Schauspielhaus Zürich - Journal

Page 1

Seite 4 Moritz Leuenberger erinnert sich an Max Frisch, das Entscheiden und die Identitäten eines Politikers

Seite 12 Hausbesuch bei Isla Victoria – über Macht, Vorurteile und die Realität von Sexarbeiterinnen in Zürich

Seite 17 Theaterkritik, Tweets und Tempura – René Pollesch und Sibylle Berg twittern beim besten Japaner der Stadt

Journal

Februar/März 2014

Schauspielhaus Zürich


Ihre

Leidenschaft

Unsere

Unterstützung

Inspiration für alle

Schauspielhaus Zürich und Swiss Re – eine inspirierende Partnerschaft. Ideen, Innovation, Inspiration – bewegen uns bei Swiss Re. Die Zusammenarbeit mit Menschen auf der ganzen Welt begeistert uns. Denn gemeinsam entdecken wir immer wieder neue Perspektiven und spannende Horizonte. Darum fördern wir auch kreatives Engagement und kompetente Leidenschaft – und die lebendige Kulturszene in Zürich. Sie regt an, sie berührt, sie lässt uns staunen und nachdenken. Und Gedanken austauschen, denn: Together we’re smarter. swissre.com/sponsoring


Moritz Leuenberger im Gespräch über Max Frisch

11 Der Regisseur und Performer Alexander Giesche im Porträt

Editorial

Menschen, der es geschaffen hat, auf die Spur zu kommen und Aufschlüsse über die Entstehungszeit zu gewinnen. Es mag ein Triumph sein, Experten zum Narren zu halten und sich, zumindest vorübergehend, als Genie zu fühlen, aber der Kopist bleibt Kopist. Ohne das Original gibt es ihn nicht. Keine Technik ersetzt die Idee, den Findungsprozess, die Inspiration, die Wahrnehmung, die Auseinandersetzung, also die Voraussetzungen jedes künstlerischen Erzeugnisses. Forscher Bredekamp wurde nach der „Kränkung“ – so bezeichnet er seine Irreführung durch den falschen Galilei – notgedrungen wieder pragmatisch und fordert von seiner Zunft „eine Art Waffengleichheit mit den Fälschern“. Und im Theater? Wo sind da die Originale und wo die Fälschungen? Ist ein Drama einerseits ein literarisches Original und gleichzeitig eine Fälschung, weil kein ernstzunehmender Dramatiker sich mit den Widrigkeiten der „Umsetzung“ seines Werkes auf die Bühne befassen muss und kann? Ist der Schauspieler der Fälscher? Weil er „so tut als ob“ und gleichzeitig immer und ohne Einschränkung als der wahrgenommen wird, der er gerade ist, in der real ablaufenden Zeit, die er mit dem Zuschauer verbringt?

Im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ war kürzlich ein Interview mit dem weltweit anerkannten Kunsthistoriker Horst Bredekamp abgedruckt. Es ging um Tuschezeichnungen des Mondes, die angeblich von Galileo Galilei stammten (in seinem „Sternenboten“ aus dem Jahr 1610) – und sich als Fälschung entpuppten. Bredekamp und sein hochkarätiges Team, die dachten, sie hätten die revolutionäre Entdeckung eines Originals zu vermelden, mussten sich damit abfinden, dass sie einem Betrug aufgesessen waren. Schlimmer noch: sie mussten hinnehmen, dass sie ein winziges Detail übersehen hatten, an dem sie diesen zweifelsfrei hätten festmachen können. Bredekamp spricht im Interview von einem „Trauma“. Der Schock gründet für ihn nicht in der Tatsache, dass der Fälscher, der die Zeichnungen angefertigt hatte, als simpler Betrüger damit einen Haufen Geld gemacht hatte, sondern in dem Umstand, dass er die gesamte wissenschaftliche Zunft genarrt, getäuscht, im Grunde verhöhnt hatte – und offensichtlich dafür verehrt wird. Ebenso bewundert wird der grosse Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi, der stolz darauf ist, stapelweise selbst gepinselte Fakes von marktbestimmenden Malergenies in Umlauf gebracht zu haben und nun seine Autobiographie vorgelegt hat. Was genau macht die Betrüger in der Öffentlichkeit so unwiderstehlich? Ihre Chuzpe? Ihr handwerkliches Können? Ihre kriminelle Energie? Ihre Häme gegenüber dem Kunst- und Wissenschaftsbetrieb? Ein Gefühl der Ernüchterung beschleicht einen, wenn man – im Zeitalter der unbegrenzten Reproduktionstechniken – die merkwürdige Idealisierung von Kunstfälschern beobachtet, mögen sie noch so virtuos sein. Die Kultur der Schadenfreude, die um sie herum entsteht, ist kein Gewinn, viel eher Ausdruck einer diffusen Lust an der Demontage von Autoritäten, die sich oftmals jahrzehntelang mit Akribie und durchaus obsessiv mit der Magie des originalen Werkes befasst haben, um dem

4

Ba rb vo ar n a Fr ey

Original und Fälschung

„Die Zeit ist das Loch in der Schöpfung, die ganze Menschheit passt hinein“, heisst es in Heiner Müllers „Quartett“. Damit erübrigen sich alle Fragen nach Original und Fälschung.

26 Werner Düggelin inszeniert Molière 28 Besser leben mit … Kulturtipps aus dem Schauspielhaus club diskret – Februar bis April

17 On the Town – Sibylle Berg und René Pollesch

29 Moi, c’est qui? Der Theater Campus der Uni Zürich

22 In Szene – Lena Schwarz

30 Schicht mit Ivano Tiziani

24 Ins Theater mit Thomas Strässle

32 Szenen aus dem Repertoire

3

40 Robert Walser – Ein Kunstwerk für Ruedi Häusermann 42 Zweifels Selbstgespräche – Kolumne 43 Raten Sie mal! – Theaterquiz 46 Häusermanns Einbildungen – „The Pfirsich Collection“

Inhalt

12 Ein Hausbesuch bei Isla Victoria

38 „Räuber“ von Schiller im Jungen Schauspielhaus


Mein Name sei Gantenbein

Fehlt Max Frisch der Schweiz, Moritz Leuenberger?

Ein Gespräch mit Moritz Leuenberger über Max Frisch, neue Identitäten, gehaltene Reden und nicht geführte Tagebücher 4


Mein Name sei Gantenbein

5

G D w a en s G A dol es nd yn p re e r채 as M ch Ka elc f체 rla hin hrt ga ge en ni r u s nd


Mein Name sei Gantenbein Herr Leuenberger, wir treffen Sie aus Anlass der Premiere von „Mein Name sei Gantenbein“ in der ehrwürdigen Kronenhalle, bekannt als Stammlokal Max Frischs. Wie haben Sie Max Frisch damals erlebt? Kam es einmal zu einer persönlichen Begegnung? Nein. Es gab ja auch keine familiären oder beruflichen Berührungen. Nach dem Fichenskandal interessierte sich Frisch zwar für meine Arbeit als PUK-Präsident und trat sogar der SP bei. Das war wenige Jahre vor seinem Tod.

will, muss er sehr konkret und direkt werden. Damit wird aber die künstlerische Kommunikation zu spröder Belehrung und dem Zuschauer wird das intuitive Weiterdenken und -fühlen genommen. War Frisch zu Lebzeiten eine Symbolfigur für einen jungen Politiker? Natürlich nicht für alle. Viele taten ihn als „Salonsozi“ ab. Das waren die Fronten des Kalten Krieges. Aber auch für aufgeklärte Jugendliche war Frisch weniger eine Symbolfigur als eher ein virtueller Diskussionspartner. Unsere Überzeugung sahen wir immer wieder in seinen Gedanken gespiegelt. Er wollte sich von den damals herrschenden ideologischen Blöcken lösen und glaubte an einen dritten Weg, an einen humanen Sozialismus. Viele aus meiner Generation gelangten ebenso aus einer radikal liberalen Haltung zum Programm der Chancengleichheit und so zur Sozialdemokratie, nicht etwa wegen kollektivistischer Ideologien. Als ich 26-jährig Präsident der SP der Stadt Zürich wurde, begann unser

Erinnern Sie sich an Aufführungen im Schauspielhaus? Ich bin in Basel aufgewachsen, war also nicht im Schauspielhaus. An „Andorra“ und an die Diskussionen darüber kann ich mich erinnern. Mit dem Stück geschah etwas, was mir auch später immer wieder begegnen sollte: „Andorra“ wurde nicht so verstanden, wie es Frisch beabsichtigte. Er nahm Änderungen vor, die er dann aber auch wieder korrigierte. Wir diskutierten schon damals darüber: Wenn ein Schriftsteller jedes Risiko einer falschen Aufnahme durch das Publikum vermeiden

6


Das Max-Frisch-Bad, früher Freibad Letzigraben, wurde 1947–1949 von Max Frisch in Albisrieden gebaut. Heute steht die Anlage unter Denkmalschutz. Wir haben den Fotografen Raphael Hadad gebeten, das Bad im Winter für uns aufzusuchen.

Mein Name sei Gantenbein

neues Parteiprogramm mit: „Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der sich jeder nach seinen Neigungen und Fähigkeiten frei entfalten kann.“ Das ist ein urliberales Programm.

habe ich bei der Antwort explizit „Mein Name sei Gantenbein“ erwähnt: „Ich habe damals eben deswegen so entschieden, weil ich nur diese Informationen hatte oder mich in jenem Gemütszustand befand. Auch wenn ich nochmals die Gelegenheit hätte, zu entscheiden: Unter den absolut selben Umständen wie damals würde ich wieder gleich entscheiden. Den heutigen Wissensstand gab es damals noch nicht.“ Das wird mitunter fatalistisch verkürzt, im Sinne von: Wir entscheiden aufgrund von definierbaren Umständen, also haben wir gar keinen freien Willen und deswegen letztlich keinen Einfluss auf die Geschichte. Das ist natürlich falsch. Ein Verhalten, also auch eine politische Entscheidung, ist zwar immer hinterher erklärbar. Das heisst aber nicht, dass im Moment des Entscheides selber der freie Wille nicht bestanden hätte. Zum Zeitpunkt des Entscheides könnten wir so oder anders entscheiden, aber diesen Zeitpunkt gibt es nur ein einziges Mal, er wiederholt sich nicht. Falsch ist zudem die Meinung, hinterher genau berechnen zu können,

Wie die meisten Schweizer haben wahrscheinlich auch Sie seine Romane vor Ewigkeiten einmal gelesen. Woran erinnern Sie sich noch? Was davon ist nach dieser Zeit als Essenz übrig geblieben? Was wäre wenn? Was wäre ich geworden, hätte ich einen anderen Beruf gewählt? Hätte die Geschichte einen anderen Verlauf nehmen können, als sie es tatsächlich nahm? Stellen Sie sich solche Fragen in Bezug auf Ihre Zeit als Bundesrat heute auch? Sicher. In Interviews sind mir ständig solche Fragen gestellt worden: „Was wäre heute, wenn wir dem EWR zugestimmt hätten?“ Oder: „Hätten Sie anders entschieden, wenn Sie gewusst hätten, dass ...“ Oft

7


wie sich die Geschichte mit einem anderen Entscheid entwickelt hätte.

eines Gemeinwesens, also um Fragen, die auch andere betreffen. Natürlich spielt da Narzissmus auch eine Rolle und ist auch eine Motivation zur Politik. Das habe ich immer betont. Aber im Zentrum steht doch die Gemeinschaft und die Welt. „Ich“ bin nicht die Welt. Auch Dürrenmatt hat Frisch mal vorgeworfen, seine Probleme zu denjenigen der Welt zu machen, während er, Dürrenmatt, die Welt zu seinem Problem mache.

Mein Name sei Gantenbein

Kann man in der Politik nicht listiger sein als im Beziehungsleben, welches Frisch beschreibt? Sie haben oft politischen Geschäften eine zweite Chance gegeben, indem Sie sie zurückgezogen und zu einem anderen Zeitpunkt wieder ins Spiel gebracht haben. Das gehört zur Alltagstaktik in der Politik. Es ist die Frage nach dem Kairos, dem richtigen Zeitpunkt. Ich habe zum Beispiel das Programm „Via sicura“ zur Sicherheit auf den Strassen damals zurückgezogen, weil ich damit gescheitert wäre, und habe gewartet, bis der Bundesrat anders zusammengesetzt war. Mit der Frauenmehrheit bin ich dann problemlos durchgekommen.

Das trifft zumindest auf seine Romane zu. Hingegen weniger auf seine Theaterstücke. Er hat sich immer wieder zu tagespolitischen Geschäften konkret geäussert, im Zürcher Manifest, im Palaver über die Armee. Im Grunde war er der engagiertere Citoyen als Dürrenmatt.

„Jedermann erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.“ Der Satz stammt aus „Mein Name sei Gantenbein“, ähnlich könnte er wahrscheinlich auch in anderen Romanen Frischs stehen. Dürfte man auch sagen: „Jeder Politiker erfindet sich früher oder später eine Geschichte?“ Wir können ja solche Geschichten immer wieder beobachten. Wir wissen von persönlich zurechtgezimmerten und wahrheitswidrigen Beschönigungen von vergangenen Lügen, die in Interviews und sogar Büchern behauptet und wohl selber auch geglaubt werden. Es gibt auch das Gegenteil: Politiker, die ihre eigene Geschichte rabenschwarz empfinden und eine Öffentlichkeit, die sie aber durchaus in hellem Lichte sieht. Immerhin finde ich, in der Politik sei die Zurechtlegung der eigenen Geschichte etwas eingeschränkter als in anderen Bereichen, weil wir im öffentlichen Rampenlicht stehen, stets beobachtet werden und alles dokumentiert wird. Wahrheitswidrige Beschönigungen beispielsweise können mit Archivaufnahmen problemlos widerlegt werden. In anderen Berufen oder im Privatleben ist das nicht so.

