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LUPUSNEPHRITIS

Voclosporin erfolgreich in Phase-III-Studie AURORA-1 geprüft

Positive Daten der Phase-II-Studie AURA-LV ließen bereits darauf hoffen, dass der neuartige, hochpotente Calcineurin-Inhibitor (CNI) Voclosporin, der ein vorteilhaftes metabolisches Profil aufweist und eine konsistente Dosis-Wirkungs-Beziehung zeigt, bei aktiver Lupusnephritis (LN) gut wirksam ist. Bestätigt wurde dies durch die im vergangenen Jahr auf Kongressen vorgestellten und jetzt von Robert Huizinga, Victoria (Kanada), und Kollegen publizierten Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie AURORA-1 zur Effektivität und Sicherheit von Voclosporin kombiniert mit Mycophenolat Mofetil (MMF, 2 g/Tag) gegenüber Placebo plus MMF bei raschem Tapering oraler Steroide.

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Strukturell ist Voclosporin mit Azathioprin verwandt, weist jedoch durch die Eingliederung eines C-Atoms mit Doppelbindung eine gegenüber diesem 4-fach höhere Potenz auf. In die AURORA-1-Studie wurden in 27 Ländern 357 erwachsene Patienten (88 % Frauen, mittleres Alter 31 Jahre) mit aktiver LN gemäß den ACR-Kriterien eingeschlossen und im Verhältnis 1:1 für 52 Wochen auf Voclosporin 2x 23,7 mg/Tag oder Placebo (jeweils plus Therapie mit MMF 2 g/Tag plus Steroiden) randomisiert. Die Einschlusskriterien waren eine bioptisch gesicherte LN (Klasse III, IV, V) sowie eine Proteinurie von >1,5 mg/mg oder >2 mg/mg für Klasse V-Patienten. Primärer Endpunkt war ein vollständiges renales Ansprechen (CRR) in Woche 52, definiert als Komposit aus einem Albumin-Kreatinin-Verhältnis im Urin (uPCR) von ≤0,5 mg/mg, einer eGFR ≥60 ml/min. oder keiner bestätigten eGFR-Abnahme >20 % ab Baseline, eine stabile Einnahme niedrig-dosierter Steroide (≤10 mg Prednison/Tag von Woche 44 bis 52) und keine Gabe einer RescueMedikation. Gefordert war zudem eine rasche Steroidreduktion von 20-25 mg/Tag in Woche 1 auf 2,5 mg/Tag in Woche 16.

Signifikant besseres renales Ansprechen nachgewiesen

Den primären Endpunkt einer CRR in Woche 52 erreichten in der Intention-to-treat-Analyse 40,8 % der Patienten unter der Zusatztherapie mit Voclosporin gegenüber 22,5 % in der Placebogruppe (Odds ratio, OR 2,65; p<0,0001) (Abb.). Signifikant häufiger erreichten mit Voclosporin behandelte Patienten auch die hierarchischen sekundären Endpunkte wie ein CRR in Woche 24 (32,4 vs. 19,7 %, OR 2,23; p=0,002), ein partielles renales Ansprechen (PRR) in Woche 24 (70,4 vs. 50,0 %, OR 2,43; p<0,001) und Woche 52 (69,8 vs. 51,7 %; OR 2,26; p<0,001), die Zeit bis zum Erreichen eines uPCR ≤0,5 mg/mg (Hazard ratio, HR 2,02; p<0,001) und die Zeit bis zur Reduktion des uPCR um 50 % (HR 2,05; p<0,001). Der Wirksamkeitsvorteil von Voclosporin im CRR erstreckte sich auch über prä-spezifizierte Biopsie-Subgruppen, so für die reine Klasse V LN (OR 2,74) und Klasse III/IV allein oder in Kombination mit Klasse V-Patienten (OR 2,63). Selbiges galt auch für alle präspezifizierten Subgruppenanalysen (z. B. Alter, Geschlecht, Ethnizität, vorherige MMF-Einnahme). Auch das Sicherheitsprofil war insgesamt positiv: Die Inzidenz schwerer unerwünschter Ereignisse war mit 20,8 vs. 21,3 % vergleichbar, am häufigsten waren Infektionen (10,1 vs. 11,2 %), insbesondere Pneumonien, die aber in beiden Therapiearmen gleich verteilt waren. Die Sterblichkeit war gering mit nur einem Fall unter Voclosporin (<1 %) und fünf Fällen im Placeboarm (3 %), in keinem Fall war eine Assoziation mit der Studienmedikation gegeben. Dies war von besonderem Interesse, da in der Phase-II-Studie noch eine erhöhte Sterblichkeit unter Voclosporin gesehen wurde. Unter Voclosporin kam es zu keiner signifikanten Abnahme der eGFR oder einem Anstieg von Blutdruck, Lipiden oder des Glukosespiegels bis Woche 52.

