Editorial
Liebe Handballfreunde, „Gewaltig endet so das Jahr“ – steht auf einer Flasche Silvaner, die ich vor kurzem getrunken und anschließend zum Kerzenhalter umfunktioniert habe. Irgendwie passt das doch. Es war so gewaltig, dass es innerhalb von wenigen Wochen die Handballsaison nicht nur im Amateur-, sondern sogar im Profibereich beendet hat – weltweit. Die Sportuhren standen still – es wurde nicht einmal trainiert. Olympische Spiele, Europameisterschaft, Wimbledon. Die Liste der internationalen Sportereignisse, die abgesagt wurden, ist lange. Das ganze Leben stand für eine Zeit lang still, und während ich diesen Bericht schreibe, rollt die zweite Infektionswelle langsam auf uns zu. Kann die Saison im Oktober normal starten – und wird sie zu Ende gespielt? Ungewissheit ist die neue Gewissheit. Die abrupte Zäsur im März und der Lockdown hatten einen derart starken Einschnitt in unser Leben, dass die Saison 19/20 schon in sehr weiter Ferne scheint. Nichtsdestotrotz versuche ich zu rekapitulieren, was die letzten zwölf Monate passiert ist oder uns bewusst wurde. Explizite Details will ich hier gar nicht aufbereiten, dazu könnt ihr alles in den Berichten im Innenteil des Magazins nachlesen. Vielmehr möchte ich die Möglichkeit nutzen, euch alle auf einen gewissen Umbruch vorzubereiten, der unweigerlich auf uns zurollt: 1. Wir müssen uns von der Romantisierung des Ehrenamts verabschieden. Das hat vor allem zwei Gründe: Der Altersdurchschnitt der Menschen, die wie ein Perpetuum mobile unseren Verein antreiben, steigt. Es fällt zunehmend schwer, Menschen zu gewinnen, die zuverlässig und regelmäßig bereit sind zu helfen. Umso dankbarer sind wir all denjenigen, die unseren Verein in den unterschiedlichsten Bereichen unterstützen. 2. Friss oder stirb: Die Struktur der Handballvereine in Deutschland verändert sich.
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Immer mehr „kleine Vereine“ sind in der Jugend nicht mehr kontinuierlich besetzt. Immer mehr „noch kleinere Vereine“ existieren nur noch auf dem Papier oder aus einer einzelnen Mannschaft. Ich möchte, dass allen bewusst ist, dass wir auch mal einer dieser „kleinen Vereine“ waren und nicht davor gefeit sind, wieder einer dieser kleinen Vereine zu werden. 3. „Es ist nicht mehr so wie früher“. „Die Stimmung in der Halle war früher besser.“ „Die haben auch schon mal besser gespielt.“ Vielleicht war früher ja das eine oder andere besser. Vielleicht auch die Stimmung. Aber ist nicht jeder, der sich so äußert, nicht Teil der Lösung? Wir und ihr seid Teil der Stimmung. Vielleicht müssen wir uns alle mal wieder an die Nase fassen und versuchen, positiver zu denken und zu reden, Herausforderungen anzunehmen, anstatt zu resignieren. Wir müssen nach vorne schauen. Nicht weil das, was hinter uns liegt, schlecht ist, aber es wird nicht mehr so sein wie vor zehn Jahren, und das ist vielleicht auch gut so. Wir können als Verein ja nicht auf einer ewigen Adrenalinund Endorphin-Welle surfen. Das würde uns ausbrennen – und wir wollen ja kein Strohfeuer sein. Diese Veränderungen und Umwälzungen laufen jetzt im Hintergrund seit Jahren – wir können sie nicht rückgängig machen. Wir können auf einige dieser Veränderungen auch stolz sein – sie sind unabdingbare Konsequenzen unseres Erfolgs und unseres Wachstums. Ohne Anpassung sterben wir aus wie die Dinosaurier. Trotz des Saisonabbruchs können wir dennoch mit einem guten Gefühl aus der alten Saison in die neue Saison gehen: Unsere Wölfe haben sich mit unserem neuen Headcoach Ceven Klatt sehr gut in der 2. Liga platziert und das zweitbeste Ergebnis der Vereinsgeschichte eingefahren. Außerdem konnten wir durch die Teilnahme von Spielern aus der mB-Jugend, mA-Jugend und Herren 2 die sportliche Verschränkung zwischen den Wölfen und dem Verein stärken. Wir haben erstmals seit langer Zeit wieder eine weibliche Jugend in der Landesliga platzieren können – trainiert von Spielerinnen unserer Damen. Unsere Damen haben es geschafft, sich nach einem schweren Saisonstart wieder zurückzukämpfen und beendeten die Saison auf einem Nichtabstiegsplatz.