Zurück zu den Fragebogen: Wann fragt ein Bundesrat? Für mich hat das Fragen eine zentrale Rolle gespielt und ich habe die Fragen und die Antworten organisiert, um den Horizont zu erweitern. Ich versuchte, mich mit anders Denkenden zu umgeben und mich vor jedem Entscheid zu fragen: Was würde ich der politischen Opposition sagen, wenn sie sich empört? Was könnte ich den Medien glaubwürdig antworten? Wie würde ich mich vor einer PUK verhalten? Das war ein systematisch organisierter, ständiger Diskurs. Ich spielte mit den drei Dimensionen Wort – Antwort – Verantwortung. Die Rede und Gegenrede, die man pflegen muss, um so zur abstrakten Verantwortung gegenüber jedermann zu gelangen. Ein zentrales Thema des Romans „Mein Name sei Gantenbein“ ist das Verhältnis von Mann und Frau. Der Roman stammt aus dem Jahr 1967. Im Verhältnis zwischen den Geschlechtern hat sich viel getan. Es war eine andere Zeit und ich ging wie gesagt noch in die Schule. Man darf nicht vergessen, dass das Frauenstimmrecht in der Schweiz 1967 noch nicht existierte. Immerhin waren wir eine gemischte Klasse, was damals eine Ausnahme war. Die Mädchen beschäftigten sich eher mit Frisch und seinen Beziehungsproblemen, wir uns eher mit den abstrakteren Gedanken von Dürrenmatt.

Ihre Rücktrittsrede an das Parlament eröffneten Sie mit dem Satz: „Wir treten auf, wir spielen, wir treten ab.“ Womit wir erneut bei Max Frisch wären. Seine Existenzund Überlebensform ist das Spiel. Die Welt ist eine Bühne, das Leben ein Auftritt. Ein altgriechischer Topos. Das Spielen ist das Leben. In jener Rücktrittsrede habe ich das Spielen mit dem öffentlichen Leben, also mit meiner Zeit als Bundesrat verglichen.

Inwiefern spielt der Einfluss der Kunst für den Politiker eine Rolle? Sei es Theater, sei es Film, zum Teil auch Oper, Bücher ohnehin: Sie lassen uns ständig reflektieren und bringen uns zu neuen Gedanken für einen Entscheid oder eine Rede. Die Auseinandersetzung mit Kunst liess mich stets meine Arbeit reflektieren. Ich empfand das als Privileg, weil ich nie trennen musste zwischen beruflicher Aktivität und kultureller Rezeption. Man dankte mir oft, dass ich noch Zeit fände, ins Theater zu gehen. Das verstand ich nie, denn das gehörte doch zu meinem Beruf und prägte ihn auch.

Die Frage nach sich selbst, was man ist und sein könnte, Frisch sieht darin ein existenzielles Problem. In seinen „Fragebogen“ katalogisierte er die Fragen, die er ans Leben hatte, richtiggehend – ohne Antworten zu geben, versteht sich. Wie sieht es mit dem Fragen in der Politik aus, wo man ja Antworten gibt auf Fragen, die einem gestellt werden? Da flammt jetzt mein Widerstand gegen Frisch auf: Mir war diese ausgiebige Identitätssuche stets ein Luxusproblem, fast eine Bauchnabelschau. Ich will mich gar nicht derart mit mir selber beschäftigen. Ich weiss, es tönt arrogant, aber den Fragebogen empfand ich immer wie ein psychologisches Unterhaltungsspiel. Entscheidende Fragen in der politischen Welt sind eben ganz andere. Da geht es um die Gestaltung

Theater und Politik haben einiges gemeinsam? Beides bringt bestimmte – mitunter unendlich komplexe – Gedanken zeitlich begrenzt und auf einer Bühne zum Ausdruck. Man gestaltet, man spitzt zu, so, dass die Gedanken aufgenommen und verstanden werden können. Politik ist immer auch Übersetzungsarbeit, wie Theater.

8


9

Mein Name sei Gantenbein

Ein Zitat aus den „Gesprächen im Alter“ mit Max greift an, mahnt an hehre Grundsätze. In der Exekutive Frisch lautet: „Wie bleibst Du lebendig? Wie vermeidest sollst du umsetzen. Dazu sind Kompromisse nötig Du Erstarrung, die Wiederholung?“ Frisch rebellierte und du trägst Verantwortung gegenüber allen. Du gegen die Haltung, dass etwas so ist und nicht anders. entdeckst Sichtweisen anderer Leute, die du zuvor nicht Er findet sich damit nicht ab. Können Sie das gekannt hast. Auch Bundespräsident zu sein, bedeutet nachvollziehen? wieder eine neue Identität. Ich musste zum Beispiel Das ist eine Lebenseinstellung. Wer sich politisch den Schmerz des ganzen Landes in Worte fassen beim engagiert, will Einfluss auf das öffentliche Geschehen Attentat in Zug und bei all den weiteren Katastrophen nehmen. Wir dürfen uns mit den Umständen nicht im Jahr 2001. Jetzt nach dem Rücktritt suche ich wieder eine neue Identität – unter reger Beteiligung der einfach abfinden. Diese letztere Haltung habe ich als öffentlichen Meinung übrigens. Eine Arbeit als Jugendlicher dafür manchmal Dürrenmatt etwas vorgeworfen: Er analysiert Verwaltungsrat wurde gar in kosmischen Dimensionen nicht goutiert, einen Auftritt in gigantischen zeitlichen als Statist im Opernhaus Vergleichen, er philibustert verhöhnte der Tagi, eine Führung durch das UNO„Mir war diese ausgiebige jeden Versuch, Gerechtigkeit zu organisieren, ad absurdum Gebäude fand auch keine Identitätssuche stets ein und suggeriert so: Versuche, Gnade. Einzig mein kürzlicher unsere Gesellschaft zu ändern, Luxusproblem, fast eine Auftritt in der Tonhalle sind zwecklos! wurde akzeptiert. Wollen mir Nabelschau (…). Entscheidende mal sehen, wie dieses Fragen in der politischen In den 15 Jahren, in denen Interview ankommt. Sie Bundesrat waren, haben Welt sind eben ganz andere.“ Sie das Departement nie Max Frisch hat das Literarische gewechselt. Wie haben Sie Tagebuch geprägt. Haben „Erstarrung und Wiederholung“ Sie Tagebuch geschrieben? vermieden? Leider nicht. Ich wollte Die Politik ist das Bohren mich gar nicht so sehr mit dicker Bretter. Es waren sehr mir selber beschäftigen. langfristige Projekte, die ich durchziehen wollte. Die Neue Heute bereue ich das, denn der Rückblick aus der heutigen Perspektive begünstigt dann eben die „eigene Eisenbahn-Alpentransversale ist ein gigantisches Geschichte, die man für sein Leben hält“. Projekt, das rechtzeitig und ohne Kostenüberschreitung durchgezogen werden konnte, das andere war der Aufbau Denken Sie, Frisch wäre ein guter Bundesrat gewesen? des UVEK als Nachhaltigkeitsdepartement. Es ist, soviel Niemals. Das ist schon fast eine Gantenbein’sche Frage: ich weiss, das einzige Ministerium der Welt, in welchem Was wäre wenn? Als Bundesrat hätte er eine total andere alle Infrastrukturen und die Umwelt zusammengeführt Vita aufweisen müssen. Frisch war ein Perfektionist. wurden. So konnten wir eine Strategie der Nachhaltigkeit Das ist ein Widerspruch zu einem Exekutivamt, das von aufbauen. Das brauchte seine Zeit. Es geht ja nicht Zugeständnissen geprägt ist. Er hat zwar als engagierter nur um meine persönliche Veränderung. Diese habe ich Citoyen immer wieder zu politischen Fragen Stellung zugegebenermassen etwas vernachlässigt und bin bezogen: „Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen daher nicht so in der Welt herumgekommen wie Frisch. Menschen.“ Es gab übrigens mal eine TV-Diskussion zwischen Frisch und Furgler. Da prallten zwei Welten Frischs Verhältnis zu seiner Heimat war disparat. aufeinander und die geschliffene Rhetorik von Furgler Einerseits trieb ihn der Wunsch nach Ruhe und Sicherheit wurde von den Journalisten allgemein als überlegen zu Hause im bürgerlichen Alltag um, andererseits die bezeichnet. Das lag aber vor allem daran, dass Träume von den Abenteuern draussen in der weiten Welt. Politjournalisten berichteten, die dem Gedanken der Wie ergeht es Ihnen? Viele haben das als elitär empfunden: Um die Welt jetten Arena oder Boxkämpfe huldigten, die also Sieg und dann zu Hause noch Ratschläge erteilen. oder Niederlage erleben wollten und nicht einen Diskurs. Der in der Exekutive tätige Politiker setzt um, er Heute kennen wir aber zum Beispiel Manager, welche die Schweizer Wirtschaft lenken und keine Ahnung muss Mehrheiten suchen. Er kann nur das Bessere, von unserem Land haben und sich auch nicht darum niemals das Gute anstreben und macht auch kümmern. Da sind mir dann Schriftsteller, welche die Kompromisse gegen seine eigene Überzeugung. Der aufgeklärte Gesinnungsethiker Max Frisch wusste, Welt kennen und sich aus dieser Perspektive um unsere in welcher Situation sich der Politiker befindet, aber er demokratischen Probleme sorgen, doch sehr viel lieber. mahnte trotzdem. Das war seine Rolle. Die Schweiz ist ja global vernetzt und gleichzeitig will sie ihre Identität wahren, die direkte Demokratie zum Beispiel. Da können wir uns weder nach Asien oder Max Frisch war bekannt für seine Reden, mit vielen Amerika absetzen, noch uns in den Bergen eingraben. provozierte er, beispielsweise mit der Schillerpreisrede Es braucht beide Perspektiven. „Die Schweiz als Heimat?“, die er 1974 im Schauspielhaus hielt. Auch Ihre Reden wurden mehrfach ausgezeichnet und veröffentlicht. Wie hat sich dieses Frisch sagte einmal, er hätte, anstatt eine feste Medium verändert? Identität anzunehmen, lieber das Experiment, Die Rede ist ein Kommunikationsmittel, das sich mit die Unabgeschlossenheit gewählt. Er sage zu sich „Ich“, doch meine er im gleichen Moment schon der Zeit unglaublich verändert hat. Während Cicero wieder, ein anderer zu sein, wie Ingeborg Gleichauf in noch vier Stunden redete, ist heute eine halbe Stunde ihrer Max Frisch-Biographie schreibt. Haben Sie schon lang. Die Sprache ist viel direkter geworden. nach Ihrer Zeit als Bundesrat auch nach einer neuen Vor einiger Zeit habe ich wieder eine Rede von Kennedy Identität gesucht? gelesen. Ich war verblüfft, wie kompliziert sie war. Schon der Wechsel vom Parlamentarier zum Bundesrat Verschraubt mit Relativsätzen. Das wäre heute nicht bedeutet eine neue Identität. Im Parlament ruft man aus, mehr denkbar.


Mein Name sei Gantenbein Verkümmert die Rede? Nein, sie verändert sich. Die Rede soll nach ihrem Erfolg beurteilt werden und nicht in Schönheit erstarren. Die Frage der Wirkung stellt sich heute unter der Konkurrenz des Fernsehens und der digitalen Medien neu. Sie ist ein Kommunikations- und Überzeugungsmittel neben vielen andern geworden.

Die Rede ist vierzig Jahre alt. In diesen 40 Jahren hat sich die Situation noch zugespitzt. Es gibt jedoch sehr verschiedene „jüngere Landsleute“: Solche, welche die Relativität unserer Werte durch die Globalisierung erkennen, aber auch unsere Verantwortung in der Welt wahrnehmen wollen, damit von unserem Land eben doch „etwas ausgeht“. Aber es gibt auch solche, welche die Illusion völliger Unabhängigkeit beschwören. Und sie machen immer noch Karriere, ganz wie Frisch es damals feststellte.

Eine Passage aus der Heimat-Rede von 1974 beeindruckt noch heute. Frisch sagte: „Es scheint, dass die jüngeren Landsleute weitaus gelassener sind, nicht unkritisch, aber gelassener. (...) Was beheimatet sie? Auch wenn sie im Land bleiben, leben sie im Bewusstsein, dass Vokabeln wie Föderalismus, Neutralität, Unabhängigkeit eine Illusion bezeichnen in einer Epoche der Herrschaft multinationaler Konzerne. Sie sehen, dass von ihrem Land nicht viel ausgeht; die Maulhelden aus dem Kalten Krieg haben ihre Karriere gemacht, sei es als Bankier oder in der Kultur-Politik oder beides zusammen.“ Was sagen Sie heute dazu?

Fehlt Max Frisch der Schweiz? Nein, er ist ja immer noch da. Würden Sie gerne wieder einmal einen Roman von Frisch lesen oder ein Stück von ihm sehen? Da müsste ich zuerst mal meine neue Identität gefunden haben … Moritz Leuenberger, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

10


Der Joker im Repertoirebetrieb

Ka ro v lin on Tr ac ht e

Alexander Giesche im Porträt

Jetzt im Pfauen: „Mein Name sei Gantenbein“ nach Max Frisch, Regie Dušan David Pařízek Mit Lukas Holzhausen, Miriam Maertens, Michael Neuenschwander, Siggi Schwientek Unterstützt von der Hans Imholz Stiftung

Alexander Giesche wurde 1982 in München geboren und studierte in Giessen Angewandte Theaterwissenschaft sowie Performance in Amsterdam. In seinen eigenen Arbeiten steht er, wie in „Black or White“, meist selbst auf der Bühne. So auch 2011 in der Arbeit „Record of Time“, mit der er bekannt wurde und an zahlreiche internationale Festivals eingeladen wurde. Seit 2012 ist Alexander Giesche Artist in Residence am Theater Bremen – wenn man ihn fragt, was das überhaupt bedeutet, schmunzelt er. Die Antwort auf diese Frage ist grösstenteils ihm überlassen. Seinen Arbeiten merkt man aber an: Er begreift diese Position als eine Art Joker im TheaterRepertoire-Betrieb. Er muss sich nicht an die Produktionsroutine halten, kann mit Schauspielern, anderen Protagonisten oder rein installativ arbeiten, nicht jede Arbeit muss auf einer Bühne stattfinden. Er nimmt diese Carte blanche als Anlass, das Haus und das Publikum in eine Begegnung zu verwickeln – zum Beispiel in seiner Reihe „Giesche trifft ...“. Dazu arbeitet er auch an Orten, die sonst unbespielt bleiben, wie dem Bühnenlager oder auf dem Dach des Theaters. Und wenn er doch mal die Bühne bespielt, dann wird gleich das grosse Haus

11

auf den Kopf gestellt: Für seine Arbeit „Mein angstfreier Raum“ durfte jeweils ein Zuschauer dort Platz nehmen, allerdings nicht im Zuschauerraum, sondern auf der Bühne selbst, von wo aus man in den blau ausgeleuchteten Zuschauerraum wie in ein Aquarium blickte, in dem Haifische schwammen. Nicht nur in der Publikumssituation, auch in der Vorbereitung sprengt Alexander Giesche manche Routine. Als Teil der Recherchearbeit zur Produktion „Lost“ nach der gleichnamigen Fernsehserie fand die „längste Leseprobe in der Geschichte des Bremer Theaters“ statt: Das Produktionsteam zog sich fünf Tage, genauer für 111 Stunden, ins Foyer des Bremer Theaters zurück, um sämtliche Staffeln der Fernsehserie „Lost“ nacheinander zu sehen – unterbrochen gerademal durch fünfstündige Schlafpausen. „Lost“ wird im Mai Premiere feiern und ist eine von mittlerweile vier Regiearbeiten, die Alexander Giesche in Bremen zeigt. Das Phänomen der Fernsehserie, die sich seit einigen Jahren zu einer neuen epischen Erzählform entwickelt und politisch und gesellschaftskritisch ist wie vielleicht nie zuvor, ist auch für seine erste Zürcher Regiearbeit Ausgangspunkt. Im Format der Theaterserie – vier Premieren in vier Wochen – entwickelt er eine Performancereihe, die sich anschliessend an das ästhetische Motiv des Doppelgängers mit dem Verhältnis von Original und Kopie, Simulation und Realität, Déjà-vu und Erinnerung in einer zunehmend digital verdoppelten Welt beschäftigt.

Realfake Eine Performanceserie in vier Folgen Regie Alexander Giesche Mit Tabea Bettin, Nils Kahnwald, Juno Meinecke, Dimitri Stapfer Premiere Folge 1 am 28. Februar im Pfauen/Kammer

Realfake

Mein Name sei Gantenbein

Und dann gibt es erstmal einen Gin Tonic. Am Ende der Performance „Black or White“ streichen Alexander Giesche und seine Kollegin Lina Hermsdorf ihre weisse Bühne schwarz. Und als sie ein gutes Stück geschafft haben, da genehmigen sie sich einen Drink. Sie streichen und streichen und versuchen verzweifelt, aber gut gelaunt, eine Eindeutigkeit herzustellen, die in ihrer und unserer Welt leider nicht mehr zu haben ist. Davon erzählt dieser Abend und von Reizüberflutung und dem verzweifelten Willen, die Zeit zu verlangsamen. Der Gin Tonic steht für das Jetzt, den Willen, den Moment anzuhalten und für den leider unvermeidlichen Kater am nächsten Morgen. Aber er steht auch für ein Lebensgefühl und sinnbildlich für eine Zeitgenossenschaft, die allen Arbeiten von Alexander Giesche gemein sind.


Hausbesuch

„Wir stülpen ihnen unser Bild über ...“

12


A nd re as vo Ka n rla ga ni s

„Über Tiere“ heisst das Stück der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, das im Februar als Schweizerische Erstaufführung in der Box im Schiffbau Premiere hat. Es geht darin um Konsum und Macht, Sex und Abhängigkeit; um das Paradox der Käuflichkeit von Liebe. Die Arbeit basiert auf polizeilichen Abhörprotokollen eines Wiener Callgirl-Rings. Für Zürich hat Jelinek ihr Stück ergänzt. Als Ausgangspunkt nahm sie den vieldiskutierten Zürcher Strichplatz. Zum Probenbeginn von „Über Tiere“ macht sich das Produktionsteam an die Langstrasse auf – ein Hausbesuch bei Isla Victoria steht an.

Eine Erfolgsgeschichte „Zürcher Stadtmission – seit 1862“ – das Logo in blauweisser Farbe und stolz schwingenden Lettern strahlt Kontinuität aus. Seit 150 Jahren ist die Zürcher Stadtmission in Zürich sozial tätig. Seit 150 Jahren auch für Sexarbeiterinnen. Die Methoden haben sich in der Zeit immer wieder verändert. Früher hat man „gefallene Mädchen gerettet“. Heute kümmert sich die Isla Victoria hauptsächlich um soziale Themen wie Aufenthaltsrecht

„Aus dem Milieu sollte man sich raushalten.“ Regula Rother (l.) und Lea Boesiger (r.) beim Hausbesuch in der Isla Victoria

13

Hausbesuch

Die Langstrasse ist ein Faszinosum und müsste unter Denkmalschutz gestellt werden. Noch sieht Zürich hier aus wie New York, bevor die Amerikaner aus ihrer Stadt eine Shopping Mall gemacht haben. An der Langstrasse wirkt Zürich urban – Leuchtreklamen, laute Rufe, schmuddelige Läden, Bars und Restaurants. Und Sex: Die Langstrasse ist die Hochburg der Prostituierten. Von der Probebühne des Schauspielhauses im Schiffbau sind es ein paar Minuten zu Fuss dorthin. Vom Industriechic – elegant und keimfrei – biegt man quasi zweimal um die Ecke und landet in einer anderen Welt. Der Schmutz des Urbanen, das Ambiente am Rand der „City West“ zieht an. Hier sind wir mit Regula Rother und Lea Boesiger verabredet. Sie sind als Leiterin und Sozialarbeiterin bei der Isla Victoria tätig, der Beratungs- und Anlaufstelle für Sexarbeiterinnen, betrieben von der Zürcher Stadtmission. Es ist angenehm warm und hell in der Isla Victoria. In einem der hinteren Zimmer nehmen wir neben einer Kinderspielecke Platz. Weihnachtskekse und Christstollen, Kaffee und Tee stehen bereit. Das Produktionsteam von „Über Tiere“ besteht bezeichnenderweise fast ausschliesslich aus Frauen: die Regisseurin Tina Lanik, die Schauspielerinnen Julia Kreusch, Isabelle Menke, Lisa-Katrina Mayer und Lena Schwarz, dazu die Assistentinnen und Hospitantinnen. Ende Februar wird die Inszenierung des Stückes von Elfriede Jelinek in der Box im Schiffbau Premiere haben. Zu Beginn der Probenarbeit fragen wir uns: Wie sieht die Zürcher Szene aus? Boesiger und Rother erzählen uns davon. Wir blicken in eine beeindruckende Parallelwelt.


14

Hausbesuch


„Die meisten Probleme tauchen wegen der Migration auf, nicht wegen der Sexarbeit.“

und Arbeitsbedingungen. Sie geht auf die Frauen zu, lädt sie ein, in die Isla Victoria zu kommen. Kümmert sich um ihre Fragen, Sorgen, Freuden und Nöte. Regula Rother und Lea Boesiger sind seit Jahren mit dabei. Rother leitet die Stadtmission, Boesiger ist ausschliesslich für die Isla Victoria tätig. In unglaublicher Sisyphusarbeit tingeln die Teamfrauen die Bordelle im ganzen Kanton ab, lassen sich Kontakte geben, machen die Frauen ausfindig. Sie gehen auf die Strasse, in die Kontaktbars, bringen Informationen und Broschüren mit. Als „Türöffner“ verschenken sie Kondome. Sobald die Frauen merken, dass sie vertrauen können, öffnen sie sich. Rother und Boesiger sprechen von „Sexarbeit“, weil der Job der Frauen angesehen werden soll wie ein anderer auch. In Zürich sind es vor allem Frauen aus Drittstaaten und EU-Ländern, die ihn ausüben. Es mag keine Arbeit sein wie jede andere, aber der Umgang mit den Frauen darf nicht stigmatisierend wirken. „Wir Mittelschichtsfrauen gehen mit unserem Bild von Liebe und Sexualität an sie heran und stülpen es ihnen über“, meint Rother. Ähnlich moralisch gehe die Polizei mit den Prostituierten um. Polizeiliche Repression betrachten die Teamfrauen als ein Problem. Die Polizei kontrolliere an der Langstrasse jede Frau, die nur ein bisschen nach Sexarbeiterin aussieht, wohl aus Angst, dass der Strassenstrich nach dessen Aufhebung am Sihlquai sich hierher verlege. Wenn eine Prostituierte auf der Strasse mit einem Freier erwischt wird, erhält sie eine Wegweisung. Die Frauen sind eingeschüchtert und verstehen ihre Rechte oftmals gar nicht. „Prostitution ist legal und geht den Staat eigentlich nichts an, sofern die Gesetze eingehalten werden“, sagt Rother. Während 90 Tagen dürfen Sexarbeiterinnen aus EU-Staaten hier legal ihr Geld verdienen. Nebst der Einholung einer polizeilichen Bewilligung müssen sie, wenn sie auf den Strassenstrich gehen, an den hierfür vorgesehenen Automaten ein Billett lösen – wegen gewerblicher Nutzung öffentlichen Raums. Wenn die Marktfrau und der Taxifahrer bezahlen müssen, dann auch die Sexarbeiterin, dies die Begründung für diese etwas kleinlich wirkende Vorschrift. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit, in den neu errichteten Strichboxen oder in einem der vielen Salons zu arbeiten. Viermal die Woche wird in der Isla Victoria ein Mittagessen gekocht, gleichzeitig können sich die Frauen hier professionell beraten lassen oder sich untereinander austauschen. Die Essen sind sehr beliebt. 60 bis 80 Frauen kommen täglich vorbei. Für längere Beratungen kann ein Termin ausgemacht werden, oft sind es Telefontermine – das Telefon ist das Medium der Prostituierten. Ein bisschen färbe das Klientel auf die Mitarbeiterinnen ab. Es sei kein Nullachtfünfzehn-Job. Bürozeiten gibt es bei der Isla Victoria keine. Für gewisse Frauen sind die Mitarbeiterinnen rund um die Uhr erreichbar. Zwar gibt es die Tendenz, sich ausbeuten zu lassen, letztlich ist es aber die Flexibilität aller Mitarbeiterinnen, die zum Erfolg der Anlaufstelle geführt hat. Wenn man bei einem Problem sofort vor Ort

ist, kann mehr erledigt werden, ist man effizienter. „Die meisten Probleme tauchen wegen der Migration auf, nicht wegen der Sexarbeit.“ Dieser Satz fällt öfter während des Gesprächs. Die psychologischen Probleme der Frauen haben Rothers und Boesigers Meinung nach darin ihren Ursprung. Sexarbeiterinnen sind ständig unterwegs. Auf der Suche nach einem Auskommen verlassen sie ihre Heimat, um in der Schweiz zu arbeiten. „Wenn die Öffentlichkeit versucht aufzuräumen, wird’s problematisch.“

15

Hausbesuch

Hört man den beiden zu, fängt man unweigerlich an, schnell gefällte Urteile zu hinterfragen. Merkwürdig, wie sich jeder aufgrund einiger gelesener Zeitungsartikel als Prostitutions-Experte sieht. „Stories“ verschlimmern die Situation im Milieu laut Boesiger eher. Ein Freier verlangt Sex ohne Kondom oder Sex für 30 Franken, weil er in der Zeitung darüber gelesen hat. Aus dem Milieu solle man sich besser raushalten, meint sie. Es reguliere sich von selbst. Erst, wenn die Öffentlichkeit sich dazu verhalte und versuche, aufzuräumen, werde es problematisch. Es herrschen andere Spielregeln an der Langstrasse. Deren Realität sei absurd und paradox. Komplexer, als dass sie in eine Schlagzeile oder ein politisches Statement passen würde. Dennoch: Sex mit einer 18-jährigen Migrantin zu kaufen, von der man weiss, dass sie sich aus wirtschaftlichen Gründen prostituieren muss, ist das in Ordnung? Soll man das als Teil der Gesellschaft so hinnehmen oder – wie es europaweit geschieht – ernsthaft über ein Verbot diskutieren? „Die meisten Menschen arbeiten aus rein wirtschaftlichen Gründen im Milieu“, sagt Boesiger. Ausserdem: Zu Hause drohe den Migrantinnen aus Osteuropa Knast, wenn sie sich prostituieren, was schlimmer sei, als an der Zähringer- oder an der Langstrasse zu arbeiten. Man würde sich hier nicht fragen, was mit diesen Frauen geschieht, wenn sie zurück sind und gezwungen sind, sich dort zu prostituieren. In Zürich können sie mit ihrem Beruf in kurzer Zeit verhältnismässig viel Geld verdienen. Die Arbeiterinnen von Isla Victoria kennen die Zürcher Szene seit Jahrzehnten, zu jeder Tages- und Nachtzeit und jeder Temperatur. Rother und Boesiger fragen sich, was gewesen wäre, wenn dort statt ungarischen Roma einheimische Frauen gestanden hätten. Wenn es Deutschsprachige gewesen wären, da sind sie sich sicher, hätte keiner etwas gesagt. Ähnlich verhält es sich bezüglich der medialen Ausschlachtung „zunehmender Aggressivität“ am Strassenstrich an der Zähringerstrasse. Der Durchschnittsschweizer fühlt sich durch das initiative Verhalten der Ungarinnen bedrängt. Sie stören, weil sie sich nicht unauffällig und verschämt zurückhalten. In den offiziellen Broschüren von Zürich Tourismus hingegen besteht die Hälfte der Seiten aus Sexanzeigen. Eine widersprüchliche Situation.


Hausbesuch

Sex, Geld, Macht, Jelinek

Themen Prostitution, Liebe, Sex und Menschenhandel mit der Biographie einer älter werdenden Frau ganz bewusst und schafft assoziative Querverbindungen, die zum Teil verblüffend sind. Es ist laut Regisseurin Tina Lanik eine intelligente feministische Auseinandersetzung, die einen Kaufkreislauf beschreibt: die Frau als Ware und Gegenstand eines Vertrags. Thematisiert wird auch die Art, wie die Männer über die Prostituierten sprechen, nämlich als Ding und Wunsch. Mit dem Stück ist man mittendrin in der Diskussion um das Verbot von Prostitution. Doch sind die Probleme viel weitreichender. Auf der Langstrasse wie bei Jelinek geht es letztlich um die Frage, wie man als Gesellschaft mit Ursachen und Folgen der Migration umzugehen hat. Eine Frage, die beim Verlassen der gemütlichen Stube nicht beantwortet ist. Regula Rother erzählt zum Schluss von ihrem langfristigen Projekt, ein selbstverwaltetes Bordell aufzubauen. Lea Boesiger von den pensionierten Sexarbeiterinnen, die sie manchmal im MigrosRestaurant in Altstetten sieht. Ältere Brasilianerinnen, die nun Schweizer Hausfrau spielen. Wie geht ihr Leben weiter, wenn sie mit ihrem Beruf aufhören? Das Gespräch verläuft sich. Man erzählt von Erlebnissen auf dem Migrationsamt, Missverständnissen in der Öffentlichkeit mit dem Au Pair-Mädchen, von Sugar Daddies in der Schwulenszene, Labelsex unter Teenagern. Irgendwann brechen wir auf in Richtung Probebühne. Wir blicken uns verstohlen um und überqueren die Langstrasse.

Ein Thema in „Über Tiere“ ist das Zusammenspiel von Macht und Unterwerfung. Wie gehen die Sexarbeiterinnen damit um? Laut Rother und Boesiger sind sie Opfer des wirtschaftlichen Gefälles in Europa. Trotzdem sind sie weit entfernt davon, sich als Opfer zu sehen. Ihr Job gibt ihnen Bestätigung in Form von Geld und Macht, Glanz und Glamour. Sie sind es, die dem Mann Lust verschaffen. Wenn sie ihren Job gut machen, verleihen sie dem Mann das Gefühl, ihn zu lieben. Viele Männer gehen weg und denken: „Ich bin die grosse Ausnahme, obwohl ich bezahlt habe, empfindet sie etwas für mich!“ Auch das ist eine Form von Macht. Für die meisten Prostituierten habe die Arbeit nichts mit Gefühlen zu tun. Gefühle werden gegen Geld vorgespielt. Sie wahren Distanz trotz Intimität. Aus der Sicht einer Sexarbeiterin ist der Job einer Krankenschwester viel intimer. Aussteigerinnen fallen oft in Depressionen, sie leben in spiessigen Wohnungen und die „geregelte Welt“ langweilt sie eher. Auch die Bestätigung, dass sie ein sexuell aktives Wesen sind, mehr als die durchschnittliche Frau, macht sie mächtig und stark. Es ist ein für sie neuartiges Erlebnis, bedenkt man, dass die Frauen in ihren Herkunftsländern meist ohne Rechte leben. Wieder zu Hause sind sie auch dank der wirtschaftlichen Situation, die sie sich hier erarbeitet haben, mächtig. So ist ihr Leben ein Wechselspiel ständiger Auf- und Abwertung. Natürlich wird es immer Männer geben, die sich den Frauen gegenüber grausam und despektierlich verhalten, auch unter den Freiern. Dennoch: Zwischen Sexarbeiterinnen und Freiern gebe es auffallend wenig Gewalt, zwischen Sexarbeiterinnen und deren Gatten wiederum auffallend viel. Tendenziell wirken die Frauen selbstbewusst und stolz, oftmals fröhlich, insbesondere wenn man bedenkt, was sie in ihrem Leben erlebt haben, womit Boesiger nicht die Prostitution, sondern die wirtschaftliche Situation in ihrem Herkunftsland meint. Das alles steht nur vordergründig im Kontrast zu Jelineks Text, der trotz Verwendung dokumentarischen Materials kein Dokumentartheater sein will. Jelinek durchmengt die

Experteneinführungen mit anschliessendem Publikumsgespräch zu einzelnen Vorstellungen von „Über Tiere“ (siehe Monatsspielplan) Audiostationen zu aktuellen Forschungsprojekten der Universität Zürich im Schiffbau/Foyer Ab 22. Februar im Schiffbau/Box: „Über Tiere“ von Elfriede Jelinek, ergänzt um einen Zusatztext für Zürich (Uraufführung), Regie Tina Lanik Mit Julia Kreusch, Lisa-Katrina Mayer, Isabelle Menke, Lena Schwarz

16


Twitter on the Town

On the Town

René Pollesch und Sibylle Berg im Sala of Tokyo, Zürich

vo n

Ju lia

Re ic he rt

Von aussen sieht man es dem Sala of Tokyo nicht an, aber das japanische Restaurant gilt als das zwölftbeste Restaurant im Kanton Zürich und ist mit 16 Punkten im Gault-Millau-Führer 2014 ausgezeichnet worden. Ein Restaurantkritiker liess sich von ihrem „TokubetsuKaiseki-Menü“ dazu hinreissen, es als das „wohl beste japanische Restaurant Europas“ zu bezeichnen. Das holzvertäfelte kleine Lokal in der Limmatstrasse 29 ist jedenfalls kein Geheimtipp mehr. Bescheiden, stilvoll, vielleicht ein bisschen uriger, als es japanische Restaurants zu sein pflegen. Es herrscht reger Betrieb. Mehr als 30 Jahre lang führt der Schweizer Ernst Ruch-Fukuoka mit seiner kürzlich verstorbenen Frau Sala das kleine Restaurant. Limousinen mit japanischen Geschäftsleuten hielten schon hier in der Limmatstrasse, lange bevor Sushi den Siegeszug durch die europäischen Grossstädte antrat.

17


On the Town

Weil wir zu spät reserviert haben, sitzen wir an dem kleinen Tisch direkt neben der Tür – immerhin haben wir so das rege Treiben der Kellner gut im Blick. Der Vorschlag, sich hier zu treffen, kam von Sibylle Berg. Da René Pollesch gerade im Schiffbau sein neuestes Stück „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ probt, waren wir auf der Suche nach einem Zürcher oder einer Zürcherin, mit der wir ihn gern in die Stadt einladen wollten – einzige Bedingung: Der Ausflug wird dokumentiert.

P Hast du Lust, von deinem Abend an den Berliner Festspielen zu erzählen, den ich leider nicht … B So richtig angeben? P Du hast ja viele Gründe, um anzugeben. Dein Stück in Berlin am Gorki läuft doch blendend, die Kritiken waren supereuphorisch. Die Fotos waren geil. B Das ist süss geworden. Theater, das richtig Spass macht. Es geht schnell, ist irre lustig und die sind wahnsinnig gut, die Mädchen.

René Pollesch und Sibylle Berg kennen sich schon länger – woher genau, können die beiden heute Abend nicht mehr ganz zweifelsfrei rekonstruieren. 2003 bei einer Premiere von René Pollesch in Stuttgart? (sagt Sibylle Berg) – 2004 bei der Premiere von Christoph Schlingensiefs „Attabambi-Pornoland“ am Schauspielhaus Zürich! (sagt René Pollesch). Aber den Abstand, den man habe, wenn man mit Leuten spricht, die einem fremd sind, hätten sie da, in Sibylles Erinnerung zumindest, doch gar nicht mehr gehabt – viel zu vertraut sei das schon gewesen ...

Sibylle Berg ist übrigens tatsächlich die einzige Person, die Begriffe wie „süss“ oder „niedlich“ verwenden kann, ohne naiv, grenzdebil oder zynisch zu wirken. Irgendwie gelingt es ihr, dass sich Verniedlichungen weder zu Ungunsten der Bezeichnenden noch des Bezeichneten auswirken – möglicherweise hat das etwas mit Pfallers „Wahrheitsfähigkeit des Scherzes“ zu tun. Die beiden plaudern, schnell, leicht, aber konkret, humorvoll, dabei nie belanglos und – es ist spürbar – an Twitter geschult: Pointen lassen sich meist in 140 Zeichen fassen. Worauf Pollesch mit dem „Abend an den Festspielen“ anspielt, ist die Veranstaltung „Ein Tag mit Sibylle Berg ... und Freunden“. Für diese neue Reihe laden die Berliner Festspiele verschiedene Künstler ein, ihren „Kosmos“ vorzustellen, also Freunde, Weggefährten, Inspirationsquellen, Musik, Filme und Texte.

Beide zählen zu den wichtigsten deutschsprachigen (Theater-)Autoren, beide stehen dem Theaterbetrieb beileibe nicht unkritisch gegenüber, beide sind humorvolle, bisweilen scharfzüngige Beobachter der Welt und der Geschichten, die der Mensch über diese Welt und sich selbst erzählt. Beide reagieren sehr empfindlich darauf, wenn auf ein „das muss doch gesagt werden dürfen“ rassistische, sexistische oder homophobe Äusserungen folgen. Und beide teilen eine im deutschsprachigen Raum noch nicht gar so weit verbreitete Leidenschaft: Sie twittern. Regelmässig. Sibylle Berg twittert unter dem Slogan: „Kaufe nix, Ficke niemanden“, René Pollesch unter „Du hast mir die Pfanne versaut, du Spiegelei des Terrors“. (Wobei Pollesch nicht müde wird, zu betonen, dass er kaum 3 000, Berg dagegen über 30 000 Follower hat.) Während die beiden noch diskutieren, wie exotisch das Essen werden darf, schalte ich das Aufnahmegerät ein.

B Die Berliner Festspiele haben eine neue Reihe: „Ein Tag mit ...“, an dem sie Fast-Verstorbene ehren. Sie dachten an Alexander Kluge, Patti Smith und mich zum Anfang. Sechs Stunden, in denen man machen kann, was man will. Ich habe dann über 50 Freunde, Musiker und Tänzer nebst Blaskapelle eingeladen und weiss jetzt: Ich kann auch „Wetten, dass ...?“ moderieren. Und in Bayreuth inszenieren. Aber – wozu? P Ich hab eine Hymne darüber in der BZ gelesen. B Du liest Zeitung? P Ja, und auch diese Zeitung. Da stand, sechs Stunden hat es gedauert und es war nicht langweilig. Helene war dabei ... (Anm. d. Red.: die Autorin Helene Hegemann) B Und du warst ... P Ich war am Burgtheater-Kongress. Wo der Skandal war mit dem Billeteur ... B Mit dem Schaffner. P Ich bin mit Martin Wuttke da hingeflogen. Und während des Startes macht das Flugzeug eine Vollbremsung. Wir waren kurz vorm Abheben. Alle im Flugzeug waren total still, total stumm. Das hab ich noch nie erlebt. Vogelschlag. Wir mussten mit der Maschine wieder zurückfahren. Da sind Vögel in die Triebwerke gekommen. Mir war mulmig, ich dachte, es wäre eine Gelegenheit, das alles abzusagen, aber eine Freundin sagte, sie hat drei Freunde, denen das passiert ist, die sind nicht in die nächste Maschine eingestiegen und seitdem fliegen sie nie wieder. Zwei Stunden später gab es also einen Ersatz ... B Schade! P Dann merkt man plötzlich, das ist ein Folterinstrument. B Ich fliege ja nur mit Lexotanil. Nur völlig bedröhnt. Weil ich stelle mir das … uaah. Gar nicht so das Sterben, das ist ja dann mal o.k. … Aber ... P Du wirst gevierteilt bei lebendigem Leibe.

B Ich steh nicht auf Robbie Williams, aber sein Producer sagte, Menschen mit Humor werden nicht ernstgenommen. Da können wir „ja“ dazu sagen. P Ja, das ist aber auch gut so. Der Ernst, den die meinen … B … den Ernst, den die meinen, den wollen wir ja nicht. P Nein, der ist auch nicht von dieser Welt. B Das ist Bodenhaftung. P Das was wir machen? Das ist jedenfalls kein Ernst, der schon im Voraus da ist. Die Grundregel des Materialismus, schreibt der Wiener Philosoph und erklärte Materialist Robert Pfaller, sei, das Sein niemals mit dem Selbstbewusstsein zu verwechseln. Materialismus heisse auch, den Selbstverständnissen der Kultur, die man analysiert, nicht zu folgen, und weniger Augenmerk darauf zu richten, was Menschen über sich erzählen, als darauf, was sie tun. – Sibylle Berg bestellt das vegetarische Menu, René Pollesch die Tempura und dazu ein halbes Lachssashimi, auch wenn das nicht auf der Karte steht. Ich entscheide mich für das SashimiMenu. Wenn man will, lässt sich selbst hier eine Brücke zum Materialismus schlagen – schliesslich ist ihm die Frage „wofür es sich zu Leben lohnt“ immanent. Er ist keine lustfeindliche Philosophie, im Gegenteil: Er bekennt sich zur „Wahrheitsfähigkeit des Scherzes“. Will heissen: Lust und Wahrheit (man könnte auch sagen: Humor und Anliegen) schliessen sich keineswegs aus, sondern gehören untrennbar zusammen.

Diesen leicht morbiden Exkurs unterbricht der Kellner, scherzend, mit der Vorspeise. Der „japanische Spassvogel“ (Berg) bringt ihr gebratene Chrysanthemen und, für uns Karnivore, eine Art Pilzkloss mit Fisch. Kleine, delikate Kostbarkeiten.

18


P Wir kamen jedenfalls zu spät zu unserem Auftritt. Das hat der Billetteur genutzt, um diese Rede zu halten. Er hatte sogar vorher um Erlaubnis gefragt. Und dann wurde er leider auch vertröstet ...

das Gorki als Migrantentheater wahrgenommen werde, was in der öffentlichen Wahrnehmung auch zum Teil zum – latent rassistischen (findet Pollesch) – Vorwurf führt, das sei „halt nicht automatisch gutes Theater“. Dabei ist das Gorki in Polleschs Augen ein AntiRepräsentationstheater, weil es die einzige Theaterbühne ist, in dem einige Repräsentationsmechanismen der vermeintlichen „Mehrheitsgesellschaft“ – vor allem weisse, heterosexuelle Normierungen – aufgehoben sind und „migrantisch“ aussehende Schauspieler bei ihrem Auftritt nicht automatisch Migranten repräsentieren.

Kellner – ... Und der nächste Gang ... P Da kommt ja eins nach dem anderen.

19

On the Town

Der Burgtheater-Billeteur, der über Youtube und Facebook auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, war ein Mitglied B Hast du Twitter schon des Vorderhauspersonals des verstanden? Wiener Burgtheaters. Er P Nein. Ich dachte, da hatte Polleschs VogelschlagBerg: Hast du Twitter schon schreiben die Intelligenteren. bedingte Verspätung bei Trotzdem liest man dem Kongress „Das Theater verstanden? der Zukunft“ genutzt, um sexistischen Krampf, Pollesch: Nein. Ich dachte, da auf die teils fragwürdigen die Witze sind unterirdisch, Verwicklungen seines wenn man mal seine schreiben die Intelligenteren. Arbeitgebers, einer global Timeline verlässt, und sich tätigen privaten Personalfirma, den Trending Topics hinzuweisen und die Frage zuwendet. nach der Verantwortung des B Wie Spiegel Online. Theaters, das diese Firma P Ich habe erst letzte Woche unter Vertrag genommen verstanden, was Twitter hat, in den Raum zu stellen. wirklich ist. Es gab diese Mehr als ein einmaliger Kampagne von GQ – Zwischenfall ist sein Auftritt auch ein Indikator dafür, „Mundpropaganda“. (Anm. d. Red.: Die dass theaterintern die Frage nach „Arbeitsbedingungen „Mundpropaganda“ war eine Fotokampagne, bei der sich jeweils zwei bekanntermassen heterosexuelle und Verantwortung“ zunehmend nicht nur auf der Bühne, Männer küssend fotografieren liessen, um gegen sondern auch im Blick auf die eigene Praxis hinterfragt wird. (Nur nebenbei: René Polleschs Texte, und auch Homophobie zu protestieren.) Ich hatte daraufhin getwittert: Heterosexuelle unter sich. Und wurde dann seine Theaterpraxis, verhandeln diese und ähnliche im Netz und in Online-Medien zitiert. Ich habe Fragen schon seit über 15 Jahren). eigentlich keinen Bock, Twitter zum sich Empören zu benutzen, aber bei dem Thema habe ich mich B Was haben wir denn jetzt rausgefunden? reflexhaft empört. Dazu fühlte ich mich auch befähigt. P Bei dem Kongress? Nun, die Leute, die einen dazu B Weil das deine Kernkompetenz ist, gefühlt? einladen, gehen ja leider immer davon aus, man P Ja. Ich finde die Fürsprecherposition problematisch. teile einen Begriff von Theater. Aber ich gehe erstmal nicht davon aus. Ähnlich wie du. Wir können ja Ich finde mehr und mehr, man macht andere zum jetzt nicht mit jemandem über Theater reden und Opfer, wenn man sich für sie empört. Oder man meinen das Gleiche. Daran krankt das schon bei trennt denen, für die man spricht, die Stimmbänder so einem Kongress. durch, wie Greenpeace die des Regenwaldes. Es gibt auch eine Londoner Rudermannschaft, die einen Kalender herausgibt. Lauter Heteros, die so – Der nächste Gang: Brokkoli, japanische Algen. fast schwul – nackt miteinander herumtollen und sich B Und, du machst gerade einen Pollesch? Ist das dein gegen Homophobie einsetzen und die dafür ziemlich erster Pollesch? gelobt werden. Aber Heterosexualität braucht P (lacht) Und dein Stück? Hat Nübling schon mal etwas eben, um erfolgreich zu sein, auch den Applaus der von dir gemacht? Schwulen. B Niemals. Sibylle Berg stimmt zu, bricht aber dennoch eine P Hast du ihn dir rausgesucht? B Ich hab mich ein bisschen rangewanzt, weil ich Lanze für einen gewissen Universalismus – man müsse das Gefühl hatte, das passt. Er hat einen sehr guten schon öffentlich Position gegen Homophobie, Geschmack. Alles, was ich von ihm kenne, sieht Ausländerfeindlichkeit und Sexismus beziehen, egal, ob irrsinnig gut aus. Und er brüllt nicht rum und quält man persönlich betroffen sei oder nicht. Und, ganz die Leute nicht. klar, gerade sei ein Backlash zu fühlen, und immer mehr P Wie ein paar der Kandidaten, die wir heute nicht „reaktionäre Arschlöcher“, die sich zu Wort meldeten. erwähnen ... Die Gefahr mit Twitter, meint sie: Man könne ganz privat quatschen, aber müsse dann doch kontrollieren. Erst Sibylle Berg schwärmt vom Maxim Gorki Theater in kürzlich wieder schlug ihr nach einem Artikel richtiggehend Berlin, wo Regisseur Sebastian Nübling ihr Stück fremdenfeindliche Stimmung entgegen, ihr Name „Es interessiert mich nicht, das sogenannte Draussen“ tauchte plötzlich auf verschiedenen rechtsradikalen zur Uraufführung gebracht hat, über die Inszenierung, Internetplattformen auf. Warum man trotzdem twittert? die Schauspielerinnen, aber vor allem über die Auch da herrscht Einverständnis – man bekommt viel mit, vernetzt sich – und prompt hat sich das Gespräch vom „gleichberechtigte Stimmung“. Die beiden beschliessen, Tisch ins Netz bewegt. Die Smartphones liegen auf dem „jetzt ein bisschen das Gorki zu promoten“. Das Tisch, Namen werden ausgetauscht, wem man folgt, wem Maxim Gorki Theater in Berlin ist, unter neuer Leitung, man folgen sollte. Im Scherz verspricht Berg, Pollesch das erste postmigrantische Stadttheater. Das „Missverständnis ihres Erfolges“, finden beide, sei, dass mit einigen Re-Tweets über die 3 000 zu helfen. (Schon


„Ich weiss jetzt: Ich kann auch ‚Wetten, dass ...?‘ moderieren. Und in Bayreuth inszenieren. Aber – wozu?“

On the Town

vor Redaktionsschluss ist diese Zahl übrigens erreicht – ob das an Bergs Tweets liegt, bleibt offen.) Ohnehin: Nerds. Ein weiteres gemeinsames Faible. Sibylle Berg hat im Rahmen ihrer Festspiele-Veranstaltung auch ein Hacker-Space einrichten lassen, die Begeisterung ist spürbar.

Stelle eine Verbindung zwischen dem Speiseplan und den Gesprächspartnern herzustellen: Aber die kleinen, schlicht, aber dabei elegant und präzise zubereiteten und dabei sehr diversen Gerichte in Häppchengrösse passen verblüffend gut zu diesem Gespräch – pointiert, präzise, kleine Einheiten und schnelle Wechsel. Wenige Zutaten, perfekt abgestimmt. Twitter und japanische Küche haben vermutlich auch einiges gemeinsam: Wenig Platz, da muss jeder Bestandteil sitzen. Die Atmosphäre im Restaurant ist allerdings weniger japanisch zurückhaltend – aber auch nicht sehr schweizerisch. Die Kellner begrüssen johlend jeden neuen Gast. Pollesch zu Berg: „Kennst du die alle?“ Berg: „Einen Menschen kannte ich, die anderen kennen mich.“ (Das ist zwar ein weiterer Twitter-tauglicher Scherz, stimmt aber auch, habe ich den Eindruck.) Die Tür geht wieder auf. Berg: „Oh là là, sag ich. Papa oder Gatte?“

B Wenn du richtig jung wärst, würdest du nicht Hacker werden wollen? P Ich bin zu spät mit dem Internet bekannt geworden. B Die Freaks von früher, die lange Haare haben und Underground-Musik hören, die gibt’s nicht mehr. Was ist also das Bedeutsame heute, die Opposition oder Revolution, die sich dem Zugriff der Älteren entzieht? Da bleibt vor allem das Netz als Utopie, als Parallelwelt – als Gegenentwurf zu dem „Realweltscheiss“ (Berg), aber auch zu Sexismus und Normierung (Pollesch), „wo ein Mann eine Frau sein kann“, wo Identitäten im Fluss, verhandelbar sind. Wie weit dieser öffentliche Freiraum, die Sphäre des Netzes, von anderen öffentlichen Sphären, wie der Politik, entfernt liege, werde nicht zuletzt durch den „traurigen Merkelsatz“ (Pollesch) versinnbildlicht. (Zur Erinnerung: Die deutsche Kanzlerin hatte durch das Statement „Das Internet ist für uns alle Neuland“ den Spott der gesamten Blogosphäre auf sich gezogen.) Für Sibylle Berg ist die politische „Alternative zu den alten Säcken“ klar: „Die Piraten – auch wenn es wahrscheinlich noch ein bisschen braucht, bis jeder ein Buch herausgegeben hat. Anfängerscheiss. Fameflash.“

B Unterrichtest du eigentlich auch Kinder? P Habe ich. Ich habe aber nicht zu jeder Jahreszeit Lust auf junge Menschen. Ich habe ausserdem gemerkt, dass die Kluft grösser geworden ist zwischen mir und jungen Leuten. Dass es da keine Verbindung mehr gibt. 2004 hab ich schon einmal unterrichtet, am Max Reinhardt Seminar. Das war eine tolle Erfahrung. Zu den Leuten, da gab es eine Verbindung. Aber jetzt, die Studenten, die sind nochmal zehn Jahre jünger, oder ich bin eben nochmal zehn Jahre älter. B Wie alt sind denn deine Hauptbekannten? Mit denen du verkehrst. P Sexuell? B Nein, darüber reden wir später. Deine Freunde? Deine Haupt-Freunde. P Meine Haupt-Freunde sind in meinem Alter oder zehn Jahre jünger – aber nicht dreissig Jahre jünger. B Bemühst du dich, dranzubleiben an den jungen Menschen, oder ist dir das irgendwann egal? P Als ich anfing, Dozent zu sein, fand ich das wirklich wie einen Jungbrunnen, das war toll, mit jungen Leuten zusammen zu sein, weil die eine andere Energie haben. Aber Leute, auf die ich höre, sind in meinem Alter: Also, ich sehe sehr viele junge Leute, ich mag die auch gerne, gehe mit denen Kaffee

Hauptspeise! B Wie findet ihr, dass ich dekoriert habe? P Sehr schön. Dann musst du mir aber sagen, was das hier ist. B Eingelegtes Gemüse. Eingelegte Gurken, Rettich. Das hab ich gestern fertig gemacht. P Super. Ja, auch das hier, vor allem. Der Tempura-Teig ist dir sehr gut gelungen. B Du musst einfach sehr wenig Ei nehmen. Das ist das Geheimnis. Auch wenn es etwas gezwungen sein mag, an dieser

20


B P B P B P

B P

(Nachdem sich der Hausherr persönlich nach unserem Befinden erkundigt hat, mit Blick auf das Aufnahmegerät) Oder, das reicht doch? Das war doch schön jetzt, oder? Wir haben Twitter berührt, deine Festspielgeschichte. Gorki. B Wir sahen gut aus. Ich: Schade, dass wir das nicht eingefangen haben. B Komm, wir machen noch ein Foto: pic.twitter.com/Uuv1iF2YBe

On the Town

B P

trinken. Weisst du, aber dass man sich so richtig blind versteht oder verstehen soll, das kenn ich kaum in meinem Leben. Ich will’s auch nicht übertreiben. Die Freundschaften, wie sie in Filmen vorgelebt werden, so was hatte ich eh nie. So totale … Wo sie zusammen weinen? Und immer für einander da sind. Und sich immer anrufen. Und sich die Probleme erzählen. Til Schweiger wird heute 50. Gestern. Ich habe in der Bildzeitung gelesen heute: Es gab eine Sondersendung über ihn und seine Freunde. Die sind seit 30 Jahren befreundet und die reden so darüber, dass sie immer um die Häuser ziehen, und wenn einer in Not ist, ist jeder immer für ihn da. So etwas kenne ich nicht. Und beanspruche ich auch gar nicht. Aber natürlich, wenn ich im Krankenhaus liege, gibt es Leute, die sind da, wenn ich aus der Narkose aufwache. Das schon. Und wie viel Zeit hast du für Freunde? Du weisst ja, wie das ist mit uns. Leute, die zusammen arbeiten, als Freunde, sind viel toller. Arbeitsverhältnisse sind auch eine Garantie dafür, dass man sich sieht. Ich sehe Sophie Rois auch nur, wenn wir zusammen arbeiten. Darum geht’s aber auch. Sie arbeitet gern, ich arbeite gern. So begegnen sich Leute. Wir wären uns ja auch nicht begegnet, wenn wir nicht da arbeiten würden, wo wir arbeiten. Ach ... Nenene. Ich wäre all den tollen Leuten nicht begegnet, die ich kenne, wenn ich Bankkaufmann wäre. Wie soll das zustandekommen?

Nur nebenbei: Sibylle Berg arbeitet parallel an einem Roman und einem Stückauftrag. Ein Drehbuch für einen Film ist auch in Arbeit. Nebenher unterrichtet sie Studierende der Dramaturgie an der ZHdK, mit denen sie auch kleine szenische Lesungen auf die Beine stellt. Die Kommunikation über ihre Arbeit gehört für sie zu dieser Tätigkeit dazu – dass ihr deshalb „Selbstvermarktung“ ihrer Person vorgeworfen wird, bezeichnet sie als „eine Verwechslung. Eine scheinbare Verfügbarkeit meiner Person“, die sie „nicht einlöse“. Pollesch schreibt und inszeniert fünf bis sechs Stücke im Jahr, in Wien, Berlin, Stuttgart, München, Zürich, Hamburg. Sein Name ist nicht nur das Label für einen Autor und Regisseur, „Pollesch“ ist letztlich eine Genre-Bezeichnung, wenn nicht der Oberbegriff für eine Haltung zu Repräsentation. Auch das ist letztlich Materialismus: Für ihn ist es erklärtermassen in Ordnung, für manche nur die Figur „Pollesch“ zu sein – über den „Mensch dahinter“ zu sprechen, gehe an dem Punkt, um den es geht, ohnehin vorbei.

Kulinarisch nachverfolgen lässt sich dieser Abend im Sala of Tokyo in der Limmatstr. 29 in Zürich, deutlich günstiger folgen Sie den beiden auf Twitter: @SibylleBerg bzw. @renepollesch. Beides lohnt sich.

B P B P

Noch bis 27. Februar im Schiffbau/Halle: „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ von René Pollesch Mit Inga Busch, Nils Kahnwald, Marie Rosa Tietjen, Jirka Zett und Chor

Wie findest du meine Kleinstadt so? Wie finde ich deinen kleinen Schatz? Meine Kleinstadt. Ja … ich finde man sollte jeden Abend so essen.

21


22

In Szene


Sie spielt Penthesilea oder Lady Macbeth, sie spielt Klytaimnestra, sie spielt Alkmene. Nein, Lena Schwarz spielt diese Frauen nicht, sondern sie verkörpert sie. Sie modelliert und durchdringt sie ganz und gar. Vom Scheitel bis in die Fussspitzen haben die Figuren dann von ihr Besitz ergriffen. Diese Rollen sind kein Zufall, im Gegenteil – einige Besetzungen in der Karriere der Schauspielerin scheinen geradezu zwingend. Besonders alles Extreme, die Überhöhung, starke und existentielle, gefährdende Zustände sind ihr Terrain als Schauspielerin. Wenn Lena Schwarz sich ihnen annimmt, dann empfindet man mit diesen Frauenfiguren, man spürt ihre Not, ihre Verzweiflung, ihre Verwirrung, ihren aussichtslosen Versuch, sich das Unerklärliche zu erklären, das Unerträgliche zu ertragen – immer wieder bis zur totalen Erschöpfung. Lena Schwarz verleiht den Figuren und

deren Sprache eine seltene Klarheit. Die findet sie auf den Proben, die für Lena Schwarz ein Ansammeln von Wissen über die Sprache und den Körper der Figuren sind, ein Suchen nach Bewegungen, als würde man eine Strecke abschreiten, um sich in die Figur einzufinden. Der wichtigste Motor ist die Freude und die Leichtigkeit im Spiel, trotzdem ist das auch manchmal schonungslos gegen einen selbst: als Schauspielerin wirft sich Lena Schwarz auch körperlich voll in die Probenarbeit, verschenkt sich an sie. Sie sucht nach diesem Kippmoment, wenn man den Bogen überspannt und lotet ihn aus. Oft erschrickt man am Bühnenrand, wenn man ihr zusieht, wie die Klytaimnestra mit den hohen Schuhen und dem bis auf den Boden langen Kleid, das sich um ihre Beine wirft und schlingt, rennt und schliesslich ... fällt. Wie kontrolliert das ist, begreift man erst, wenn

Lena Schwarz

In Szene

23 Lena Schwarz ist seit dieser Spielzeit Mitglied im Ensemble des Schauspielhauses. Nach ihrer Rolle als Klytaimnestra in Karin Henkels „Elektra“Inszenierung spielte sie in „Amphitryon und sein Doppelgänger“. Ab dem 22. Februar ist sie im Schiffbau/Box zu sehen in „Über Tiere“ von Elfriede Jelinek in der Regie von Tina Lanik.

Ka ro v lin on Tr ac ht e

man den Sturz zwei- oder dreimal beobachten konnte. Hochkontrolliert spielt sie, aber nie ohne Risiko. Sie ist viel zu neugierig, um in einem abgesicherten Modus zu spielen, sondern sie macht sich verletzlich, liebt es zu improvisieren, Freiheit zu haben im Spiel, der Phantasie und Kreativität freien Lauf zu lassen – sie treibt sich dabei an ihre Grenzen und macht ihren Zuschauern das grosse Geschenk, sie dahin begleiten zu können.


Ins Theater mit ...

Ins Theater mit Thomas Strässle

Thomas Strässle ist Präsident der Max FrischStiftung an der ETH Zürich. Er lehrt Neuere deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Zürich und leitet an der Hochschule der Künste Bern das transdisziplinäre Institut Y. Er ist Herausgeber von Frischs „Aus dem Berliner Journal“. Am 16. Januar besuchte er auf unsere Einladung hin die Premiere von „Mein Name sei Gantenbein“ im Pfauen. 24


Von woher kamen Sie zu der Vorstellung ins Schauspielhaus? Von einem Abendessen mit einer Delegation deutscher Journalisten, die Zürich im Vorfeld des Gastauftritts der Schweiz an der Leipziger Buchmesse besuchten. Sie kamen nachher auch alle mit ins Schauspielhaus.

diese Erwartungen aus? Wenn nein, warum nicht? Ich hatte keine besonderen Erwartungen, war aber sehr positiv überrascht von den schnellen und lebendigen Dialogen. Das ist bei der Dramatisierung von Prosatexten keineswegs selbstverständlich.

Was hatten Sie an? Sind Sie aufgefallen? Das Übliche: Hemd, Sakko, Jeans. Wie sehr viele andere auch.

In welcher Stimmung waren Sie in dem Moment, als im Zuschauerraum das Licht ausging? Voll freudiger Erwartung. Zugleich ging mir durch den Kopf, wie überaus präsent Max Frisch im Moment ist, auf Bühnen wie in Büchern. Haben Sie während der Vorstellung gelacht, und wenn ja, worüber? Ja, als Gantenbein wegen eines kleinen Missverständnisses mit seinen beiden Einflüsterern Enderlin und Svoboda Lila das Wort „Vollidiot“ an den Kopf wirft. Das kam so virtuos und unvermutet, dass ich lachen musste. Sonst stehe ich nicht so auf Slapstick, aber diese Pointe war wirklich gut gesetzt. Hat Sie etwas an der Vorstellung berührt? Wenn ja, was? Die Empathie, mit der die Schauspielerin und die Schauspieler ihre Rollen ausfüllten. In welchem Moment haben Sie zum ersten Mal auf die Uhr geschaut? Wie spät war es da? Ehrliche Antwort? Als die Eheprobleme sich zunehmend im Kreis drehten. Etwa um halb zehn Uhr. Entsprach die Aufführung Ihren Erwartungen? Wenn ja, wie sahen

Hatten Sie während des Zusehens den Gedanken, dass es besser gewesen wäre, wenn Sie sich vor Ihrem Besuch noch einmal genauer über den Text und den Autor informiert hätten? Über den Autor nicht, über den Text schon. Es ist einige Zeit her, dass ich den „Gantenbein“ zum letzten Mal gelesen habe. Wenn ich den Text frischer im Gedächtnis gehabt hätte, wären mir die Akzentsetzungen der Aufführung sicher noch genauer bewusst geworden. Finden Sie, dass die Aufführung etwas mit Ihnen zu tun hat? Wenn ja, was? Natürlich! Insofern der Text mit Fragen von Identität und Rollenspiel zu tun hat, hat er mit allen etwas zu tun.

Welche Frage würden Sie dem Regieteam dieser Aufführung gerne stellen? Wie es an Frischs Hammersätze herangegangen ist, die so bekannt sind, dass sich auf der Bühne ein gewisses Pathos nicht vermeiden lässt – also Sätze wie „Ich probiere Geschichten an wie Kleider.“ oder „Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.“ Welches Stück würden Sie gerne als nächstes sehen? (Das Stück kann, muss aber nicht auf unserem Spielplan stehen. Sie dürfen auch einen Text nennen, den Sie persönlich gerne im Theater sehen würden.) „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ von Peter Handke in einer zeitgenössischen Inszenierung.

Hätten Sie Lust, das Bühnenbild zu betreten? Welchen Platz würden Sie sich darin suchen? Ja! Ich würde mich sofort auf den Stuhl setzen, der vertikal an die Wand montiert ist. So stelle ich mir die Sitzposition des Astronauten beim Start vor. Wie zufrieden waren Sie mit dem Publikum? Haben Sie sich geärgert oder gefreut? Worüber? Ich habe mich gefreut, wie aufmerksam die Leute waren. Während der Vorstellung habe ich einige Male um mich geblickt: lauter gebannte Gesichter.

25

Jetzt im Pfauen: „Mein Name sei Gantenbein“ nach Max Frisch Regie Dušan David Pařízek Mit Lukas Holzhausen, Miriam Maertens, Michael Neuenschwander, Siggi Schwientek Unterstützt von der Hans Imholz Stiftung

Ins Theater mit ...

Kannten Sie den Text vorher? Ja, aber ich war gespannt, welche Passagen die Inszenierung ins Zentrum rücken würde. Bei der Dramatisierung eines Romantextes muss man ja Entscheidungen treffen, Akzente setzen.

Haben Sie sich nach der Vorstellung über das Stück unterhalten? Und wenn ja, mit wem und worüber? Oder haben Sie auf dem Heimweg noch über etwas nachgedacht, das mit der Aufführung zu tun hatte? Ja, mit meiner Freundin, mit einem Radiomann und mit dem Leiter des Suhrkamp Theaterverlags, der extra für die Premiere aus Berlin angereist war. Es ging vor allem darum, ob die Inszenierung zu boulevardesk war. Aber man war allgemein angetan von der Aufführung.


Der Bürger als Edelmann

Düggelin und Molière Am 6. Februar feiert Molières „Der Bürger als Edelmann“ („Le bourgeois gentilhomme“) auf der Pfauenbühne Premiere. Inszeniert wird diese fulminante Gesellschaftssatire von Werner Düggelin, der sich seit Beginn seiner Theaterlaufbahn immer wieder mit dem französischen Dramatiker beschäftigt hat. In jungen Jahren zog es ihn – frankophil und mit dem Gespür für den richtigen Zeitpunkt – nach Paris, das zum inspirierenden Ausgangspunkt für seine Regiekarriere werden sollte. Mit einer eigenen Truppe („La Compagnie des Sept“) brachte er innerhalb kürzester Zeit mehrere Theaterabende auf die Bühne. Insbesondere aber kam es in Paris zu künstlerischen Begegnungen, die seine weitere Theaterarbeit begleiten und beeinflussen sollten: Roger Blin, Jean Genet, Arthur Adamov, Samuel Beckett ... Seither hat er an unzähligen Theatern (und auch Opernhäusern) von Wien bis München, von Hamburg bis Zürich, von Basel bis Hamburg inszeniert. Die Repertoirelisten aus diesen knapp sechs Jahrzehnten, in denen er als Regisseur tätig ist, lesen sich beeindruckend: Goethe, Büchner, Schiller, Shakespeare, Strindberg, Eugene O’Neill, Tennessee Williams, Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Uraufführungen u.a. von Thomas Hürlimann, Adolf Muschg, Hansjörg Schneider ... etc. etc.

Werner Düggelin in Paris, um 1953

1959, Residenztheater München „George Dandin“ mit Anne Kersten, Heinrich Schweiger, Wolfgang Büttner

Nebst der intensiven Beschäftigung mit Samuel Beckett (Düggelin war auch massgeblich daran beteiligt, dass es 1954 zur Schweizer Erstaufführung von „Warten auf Godot“ kam in der Regie von Roger Blin) ist es vor allem die französische Literatur, die ihn fasziniert und seit langem begleitet: Paul Claudel, Albert Camus, Jean-Paul Sartre, Georges Feydeau, Jean Genet ... und insbesondere Molière. Bereits bei einer seiner allerersten Theaterarbeiten als junger Mann in Paris kam Werner Düggelin mit Molière in Berührung. In „Le médecin volant“ übernahm der Anfang 20-Jährige nicht nur die Regie, sondern auch gleich die Rolle des Sganarelle – später überliess er das Spielen anderen. Auch sein Debüt am Schauspielhaus Zürich im Februar 1956 erfolgte mit einem Stück von Molière. „Die erste Inszenierung, die Werner Düggelin im Schauspielhaus verwirklichen durfte, weckt dank ihrer Transparenz, ihrem Kunstgeschmack und ihrem zuchtvoll gezügelten Einfallsreichtum den Wunsch, weitere Talentproben des jungen Regisseurs vorgesetzt zu bekommen. Dieser Meinung schien auch das Premierenpublikum zu sein, das der wohlgerundeten (...) Molière-Wiedergabe in heller Begeisterung Applaus spendete“, schrieb Walter Boesch im Tages-Anzeiger. Und nach diesem erfolgreichen Einstand sollten viele weitere Molière-Inszenierungen folgen. Werner Düggelin hat die meisten der bekannten Theaterstücke von Molière auf die Bühne gebracht – u.a. „Der eingebildete Kranke“, „George Dandin“, „Der Menschenfeind“, „Der Geizige“, „Die Schule der Frauen“ ...

1956, Pfauen „Der eingebildete Kranke“ mit Werner Hinz und Margaret Carl

Zeit für einen photographischen Rückblick.

26


1997, Pfauen „Der Menschenfeind“ mit Burghart Klaussner und Katharina von Bock

2000, Pfauen „Die Schule der Frauen“ mit Joachim Bissmeier und Julia Grafflage

2005, Pfauen „Der Geizige“ mit Meike Droste, Florian Stettler, André Jung, Gabriel Raab, Rebecca Klingenberg, Elisabeth Schwarz

Der Bürger als Edelmann

2007, Pfauen „Don Juan“ mit Marcus Bluhm und Johannes Zirner

Ab 6. Februar im Pfauen: „Der Bürger als Edelmann“ von Molière Regie Werner Düggelin Mit Hilke Altefrohne, Christian Baumbach, Jan Bluthardt, Rainer Bock, Ludwig Boettger, Henrike Johanna Jörissen, Jürg Kienberger, Claudius Körber, Dagna Litzenberger Vinet, Nicolas Rosat, Siggi Schwientek, Friederike Wagner sowie den Sängern Florian Glaus, Rea Claudia Kost, Philipp Scherer und den Tänzern Marie Alexis/Julia Sattler, Ivan Blagajcevic/Andrew Cummings

27


Neverland Space

Fastfood mit Anspruch

„Neverland Space“ ist ein virtueller Ausstellungsraum, der mit seinem Namen nicht zufällig an die sagenumwobene Ranch der Pop-Ikone Jackson oder die Heimat Peter Pans erinnert. Die drei Erfinder der Galerie Yves Sinka, Ruben Feurer und Joris Noordermeer, allesamt Zürcher, Anfang 20, eröffneten „Neverland Space“ mit dem Ziel, erstmals eine Internet-Plattform für junge digitale Kunst zu schaffen. Sie sehen einen Widerspruch darin, Kunstwerke, die erst unter Anwendung neuer Technologien entstehen können, seien es Computergrafiken, elektronische Musik oder virtuelle Realitäten, im üblichen Galerieraum auszustellen. Daher haben sie sich vorgenommen, digitale Kunstwerke dort erfahrbar zu machen, wo sie herkommen: im Internet. Mein aktueller Favorit ist ein kurzer Animationsfilm des Künstlerduos Mike & Claire mit dem Titel „Ghost Hole“. Einfach mal reinschauen unter: www.neverlandspace.com

Um die Mittagszeit unterwegs, knapp in der Zeit und der Magen knurrt. Was nun? Einen Burger? Nein danke! Dazu gibt es zu viele leckere Alternativen. Im „LaZoupa“ an der Torgasse kannst du dich im Restaurant mit Suppen und Eintopfgerichten verwöhnen lassen. Die Gerichte werden ohne Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker zubereitet. Mahlzeiten aus marktfrischen Produkten direkt vom Feld findest du im „not quilty“ beim Stauffacher. Diverse Salate und Suppen werden hier angeboten. Oder wenn es ganz schnell gehen muss, wird vor deinen Augen ein warmes CiabattaBrot mit Roastbeef, Chicken oder Grillgemüse zubereitet. Auch hier alles ohne Konservierungsstoffe. Das „Hitzberger“ mit diversen Filialen in der ganzen Stadt kennen wohl die meisten. Mir hat der Salat „Spicy Thai“ besonders gut geschmeckt. Aldo Keist, Mitarbeiter am Empfang

Alexander Keil, Mitarbeiter im Künstlerischen Betriebsbüro und Co-Leiter des „club diskret“

Vorschau Februar bis April 2014 13. Februar Hostclub Vol. 3 Gespräche über durchlöcherte Privatsphäre und Datenklau 20. Februar Autorenabend Vol. 4 Lesung und Gespräch mit Konstantin Küspert 27. Februar Hausmusik Vol. 1 Konzert mit Milian Zerzawy und der Modeschöpferin Carina Stiefel

club diskret

Besser leben mit ...