Die Zusatztherapie mit dem neuartigen CNI Voclosporin bot im Hinblick auf ein vollständiges renales Ansprechen somit eine überlegene Wirksamkeit gegenüber der alleinigen Standardtherapie mit MMF bei Patienten mit aktiver LN. Der Weg zur Zulassung auch in Europa scheint damit gebahnt, in den USA ist diese bereits erfolgt. m

Quelle: Lancet 2021; 397(10289): 2070-2080

Abb.: AURORA-1-Studie: Signifikante Überlegenheit von Voclosporin vs. Placebo im vollständigen renalen Ansprechen CRR (primärer Endpunkt) nach 52 Wochen

50

CRR nach 52 Wochen (%) 40

30

20

10 p<0,0001; OR 2,65

40,8

22,5

0

Placebo

Voclosporin 2x 23,7 mg/Tag

SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Neu im Fokus: der Anti-CD40-Ligand Dapirolizumab

Nachdem erste Versuche, Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) zielgerichtet mit einem Anti-CD40-LigandAntikörper zu behandeln, trotz Hinweisen auf eine gute Wirksamkeit, an thromboembolischen Ereignissen gescheitert waren, die auf dessen Fc-Teil zurückgeführt wurden, gab es jetzt einen neuen Anlauf. Mit Dapirolizumab Pegol steht ein PEGyliertes AntiCD40L-Fab-Fragment (ohne Fc-Teil) zur Verfügung, welches sich in einer Phase-I-Studie als diesbezüglich sicher erwies. Jetzt publizierten Richard Furie, New York (USA), und Kollegen die Daten einer 24-wöchigen randomisierten doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie zu Dapirolizumab Pegol mit 24-wöchiger Nachbeobachtung.

In der Studie wurden 182 Patienten mit mäßigem bis schwerem SLE (SLEDAI2K ≥6 und ≥1 BILAG A oder ≥2 BILAG B)und fortgeführter Standardtherapie (SoC: ≤40 mg Prednison, Hydroxychloroquin und konventionelle Immunsuppressiva) im Verhältnis 1:1:1:1 auf Placebo plus SoC oder i.v. Dapirolizumab Pegol (6, 24 und 45 mg/kg) alle 4 Wochen bis Woche 24 plus SoC randomisiert. Prednison über 10 mg/Tag musste innerhalb von 4 Wochen nach der ersten Infusion verpflichtend reduziert werden, auch Patienten mit „stabiler“ Lupusnephritis (LN) konnten in die Studie eingeschlossen werden. Im Anschluss folgte eine 24-wöchige Nachbeobachtung mit alleiniger SoC. 97,8 % der Patienten absolvierten die doppelblinde Studienphase bis Woche 24, 91,8 % unter Studienmedikation und 90,1 % insgesamt komplettierten die Nachbeobachtung bis Woche 48.

In Woche 24 waren für alle Dapirolizumab Pegol-Arme numerisch größere Verbesserungen der immunologischen Parameter (Anti-dsDNA, C3/C4, APLAntikörper) gegenüber Placebo evident. Auch im klinischen Outcome waren Vorteile erkennbar: Ein BICLA-Ansprechen in Woche 24 erreichten versus Placebo 49-55 vs. 37 % (p≥0,05; der primäre Endpunkt wurde verfehlt) und ein SRI-4-Ansprechen bis zu 67 vs. 51 % der Patienten –ohne klare Dosis-Wirkungs-Beziehung. Nach Beendigung von Dapirolizumab Pegol verschlechterten sich die immunologischen Parameter wieder und die BICLA- und SRI-4-Ansprechraten nahmen wieder ab (meistens aufgrund einer Eskalation der SoC, was als NonResponse gewertet wurde). Die Häufigkeit aller und schwerer unerwünschter Ereignisse waren in allen Studienarmen ähnlich verteilt, thromboembolische Komplikationen waren sogar häufiger unter Placebo.

