uffe. umme. ahe.

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z’fealdkirch



Ordnig und Uuordnig im Voradlberger Wörterbuach An Ordnig – moll, es gibts bi üüs im Ländle. Uuordnig seet ma bi üüs net! Es sind denn: a Rumpflate im Bett, a Zooft im Huus, a Gschtrüahl von ra Muus, an Wirrwaar bim Schtricka, a Glump, net zum Flicka, im Heft a Schmierage, an Vrhau i dr Garage, a Bröslate uf am Tisch, a Gschmürb vo dr Farb, grad frisch, an Duranand i dr Täscha, a Gschprütz bim Wäscha, im Garta na Ghäng, an Duranand mit da Täg. Net zum Fassa: Sogär wenn ma bschießt bim Jassa odr am Land dunn, säg i net Uordnig, na, eher scho … an ordentlige Sauerei!

— Astrid Marte


Rundumblick


uffe. umme. ahe. woache führt des Magazin? Ein Magazin über Feldkirch? Was soll da alles rein, was muss da alles rein? Wo fängt man an?

Feldkirch ist überall von Hügeln umgeben, beim Erkunden der Stadt gehts also zwangsläufig mal runter, mal rauf und überall herum. Dadurch werden viele Blickwinkel auf die Stadt möglich.Alles ist aber nicht auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Blick sichtbar, jede Stadt hat eine Geschichte, wandelt sich und erlangt für jeden Einzelnen eine ganz andere Bedeutung. Durch die Recherche habe ich selber viele Dinge gelernt, die mir davor nicht bewusst waren – ein Ort ist nie fertig entdeckt. Also fangen wir mit dem Entdecken an, oafach umme blättra und los …


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Da Inhalt.

S 11

S 6

S 20 S 44

S 31

S 38

S 27


6–10

30–32

Wichtig isch: Es hoast ned i war, es hoast i bin gsi!

Do kond Erineriga and Kindheit widr zruck.

Interview — Mark Lins

Ruhepol Tostner Hub

11–13

33–35

Was git’s schönners als am Samstig uffan Markt z’go?

Fealdkirch, da Zauberberg, Sherlock Holmes und Ulysses?

Samstag ist Markttag

Berühmte Persönlichkeiten

14–19

36–37

A Buschla uf da Bündt luagat am Bur bem Puschla macha zua.

Oh z’Fealdkirch hot ma früanar mol khörig Wi abaut.

Tommr Dialekt reda

Weinanbau in Feldkirch

20–23

38–41

Was segand d’Fealdkircher zur oagana Stadt?

Ohne regionale Zuatat git’s koa ehrlichs Essa.

Kurz gefragt — über Feldkirch nachdenken

Interview — Erwin Kasper

24–29

42–43

Zit goht ned spurlos an da Ort vorbei.

Dahoam isch dahoam, isch dahoam?

Über damals nachdenken

Wo ist Heimat?

44–45 Nur a beliebigs Hus, odr? Zusammenfassung


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Im Gespräch mit Mark Lins haben wir unsere Gedanken zu Feldkirch fließen lassen. Hier sieht man die Ill zum Rhein fließen. Foto Sarah Wehinger


Interview — Mark Lins

Wichtig isch: Es hoast ned i war, es hoast i bin gsi! Immer wieder sieht man Gruppen von Touristen mit einer Kamera durch Feldkirch spazieren. Sie fotografieren den Dom, die Schattenburg und die schönen Gassen. Das Ergebnis sind viele malerische Bilder. Aber was ist eigentlich mit dem Feldkirch hinter der Postkartenidylle? Mit dem Feldkirch in dem man lebt, wohnt, arbeitet, liebt, streitet und sich versöhnt? Mit dem Feldkirch der Feldkircher? Wir wagen einen Versuch diese Fragen zu klären.

Mark, was bedeutet dir Feldkirch? Definitiv Heimat – Feldkirch ist eigentlich alles für mich. Es wirkt vielleicht klein, aber als Stadt funktioniert sehr vieles super zusammen. Egal was man braucht, man hat alles in unmittelbarer Nähe. Man merkt einfach, dass unsere Stadt sehr bemüht ist, sich weiterzuentwickeln und einen Raum zu schaffen, an dem man sich wohlfühlen kann. Darum haben wir hier eine super Lebensqualität. Buch „z’fealdkirch – behind the postcard“ Der Autor Mark Lins ist in Feldkirch geboren und aufgewachsen. 2018 erschien sein Buch. Für dieses Projekt hat er unterschiedliche Orte Feldkirchs, die eigentlich nicht auf Postkarten

Wenn du jetzt Feldkirch oder auch Vorarlberg mit anderen Orten in Österreich vergleichen würdest … Also gleich vorweg: ich bin absolut kein Großstadtkind. Natürlich ist es eine interessante Erfahrung in größeren Städten zu sein, aber ich komm einfach immer wieder gern nach Hause. Hier bringst du mich nicht weg. Ich könnte mir nicht vorstellen außerhalb von Vorarlberg zu leben. Jeder sagt wahrscheinlich, dass der Ort an dem er lebt der Beste ist – aber wir haben eben recht. Gerade wenn man Familie hat, merkt man was man alles an Feldkirch und allgemein an Vorarlberg hat.

abgebildet werden, eingefangen. So kann der Betrachter das wirkliche Feldkirch sehen.

Text Sarah Wehinger Fotos S. 7–10 Mark Lins

Was hat deine Kindheit in Feldkirch geprägt? Als Kind sind natürlich Plätze wie die Schattenburg einfach ein Erlebnis, die restliche Stadt sieht man einfach als großen Spielplatz und da hat uns dann die Umgebung noch besser gefallen. Vor allem am Ardetzenberg waren wir oft im Wald unterwegs. Wir sind einfach raus um neue Plätze und Orte zu entdecken und sie zu unseren zu machen.

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Jeder seht, dass der Ort wo er wohnt da beschte isch, aber mir hond hald reacht.

Kollegen. Das ist ja das tolle an Feldkirch… wir haben hier eine super Mischung in der Gastronomie, für jeden ist was dabei

oben  Unter Tage im Stollen rechts  Wo Licht ist, ist auch Schatten. Blick zum Gefängnis.

