9 minute read

PSORIASIS-ARTHRITIS

Gemischter Ausblick auf IL-17A/F-Inhibition

Bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) gab es zuletzt den sicher größten Zuwachs an neuen Therapieoptionen in der Rheumatologie. Auch wenn kürzlich der zweite Januskinase-Inhibitor Einzug in die PsA-Therapie gehalten hat, scheint derzeit der Ansatz an der Interleukin (IL)-17/23-Schiene die besten Ergebnisse bei peripherer Arthritis und Hautbeteiligung zu ermöglichen. Jenseits der neu zugelassenen IL-23-Inhibition mit Guselkumab schon länger etabliert sind die beiden IL-17A-Inhibitoren Secukinumab und Ixekizumab. Eine noch stärkere Wirkung, zumindest auf die Psoriasis, scheint die duale IL-17A/F-Inhibition zu versprechen, die aber auch ein deutlich höheres Risiko für Candidiasis bietet, wie zwei aktuelle Phase-III-Studien zu dem auch bei PsA erprobten IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab bei Plaque-Psoriasis zeigen.

Advertisement

Bereits vor einigen Jahren war der IL17A/F-Inhibitor Bimekizumab verstärkt in den Fokus der Rheumatologen gerückt, nachdem er in einer Phase-I-Studie ein spektakuläres ACR20-Ansprechen von gut 80 % ermöglicht hatte. Auch die daraufhin bei PsA durchgeführte Phase-IIDosisfindungsstudie BE-ACTIVE hatte vor allem in höheren Dosierungen (160 und 320 mg s.c. alle 4 Wochen) vielversprechende Ergebnisse geliefert.

Bimekizumab hoch effektiv, aber mehr Candidiasis

Bereits zuvor wurde der monoklonale IgG1-Antikörper bei mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis getestet. Zu dieser Indikation wurden jetzt parallel zwei randomisierte, doppelblinde, aktivkontrollierte Phase-III-Studien mit direkten Vergleichen gegen Secukinumab und Adalimumab publiziert.

Zunächst zur BE RADIANT-Studie, die stellvertretend Kristian Heich, Hamburg, und Richard B. Warren, Manchester (Großbritannien), veröffentlichten. In der Phase-IIIb-Studie waren 1.005 Patienten mit aktiver Plaque-Psoriasis im Verhältnis 1:1 auf Bimekizumab 320 mg alle 4 Wochen oder Secukinumab 300 mg 1x wöchentlich bis Woche 4 und dann alle 4 Wochen bis Woche 48 randomisiert worden. In Woche 16 wurden die Bimekizumab-Patienten 1:2 auf eine Erhaltungsdosis von 320 mg alle 4 oder 8 Wochen re-randomisiert. Den primären Endpunkt eines PASI 100-Ansprechens in Woche 16 erreichten signifikant mehr Patienten unter Bimekizumab (61,7 vs. 48,9 %; p<0,001), auch in Woche 48 blieb es bei diesem Vorteil im PASI 100-Ansprechen (67,0 vs. 46,2 %; p<0,001). Trotz der signifikanten Überlegenheit gab es aber den Wermutstropfen einer gegenüber Secukinumab deutlich häufigeren oralen Candidiasis (19,3 vs. 3,0 %), was das langfristige Potenzial des Antikörpers prospektiv auch bei der PsA schmälern könnte. (1)

Dies verdeutlicht auch die wiederum von Richard B. Warren und Kollegen publizierte Phase-IIIb-Studie BE SURE, in der 478 Patienten mit aktiver Plaque-Psoriasis im Verhältnis 1:1:1 auf Bimekizumab 320 mg alle 4 Wochen für 56 Wochen, Bimekizumab 320 mg alle 4 Wochen bis Woche 16 und danach alle 8 Wochen bis Woche 56 oder Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen für 24 Wochen, gefolgt von Bimekizumab 320 mg alle 4 Wochen bis Woche 56 randomisiert wurden. Primäre Endpunkte waren ein PASI 90-Ansprechen und ein Investigator’s Global Assessment (IGA)-Score von 0 oder 1 in Woche 16. Ausgehend von einem Baseline-PASI von 19,8 erreichten signifikant mehr der mit Bimekizumab behandelten Patienten ein PASI 90-Ansprechen (kombiniert: 86,2 vs. 47,2 %; p<0,001) sowie einen IGA-Score 0/1 (kombiniert: 85,3 vs. 57,2 %; p<0,001). Neben Infektionen der oberen Atemwege, Hypertonie und Diarrhö zählte auch hier die orale Candidiasis zu den häufigsten Nebenwirkungen. (2)

Pilzinfektionen als Klasseneffekt?

Vermutlich handelt es sich hier um einen IL-17A/F-Klasseneffekt, denn auch der neuartige, in einer Phase-IIb-Studie mit 383 Psoriasis-Patienten erneut erfolgreich gegen Secukinumab getestete trivalente, gegen IL-17A/F gerichtete Nanokörper Sonelokimab zeichnete sich durch eine erhöhte Rate von CandidaInfektionen aus (17,4 vs. 1,9 %). (3) m

Quellen:

1 N Engl J Med 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2102383 2 N Engl J Med 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2102388 3 Lancet 2021; 397(10284): 1564-1575

Bei der PsA laufen derzeit zwei Phase-III-Studien zu Bimekizumab: BE COMPLETE mit 390 auf Anti-TNF-Therapien versagenden Patienten versus Placebo und BE OPTIMAL mit 840 Patienten nach csDMARD-Versagen versus Adalimumab. Auch bei axialer Spondyloarthritis laufen zwei Phase-III-Studien. Von einer guten Wirksamkeit ist jeweils auszugehen. Auf eine Candidiasis wird aber zu achten sein, auch wenn diese in den Studien zur Plaque-Psoriasis meist nur leicht oder moderat war – dennoch könnte dies ein gewisses Problem darstellen.

AUSBLICK

PSORIASIS-ARTHRITIS DISCOVER-1: Positive 1-Jahres-Daten zu Guselkumab

Jenseits der erfreulichen, kürzlich publizierten 52-Wochen-Daten zu dem Interleukin (IL)-23p19-Inhibitor Guselkumab aus der Phase-III-Studie DISCOVER-2, wurden nun von Christopher T. Ritchlin, Rochester (USA), und Kollegen auch jene zur parallelen DISCOVER-1-Studie präsentiert, in der Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) erfasst wurden, die noch Biologika-naiv oder bereits TNFα-Inhibitor (TNFi)-erfahren waren.

In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie DISCOVER-1 wurden 381 die CASPAR-Kriterien erfüllende, erwachsene Patienten mit aktiver PsA (SJC und TJC je ≥3, CRP ≥0,3mg/dl) trotz Standardtherapie (31 % hatten zuvor ≤2 TNFi erhalten) im Verhältnis 1:1:1 auf Guselkumab 100mg alle 4 Wochen (Q4W), Guselkumab 100mg in Woche 0 und 4, dann alle 8 Wochen (Q8W), oder Placebo randomisiert mit einem Cross-Over der Placebo-Patienten zu Guselkumab 100mg Q4W in Woche 24 bis Woche 48. Die klinische Wirksamkeit (Non-Responder Imputation) wurde bis Woche 52, unerwünschte Ereignisse (UE) bis Woche 60 evaluiert. 90 % der Teilnehmer schlossen die Studie ab. In Woche 24 war unter Guselkumab Q4W und Q8W der primäre Endpunkt eines ACR20-Ansprechens (59 und 52 vs. 22 %; je p<0,0001) signifikant erreicht worden. Bis Woche 52 kam es zu einem weiteren Anstieg und 73 bzw. 60 % der Patienten erreichten unter dem Q4W- oder Q8WIntervall das ACR20-Kriterium. Auch das ACR50/70- und Hautansprechen, eine minimale/sehr niedrige Krankheitsaktivität (MDA/VLDA), Verbesserungen im HAQ-DI oder der Lebensqualität blieben bis Woche 52 erhalten oder stiegen noch an, unabhängig davon, ob die Patienten TNFi-naiv oder TNFi-erfahren waren. Ein ACR50/70-Ansprechen in Woche 52 erreichten ca. 50 bzw. 25 % der Patienten, das PASI 90-Kriterium bis zu 75 %. Schwere UE und schwere Infektionen waren sowohl unter Guselkumab Q4W als auch Q8W bis Woche 60 selten mit 3 und 0 % bzw. 6 und 2 %. Es gab keine neuen Sicherheitssignale, und es wurden keine opportunistischen Infektionen oder entzündliche Darmerkrankungen berichtet.

