV-2 IgG hin bestimmt wurden. Analysiert wurden die Impfantworten von 84 ERE-Patienten (rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, Spondylarthritis, Kollagenosen, Psoriasis, CED etc.) und 182 gesunden Kontrollen.

Zunächst die positive Botschaft: Die SARS-CoV-2-Impfung mit mRNA-Vakzinen (Biontech/Pfizer, Moderna) war für ERE-Patienten sogar verträglicher als für Gesunde, Reaktionen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Schüttelfrost oder Gelenkschmerzen waren im Vergleich deutlich seltener.

Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass im Gegensatz zu den Kontrollen (99,5 %) nicht alle ERE-Patienten (90,5 %) ausreichend ansprachen und einen Immunschutz mit neutralisierenden Antikörpern gegen SARS-CoV-2 entwickeln (p=0,0008); 5 ERE-Patienten zeigten kein Ansprechen (Anti-SARS-CoV-2 IgG; p=0,003). Auch war das Ansprechen verzögert und reduziert gegenüber den Kontrollen (6,47 vs. 9,36; p<0,001), dies auch adjustiert auf Alter, Geschlecht und die Zeit seit der Vakzinierung. Bei einigen Patienten könnte daher eine Kontrolle des Antikörper-Status nach der zweiten Impfung sinnvoll sein. Kein Unterschied war aber bei den ERE-Patienten in Abhängigkeit von der Therapie (bDMARD, csDMARDs oder unbehandelt) erkennbar.

Immunmodulierende Therapien sollten den Autoren zufolge also in der Regel weitergegeben werden, auch sprechen die meisten ERE-Patienten ausreichend auf eine mRNA-basierte Impfung an – eine Auffrischung dürfte aber früher geboten sein. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-220461

Erhöhtes Herpes Zoster-Risiko nach mRNA-Vakzinierung?

Während das globale COVID-19-Impfprogramm Fahrt aufnimmt und vermehrt auch Patienten mit autoimmunen entzündlichrheumatischen Erkrankungen an die Reihe kommen, gilt es auch bei den bislang als sicher geltenden mRNA-Vakzinen wie BNT162b2 auf unerwünschte Ereignisse zu achten. Angesichts der dort erfolgreichen Impfkampagne ist es nicht überraschend, dass erste Daten hierzu aus Israel stammen. Victoria Furer, Tel Aviv, und Kollegen publizierten eine Fallserie von ERE-Patienten, die nach der Impfung einen Herpes Zoster entwickelten.

Die Sicherheit der BNT162b2 (Biontech/ Pfizer) mRNA-Vakzine wurde in einer größeren Beobachtungsstudie evaluiert, in der nach der Impfung auftretende unerwünschte Ereignisse (UE) bei 491 ERE-Patienten und 99 Kontrollen in zwei Rheumatologie-Abteilungen registriert wurden.

Die Herpes Zoster-Prävalenz betrug 1,2 % (n=6) bei den ERE-Patienten gegenüber 0 % in der kleineren Kontrollkohorte. Bei genauerer Betrachtung trat ein Herpes Zoster erstmals in deren Leben und kurz nach der Impfung bei 6 Frauen (mittleres Alter 49 Jahre) mit stabiler Erkrankung auf, wobei es sich in 4 Fällen um eine rheumatoide Arthritis (RA) handelte, je eine Patientin hatte ein Sjögren-Syndrom bzw. eine undifferenzierte Kollagenose. Bei 5 Frauen geschah dies nach der ersten Impfdosis, nur bei einer nach der zweiten.

In der Mehrzahl der Fälle verlief die Herpes Zoster-Infektion mild mit Ausnahme eines Zoster ophthalmicus (ohne Cornea-Beteiligung) bei einer mit Tofacitinib behandelten RA-Patientin. Es gab jedoch keine Fälle einer disseminierten ZosterErkrankung oder postherpetischen Neuralgie. Mit einer Ausnahme erhielten alle Betroffenen eine antivirale Therapie, unter der die Symptome nach bis zu 6 Wochen verschwanden. 5 Patientinnen erhielten die zweite BNT162b2-Dosis, ohne dass es zu weiteren Ereignissen kam.

Weitere epidemiologische Analysen zur möglichen Assoziation zwischen einer mRNA-basierten COVID-19-Impfung und Zoster-Reaktivierung bei ERE-Patienten wären wünschenswert. m

ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN Impfstatus in Deutschland ist absolut unbefriedigend

Die große Bedeutung eines aktuellen Impfstatus gerade bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) zur Senkung des in diesem Kollektiv hohen Infektionsrisikos sollte mehr als klar sein. Die in einer neuen Querschnittstudie in Deutschland identifizierten Impflücken, über die Uta Kiltz, Herne, und Kollegen berichten, lassen aufhorchen und erfordern ein Umdenken.

Die Ziele der prospektiven Kohortenstudie mit 975 konsekutiven ERE-Patienten waren die Ermittlung der Prävalenz von Infektionen bzw. infektionsbedingten Hospitalisierungen, die Bestimmung des Impfstatus und der Durchführung von Infektionsscreenings vor dem Beginn einer bDMARD-Therapie. Gesammelt wurden Daten zu Komorbiditäten inklusive Infektionen, Therapien, Impfstatus und Screenings auf eine latente Tuberkulose-Infektion (LTBI) sowie Hepatitis B (HepB). Antikörper gegen Masern und HepB wurden per ELISA bestimmt. Der Impfstatus wurde nach einem zuvor definierten Vakzinierungsscore gemäß dem jeweiligen Immunisierungsstatus in die Kategorien niedrig (0-6), moderat (7-13), gut (14-20) und hoch (21-26) eingeteilt. Alle Patienten auf bDMARDs (n=499) wurden auf eine LTBI gescreent und 469 (94 %) auch auf HepB. Sämtliche LTBI-Patienten (n=16) erhielten Isoniazid (3,2 %) und 16 chronische HepB-Patienten Lamivudin (3,4 %). Protektive Masern-spezifische IgG-Antikörper wurden bei 901 Patienten (92,4 %) gefunden. Obwohl 629 Patienten über Vakzinierungsstrategien aufgeklärt wurden (64,5 %), konnten nur 540 ihren Impfausweis vorzeigen (55,4 %). Lediglich 49 % der Patienten waren einer Pneumokokken-Impfung unterzogen worden und weniger als 30 % waren gegen HepB und Influenza geschützt. Zusätzlich hatten 7,6 % keine schützenden Antikörper-Titer gegen Masern. Kein Patient erfüllte die deutschen Impfempfehlungen mit vollständiger Dokumentation der Vakzine. Der durchschnittliche Vakzinierungsscore betrug 13,3 (±4,2), 5,7 % der Patienten hatten einen niedrigen, 43,9 % moderaten, 47,0 % guten und nur 3,3 % einen hohen Score. Die Mehrzahl der Patienten sind somit nicht ausreichend gegen Pneumokokken, HepB, Influenza und Masern geimpft. Obwohl ERE-Patienten und Allgemein-/Hausärzte regelmäßig über die Notwendigkeit, Impfungen auf dem aktuellen Stand zu haben, informiert werden, waren die Impfraten niedrig bis moderat. Die Autoren fordern interdisziplinäre Qualitätsprojekte, um dieses inakzeptable Ergebnis zu verbessern. m

Quelle: RMD Open 2021; 7(1): e001499

Höheres Langzeitsterberisiko jüngerer Patienten

Autoimmune systemisch-entzündliche Krankheiten, vielfach belegt wurde dies gerade für entzündlich-rheumatische Erkrankungen (ERE), sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre (CV) Ereignisse und insbesondere Myokardinfarkte (MI) assoziiert. Der Zusammenhang zwischen systemischer Entzündung und dem CV-Risiko ist zwar gut dokumentiert, wenig bekannt war aber bislang über die Prävalenz und Effekte von ERE bei Erwachsenen, die bereits in jungen Jahren einen MI erlebten. Dies ändert sich nun durch eine Analyse des YOUNG-MI-Registers durch US-amerikanische Experten um Ron Blankstein, Boston.