Hast du auch jetzt noch einen Lieblingsort? Ich bin immer noch gern in den Rüttenen bei den Badeseen. Und in der Stadt selber? Dort bin ich hauptsächlich um Leute zu treffen. Wo das dann genau ist, kommt wirklich darauf an, mit wem ich unterwegs bin. Mit meinen Eltern geh ich natürlich nicht in die gleiche Bar, wie mit meinen

Wenn wir gerade beim Thema Gastronomie sind, was zeichnet da Feldkirch aus? Wenn ich mit den Gastronomen, die ich kenne, eine Runde plaudere, hab ich nie das Gefühl, dass das Konkurrenzdenken im Vordergrund steht. Hier ist ein Punkt wo man unsere Mentalität spürt, dieses Miteinander, was uns schon sehr wichtig ist. Weil wir ja nicht sehr groß sind, kennt man sich einfach untereinander. Das lässt ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entstehen, auch wenn wir alle etwas eigen sind, aber wer ist das nicht. Jetzt zu „z’fealdkirch. behind the postcard“. Wie bist du zu diesem Projekt gekommen? Das ist eigentlich ganz einfach: da meine Hobbys Grafik, Zeichnen und Fotografieren sind und ich meine Stadt liebe, hat sich das alles harmonisch zu einem Projekt zusam-


Interview — Mark Lins

mengefügt. Mir war auch wichtig etwas zu erschaffen, das komplett von mir stammt. Was wolltest du hauptsächlich damit erreichen? Mein Ziel war das richtige Feldkirch zu zeigen. Das Feldkirch, welches man nur kennt wenn man hier auch lebt. Wenn du dieses Buch einem Tourist gibst, der wird auch nach einer Woche nicht viele Orte wiedererkennen, denn selbst Feldkircher kommen bei manchen Fotos ins Grübeln. Und mit einer Stadt ist es doch wie mit einer Beziehung. Da gibt es nicht nur gute Tage, es gibt eben manchmal Streit und Reibereien. Das ist an diesem Ort genauso. Es gibt die vorzeigbaren, beliebten Plätze, aber wenn es nichts Banales oder auch Hässliches gäbe, würde es das Schöne auch nicht geben. Das wollte ich zeigen.

Wie wichtig ist es dir, das „richtige Feldkirch“, wie du es nennst, zu kennen? Das finde ich sehr, sehr wichtig, weil es genau diese Sachen sind, die einen Ort wirklich ausmachen. Meine Lebensqualität wird nicht mehr oder weniger, weil unser Wahrzeichen die Schattenburg ist. Natürlich freut es mich, dass so was tolles erhalt ist, aber das beeinflusst einen nicht im Alltag, das macht einen nicht aus. Dich macht aus wo du läufst, welche Ecken und Plätze du kennst, an welchen Orten du Zeit verbringst – also wo du aufwächst und lebst. Das ist dann das, was die Stadt zu deiner macht. In einem Bericht über dein Buch stand, dass du auch vorhandene Klischees und Problemthemen aufzeigen wolltest. Natürlich gibt es wie an jedem Ort Gerüchte und Geschichten, die hinter vorgehaltener Hand erzählt werden, teilweise auch zurecht. Aber wenn man genauer hinschaut, erkennt man, dass doch nicht alles so schwarz/weiß und einfach sein kann. Bei uns sind manche Probleme einfach im Alltag nicht so sichtbar, zum Beispiel der Drogenkonsum. Unsere Größe spielt da sicher eine entscheidende Rolle. Man kennt einander eben ziemlich schnell,

Di macht us, wod durch lofsch, welche Ecka und Plätz kennsch, an welcham Ort dine Zit verbringsch.

6800 Feldkirch

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Sinds ein paar kreisende Vögel oder doch nur herabfallende Blätter?

da machen Gerüchte und Vermutung fast wie beim Dorfklatsch schneller als einem manchmal lieb ist die Runde. Und was man ganz klar sagen muss, bei gewissen Dingen leben wir auch das Klischee vom schön und sauberen „Ländle“. Aber eine heile Welt gibt es eben an keinem Ort. Wie hast du deine Motive dann genau ausgewählt? Zuerst habe ich geschaut welche Orte wirklich typisch für Feldkirch sind und einfach ins Buch müssen. Als nächstes wollte ich Orte zeigen, die wirklich nur ein Feldkircher kennt oder von denen er weiß, dass es sie gibt. Ein Beispiel wäre da die Pathologie im Landeskrankenhaus. Und dann gibt es eben noch die etwas versteckteren Plätze. Was diese Orte so faszinierend macht, ist deren Aussage: der kleine Innenhof oder die schmale Seitengasse kennt jemand vielleicht, weil er dort wohnt, ein anderer, weil er sich im Schneegestöber verlaufen hat. Der gleiche Ort, aber zwei komplett andere Bedeutungen. Was war der beste Moment während des Projektes? Definitiv wenn sich ein Feldkircher ein Bild angeschaut hat und dann wirklich anfing zu überlegen: Wo war das jetzt nochmal ganz genau? Die Idee hat mir einfach

gut gefallen, dass beim Durchblättern der Fotos eigene Erinnerungen wieder aufkommen und gemeinsam Geschichten ausgetauscht werden. So nach dem Moto: „Kennst du das Lokal noch? Da sind wir einmal gehörig abgestürzt.“ Wenn man übers Ländle spricht, dann auch über unseren Dialekt. Wie wichtig ist dir dein Dialekt? Sehr wichtig. Nicht nur, dass man bei uns in Vorarlberg in fast jeder Situation Dialekt spricht. Es ist schon besonders, dass auf vergleichsweise so kleinem Raum bald jede Ortschaft ihre sprachlichen Unterschiede und Eigenheiten hat. Am Entscheidendsten für einen selber ist der spezielle Dialekt von deinem Heimatort. Ich finde es wichtig die vorhandenen Wörter wirklich zu benutzen, speziell auch die älteren Ausdrücke. Wenn ich das nicht leben könnte, würde ich mich eingeschränkt fühlen, denn es macht einen riesigen Unterschied, ob ich etwas im Dialekt ausdrücken kann oder ins Hochdeutsche wechseln würde. Das gehört einfach zu uns Gsibergern dazu, das ist für uns ein Kulturgut. Was möchtest du noch loswerden? Wichtig ist, das darf man echt nie vergessen: „Es hoast ned i war, es hoaßt i bin gsi!“


Samstag ist Markttag

Was git’s schönners als am Samstig uffan Markt z’go? Text und Fotos  Sarah Wehinger

Ein Dachausstieg lässt einzigartige Ausblicke in die Stadt zu.

Wenn man etwas oft genug macht und wiederholt, kann es zum Ritual werden. Eines, welches für mich heraussticht, ist der samstägliche Besuch des Marktes mit meinen Großeltern. Warum? Diese Frage habe ich mir selber gestellt …

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Rituale habe ich schon immer als etwas Schönes empfunden. Das Kekse backen im Advent, am Sonntagmittag mit meinem Papa im Sommer im Garten Dinge zu bauen. Alles kann ein Ritual sein oder zu einem werden. Was für Außenstehende profan wirkt, kann für dich viel mehr sein.

Bestes Wetter am Markt

Nun habe ich mich gefragt, welches für mich am stärksten mit Feldkirch verknüpft ist. Ohne zu zögern würde ich den Besuch des Marktes am Samstag nennen.

Da Markt war wia an Spielplatz der extra für üs am Samstig ufbaut worra isch.

2001, 7 Jahre alt, sonniger Frühlingstag Mit Oma und Opa geht’s am Samstag zum Markt. Zuerst in den Bus, die Vorfreude steigt. Nach wenigen Minuten steigen wir mitten in der Stadt beim Katzenturm aus. Dieser Wehrturm wurde 1491 als Teil der Stadtmauer erbaut. Mit seinen 40 m bildet er einen imposanten Empfang und machte gleichzeitig neugierig. Viel Zeit darüber


Samstag ist Markttag

nachzudenken gab es nicht, Oma nahm mich an die Hand und wir stürzten uns ins Getümmel aus Menschen, Stimmfetzen, Formen und Farben.

I da zwüschazit hon i mi Ritual um a Kaffepause im magma ergänzt.

Ich liebte dieses geordnete Durcheinander, jeder spielte eine Rolle auf dem Markt. Die Sonne schien, die Menschen wirkten fröhlich, weniger gehetzt als unter der Woche. Zuerst zum Gemüse und Obst, Käse nicht vergessen! Jetzt noch zur Metzgerei und in den Bio-Laden. Es machte mir einen unheimlichen Spaß beim Aussuchen der Äpfel zu helfen und nachher stolz die Tasche durch die Gassen zu tragen. Der Markt war wie ein Spielplatz, der extra am Samstag für uns aufgebaut worden ist. Sarah, sollen wir nachher noch in den Buchladen schauen? Ich kann mir heute gut vorstellen, dass bei diesen Worten meine Augen sofort zu strahlen begonn haben. Bücher und Markt, dann war der Tag noch perfekter als er ohnehin schon war. Seit ich mich zurückerinnern kann faszinierten mich Bücher. Zurück vom Einkaufen räumten wir unsere Ausbeute aus den Taschen aus und ich verschwand mit dem Buch schnell im Wohnzimmer. 2019, nicht mehr 7 Jahre alt Auch wenn ich heute auf den Markt gehe, kommen diese Erinnerungen zurück, so präsent, als ob es erst gestern gewesen

wäre. Manche Händler stehen noch immer am selben Platz. Mit der Zeit habe ich mein Ritual um ein paar Zwischenstopps ergänzt. Ein Besuch im Schallplattenladen ist ebenso Pflicht, wie eine Kaffeepause im magma köstliches. Und was natürlich nicht fehlen darf, als krönender Abschluss: ein Abstecher in den Buchladen. Das Geschäft von damals gibt es nicht mehr, einen passenden Ersatz habe ich aber zum Glück ganz in der Nähe gefunden.

oben  reichliche Auswahl links  vor dem magma köstliches

So ist dieser öffentliche und anonyme Ort über die Jahre mit Erinnerungen und Bedeutungen gefüllt und zu meinem ganz persönlichen Ritual geworden.

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Text und Fotos Sarah Wehinger

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Tommr Dialekt reda

A Buschla uf da Bündt luagat am Bur bem Puschla macha zua. Wir sind schon stolz auf unseren Dialekt. Ohne s’Gsi, fehlt uns was. Im Dialekt kann man einige Dinge eben besser ausdrücken. Anni Mathes, Mundart Autorin, hat sich die Zeit genommen, sich mit mir zu unterhalten. Natürle hommr gredat wia da Schnabl gwachsa isch…

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glücksschpiil ghöört äm viil und ma hett s ghöörig

gedankagäng eppanomôôl vrlauf i mi i mina gedankagäng denn hilf nu no an gedankasprung an aalauf an juck an ghööriga satz schöö wenn r uf na blatt troolat

— Anni Mathes

Wia kunnts? Kunnts so odr so? S kunnt sowieso net aso wiani gärn wett eppanomôôl vrlauf i mi i mina gedankagäng

— Anni Mathes

Im Magazin dreaht sich als um Fealdkirch und um spezielle Orte. Eppas verbindat alle, weil mr fasch immr Dialekt redan und mir seal des oh ganz wichtig isch. Drum hot des natürlich, als verbindendes Element, do sin berechtigta Platz. Damit ma vrstoht, warum üs des so wichtig isch, muas ma sich aklele allgemein damit beschäftiga.

ghöört si s net wörd ma zmôôl höörig ghöörig höörig wäär net ghöörig vôr s äm zmôôl könnt nümma ghööra möößt si s ghörra ma täät hööra

— Anni Mathes

Drum hon i mi mol mit da Anni Mathes unterhalta. Sie isch a Mundart Autorin und beschäftigt sich intensiv mit am Vorarlberger Dialekt. So isch se in Dütschland, Frankreich, da Schwiiz und natürlich in Österrich mit ihram Fachwissa unterweags. Ihre Gedicht sind im Bludescher Dialekt gschriba. Anni, wia wichtig ischas, Dialekt z’reda? Für d’Charakterbildung isch so was wia da Dialekt eppas vom wichtigschta. Grad in da globalisierta Wealt ischas entscheidand, dass as des individuelle oh no gea dearf. Des isch des was üs oh unterscheidat, aber oh a Völkle usmacht. D’Sproch isch eppas vom wichtigschta vo da Kommunikation und i denk mr immer a Sproch würsch du nia archivira könna, in 100 Johr tät koaner meh verstoh wia mir hüt redan, weil hüt scho so viele Anglizismen dinna sind und einfach weil d’Welt zemma gruckt isch. Es isch nümma so seppariert, als isch witläufig worra und Grenza sind weggfalla, zum Glück oh. Und trotzdem find i des, was des

Innenhof in der Schattenburg


Tommr Dialekt reda

A gwôgte Wôôg Söllis wôga uf dära Wôôg mi wäga abr gad wäga dära Wôôg wôgis hüt net wäll dia wôgats wellawäg und zäägat wiedr zviel a

— Anni Mathes

Individulle usmacht, wenn des verlora goht, goht ganz viel verlora. Woasch mir kunts vor, wenn is verglich mit nam Garta wenn du nur a Monokultur hosch. Es haast immer ah Mischkultur beeinflusst sich immer gegasitig und eanaweag ischs mit da Sproch oh. Was hond Mundart Text für a Bedeutung? Viele Begegnunga wörran oh viel tüfer, nur durch d’Mundart. I kenn viele Hochsproch Autora wo lächeln über d’Mundart. Wenn ma sich ned uskennt, verbindat mas villicht nur mit so Feschttext, an kurza Lacher und den ischas widr vergessa. Dabei gits oh do ganz anspruchsvolle Text. Gad be minra Lesunga wenn sich d’Lüt uf mine Texte ilon, glich ob lustig odr ernscht. Inra Zit, wo als so schneall leabig isch, will sich jedr seal da nögste si und moant er kunt z’kurz. Do isch da Dialekt widr des verbindende. Und oh wenn ma untranandr redat und ned jeds

Inra Zit wo als schneall leabig isch, do isch da Dialekt wirdr des verbindende.

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Diese Hausnummer hat die Zeit überdauert

Wort verstoht, im Kontext kuts denn immer ah – wenns vo Herza kut. Denn es schadat nia, wenn ma sich für des andere öffnat, des wirkt oh charakterbildend. Vor allem wenn i a Mundart hör, wo mar ned geläufig isch, isch des würklich wia a Fremdsproch – am Afang. Und d’Menscha wealland zruck zu da Wurzla, dia sind oafach was wichtigs. Was wär wenns koan Dialekt meh gea tät? Dia wo koan Dialekt hon, deana goht ganz viel verlora. Klar, wenn jemand mit Hochsproch ufwachst, denn isch des sine Muatrsproch, aber be üs gits scho a paar Lüt, dia moanan Dialekt isch was mindrs. Den kut so was ussa wia: „Weißt, denn bin i gangen“. Do muas i denn all da Kopf schüttla. Natürle kann jeder reda wia er will, aber wenn mas ned tuat wia ma wöt, weil ma sich schemmt, denn fänd is fürchtig. Für mi isch da Dialekt d’Sproch vom Herz. Ma ka ganz viel ganz andrsch sega. Manchmol ischs villicht sperriger, abr du kasch Menscha ganz andrsch erreicha. Und i segs so, wia sichs


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Im Dialekt ka ma ganz viel, ganz andrsch sega. Manchs isch villicht sperriger, abr du kasch oafach Menscha ganz andrsch erreicha.

Denk-muschtr und Muschtr-denka A dim Denk-muschtr muschtr denka schtrickand andre mit nu wenn di net vrstricka lôôscht kunnt d Muschtr-denka-zit

Buschla*

muscht nu denka net vrschtricka lôss dr net zviel umma-flicka

wenn sich a buschla an ra puschla riibt

sus kunnt s Vrhenka i dim Denka

könnt s sii dass si uf am holzwääg isch

und s Muschtr-denka kaascht dr schenka

— Anni Mathes

— Anni Mathes

für mi richtig ahört und fühlt. Denn hon i mr mol denkt, was isch den scho normal. Normal isch die Masse. Was isch wenn di Wahnsinniga überwiagan? Denn sind di Normala d’Verrukta.

* buschla: Kuh, puschla: Bündel von Baumästen

Was sesch zur Veränderig vom Dialekt? Woasch du kasch jo Mundart ned archiviera. Und den gits Lüt dia seagan denn: „Des isch abr koa Mundartwort!“ Denn seag i all, wenn mir würklich an reina, pura Dialekt ohne irgatwelle Iflüss reda möchten, müasstan mir üs uf a Alp uffe hocka, jo koan Bsuach usnam andra Gebiet kriaga und nur üsre Sproch reda. Abr durch d’Globalisierig kond hald andre Wörter inna. D’Sproch isch anam Wandel unterworfa.

Und manche Wörter hond oafach oh mehrare Bedeutunga… Des stimmt. Des Wort „kriaga“ isch echt intressant, ned nur wells in da hütiga Zit a hohe Priorität hot. In erschter Linie wegs da Bedeutung „etwas bekommen“ – i kriag eppas. Des isch in da Hochsproch ned, do gits zwo Wörter „bekommen“ und „kriegen“, im Sinn vo Krieg führa. Im Dialekt kasch sövl andrsch usdrucka und viels kasch oh ned so oafach übersetza, ohne dass da Sinn a kle abgwandlat würd. Des isch jetzt nur an klenna Iblick, in des enorme Wissen vo da Anni. Es hat Fröd gmacht sich mit am Thema Dialekt zu beschäftig, weils mr wichtig isch.

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Kurz gefragt — über Feldkirch nachdenken

Was segand d’Fealdkircher zur oagana Stadt? Den Ort an dem man aufgewachsen ist kennt man gut. Aber die Bedeutung der einzelnen Plätze ändert sich, wenn man älter wird. Und was ist, wenn man erst später an diesen Ort zieht und ihn mit frischen Augen betrachtet? Text und Fotos Sarah Wehinger

Wenn man an einen neuen Ort kommt, begibt man sich automatisch immer auf Entdeckungstour. Alles ist neu, unbekannt und spannend. Selbst kleinste Details springen einem schneller ins Auge. Dort wo man lebt, sich ständig bewegt und immer ist, können diese Dinge zu einem monotonen Brei aus Alltag verschwimmen. Das ist nicht zwangsweise negativ, man gewöhnt sich eben aneinander. Die Stadt und ihre Umgebung wird zuerst einmal erobert und dann mit eigenen Erfahrungen, Erlebnissen und Geschichten angereichert. Jeder hat einen anderen Hintergrund, eine andere Geschichte und somit eine andere Beziehung zu Feldkirch. Wie schauen diese Beziehungen aus?

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der schönste Weg um in die Stadt zu gelangen

Was zeichnet für dich Feldkirch aus? Wenn ich Feldkirch in einem einzigen Satz beschreiben müsste, würde ich sagen: „Fealdkirch isch für mi oafach a Stätle zum wohlfühla“. Schon als Kind war ich von den engen Gassen und den aneinander gebauten Häuser beeindruckt. Diese strahlen eine besonders heimelige Atmoshpäre aus. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Stadtkern, eingebettet zwischen den Hügeln, sehr malerisch auf Touristen wirkt. Direkt von der Stadt aus kann man über den Ardetzenberg oder auf die Letze spazieren und ein paar Minuten entfernt ist die Tostner Hub. Das macht Feldkirch für mich zu einem idealen Wohnort. — Eva (53 Jahre in Feldkirch)

Was war dein erster Eindruck von der Stadt? Klein und fein. Eine nette kleine Stadt mit Flair. Es macht den Eindruck, als wenn dort einiges im Umbruch ist. Viel Altes wird abgerissen und neue Gebäude werden hochgezogen. Die Marktgasse verleiht Feldkirch das Zentrum. Dort kann man nett herum schlendern. Besonders im Sommer ist es so gemütlich dort zu sein. Durch das mediterrane Klima fühle ich mich wie im Urlaub. Die Gastronomie ist lecker und vielseitig und lockt die Menschen an. Kulturell gibt es auch einiges zu bieten…Museen, Kino, Ausstellungen. Alles nicht so überlaufen, das find ich gut. Durch die Größe hat es noch was Persönliches. Kleine Läden mit Spezialitäten und Handarbeit. Die Menschen hier sind entschleunigt und schätzen ihre Region. Als ich bemerkte, dass die Läden über Mittag geschlossen haben, wusste ich, dass ich wieder in der Provinz angekommen bin. — Caro (3 Jahre in Feldkirch)


Kurz gefragt — über Feldkirch nachdenken

Welcher Ort hat für dich eine besondere Bedeutung? Wenn man lange an einem Ort lebt, dann hat fast jeder Platz eine Bedeutung. Jetzt ist natürlich mein Zuhause wichtig und meine Familie. Ich erinnere mich gerne an die Zeit, als ich mit meinem Kind im Garten gespielt und gebastelt habe. Besonders in Erinnerung bleiben mir Orte wo ich etwas Spannendes entdeckt oder Neues gelernt habe. Als Kinder waren wir gerne draußen, haben viel im Wald gespielt. Besonders beeindruckt hat mich da ein Ausflug im Kindergarten. Wir waren in den Rüttenen (Waldgebiet) bei der Bräand-Eiche, es brauchte sieben Kinder um den ganzen Baum zu umfassen. Noch heute spazier ich dorthin um den Kopf freizubekommen. links in der Neustadt rechts Churer Tor