Im Gesamtüberblick bot Guselkumab eine anhaltende Verbesserung klinischer PsA-Manifestationen mit einem vorteilhaften Nutzen/Risiko-Profil über 52 Wochen sowohl bei TNF-naiven Patienten als auch solchen, die auf TNFi versagt hatten. m

Quelle: RMD Open 2021; 7(1): e001457

Enthesitis-Remission essenziell für Therapieergebnis

In einer gepoolten Analyse der beiden bereits besprochenen Phase-III-Studien zum IL-23-Inhibitor Guselkumab, DISCOVER-1 und -2, wurden auch Patienten mit Enthesitis genauer unter die Lupe genommen. Weitere Auswertungen über bis zu 52 Wochen, in denen überdies auch die Assoziation einer Resolution der Enthesitis mit dem Erreichen einer minimalen Krankheitsaktivität (MDA) untersucht wurde, legten nun Dennis McGonagle, Leeds (Großbritannien), und Kollegen vor.

In beiden Phase-III-Studien waren die Patienten im Verhältnis 1:1:1 auf Guselkumab 100mg alle 4 Wochen (Q4W), Guselkumab 100mg in Woche 0 und 4, dann alle 8 Wochen (Q8W), oder Placebo randomisiert worden. Die Enthesitis wurde mit dem Leeds Enthesitis Index (LEI; 0–6) bewertet, in einer präspezifizierten gepoolten Analyse bis Woche 24 und danach in einer Post-hoc-Analyse bis einschließlich Woche 52.

Von den 1.118 randomisierten und behandelten Patienten aus DISCOVER-1 und -2 wiesen 65 % zu Baseline eine Enthesitis auf. Diese Teilnehmer zeichneten sich zugleich durch numerisch mehr geschwollene und druckschmerzhafte Gelenke (SJC/TJC), systemische Entzündung und eine schlechtere körperliche Funktion (HAQ-DI) im Vergleich zu solchen ohne Enthesitis aus.

Guselkumab Q4W und Q8W waren hinsichtlich einer Remission der Enthesitis (LEI=0) in Woche 24 Placebo signifikant überlegen (45 und 50 vs. 29 %; beide adjustiert p=0,0301). Diese Rate stieg bis Woche 52 in den Guselkumab-Armen weiter auf 58 % an, wobei vor allem Patienten mit milder (LEI=1; 70–75 %) und moderater (LEI=2; 69–73 %), aber auch solche mit schwerer Enthesitis (LEI=3–6; 42–44 %) zu Baseline profitierten. Ein interessanter Befund war, dass Patienten, die unter Guselkumab in Woche 24 eine Enthesitis-Remission erreicht hatten, gegenüber jenen, bei denen dies nicht gelang, weitaus häufiger eine MDA in Woche 52 erreichten (42 vs. 17 %).

Der IL-23-Inhibitor zeigt somit eine gute Wirksamkeit bei Enthesitis über bis zu 52 Wochen, wobei sich deren frühe Remission in einem insgesamt besseren Therapieergebnis niederschlägt. m

PSORIASIS-ARTHRITIS Fäkale Mikrobiota-Transplantation enttäuscht

Auch wenn der Nachweis einer Kausalität noch aussteht, werden große Hoffnungen damit verbunden, einer Dysbiose des Darmmikrobioms bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen mit einer fäkalen Mikrobiota-Transplantation (FMT; Stuhlimplantation) zu begegnen. Eine erste randomisierte, placebokontrollierte Proof-of-Concept-Studie dänischer Experten um Torkell Ellingsen, Odense, zur Effektivität und Sicherheit der FMT bei Patienten mit peripherer Psoriasis-Arthritis (PsA) verlief jedoch enttäuschend.

In der doppelblinden, auf Überlegenheit getrimmten Parallelgruppenstudie wurden im Verhältnis 1:1 letztlich 31 erwachsene Patienten (2/3 Frauen, im Mittel 51 Jahre, mittlere Krankheitsdauer 4 Jahre) mit aktiver peripherer PsA (SJC ≥3) trotz einer Methotrexat (MTX)-Therapie auf eine Gastroskopie-geleitete FMT oder Sham-Transplantation in das Duodenum (Dosierungen von 50 mg von vier gesunden Spendern) randomisiert. Die Sicherheit wurde während der gesamten Studienphase evaluiert, der primäre Wirksamkeitsendpunkt war der Anteil von Patienten mit Therapieversagen, definiert als erforderliche Therapieintensivierung, in Woche 26. Wichtige sekundäre Endpunkte waren die Veränderung im HAQ-DI und das ACR20-Ansprechen in Woche 26.