Besser leben mit ... Kulturtipps aus dem Schauspielhaus

6. März Radioshow Vol. 3 Live-produziertes Radio-Feature über die „Generation Y“ von Alexander Keil 13. März Autorenabend Vol. 5 Lesung und Gespräch mit Michel Decar 20. März Hausmusik Vol. 2 Konzert von Castling Queen’s Side 27. März Hostclub Vol. 4 Gespräche über Kooperation und Komplizenschaft

The Clock 2010 – Christian Marclay Die Arbeit „The Clock“ von Christian Marclay habe ich erstmals an der Biennale in Venedig 2011 gesehen und später in einer Sondervorstellung im Kunsthaus Zürich, wo das mit dem goldenen Löwen ausgezeichnete Kunstwerk in voller Länge zu sehen war. „The Clock“ ist eine 24-StundenCollage in Echtzeit, die sich aus Tausenden von Filmausschnitten zusammensetzt und die bei Vorstellungen jeweils in Realzeit abgespielt wird. Die grossartige Arbeit, die einen Querschnitt durch 100 Jahre Filmgeschichte zeigt, wurde unter anderem vom Kunsthaus Zürich in die Sammlung aufgenommen und wird hoffentlich baldmöglichst wieder zugänglich sein.

3. April Game Design Vol. 1 Interaktives Fiction-Spiel über kommerzialisierte Träume von UrbanOut 10. April Blackbox Science Vol. 2 Wissenschaftsthriller von Konstantin Küspert und Sophia Bodamer 17. April Blackbox Science Vol. 3 Mit dem Autor Jonas Lüscher 24. April Blackbox Science Vol. 4 Mit der Formation Anda und Prof. Dr. Peter Brugger

Regula Zuber, Bühnenbildassistentin

28


Moi, c’est qui?

D an ie la

vo St n au ffa ch er

Der Teppich müffelt noch nicht club diskret

Daniela Stauffacher ist gemeinsam mit Jill Mühlemann für das Schauspielhaus als Botschafterin und Kontaktperson für Theater Campus an den Zürcher Hochschulen unterwegs. www.facebook.com/theatercampus theatercampus@schauspielhaus.ch

Das ausführliche Programm finden Sie jeweils unter www.schauspielhaus.ch/clubdiskret „club diskret“ ist immer donnerstags im sous-sol / Zeltweg 5 Bar ab 19.30 Uhr, Vorstellungsbeginn 20.30 Uhr Unterstützt von Ittinger Amber

29

Theater Campus

club diskret

Auch in der zweiten Spielzeithälfte werden wir im „club diskret“ die Feste feiern wie sie fallen und dabei viele alte Bekannte wiedersehen: Marcel Schwald führt sein Konversations-Format „Hostclub“ fort, Schauspieler Lukas Holzhausen kocht wieder und die Autorenabende, die mit dem Abend der Zürcher Autorin Anna Papst und dem Minidrama von Lukas Linder begannen, gehen mit Konstantin Küspert in eine dritte Runde. Die „Radioshow Vol. 3“ wirft ein Netz aus über die „Generation Y“ und mit der „Blackbox Science“ kommt eine Reihe so richtig in Schwung, die bisher nur die 100 Teilnehmer der ersten Zürcher Live-Studie erleben konnten. Für alle, die damals keine Karte mehr bekommen haben, kündigen wir hier schon die Must-haves der Wissenschaftsabende an: Die Formation Anda gastiert im club mit einem Abend über Neurowissenschaft und Aberglauben – mit dem Neurowissenschaftler Prof. Dr. Peter Brugger. Der Autor Jonas Lüscher zeigt, warum wir uns die Welt in Geschichten erzählen sollten und Sophia Bodamer richtet eine szenische Lesung des Wissenschaftsthrillers „mensch.maschine“ von Konstantin Küspert ein. Vergesst den Winter! Lasst uns die Aussicht vom Keller aus geniessen!

Sie, forsch: „Wer seid ihr überhaupt?“ Wir, tapfer: „Theater Campus ... Studierendenabteilung des Hauses, ganz grosse Verehrer, Sie waren wunderbar heute Abend!“ Sie, knapp: „Aha.“ Herrje, so war das alles nicht gedacht gewesen. Man hatte das ja geübt. Aber nicht so. Ein provokativer Spruch hätte sie aus der Reserve locken sollen, ein charmanter Scherz das Eis brechen und den Rest hätte dann das Glas Rotwein bewirken sollen. Nun trinkt sie einen Tomatensaft und blickt aus kühlen blauen Augen. Dabei hätten wir es ja eigentlich wissen müssen. Sie ist Schauspielerin. Es gehört zu ihrem Tagesgeschäft, ihrem Publikum die schwerwiegendsten Fragen mit grösster Leichtigkeit zu stellen. Wir sind Studenten. Zu unserem Tagesgeschäft gehört es, die schwerwiegendsten Fragen mit der grössten Ernsthaftigkeit zu beantworten. Und nun gerade diese Frage die erste und letzte, an einem trüben Montagabend und ohne Bedenkzeit: Wer sind wir? Wir sind verlegen. Zu Hause hat man schon viele Male beteuert, dass man zwar nicht genau wisse, was aus einem werden soll, es aber doch ganz bestimmt etwas Anständiges sein werde. Man schreibt sich ein in eine der Fakultäten, lernt seine Rolle, seinen Text, tut so, als sei man Jurist, Physiker, Anthropologe – Hauptsache ein Jemand, denn ein Jemand möchte man doch mindestens sein. Zuversicht heischend murmelt man unablässig Sosias’ Satz vor sich hin: „Ich bin ein Mensch, da komm’ ich her, da geh’ ich hin.“ Irgendwann wird man seinen Weg kennen. Irgendwann wird etwas aus einem geworden sein. Glaubt man. Bis man eines Abends Alice im Wunderland kennenlernt. Dann säuselt plötzlich eine süsse Mädchenstimme ins erwachsene Ohr: „Who in the world am I? Ah, that’s the great puzzle.“ Zurück auf Feld eins.


Ivano Tiziani (3.v.l.) und die Mitarbeiter der Schreinerei im Bühnenbild von „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“

Schicht mit ...

Schicht mit Ivano Tiziani

30


Kr ai nz Ev aM ar ia vo n

Wenn man in den Theaterwerkstätten arbeitet, kommen immer wieder ungewöhnliche Herausforderungen auf einen zu – doch nicht alle sind so umfangreich und komplex wie jene, die die Kollegen der Schreinerei in den vergangenen Wochen auf Trab gehalten hat: Im Schiffbau wurde ein Schiff aus Holz gebaut – über 4 Meter hoch, etwa 20 Meter lang. Ein Projekt, mit dem Ivano Tiziani, der Leiter der Schreinerei, und sein Team technologisches Neuland betraten und das die gesamte Abteilung an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit brachte.

10.17 Uhr Damit Ivano mir ein wenig von der Entstehung des Schiffes erzählen kann, setzen wir uns mit einer Tasse Kaffee in sein Büro, durch dessen Glasfront ich die Kollegen in der Schreinerei ungestört vom Betriebslärm weiterhin bei der Arbeit beobachten kann. 10.33 Uhr Dem Bühnenbildner Bert Neumann war sehr daran gelegen, dass die Holzoberfläche des fertigen Schiffes als solche erkennbar bleibt – was nicht nur der Abstraktion dient, sondern vor allem soll auch die Arbeit der Schreinerei für die Zuschauer wenigstens zum Teil sichtbar sein.

Das kunstvoll gearbeitete Gerippe im Inneren des Schiffsrumpfs bleibt für die Zuschauer leider unsichtbar. 11.15 Uhr Neben einem Stahlgerüst im Inneren, das von der Schlosserei angefertigt wurde, mussten von der Schreinerei in den vergangenen Wochen 22 verschiedene Einzelteile aus Holz millimetergenau hergestellt und zusammengefügt werden. Vor dem ersten Zusammensetzen aller Bestandteile gab es schon etwas Panik, meinen Ivano und seine Kollegen, ob am Ende auch wirklich alles zusammenpasst. Doch zum Glück sei die Massarbeit gelungen, alles gut aufgegangen und das fertige Schiff kann in der Halle, wo es während der Aufführung sogar hin- und hergefahren werden kann, aufgehängt werden. 13.09 Uhr Abgesehen von der logistischen Herausforderung, eine solch grosse Menge an Material zu verarbeiten, das Rohmaterial und die bereits fertiggestellten Teile zwischenzulagern und am Ende in der Montagehalle erfolgreich zusammenzusetzen, war der Bau des riesenhaften Dekorationsteiles mit seinen zum Teil sehr komplexen geschwungenen Formen nur möglich, weil sich die Technische Leitung des Schauspielhauses vor einiger Zeit für die Anschaffung neuester Technologie entschieden und eine sogenannte CNC-Fräse angeschafft hat. Dabei handelt es sich um eine computergesteuerte Maschine,

31

an die von der Konstruktionsabteilung in 3D angefertigte Pläne digital geschickt werden können und die die entsprechenden Teile jeweils haargenau zuschneidet. 14.20 Uhr Durch diese neue Technologie verändern sich auch die Arbeitsabläufe in der Schreinerei sowie die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen wie zum Beispiel der Konstruktion. Die gesamte Abteilung hat anlässlich der Neuanschaffung einen umfangreichen Kurs über die Bedienung der Maschine absolviert, doch da diese erst seit ein paar Monaten im Schauspielhaus im Einsatz ist, wurden für „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ unzählige Arbeitsschritte zum allerersten Mal durchgeführt, ohne dass man zuvor praktische Erfahrungen mit kleineren, weniger komplexen Aufgaben hätte sammeln können. Ein sehr spezielles Projekt also in vielerlei Hinsicht und umso grösser die Freude über das fertige Prachtstück.

Noch bis 27. Februar im Schiffbau/Halle: „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ von René Pollesch Mit Inga Busch, Nils Kahnwald, Marie Rosa Tietjen, Jirka Zett und Chor

Schicht mit ...

10.00 Uhr Auf der Suche nach Ivano betrete ich die Werkstatt der Schreinerei im Schiffbau, wo seit sieben Uhr morgens voller Betrieb herrscht. Drei Teams von Schreinern arbeiten hier in der Regel an drei Theaterproduktionen parallel. Aktuell befinden sie sich jedoch in der Endphase eines Projektes, das die Kapazitäten der gesamten Abteilung voll und ganz in Anspruch nimmt: Im Schiffbau wird (wieder!) ein Schiff gebaut. Zwar kein „echtes“ Schiff, das schwimmen könnte, von den Dimensionen her allerdings nicht weniger beeindruckend: Für die Produktion „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ von René Pollesch hat der Bühnenbildner Bert Neumann einen riesigen Schiffsrumpf entworfen, der in den nächsten Wochen die Schiffbau-Halle dominieren wird.


Repertoire

Szenen aus dem Repertoire

Seite 33 „Mein Name sei Gantenbein“ nach Max Frisch Regie Dušan David Pařízek Seite 34 „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ Regie René Pollesch nur noch bis 27. Februar! Seite 36 „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt Regie Herbert Fritsch Seite 37 oben „Die Leiden des jungen Werther“ von J. W. von Goethe Regie Daniel Kuschewski Seite 37 Mitte „Die Odyssee für Kinder“ nach Homer Regie Meret Matter Seite 37 unten „Der Menschenfeind“ von Molière Regie Barbara Frey zum letzten Mal am 3. März!

32


Repertoire

33


34

Repertoire


Repertoire

35


36

Repertoire


Repertoire

37


Das „Räuber“-Ensemble Florian Steiner, Anna-Katharina Müller, Fabian Müller, Brencis Udris

„Räuber“ im Jungen Schauspielhaus

„Ein unzärtliches Kind! Ach! Aber mein Kind doch!“ – „Dass er nimmer vor meine Augen komme. Bis er anders worden.“ – „Mir träumte von meinem Sohn. Vielleicht hätt ich Verzeihung erhalten aus seinem Mund.“ – „Mein Fluch ihn gejagt in den Tod! Gefallen in Verzweiflung!“ – „Ein gepriesener Vater ging ich einher unter den Vätern der Menschen. Schön um mich blühten meine Kinder voll Hoffnung. Aber der böse Geist fuhr in das Herz meines zweiten, ich traute der Schlange – verloren meine Kinder beide. Kein Sohn mehr, der mir die Augen zudrücken könnte.“ So beschreibt Maximilian von Moor in Schillers „Die Räuber“ die Beziehung zu seinen Söhnen. 38

Pe tr vo a Fi n sc he r

Von Söhnen und Vätern


232 Jahre später bewegen wir uns in der Auseinandersetzung mit dem Stück zwischen den Jahrhunderten und kommen immer wieder an bei eigenen Erfahrungen, Fragen und Erlebnissen: Für meinen Vater freut mich am meisten, ... ... dass er die Beatles 1962 live in Hamburg gesehen hat und er nach über 40 Jahren immer noch glücklich verheiratet, wissbegierig und offen für neue Dinge ist … – Brencis Udris Hat das Vaterbild als „Urbild der menschlichen Seele“ einen Einfluss auf unser Sein und Handeln und damit auch auf unsere Gesellschaft? Ich konnte eigentlich immer das tun, was ich wollte. Mein Vater stand hinter mir, solange ich das, was ich tun wollte, auch wirklich wollte. – Brencis Udris Das innere Bild, das jeder Mensch von seinem Vater mit sich trägt und auf das er sich bezieht, enthält Spuren von realen Erlebnissen. Oder spiegelt es Phantasien wieder, durch die das Reale ersetzt, ergänzt oder überarbeitet wurde? Mit meinem Vater habe ich unter anderem gemeinsam: die Füsse, immer genug Klopapier im Haus zu haben, Willy de Ville, lieber zu baden als zu duschen, es geht nichts über eine richtig gute Spaghetti Bolognese – besonders wenn du spät nach Hause kommst und noch Hunger hast –, den Humor, Verführbarkeit zu Hamsterkäufen bei Sonderangeboten, die Fähigkeit sich über Dinge sehr zu freuen und das auch zu zeigen, die Fähigkeit sich über Dinge sehr zu ärgern und das auch zu zeigen, die Liebe zum Theater, unausstehlich zu sein, wenn ich krank bin, Rotwein, Antonello Venditti, vor dem Fernseher einschlafen, grosszügig sein, Fishermansfriend-Bonbons (er blau, ich grün). – Anna-Katharina Müller

Warum wird die Vater-Sohn-Beziehung meistens unter dem Aspekt der Bedeutung des Vaters für den Sohn beschrieben? Der Vater ist das Gegebene, der Sohn tritt in die Welt und muss sich mit diesem Vater oder mit dessen Abwesenheit auseinandersetzen. Mein Vater ist gestorben, als ich elf Jahre alt war. Es gab also weder ein entschiedenes Ablösen noch ein bewusstes Nacheifern. Umso spannender ist die Frage, welche Anteile ich trotzdem von ihm „abbekommen“ habe: zum einen einen Hang zum Wort, mehr als zur Tat. Eine recht ausgeprägte Geduld (von der es schon immer hiess: „Die hast du von deinem Vater“) und ein gewisser Jähzorn. Zur Entschuldigung sag ich dann immer: „Hab ich von meinem Vater.“ – Daniel Kuschewski Ich habe von meinem Vater den Hang zum Grübeln, die Skepsis, eine beinahe eitle Bescheidenheit, den Humor mitbekommen. – Florian Steiner Das Feld der Vater-Sohn-Beziehung ist kompliziert und vielschichtig. „Räuber“ regt dazu an, sich mit eigenen und fremden Vaterbildern auseinanderzusetzen und darüber in Austausch zu kommen.

Die Lebensweisheit, die mir mein Vater mit auf den Weg gegeben hat, besteht aus teils kleineren, teils grösseren, guten, manchmal aber auch nervenden Ratschlägen. – Fabian Müller

1 Welches Geheimnis hat dein Vater? 2 Womit hast du deinen Vater herausgefordert? 3 Welche Träume musste dein Vater aufgeben? 4 Wodurch ist dein Vater verletzbar? 5 Worin eiferst du deinem Vater nach? 6 Worum sorgt sich dein Vater am meisten bei dir? 7 Wann war dir dein Vater sehr fremd? 8 Worin kannst du deinen Vater nicht stützen? 9 Wann hat dich dein Vater beeindruckt? 10 Worüber würdest du mit deinem Vater nie reden?

„Life is life“ war das gemeinsame Lieblingslied von meinem Vater und mir. – Daniel Kuschewski Ich glaube, mein Vater glaubt, dass man es mit preussischen Tugenden versuchen sollte. – Florian Steiner 1 kg gehacktes Rindfleisch 2 mittlere Zwiebeln, fein gehackt 2 mittlere Karotten, fein gehackt (eigentlich noch Sellerie, aber den lass ich immer weg) 2 Knoblauchzehen etwas Tomatenkonzentrat 2 Dosen Pelati, ganz, à 400 g Olivenöl

4. bis 21. März im Schiffbau/Matchbox: „Räuber“ von Schiller Regie Daniel Kuschewski Mit Florian Steiner, Anna-Katharina Müller, Fabian Müller, Brencis Udris

39

„Räuber“ im Jungen Schauspielhaus

2 dl Rotwein 1 l Fleischbouillon Salz, Pfeffer 2 Lorbeerblätter Zwiebeln im grossen Topf mit Olivenöl andünsten, Karotten dazugeben, Tomatenkonzentrat kurz mitrösten, Topf beiseite stellen. In einer Bratpfanne das Fleisch in Portionen zu 250 g in wenig Öl anbraten und jeweils zum Gemüse geben. Den Bratenfonds mit Wein und Fleischbouillon ablöschen und zum Gemüse geben. Pelati dazugeben und zerdrücken. Zerdrückten Knoblauch und die Hälfte der Kräuter zugeben. Mindestens 2 Stunden unbedeckt leise köcheln lassen, evt. mit etwas Wasser verdünnen. Nach Bedarf salzen und nachwürzen, Lorbeer und Knoblauch entfernen, den Rest in kleinen Portionen einfrieren – für: Wenn du spät nach Hause kommst und noch Hunger hast. – Anna-Katharina Müller


„Moment, bleiben Sie stehen! Ihnen schaut da die Seele zum Körper heraus“, ruft Elfriede Jelinek Robert Walser zu, der am 25. Dezember 1956 auf einer Wanderung im Schnee gestorben ist. Der Schweizer Künstler Max Hari malte für den Regisseur und Komponisten Ruedi Häusermann ein Gemälde, welches als Dank für die „Worte zum Tag“ (Walserzitate) entstanden ist, die Häusermann dem Maler während seiner Vorbereitung zu „Robert Walser“ geschickt hat. Häusermanns Theaterarbeit über seinen liebsten Dichter – mit vier Streichern und Schauspielern – ist ab dem 15. März im Pfauen zu sehen.

Max Hari „Behutsame Annäherung an R. W.“, 2013 18 x 24 cm, Kohle und Acryl auf Leinen

Ein Kunstwerk für Ruedi Häusermann

Robert Walser

40


Ein Kunstwerk f체r Ruedi H채usermann

41


K St olu ef m an n e Zw ei fe l vo n

Zweifels Selbstgespräche

Meine Ego-Drohne

Wir stehen wieder vor einer wohlmeinenden Flut von Büchern über den Ersten Weltkrieg, die einen zeichnen uns den Schreck der Schlachten, den wir natürlich ablehnen, die andern lassen uns als „Schlafwandler“ in einen Krieg gleiten, den niemand gewollt hat ... Selten nur blitzt auf, dass nicht nur der Krieg gewollt war, sondern auch der Schreck auf dem Schlachtfeld – wie eine „Droge“, ein Aufputschmittel des Ichs, das sich plötzlich als Gott und Gipfel der Welt fühlt. So schilderte es der Schweizer Blaise Cendrars, nachdem er seine rechte Hand im Schützengraben verloren hat. Einmal nur hat er getötet. Einen Deutschen. In einem Ansturm der Ekstase: Er fühlte das Messer in der Hand und mit dem Holzgriff die Pampa von Argentinien und die Arbeit der Frauen, die in Fabriken verrecken, den Stahl aus Chile und die hämmernden Hände der Arbeiter: „Die Kollaboration aller Rassen, aller Regionen, aller Religionen.“ 1918 erschien dieser Text – fast unbemerkt. Ein anderer, in dem er die Nostalgie, die Sehnsucht nach dem Krieg formulierte, blieb bis lange nach seinem Tod in der Schublade. Seine Ambivalenz, Schreck und Schönheit, Macht und Ohnmacht zu schildern, blieb zu heikel. In Zürich versammelten sich die Kriegsgegner. Im Cabaret Voltaire verurteilten sie den Krieg im Namen der aufklärerischen Vernunft von Voltaire. Da plötzlich merkten sie: Man kann den Krieg nicht von sich weisen,

wenn man nicht die gesamte Kultur zertrümmert, die in ihm gipfelte und jene Vernunft enthauptet, die ihn technisch erst ermöglichte. Man kann ihn auch nicht in einer Sprache verdammen, wo in jedem Satz das Subjekt als Herr und Kaiser über die Objekte regiert und sie in den Kampf schickt wie Infanteristen, ausgerüstet mit Adjektiven und aufgehübscht mit Adverbien, die an ihren Spitzhelmen baumeln wie die Federn am grünen Stulphut der Österreicher. Nein, man muss diese Sprache zerschlagen wie Hugo Ball, der im Februar 1916 Lautgedichte stammelte. Sein eigener Mund wurde zum Schlachtfeld des Krieges. Jedes Wort war vermint und dabei implodierte sein Ich. Er hatte sich „in Schweiss aufgelöst“ und so seine Identität verloren. Und flüchtete nach Ascona und zu Gott. In Frankreich schrien sich junge Ärzte die schauerlichen Gesänge von Lautréamont zu: André Breton und Louis Aragon dienten zwischen Kriegsversehrten und merkten: Aus den gespaltenen Schädeln der Patienten stiegen Sätze auf, schauerlicher und schöner noch als Lautréamonts Gesänge. Und sie begannen dieses Stammeln der Sterbenden in „paranoischen Gedichten“ und Schizo-Texte zu imitieren. André Masson hatte die Schockwellen in den Schützengräben gemalt – jetzt malte er auf gleiche Weise

42


Raten Sie mal ...

„Ich hab nur kurz von dem Pilz abgebissen und zack seh ich so aus. Das grenzt ja an Zauberei.“ Welcher Schaupieler hat in „Alice im Wunderland“ vom magischen Pilzlein gekostet?

Schicken Sie die richtige Antwort bis 30. März 2014 an marketing@schauspielhaus.ch und gewinnen Sie mit etwas Glück dieses zauberhafte Original-Requisit ... – wir drücken Ihnen die Daumen!

Die neue Gesprächsreihe „Zweifels Zwiegespräche“ findet regelmässig im Schauspielhaus statt.

43

Theaterquiz

Zweifels Selbstgespräche

die erotischen Massaker in seinem eigenen Bett. Den Surrealisten wurde das eigene Gehirn zum Schlachtfeld, durchzogen von den Gehirnwindungen wie von Schützengräben, aus denen die Granatsplitter des Wunderbaren stiegen, voll ambivalenter Lust an Gewalt und Tod. Und jetzt sitzen wir da und wieder zeigt sich der Krieg als das, was sich in uns selbst abspielt, was wir vage von uns weisen und verdammen, aber letztlich bejahen. Ja, auch wir sind von den neuen Kriegsführungen erobert und besessen. Die Überwachung aller Bewegungen, sie findet in unserem Alltag statt und nicht nur in den Geheimdiensten. Die Aufklärungs-Drohnen fliegen durch unseren eigenen Kopf. Das „Es“, das die Dadaisten und Surrealisten befreien wollten, es wurde vom Ich und Ego-Kult wieder verdrängt und dem Über-Ich unterworfen: Dem Zwang zum Erfolg. Plötzlich sass ich da, oder dort, bei einem Essen, bei einer Veranstaltung, und über mir schwebte sie, die Drohne: Was bringt dir das? Verschwendest du nicht deine Zeit und Kraft? Oder kannst du Allianzen schmieden. Deinen Einfluss ausbreiten wie die Allianz der Bombendemokraten. Die Nester des Widerstands, des Irrationalen ausbomben. Selbst Obombana werden? In Zürich merkten die Dadaisten, dass der Krieg in ihrem Mund stattfand. In Zürich merke ich, wie die neue Technik der Überwachung und Knechtung mich selbst knechtet. Ich habe mich in einen der letzten Menschen verwandelt, die Nietzsche schildert: „Wir haben das Glück erfunden“, sagen sie und blinzeln, sie nehmen ein wenig Gift ab und zu, das macht angenehme Träume, und wer anders denkt, geht freiwillig ins Irrenhaus. Oder Kunsthaus. Oder Schauspielhaus. Denn da ist das Andersdenken gefragt, gewollt. Und schon ist der Widerstand vermarktet und man blinzelt im Erfolg seiner Kunst, vor Glück. Seit Monaten bleibe ich im Bett, im Bad. Nur nicht raus! Niemanden sehen! Denn immer schwebt sofort die Drohne von Ego und Erfolg über mir. Vergebens hoffe ich, dass sie von einem Terroristen des Es abgeschossen wird. Aber die Lage ist hoffnungslos. Jede Geste ist überwacht und im Dienst des Erfolgs: Auch über diesem Text schwebt die Drohne, denn im März erscheint meine Übersetzung von Cendrars Kriegstexten.


oFFICIal seleCtIon

bUsan

InternatIonal FIlm FestIval

InternatIonal CompetItIon

oFFICIal seleCtIon InternatIonale

FIlm FestIval

FIlmtage

ZUrICH

ab 20. Februar im Kino

HoFer

oFFICIal seleCtIon

max opH端ls preIs FIlm FestIval


Ruf Lanz

Die erste Vegi-Metzg der Schweiz: Besuchen Sie uns im neuen Hiltl Laden gleich neben dem Haus Hiltl.

Hiltl Laden, St. Annagasse18, 8001 Zürich. Feinkost, Vegi-Metzg, Take Away, Café-Bar.


Häusermanns Einbildungen Impressum

Aus der Serie: „The Pfirsich Collection“ – In jeder Ausgabe des Schauspielhaus Journal gewährt uns Ruedi Häusermann Einblicke in sein Fotoarchiv. Den Auftakt macht die Reise durch das Jahr eines Pfirsichs.

Schauspielhaus Zürich

Intendanz Barbara Frey

Journal Februar/März 2014

Redaktion Andreas Karlaganis (Redaktionsleitung), Eva-Maria Krainz, Gwendolyne Melchinger, Julia Reichert, Andrea Schwieter, Karolin Trachte

Abonnement: Das Journal erscheint 3x jährlich und kann gegen einen Unkostenbeitrag von 12 Franken pro Jahr unter www.schauspielhaus.ch abonniert werden. Herausgegeben von der Schauspielhaus Zürich AG Zeltweg 5, 8032 Zürich

Fotos Heidi Arens S. 27 oben rechts, W.E. Baur S. 26 unten, Kathrin Gartmann S. 43, Raphael Hadad S. 4/6–8/10/38, Matthias Horn S. 1/34/37 unten,

46

Florian Kalotay S. 22, Privatarchiv S. 26 oben, Julia Reichert S. 17/20/21, Christof Schmidt S. 37 oben, Hans Schuermann S. 12/14/16/48, T+T Fotografie S. 11/24/25/29/30/ 33/36/37 Mitte, Unbekannt S. 26 Mitte, Leonard Zubler S. 27 oben links, Mitte, unten Gestaltung velvet.ch / Nina Oppliger Druck Speck Print AG, Baar Auflage 15 000 Redaktionsschluss 28. Januar 2014


leS aMiS Du

Mehr Kultur f端r Z端rich. Die credit Suisse ist langj辰hriger Partner des Schauspielhauses Z端rich. credit-suisse.com/sponsoring


www.schauspielhaus.ch / Telefon +41 (0)44 258 77 77


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.