— Hannes (54 Jahre in Feldkirch)

Wie wichtig ist es dir Dialekt zu sprechen? Am Dialekt ist mir wichtig, dass er es ermöglicht gewisse Situationen besser zu beschreiben, bzw. dass teilweise passendere „Vokabeln“ zur Verfügung stehen als im Schriftdeutsch. Aus diesem Grund hat die Auseinandersetzung mit und das Sprechen von Dialekt bei mir einen hohen Stellenwert. Da ich nicht mehr in Vorarlberg lebe, spreche ich leider nicht mehr so häufig Dialekt. Natürlich ist es aber schön, wenn man fern der Heimat jemanden trifft, mit dem man den Dialekt teilt. Das gibt immer ein (eigentlich unbegründetes) Gefühl der Verbundenheit. — Dani (23 Jahre in Feldkirch)

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Text  Sarah Wehinger

Zit goht ned spurlos an da Ort vorbei. Es heißt doch, ohne die Vergangenheit gibt es keine Gegenwart und keine Zukunft. Die meisten Orte haben eine spannende Geschichte zu erzählen, man muss nur zuhören. Probieren wir es doch mal aus.

Es war einmal Jeder Ort verändert sich und Menschen ändern Orte. Wenn man so durch eine Stadt spaziert, ist es im Normalfall schwer herauszufinden was mal war. Gut, ein paar Zeitzeugen, wie die Reste der Stadtmauer und die erhaltenen Türme, lassen erahnen wie Feldkirch früher aussah. Wenn man beginnt nachzuforschen und in Archiven durch altes Bildmaterial stöbert, erkennt man aber erst was sich alles getan hat und wie Feldkirch besonders in den letzten Jahrzehnten gewachsen ist. Auf der Straße ein Birnbaum Ein Beispiel für Vergänglichkeit: der Ort, an dem ich mit meinem Cousin früher durch die Wiese gelaufen bin, im hohen Gras Höhlen und Gänge gebaut und auf besagte Birnenbäume geklettert bin, ist einer Wohnsiedlung gewichen. Der Prozess ging eher schleichend vonstatten. Zuerst wurden Straßen asphaltiert, ein paar Bäume blieben verschont. Wie man sich vorstellen kann, ein Paradies für uns Kinder. Wir machten die Straßen zu unserer ganz privaten Rennstrecke. Dann stand auf einmal ein Haus, dann ein Wohnblock, dann noch ein Haus. Mittlerweile ist die Rennstrecke verschwunden.


Über damals nachdenken

Tisis, 1966 Tisis entwickelte sich aus einer bäuerlichen Siedlung zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Dieses Bild wurden vom Blasenberg aufgenommen.

Seit damals

Foto Sammlung Risch-Lau

Auch wenn sich vieles ändert, dieses Haus ist seit meiner Geburt da. Seit damals ein Ort an dem ich mich zu Hause fühle, angereichert mit so vielen Erinnerungen.

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1926, Spatenstich der Volkshalle Da die Stadt die Kosten alleine nicht stemmen konnte, wurden Anteilsscheine über Privatpersonen veräußert. So brachte die Bevölkerung 49% der Baukosten auf, daher der Name.

Foto links Sammlung Rhomberg Foto rechts Sarah Wehinger

Was war früher da? Manchmal sieht man den Orten und den Gebäuden ihre Geschichte an, sie sind mit Malereien und Infos verziert. Wenn man heute am Montforthaus vorbeiläuft, sieht man nur ein modernes Gebäude, welches 2015 erbaut wurde. Über die Vorgeschichte dieses Ortes lässt sich aber beim bloßen Betrachten nichts sagen. Erst durch einen Blick ins Archiv erfährt man spannende Dinge. Der Spatenstich für die Volkshalle wurde 1926 gemacht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Name in Stadthalle abgeändert. 1973 wurde sie durch einen Brand zerstört und 1975 neu errichtet. 2013 wurde die Halle abgebrochen und das neue moderne Montforthaus entstand.


Über damals nachdenken

Manchmol siat ma da Ort und da Gebäude ihre Gschicht ah.

Foto links Sammlung Risch-Lau Foto rechts Sarah Wehinger

Manches bleibt. Hier sieht man die Häuser „Im Kehr“, welche zum Viertel Heilig Kreuz gehören. Auf meterhohen Fundamenten ragen die Häuser in die Illschlucht hinein. Alle Häuser sind bis heute erhalten, einzig das ganz rechte, sogenannte „Gihra-Hüsle“ war in so schlechtem Zustand, dass es 1965 in die Schlucht stürzte. Wenn man von Gisingen in die Stadt hineinspaziert, kommt man daran vorbei. Diese Häuser sind wunderschön erhalten, aber ihr Alter verstecken sie nicht. Das hat mich schon als Kind fasziniert. Wer hat denn vorher in diesen Häusern gewohnt?

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Feldkirch von der Hohen Kugel aus Das ursprüngliche Feldkirch ist eigentlich der heutige Stadtteil Altenstadt, damals eine römische Siedlung. Der Name Feldkirch wurde für die neu entstandene und stark wachsende Ansiedlung am Fuße der Schattenburg übernommen. So wurde der Grundstein für das heutige Feldkirch gelegt.

Fotos  Sarah Wehinger links  Blick von der Hohen Kugel ins Rheintal rechts  der Pulverturm

Sich erinnern An den gerade gezeigten Beispielen sieht man, dass sich Orte ändern, aber auch Bestand haben können. Aber wie es war, früher in Feldkirch zu leben, das erzählt dir kein Gebäude und kein nüchternes Geschichtsbuch. Für mich sind da die besten Quellen Oma und Opa. Wenn wir zusammensitzen, gemütlich plaudern und sie von den mittlerweile verschwundenen Villen, den Straßen, gesäumt mit Bäumen und den damals noch vorhanden Gastgärten direkt in der Stadt erzählen, wird für mich das vergangene Feldkirch wieder zum Leben erweckt. Es ist einfach was anderes, von Ereignissen direkt zu erfahren und nicht anonym in Büchern darüber zu lesen. Je mehr sie mir erzählen, desto mehr fällt ihnen ein. Es ist spannend zu erfahren, wie die Situation in den Geschäften nach


Über damals nachdenken

Es isch hald all widr schö an d’Zit mit da Enkile zruck zum denka.

dem Zweiten Weltkrieg war. Damals gab es keine Massenware, geschweige denn Verkaufsketten, aber viele kleine Läden. Das was damals als selbstverständlich betrachtet wurde, hat sich geändert. Die wenigsten können sich heutzutage vorstellen alle Besorgungen zu Fuß zu erledigen, das meiste Gemüse auch selbst anzubauen und alles selber einzukochen. Ich hätt nie gedacht, dass neben dem Montforthaus im Winter früher der Eislaufplatz gebaut wurde. Keine Halle, Banden aus Schnee. Oder, dass es nach dem Krieg üblich war, das Essen selber ins Gasthaus

mitzunehmen und man nur wegen den Getränken dorthin ging. Wer kann sich wirklich vorstellen wie es im Jahr 1945 gewesen sein muss, plötzlich den Fliegeralarm zu hören, nach Hause zu rennen und sich auf einem Hügel unter Felsvorsprüngen zu verstecken. Und wie muss es gewesen sein, die zerbombten Gebäude zu sehen, von einem Moment auf den anderen waren einige zerstört. Glücklicherweise haben sich die Zeiten geändert und wir kommen auf Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit zu sprechen. Gemeinsam erzählen sie mir von den wunderschönen Sommertagen mit meinem Cousin im Garten, ein paar Leintücher für eine Hütte waren genug, unsere Fantasie machte alles mögliche daraus. Ich freue mich schon auf das nächste Gespräch um meine Familie und Feldkirch noch besser kennenzulernen.

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Text und Fotos Sarah Wehinger

Do kond Erineriga and Kindheit widr zruck. Es gibt Orte, die haben einfach eine besondere Bedeutung. Oft ist es schwer auch für sich selber herauszufinden, warum gerade dieser Platz für einen so wichtig ist. Für eine Gegend habe ich nach einer Antwort gesucht, und gefunden.

Weg in die Tostner Huab


Ruhepol Tostner Hub

1999, Herbst „Alle bereit?“ „Sind die Kinder auch warm genug angezogen, draußen in den Feldern zieht es.“ „Und Taschentücher, Mützen und Handschuhe nicht vergessen!“ An was Erwachsene immer alles denken müssen – mein Cousin und ich sind schon längst bereit. Nach einer gefühlten Ewigkeit, als Vierjährige rennt einem die Zeit noch nicht davon, brechen wir mit Oma und Opa zu einem Spaziergang in die Tostner Hub, von uns nur „Huab“ genannt, auf. Zu diesem Ort an der Grenze zu Liechtenstein, am Rand von Feldkirch. Felder, ein paar Wege und seit 2011 weiter draußen ein See, eingezwängt zwischen dem Schellenberg auf der einen und dem Hausberg von Feldkirch (Älpele) auf der anderen Seite.

Für uns ist es hier perfekt um herumzutoben und gemeinsam draußen Zeit zu verbringen. Uns werden beim Spazieren Geschichten erzählt und mit einer schier unendlichen Geduld und Nachsicht, wie es nur Großeltern aufbringen können, jede „Und warum?“ Frage beantwortet. Auf dem Rückweg wollen wir, die Abenteurer von morgen, noch schnell beim Friedhof von St. Michael vorbeischauen. Als eine der wenigen Kirchen Vorarlbergs besitzt sie noch ein Beinhaus, welches in die Friedhofsmauer eingebettet ist.

Kirche St. Michael Abseits des Dorfkerns von Feldkirch-Tisis liegt die Kirche St. Michael, die erstmals 1218 erwähnt wurde. Anfänglich stand auf dem Hügel nur die Kirche, der Friedhof wie wir in jetzt kennen, wurde erst später angelegt. Einer Legende zufolge wurde diese Kirche an der Stelle einer heidnischen Kultstätte errichtet.

Nun reden die Erwachsen auf einmal leiser, hier ist es ruhig und hier sind auch, was wir natürlich am spannendsten fanden die Schädel. Sie faszinieren uns einfach, wecken Ideen in uns. Wer waren sie, was ist mit ihnen passiert?

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der Egelsee ein Ruhepol

2019, Winter Obwohl nicht wirklich abgelegen, Häuser sind immer in Sichtweite, stellt sich für mich in der Huab immer schnell das Gefühl von Einsamkeit ein. Wenn der erste Schnee gefallen ist, der die Umgebungsgeräusche dämpft, und dichter Nebel über die Felder kriecht, sind auch die Blicke auf die umliegenden Häuser verschleiert – dann wird dieser Ort noch mehr zum Ruhepol, zum Rückzugsort. Es fühlt sich für mich wie ein Ausbrechen aus dem Alltag an, ein wenig bleibt die Zeit dort draußen

Stadtkern von Feldkirch

Es fühlt sich wia a Usbrecha usam Alltag a, aklele blibt d‘Zit döt dussa oafach immr stoh.

immer stehen. Dort können meine Gedanken ungesehen Gestalt annehmen, dort kann ich in Ruhe ein Buch lesen. Am Egelsee, der teilweise schon in Liechtenstein liegt, könnte ich stundenlang die Natur und die Tiere beobachten. Dieser See war ursprünglich ein Gletschersee, wurde aber um 1830 trockengelegt. Dank einer Vereinbarung mit Liechtenstein wurde er wieder reaktiviert, auch für den Hochwasserschutz. Wenn man schon mal da ist… An diesem Ort kann ich immer in Ruhe nachdenken. Nicht selten lege ich auf dem Weg zurück in die wirkliche Welt einen Stopp bei den Schädeln auf dem Friedhof ein und sag hallo zu meinen alten Bekannten, die hervorragend zuhören können.


Berühmte Persönlichkeiten

Text  Sarah Wehinger Fotos  aus der Sammlung Risch-Lau und Panograf.at

Fealdkirch, da Zauberberg, Holmes und Ulysses? Viele berühmte Persönlichkeiten kamen aus Feldkirch, wirkten dort oder machten einen Zwischenstopp in der westlichsten Gemeinde Österreichs.

Blick auf Feldkirch

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von hier wurde das Foto auf Seite 36 gemacht

Stella Matutina Vor 150 Jahren haben die Jesuiten in Feldkirch ein Pensionat eröffnet und das Feldkircher Staatsgymnasium wieder einmal

hier ist die Tostner Hub (S.32)

Schüler aus der ganzen Welt Mehr als 10.000 Schüler besuchten das Kolleg. Zu den berühmtesten zählten Clemens August Graf von Galen, erbitterter Gegner des Nationalsozialismus, die österreichischen Bundeskanzler Otto Ende und Kurt von Schuschnigg und für mich sehr überraschend Sir Arthur Conan Doyle, Schöpfer des Sherlock Holmes.

übernommen. Bedingt durch religiöse und politische Entscheidungen kam es immer wieder zu Führungswechseln. 1979 wurden die Tore dann endgültig geschlossen

Sir Arthur Conan Doyle Da er mit seinen 16 Jahren noch zu jung für ein reguläres Studium an einer Universität ist, kommt er 1876 für ein Auslandsstudium nach Feldkirch, auch um sein Deutsch zu perfektionieren. Rückblickend lässt sich schon damals eine Begeisterung fürs Schreiben erkennen, da er als Herausgeber der Schulzeitung agierte und auch selber etliche Artikel schrieb. Die Zeitung trug den Titel „The Feldkirchian Gazette.“ Dort veröffentlichte er eigene Gedichte, die sicher zu seinen ersten eigenen literarischen Publikationen gehören. Aus Briefen an seine Eltern lässt sich entnehmen, dass


Berühmte Persönlichkeiten

die Schweizer Berge

Nia hät i denkt, dass sövl interessante Lüt in Fealdkirch waran. links  Aufnahme mit einer Drohne von Panograf.at rechts  der gesamte Gebäudekomplex

ihm die Berge, die Sehenswürdigkeiten rund um Feldkirch und das deutsche Leichtbier gut gefallen.

Mustergut, Sportakademie, Gelehrtenschule und Musentempel; denn ständig gab es Theater und Musik.

Thomas Mann Auch der berühmte deutsche Schriftsteller und Literaturpreisträger Thomas Mann nimmt in seinem Werk „Zauberberg“ Bezug auf Feldkirch und setzt so dem Jesuitenkolleg Stella Matutina ein literarisches Denkmal. Denn in diesem Werk, welches er 1913 begonnen, aber erst 1914 vollendet hat, lässt er Leo Naphta, einer der Hauptfiguren, Kontakt zu einem Stellapater aufnehmen und gibt weitere Einblicke in die berühmte Internatsschule. So schreibt er: „Das Institut war zugleich Pensionat,

Eine Entscheidung Berühmte Persönlichkeiten sind aber nicht immer mit der Stella Matutina verknüpft. Der irische Schriftsteller James Joyce war beispielsweise 1915 auf der Durchreise in die Schweiz und wurde bei der Grenzkontrolle in Feldkirch fälschlicherweise mit einem Spion verwechselt und beinahe verhaftet. Als er 1932 wieder nach Feldkirch zurückkehrte um an „Finnegans Wake“ zu arbeiten, sagte er: „Dort drüben, auf den Schienen entschied sich 1915 das Schicksal des Ulysses.“

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Ardetzenberg, 631 m. Ăź. A.


Weinanbau in Feldkirch

Text und Foto  Sarah Wehinger

Oh z’Fealdkirch hot ma früanar mol khörig Wi abaut. Dieser kurze Ausflug in die Vergangenheit zeigt, wie anders Feldkirch einmal war und sollte jedem in Erinnerung rufen, dass man einen Ort erst versteht, wenn man seine Geschichten kennt und sich durch alte Unterlagen in Archiven schmökert.

Schattenburg Wein Seid 2002 wird wieder Wein unterhalb der Schattenburg, direkt am Schlossberg angebaut.

Zurück ins Mittelalter Wenn man Vermutungen über die Geschichte Feldkirchs anstellt, wird man eher selten auf die Idee kommen, dass quasi mitten in der Stadt Wein angebaut wurde. Dies geschah aber wirklich am Ardetzenberg, der mit seinen 631 Metern für Vorarlberger Verhältnisse das Wort Berg eigentlich nicht verdient hat. Den Grundstein für den Weinanbau legten die Grafen von Montfort. Später übernahmen reiche Bürger ihr Erbe und erweiterten das Rebanbaugebiet, das bis vor die Tore der Stadt reichte. Dies förderte maßgeblich den wirtschaftlichen Aufstieg Feldkirchs im hohen Mittelalter. Der Wein wurde damals sowohl als Haustrunk verwendet und als begehrter Exportartikel an die Wirte des Landes verkauft.

Um die 420 Reben wurden damals angepflanzt und so entstehen jährlich durchschnittlich 500 Flaschen Wein. Drei Sorten werden dort angebaut, darunter auch ein Cuvèe aus Regent, Leon Millot und Marèchal Foch.

Im Hier und Jetzt Mittlerweile ist der Ardetzenberg nicht mehr von Weinreben gesäumt, der Wald hat seinen Platz zurückerobert und teilt ihn sich mit Häusern, dazwischen liegen noch ein paar kleine Weinberge. So auch beim Wahrzeichen Feldkirchs, der Schattenburg. Hier sieht man deutlich, was für Geheimnisse ans Licht kommen können, wenn man sich intensiv mit einem Ort und seiner Vergangenheit beschäftigt.

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Text  Sarah Wehinger Fotos  Maya Grella, magma köstliches

ein magischer Moment für Kaffeliebhaber

Ohne regionale Zuatat git’s koa ehrlichs Essa. Welch ein Glück einen Ort zu haben, an dem man jedes Mal kulinarisch verwöhnt wird. Der Chef dieses Ortes hat sich Zeit genommen und ein paar Fragen beantwortet. An Guata!


Interview — Erwin Kasper

Es isch echt bsundrigs wenn ma am Morga miterleabt wia d’Stadt muntr würd.

Was bedeutet dir persönlich Feldkirch? Was ist dein ganz eigener Bezug, den du zu dieser Stadt hast? Feldkirch bedeutet für mich tolle Leute, trendige Stadt, hier findet mein Arbeitstag statt, mit dem ich momentan sehr glücklich bin. Also ist Feldkirch auch Alltag für mich, was ich natürlich positiv meine. Hier hat es mir immer schon gefallen. Als Kinder sind wir mit unseren Eltern öfters in den Wildpark oder auch mal zur Schattenburg, die hat mich wirklich fasziniert. Genau das Gleiche hab ich dann mit meinen Kindern auch gemacht, alles wiederholt sich irgendwie. Wo ist dein Lieblingsort in Feldkirch? Gibt es besondere (Kindheits-) Erinnerung oder eine spannende Geschichte? Mein Lieblingsort in Feldkirch? Natürlich im Magma (lacht). Aber jetzt mal im Ernst, es ist echt ein Genuss, wenn man ganz früh am Morgen in der Stadt ein paar Besorgungen tätigt, durch die Gassen geht, die frische Luft einatmet und miterlebt, wie die Stadt munter wird. Besonders am Dienstag, wenn die Marktstände aufgebaut werden und frische Zutaten direkt eingekauft werden können. Das magma ist ja nur ein paar Meter weg.

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Feldkirch isch wit meh als was ma ufan erschta Blick siaht oder über d’Stadt denka mag.

Wie unterscheidet sich Feldkirch für dich von anderen Orten? Das Besondere ist sicherlich die wunderschönen erhaltenen alten Gassen in Feldkirch. Es loht sich wirklich einmal mit erhobenem Kopf durch die Gassen zu gehen und die Malereien und alten Schriften zu bestaunen. Man findet immer wieder ein neues, interessantes Detail. Feldkirch ist verglichen zu anderen Orten nicht sonderlich groß. Aber wegen dem vielfältigen Angebot, dem internationalen Publikum und den fantastischen Veranstaltungen das ganze Jahr über, ist Feldkirch weit mehr, als man vielleicht auf den ersten Blick sieht oder über die klein wirkende Stadt denkt. Erst wenn man sich Zeit nimmt, kann man das wahre Feldkirch kennenlernen. Warum hast du dich dazu entschieden, das magma köstliches gerade hier in Feldkirch zu eröffnen? Ja, warum eigentlich? Vor allem weil ich mich gleich wohl gefühlt habe. Als ich die Räumlichkeiten das erste Mal gesehen habe, waren meine Gedanken gleich klar und ich konnte mir sofort vorstellen wie es später aussehen soll und wie die Menschen dann ein und aus gehen, ihre Zeit hier verbringen, einen Kaffee genießen und wie die Kochkurse besucht werden. Das magma passte einfach zu Feldkirch und das hat sich auch bestätigt.


Interview — Erwin Kasper

Wenn sich bei üs d’Lüt treffan um oafach a guate Zit z’ha, denn bin i glücklich.

Wie sind die bisherigen Erfahrungen? Wie sind die Feldkircher Gäste? Ich finde gerade die Feldkircher Gäste sehr angenehm. Besonders super finde ich den Bogen vom Kleinkind bis zum Pensionist. So gibt es immer wieder interessante Begegnungen. Wenn sich alle am gleichen Ort treffen um eine gute Zeit zu verbringen und ich ihnen diesen Ort geben kann, dann bin ich glücklich. Wie siehst du generell die Gastronomie in Feldkirch? Ich finde, dass die Feldkircher Gastronomie einzigartig ist. Sie ist sehr abwechslungsreich, es gibt eine super Mischung aus Stammbetrieben, neuem und trendigem. Einfach eine breite Palette zum Wohlfühlen und genießen! Auf was legt ein typischer Feldkircher (oder Vorarlberger) Wert beim Essen? Wie wichtig ist Regionalität? Die bewährten Käsknöpfle sind natürlich der Klassiker, wo es so viele verschiedene Rezepte und Meinungen über die einzig wahre Zubereitungsart gibt. Aber auch tolle Fische kurz gebraten, Salate, feines Fleisch gehört mittlerweile zum Standard … Regionalität ist wichtig und wird auch immer noch wichtiger werden, denn der Kunde schaut immer mehr auf den Teller. Woher und von wem kommen die Produkte? Das ist uns im magma wichtig.

Wie wichtig ist dir unser Dialekt, „mag ma“ spielt ja auch auf unsere Aussprache an. Magma steht für die Kraft des Erdinneren und natürlich für mag Ma mag Frau…magma es oder net…ma mag es halt…usw. Einige Worte sind eben besonders und einzigartig und klingen im Dialekt einfach besser. Mir gefallen so Ausdrücke wie zalbander (zu zweit) oder „mol ghörig“ (gut, richtig, anständig). Findest du es wichtig, den Ort und die Menschen wo man lebt/arbeitet zu kennen? Wenn man in unserer Branche arbeitet, ist es wichtig, dass man generell einen guten Zugang zu den Menschen hat. Am Besten lernt man einen Ort und seine Menschen durch Offenheit und Kommunikation kennen. Sehr wichtig ist: zuhören, flexibel sein, Spontanität beweisen und Ehrlichkeit.

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Dahoam isch dahaom, isch dahoam? Ich war im November in Feldkirch um für dieses Magazin zu recherchieren und zu fotografieren. Als mich mein Opa fragte, wann ich wieder zur Universität nach St. Pölten fahre, war meine Antwort: „Am Montag fahr ich wieder nach Hause“. Daraufhin sagte mein Vater: „Aber du bist doch hier zu Hause“. Tja, da kam ich ins Grübeln – was bedeuten die Begriffe Zuhause, daheim sein und Heimat für mich. Jetzt, ein paar Wochen später nach einer intensiven Beschäftigung mit Feldkirch und den Begriffen, habe ich für mich festgestellt, dass daheim sein und Heimat nicht zwangsläufig dasselbe ist. Daheim ist für mich kein rein physischer Ort, es geht ums Gefühl, um einen Raum wo ich mich wohlfühlen und gut arbeiten kann. Aber Heimat, das ist nur Feldkirch und dort vor allem die Orte wo ich aufgewachsen bin – bei meinen Großeltern und meinen Eltern. Dort wo sich in jeder Ecke Erinnerungen und lustige Geschichten verbergen, wo man sich fast blind bewegen kann, wo man mit seiner Familie Zeit verbringt.

links  Familienausflug rechts  ein eigener Löwe


Wo ist Heimat?

Hoamat isch für mi, wo sich in jedra Eck Erinneriga verbeargan und wo mine Familie isch.

links oben  damals gab es noch „khörige Wintr“ rechts oben  die Beste Zeit in Omas Garten links unten  früheste Faszination fürs Medium Buch

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Foto Mark Lins


Nur a beliebigs Hus, odr? In diesem Magazin hat sich vieles um Orte und ihre Bedeutung gedreht. Mark Lins war es wichtig in seinem Buch Feldkirch abseits der Postkartenidylle zu zeigen. Unter anderem hat er auch dieses Haus fotografiert. Es steht an der Bundesstraße ein wenig außerhalb der Stadt, tausende Menschen fahren jeden Tag daran vorbei, niemand beachtet es. Für mich erzählt dieses Haus aber eine Geschichte. In der obersten Wohnung haben meine Urgroßeltern und später auch, zusammen mit ihnen, meine Großeltern gewohnt. In vielen alten Geschichten kommt dieses Haus vor. Durch dieses Projekt habe ich noch mehr verstanden, was mir persönlich Feldkirch bedeutet und wie viele spannende Dinge man an einer Stadt erkennt, wenn man sich mit ihr beschäftigt.

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Danke an alle dia mi untrstützt hond!

Ich habe viel hinterfragt und viel Neues über eine Stadt gelernt, die ich schon ganz gut zu kennen glaubte. Dieses Magazin wäre ohne Hilfe und Unterstützung nie zu dem geworden, was es jetzt ist. Danke an … meine Vortragenden Aidan Swanton und Marcus Ludl. Danke an die besten und motivierendsten Unikollegen Flo, Sophie, und Anna – ihr seid der Hammer! Danke an meine Interview-Partner Mark Lins, Erwin Kasper und Anni Mathes. Und danke an alle anderen, die mich bei meiner Recherche unterstützt haben und mir (Foto-) Material, ihr Wissen und ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben. Und natürlich ein riesengroßes Dankeschön an meine Familie.

Impressum Sarah Wehinger, Editorialdesign, 3. Semester New Design University Wintersemester 2018/19


Und jetzt? Seal uf Entdeckungstour go?

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Ischas ned allat so, dass ma des was ma all um sich hot nüm aso schätzat? Ischas ned allat so, dass ma wenn ma eppas z'oft sieat, s’eigentlich gär nümm siat? Ischas ned allat so, dass ma wenn ma a klele weg war, uf oamol begriift?


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