Im Ergebnis wurden zwar keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse dokumentiert, am häufigsten waren gastrointestinale Ereignisse (Übelkeit, Erbrechen, Flatulenzen). Jedoch trat ein Therapieversagen häufiger in der FMT- als in der Sham-Gruppe (60 vs. 19 %, Risk ratio, RR 3,20; 95% KI 1,06-9,62; p=0,018) auf. Auch bezüglich einer Verbesserung im HAQ-DI schnitt die ShamGruppe signifikant besser ab (0,07 vs, 0,30 Punkte; p=0,031). Hingegen war im ACR20-Ansprechen nach 26 Wochen kein Unterschied zwischen der FMT- und Sham-Therapie erkennbar (47 vs. 50 %; RR 0,93; p=n.s.).

In dieser ersten interventionellen Studie zur FMT bei entzündlicher Arthritis war die FMT zwar sicher, schien aber der Sham-Therapie bei aktiver peripherer PsA unterlegen zu sein. Da das neue Verfahren bei CED durchaus mit gewissem Erfolg erprobt wurde, sollte es bei PsA oder anderen entzündlichen Arthritiden angesichts der geringen Teilnehmerzahl nicht vorschnell ad acta gelegt werden. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-219511

Geringes Risiko für Malignitäten unter Secukinumab

Während es zur TNFα-Inhibition mittlerweile recht gute Daten zum Langzeitrisiko für Tumoren gibt, fehlt es für die Interleukin (IL)-17A-Inhibition noch an entsprechenden robusten Befunden. Eine aktuelle Auswertung integrierter Sicherheitsdaten aus dem klinischen Secukinumab-Entwicklungsprogramm über 5 Jahre und Post-Marketing-Studien bei Patienten mit Psoriasis, PsoriasisArthritis (PsA) und ankylosierender Spondylitis (AS), die ein internationales Expertenteam um Mark Lebwohl, New York (USA), veröffentlichte, zeigt ein nur geringes, nicht erhöhtes Tumorrisiko an.

In die andauernde Studie gingen die Sicherheitsdaten von 10.685 Psoriasis-, 2.523 PsA- und 1.311 AS-Patienten aus 49 klinischen Studien ein, die Secukinumab (mindestens eine Dosis) über ein maximales Follow-up von 5 Jahren erhalten hatten.

Bestimmt wurde das Malignitätsrisiko anhand Expositions-adjustierter Inzidenzraten (EAIR; Inzidenzraten pro 100 Patientenjahre, PJ, auf Secukinumab). Standardisierte Inzidenzraten (SIR) wurden über den Abgleich mit der „Surveillance, Epidemiology, and End Results Program“ (SEER)-Datenbank als Referenzpopulation berechnet. Zusätzlich wurde die unbereinigte Malignitäts-Inzidenz aus Post-Marketing-Studien (PMS) berichtet.

Über 5 Jahre hinweg betrug die EAIR unter Secukinumab 0,85/100 PJ (95% KI 0,74-0,98), entsprechend 204 Krebsfällen während 23.908 PJ. Beim Vergleich mit der erwarteten Anzahl von Malignitäten in der Referenzpopulation ergab sich indikationsübergreifend eine SIR von 0,99 (95% KI 0,82-1,19) für mit Secukinumab behandelte Patienten. Aus den PMSDaten geht indikationsübergreifend eine kumulative Inzidenzrate von 0,27/PJ bei einer kumulativen Exposition von 285.811 PJ hervor. Das Risiko für Malignitäten in dieser großen Analyse war unter Secukimumab somit nicht erhöht und erscheint über eine Beobachtungsdauer von 5 Jahren in allen Indikationen als relativ gering.

Die Befunde unterstützen somit in der Gesamtbetrachtung die Langzeitanwendung von Secukinumab und wahrscheinlich auch des Therapieprinzips der IL-17A-Inhibition insgesamt. m

This article is from: