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ILD: Geschlechtsspezifische Differenzen bestätigt
Mehrere Analysen auch älterer Studien haben darauf hingewiesen, dass Männer mit einer systemischen Sklerose (SSc) stärker von einer damit assoziierten interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) betroffen sind, die eine führende Ursache für die mit SSc verknüpfte Mortalität und Morbidität ist. Dies bestätigt nun eine größere Studie der europäischen EUSTAR-Studiengruppe um Yannick Allanore, Paris (Frankreich).
In die Studie eingeschlossen wurden SSc-Patienten mit radiologisch bestätigter ILD und verfügbaren Werten der zu erwartenden prozentualen forcierten Vitalkapazität (%pFVC).
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Erfasst wurden demografische Daten und solche zu Krankheitsparametern. Die Veränderung der %pFVC über 12 (±6) Monate (Kohorte 1) wurde klassifiziert in eine stabile (≤4 %), milde (5-9 %) und starke Progression (≥10 %). Bei jenen Patienten mit verfügbarer 2-JahresLängsschnitt-%pFVC (Kohorte 2), wurde die %pFVC-Veränderung in jedem 12 (±6)-Monats-Intervall berechnet. Darauf angewendet wurden logistische Regressionsanalysen und Cox-proportionale Hazard-Modelle, adjustiert auf Alter und %pFVC.
In die Analyse flossen 5.253 Frauen und 1.136 Männer mit SSc-ILD ein. Die Männer waren signifikant jünger, hatten eine kürzere Krankheitsdauer, höhere Prävalenz erhöhter CRP-Werte und häufiger eine diffus-kutane Beteiligung.
In Kohorte 1 (1.655 Frauen, 390 Männer) hatte ein höherer Prozentsatz von Männer eine stabile ILD (74,4 vs. 69,4 %; p=0,056). In einer multivariablen Analyse waren Krankheitsdauer und %pFVC (Odds ratio, OR 0,99 bzw. OR 0,97) bei Männern, und Alter, %pFVC und AntiCentromer-Antikörper (OR 1,02 bzw. OR 0,97 bzw. OR 0,39) bei Frauen mit einer starken progression assoziiert. Die 1-Jahres-Mortalitätsrate war höher bei Männern (5,1 vs. 2,5 %; p=0,013). In Kohorte 2 (849 Frauen, 209 Männer) hatte ein höherer Prozentsatz von Frauen Phasen mit starker Progression (11,7 vs. 7,7 %; p=0,023), die Anteile von Patienten mit 0, 1 oder 2 Verschlechterungsphasen waren nicht verschieden. Die Gesamtsterberate betrug 30,9 % bei den Männern und 20,4 % bei den Frauen (p<0,001). In einer Überlebensanalyse war männliches Geschlecht ein Prädiktor der Mortalität (OR 1,95; 95% KI 1,66–2,28).
Männliche SSc-ILD-Patienten haben somit, die Ergebnisse vorheriger Studien bzw. Register bestätigend, eine schlechtere Prognose, geschlechtsspezifische Einflüsse sind unverkennbar. m
Quelle: Rheumatology 2022; doi: 10.1093/rheumatology/keac660
Vorteilhafte Effekte von Nintedanib auf Kardiomyopathie
Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) verzögert der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib bekanntlich die Progression einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD), während keine Verbesserung der Hautfibrose nachweisbar war. Dennoch lag es nahe, die antifibrotische Effektivität von Nintedanib auch bei Patienten mit einer mit SSc assoziierten Kardiomyopathie zu überprüfen. Die Ergebnisse einer ersten Pilotstudie publizierten kürzlich japanische Experten um Masaru Kato, Sapporo.
In die Studie wurden 20 konsekutive, hospitalisierte SSc-ILD-Patienten eingeschlossen und prospektiv nachverfolgt. Primärer Endpunkt war die Rate der Veränderung von Parametern im kardialen MRT einschließlich des myokardialen extrazellulären Volumens (ECV). Andere Endpunkte umfassten Veränderungen funktioneller Parameter im kardialen
MRT und in der Echokardiografie, ferner auch der Hautfibrose im modifizierten
Rodnan Skin Score (mRSS), von Serumbiomarkern und im Lungenfunktionstest.
Während 10 der SSc-ILD-Patienten Nintedanib erhielten, wurden die anderen
10 ohne Nintedanib behandelt oder nur überwacht, je nach Schweregrad der ILD und deren Progression. Zu Baseline bestand zwischen beiden Gruppen kein Unterschied bezüglich der Parameter im kardialen MRT.
Nach sechs Monaten fiel der Vergleich der Veränderung im primären Endpunkt, dem ECV im Myokardium, zwischen der Nintedanib- und der Kontrollgruppe signifikant zugunsten des Antifibrotikums aus (-1,62 vs. +2,00 %; p=0,0001). Weniger auffällig waren die Differenzen in den anderen Endpunkten, ein signifikanter Vor- teil von Nintedanib war noch bezüglich der rechtsventrikulären Ejektionsfraktion in Monat 6 nachweisbar (p= 0,02).