Beim YOUNG-MI-Register handelt es sich um eine retrospektive Kohortenstudie der Jahre 2000 bis 2016 an zwei großen Zentren, die Patienten einschloss, die einen ersten MI bereits in einem Alter von ≤50 Jahren erlitten hatten. Anhand digitaler Krankenakten wurde das Vorliegen systemischer entzündlicher Erkrankungen (SID) inklusive ERE erfasst, ebenso (zusätzlich anhand nationaler Datenbanken) die Inzidenz von Sterbefällen. Die Kohorte umfasste insgesamt 2.097 Patienten, von denen 53 (2,5 %) eine SID-Diagnose aufwiesen. Meistens handelte es sich dabei um eine Psoriasis vulgaris (64 %), doch auch systemischer Lupus erythematodes (23 %) und rheumatoide Arthritis waren häufig. Nicht überraschend war daher, dass unter den SID-Patienten Frauen überrepräsentiert waren (36 vs. 19 %; p=0,004). Auch eine Hypertonie war in dieser Subgruppe signifikant häufiger (62 vs. 46 %; p=0,025). Über ein medianes Follow-up von 11,2Jahren zeigte sich für Patienten mit einer SID-Diagnose ein signifikant höheres Risiko bezüglich der Gesamtsterblichkeit sowohl im Vergleich mit der Gesamtkohorte von Nicht-SID-Patienten (Hazard ratio, HR 1,95, 95% KI 1,07-3,57; p=0,030), als auch gegenüber einer auf Alter, Geschlecht und traditionelle CVRisikofaktoren wie Typ-2-Diabetes, Nikotinabusus, Übergewicht, Hypertonie und Hypercholesterinämie gematchten Subgruppe von 138 Nicht-SID-Patienten des YOUNG-MI-Registers (HR2,68, 95% KI 1,18-6,07;p=0,018).

Junge MI-Patienten mit einer SID bedürfen angesichts des zusätzlich erhöhten Sterberisikos eines besonders intensiven Therapiemanagements von kardiologischer und (bei ERE) auch rheumatologischer Seite. m

GA BE MAI/JUNI 2020 | A US S BDRH AN DE NGSORG LU EI TT MI

BERUFSVERBAND

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.

BDRh

ZUKUNFT

Investieren oder Sparen

BDRh

BERUFSVERBAND

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V. EULAR 2020

eular

MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE JULI/AUG 2020

BDRh

BERUFSVERBAND

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V. VIRTUELLER DGRH-KONGRESS

MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE SEP/OKT 2020

Ihr Partner in der Rheumatologie auch im Jahr 2021!

BDRh

BERUFSVERBAND

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.

BDRh

Weiter die Zukunft gestalten

MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE JAN/FEB 2021

BDRh

BERUFSVERBAND

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.

Warum nicht?

ASV

MITTEILUNGSORGAN DES BDRH | AUSGABE MÄRZ/APRIL 2021

BERUFSVERBAND

DEUTSCHER RHEUMATOLOGEN e.V.

AXIALE SPONDYLOARTHRITIS Diagnostik: Welche MRT-Läsionen sind entscheidend?

Für die diagnostische Einstufung als axiale Spondyloarthrits (axSpA) sind im MRT ermittelte pathologische Veränderungen der Sakroilliakal-Gelenke (SIG) von hoher Relevanz. In der täglichen Praxis spielen Radiologen daher eine wichtige Rolle in der Bewertung der MRT-Befunde. Deutsche Rheumatologen um Xenofon Baraliakos, Herne, untersuchten jetzt in einer Studie den Einfluss der MRT SIG-Befunde für die axSpA-Diagnose durch Radiologen im Vergleich zur Diagnose durch Rheumatologen.

In die prospektive Studie eingeschlossen wurden Patienten ≤45 Jahre mit Überweisung aufgrund eines klinischen Verdachts auf eine axSpA, die einer vollständigen diagnostischen Evaluation inklusive eines STIR‐ und T1‐gewichteten MRT der SIG unterzogen wurden. Als Goldstandard wurde die axSpA-Diagnosestellung durch einen erfahrenen Rheumatologen mit Zugang zu allen relevanten Informationen festgelegt. Zum Vergleich beurteilten zwei erfahrene Radiologen ohne Kenntnis der klinischen Daten die MRT-Aufnahmen und zeigten auf, welche MRT-Läsionen aus ihrer Sicht kritisch für die Entscheidung für oder gegen eine Klassifizierung als axSpA sind.

Von 300 Patienten erhielten 132 (44 %) eine axSpA-Diagnose. Das mittlere Alter in beiden Gruppen war vergleichbar, jedoch unterschieden sich Patienten mit axSpA von jenen ohne diese Diagnose signifikant in Bezug auf die Symptomdauer (58,6 vs. 33,9 Monate; p=0,003) und HLA–B27-Positivität (75,6 vs. 19,0 %; p<0,001). Die Rheumatologen und Radiologen stimmten in 262 Fällen (87,3 %) in ihrer Diagnose überein, während 34 Patienten (11,3 %) nur von Rheumatologen (klinisch) als axSpA diagnostiziert wurden und umgekehrt 4 Fälle (1,3 %) nur von Radiologen als axSpA eingeschätzt wurden. Knochenmarködeme (BME) und Sklerose zeigten die höchste Sensitivität, während Erosionen und „fatty lesions“ die höchste Spezifität für die Diagnose einer axSpA aufwiesen.