Trotz verfehltem primären Endpunkt wurde aufgrund der Hinweise auf eine immunologische und klinische Wirksamkeit eine Phase-III-Studie mit Dapirolizumab Pegol gestartet. m

Quelle: Rheumatology 2021; doi: 10.1093/rheumatology/keab381

Interessante Therapieoption ohne Zukunft

Kurz berichtet sei an dieser Stelle über eine von Mohamed Hamidou und Antoine Néel, Nantes (Frankreich), und Kollegen veröffentlichte offene Phase-IIa-Studie zu einem kurzen Behandlungszyklus mit niedrig dosiertem i.v. Arsen(III)oxid (ATO), das bei akuter Promyelozyten-Leukämie eingesetzt wird und im Lupus-Tiermodell auf eine Wirksamkeit auch bei aktivem SLE hoffen ließ.

In der Studie hatten 11 erwachsene Patienten mit aktivem, nicht organbedrohenden SLE trotz Standardtherapie 10 i.v.-Infusionen ATO in ansteigender Dosierung von bis zu 0,15 bzw. 0,20 mg/ kg erhalten. Primärer Endpunkt war die Rate unerwünschter Ereignisse (UE), als sekundäre Endpunkte wurden das SLE Responder Index 4 (SRI-4)-Ansprechen in Woche 24 und die Reduktion der Glukokortikoid (GK)-Dosierung ausgewertet. In einer zusätzlichen Analyse wurden Daten zur Langzeitsicherheit und dem Erreichen eines Lupus Low Disease Activity State (LLDAS) erhoben. Insgesamt traten vier schwere UE auf (Grad 3 Neutropenie, Osteitis, Neuropathie), von denen 2 auf ATO zurückgeführt wurden (Neutropenie bei mit Mycophenolat Mofetil behandelten Patienten). Bei zwei Patienten kam es zu einem schweren Flare in den letzten 4 Wochen der Studie. In Woche 24 erreichten 5 von 10 Teilnehmern ein SRI-4-Ansprechen (50 %), die mittlere GK-Dosis konnte signifikant von 11,25 mg/Tag zu Baseline auf 6 mg/Tag in Woche 24 reduziert werden (p<0,01). Auf längere Sicht erreichten sechs Patienten einen LLDAS in Woche 52, der bis zum letzten Follow-up aufrecht erhalten wurde (mediane LLDASDauer 3 Jahre).

Die Autoren kommen zu dem Schluss, das ATO bei SLE-Patienten Hinweise auf eine gute Wirksamkeit liefert und ein akzeptables Sicherheitsprofil aufweist. Von der Erstpräsentation der 24-Wochen-Daten auf Kongressen bis zu dieser Publikation vergingen viele Jahre; dass dieses Therapieprinzip weiterverfolgt wird, ist höchst unwahrscheinlich. m

SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Kardiovaskulären Langzeitrisiken auf der Spur

Obwohl das erhöhte Arteriosklerose-Risiko von Patienten mit systemischen Lupus erythematodes (SLE) wohl bekannt ist, sind Langzeitdaten zum kardiovaskulären Outcome eher spärlich gesät. Britische und dänische Experten um Adelina Yafasova, Kopenhagen, untersuchten nunmehr in einer gematchten Fall-Kontroll-Studie genauer das kardiovaskuläre (CV) Langzeitrisiko und die Prognose von SLE-Patienten.

Ausgehend von nationalen dänischen Registern wurde das CV-Risiko von SLE-Patienten, die zwischen 1996 und 2018 diagnostiziert wurden und zu Beginn keine CV-Erkrankung aufwiesen, im Verhältnis 1:4 mit auf Alter, Geschlecht und Komorbidität (leider aber nicht CVRisikofaktoren wie Hypertonie, Rauchen und BMI) gematchten „gesunden“ Kontrollen aus der Allgemeinbevölkerung verglichen. Zusätzlich erfolgte nach der Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz ein Vergleich der Mortalität von SLEPatienten mit den Kontrollen.

Insgesamt 3.411 SLE-Patienten (medianes Alter 44,6 Jahre, 14,1 % Männer, ca. 1/3 mit Hydroxychloroquin behandelt) wurden 13 .644 Kontrollen gegenübergestellt. Das mediane Follow-up betrug 8,5 Jahre. Das absolute 10-Jahres-Risiko von SLEPatienten im Vergleich zu den Kontrollen betrug für Herzinsuffizienz 3,71 vs. 1,94 % (dies war signifikant), Vorhofflimmern 4,35 vs. 2,82 %, ischämischen Schlaganfall 3,75 vs. 1,92 %, Myokardinfarkt, 2,17 vs. 1,49 %, venöse Thromboembolien 6,03 vs. 1,68 % und die Kombination aus ICDImplantation, ventrikulären Arrhythmien und Herzstillstand 0,89 vs. 0,30 %. Auch die Gesamtmortalität war höher. SLE mit subsequenter Herzinsuffizienz war im Vergleich zu einer Herzinsuffizienz ohne SLE-Diagnose mit einer höheren Mortalität assoziiert (adjustierte Hazard ratio 1,50; 95% KI 1,08- 2,08). Interessant war, dass das erhöhte Herzinsuffizienz-Risiko nur zu einem geringen Anteil auf Arteriosklerose, Myokardinfarkt und nachfolgender KHK beruhte – viel häufiger war eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion. Als kritischer Faktor wurde ein Hypertonus identifiziert, bei SLE-Patienten wäre wohl eine frühere, aggressive antihypertone Therapie angezeigt. Viele CV-Ereignisse traten vor allem bei jüngeren SLE-Patienten und zudem häufig bereits im ersten Jahr des Follow-up auf, ein weiterer Hinweis, in diesem Risikokollektiv auf eine gute medikamentöse Prophylaxe zu achten, zumal SLE-Patienten im Vergleich seltener Statine erhielten. Angesichts des höheren Risikos für CV-Ereignisse im Verbund mit einer erhöhten CV-Mortalität bedarf es definitiv eines besseren kardiovaskulären Managements dieser Patienten. m

Quelle: J Am Coll Cardiol 2021; 77 (14) 1717–1727

Neue Erkenntnisse zur Pathogenese des APS

Deutsche und US-amerikanische Experten um Wolfram Ruf, Mainz, haben den Mechanismus aufgedeckt, der das Antiphospholipid-Syndrom (APS) auslöst: eine bisher unbekannte Interaktion zwischen dem Immun- und Blutgerinnungssystem, die Thrombosen und Schwangerschaftskomplikationen hervorruft. Im Mittelpunkt stehen Antiphospholipid-Antikörper (aPL), die persistierend bei APS oder SLE auftreten.

Bei APS werden die namensgebenden Antiphospholipid-Antikörper (aPL) produziert, mit der Folge eines erhöhten Thromboserisikos und vermehrten Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Lungenembolien. Im Fall einer Schwangerschaft ist bei betroffenen Frauen das Risiko für eine Fehlgeburt deutlich erhöht. Der auslösende Mechanismus war bislang nicht hinreichend geklärt. Jetzt konnten die Wissenschaftler zeigen, dass alle krankheitsauslösenden Effekte des APS primär durch die Bindung der aPLAntikörper an eine einzige Zielstruktur in den Blutgefäßen hervorgerufen werden. Dabei handelt es sich um den ProteinLipid-Komplex aus EPCR (EndothelProtein-C-Rezeptor) und Lysobisphosphatidsäure (LBPA). Dabei spielt der EPCR-LBPA-Komplex auf Immunzellen die entscheidende Rolle bei der APSEntstehung. Binden die aPL-Antikörper daran, aktiviert das komplexe zelluläre Prozesse, die zu einer vermehrten Blutgerinnung ebenso wie zur Produktion von Interferon-α führen. Daraufhin vermehren sich wiederum B-Lymphozyten, welche neue aPL-Antikörper produzieren. Auf diese Weise verstärkt sich die Autoimmunreaktion immer weiter. Diese bisher unbekannte Interaktion zwischen dem Immun- und Blutgerinnungssystem bietet auch einen vielversprechenden Behandlungsansatz: Den Wissenschaftlern gelang es, einen Antikörper zu identifizieren, mit dem sich der Protein-Lipid-Komplex so blockieren lässt, dass die Effekte der aPL-Antikörper verhindert werden. In der Folge blieb die Autoimmunreaktion in einem APSMausmodell mit Toll-like Receptor-7 (TLR7)-abhängigem SLE aus. m

ENTZÜNDLICHE MYOPATHIEN Niedrig dosiertes Interleukin-2 könnte Option sein

Die Behandlung idiopathischer entzündlicher Myopathien (IIM) bleibt in Ermangelung effektiver und sicherer medikamentöser Therapien eine Herausforderung. Eine bei aktiven IIM mögliche neue und bei therapierefraktärem SLE bereits mit gutem Erfolg getestete Option stellt niedrig dosiertes Interleukin (IL)-2 dar. Chinesische Experten um Zhanguo Li, Peking, erprobten IL-2 nun bei IIM-Patienten in einer prospektiven Pilotstudie.

In die Kohortenstudie eingeschlossen wurden 18 therapierefraktäre Patienten mit aktiven IIM, die auf einer stabilen Therapie mit Glukokortikoiden (≤1 mg/ kg/Tag Prednison) und Immunsuppressiva (z. B. Cyclosporin oder Methotrexat) waren. Diese erhielten s.c. 1x 106 IU IL-2 alle 2 Tage über einen Zeitraum von 12 Wochen zusätzlich zu ihrer Standardtherapie. Der primäre Endpunkt war die Veränderung im Prozentsatz regulatorischer T-Zellen (Tregs) an den gesamten CD4+ T-Zellen in Woche 12. Als sekundäre Endpunkte erfasst wurde unter anderem die von der International Myositis Assessment and Clinical Studies (IMACS) vorgeschlagene Definition für eine Verbesserung (DOI), die 2016er ACR/EULAR Myositis-Ansprechkriterien, Sicherheit und steroidsparende Effekte in den Wochen 12 und 24.

Mit der niedrig dosierten IL-2-Therapie erreichten 77,8 % (14/18) der Patienten eine IMACS DOI und 83,3 % (15/18) erfüllten die 2016er ACR/EULAR MyositisAnsprechkriterien in Woche 12. Alle individuellen Core Set Measures (CSMs) einschließlich globalem Arzt- und Patientenurteil (PhGA, PGA) und HAQ-DI, Muskelenzymen, MMT-8 und extramuskulärer Krankheitsaktivität, zeigten sich in Woche 12 verbessert. Der Cutaneous Dermatomyositis Disease Area and Severity Index Activity Score (CDASI) nahm nach der IL-2-Therapie signifikant von 7 auf 2 ab (p<0,001) ab. Der Anteil von Tregs stieg nach der Behandlung mit niedrig dosiertem IL-2 in Woche 12 hingegen signifikant an (9,0 vs. 15,2 %; p=0,009). Es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse dokumentiert.

Im Ergebnis zeigte sich somit bei guter Verträglichkeit eine gute Effektivität von niedrig dosiertem IL-2, das maßgeblich vom Anstieg der Treg-Zellen getrieben sein dürfte, die zugleich als Biomarker für das Ansprechen auf IL-2 dienen könnten. m

Quelle: Rheumatol Ther 2021; doi: 10.1007/s40744-021-00301-3

Risiko für entzündliche Myositis unter einer ICI-Therapie

Unter den in der Hämato-Onkologie häufig eingesetzten Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) ist nicht selten mit entzündlichrheumatischen Nebenwirkungen zu rechnen, die sich aber meist gut mit Glukokortikoiden (GK) und bei Bedarf auch DMARDs beherrschen lassen. Schwieriger zu behandeln und komplikationsträchtig ist die ICI-assoziierte Myositis, deren klinische Manifestation, Versorgung und Outcome von US-amerikanischen Experten um Maria E. Suarez-Almazor, Houston, erfasst wurde.

Aus einer retrospektiven Kohorte zwischen 2016 und 2019 am Anderson Cancer Center der Universität Texas mit ICI behandelter Patienten wurden Fälle einer ICI-Myositis anhand von ICD-Codes herausgefiltert und soweit möglich durch Krankenakten und pathologische Befunde bestätigt. Unter 9.088 Patienten, die ICI erhalten hatten, konnten 36 (0,40 %) mit einer ICI-Myositis identifiziert werden, darunter 17 (47 %) mit alleiniger ICI-Myositis und 19 (53 %) mit OverlapManifestationen (jeweils 5 mit Myokarditis oder Myasthenia gravis sowie 9 mit beidem). Die Inzidenz der ICI-Myositis betrug 0,31 % bei Patienten unter einer ICI-Monotherapie und 0,94 % bei jenen, die eine ICI-Kombination erhalten hatten (relatives Risiko, RR 3,1; 95% KI 1,5-6,1). 25 Patienten (69 %) erhielten jenseits von GK mindestens eine weitere Therapie: 17 (47 %) eine Plasmapherese, 12 (33 %) intravenöse Immunglobuline (IVIG) und 11 (31 %) Biologika.

Patienten mit Overlap-Manifestationen hatten einen schlechteren Verlauf als solche mit alleiniger Myositis, 79 % davon entwickelten ein Lungenversagen. Von den 8 Patienten, die infolge der ICI-Myositis verstarben, hatten alle ein Overlap mit Myasthenia gravis oder Myokarditis (p<0,05); 75 % dieser Patienten hatten begleitend auch eine Infektion. Als Fazit lässt sich ziehen, dass die ICI‐Myositis ein zwar seltenes, aber schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis einer ICI-Therapie darstellt. Bei über der Hälfte der Patienten mit Overlap-Manifestationen kam es zu einem schweren Verlauf mit Lungenversagen oder Tod, die alleinige Myositis war in Bezug auf das Sterberisiko weniger gefährlich. Trotz erster vorliegender Empfehlungen muss die optimale Therapiestrategie noch genauer evaluiert werden. m

PROGREDIENTE INTERSTITIELLE LUNGENERKRANKUNGEN Erster Wirksamkeitsnachweis für Pirfenidon jenseits der IPF

Das bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) etablierte Nintedanib wurde auch bei Patienten mit systemischer Sklerose-assoziierter interstitieller Lungenerkrankung (SSc-ILD) und chronischer progredient-fibrosierender ILD (PF-ILD), etwa auch im Kontext einer rheumatoiden Arthritis oder Kollagenosen, zugelassen. Von daher lag es nahe, das ebenfalls bei IPF gut wirksame Pirfenidon nun auch bei PF-ILD zu prüfen. So ganz überzeugen können die von Jürgen Behr, München, und Kollegen vorgestellten Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie RELIEF allerdings nicht.

Angesichts der pathomechanistischen und klinischen Ähnlichkeiten zwischen IPF und anderen PF-ILDs sollte die Wirksamkeit und Sicherheit von Pirfenidon bei Patienten mit vier PF-ILDs außerhalb der IPF geprüft werden. 17 Zentren mit Erfahrung in der ILD-Behandlung schlossen sich dazu seit 2016 zusammen. Die 127 eingeschlossenen Patienten im Alter von 18-80 Jahren (Vitalkapazität, FVC, 40-90 % des Sollwerts, FVC-Abnahme ≥5 %/Jahr trotz Basistherapie) litten an PF-ILD mit einer von vier Diagnosen: Kollagenose-assoziierte ILD, fibrotische, nichtspezifische interstitielle Pneumonie (NSIP), Hypersensitivitätspneumonie (HP) und Asbest-induzierte Lungenfibrose (Asbestose). Aufgrund langsamer Rekrutierung wurde die Studie vorzeitig beendet.

Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 für 48 Wochen auf Pirfenidon (3x 267 mg/Tag in Woche 1, 3x 1.534 mg/Tag in Woche 2 und danach 3x 801 mg/Tag) oder Placebo zusätzlich zur Basistherapie randomisiert. Primärer Endpunkt war die Veränderung der FVC in % vom Sollwert.

Im Ergebnis zeigte sich unter Pirfenidon eine signifikant geringere Abnahme der FVC im Vergleich zu Placebo (p=0,043 bzw. 0,042), je nach statistischer Analyse betrug die Therapiedifferenz vs. Placebo 1,69, 3,53 bzw. 2,79 % vom FVC-Sollwert. Die Verträglichkeit war gegenüber Placebo vergleichsweise besser (Tod 2 vs. 8 %, Infektionen/Infestationen 8 vs. 16 %, Krankheitsverschlechterung 3 vs. 11 %, kardiale Ereignisse 2 vs. 8 %). Aufgrund des vorzeitigen Studienabbruchs ist die Interpretation der Ergebnisse schwierig. Jedoch legen die Daten nahe, dass bei Patienten mit PF-ILD, die sich trotz konventioneller Therapie verschlechtern, die Krankheitsprogression durch Pirfenidon reduziert werden könnte. m

Quelle: Lancet Respir Med 2021; 9(5): 476-486

SYSTEMISCHE SKLEROSE Raynaud-Phänomen: CGRP-Antagonisten im Fokus

Gerade Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) weisen nicht selten ein Raynaud-Phänomen (RP) als Erstmanifestation auf. Für Patienten mit Migräne stellen CGRP-Antikörper eine großen Fortschritt in deren Prophylaxe dar, jedoch wirken diese vasokonstriktiv, was bei Risikopatienten mit RP zu mikrovaskulären Komplikationen führen kann. US-amerikanische Experten um Ilana D. Breen, Scottsdale, evaluierten dieses Risiko jetzt in einer retrospektiven Studie.

In die Kohortenstudie wurden zwischen 2018 und 2020 im Mayo Clinic-Verbund 169 erwachsene Patienten mit primärem oder sekundärem RP (96 % Frauen, im Mittel 46 Jahre) eingeschlossen, die aufgrund einer Migräne einen CGRP-Antagonisten erhielten (oder einen solchen zuvor erhalten hatten).

Primärer Endpunkt waren mikrovaskuläre Komplikationen wie z. B. eine Verschlechterung des RP, digitale Ulzerationen und gangränöse Nekrosen. Bei 9 der Patienten kam es zu mikrovaskulären Komplikationen – von einer Verschlechterung des RP bis zum Gangrän und Nekrotisierung, die eine Amputation der Fingerkuppe nach sich zogen. Eine vergleichende Analyse fand keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf demografische oder klinische Charakteristika für Patienten mit oder ohne Komplikationen. Alle 9 Betroffenen waren Frauen (im Mittel 40 Jahre), 5 (55,6 %) waren zuvor mit einem RP diagnostiziert worden, 3 mit primärem und 2 mit sekundärem infolge einer SSc. Die übrigen 4 Patienten (44,4 %) waren neu mit RP diagnostiziert worden. 8 der Patienten (88,9 %) hatten eine chronische Migräne mit oder ohne Aura. Zu mikrovaskulären Komplikationen kam es unter Galcanezumab (n=3), Erenumab (n=5) und Fremanezumab (n=1).

Im Ergebnis scheinen mikrovaskuläre Komplikationen im Kontext eines RP unter CGRP-Antikörpern selten zu sein, jedoch sollten Neurologen Vorsicht bei der Verordnung walten lassen und Rheumatologen bei einer RP-Verschlechterung an diese Möglichkeit denken. m

SYSTEMISCHE VASKULITIDEN Schwere Infektionen unter verschiedenen Therapien

Bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV), wie Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und mikroskopischer Polyangiitis (MPA), stellen schwere Infektionen ein großes Problem für die betroffenen Patienten dar. Real-life-Daten bezüglich deren Inzidenz und prädisponierender Faktoren seit der Einführung von Rituximab sind eher rar gesät und solche zur Quantifizierung des Infektionsrisikos unter verschiedenen Therapien fehlen fast vollständig. Griechische Rheumatologen um Dimitrios Vassilopoulos, Athen, untersuchten in einer aktuellen AAV-Kohorte nun sowohl die Inzidenz als auch Risikofaktoren für schwere Infektionen.

In die multizentrische, retrospektive Beobachtungsstudie wurden zwischen den Jahren 1990 und 2020 insgesamt 162 Patienten mit GPA (63 %) und MPA (37 %) eingeschlossen (51,9 % Männer, durchschnittliches Alter 60,9Jahre, ANCA+ 86 %, generalisierte Erkrankung 80 %, mittlerer Birmingham Vasculitis Activity Score, BVAS 12,75). Während des Follow-up über im Mittel 5,4 Jahre (891,2 Patientenjahre, PJ) wurden 67 schwere Infektionen in 50 Patienten bei einer Inzidenzrate von 7,5/100 PJ dokumentiert.

Die Inzidenzrate für schwere Infektionen war höher während einer Remissionsinduktion mit Cyclophosphamid (CYC) im Vergleich zu Rituximab (19,34 vs. 11,34/100 PJ, Incidence Rate Ratio, IRR 4,24; 95% KI 2,35-7,61), während sie in der Erhaltungsphase niedriger und nicht verschieden zwischen Rituximab und anderen Therapien wie Azathioprin, Methotrexat oder Mycophenolat Mofetil (MMF) war (5,52 vs. 4,54/100 PJ, IRR 1,22; 95% KI 0,54-2,55). Besonders kritisch war in der Induktionsphase die Kombination aus CYC und Rituximab. 42 % aller Infektionen traten im ersten Behandlungsjahr auf, in einer univariaten Analyse waren u. a. höheres Alter und eine höhere Glukokortikoid-Dosis als Risikofaktoren auszumachen. In einer multivariaten Analyse waren eine Plasmapherese und/oder Dialyse, die 6,7 % der Teilnehmer benötigten, starke unabhängige Prädiktoren für eine schwere Infektion im ersten Jahr nach der Diagnose (Odds ratio, OR3,16, 95% KI 1,00-9,96) und über das gesamte Follow-up hinweg (OR5,21; 95% KI 1,93-14,07). In Gegensatz dazu war eine erhöhte BaselineKrankheitsaktivität gemäß BVAS (OR1,11; 95% KI 1,01–1,21) nur während der ersten 12 Monate mit schweren Infektionen assoziiert. Insgesamt schien das Risiko schwerer Infektionen über den zeitlichen Verlauf hinweg abzunehmen. m

Quelle: Arthritis Res Ther 2021; 23(1): 90

Erhöhtes Risiko bei gastrointestinaler Beteiligung

Eine gastrointestinale (GI) Beteiligung wurde bei systemischer nekrotisierender Vaskulitis als negativer prognostischer Faktor beschrieben, dessen Signifikanz aber noch nicht ausreichend evaluiert ist und von der klinischen Präsentation und dem VaskulitisSubtyp abhängig sein könnte. Experten der French Vasculitis Study Group um Benjamin Terrier, Paris, suchten daher in einer Studie nach Risikofaktoren für ein schlechtes Outcome von Vaskulitis-Patienten mit GI-Beteiligung.

In die retrospektive Studie eingeschlossen wurden 213 Patienten mit systemischer Vaskulitis gemäß den Chapel Hill-Kriterien aus 2012 und mit GI-Beteiligung. Es wurden die Baseline-Charakteristika, Therapien und der Verlauf erfasst.

Der primäre kombinierte Endpunkt setzte sich aus der Aufnahme in einer Intensivstation (ICU), Notfalloperationen und Tod zusammen. Zu 41 % lag eine IgAVaskulitis vor, bei 27 % eine AAV, bei 17 % eine Polyarteritis nodosa (PAN) und bei 15 % andere Vaskulitiden. Insgesamt 83 (39 %) der Patienten erreichten den primären kombinierten Endpunkt innerhalb von 6 Monaten. Als hiermit assoziierte prädiktive Faktoren konnten identifiziert werden: der PAN-Subtyp (Odds ratio, OR 3,08; 95% KI 1,29-7,34), der PerformanceStatus (OR 1,40; 95% KI 1,05-1,87), der Einsatz von Morphin (OR 2,51; 95% KI 0,87-7,24), die Bauchdeckenspannung (OR 3,08; 95% KI 1,01-9,37), ein Ileus (OR 2,29; 95% KI 0,98-5,32), Teerstuhl (OR 2,74; 95% KI 1,17-6,42), erhöhte Leukozyten (pro g/l OR 1,05; 95% KI 1,00-1,10), niedriges Hämoglobin (pro g/dl OR 0,80; 95% KI 0,71-0,91) und erhöhtes CRP (log mg/l OR 1,21; 95% KI 0,94-1,56).

Ein aus diesen Befunden abgeleitetes, relativ einfach gehaltenes Risiko-Prädiktions-Modell für das Erreichen des primären Endpunkts, aber auch das Gesamtüberleben, zeigte eine hohe statistische Aussagekraft – eine genaue Lektüre der Arbeit ist daher empfehlenswert. Denn die systemische Vaskulitis mit GI-Beteiligung, das bestätigen diese Daten eindrücklich, ist bei mehr als einem Drittel der Patienten mit einem (sehr) schlechten Verlauf verbunden. m

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