Allzu viel sollte man in die kleine Pilotstudie nicht hineininterpretieren, dennoch waren doch positive Signale für gewisse Effekte von Nintedanib auf eine mit SSc assoziierte Kardiomyopathie erkennbar –dessen antifibrotische Wirksamkeit könnte also nicht nur auf die Lunge begrenzt sein. m
Quelle: Rheumatology 2022; doi: 10.1093/rheumatology/keac674
Systemische Sklerose
DNSS-Register: HSCT verbessert das Langzeitüberleben
Bei Patienten mit rasch progressiver systemischer Sklerose (SSc) hatten Studien auf Vorteile einer autologen hämatopoetischen Stammzelltherapie (HSCT) gegenüber einer intensiven immunsuppressiven Therapie in Bezug auf die Langzeitsterblichkeit hingewiesen. Das Verfahren hat als Rescue-Therapie Einzug in SSc-Empfehlungen gehalten, ist aber bezüglich des Nutzen-RisikoProfils nicht unumstritten. Deutsche Experten um Norbert Blank, Heidelberg, demonstrierten die Sicherheit und Effektivität der HSCT bei Patienten einer deutschen SSc-Kohorte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe nach Adjustierung auf Risikofaktoren.
In die retrospektive Analyse von Daten des Deutschen Netzwerkes für Systemische Sklerodermie (DNSS) flossen 5.000 SSc-Patienten ein. Die Nicht-HSCT-Kontrollgruppen bestanden aus allen Patienten mit diffus-kutaner (dc)SSc (Gruppe A)und einer adjustierten HochrisikoKohorte männlicher Patienten mit Scl70positiver dcSSc (Gruppe B). 80 Patienten mit rasch progressiver SSc erhielten eine HSCT im Mittel 4,1 Jahre nach der SScDiagnose. Von diesen wiesen 86,3 % eine dcSSc auf, 43,5 % waren Männer und 71,3 % waren Scl70-Antikörper-positiv. Die Kontrollgruppe A mit 1.513 dcSSc-
Patienten aller Risikostufen zeigte eine signifikante Unterrepräsentation dieser Risikofaktoren für eine hohe Mortalität. Wurde das Überleben der Kontrollgruppe B mit 240 Hochrisiko-Patienten mit der HSCT-Gruppe verglichen, zeigte sich in letzterer eine geringere Mortalität. Binnen 5 Jahren nach der HSCT zeigte sich eine Verbesserung im mRSS von im Mittel 17,6 auf 11,0 (p=0,001) und Stabilisierung der Lungenfunktion (DLco). Bei der Transplantat-bezogenen Sterblichkeit gab es keinen Unterschied zwischen Patienten mit HSCT </>3 Jahre nach der SSc-Diagnose.
PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM
Insgesamt sind die im DNSS-Register generierten Langzeitdaten zur HSCT als positiv zu werten. Was die Analyse eindrücklich untermauert, ist, dass es ganz entscheidend auf eine sorgfältige Auswahl der dafür geeigneten Patienten ankommt. Wird deren Therapieergebnis mit im Risikoprofil vergleichbaren SScPatienten ohne HSCT verglichen, zeigen sich auch in der klinischen Praxis durchaus Vorteile der Stammzelltherapie. m
Quelle: Arthritis Res Ther 2022; 24(1): 258
Interleukin-2 als möglich neue Therapieoption geprüft
Beim primären Sjögren-Syndrom (PSS) wurden mehrere neue Therapieprinzipien mit doch einigem Erfolg in Phase-II-Studien geprüft, so etwa Ianalumab (BAFF-Rezeptor-Antikörper), und gerade auf dem ACR-Kongress präsentiert, Telitacicept (gegen BAFF und APRIL gerichtetes TACI-Fc-Fusionsprotein) sowie Remibrutinib (Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor). Einen anderen Ansatz verfolgten chinesische Rheumatologen um Jing He, Bejing. Da bei PSS ein Mangel an von durch Interleukin (IL)-2 induzierten regulatorischen T-Zellen (Tregs) vorliegt, testeten sie jetzt niedrigdosiertes IL-2 in einer klinischen Studie.
In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrolierten Studie mit einem 2-Gruppen-Überlegenheitsdesigns erhielten 60 erwachsene PSS-Patientinnen zunächst für 12 Wochen im Verhältnis 1:1 niedrigdosiertes (LD-)IL-2 oder Placebo (im Mittel 48 Jahre), gefolgt von einer 12-wöchigen Nachbeobachtung (57 schlossen die Studie ab). Primärer Endpunkt war eine Verbesserung um ≥3 Punkte im EULAR Sjögren’s Syndrome Disease Activity Index (ESSDAI) in Woche 24. Sekundäre Endpunkte beinhalteten andere Parameter des klinischen Ansprechens, die Sicherheit und immunologische Analysen. Die Effektivitäts-
Analyse erfolgte in der Intention-to-treat (ITT)-Gruppe. Im Ergebnis erreichten signifikant mehr der mit LD-IL-2 behandelten Patientinnen den primären Endpunkt einer Reduktion im ESSDAI-Score um ≥3 Punkte in Woche 24 (66,7 vs. 26,7 %; p=0,004). Auch wurde gegenüber Placebo jeweils signifikant häufiger eine Besserung von Trockenheit (Δ -18,33 Punkte, 95% KI -28,46 bis -8,21 Punkte; p=0,001), Schmerzen (Δ -10,33 Punkte, 95% KI -19,38 bis -1,29 Punkte; p=0,03) und Fatigue (Δ -11,67 Punkte; 95% KI -20,65 bis -2,68 Punkte; p=0,01) erreicht. In keiner der beiden Gruppen wurden schwere unerwünschte Ereignisse ver- zeichnet. In der LD-IL-2-Gruppe zeigte sich eine signifikante Abnahme der Infektionen versus Placebo (3,3 vs. 30,0 %; p=0,006) und immunologische Analysen ergaben, dass LD-IL-2 u. a. die Expansion von Tregs förderte.
Auch wenn Daten dieser rein chinesischen Frauenkohorte nicht überinterpretiert werden sollten, scheint LD-IL-2 doch effektiv und gut verträglich zu sein und die Immunhomöostase bei PSS wiederherzustellen. m
Quelle: JAMA Netw Open 2022; 5(11): e2241451
Polymyalgia Rheumatica
Gutes Ansprechen auf Tofacitinib in klinischer Studie
Obwohl die Polymyalgia rheumatica (PMR) mit Glukokortikoiden (GK) gut behandelbar ist, sind steroidsparende Therapien hilfreich, um deren langfristige Toxizität abzumildern. Für csDMARDs fehlt es an Evidenz, hingegen zeigten Studien, dass die Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibitoren Tocilizumab (SEMAPHOR, PMR-SPARE) und Sarilumab (SAPHYR) hierfür in Frage kämen, auch wenn das CRP als Marker der Krankheitsaktivität ausfällt. Eine mögliche Alternative wären Januskinase (JAK)-Inhibitoren. Chinesische Rheumatologen um Ting Li und Liangjing Lu, Shanghai, prüften nun Tofactinib in einer Phase-II-Studie.
In die kleine Studie eingeschlossen wurden 14 Patienten mit hoch aktiver PMR (PMR Activity Scale, PMR-AS >17) und erhöhtem CRP/ESR, davon waren 11 neu diagnostizierte Fälle und 3 mit Rezidiven unter GK plus csDMARDs (mittlere Krankheitsdauer 9,7 Monate, PMR-AS 50,9, VAS Schmerz 71,8). Diese erhielten hoch dosiertes Tofacitinib (10 mg/Tag) sowie zu Beginn Prednison 15 mg/Tag, das binnen 20 Wochen auf ≤2,5 mg/Tag zu reduzieren war. Primärer Endpunkt war eine anhaltend niedrige Krankheitsaktivität (LDA) (=PMR-AS <7) mit einer GK-Dosis ≤2,5 mg/Tag für 4 Wochen (von Woche 20 bis 24), was als Ansprechen im Sinne einer Remission galt. Es erfolgte danach eine Weiterbeobachtung bis Woche 48.
Nach 24 Wochen erreichten 12 der 14 Teilnehmer (85,7 %) den primären Endpunkt (p=0,014). Eine signifikante Reduktion im PMR-AS und dessen Komponenten wurde ab Woche 2 bis zum Studienende dokumentiert, alle Patienten erreichten in Woche 24 eine LDA mit einer medianen VAS Schmerz von 5 bei einer PrednisonDosis von 2,2 mg/Tag. Auch die Lebensqualität (mHAQ, EQ-5D-3L) verbesserte sich signifikant (p<0,001), Biomarker wie IL-6 nahmen zugleich signifikant ab (p<0,05). Im Follow-up bis Woche 48 blieb die weitgehend GK-freie LDA ohne
ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN
Rezidiv bestehen, Prednison und Tofacitinib wurden in Abhängigkeit vom PMRAS (weiter) reduziert. In Woche 48 betrug die mittlere Prednison-Dosis 1,3 mg/ Tag, 42,9 % der Patienten (n=6) konnten es absetzen. Die Tofacitinib-Dosis konnte in 6 Fällen halbiert werden, 3 Patienten konnten es absetzen. Schwere unerwünschte Ereignisse (UE) wurden nicht verzeichnet. Ob das Wirkprinzip bei PMR tatsächlich weiter verfolgt wird, bleibt trotz guter Effektivität abzuwarten. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2023; doi: 10.1136/ard-2022-223562