Den höchsten positiv prädiktiven Wert hatte die Kombination aus BME und Erosionen (86,5 %). Bei Patienten mit V.a. axSpA sind somit strukturelle SIGVeränderungen alleine oder in Kombination mit BME die MRT-Befunde mit der höchsten diagnostischen Relevanz. Aus den Studiendaten lässt sich ablesen, dass das Fehlen eines BME überwiegend nicht mit einer axSpA-Diagnose kompatibel ist, vorliegende BME diese aber auch nicht zwingend bestätigen. m

Quelle: Arthritis Rheumatol 2021; doi: 10.1002/art.41595

KI: Sichere Erkennung von röntgenologischer Sakroiliitis

Erstmals auf dem ACR-Kongress 2020 vorgestellt, publizierten deutsche Experten um Keno K. Bressem und Janis L. Vahldiek, Berlin, jetzt die ersten erfolgreichen Daten zum Einsatz der künstlichen Intelligenz (KI) als „Deep Learning“ für die Erkennung von für die axSpA typischen Veränderungen im Röntgenbild der SIG als Nachweis einer definitiven röntgenologische Sakroiliitis.

Insgesamt wurden über 2.000 durch zentrale Experten bewertete Röntgenbilder der SIG aus zwei unabhängigen axSpA-Kohorten herangezogen, um ein artifizielles neuronales Netz zu trainieren, validieren und dann unabhängig zu testen. Zum Training und für die Validierung diente die internationale PROOF-Studie (1.553 bewertete SIG-Röntgenaufnahmen; Training n=1.324, Validierung n=229), zur abschließenden Testung die deutsche GESPIC-Kohorte (458 ausgewertete SIG-Röntgenbilder). Das neuronale Netz wurde auf die Erkennung einer definitiven röntgenologischen Sakroiliitis nach den modifizierten New York-Kriterien und somit eine Klassifikation als nicht-röntgenologische oder röntgenologische axSpA trainiert.

Das Ergebnis war eine 90- bzw. 88 %-ige Übereinstimmung zwischen der Beurteilung des neuronalen Netzes und der Experten im Validierungs- bzw. Testdatensatz. Somit wurde nachgewiesen, dass eine zuverlässige und einheitliche Erkennung definitiver pathologischer Veränderungen im Röntgenbild von SIG mithilfe der KI möglich ist. Eine Untersuchung der Netz-Performance im diagnostischen Setting sollte noch folgen. Für den klinischen Alltag wäre zudem die Erkennung von axSpA-typischen Veränderungen der SIG im MRT von großer Bedeutung, entsprechende Projekte hierzu laufen noch. m

AXIALE SPONDYLOARTHRITIS Polygene Risikoscores könnten diagnostisch bedeutsam sein

Bis zur Diagnose einer röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (r-axSpA), sprich ankylosierenden Spondylitis (AS), vergeht oft immer noch viel Zeit. Die internationale TCRI AS-Studiengruppe um Matthew A. Brown, London (Großbritannien), und Huji Xu, Shanghai (China), prüfte nun die Hypothese, dass polygene Risikoscores (PRS) eine gute Diskriminierung von AS-Fällen gegenüber gesunden Kontrollen und Patienten mit chronischen Rückenschmerzen erlauben könnten.

Zunächst wurden anhand von Daten genomweiter Assoziationsstudien (GWAS) mit 15.585 AS-Fällen und 20.452 Kontrollpersonen PRS für Menschen europäischer und ostasiatischer Herkunft entwickelt und validiert. Die Diskriminierung einer AS durch PRS in den genannten Populationen wurde dann mit jenem anderer geläufiger diagnostischer Tests, wie dem CRP-Wert, HLA-B27 und Sakroiliitis im MRT verglichen.

Im europäischen Kollektiv bot der PRS in einer ROC-Analyse ein hohes diskriminatorisches Potenzial mit einer AUC (Area under the curve) von 0,924. Dieses war signifikant besser als alleine die HLA-B27-Testung (AUC 0,869), MRT-Sakroiliitis (AUC 0,885) oder der CRP-Wert (AUC 0,700). Bei Patienten ostasiatischer Abstammung schnitt der PRS vergleichbar gut ab (AUC 0,948). Ausgehend von einer Vortest-Wahrscheinlichkeit für eine AS von 10 % bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen und einem Alter <45 Jahre, ermöglichte der PRS im Vergleich zum alleinigen HLA-B27-Test höhere positiv bzw. negativ prädiktive Werte für 35 respektive 67,5 % der Patienten. Für den PRS wurden im europäischen Kollektiv als Maximum positiv bzw. negativ prädiktive Werte von 78,2 respektive 100 % ermittelt, für den HLAB27 waren es im Vergleich nur 51,9 bzw. 97,9 %. Im Ergebnis haben PRS somit eine höhere diskriminatorische Kapazität für AS als CRP-Wert, MRT-Sakroiliitis oder der HLA-B27-Status alleine und könnten – ein entsprechendes Feintuning für ethnische Gruppen, breite Verfügbarkeit und nicht zuletzt vertretbare Kosten vorausgesetzt – künftig durchaus ein wichtiges zusätzliches Tool für die frühere Diagnose einer AS darstellen. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-219446

Gemischte Ergebnisse aus der TICOSPA-Studie

Zwar soll auch bei axialer SpA nach dem Treat-to-target (T2T)-Prinzip vorgegangen werden, an Evidenz aus Studien mangelte es jedoch. Jetzt wurden zu diesem Ansatz die etwas ernüchternden Ergebnisse der pragmatischen, Cluster-randomisierten, kontrollierten TICOSPA-Studie von Anna Moltó, Paris (Frankreich), und Kollegen publiziert.

In der Studie wurden 160 Patienten mit axSpA (gemäß ASAS-Kriterien, NSAR ineffektiv, bDMARD-naiv, ASDAS >2,1) an 18 Expertenzentren in Frankreich, Belgien und den Niederlanden im Verhältnis 1:1 auf eine T2T-Strategie nach den EULAR-Empfehlungen mit dem Ziel eines ASDAS <2,1 und Visiten alle 4 Wochen (TC) oder eine Standardversorgung (Entscheidungen durch Arzt, Visiten alle 12 Wochen; UC) randomisiert.

Primärer Endpunkt war der prozentuale Anteil der Patienten mit signifikanter Verbesserung (≥30 %) des ASAS-Health Index (ASAS-HI) über 12 Monate. Die Patienten waren im Mittel 37,9 Jahre alt, die Krankheitsdauer betrug 3,7 Jahre, 51,2 % waren Männer. Radiologische Schäden der SI-Gelenke, eine Sakroiliitis im MRT und HLA-B27+ zeigten bzw. waren 46,9, 81,9 und 75,0 % der Patienten. Der mittlere ASDAS betrug zu Baseline 3,0, der ASAS-HI 8,6. Die letzte Visite in Monat 12 nahmen je 90 % der Patienten in beiden Gruppen in Anspruch.

Obwohl 47,3 vs. 36,1 % der Patienten im TC- und UC-Arm den primären Endpunkt in Monat 12 erreichten, war dies mit keinem der beiden Cluster-adjustierten Modelle signifikant (p=0,07 bzw. =0,09). In allen sekundären Endpunkten zeigten sich im Trend aber Vorteile für den TC-Arm, signifikant waren diese beim Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität im ASDAS-LDA (76,5 vs. 59,5 %; p<0,01 bzw. =0,03), im ASAS20- (94,9 vs. 85,9 %; p<0,01 bzw. =0,03) und ASAS40Ansprechen (52,3 vs. 34,7 %; p<0,01 bzw. =0,03) sowie BASDAI 50-Ansprechen (79,0 vs. 43,8 %; p=0,01 bzw. =0,03).

Gleichzeitig war die Anzahl der mit Biologika behandelten Patienten im TC-Arm signifikant höher (56,2 vs. 27,2 %) und bei mehr Patienten wurden unterwünschte Ereignisse verzeichnet (41,3 vs. 27,5 %).

Somit zeigte sich, dass eine TC-Strategie mit häufigen Visiten und strenger Verfolgung des Therapieziels bei manchen Patienten vorteilhaft sein kann, der Vorteil aber mit erhöhten Behandlungskosten und Risiken erkauft wird. m

This article is from: