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Technik
Die Produktion von Elektroautos nimmt stetig zu. Die neue Mobilität hat Auswirkungen auch auf die Zulieferer.
Schmieren, kühlen und schützen
Ölfabrikanten müssen diversifizieren, um auch im Elektrozeitalter eine Daseinsberechtigung zu haben und investieren in so genannte E-Fluids MARTIN SCHACHTNER
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lektromobilitäts- Konzepte stellen derzeit nicht nur Autobauer vor Herausforderungen, die neuen Antriebstechnologien beeinflussen auch Zulieferer und Werkstattausrüster. Insbesondere bei den Schmierstoffherstellern bereitet man sich auf die Zeit nach „Big Oil“ vor. Batterieelektrisch betriebene Stromer benötigen schließlich kein Motoröl mehr. Im Unterschied zu Verbrennungsmotoren befinden sich in Elektroaggregat und E-Antriebsstrang weniger bewegliche, in Öl laufende Teile. Und auch Hybride benötigen andere Additivzusammensetzungen. Die neuen Kriterien lauten gemäß Bernd Hagemann von Schmierstoffhersteller Fuchs: Kühlung, Materialverträglichkeit und Leitfähigkeit. Auch in Elektro- und Hybridfahrzeugen gebe es eine Vielzahl an komplexen Anwendungen für spezialisierte Schmierstoffe, um Reibung zu reduzieren sowie zum Thermomanagement. Fuchs Petrolub kooperiert beispielsweise im Forschungsprojekt „Speed4E“ mit
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OEM und anderen Zulieferern. Ziel ist die Steigerung der Leistung von Elektroantrieben. Erreicht werden sollen bis zu 50.000 Umdrehungen pro Minute. Der Beitrag des Schmierstofffabrikanten: Die Mannheimer wollen ein „E-Motoröl“ kreieren, das nicht nur Getriebe schmiert, sondern auch E-Maschine und Leistungselektronik kühlt – ein E-Fluid mit vielen Talenten.
Investitionen verdoppeln
Auch Petronas Lubricants International (PLI) rüstet sich für die Elektromobilität. Auf dem letzten Genfer Automobilsalon gab das südostasiatische Unternehmen die Entwicklung der Iona-Reihe für Elektroautos bekannt. Die Strategie bekräftigte CEO Giuseppe D‘Arrigo Ende 2019: „Bei PLI haben wir uns verpflichtet, unsere Investitionen zu verdoppeln und 75 Prozent unserer F&E-Ausgaben in Projekte zu investieren, die zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen.“ Innovationen im Schmiermittelbereich seien entscheidend, um Leistung
und Haltbarkeit von Elektrofahrzeugen zu optimieren, ist man sich in Turin, der Europazentrale des Ölkonzerns, sicher. Auch ein bisschen weiter nördlich sind Schmiermittel mit neuen Kriterien ein Thema: „Kühl- und Schmierstoffe für Elektrofahrzeuge benötigen exzellente Kupferkorrosionseigenschaften und hohe thermische Stabilität“, weiß Christopher Dobrowolski, E-Fluids Coordinator bei Shell Global Solutions. Außerdem sei hoher Verschleißschutz notwendig, um die dynamischen Drehmomente im Getriebe über die Lebensdauer realisieren zu können und insbesondere das Differential vor den hohen Belastungen zu schützen. Die Kunst liegt laut Shell darin, die beste Balance dieser Eigenschaften zu finden, da schwefelhaltige Additive für den Verschleißschutz in der Regel auch kupferhaltige Bauteile angreifen. Diese nun durch bessere und wirksamere Komponenten auszutauschen, um denselben oder besseren Schutz zu erreichen und gleichzeitig die Kupferbauteile nicht anzu-
NKW PARTNER 04/2020