Schauspielhaus Zürich - Journal #13

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Schauspielhaus Zürich

Höhenkurorte der Macht – Joseph Vogl über Postdemokratie und Macht

Frauen und Krieg – Karin Henkel inszeniert wieder im Schiffbau

Dez 2017 / Jan / Feb 2018

Alexander Nitzberg über die Groteske bei Bulgakow 1


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Schauspielhaus Zürich und Swiss Re – eine inspirierende Partnerschaft. Spannende Perspektiven, neue Horizonte, innovative Ideen – bewegen uns bei Swiss Re. Die Zusammenarbeit mit Menschen auf der ganzen Welt begeistert uns. Auch in Kunst und Kultur. Unser Engagement öffnet Augen, bewegt Herzen, berührt Seelen. Und sucht den Dialog. So entsteht Neues, so gestalten wir Zukunft. Gemeinsam, denn: Together we’re smarter. swissre.com/sponsoring

Skulptur: © 2015 Danh Vo. Alle Rechte vorbehalten.


Luca Schenardi

Inhaltsverzeichnis 05 Editorial 06 Höhenkurorte der Macht – Joseph Vogl über Postdemokratie und Macht 14 Lieber Strasser … Fiktiver Brief von Ödön von Horváth 16 MYTHOS ERBE TRAUMA – Rosmarie Barwinski über Frauen im Krieg 20 Kreuzworträtsel: Mir nämeds uf öis 22 Rimini Protokoll untersuchen Phänomene der Postdemokratie 26 In Szene – Die Schauspielerin Julia Kreusch 28 Alexander Nitzberg über die Groteske bei Bulgakow 30 Mehr als Zuschauen – Theaterlabor 33 Die Poesie der Kapitalvernichtung – Kolumne von Stefan Zweifel 34 Stückausschnitt von Katja Brunner 36 Ins Theater mit Judith Bühler 38 Diskussions-Marathon zur Reformation – „Meet Your Enemy“ 40 Schicht mit János Stefan Buchwardt 44 Zürcher Gespräche 46 ZKO im Pfauen 47 Gastspiel – Bob Dylans 115er Traum vom Theater HORA Zürich 48 Szenen aus dem Repertoire 50 Was bewegt Zürich? / Kulturtipps aus dem Schauspielhaus / Impressum

Diesmal hat der Schweizer Künstler und Illustrator Luca Schenardi sich für seine Collagen von amerikanischer Machtarchitektur inspirieren lassen. Die Illustrationsserie zum Leitartikel „Höhenkurorte der Macht“ ist für die aktuelle Ausgabe während eines Stipendiatenaufenthalts in New York entstanden. Figuren und Mobiliar greifen Machtsymbolik auf, wie sie sich dort in Innenansichten des UNO-Hauptquartiers oder den Trump Towers manifestieren. Schenardi illustrierte unter anderem für NEON, Das Magazin, Die Zeit, NZZ oder die WOZ. Zuletzt erschienen: „Meyer spricht von Gratiskaffee“, Edition Patrick Frey, 2017. Seine charakteristischen Illustrationen mit der Technik des Nitroprint schöpfen aus einem reichen, erzählerischen und medial anspielungsreichen Bilderkosmos. lucaschenardi.ch

Mehr als Zuschauen

„Mehr als Zuschauen“ begleitet den Spielplan des Schauspielhauses mit zahlreichen Mitmachformaten für jede Altersgruppe. Die Angebote finden Sie hier im Journal gekennzeichnet mit diesem Hinweis bei den jeweiligen Artikeln und auf Seite 30. Ausführliche Informationen unter schauspielhaus. ch/mehralszuschauen

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Studio Geissbühler

Ödön von Horváth Zur schönen Aussicht Schauspielhaus Zürich


Editorial

„De do do do, de da da da“ von Barbara Frey

„Man kann sich für Trump begeistern, ohne sich für Politik zu interessieren. Wahrscheinlich kann man sich sogar leichter für Trump begeistern, wenn man sich nicht für Politik interessiert“, schrieb die Journalistin Maren Keller neulich im „Spiegel“ und bezog sich dabei auf eine von ihr porträtierte glühende Trump-Verehrerin, die ihr grundsätzliches politisches Desinteresse problemlos mit ihrer Bewunderung für den Rüpel in Washington verbinden kann.

verachtung auf höchster politischer Ebene: Der Dialog, noch immer das wichtigste Mittel zu Annäherung und Verständigung in allen politischen Sphären – und zur mühseligen, schrittweisen Beseitigung von schwerwiegenden Konflikten –, ist etwas für die anderen, die Wichte und harmoniesüchtigen Verlierertypen.

Der zitierte Satz sagt vor allem etwas aus über Trumps Verhältnis zu sich selbst: auch er interessiert sich nicht wirklich für Politik, ist aber begeistert von seiner Person. Genau dies macht ihn für viele so interessant. Man muss sich selbst der Nächste sein und es in alle Richtungen kundtun – das reicht als Lebens- oder als politisches Programm, alles andere ist zu anstrengend.

Sprachlicher Verfall ist nicht etwas, das sich einfach ereignet, gewissermassen naturhaft und unbeeinflussbar. Im Fall von Donald Trump und all jenen, die ihm politisch nahestehen oder nacheifern, ist er beabsichtigtes Programm: Kommunikation als nihilistisches Transportmittel eigener Befindlichkeiten, als Manifestation von infantilem Zorn und Häme – oder auch einfach Ausdruck von Übellaunigkeit gegen die komplizierte Welt. Hinter der scheinbar selbstbewussten sprachlichen Anbiederung an den Stammtisch steckt aber auch schlichte Überforderung. Die trotzige Simplifizierung komplexer Zusammenhänge soll über ein präsidiales Wunschdenken hinwegtäuschen: Wenn ich mir die Welt einfach denke, ist sie auch einfach. Das ist die konkrete politische Gefahr. Da nützt es auch nichts, darüber zu philosophieren, ob Trump möglicherweise frühsenil sei. Er ist da, er redet Unsinn und viele freuen sich darüber. Ein zermürbendes Hin und Her zwischen seinen sprachlichen Entgleisungen und den ständigen Bemühungen seiner rasch wechselnden Mitarbeiter um Schadensbegrenzung ist die Zwischenbilanz nach einem Jahr im Weissen Haus.

Wir mögen schon länger über postdemokratische Verhältnisse in unseren Gesellschaften reden und, bei aller gebotenen Vernunft, mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung auf die teils verheerenden Folgen der Globalisierung schauen – aber nach einem einzigen Jahr mit Trump an der Weltspitze hat sich die Situation in bedrückender Weise verschärft; es herrscht ein anderer Tonfall in der Art, wie man miteinander kommuniziert. Das unzivilisierte Gebell aus dem Weissen Haus und die zur Schau gestellte politische Ahnungslosigkeit und Denkfaulheit des amerikanischen Präsidenten zeigen, dass sich die Qualität der globalen Verständigungsmöglichkeiten drastisch verringert hat. Trumps pausenloses Grossbuchstaben-Getwittere als Ersatz für konkrete politische Arbeit ist nicht einfach ein bedauernswertes Symptom eines rasch voranschreitenden Sprachverfalls, sondern eine gezielt und lustvoll demonstrierte Verachtung der Sprache, eine selbstbewusst nölende Diskursverweigerung: Ihr Deppen könnt euch den Mund fusselig reden und werdet trotzdem nichts erreichen! Wer wirklich mächtig ist, kann zur Not auch „DE DO DO DO, DE DA DA DA“ twittern und wird global wahrgenommen.

Für die Ich-AG im Oval Office ist der Dialog reine Zeitverschwendung.

Und die Welt reibt sich noch immer ungläubig die Augen, in Erwartung eines nächsten Tweets. Aber es regt sich auch Widerstand. Und das wird sich so schnell nicht ändern. Bleibt das Festhalten an dem schönen Gedanken, dass der Tweet eines Tages auch lauten könnte: „TRUMP GONE!!! GOOD!!!“

Trumps zynischer Genuss an sprachlicher Verknappung und Verrohung zeigt eine neue Dimension der Menschen5


Andachtsraum im „Home of Fifa“, Foto: Luca Zanier

Höhenkurorte der Macht Zwei neue Inszenierungen steigen in entlegene Höhen gen Himmel. In „Weltzustand Davos“ von Rimini Protokoll betritt der Zuschauer ein olympisches, von Berggipfeln umringtes Oval über den Wolken. Gegenstand des Dokumentartheaterstücks ist das World Economic Forum (WEF), bei dem sich jedes Jahr im Januar hunderte Firmenchefs und Politiker zu einer Retraite der Mächtigsten in den ehemaligen Höhenkurort Davos zurückziehen. Im Bühnenbild für „Mir nämeds uf öis“ von Christoph Marthaler und Ensemble im Pfauen entschweben die Insassen in der Kabine eines staatenlosen Zeppelins. Gegen entsprechende Zahlung bietet das hier neu gegründete Staatswesen jenseits irdischer Gerichtbarkeit die Tilgung aller Formen von Schuld – so das Geschäftsmodell. Eine Vorhölle auf dem Weg in die Schwerelosigkeit? Über die beiden theatralen Entwürfe sprach Dramaturgin Karolin Trachte mit dem Literaturwissenschaftler Joseph Vogl.

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Joseph Vogl beschäftigt sich als Literaturwissenschaftler auch mit Ökonomie, Geld und Finanzmärkten. Sein Titel „Das Gespenst des Kapitals“ (2011) wurde breit wahrgenommen. Zuletzt legte er mit seinem Buch „Der Souveränitätseffekt“ (2015) nach. Joseph Vogl ist Professor für Neuere deutsche Literatur, Literatur- und Kulturwissenschaft/Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin und Permanent Visiting Professor an der Princeton University, USA.

In beiden Inszenierungen erfährt die Macht eine Verortung in den Höhen – nämlich auf den Gipfeln der Alpen einerseits, in einem Zeppelin mit gekappten Seilen andererseits. Wieso bedient sich die Machtsymbolik der Höhe? Natürlich bezieht sich diese Verortung zunächst auf eine archaische Art der Machtdarstellung. Der höchste Punkt war mit der Burg besetzt, von der man Territorien überblickte und dominierte. In diesen unzugänglichen Orten der Höhe, der Abgeschlossenheit, in diesen Festungen haben souveräne Machtfantasien überlebt. Aber bei Davos klingen viele unterschiedliche Resonanzen mit. Ich würde das beschreiben als ein eigentümliches Spektrum zwischen Lasterstätte und Kurort mit Heilsversprechen. Wie so etwas soziologisch entsteht, kann man an einem anderen Beispiel ansehen. Auf dem Monte Verità bei Ascona etwa haben sich zunächst Anarchisten versammelt, dann waren es Lebensreformbewegungen, Naturheiler, Veganer, Vegetarier. Später hat sich dort die Kunstszene etabliert, dann wurde es luxuriös, schlug schliesslich um und es geriet zum Zentrum einer neuen „gated community“, einer Kolonie von Kapitalisten und Reichen. Das war natürlich in Davos etwas anders: vom Bauerndorf zum Wintersport. Aber insgesamt sind solche Ortschaften Beispiele für „Heterotopien“, wie Michel Foucault das genannt hat, also „andere Orte“, an denen das Leben, die Zeit und die Verhaltensformen eigenen Gesetzen folgen, bestimmte Eingangs- und Ausgangsbedingungen vorherrschen etc. Davos ist der „Zauberberg“. Bei Thomas Mann fährt man zunächst für drei Wochen dorthin, um dann sieben Jahre zu bleiben, fast ohne es zu bemerken – ein eigenartiger „Zeittümpel“, der sich dort auftut. Orte und Namen wie „Davos“ sind also wohl Gefässe für kulturelle Extravaganzen. Nun werden sie von der internationalen Finanzoligarchie besetzt.

Macht es für dieses Motiv einen grundsätzlichen Unterschied, dass der Zeppelin anders als die Burg oder das Alpenstädtchen nicht mehr territorial gebunden ist, sondern dass er die Leinen lösen kann? Gewissermassen eine Steigerung des Zauberberges? Was sich dort versammelt, sind die Repräsentanten einer neuen Gesellschaftsnische, die man inzwischen auch „super citizens“ nennt. Das sind Personen, reale Personen oder fiktive wie Konzerne, die sich dadurch auszeichnen, dass sie ihre Reichtumsverteidigungspolitik mit der Loslösung von territorialen und nationalen Bindungen, von irdischen Schwerfälligkeiten betreiben können. Wenn Sie so wollen, sind sie neue Kosmopoliten, Weltbürger, aber damit auch eine ganz spezifische Klasse in der Gesellschaft, die mit ihren Mitteln, mit ihrer Finanzindustrie, ihren Kapital- und Investmentgesellschaften einen Klassenkampf gegen den Rest der Gesellschaft betreibt. Der aufsteigende Zeppelin mit „Leinen los“ wäre ein Schaubild für diese Entfesselung des internationalen Finanzkapitals. Ohne die Machtsymbolik der Höhe, der Burg, kommen diese entfesselten „super citizens“ und die moderne Wirtschaftsmacht aber nicht aus. Ich denke da an die Trump Towers ... Sagen wir es so: Der Zuschauer benötigt Anschauungsmaterial. Er möchte mit Bildern überzeugt, beeindruckt, vielleicht betrogen werden. Deshalb die Neigung zu Goldflitter und erigierter Architektur wie bei Trump. Aber das ist nur das Harlekinskleid des Kapitals. Denn moderne Wirtschaftsmacht, das Finanzregime, manifestiert sich nicht in der Vertikalen, nicht im Raum, sondern in der Beherrschung der Zeit. Das Finanzkapital ist sozusagen napoleonisch – Napoleon hat mit seiner Kriegsführung einst die taktischen Vorzüge von Geschwindigkeit und territorialer Unabhängigkeit umgesetzt, mit Telegrafensystemen und flinken Truppen. Beweglich-

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keit, schnelle Informationsverarbeitung und die Macht zeitlicher Vorsprünge: darin manifestiert sich eine gewisse Verwandtschaft zwischen moderner Kriegsführung und den Schlachten auf den Finanzmärkten. Aber das bleibt ganz und gar unanschaulich. Ein besseres Bild für diese Finanzmacht ergeben wohl eher die gestapelten Briefkästen in den sogenannten Finanzparadiesen: Sie zeigen nichts anderes, als dass sich diese Unternehmen schlicht nicht dort befinden, wo sie sind.

Lebensressourcen beispielsweise oder mit der Abhängigkeit von Infrastrukturen von internationalen Kapitalmärken oder mit der Androhung von Kapitalflucht, die jeden Politiker in Angststarre versetzt. Wie viel Verwüstung hat eigentlich das Kapital angerichtet, durch die Einführung von Schuldenbremsen in öffentlichen Haushalten etwa? Wie hängt die Verödung der Städte mit dem Finanzmarktgeschehen zusammen? Also: Wenn der Bürger sich ein bisschen umsieht, wird er wenig Weltverbesserung bemerken.

Ist folglich auch das World Economic Forum kurzzeitiges Anschauungsmaterial für jene Macht, die das restliche Jahr über nicht festzumachen ist? Ja und diese Macht zeigt sich hier von ihrer benutzerfreundlichen Seite, in personalisierter, rosig-fleischlicher Form und in einer interessant beleuchteten Landschaft: Luftkurort, Skiparadies, umwehte Gipfel, Alpenglühen. Zwischen Urlaubsstimmung und Luxushotels setzt man dann Gesichter auf, die von Vokabeln wie „globale Verantwortung“ beseelt sind. Denn das Wirtschaftsforum wird ja nicht zusammengerufen, um zu zeigen, wie man die Welt beherrscht, sondern um zu demonstrieren, wie humanistisch, gütig, gerecht und inklusiv der Kapitalismus sein kann.

Der britische Soziologe Colin Crouch macht in seinem Essay „Postdemokratie“ diese Gegenüberstellung von Politik und Ökonomie und stellt fest, dass die Wirtschaft zunehmend Einfluss auf politische Prozesse gewinnt. Widerspricht Ihre These ihm? Colin Crouch interessiert sich für das Eindringen von neoliberalistischen Doktrinen in das Feld des Regierens. Da waren Grossbritannien mit Thatcher und die Vereinigten Staaten mit Reagan Vorreiter, da wurden staatliche Aufgaben outgesourced, „new public management“ und „governance“ eingeführt, Gewerkschaften zerschlagen, Marktgesetze fetischisiert, Kapitalvermögen steuerlich privilegiert, Lohnniveaus gesenkt und die Rechte von Lohnabhängigen beschnitten, verbunden mit einer Erosion parlamentarischer Demokratie. Diese Entwicklung mit dem Bündnis zwischen Neoliberalismus und Regierungspolitik seit den Achtzigerjahren führt Crouch zum Begriff der Postdemokratie. Ich frage mich hingegen, welche regierungstechnische Funktion das Finanzwesen selbst hat? Dafür haben sich die Ökonomen und Politologen bislang wenig interessiert. Die Finanzmärkte entstehen in der frühen Neuzeit durch die systematische Integration privater Gläubiger in die Finanzierung von Staaten, nicht zuletzt durch den Handel mit Staatsanleihen. Wir sehen eine symbiotische Entwicklung eines staatlichen Gewaltmonopols einerseits und staatlich garantierter Privilegien für private Investoren andererseits. Die Staatsverschuldung war wohl die Urszene moderner Staaten. Diese Linie lässt sich dann weiterverfolgen von der Entstehung der Nationalbanken bis zum gegenwärtigen Finanzregime, das aus einem Konsortium aus staatlichen Institutionen, überstaatlichen Einrichtungen wie Zentralbanken, internationalen Organisationen wie dem IWF

Wie antwortet die staatliche Macht auf diesen Weltverbesserungsanspruch privater Akteure? Und wie die Bürger? Zunächst gar nicht. Man kann ja diese Versammlung nicht verbieten. Das ist eine ordentlich angemeldete Veranstaltung privater Natur, die Versammlung eines finanzökonomischen Schützenvereins sozusagen. Allerdings mit politischen Beilagen. Regierungshäupter und Finanzminister, die Direktoren von Weltbank und Währungsfonds vermischen sich mit Konzernchefs, Hedgefonds-Managern und CEOs, mit viel menschlicher Wärme. Man kann hier einen interessanten personellen, finanzökonomischen und politischen Biotop besichtigen. Da ist kein Gegensatz von Staat und Vertretern des internationalen Kapitals erkennbar, eher symbiotische Verhältnisse. Die Frage für den Rest der Leute aber lautet: Wo durchkreuzt das Geschehen im Olymp – mit dem burlesken Treiben der Götter – die eigene Lebenswelt? Durch die radikale Privatisierung unserer

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und Privatunternehmen besteht. Ich habe das die Genese einer vierten Gewalt genannt, die neben Legislative, Exekutive und Judikative eine eigene und recht unabhängige Regierungsmacht ausübt, eine transnationale Exekutive. Kann eine solche Entwicklung auch umgekehrt werden, kann sich der Staat vom Einfluss neoliberaler Doktrinen oder vom Finanzwesen wieder unabhängiger machen? Ja und das hat es 2008 gegeben. Das Jahr der internationalen Finanzkrise stellte eigentlich eine revolutionäre Situation und Gelegenheit dar. Denn bei den Bankenrettungen hat sich das internationale Finanzkapital mit grosser Verve sozialisieren lassen. Das waren einstmals Wunschträume der Marxisten! Man hat es nur – und daran ist die Revolution gescheitert – wieder rückgängig gemacht: Mit viel öffentlichem Geld wurden die Institute reprivatisiert. Selbst konservative Ökonomen hatten 2008 kühne Träume zum Umbau des Finanzwesens. Man war sich ja einig, dass das Ganze nicht besonders sozialverträglich ist. Erhöhung von Eigenkapitalreserven, Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken, Transaktionssteuern, Verbot mancher Finanzprodukte – von all dem ist wenig übriggeblieben. Das Finanzregime wurde mit viel Aufwand restauriert und funktioniert heute noch besser und unbehelligter als 2007. Wäre doch schön, wenn Staaten ihre Schulden auch loswerden könnten, wie in „Mir nämeds uf öis“: das Luftschiff nimmt alle Schuld an Bord und fliegt damit davon. Etwas Ähnliches schlägt auch der Anthropologe David Graeber in seinem Buch „Schulden“ vor: einen weltweiten Schuldenschnitt. Da gibt es Ideen wie die „Bad Bank“ – darauf bezieht sich wohl die Idee der Inszenierung. Aber im Bühnenarrangement steckt vielleicht auch ein heilsgeschichtlicher Ausblick, nämlich dass die Last und die Schuld der Irdischen irgendwo zwischen Himmel und Erde gesammelt werden könnten und dann ins akausale Reich abtreiben. „Erlöse mich von dem Übel.“ Das ist eine recht christlichabendländische Verbindung von Ökonomie und Eschatologie, also Heilsgeschichte. Im Deutschen nahegelegt schon durch die Nähe der Worte „Schuld“ und „Schulden“, also auch von moralischer und ökonomischer

Schuld. Das ganze ökonomische Denken ist überwuchert von heilsgeschichtlichen, religiösen, moralischen Fabeln – ob man sich nun Erlösung von der oder durch die Ökonomie erhofft. Aber bevor man himmelwärts fährt und sich auf das utopische Feld, in die „Nichtorte“ flüchtet, gibt es, denke ich, grossen politischen Spielraum ... Ist der politische Spielraum nicht doch dadurch begrenzt, dass die Wirkung moderner Macht, wie sie sich in Davos beim WEF versammelt, diffus und unsichtbar geworden ist? Da will ich ein Beispiel nennen, wo ökonomische Prozesse – die ja nichtsdestoweniger passieren – trotz ihrer Unsichtbarkeit beschrieben werden können. Staaten, die am radikalsten die Finanzialisierung ihrer Wirtschaft vorangetrieben haben – und damit eine Politik der Deindustrialisierung, wie Grossbritannien und USA, weisen heute die geringste Aufwärtsmobilität auf. Das Ende des alten, fast schon idyllisch anmutenden Industriekapitalismus hat zur Verwüstung dieser Gesellschaften geführt, alle „Trumpismen“ und „Brexitismen“ sind jüngste Echos davon. Es finden nur noch zwei soziale Reproduktionsformen statt: Armut reproduziert sich in Armut, Reichtum in der Vermehrung von Reichtum. Aber alle sollen am Finanzsystem partizipieren. Wer viel Kapital hat, beteiligt sich aktiv, etwa über Vermögensverwaltungen und Kapitalgesellschaften – eine nahezu sichere Bank: diese Vermögen sind in den letzten Jahrzehnten trotz aller Krisen und Crashs fast ausnahmslos und stetig gewachsen. Wer wenig oder nichts oder nur Schulden hat, beteiligt sich zwangsläufig passiv, mit Zinszahlungen, privater Alters- und Gesundheitsvorsorge – trägt also Haut und Haare zum Markt. Damit stehen den „super citizens“ oder „Über-Bürgern“ die „sub citizens“ oder „Unter-Bürger“ gegenüber. Für die eine Seite gibt es Vorfahrt und eine Beweglichkeit, wo Kapital auch ein Mehr an Rechten bedeutet, für die andere Seite nur Sackgassen und wenig Spielraum. Diese Kluft könnte man intrazivilisatorische Wildnis nennen. Die Literatur hat ein Gespür für diese Lebenswelten. Denken Sie an „American Psycho“ von Bret Easton Ellis, wo man die adrette Figur des Finanzkapitals mit der Gestalt des blutigen Verbrechens verbunden hat, denken Sie an „Cosmopolis“ von Don DeLillo. Hier steht das glitzernde Geschehen

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auf den Finanzmärkten einer Welt voller Anschläge, Panik, Wut, Gewalt und barem Entsetzen gegenüber. Das muss man als Versuche begreifen, unsere Gegenwart bis zur Kenntlichkeit zu entstellen. Oder denken Sie an die Dystopien, die man in den USA und bald auch bei uns bewohnen kann: Suburbs oder Amazon-Ghettos, soziale Ödnis und vielleicht eine Shoppingmall an der nächsten Autobahn. Hier existiert keine öffentliche Infrastruktur mehr, sie wurde privatisiert. Das Finanzkapital wurde aus seinem wohlfahrtsstaatlichen Gefängnis entlassen und lädt zur Besichtigung dieser neuen Kapitallandschaften ein. Das ist nicht diffus, sondern konkret.

Mir nämeds uf öis von Christoph Marthaler und Ensemble / Regie Christoph Marthaler Uraufführung Mit Tora Augestad, Gottfried Breitfuss, Raphael Clamer, Jean-Pierre

Ist das World Economic Forum ein branchenübergreifender, weltweiter Lobbyverein für genau diese Ideologie der Privatisierung, als das schnellere mobilere, innovationskräftigere Modell gegenüber Staaten? Durchaus. Die radikalste Entwicklung besteht darin, selbst die Privatisierung des Privatrechts international voranzutreiben und die Rechtschöpfung aus der Abhängigkeit von staatlichen, öffentlichen Rechtssystemen zu lösen. In diesem Zusammenhang darf man sich etwa Finanzmärkte nicht einfach als frei und wild vorstellen, vielmehr sind sie im höchsten Masse reguliert. Sie beruhen auf einem weltweiten System von privaten Verträgen, verbunden mit eigenen Clearingstellen und Schiedsgerichten. Man kann hier von einem „regulativen Kapitalismus“ sprechen. Dessen Traum ist ein neues Rechtssystem, eine neue Lex mercatoria jenseits des Staats: Es gilt nur für die globalen Mitspieler auf dem Markt, bindet selbst Staaten und wirkt in die nationalen Gesetzgebungen hinein. Ein internationales Recht für die Wenigen, das ist die Hoffnungsfigur des jüngsten Finanzregimes, das sich – wenn es nur könnte – von den Irdischen zeppelingleich lösen wollte. Aber der nächste Crash steht ja bevor.

Cornu, Bendix Dethleffsen, Ueli Jäggi, Bernhard Landau, Elisa Plüss, Nicolas Rosat, Siggi Schwientek, Nikola Weisse, Stefan Wirth, Susanne-Marie Wrage 12./15./19./31. Januar / 2./15./18./21./27. Februar, Pfauen Unterstützt vom Förder-Circle des Schauspielhauses

Backstage-Pass für SozialarbeiterInnen und Soziokulturelle AnimatorInnen 15. Januar, ab 18:00 Theater im Gespräch zu „BEUTE FRAUEN KRIEG“ & „Mir nämeds uf öis“ 18. Januar, Treffpunkt Schiffbau/Foyer, 19:00–20:30

Weltzustand Davos (Staat 4) von Rimini Protokoll (Haug, Kaegi)

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Uraufführung Mit Ganga Jey Aratnam, Otto Brändli, Margit Haberreiter, Hans Peter Michel, Cécile Molinier, Sofia Sharkova Premiere 12. Januar, Schiffbau/Box 13./15./16./17./19./21./22./24./25. Januar Eine Produktion von Rimini Protokoll und dem Schauspielhaus Zürich. Staat 1–4 ist eine Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt (HKW), den Münchner Kammerspielen, dem Düsseldorfer Schauspielhaus, dem Staatsschauspiel Dresden und Rimini Protokoll im Rahmen des HKW-Langzeitprojekts „100 Jahre Gegenwart“, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Deutschland aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. „Staat 1“ wurde vom Goethe-Institut mitinitiiert und koproduziert.

Inszenierungseinblick 5. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Theater im Gespräch zu „Weltzustand Davos“ & „Hundeherz“, 19. Februar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer

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Fiktiver Brief von Ödön von Horváth an den Hoteldirektor Strasser aus seinem Stück „Zur schönen Aussicht“

Lieber Strasser , Du hast doch jetzt dieses heruntergekommene Hotel in deine Fänge bekommen, gleich neben der Villa meiner Eltern. Ich frag dich jetzt nicht, durch welche Schiebereien. Die Leute, die dort in der „Schönen Aussicht“ ein- und ausgehen, haben mich seit jeher direkt viel mehr interessiert als die steifen Gäste bei uns zu Hause. Der Vater liebt ja dieses Zeremo-niell der wichtigen Leute mit echtem Vermögen. Dort aber, in dieser grossartig „staubfreien“ Pension, sammelt sich seit jeher der Staub aus der Stadt: Baronessen, die nichts anderes mehr am Leib haben als ihre Attitüde. Generaldirektoren von Firmen, die es schon lange nicht mehr gibt. Die Kellner sind keine wirklichen Kellner, der Chauffeur eine gestrauchelte Existenz. Und du jetzt als Direktor in diesem einmaligen Zirkus! Ist ja grad so, als ob ein Löwe Vegetarier geworden wäre. Kurz habe ich einmal den Gedanken gehabt, einen Engel in diesen gottlosen Raum zu schicken, in dem jeder bei jedem Schulden hat. Ein Spirituosenhändler, der den allerweltigsten aller Allerweltsnamen tragen müsste, ebnet ihm den Auftritt. Wie wär es mit Mayer oder Müller? Vertreter einer Sektfirma namens „Herrgott & Sohn“. Am besten freilich, man schösse da gleich ein paar Buchstaben raus, damit die Metaphysik sich nicht ganz so penetrant in den Vordergrund drängt: „Firma Hergt & Sohn“. Das gefällt dir? Was will Müller im Hotel? Schulden eintreiben natürlich. Aber von Strasser – grad fällt mir auf, das ja auch das ein wirklicher Allerweltsname ist – hat er kein Geld zu 14

erwarten. Stattdessen wird der Mann umgarnt: mit Titeln, die man ihm frank und frei gewährt und mit Spielchen, die man rund um ihn veranstaltet. Das Spiel ist überhaupt das Wichtigste, was in der „Schönen Aussicht“ stattfindet. Eine einzige Bühne ist dieses Hotel. Nichts ist echt. Keiner ist der, der er zu sein vorgibt. Auch die Sätze, die die Leute sagen, sind nicht gedacht, sondern nur gesagt. „Ich denke ja gar nicht, ich sag es nur“, könnte ein solcher Satz sein oder: „Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur selten dazu.“ Irgendwann wird vielleicht irgend so ein preussischer Barde gar auf die Idee kommen, solche Sätze zu vertonen. Von wem aber könnte ein solcher Satz stammen? Ich stell mir eine Baroness vor oder eine Freifrau, in die Jahre gekommen und mit gerade noch so viel Vermögen, dass sie für die Leute im Hotel eine Attraktivität darstellt. Alles im Abblühen in dieser Gesellschaft und das meiste schon tot. In der Pflanzenwelt nennt man, was in der „Schönen Aussicht“ unter Menschen passiert, den Angsttrieb. Wenn die Pflanze weiss, dass sie sterben wird, setzt sie noch einmal all ihre Kraft in einen letzten Trieb. Eine Art Selbstmord der Flora, zum Zweck des Überlebens der Art. Oder der Unart eben. Ist das übrigens eine Karte von Europa, die bei euch in der Halle hängt? Ein Europa vor dem Krieg? Das passt sehr gut auch in den Raum, den ich mir denke, und gibt ihm gleich eine Dimension über die Provinz hinaus. Verstellung ist alles. Und


Symbolkraft. Einen Mix aus Verstellung und Symbolkraft stelle ich mir vor. Wie soll die alte Gräfin, Freifrau, Baroness heissen? Wie hiess noch einmal schnell die, die bei euch vorigen Sommer zu Gast war? Du bist ihr doch sehr nahe gekommen? Schönblick? Ada? Ada von Schönblick? Der Engel: Muss ein junges weibliches Geschöpf sein, allein schon im Kontrast zur alten Frau. Im Namen soll das Fräulein einen Anklang von Opferung tragen. So rein und aufrichtig, dass, ohne es sagen zu können, alles in dieser verkommenen Welt nach einer Erlösung durch sie schreit. Wen aber würden diese Leute für ihren Messias halten? Einen mit Geld. Möglicher Dialog: „Was verstehst du unter dem lieben Gott?“ Antwort: „10’000 Mark“. Der Engel soll 10’000 Mark haben, durch Erbschaft beispielsweise. Die Leute im Hotel aber erkennen ihn nicht. Das heisst, sehen die Summe nicht, die er bringt. Grosses Ringelreih um ihn, wie auf dem Jahrmarkt. Als ob alles wie eine Fahrt auf dem Ringelspiel wär. Dann plötzliches Kippen der Situation, als alle erkennen, was sie vom Engelchen zu erwarten haben. Typisch Komödie, seichter Tiefgang. Lieber Strasser, ich will für das Stück, das ich im Kopf habe, deinen Namen und dein Hotel nehmen. Auch möchte ich mich für zumindest dreizehn Tage bei dir inkognito einquartieren. Lässt sich das machen? Auch so, dass es niemand von meiner Familie erfährt? Ich würde mich beispielsweise als Staubsaugervertreter oder als Inhaber einer Sargtischlerei ausgeben oder als Bergmann, der beim Bau der Zugspitzbahn mitgemacht hat und dabei fast gestorben wäre. Jedenfalls nicht als Dichter. Lieber Strasser, um den Plan zu verwirklichen, müssten wir jetzt dann gegenseitig und gemeinsam unter einer Decke stecken. Ich hoffe, das klappt, dein Ödön

Klaus Kastberger, geboren in Gmunden (Österreich), ist publizierender Germanist, Literaturkritiker und Kurator von Ausstellungen und Forschungsprojekten. Seit 2015 ist er Professor für neuere deutschsprachige Literatur an der Universität Graz und Leiter des Literaturhauses Graz. Seine Arbeitsschwerpunkte sind österreichische Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts, Gegenwartsliteratur sowie Theorie und Praxis des Archivs. Kastberger ist Juror beim Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt und Gesamtherausgeber der neuen historischkritischen Horváth-Ausgabe, die seit 2009 beim De Gruyter Verlag erscheint. Foto: Clara Wildberger/Literaturhaus Graz

Zur schönen Aussicht Eine Komödie von Ödön von Horváth / Regie Barbara Frey Mit Carolin Conrad, Hans Kremer, Michael Maertens, Nicolas Rosat, Markus Scheumann, Edmund Telgenkämper, Friederike Wagner Premiere 17. Februar, Schiffbau/Halle 17./19./20./25./28. Februar / 1./2./4. März Unterstützt von Swiss Re

Inszenierungseinblick 29. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer

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Mythos, Erbe, Trauma Mechanismen von Schuld und Macht, Abwehr und Ohnmacht: Euripides’ „Die Troerinnen“ und „Iphigenie in Aulis“ thematisieren den trojanischen Krieg aus einer weiblichen Perspektive. 2500 Jahre nach Euripides wandert der Zuschauer in Karin Henkels neuer Produktion „BEUTE FRAUEN KRIEG“ durch drei unterschiedliche Bühnenwelten. Darin entstehen Geschichten vom Verlust der Heimat und Familie. Wir sprachen mit der Psychoanalytikerin Rosmarie Barwinski über die Rolle der Troerinnen auf dem militärischen Spielbrett der Griechen, die Objektivierung von Frauen im Krieg, das Verstummen und die „Weitergabe von Traumata“. Ein Interview von Benjamin Große

In dem Stück „Die Troerinnen“ zeichnet Euripides die gefallene trojanische Königin Hekabe als eine allegorische Figur des Klagens. Wie wird in unserer Gesellschaft Leid ausgedrückt? Das ist kulturbedingt. Zum Beispiel gibt es in Ländern des Südens durchaus die kulturelle Praxis, dass man sein Leid klagt und teilt. Bei uns im deutschsprachigen Raum ist es nicht üblich, es gilt eher als verpönt und vielleicht sogar als hysterisch. Wir haben in dem Sinne keine Rituale, um Leid auszudrücken. Leiden findet, wenn überhaupt, im heimlichen Kämmerchen zu Hause statt, aber nicht im öffentlichen Raum. Das Klagen und Leiden wurde individualisiert, sodass jeder seine Probleme mit sich selbst ausmachen muss. Wieweit Leid zum Ausdruck gebracht werden darf, hängt aber auch von der Ursache für das Leid ab. Wenn beispielsweise in bestimmten Kulturkreisen eine Frau vergewaltigt wurde, gilt sie als unrein, also spricht sie besser nicht darüber. Dann gibt es also noch nicht mal die Möglichkeit, das Leid zu verbalisieren, und die Frauen sind natürlich weit davon entfernt, sich zu helfen oder Hilfe durch andere zu erfahren. In dem Stück „Die Troerinnen“ greift Euripides als Gegenwartsdramatiker 415 v. Chr. auf den Mythos des Trojanischen Krieges zurück. Er kritisiert damit auch die reale Kriegspolitik der Athener. Sehen Sie einen Bezug von der brutalen Schändung von Frauen im Krieg, die Euripides beschreibt, zu weiblichen Kriegsopfern in der Gegenwart? Ich denke, es geht bei diesem Stoff um die Objektivierung der Frauen: Im Mythos werden vor allem Konflikte zwischen Männern dargestellt und die Frauen werden benutzt, um die männlichen Gegner zu demütigen. Das hat 16

sich meiner Meinung nach leider nicht wesentlich geändert, wenn man zum Beispiel den Jugoslawienkrieg betrachtet, in dem Vergewaltigung eine Strategie war, die Gegner über den Krieg hinaus zu demütigen. Es war eine Kriegspolitik der systematischen Vergewaltigungen. Die Frauen wurden zum Objekt. Im Stück werden ähnliche Mechanismen beschrieben. In unserer Fassung von „BEUTE FRAUEN KRIEG“ sieht sich Helena als das eigentliche Opfer der Geschichte. Sie sträubt sich gegen die Rolle der „schönen Helena“, die den Krieg verursacht hat – so ist sie in die Mythologie eingegangen. Gibt es eine Möglichkeit, sich diesem Opferstatus zu entziehen? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich zwischen unterschiedlichen Betrachtungsebenen unterscheiden. Die eine Ebene ist die persönliche Erfahrung. Helena wurde entführt und hat dann dieses spezielle Schicksal erlebt. Aber selbst auf dieser Ebene wird sie schon ein Stück weit benutzt in der Auslegung, die schlussendlich die Schuldfrage klären soll. Sie sei freiwillig mitgegangen, also haben die anderen nicht die Verantwortung, sondern sie wird damit zur Schuldigen. Die andere, abstraktere Ebene ist die der Symbole. Dass sie sich wehrt, aufgrund ihrer Schönheit herabgesetzt, das heisst, Opfer zu werden, ist verständlich. Sonst wäre ja „schöne Frau“ gleich „Opfer“. Auf der einen, persönlichen Ebene ist sie Opfer aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung, aber Frausein heisst nicht zwangsläufig, Opfer zu sein. Gegen eine solche Zuschreibung wehrt sie sich in Ihrer Fassung und versucht sich damit dem Opferstatus zu entziehen. Aus psychotraumatologischer Perspektive betrachtet,


Abgebildet ist die Fotoserie „Battling Impunity: Rape Trials in Eastern Congo – The Victims“ von Pete Muller. Massenvergewaltigungen als Kriegsstrategie und Terrorisierung der Zivilbevölkerung waren im Ostkongo-Konflikt an der Tagesordnung. Nachdem Soldaten in der kongolesischen Stadt Fizi in einer Nacht über 50 Frauen vergewaltigt hatten, wurden 2011 vier Offiziere zu zwanzig Jahren Haft verurteilt, beteiligt waren 150 Soldaten. Dennoch gelten die Opfer als sozial stigmatisiert und verhüllen sich aus Sicherheitsgründen. Die Fotoserie entstand für eine Aufklärungskampagne im Rahmen des Prozesses. KEYSTONE / AP Photo / Pete Muller

geht es im Stück auch um die Abwehr von Ohnmacht. „Frau“ fühlt sich vielleicht sogar als Täterin, obwohl sie es gar nicht gewesen ist, nur um sich nicht ohnmächtig zu fühlen. In Ihrer Fassung des Mythos sind die Frauen tatsächlich die Opfer. Das wird dann immer wieder verdreht, sowohl von den Siegern und Opfern – von den Opfern, um Ohnmacht abzuwehren, von den Siegern, um Schuld abzuschieben, zum Beispiel indem es heisst, Helena sei an allem Schuld, sie habe das Ganze angezettelt. Da geht es um die Mechanismen, wie Schuld verlagert wird. Die Frauen werden in dem Stück doppelt objektiviert. Sie werden verkauft, sie sind Objekte, sie waren einmal Persönlichkeiten. Das wird in diesem Stück erschreckend offensichtlich. Obwohl die Frauen so stark im Vordergrund stehen, geht es für mich beim Lesen Ihrer Fassung um einen Konflikt zwischen befeindeten Männern in ihrem politisch militärischen Konflikt. Die Frauen werden zu Spielsteinen in diesem Schachspiel. Es kommt eine dritte ganz persönliche Ebene dazu, auf der es um die Vernichtung des Gefühls einer eigenen Identität geht, zum Beispiel wenn Polyxena, der jüngsten Tochter Hekabes, die Worte fehlen. Traumatisierung ist die Vernichtung des Selbst. Hier, denke ich, ist eine dreifache Objektivierung durch das Verstummen gemeint.

Andromache erlebt eine Art Flashback zum Mord ihres Kindes durch Pyrrhos. Wie schätzen Sie diese Figur ein? Andromache verkörpert für mich den Ausdruck des Schrecklichen, das Erstarren vor dem Unfassbaren. Traumata, wenn nicht verarbeitet, sind zeitlos. Immer wieder, wenn man durch etwas Äusseres erinnert wird, ist man in dieser traumatischen Situation. Dies wird auch in diesen Szenen deutlich. Andromache beschreibt Bilder, bei denen die Frage offen bleibt, ob dies jetzt innere oder äussere Bilder sind. Das ist typisch für unverarbeitete Traumata, wie die moderne Psychotraumatologie sie beschreibt. Die Flashbacks können zeitlich nicht eingeordnet werden, sondern werden durch bestimmte äussere Einflüsse hervorgerufen. Das wird in diesem Stück sehr deutlich. Andromache steht für das Entsetzen – das zeitlos wird. Kann es über eine Generation hinweg Verdrängungen geben? Was Sie ansprechen sind Erfahrungen – wie Krieg oder Genozid –, die eine ganze Gesellschaft traumatisieren. Ich denke, diese Geschichte der griechischen Mythologie kann auch als ein Beispiel für transgenerationale Weitergabe von Traumata gelesen werden. Das sind Traumata, die von einer Generation zur nächsten weiter17


geschleppt werden, sodass sich die Morde ständig wiederholen, die Vernichtung. Weil sie nicht verarbeitet sind, geht das Rachenehmen immer weiter. Um kollektive Traumatisierung – zum Beispiel durch Kriege – zu bewältigen, braucht es natürlich ein soziales Umfeld, in dem die Verarbeitung möglich ist. Wenn man jetzt Deutschland anschaut: Die erste Generation hat sich in Arbeit gestürzt und alle Gefühle ferngehalten, abgespalten, hat nur funktioniert, Hochleistungen erbracht. Der nächsten Generation blieb dann die Notwendigkeit der Verarbeitung über.

bin kein Opfer!“ und sich dann Agamemnon gewissermassen als Braut anbietet. Das mutet ja befremdend an, wenn man die Vorgeschichte kennt. Agamemnon ist für den Überfall auf Troja verantwortlich, mordete und will Kassandra verschleppen. Wie kann dieses paradox anmutende Handeln verstanden werden? Wenn Kassandra sich als Braut anbietet, verwandelt sich passiv Erfahrenes in aktives Handeln. Indem sie sagt, sie sei kein Opfer, und bewusst diesen Mann wählt, ist sie nicht mehr hilflos, sondern hat die Situation aktiv in die Hand genommen.

Wie ist das aber beim Mann, wie sieht die Rolle der Männer in solchen Kriegssituationen aus? Sexualität wird in Kriegssituationen oder in Foltersituationen genutzt, um andere Menschen zu zerstören, weil es nicht nur die psychische, sondern auch die physische Integrität betrifft. Diese Form der Erniedrigung und Demütigung ist nicht etwas, was sich auf Frauen beschränkt – aber sie wird in Bezug auf Weiblichkeit inzwischen offener diskutiert. Und es passiert Frauen häufiger. Ich denke, sexualisierte Gewalt als Folter, wo auch Männer systematisch vergewaltigt werden, um sie zu demütigen und sie zu brechen, ist tatsächlich tabuisierter als die Gewalt Frauen gegenüber.

Ein weiteres Beispiel ist Hekabe, die mit allen Mitteln versucht, ihre Tochter vor Odysseus, der sie zur Opferung holen will, zu retten. Und obwohl sie in äusserster Verzweiflung ist, denkt sie sich in sein psychisches Funktionieren hinein. Sie versucht sich mit seiner Strategie der Gefühllosigkeit des Täters zu identifizieren, damit sie ihr Kind retten kann. Erst als sie ihre Tochter sieht, die nur noch eine Hülle zu sein scheint, erstarrt sie selbst und gibt auf.

Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen? Was sind in solchen Situationen die Überlebensstrategien? Mögliche psychische Überlebensstrategien werden im Stück eindrücklich dargestellt, wenn zum Beispiel Kassandra sagt oder eher schreit: „Ich will kein Mitleid, ich 18

In der Inszenierung hören die Zuschauer Stimmen und Geräusche ganz nah über Kopfhörer. Welchen Stellenwert hat der Aspekt der akustischen Wahrnehmung? Ich denke, das macht am eigenen Körper mehr nachfühlbar, wie es diesen Frauen geht. Bei dem schreienden Baby zum Beispiel fragt man sich: Hört man es wirklich oder ist es nur in meinem oder ihrem Kopf? Dies entspricht dem Erleben von vielen Traumaopfern. Sie hören Stimmen oder Geräusche, die sie in traumatischen Situa-


tionen wahrgenommen haben. Sie sind zum Beispiel wieder im Krieg und erleben diese Situation, wie sie damals war. Es ist sehr schwierig für die Opfer, damit zurechtzukommen. Dieses Wiedererleben ist ein Symptom des sogenannten posttraumatischen Belastungssyndroms, bei dem immer wieder Flashbacks auftreten und diese alten Bilder im Kopf auftauchen. Abschliessend möchte ich eine Brücke zur Gegenwart schlagen: Geflüchtete, die in einer neuen Welt, meist einem anderen Kulturkreis, angekommen sind, dennoch nicht wissen, ob sie ein Aufenthaltsrecht bekommen oder nicht, haben häufig Probleme, Fuss zu fassen, weil sie nicht wirklich in der Aktualität sind. Um langsam ins Hier und Jetzt zurückzukehren, um wieder Vertrauen aufzubauen, braucht es einen sicheren Schutzraum. Wenn dieser nicht gewährleistet ist, sei es aus politischen Gründen oder anderen, können diese Menschen nicht zur Ruhe kommen. Wenn man dann über Flüchtlingszahlen oder Flüchtlingsströme redet, findet auch heute – wie im Mythos – eine Objektivierung statt. Die Menschen werden entindividualisiert, damit nicht deutlich wird, dass es sich um Menschen handelt. Nach wie vor sind auch Frauen auf der Flucht vermehrt sexueller Gewalt ausgesetzt – das Stück „Die Troerinnen“ hat in diesem Sinne leider traurige Aktualität.

Prof. Dr. phil. habil. Rosmarie Barwinski ist Psychoanalytikerin, Psychotherapeutin und Professorin in klinischer Psychologie an der Universität Köln. Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift „Trauma“ und Redaktionsmitglied der Zeitschrift „PsychotherapieWissenschaft“ (Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ASP), Mitglied der Wissenschaftskommission der ASP sowie Leiterin des Schweizer Instituts für Psychotraumatologie.

BEUTE FRAUEN KRIEG nach „Die Troerinnen“ und „Iphigenie in Aulis“ von Euripides / Regie Karin Henkel Mit Hilke Altefrohne, Christian Baumbach, Carolin Conrad, Fritz Fenne, Pauline Hunziker, Madita Keller, Dagna Litzenberger Vinet, Isabelle Menke, Michael Neuenschwander, Lena Schwarz, Kate Strong, Milian Zerzawy 16./19./22./28. Dezember / 3./4./7./9./10. Januar, Schiffbau/Halle

Theaterlabor Spezial 10. Januar, 18:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Theater im Gespräch zu „BEUTE FRAUEN KRIEG“ & „Mir nämeds uf öis“ 18. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer

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Teil 7B

Sitzplatz an Bord Teil 7B der Bewerbungsunterlagen für einen eds uf öis-Staatsdes Sonderfluges MNUÖ-SW17 des „Mir näm mble. wesens“ von Christoph Mar thaler und Ense

Abgabe des Lösungswortes bis 13.12.2017 im Büro der Intendanz des Schauspielhauses Zürich.

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Mir nämeds uf öis

von Christoph Marthaler und Ensemble / Regie Christoph Marthaler

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Uraufführung

l Clamer, Mit Tora Augestad, Gottfried Breitfuss, Raphae Jäggi, Bernhard Jean-Pierre Cornu, Bendix Dethlef fsen, Ueli ntek, Landau, Elisa Plüss, Nicolas Rosat, Siggi Schwie Nikola Weisse, Stefan Wirth, Susanne-Marie Wrage

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Februar, Pfauen 12./15./19./31. Januar / 2./15./18./21./27. ses Unterstützt vom Förder-Circle des Schauspielhau

Backstage-Pass für SozialarbeiterInnen und Soziokulturelle AnimatorInnen 15. Januar, ab 18:00

& Theater im Gespräch zu „BEUTE FRAUEN KRIEG“ „Mir nämeds uf öis“ 20:30 18. Januar, Treffpunkt Schiffbau/Foyer, 19:00–

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Gesellschaftsmodell Grossbaustelle (Staat 2), Foto: Mikko Gaetsel

Phänomene der Postdemokratie „Auf meine Stimme kommt es eh nicht an. Die in Bern machen doch eh was sie wollen.“ Das hört man oft, wenn es um die Frage geht, warum jemand nicht gewählt oder nicht an einer Abstimmung teilgenommen hat. Die Wahlen scheinen keine echten Wahlen zu sein – wirkliche Alternativen gibt es oft nicht mehr. Das ist eines der vier „Phänomene der Postdemokratie“, die Rimini Protokoll in seiner Serie „Staat 1–4“ untersucht. Was ist los mit der guten alten Demokratie und der Macht des Volkes? Ist diese Wahlmüdigkeit eine der vielen Ausdrucksmöglichkeiten von Verstimmung und Unzufriedenheit mit dem aktuellen System der Demokratie? Verstimmungen, die in ihrer Gesamtheit als postdemokratisch aufgefasst werden könnten? Imanuel Schipper, Dramaturg der Produktion „Weltzustand Davos (Staat 4)“ von Rimini Protokoll schreibt über den Zustand der Demokratie und die Recherche zur Serie „Staat 1–4“.

von Imanuel Schipper

Postdemokratie

Seit Colin Crouch 2004 seinen Essay „Postdemokratie“ veröffentlicht hat, erhielt er viel Kritik – erschreckend bleibt jedoch, in wie vielen Punkten er bis heute Recht behalten hat. Wohl auch deswegen tauchen seine Thesen hartnäckig und immer wieder in der Diskussion um die europäischen Gesellschaften auf. Crouch beklagt die bedrohliche Schwächung des Vertrauens in demokratische Prozesse. Die Wahlbeteiligung sinke, die Bevölkerung fühle sich nicht mehr von ihren Repräsentanten vertreten und Wahlen seien zu Pflichtveranstaltungen geworden – von den Regierungen als Spektakel organisiert, um ihre politische Legitimation zu behaupten. Die Einflussnahme der Wirtschaft hingegen sei immens. Vor allem die Nähe der Wirtschaft zur Politik, die sich in der ständigen Intensivierung der Lobbyarbeit der Wirtschaftsverbände in Regierungs- und Parlamentsgebäuden manifestiere, findet er alarmierend. Politiker seien, um die äusserst komplexen Konsequenzen von politischen Entscheidungen zu verstehen, immer mehr auf kompetente Berater angewiesen, die eben gerade nicht demokratisch gewählt werden, aber in ihrer grossen Anzahl eine wichtige politische Kraft darstellen. Crouch malt das Bild einer Hinterzimmerpolitik einer politischökonomischen Elite, die ihren eigenen Interessen verpflichtet ist, nicht dem Volke. Dadurch würden nur einzelne Wenige profitieren und die Mehrheit leer aus22

gehen. Worin manifestieren sich denn diese intransparenten und undemokratischen Machenschaften? In welchen Institutionen lassen sich Phänomene dieser Entwicklungen tatsächlich beobachten? An welchen Beispielen lässt sich dieses dumpfe Gefühl erhärten?

Staat 1–4

Nicht im Sinne einer Beweisführung, sondern eher einer ethnologischen Exkursion begab sich Rimini Protokoll und ein erweitertes Team in Berlin, München, New York, Düsseldorf, Dresden, Athen und nun für „Staat 4“ in Davos, Genf, Dalian und Zürich auf die Suche nach solchen Phänomenen – in Felder und Bereiche der politischen Sphäre, an denen der staatliche Einfluss zu verschwimmen beginnt. Globalisierung, Digitalisierung, Angst vor Terrorismus und Staatsfeinden, Lobbyismus und viele andere Faktoren schieben sich neben- und übereinander und schillern je nach Perspektive durchaus als Phänomene der Postdemokratie. Vier Felder – stellvertretend, aber nicht repräsentativ – wurden ausgesucht, um Ausgangspunkt für vier Theaterabende zu sein. Warum haben Staaten Geheimnisse voreinander und vor ihren Bürgern? Dem Ruf nach mehr Transparenz steht in den letzten Jahren – auch in der Analyse von Crouch – eine immense Erweiterung der geheimdienstlichen Methoden und Befugnisse entgegen. Angesichts möglicher


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„Auf meine Stimme kommt es eh nicht an. Die in Bern machen doch eh was sie wollen.“ Observierung des Bürgers durch Behörden des eigenen Staates und auch angesichts der multiplen Spuren, die wir durch unsere „mobile devices“ permanent erzeugen, stellt sich die Frage, ob ein Geheimdienst seine Bürger schützt oder ob sich das Volk vor dem Geheimdienst, also dem Staat, schützen sollte. Das internationale Netz der Geheimdienste wird in „Top Secret International (Staat 1)“ in einem interaktiven Museumsbesuch hörbar gemacht. Wie wird die Vergabe von millionenschweren Infrastrukturprojekten an Baufirmen beeinflusst und wer profitiert davon, dass die Baukosten immer höher sind als geplant? Warum werden einige Baustellen nie abgeschlossen sein? Was sagt dies über unsere Gesellschaft aus? Aus acht verschiedenen Perspektiven schaut der theatrale Baustellenrundgang auf das „Gesellschaftsmodell Grossbaustelle (Staat 2)“. Wenn sich immer weniger Menschen veranlasst sehen, daran teilzunehmen, sind dann unsere Wahlen zeitgemäss organisiert? Und wählt denn das Volk wirklich das Richtige? Wären Algorithmen und künstliche Intelligenz nicht bessere Ratgeber und Entscheider als ein wirtschaftsgesteuerter Lobbyismus oder individuelle Motivationen? „Träumende Kollektive – Tapsende Schafe (Staat 3)“ zieht mit Hilfe eines intelligenten Systems einen Bogen von Losverfahren in der antiken Demokratie über Idealvorstellungen bis zu möglichen zukünftigen technologisierten Volksbefragungen. Nachdem die ersten drei Teile in München (Staat 1), Düsseldorf (Staat 2) und Dresden (Staat 3) bereits Premiere hatten, schliesst die Zürcher Produktion im Januar 2018 die Tetralogie ab. „Weltzustand Davos (Staat 4)“ untersucht die Verfahren und Effekte der Zusammenarbeit von politischen und wirtschaftlichen Kräften, die sich jedes Jahr zum World Economic Forum (WEF) über dem Nebelmeer auf dem Zauberberg in Davos versammeln. Kann, wie es das selbsterklärte Ziel „to improve the state of the world“ suggeriert, die Welt tatsächlich verbessert werden? Kommt hier eben jene nichtdemokratisch legitimierte ökonomische Elite, die Colin Crouch beschreibt, mit den politischen Vertretern zusammen? In wessen Namen wird da gehandelt und wer hat Zugang zu dieser Versammlung? Befeuert das Forum, als Knotenpunkt der Macht wahrgenommen, diese Furcht vor postdemokratischer Hinterzimmerpolitik? Oder ist es selbst ein harmloses Spektakel guter Absichten? 24

Es ist verlockend, sich Slavoj Žižek anzuschliessen, wenn er sagt, es sei einfacher, sich eine Welt ohne Demokratie vorzustellen, als eine Welt ohne Kapitalismus. Das unterstreicht die problematische Verknüpfung dieser beiden Konzepte in Welten und Zeiten, die dank Digitalisierung und globalem Handel Grenzen von Staaten in vielen Alltagssituationen bereits aufgelöst haben. Wie kann die Demokratie darauf reagieren? Immerhin und trotzdem – die zentralsten Aufgaben, die sich die europäischen demokratischen Kräfte in der Mitte des letzten Jahrhunderts vorgenommen haben, waren die Verhinderung erneuter kriegerischer Auseinandersetzungen, die Schaffung eines europäischen Wirtschaftsrates und allgemeiner Prosperität. Diese Ziele wurden – mit Abstrichen und Nivellierungen – erreicht. Wird es Zeit, dass sich „das Volk“ neue Ziele vornimmt?

Weltzustand Davos (Staat 4) von Rimini Protokoll (Haug, Kaegi)

r im Nu uar Jan

Uraufführung Mit Ganga Jey Aratnam, Otto Brändli, Margit Haberreiter, Hans Peter Michel, Cécile Molinier, Sofia Sharkova Premiere 12. Januar, Schiffbau/Box 13./15./16./17./19./21./22./24./25. Januar Eine Produktion von Rimini Protokoll und dem Schauspielhaus Zürich. Staat 1–4 ist eine Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt (HKW), den Münchner Kammerspielen, dem Düsseldorfer Schauspielhaus, dem Staatsschauspiel Dresden und Rimini Protokoll im Rahmen des HKW-Langzeitprojekts „100 Jahre Gegenwart“, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Deutschland aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. „Staat 1“ wurde vom Goethe-Institut mitinitiiert und koproduziert. Im März 2018 erscheint das Buch „Rimini Protokoll: Staat 1–4, Phänomene der Postdemokratie“ beim Verlag „Theater der Welt“ mit Einblicken in die Entstehung der Produktionen und Essays und Beiträgen von Lukas Bärfuss, Timon Beyes, Matthias Fuchs, Gabriela Muri Koller u. a.

Inszenierungseinblick 5. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Theater im Gespräch zu „Weltzustand Davos“ & „Hundeherz“, 19. Februar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer


Eugène Giraud / Le bal de l’Opéra, 1866 (Detail) / Musée Carnavalet – Histoire de Paris

& t r e i e f Ge pottet s r e v z ö s i s c h e M a l e re i Fran 1880 – 1820

s u a h t s n Ku h 018 c 2 . i n a r Z ü 7–28. J . 201 v o N 10.

Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung

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Jesus, was haben wir schon alles erlebt! Apropos Jesus: In der Genesis zum Beispiel: Du hast sie alle geboren! Gemeinsam mit Fritz Fenne, das ganze Menschengeschlecht als Sara. Wer vermag

Wie lange ist es her, dass wir uns nicht mehr auf ein Glas Wein getroffen haben? Zu lange! Ich habe aus Sehnsucht schon deinen Namen gegoogelt. Wusstest du, dass Julia vom römischen Geschlecht der Julier von deren Namensgeber Lulus hergeleitet wird, der wiederum ein direkter Abkomme der Aphrodite war? Jetzt ist mir einiges klar! Ich denke nur an deine verführerische Ismene in Puchers „Antigone“ … Nicht weniger verzaubert war ich, als ich dich das erste Mal sah: in Barbara Freys Inszenierung „Richard III.“. Deine starke und zornige Lady Anne, die Richard – nicht ohne Kampf – schliesslich doch erliegt. Schreiend, laut und zugleich eindringlich, warnend und brüchig.

Liebe Julia,

Auch in anderen Momenten warst du mir eine grosse Hilfe und hast mich oft bestärkt – ich kann sagen, wir tragen uns. Also jedenfalls hast du schon mal mich und ich dich getragen. Gut. Du hast mich eher geschleppt, als wir diese Mordszene zwischen Al Hafi und Sittah in „Nathan der Weise“ gespielt haben. Aber von dir lasse ich mich gern beim Yoga betäuben und abschleppen. Diese Sittah, die du mit einer Leichtigkeit gespielt hast, deren Härte und Brutalität aber dann hervorblitzte, wenn man es nicht erwartet hat. Da

sie zu zählen? Es war schon eine besondere Erfahrung mit diesem Text aller Texte, aber meine Bewunderung galt dir: Wie schnell kann ein Mensch Text lernen? Ich verzweifelte eine Woche lang an meiner Esau-Genealogie und du hattest bereits alles drauf. Danke, dass du mich schliesslich erlöst und mir deinen geheimen „Trick“ verraten hast.

Foto: Lieblinge

Tina Laniks Inszenierung „Die Dreigroschenoper“ zu erleben.

Julia Kreusch und Christian Baumbach sind derzeit gemeinsam in

Dein Christian

hast du mich ganz schön ins Schwitzen gebracht und nicht nur, wenn dein Degen an mir vorbeisauste. Den bisherigen Höhepunkt unserer gemeinsamen Arbeit fanden wir als Mann und Frau. Besser als Teufelsweib und Teufel im Stück „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“. Da hab ich dich zur Totenkopfschaukel getragen und musste mich zusammenreissen, wenn dein komödiantisches Talent als leicht beschwipste Königin den Saal zum Lachen brachte. Du erstaunst mich immer wieder mit deiner Vielseitigkeit und es ist mir eine Freude, mit dir spielen zu dürfen. Auf ein baldiges Wiedersehen, ob auf oder hinter der Bühne. In diesem Sinne: Du Hamburger Deern, ich hab dich geern.

Julia Kreusch

von Christian Baumbach

In Szene


Satire oder doch eher Groteske? Im Januar feiert Michail Bulgakows Roman „Hundeherz“ in der Regie von Alvis Hermanis Premiere im Pfauen. Der Übersetzer Alexander Nitzberg schreibt über dessen Entstehung. Der Kurzroman „Das hündische Herz“ oder „Hundeherz“ spielt in Michail Bulgakows Leben eine Schlüsselrolle. Er entsteht 1925 in Moskau und wird zum ersten Werk des Autors, das nicht mehr veröffentlicht werden darf. Als sich der junge Arzt und Schriftsteller 1921 in der russischen Metropole niederlässt, mit dem Torso des ersten grossen Romans „Die weisse Garde“ im Gepäck, gelingt es ihm schnell, in der jungen Literaturszene Fuss zu fassen. Die bereits im Roman erprobten Methoden des modernistischen Erzählens erweitern sich in Moskau um ganz neue urbane Ausdrucksmöglichkeiten – um die Sprache der Reklame, des Zeitungsberichts, des Feuilletons, des Kabaretts. So werden seine Texte mit einer zusätzlichen Grossstadtdynamik angereichert. Noch gebrochener wirkt der ohnehin schon mäandernde Satzbau, noch schärfer erscheinen die synkopischen Jazzrhythmen, noch klangvoller die Ketten von Alliterationen, noch exzentrischer die verrutschten Metaphern. Auch der Stoff wendet sich nun genussvoll der Fantastik zu. Gemeinsam mit den rasanten Kurzromanen „Die verfluchten Eier“ und „Teufeliade“ bildet „Das hündische Herz“ einen Zyklus, in welchem das diabolische Element in den frühen sowjetischen Alltag einbricht. Der Roman erzählt die Geschichte eines bizarren Hundemenschen, der aus dem Körper eines liebenswürdigen Strassenrüden sowie der Hypophyse und den Geschlechtsdrüsen eines Kleinganoven künstlich hergestellt wird. Und während Bulgakow hier berühmte literarische Vorlagen persifliert (darunter „Faust“, „Frankenstein“ und „Sherlock Holmes“), bedient er sich gleichzeitig aus den quasi in der Luft liegenden Themen: Der Erschaffung des neuen Menschen – jener grossen gesellschaftlichen Utopie der Sowjetunion –, des Kollektivismus, der Wohnungsnot, des unbedingten Fortschrittsglaubens und so weiter. In den frühen 1920er Jahren existiert in der Sowjetunion praktisch keine Zensur. Die jungen Schriftsteller – wie Jewgenij Samjatin, Michail Soschtschenko oder Anatolij Marienhof – können in ihren Sprachexperimenten sehr weit gehen und alle Grenzen des Möglichen ausloten. Es entsteht eine Prosa mit stark sozialkritischen Untertönen, die sich als Teil der gemeinsamen Arbeit am Gesamtprojekt „Neue Gesellschaftsordnung“ begreift. Diese Gesellschaftskritik wird vom Staat nicht nur geduldet, sondern ist geradezu erwünscht. Schliesslich entlarvt sie insbesondere das Doppelleben der bürgerlichen Klasse, die es sich im neuen Staat bequem macht, indem sie sich rein äusserlich den Gegebenheiten anpasst. Doch um 1925 setzt erstmalig eine politische Zensur ein. Die Lenin-Ära wird langsam, aber spürbar von der Stalin-Diktatur abgelöst. „Das hündische Herz“ zählt zu den allerersten von der Sowjetzensur verbote28

nen Werken. Zu provokant erscheinen die Anspielungen auf die Probleme der neuen Epoche. Zu offensichtlich der antisowjetische Unterton. Im Unterschied zu den übrigen zwei Romanen wird die Herausgabe in der Literaturzeitschrift Nedra ausdrücklich untersagt. Dabei wäre es gewiss ein Kurzschluss, in dem Werk vorrangig ein antisowjetisches Pamphlet zu erblicken. Dies hiesse nämlich auch, unwidersprochen den Standpunkt der Zensoren anzunehmen, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen in der Wertung. Auch erweist sich der in diesem Zusammenhang gern verwendete Begriff Satire als nicht unproblematisch. Denn Satire richtet sich stets gegen jemanden. Bulgakows Werk scheint da weit weniger eindeutig zu sein und lässt sich nicht ohne Weiteres auf das simplifizierende Schwarz-WeissSchema reduzieren. Wesentlich angebrachter ist da die Bezeichnung Groteske. Denn bis auf den Hund Lumpi gibt es im Roman eigentlich keine Guten ... Die in Russland heute allgemein verbreitete und unter anderem in der berühmten Verfilmung des Stoffes durch Wladimir Bortko (1988) formulierte Interpretation, Professor Preobraschenski verkörpere so etwas, wie „die gute alte Zeit“ und sei eine durch und durch positive Gestalt, ist an sich unhaltbar, negiert sie doch die unverkennbare Dämonie, ja Bösartigkeit, die im Buch selbst von dem Wissenschaftler ausgeht. Möglicherweise ist der Roman auch eher ein Werk des Magischen Realismus. Viele Details sprechen dafür, dass die Geburt des Hundemenschen eine satanische Parodie auf die christliche Weihnachtsgeschichte darstellt. Damit aber wäre der Text in seiner Ausrichtung ein unmittelbarer Vorläufer des späten Bulgakow’schen Opus Magnum „Der Meister und Margarita“ mit seiner tiefgründigen Ausdeutung des Ostermysteriums.

Hundeherz von Michail Bulgakow / Regie Alvis Hermanis Mit Sophie Bock, Klaus Brömmelmeier, Chantal Dubs, Fritz Fenne, Robert Hunger-Bühler, Claudius Körber, u. a. Premiere 25. Januar, Pfauen 29. Januar / 4./9./12./16./17./20./25. Februar / 1./2. März Unterstützt von der International Music and Art Foundation

doghearts, Spielclub Generationen 13+ und 60+, Kick-off, 21. Dezember, 18:30–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Inszenierungseinblick 11. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Theater im Gespräch zu „Hundeherz“ & „Weltzustand Davos“ 19. Februar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Backstage-Pass für Menschen, die beruflich mit Hunden zu tun haben, 1. März, 18:00–19:30


Studio GeissbĂźhler

Hundeherz Schauspielhaus ZĂźrich

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Theaterlabor Für junge Erwachsene und Jugendliche ab 15 Jahren Das „Theaterlabor“ ist ein Raum zum Experimentieren mit Theatermitteln wie Bühne, Tanz, Bewegung, Licht, Musik, Schauspiel, Fotografie und Text. Das „Theaterlabor“ findet alle zwei Wochen von 18:30 bis 21:00 statt. Am 13. Januar, 17. März und am 9. Juni kannst du dich im „Theaterlabor Intensiv“ in mehreren Theaterbereichen ausprobieren. Einmal im Monat besuchen wir mit „Theaterlabor Spezial“ gemeinsam eine Vorstellung und treffen KünstlerInnen. Die Teilnahme am „Theaterlabor“ und „Theaterlabor Intensiv“ ist kostenlos. Beim „Theaterlabor Spezial“ erhältst du zwei Tickets zum Preis von einem für Stücke des Schauspielhauses. Termine und Informationen unter schauspielhaus.ch/mehralszuschauen Anmeldung an mehralszuschauen@schauspielhaus.ch

Foto grafie ist? ielhaus b Musik S c h au s p l Sport, im ie t V h . ic n n e u g a d n au f rt e n o n rt p e a g w Reisere e müse h s t d u, is G c b r a e n m in io s h le a W Fa s e n, k eren von ren koch Fotografi der Kultu m e fr te h c und Geri lkon. Ba meinem gsstück? in Lieblin eler) e d t is s Welche nrico Be (Regie E „Stones“ terlabor? em Thea in e d in h tdecken. artet mic n und en Was erw r Theater erlebe de Miteinan

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Thea te kritik r& Tex t ? uspielhaus bist du nicht im Scha r Dilettannn de we d , un du r t te hs er ac Was m r Gruppe Konv de d lie itg sm ng Ich bin Gründu ationale. tistischen Intern

Lieblingsstück? Welches ist dein Pařízek) ie Dušan David eg „Wilhelm Tell“ (R eaterlabor? rn jonglieren. ich in deinem Th hen. Mit Wör te ac m Was er wartet m tz Sa n ne ei terabend: Aus einem Thea hreiben. Denken zum Sc m zu n he Se Vom

Weitere „Mehr als Zuschauen“-Angebote für (fast) jedes Alter unter schauspielhaus.ch/mehralszuschauen Unterstützt von der Max Kohler Stiftung, der Ernst Göhner Stiftung, der Avina Stiftung, der Stiftung Symphasis sowie von den Paten des Jungen Schauspielhauses 31


Theatermontag ist eine Zusammenarbeit von

Besuchen Sie alle BĂźhnen des Schauspielhauses zum halben Preis. www.schauspielhaus.ch 32


Die Poesie der Kapitalvernichtung von Stefan Zweifel Hunderte von Jahren haben die Dichter dafür gekämpft, dass sich der sinnliche Klangkörper der Wörter befreit vom Sinnzwang wie er im Alltag herrscht – wo jedes Wort auf einen Gegenstand verweist. Hunderte von Jahren haben die Theaterleute dafür gekämpft, dass sich eine Inszenierung davon befreit, nur einen Text zu repräsentieren, damit der Abend und jede Geste der Schauspieler auf sich selbst verweist und reine performative Präsenz wird – im Jetzt. Und dann kam 2008 die Subprime-Krise und zeigte, dass das poetische Potenzial des entgrenzten Kapitalismus die kühnsten Träume der Dekonstruktion und Postmoderne überflügelt und sich das Kapital in einer Krise der Kredite und Derivate wie bei einem gigantischen Potlatch vernichtet. Endlich hatte eine nie dagewesene Verschwendung gezeigt, wovon schon Faust träumte, als er Papiergeld druckte und meinte: „Bin die Verschwendung, bin die Poesie.“ Und siehe da: Plötzlich zogen sich die kühnsten Dichter und Denker ins Häusliche der altmodischen Ökonomie zurück und zogen sich die Pantoffeln des Hausvaters über die kalten Füsse. Jeder wurde zum moralischen Bergapostel und predigte Sinn, Rationalität und Verantwortung. Es war fast so, als träumten alle von einer Kapitalwelt, in der noch – wie vor der Aufhebung von Bretton Woods 1973 – alle Währungen an den Dollar und dieser wiederum an die Goldreserve gekoppelt war. Der Gegenwert des Geldes an den Sinn des Goldes also. Dabei ist das Wesen der Poesie und des Theaters doch der Überschuss von Sinn. Das einzelne Wort reisst sich vom Zwang, einen Gegenstand zu bezeichnen, los, bis es bei Stéphane Mallarmé frei über die weisse Seite flottiert und letztlich nur noch auf sich selbst verweist: Gerade so wie die Fluktuationen der Derivate oder Währungen, die ganz vom produktiven Mehrwert, den die Gesellschaften produzieren, abgekoppelt über die Screens der Finanzinstitute flimmern. Höchste Poesie des Nonsens. Der Riss des Schizo grub sich in die Köpfe: Zum einen faselte man vom erotischen Mehrwert des Transgendertums und entkoppelte das Geschlecht vom Biologischen, begrüsste die Migrationsströme als Öffnung auf eine transnationale Zukunft eines nomadischen Subjekts, das Deleuze/Guattari in ihrem Werk über Kapitalismus und Schizophrenie gefeiert haben. Das nomadisierende Kapital aber wollte man wieder zurückbinden auf realen Gegenwert – und entdeckte in grenzenloser Naivität das Böse im WEF, im Territorium von Davos.

Man huldigte zwar Michel Foucaults Theorie, dass das Subjekt nicht nur nicht Herr im eigenen Haus ist, sondern auch nicht Herr jener Macht, von deren globaler Struktur es überwältigt wird; aber man wollte nicht wahrhaben, dass es nur noch scheinbar an den Schalthebeln der Macht sitzt, letztlich aber als Marionette an Fäden tanzt, die weder die Politiker noch die Konzernchefs kontrollieren, sondern das Kapital, das bekanntlich seit jeher von der Zerstörung lebt. Man verortete die Machthaber in der Wirtschaftslandschaft Davos, statt zu zeigen, dass dies nur eine Kulisse, ein potemkinsches Dorf ist, in dem zu unserer aller Beruhigung das Schauspiel vorgegaukelt wird, dass die Repräsentanten von Nationen und Firmen die Geschicke der Welt in der Hand haben. Obwohl sie doch nur auf einen Shift reagieren, der ort- und zeitlos geworden ist, seit die Futures das Kapital unserer Kinder und Kindeskinder auffressen und die Gegenwart einem Angriff der Zukunft aussetzen, weil dem Kapital kein anderer Bereich mehr blieb, der erobert werden konnte. Und plötzlich wedelten die Kulturschaffenden mit dem Sparstrumpf. Dabei hatte schon Georges Bataille in seiner „économie générale“ gezeigt, dass wir nicht darunter leiden, zu wenig zu haben, sondern daran, dass wir nicht wissen, was wir mit dem Überschuss anfangen. Das ökonomische Problem wird nicht durch das ökonomische Sparen gelöst, sondern durch die Suche nach einer Verschwendung, die sich nicht in der Vernichtung von Menschenleben in Kriegen äussert (die immer im Namen dieser oder jener Rationalität und demokratischen Humanität begründet werden), sondern in sinnlose Verschwendung mündet wie bei Feuerwerken oder den Werken der Kunst und Poesie. Die Poesie setzt die Worte nicht „vernünftig“ ein, sondern entfesselt ihren Übersinn und Unsinn. Vielleicht ist das Theater eben doch ein Zeppelin, der weit über den Grenzen der Nationen und Kulturen im „Woogenluftigen“ schwebt, das Hölderlin beschwor – wissend, dass der Dichter, selbst wenn er abstürzt, im Tod noch „beschützet wird“ von der „Einfalt“. Wir sollten das Idiotische der Kunst genauso feiern wie den Eigensinn des Kapitals, das uns die Schönheit sinnloser Verschwendung vorführt: Jedenfalls wird Mallarmés Sonett über den Schwan an Rätselhaftigkeit nur noch von jenem Phänomen an den Finanzmärkten übertroffen, das die Kenner auf einen schaurig schönen Namen getauft haben: „Der schwarze Schwan“.

Stefan Zweifel ist als Gastgeber der „Zürcher Gespräche“ neben Lukas Bärfuss und Miriam Meckel weiterhin regelmässig mit unterschiedlichen Gästen am Schauspielhaus im Dialog zu erleben. Sein erster Gast war der österreichische Schriftsteller und leidenschaftliche Europa-Fan Robert Menasse. Am 16. Januar spricht er mit dem Regisseur Peter Stein, der mit seinen Inszenierungen 1969/70 in Zürich und später in Berlin Theatergeschichte geschrieben hat. Am 7. Februar trifft er den Autor des Philosophie-Bestsellers „Müdigkeitsgesellschaft“ Byung-Chul Han.

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Foto: Maya Wipf

„DEN SCHLÄCHTERN IST KALT oder OHLALAHELVETIA“ Uraufführung

Wir sind Gewordene. Wir tragen in uns die eigene Geschichte, die vieler Generationen und die des Landes, in das wir hineingeboren wurden. Die Spuren haben sich tief in unsere Haut gegraben. Aber wir können nicht raus aus unserer Haut. Wir erfinden, erforschen uns tagtäglich, optimieren, strukturieren, funktionieren, verändern uns und landen doch immer wieder bei uns selbst. Die Schweizer Autorin Katja Brunner hat in ihrem für das Schauspielhaus verfassten Stück ein sprachgewaltiges und humorvolles Panoptikum unserer Gesellschaft und Zeit entworfen. Hier ein Auszug aus dem Text, der in der Regie von Barbara Falter zur Urauffürung kommt. 34


Der Mann, der die Welt ass Es war einmal ein Mann, er fasste den Entschluss, sich zu bereichern – für immer. Die Bereicherung sollte in seiner Leibesfülle sichtbar werden, – also ass er. Am ersten Tag ass er sich durch den Kühlschrank und die Vorratskammer. Am zweiten Tag ass er sich durch die MDF-Wände der Küchenausstattung, er kaute am Fensterrahmen und nibbelte am Toaster. Am dritten Tag verschluckte er die Abwassersiebe, verliebte sich sein Magen in die Becherhalterungen, am vierten stösst ihm die Strassenlaterne aus dem Dünndarm. Das ist aber schmerzhaft, vielleicht nicht zuträglich seiner Gesundheit. Er entledigt sich mundwärts der Strassenlaterne. Sodann denkt er vehement nach.

Dass er selbst Schornsteine aus Marzipan herstellen könnte. Hmmm, da leckt seine Zunge Speichelpfropfen auf das Kinn. So steigt er ein ins Schornsteinbusiness. Wolkenfabrik. Katja Brunner

Wie kann ich das herstellen, dass alles, was ich sehe, aus Marzipan ist? Marzipanhäuser, ach was, Marzipanschlösser. Dazu brauche ich Gold. Er schaut um sich. Ein Ampelmast, kann ich damit Geld verdienen? Nein. Eine Kutsche mit nur drei Rädern. Kann ich damit Geld verdienen? Wird schwierig, man braucht vier Räder meistens, Pferde. Wobei, die Pferde könnte ich mit Menschen ersetzen. Er sieht eine Flagge. Aha, eine Flagge. Ach so. Ihm fällt ein: Da sind Reihen von Menschen, die hineingeführt werden in Hallen, dort wird ihnen das Leben ausgehaucht. Oder sie werden aufgestellt an Wänden. Oder man gibt ihnen Suppe als dreckiges Wasser verkleidet. Rücken gegen Rücken. Hinter ihnen malen die Schornsteine Linien in den Himmel. Aha, Schornsteine. Damit kann man Gold verdienen.

„DEN SCHLÄCHTERN IST KALT“ oder „OHLALAHELVETIA“ von Katja Brunner / Regie Barbara Falter Uraufführung Mit Julia Kreusch, Lisa-Katrina Mayer, Robert Rožić, Vreni Urech 16./21./29. Dezember / 11./15./17./18./21./23./24./26./31. Januar 2./9./10./12. Februar, Pfauen/Kammer

Publikumsgespräch mit der Autorin nach der Vorstellung am 23. Januar

Ihm fällt ein, wie viel er brauchen kann von dem Gold. 35


Foto: Toni Suter / T+T Fotografie

Ins Theater mit

Judith Bühler Zur Premiere von „BEUTE FRAUEN KRIEG“ haben wir Judith Bühler in die Halle eingeladen. 2015 gründete sie die Organisation JASS. Mit ihrem Team organisiert sie einerseits Infoveranstaltungen rund um aktuelle gesellschaftliche Themen und bringt andererseits Angehörige von Minderheiten über das gemeinsame Kochen in Kontakt mit der multikulturellen Aufnahmegesellschaft. Die meisten Veranstaltungen von JASS finden in Zürich statt und sind öffentlich. Wir haben sie im Anschluss an die Premiere interviewt.

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Von woher kamen Sie zu der Vorstellung ins Schauspielhaus? Ich war zuvor am Arbeiten am Toni Märt mit unserem Stand „See how you look in a headscarf“. Gemeinsam mit StylistInnen boten wir das vieldiskutierte Tuch als „einfach nur ein Tuch“ zum Probetragen an. Davon gibt es nun schöne Portraitfotos, welche die BesucherInnen als Erinnerung erhalten. Danach ging es direkt in den Schiffbau. Zum Glück gab es hier die Möglichkeit, sich zu verpflegen. Was hatten Sie an? Ich trug ein Jeanskleid mit bunten Leggins und Stiefeletten. Darüber natürlich eine warme Winterjacke und einen dicken Schal. Kannten Sie „Die Troerinnen“ oder „Iphigenie in Aulis“ von Euripides vorher? Leider nicht. Ich müsste zwar von den Werken gehört haben. Allerdings habe ich in der Schulzeit bei der Bearbeitung wohl einen Platz am Fenster gehabt. In welcher Stimmung waren Sie in dem Moment, als im Zuschauerraum das Licht ausging? Ich war erstmal neugierig und dann überwältigt von dem dreiteiligen riesigen Bühnenbild, den unterschiedlichen Räumen und Kosmen, die sich da auftaten. Dann war ich auch gespannt, was es mit den Kopfhörern auf sich haben wird. Haben Sie während der Vorstellung gelacht und wenn ja, worüber? Das Thema liess nicht viel Raum zum Lachen. Dennoch gab es die eine oder andere Szene, die eine gewisse Leichtigkeit hatte, in der ich dann auch gelacht habe – zum Beispiel wenn sich die beiden Helenas, einen Cocktail schlürfend, über ihre eigene Rolle in der Geschichte des trojanischen Kriegs unterhielten. Es gab ab und zu ein paar Unterbrechungen und Überschreibungen der mythischen Figuren, die sie

überraschend in ein anderes Licht gestellt haben. Dies hat mir sehr gut gefallen. Hat Sie etwas an der Vorstellung berührt? Besonders berührt hat mich die Andromache-Szene. Sie steht für sich selbst. Es war ein Teil zum Mitfühlen, in der die Frau von ihrem im Krieg verlorenen Kind erzählt. Das hatte etwas sehr Authentisches, Direktes. Eine Frau, die ihre Verzweiflung mitteilt. Dennoch war dieser Teil trotz des tragischen Themas in seiner Darstellung nicht pathetisch. In den anderen Teilen und Räumen des Abends habe ich viel mehr Ironie und Spiel mit den Figuren wahrgenommen. Die Andromache-Szene war etwas anders gelagert. In welchem Moment haben Sie zum ersten Mal auf die Uhr geschaut? In der Pause und ich war überrascht, dass schon zwei Stunden vergangen waren. Ich war begeistert, welche Aktualität das Stück hat und wie viele Parallelen man entdecken konnte zu heutigen Themen wie Politik, Krieg, Gewalt, Familie, Schuld oder Prostitution. Finden Sie, dass die Aufführung etwas mit Ihnen zu tun hat? Die Vorstellung hat mit der Gesellschaft um mich herum etwas zu tun. Das Stück wirft viele Fragen auf und behandelt vor allem die Rolle der Frau im Krieg und wie diese Geschichten im gesellschaftlichen Konsens so gut wie keine Rolle spielen im Gegensatz zu vielen Geschichten von männlichen Siegern oder gezeichneten Kriegssoldaten. Die Perspektive auf die Mythologie als auch auf den Krieg aus einer explizit weiblichen Position ist vielleicht nicht neu, sie ist aber selten und man folgt in dieser Arbeit ein Stück weit diesem Perspektivwechsel.

Hätten Sie Lust, das Bühnenbild zu betreten? Würden Sie sich einen bestimmten Platz darin wählen? Bei Kassandra ist man als Zuschauer quasi Teil des Bühnenbilds und sitzt in roten Plüschkissen. Zu einem Cocktail unter einer Palme im Loungesessel bei Helena und Menelaos würde ich zunächst nicht nein sagen.

BEUTE FRAUEN KRIEG nach „Die Troerinnen“ und „Iphigenie in Aulis“ von Euripides / Regie Karin Henkel Mit Hilke Altefrohne, Christian Baumbach, Carolin Conrad, Fritz Fenne, Pauline Hunziker, Madita Keller, Dagna Litzenberger Vinet, Isabelle Menke, Michael Neuenschwander, Lena Schwarz, Kate Strong, Milian Zerzawy 16./19./22./28. Dezember / 3./4./7./9./10. Januar, Schiffbau/Halle

Theaterlabor Spezial 10. Januar, 18:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Theater im Gespräch zu „BEUTE FRAUEN KRIEG“ & „Mir nämeds uf öis“ 18. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer

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Meet Your Enemy Ein Disputations-Marathon zum Zwingli-Jahr

oder einem Gegner ethischen Konsums leibhaftig begegnen, statt ihn digital zu verdammen? Sie nehmen an einem von 50 Tischen Platz und können in gediegen-schummriger Schiffbau-Atmosphäre mit Ihrem Feind disputieren. Unser Ensemble nimmt Sie in Empfang und umsorgt Sie, während Diskussions-Coaches beratend zur Seite stehen. In einer Lounge können Sie sich entspannen oder weiterreden, Gratisdrinks sind garantiert. Ein Hoch auf die Diskussionskultur!

#Jubilaeum

Im Januar 1523 drängten 600 Menschen in den Ratssaal am Limmatquai und hielten die erste „Disputation“ als hitzigen Diskussions-Marathon. Sie wurde zum Wendepunkt der Zürcher Reformation. Knapp 500 Jahre später drängt der Populismus in der Zwinglistadt den Diskurs, den Streit und die Argumentation vom Platz. Wie beleben wir unseren öffentlichen Raum neu? Am 20. Januar werden aus Feinden Gegner. Ein Wochenende lang haben Zürcherinnen und Zürcher die Gelegenheit, Menschen, deren Meinung sie nicht teilen, zu einem Blind Date zu treffen. Sie möchten einen Befürworter der Frauenquote mit Argumenten besiegen? Mit einer Unterstützerin von Kultursubventionen die Kunst des Streitdialogs erproben

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Die Auswahl der diskutierten Themen finden Sie auf schauspielhaus.ch Sie können Plätze reservieren, im Anschluss wird Ihnen das Zeitfenster Ihres Blind Dates mitgeteilt. 20. Januar 16:00–18:30 / 19:30–22:00 / 21. Januar, 12:00–15:00, Schiffbau/Halle Gefördert und im Rahmen von ZH-REFORMATION.CH

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ZH–REFORMATION.CH


MATTHIAS SCHOENAERTS

ADÈLE EXARCHOPOULOS

NAC O S C A R N O M IHN ID E M ER B U L L H E ATDE N F I L M ®

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Schicht mit

János Stefan Buchwardt

von Sandra Suter

Fotos: Philip Frowein

Was geschieht, wenn ein Schauspieler oder eine Schauspielerin den Text vergisst? Hier kommt der Souffleur ins Spiel. János Stefan Buchwardt ist Sprach- und Literaturkenner. Sein Vater flüchtete 1956 aus Ungarn in den Westen, seine Mutter ist Deutsche. 1991 erhält er die Chance, nach abgeschlossenem Studium in der Schweiz zu bleiben und am Schauspielhaus Zürich zu soufflieren. Einen Tag lang tauche ich in János’ Sprachwelt ein. 40


10:55

Die Produktion „Beute Frauen Krieg“ hat ein neues Probebühnenbild erhalten. Der Raum ist eine längliche Theaterarena – gemütlich eingerichtet mit Loungesesseln, Stehlampen und Teppichen –, die in drei Räume unterteilt ist. Um die Spielfläche herum stehen Zuschauertribünen und längs durch die Arena zieht sich ein Laufsteg, der die Räume miteinander verbindet.

11:33

Die Schauspielerinnen Lena Schwarz, Dagna Litzenberger Vinet und Kate Strong sind auf ihren Anfangspositionen. Das Licht wird gedimmt, sphärische Hintergrundklänge setzen ein, die Probe beginnt. Souffleur János Stefan Buchwardt sitzt mit einer Anstecklampe, die er vorne an seinem Hemd befestigt hat, und einem Stapel loser Textblätter auf der untersten Stufe der Zuschauerränge. Ich beobachte ihn, wie er zunächst fast regungslos, aber aufmerksam die Szene verfolgt. Lena schleppt sich keuchend und ächzend am Laufsteg hoch. Sie sagt aber noch kein Wort – also noch Pause für János. Dann plötzlich setzt der Text ein – die gesprochenen Wörter sind János’ Arbeitsgegenstand. Auf einmal unterbricht sich die Figur Hekabe: „Seht ihr die … was?“ Noch bevor mir klar wird, was geschehen ist, höre ich die Antwort: „Seht ihr den Rauch, die Trümmer, das Blut?“ János’ Stimme ist leise, aber scharf und durchdringend. Die Sprache ist nicht nur der Gegenstand, sondern auch das Instrument seiner Arbeit. Dabei muss er die Sätze auf der Zunge haben, bevor sie gesprochen werden. Die Sprachwelt, in der sich János bewegt, entsteht im Moment des Sprechens: „Ich trage Verantwortung für den Augenblick und nicht darüber hinaus. Mit dem Verlassen des Hauses lasse ich alles hinter mir.“ Er erzählt mir, dass er zu Hause eher selten etwas liest. Lieber geht er ins Museum oder geniesst die Ruhe und das Geerdetsein in natürlicher Umgebung im Gegensatz zur Künstlichkeit des Theaters.

12:05

Nach einer kurzen Kaffeepause geht es weiter. Nach und nach erkenne ich die unterschiedlichen Zeichen, welche die Schauspieler manchmal mehr, manchmal weniger auffällig in Richtung des Souffleurs senden, um von ihm den Text angesagt zu bekommen. Einmal ist es ein kleines Schnippen, einmal ein Blick, einmal eine explizite Bitte: „Du musst mir helfen, János.“ Die ganze Zeit sitzt er mit aufrechter Haltung da und fokussiert die sprechende Person. Auch wenn ein

falscher Satz gesagt wird, wird dieser sofort von János korrigiert. Später erfahre ich von ihm, dass im Gegensatz zu den Proben bei den Vorstellungen die ungeschriebene Abmachung gilt, dass er nur auf Aufforderung einschreitet. János erklärt, wie er dabei jeweils den Bruchteil einer Sekunde abwartet, „bei dem der Spieler mental aufgibt und Hilfe einfordert.“ Er muss dafür die winzigsten Veränderungen in Gestik und Mimik der SchauspielerInnen ablesen. „Wenn ich den richtigen Moment erwische, dann ist es ein gegenseitiges Geschenk.“ Der Souffleur ist verantwortlich für die fehlenden Worte: „Sobald das Wort ausbleibt, muss ich in meiner Funktion dafür geradestehen. Manchmal komme ich mir vor wie das Inbild möglicher Fehlerhaftigkeit“, sagt er lachend. So habe er schon erlebt, dass eine Schauspielerin, nur wenn sie ihn ansah, ihren Text vergass. Seltener vertut sich ein Schauspieler in einem ganzen Textabschnitt und kommt nicht mehr in die richtige Bahn. Um in solchen Momenten weiterzuhelfen, muss der Souffleur nicht nur die aktuelle Textstelle, sondern das ganze Skript genau kennen. Welcher Absatz steht an welcher Stelle und in welcher Reihenfolge? Wo und wie sind die Pausen gesetzt? Über die „Tortur“, jeden Text immer wieder zu hören und mitverfolgen zu müssen, erreicht er eine Art Wendigkeit und passive Textkenntnis, wie János mir erklärt. Er höre oft – ob mit Ironie, Wohlwollen oder Sarkasmus gesprochen –, der Souffleur sei die wichtigste Person am Haus. Dies quittiere er mit einem artigen Lächeln. Zumindest trage er zum reibungslosen Ablauf bei den Proben und Vorstellungen bei, wie ein von aussen kaum sichtbares Zahnrädchen in einer grossen Maschine, ohne welches aber gar nichts läuft. Für die nächste Textpassage stellt sich János unten auf die Spielfläche – auch hier wieder gebannt wie eine Katze vor dem Mauseloch – und lauert auf Fehler. Diese schnappt er sich unvermittelt und gnadenlos und transformiert sie mit seiner ruhigen, klaren Stimme zum korrekten Satz. „Natürlich ist es für mich aufregender, wenn Patzer vorkommen“, sagt János. Wenn bei den SchauspielerInnen Routiniertheit einsetzt, wartet er oftmals vergeblich vor seinem imaginären Mauseloch. Berufspech nennt er das. Doch auch nach stundenlangem Ausharren muss er wachsam genug sein, um in der richtigen Sekunde handeln zu können.

12:45

Ein weiterer Schauspieler stösst zur Probe hinzu – die Sprecherwechsel werden komplexer. János schwärmt von Karin Henkels Inszenierungen, die er 41


18:55

Ich setze mich mit den Zuschauern in den Publikumsraum und folge gespannt der Inszenierung. Im ersten Teil sitzt János mittig in der ersten Reihe und im zweiten Teil im Bühnenbild – einem Häuschen, worin die Spieler mit einer Live-Kamera gefilmt werden – und bleibt für die Zuschauer unsichtbar. Textunsicherheiten der SchauspielerInnen fallen mir nicht auf.

22:50

regelmässig betreut. Sie zeichnen sich durch komplexe, ausgeklügelte Denkstrukturen und detaillierte, raffinierte Mechanismen aus; die Textvorgaben sind anspruchsvoll und oft hoch dramatisch. Bei ihrer Inszenierung „Die zehn Gebote“ gab es zum Beispiel fünf bespielte Räume, in denen Szenen gleichzeitig liefen. János konnte sich frei bewegen und dahin gehen, wo er jeweils die meisten Unsicherheiten vermutete. Obwohl er jeden Abend woanders war, traten oft genau da Textaussetzer auf, wo er sich gerade befand. Einmal musste ein Schauspieler kurzfristig einen erkrankten Kollegen ersetzen. János flüsterte ihm während der Vorstellung über ein Mikrofon und einen Knopf im Ohr sämtliche Texte ein. „So etwas macht euphorisch, wenns funktioniert!“ Um 15:00 ist die Probe zu Ende.

Vorstellungsende. Als János mich gespannt fragt, ob ich den Texthänger bemerkt hätte, verneine ich erstaunt, bis sich herausstellt, dass das vom Schauspieler eindringlich ans Publikum gerichtete „Wie geht es denn jetzt weiter?“ in Wahrheit an János gerichtet war. Seine Antwort darauf habe ich wiederum – einige Reihen weiter hinten – nicht mitbekommen. Resümierend bemerkt er: „Eigentlich kommt mein Job einer Marterung für die Kunst gleich! Eine masochistische Veranlagung ist nicht zu leugnen, denn ich empfinde ihn als grosse Erfüllung.“ Die Aufgabe des Souffleurs oszilliert zwischen dem Martyrium des „Sündenbocks“, der für sämtliche Textfehler verantwortlich ist, und der Berufung und Liebe eines Heilkünstlers, der die in ihre kleinsten Einzelteile zerfallende Sprache in immer neuen Jetztmomenten wieder zu einem Ganzen zusammenfügt.

BEUTE FRAUEN KRIEG nach „Die Troerinnen“ und „Iphigenie in Aulis“ von Euripides / Regie Karin Henkel Mit Hilke Altefrohne, Christian Baumbach, Carolin Conrad, Fritz Fenne, Pauline Hunziker, Madita Keller, Dagna Litzenberger Vinet, Isabelle Menke, Michael Neuenschwander, Lena Schwarz, Kate Strong, Milian Zerzawy

17:45

Beim Znacht in der Schiffbaukantine gesteht mir János: „Als Souffleur führt man ein Leben im Halbschatten, aber ein überscheues Wesen muss man deswegen nicht an den Tag legen.“ Er erzählt von seinem eigenen Textbüro, wo er verschiedenste Text- und Korrekturarbeiten macht, aber auch journalistisch und sogar dichterisch tätig ist. Nun muss sich János für die Vorstellung von „Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett“ vorbereiten.

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16./19./22./28. Dezember / 3./4./7./9./10. Januar, Schiffbau/Halle

Theaterlabor Spezial 10. Januar, 18:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer Theater im Gespräch zu „BEUTE FRAUEN KRIEG“ & „Mir nämeds uf öis“ 18. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer


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Zürcher Gespräche „Wir werden die Leidtragenden sein, falls das Experiment Europa Philipp Hildebrand scheitern sollte.“ Die Reihe „Zürcher Gespräche“ von Lukas Bärfuss, Miriam Meckel und Stefan Zweifel ist mit zwei anregenden Gesprächen gestartet: Philipp Hildebrand, ehemals höchster Nationalbanker der Schweiz, war zu Gast bei Lukas Bärfuss. Und Robert Menasse, Autor und Preisträger des deutschen Buchpreises (2017), traf auf Stefan Zweifel. Nicht nur bei Robert Menasse, bekannt als Europa-Fan, war die Frage nach einem zukunftsfähigen Europa Thema, sondern auch bei Philipp Hildebrand: Ein Ausschnitt aus dessen Gespräch mit Lukas Bärfuss. Lukas Bärfuss: Wem hilft der Schweizer Franken? Philipp Hildebrand: Der Schweizer Franken konnte mehr Kaufkraft bewahren als jede andere Währung. Die weltweit älteste Münze, die heute noch in Zirkulation ist, ist das Zehnrappenstück. Seit 1879 gibt es das. Das ist doch schön. Mit dem Schweizer Franken sind wir auch in der grossen Finanzkrise eigenständig geblieben. Dank unserer eigenständigen Geldpolitik konnten wir unter anderem den Euro-Franken-Mindestkurs einführen oder die UBS retten. Das heisst aber nicht, dass die Schweizer Geldpolitik nicht von aussen beeinflusst wird. Einer meiner früheren Professoren hat immer zu mir gesagt: Bevor du irgendeine Aussage triffst, wirf einen Blick auf die Landkarte. Wir liegen im Herz von Europa. Bis jetzt hat uns die eigenständige Geldpolitik gesamthaft gesehen ohne Zweifel Vorteile gebracht. Lukas Bärfuss: Die Schweizer Geldpolitik bringt uns Stabilität, schön. Aber Stabilität ist ja nicht alles, oder? Wie steht es um Europa? Philipp Hildebrand: Grundsätzlich würde die Schweiz dann Schwierigkeiten kriegen, wenn Europa von seiner stabilitätsorientierten Politik abweichen sollte. Die Frage wird sein: Findet Europa den Weg zurück zu einem nachhaltigen Gleichgewicht, das kompatibel ist mit unserem System in der Schweiz? Wenn das gelingt, dann

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können wir sehr wohl und lange geldpolitisch eigenständig bleiben. Deswegen glaube ich, gibt es kein zweites Land, das ein so grosses Interesse daran haben sollte, dass Europa den Weg zurück zu einer nachhaltigen Stabilität findet. Wir werden die Leidtragenden sein, falls das Experiment Europa scheitern sollte. Die momentanen Entwicklungen, wie etwa die Erneuerung der deutschfranzösischen Achse, geben Hoffnung. Zu sagen, Europa interessiere uns nicht, wäre Unsinn. (Ausschnitt aus dem Gespräch vom 3. Oktober 2017, Pfauen)

Die nächsten Gäste 16. Januar 2018, Pfauen Peter Stein

Der deutsche Theatererneuerer und Regisseur im Gespräch mit Stefan Zweifel zu den 68ern.

7. Februar 2018, Pfauen Byung-Chul Han

Der Autor des Philosophie-Bestsellers „Müdigkeitsgesellschaft“ tritt erstmals in der Schweiz auf, im Gespräch mit Stefan Zweifel. Zuvor Filmvorführung des Spielfilms „Der Mann, der einbricht“, 2017, Regie Byung-Chul Han

4. April 2018, Pfauen Corine Mauch

Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch im Gespräch mit Lukas Bärfuss

3. Juni 2018, Pfauen Siri Hustvedt

Die amerikanische Autorin diskutiert mit Miriam Meckel ihren neuen Essay „A Woman Looking at Men Looking at Women“


2017

AB 18. JANUAR IM KINO

LM Kloster Einsiedeln Anzeige Schauspielhaus ZH Journal 215x143 V.pdf

1

17.11.17

08:27

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ZKO im Pfauen

Die Lady, der Sir und der Klang der Flöte Werke von Mozart, Beethoven und Haydn Sir James Galway kommt mit seiner Frau Lady Jeanne Galway nach Zürich. Während er als „der Mann mit der goldenen Flöte“ bezeichnet wird, gehört sie zu den führenden weiblichen Flötensolistinnen unserer Zeit. Zusammen mit Daniel Hope an der Violine, dem Bratschisten Ryszard Groblewski und dem Cellisten Nicola Mosca entsteht Kammermusik vom Feinsten. Mit Sir James Galway Flöte, Lady Jeanne Galway Flöte, Daniel Hope Violine, Ryszard Groblewski Viola, Nicola Mosca Violoncello 16. Dezember 2017, 19:30, Pfauen

Kinderkonzerte Tino Flautino und der Kater Leo Tino Flautino und der Kater Leo sitzen im Schlossgarten, als ihnen der Wind drei Papierblätter mit Noten zuweht – wunderschöne Musik! Aber es gibt ein Problem: Das Stück, das Tino begeistert, hat kein Ende. Eine Seite scheint zu fehlen. Und weil Tino die Klänge so gut gefallen, macht er sich auf die Suche nach dem fehlenden Notenblatt. Mit Maurice Steger Blockflöte und Leitung, Jolanda Steiner Erzählerin und dem Zürcher Kammerorchester 21. Januar 2018, 11:00, Pfauen

Globi und wie das Glück in die Schokolade kommt Globi liebt Schokolade über alles. Neugierig wie er ist, möchte er wissen, woher die Schokolade kommt. Wächst die wirklich auf Bäumen im Schlaraffenland? Globi macht sich auf die Suche nach dem Geheimnis der Schokolade und die Reise führt ihn bis nach Südamerika. Mit Jolanda Steiner Erzählerin und dem Zürcher Kammerorchester 8. April 2018, 11:00, Pfauen Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich Weitere Konzerte 28. April, 19./21. Mai Infos unter zko.ch 46


Gastspiel 27./28. Januar im Pfauen

Bob Dylans 115ter Traum von Theater HORA Zürich / Regie Michael Elber Theater HORA wird 25 und feiert sich selbst in einer grossen Bühnenshow mit einer Hommage an den nach wie vor unangepasstesten aller Popstars: Bob Dylan. Eine wilde Mischung aus Totaltheater und Konzert, minimalistischer Improvisation und Kostümorgie, Tableau vivant und Radikalperformance – mit dem HORAEnsemble, der HORA’BAND sowie zahlreichen Gästen.

„ Well, I try my best to be just like I am, but everybody wants you to be just like them.“

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Szenen aus dem

Repertoire

B A

A

E

Die Dreigroschenoper

Der zerbrochne Krug

von Bertolt Brecht, Musik Kurt Weill Regie Tina Lanik

Ein Lustspiel von Heinrich von Kleist Regie Barbara Frey

B

F

Die Physiker

Buddenbrooks

von Friedrich Dürrenmatt Regie Herbert Fritsch

nach dem Roman von Thomas Mann Regie Bastian Kraft

C

G

Shut up

Homo faber

von Jan Sobrie und Raven Ruëll Regie Enrico Beeler

nach dem Roman von Max Frisch Regie Bastian Kraft

D Peter Pan von J. M. Barrie, in einer Fassung von David Greig Regie Ingo Berk

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ck Zurü im ! en Pfau


C

D

G

E Fotos: Tanja Dorendorf, Toni Suter / T+T Fotografie, Raphael Hadad und Matthias Horn

F

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Was bewegt Zürich? Das Schauspielhaus fragt nach …

… bei Pascale Wiedemann: Du lebst und arbeitest mit deinem Partner Daniel Mettler in Zürich. Welchen Stellenwert nimmt diese Stadt für dich ein und inwieweit reflektieren eure Werke deren Alltag? Nach meiner Kindheit, eingeklemmt im Schatten steiler Bündner Berge, umgeben von mächtigen Kirchen und stolzen, romanisch sprechenden Dörflern, war es eine unbeschreibliche Befreiung, mit knapp 20 Jahren endlich in Richtung gelobtes Unterland zu entkommen. Die Welt öffnete sich mir einen Spalt. Nie vergesse ich meinen ersten Tag in der grossen Stadt. Ein 1.-Mai-Umzug begegnete mir in der Nähe des Bahnhofs. Singende, fahnenschwingende und lauthals skandierende Männer und Frauen kamen mir entgegen. Die Sonne brannte vom Himmel, es roch nach gebrannten Mandeln und ich wusste sofort, dass jetzt mein Leben beginnen wird. Die Stadt hat mich mit offensten Armen aufgenommen, sie ist meine Herzensheimat geworden. Zürich formte aus mir die Künstlerin und macht mich heute – über 30 Jahre später – beim täglichen Schwimmen im See genauso glücklich wie damals, am ersten Tag!

Kulturtipps aus dem Schauspielhaus Zürich In ferne Welten und an exotische Plätze sehnt man sich am ehesten, wenn der Herbst dem Winter die Klinke in die Hand gibt, der Himmel sich in mattes Grau kleidet, die Bäume kahl den ersten stürmischen Nächten trotzen. Dann gibt es einen Ort, an dem Geschichte und Geschichten ineinander verschmelzen, man ihnen in wohligem Ambiente nachspüren kann und eintauchen darf in Vergangenes. In der Neugasse 11 beherbergt das Zürcher Brockenhaus neben Grosis Silber und Tante Eddas Spitze eine grandiose Auswahl antiquarischer Bücher. Leise tönt aus alten Lautsprechern der junge Leonard Cohen, von der Sirupbar her riecht es nach Kaffee und man lässt sich zufrieden mit seiner literarischen Erstauswahl in einen alten Ohrensessel fallen. von Clara Isabelle Dobbertin, Regieassistentin

Neueste Werke: STAGE, Galerie Lullin+Ferrari Zürich

Koch-Areal? Vergessen Sie alles, was Sie bisher über das besetzte Koch-Areal gehört haben – es handelt sich dabei entweder um städtische Wahlkampfplacebos oder tendenziösen Lokaljournalismus und beides bringt bekanntlich niemandem was. Ich empfehle Ihnen, ja lege Ihnen ans Herz: Besuchen Sie das Koch-Areal! Besuchen Sie es wirklich und nicht bloss virtuell! Sie können dort im „Velonom“ Ihren Drahtesel flicken, im „A4 Unplugged“ Ihre Drucksachen drucken, im „RAF-ASZ“ das eine und andere „ferlernen“. Vor einem der vielen Konzerte trinken Sie entspannt ein Bierchen an der Bar, um dann für einen läppischen Fünfliber in den Konzertraum einzutreten. Musikalisch ist dort ziemlich alles anzutreffen und im Sinne einer ausgewogenen kulturellen Bildung spricht ja nichts gegen eine Dosis Subkultur. kochareal.ch

9. Dezember 2017 – 10. Februar 2018

von Renzo Spotti, Mitarbeiter Empfang

Das Künstlerpaar Wiedmann/Mettler setzt sich humorvoll und kritisch mit Gesellschaftsthemen auseinander. Meist arbeiten sie mit verfremdeten Alltagsgegenständen oder auch installativ mit inszenierter Fotografie.

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Impressum journal Dezember 2017 / Januar / Februar 2018 Redaktionsschluss 7. November 2017 Abonnement Das Journal erscheint 3x jährlich und kann gegen einen Unkostenbeitrag von 12 Franken pro Jahr unter schauspielhaus.ch abonniert werden. Herausgegeben von der Schauspielhaus Zürich AG Zeltweg 5, 8032 Zürich Intendanz Barbara Frey Redaktion Christine Ginsberg (Bildredaktion), Benjamin Große und Karolin Trachte (Redaktionsleitung), Anne Britting, Petra Fischer, Amely Joana Haag, Gwendolyne Melchinger, Sandra Suter Korrektorat Johanna Grilj, Daniela Guse, Annika Herrmann-Seidel, Simone Schaller, Sandra Suter Gestaltung Selina Lang, Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Auflage 15’000


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Geschenk-Abo Schauspielhaus Zürich drei ab e d n e Ab 54 F H C ab egi L t i m 27 CHF

Mir nämeds uf öis von Christoph Marthaler und Ensemble Regie Christoph Marthaler

Freitag, 12. Januar 2018, Pfauen, 20:00

Der zerbrochne Krug Ein Lustspiel von Heinrich von Kleist Regie Barbara Frey

Donnerstag, 8. Februar 2018, Pfauen, 20:00

Am Königsweg von Elfriede Jelinek Regie Stefan Pucher

Mittwoch, 28. März 2018, Pfauen, 20:00 52


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