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Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE
_n° 3 /2013_CHF 8.50
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Wissen, was essen.
_ E d ito r ia l _ Wir Schweizer gelten als pünktlich. Kein Wunder, dass selbst die Essenszeiten wie das «Znüni» oder «Zvieri» nach genauen Uhrzeiten definiert sind. Doch heutzutage bestimmt oftmals die volle Agenda den Zeitpunkt der Mahlzeiten. Durch den unregelmässigen Essensrhythmus wird die Mahl-«Zeit» zunehmend relativ. Doch nicht nur was wir essen, sondern auch wann wir essen, beeinflusst unsere Gesundheit. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass ein steter Mahlzeitenrhythmus für ein möglichst reibungsloses Arbeiten der Organe essenziell ist. So verfügen auch unsere Organe über eine eigene «Uhr»: Diese gibt zum Beispiel bei Verdauungsenzymen, beim Insulinausstoss oder dem körpereigenen Aufbau von Zucker und Fetten den Takt an. Diese Uhren werden durch die Nahrungsaufnahme «gestellt», das heisst sie passen sich dem Essensrhythmus an. Der Report ab Seite 4 zeigt auf, wie der menschliche Körper tickt und wie sich dies auf die Ernährung auswirkt.
Wird ein regelmässiger Mahlzeitenrhythmus verunmöglicht, können gesundheitliche Probleme die Folge sein. Dies ist auch vielen Schichtarbeiterinnen und -arbeitern bekannt, bei denen die innere Uhr in mehr oder weniger ständigem Konflikt zur Nahrungsaufnahme steht. Das Resultat können Magenprobleme wie Durchfall oder Verstopfung bis hin zu Magengeschwüren sein. Wie man sich trotz unregelmässiger Arbeitszeiten gesund ernähren kann, erfahren Sie ab Seite 8. Während über die Notwendigkeit und Anzahl von Zwischenmahlzeiten debattiert wird und sich bei dieser Frage auch kulturelle Unter schiede auftun, herrscht in wissenschaftlichen Kreisen vorwiegend Einvernehmen darüber, dass drei Hauptmahlzeiten sinnvoll sind. In der Realität überspringt aber mehr als ein Viertel aller Schweizerinnen und Schweizer ihr «Zmorge». Dass das Frühstück aus ernährungswissenschaftlicher Sicht durchaus Sinn macht, zeigen mehrere Untersuchungen, darunter auch die auf Seite 14 vorgestellte Studie über den Zusammenhang zwischen morgendlichen Mahlzeiten und Herzkrankheiten.
T homas Langenegger / S G E Chefredaktor Tabula
04_ Re p o r t Mahlzeiten – im Rhythmus mit der inneren Uhr Feste Essenszeiten kommen immer öfter zu kurz. Doch welche Vorteile hat ein fixer Essrhythmus und wie oft sollte man sich pro Tag verköstigen? Worauf sollte man achten, wenn man Schichtarbeit betreibt und sich trotzdem gesund ernähren möchte?
16_ u nte r d e r l u p e Die Kiwi
10_ a u s d em l e b en v on . . . 12_ r e z e p t 14_ w issen , w as essen 20_ b ü che r 22_ d ie S G E 24_ A gen d a / P r e v ie w N ° 4/2013
In den 1980er-Jahren eroberte die Kiwi Europa von NeuseeSchweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE land aus im Sturm. Inzwischen wird die Vitamin-C-reiche Schwarztorstrasse 87 | Postfach 8333 | CH-3001 Bern Frucht auch in der Schweiz erfolgreich angebaut. T +41 31 385 00 00 | F +41 31 385 00 05 | info@sge-ssn.ch
nutrinfo | Info-Service für Ernährungsfragen T +41 31 385 00 08 | nutrinfo-d@sge-ssn.ch | www.nutrinfo.ch Impressum: ZeitschriftPublikumsorgan für Ernährung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE_ E R S C H E I N U N G : Vierteljährlich tabula tabula:| Offizielles A u f l age :T 11 Ex._00 H E04 R A| U S G E B E R I N : Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE, Schwarztorstrasse 87, 3001 Bern, Redaktion +41600 31 385 www.tabula.ch Tel. +41 31 385 00 00 SGE-Spendenkonto: PC 30-33105-8 / info@tabula.ch / www.tabula.ch_ che f R E D A K T O r : Thomas Langenegger R E D A K T I O N SK O M M I S S I O N : Madeleine Fuchs / Muriel Jaquet / Annette Matzke / Françoise Michel / Gabriella Pagano /Nadia shop sge | T +41 58 268 14 14 | F +41 58 268 14 15 Schwestermann_ L A Y O U T : Thomas Langenegger_ D R U C K : Erni Druck & Media, Kaltbrunn_ T ite l bi l d : truc g+k, Jörg Kühni www.sge-ssn.ch/shop
Wissen, was essen. sge-ssn.ch
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_Report_
Mahlzeiten Im Rhythmus mit der inneren Uhr
Wenn Hektik und Stress heutzutage immer mehr zunehmen und Flexibilität bei ständig wechselnden Arbeitszeiten gefordert wird, kommen in manchen Familien feste Essenszeiten oft zu kurz. Man isst, wenn man gerade Zeit hat und snackt sich durch den Tag. Doch drei Mahlzeiten sollten es täglich sein, einige Experten raten auch zu fünf, doch manche schaffen kaum noch zwei am Tag. Welche Vorteile haben feste Mahl-Zeiten und warum sind drei davon manchmal mehr als fünf?
Bereits im alten Rom assen die Zeitgenossen Caesars dreimal täglich: Auf ein leichtes Frühstück mit Fladenbrot und Käse oder Quark folgte am Nachmittag eine üppige warme Hauptmahlzeit, und abends gab es noch einen kleinen Abend imbiss. Erst später führten höhere Gesellschaftsschichten ein leichtes, meist kaltes Mittagessen ein und verschoben die nachmittägliche Hauptmahlzeit in die Abendstunden. Im Mittelalter erlaubten strenge kirchliche Fastenregeln insbesondere dem Klerus oft nur eine Mahlzeit pro Tag, und bis in die Neuzeit hinein hob sich der Adel durch seinen Verzicht auf das Frühstück vom gewöhnlichen Volk ab. Mit steigendem Wohlstand nahm auch die Zahl der Mahlzeiten zu. Die Engländer geniessen bis heute den nachmittäglichen Cream Tea: eine kleine Mahlzeit, die aus Tee (meist mit Milch), Scones, Clotted Cream und Erdbeerkonfitüre besteht. Auf dem Kontinent kamen gleichzeitig Kaffeekränzchen in Mode. Mit der Industrialisierung und der Schulpflicht wurden Pausenbrote zum zweiten Frühstück für Arbeiter wie Schüler, um die lange Zeit zwischen frühem Morgenessen und spätem Mittagsmahl besser zu überstehen. In der Schweiz haben sich diese Zwischenmahlzeiten als Znüni und Zvieri etabliert. Allerdings gönnt sich laut jüngstem Schweizerischem Ernährungsbericht von 2012 nur noch jeder Siebte täglich einen Vormittagssnack und nur jeder Zehnte eine Kleinigkeit am Nachmittag. Essenstakte jenseits von Tag und Nacht Genauso wie sich die Anzahl der Mahlzeiten im Laufe der Jahrtausende änderte, wechselten auch die Empfehlungen, wie oft wir täglich essen sollten. Noch 2007 wurde empfohlen, für eine ausgewogene Ernährung «die Nahrung auf drei bis sechs Mahlzeiten pro Tag zu verteilen». In den aktuellen Merkblättern zur Ernährungspyramide schreibt die Schweizerische
Gesellschaft für Ernährung SGE: «Empfehlenswert sind regelmässige Mahlzeiten wie drei Haupt- und allenfalls zwei kleine Zwischenmahlzeiten.» In diesen Korrekturen der offiziellen Ratschläge spiegeln sich auch wandelnde wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte wider. Vor 50 Jahren machten Forscher des Max-PlanckInstituts für Verhaltensphysiologie im bayerischen Seewiesen ein aufsehenerregendes Experiment: Testpersonen begaben sich in einen alten, schalldichten Wehrmachtsbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Dort sollte festgestellt werden, wie die innere Uhr des Menschen ohne die Zeitgeber von aussen, also Tag und Nacht, funktioniert. Auch keine Armbanduhr durfte mit in den Bunker. Nur der innere Takt der Testpersonen sollte bestimmen, wann und wie lange sie schliefen, wann und wie oft sie assen. Nach und nach durchliefen Hunderte von Testpersonen diesen mehrwöchigen Bunkeraufenthalt. Ihr vorheriger 24-Stunden-Tagesrhythmus wechselte schnell auf einen Rhythmus zwischen 23 und 27 Stunden, im Mittel auf knapp 25 Stunden und blieb dann erhalten. Jeder Versuchsteilnehmer fand somit einen eigenen Tagestakt, der in etwa dem von Tag und Nacht gleichkommt. Daher spricht die Wissenschaft auch von einem «circadianen» Rhythmus (Lateinisch circa = etwa, dies = Tag). Im Bunker assen die meisten denn auch ihre Mahlzeiten trotz völliger Unkenntnis der Uhrzeit in fixen Zeitabständen. Der grösste Teil bereitete sich dreimal eine Mahlzeit zu, wenige zweimal. In der Regel wurde alle vier bis fünf Stunden etwas gegessen, ausser während des Schlafes. Ein Körper voller Uhren Mit dem Bunkerexperiment zeigten die Pioniere der Chronobiologie, der Wissenschaft von den Rhythmen des Lebens, dass der Körper nicht allein durch äussere Taktgeber wie das Sonnenlicht beeinflusst wird, sondern auch eine innere Uhr besitzt. Zudem wurde der Mahlzeitenrhythmus durch den Wechsel von Schlaf und Aktivität unterbrochen. Also muss der Körper mehrere innere Zeitgeber besitzen, die er so zu dirigieren weiss, dass sie ausserhalb des Bunkers im Rhythmus von Tag und Nacht mitschwingen. Prof. Dr. Christian Cajochen, Chronobiologe an der Universität Basel, erforscht, wie das Licht als oberster Zeitgeber funktioniert: Das Auge schickt Signale an den Nucleus suprachiasmaticus (SCN), der im Zwi-
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_Rezept_
me d ite r r anes Lamm Für 4 Personen. Vor- und zubereiten: ca. 40 Min. / Vorbereiten: 4 Zwiebeln, in Schnitzchen / 20 entsteinte grüne Oliven, Ofen auf 60 Grad vorheizen, Teller vorwärmen / Pro Person: 16 g halbiert / 2 Knoblauchzehen, halbiert / alles ca. 5 Min. andämpfen Fett, 31 g Eiweiss, 49 g Kohlenhydrate, 1916 kJ (459 kcal) 4 Teelöffel Olivenöl in einer beschichteten Bratpfanne heiss 8 Tomaten, in Würfeln / 4 Esslöffel Oregano, fein geschnitten / ca. 2 Min. mitdämpfen werden lassen 2 Lammnierstücke (je ca. 200 g) beidseitig je ca. 3 Min. 1½ Teelöffel Salz / ½ Teelöffel schwarzer Pfeffer würzen anbraten Servieren: ½ Teelöffel Salz, wenig Pfeffer würzen, warm stellen Gemüse auf die vorgewärmten Teller verteilen, Fleisch in 4 Teelöffel Olivenöl in derselben Pfanne warm werden Tranchen schneiden, darauf anrichten Servieren mit: 300 g Baguette Rustico lassen Rezept: Betty Bossi
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E rn ä hrungsbi l anz
Ökobi l anz
Lammfleisch: Lammfleisch stammt von sechs bis zwölf Monate alten Schafen. Das Fleisch von älteren Tieren wird Hammel- und später Schaffleisch genannt und stammt von weiblichen oder männlichen kastrierten Tieren. Das Fleisch von den Böcken wird aufgrund des sehr strengen Geschmacks in Europa kaum verzehrt. Lammfleisch ist reich an Proteinen, Eisen, Zink und B-Vitaminen. Die im Rezept angegebene Portion deckt den Tagesbedarf von Vitamin B-12 komplett ab. Das im Rezept verwendete Lammnierstück ist das magerste Stück vom Lammfleisch. Ein Lammkotelett enthält gegenüber dem Nierstück dreimal mehr Fett. Tomaten: Die Tomate ist im botanischen Sinn zwar eine Beere, dennoch wird sie aufgrund ihrer Verwendung nicht zum Obst, sondern zum Gemüse gezählt. Weltweit gibt es mehr als 2000 verschiedene Sorten. Bei Raumtemperatur und dunkler Lagerung halten sich Tomaten nach dem Einkauf etwa sieben Tage. Bei der Zubereitung sollte der Stielansatz immer entfernt werden, da er Solanin enthält, welches in grösseren Mengen giftig ist. Aus demselben Grund sollten auch nur reife, rote Tomaten gegessen werden. Mit 21 kcal pro 100 g gehören die Tomaten zu den kalorienarmen Gemüsesorten. Tellermodell: Das Rezept besteht aus Gemüse, Proteinen und Kohlehydraten, wobei die Anteile den Empfehlungen der Schweizer Lebensmittelpyramide entsprechen. Da in der Regel nicht zu allen Hauptmahlzeiten eine Gemüseportion gegessen wird, empfiehlt die SGE für das Mittag- und Abendessen eine Gemüseportion von 180 g. Um eine ausgewogene Hauptmahlzeit nach dieser Empfehlung zu erreichen, könnte die Gemüsemenge mit beispielsweise 1 bis 2 zusätzlichen Tomaten erreicht werden. Zudem ist es sinnvoll, das Baguette Rustico mit Vollkornbrot zu ersetzen, um die Nahrungsfasermenge und Sättigung zu verbessern.
Lamm: Wie die Rinder sind auch die Schafe Wiederkäuer und stossen grosse Mengen des Treibhausgases Methan aus. Schweine- sowie Hühnerfleisch verursachen nur rund einen Drittel so hohe Treibhausgasemissionen wie Lammfleisch. Betrachtet man die Gesamtumweltbelastung, sind die Unterschiede etwas weniger deutlich. Nebst den Methanemissionen ist vor allem die Futtermittelbereitstellung der Haupttreiber für die Umweltbelastungen. Im Schweizer Detailhandel wird oft Lammfleisch aus Neuseeland angeboten. Welche Herkunft aus Umweltsicht besser abschneidet, ist umstritten, da Produktionssysteme sehr unterschiedlich und deshalb schwer vergleichbar sind. Wird das Fleisch per Flugzeug nach Europa transportiert, steigen die Umweltauswirkungen jedoch deutlich. Brot: Die Umweltauswirkungen von Brot können abhängig von den jeweiligen Zutaten stark variieren. Nebst spezielleren Beigaben wie Nüssen oder Körnern spielt auch die Sorte und die Qualität des Mehls eine grosse Rolle. Letztere ist bestimmt durch den Ausmahlungsgrad. Während für Weissmehl nur etwa 65 % des Korns verarbeitet wird, sind es beim Vollkornmehl 98 %. Für ein Kilo Mehl wird folglich mehr oder weniger viel Getreide benötigt. Der anfallende Rest an Getreidekörnern kann zu weiteren Nahrungsmittelprodukten oder zu Tierfutter verarbeitet werden. Viele Lebensmittelreste werden jedoch weggeworfen. Säulendiagramm: Eine Portion «Mediterranes Lamm» entspricht gut 5 000 UBP und liegt damit etwas unter dem Wert einer durchschnittlichen Mahlzeit. Das Lammfleisch verursacht rund die Hälfte der Umweltbelastungen, ein Drittel wird durch die Oliven und das Olivenöl verursacht. Für die insgemsat acht Esslöffel Olivenöl werden in etwa zehn Oliven benötigt. Die restlichen Zutaten sowie die Verpackung, Verteilung und Zubereitung sind wenig relevant.
marion w ä f l er / sge
karin f l ury / esu - services
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Rezept 5049
Fotografie: Betty Bossi / Infografik: Truc, Bern
Zusammensetzung des Rezeptes im Vergleich zum optimal geschöpften Teller (oben rechts) Lebensmittelgruppen: = Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier & Tofu = Getreideprodukte, Kartoffeln & Hülsenfrüchte = Früchte & Gemüse
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Die Säulengrafik zeigt die Umweltbelastung durch das Rezept pro Person. Als Vergleich dazu ein grober Durchschnittswert einer zu Hause zubereiteten Hauptmahlzeit. Die Berechnung der Umweltbelastungspunkte fasst verschiedene Umweltbelastungen bei der Produktion der Lebensmittel zu einer einzigen Kenngrösse zusammen (je höher die Punktzahl, desto grösser die Umweltbelastung). Quelle: ESU–services.
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Marek Mnich / istockphoto
_Unter der Lupe_
Kiwi Eine Frucht geht auf Reisen
Obwohl sie heute untrennbar mit Neuseeland verbunden ist, stammt die Kiwi ursprünglich aus China. Inzwischen wird die Vitamin-C-reiche Frucht sogar in der Schweiz angebaut. Im idyllischen Allaman am Genfer See erntet Dominique Streit mit seinem Team jährlich über 350 Tonnen der pelzigen Früchte.
V on N ico l e huwy l er In den 1980er-Jahren kostete ich das erste Mal eine Kiwi. Exotisch anmutend und komisch pelzig war der erste Eindruck. Wer sie jedoch halbierte, erkannte schnell ihre innere Schönheit, und die damals noch seltene Frucht aus Neuseeland brachte es bald auch hierzulande zu einer grossen Fangemeinde. Vor allem die in den 1980er-Jahren populäre Nouvelle Cuisine verhalf ihr zu einem kulinarischen Siegeszug. Und bald liessen sich Kiwirezepte auch in Schweizer Kochbüchern finden. Betty Bossi publizierte ein Kiwigratin, und die Autorin Greven Dorothea lud in ihrem 1981 herausgegebenen Buch «Köstliche Desserts – fruchtig, süss, pikant» zu KiwiEisbecher, Kiwisorbet oder Kiwis in Rum. So trat die pelzige Kugel ihren Küchen-Eroberungszug an. Heutzutage hat man sich an die Frucht mit dem schönen Innenleben gewöhnt, und sie hat ihren Exotenstatus etwas verloren. «Kiwis haben schon bessere Zeiten gesehen», meint Alexa Gubler, Category Field Manager Früchte beim Migros-Genossenschafts-Bund Zürich. In der Früchte-Hitparade besetzt die Frucht mittlerweile nur noch Platz 20, hinter Ananas und vor Heidelbeeren. Nährstoffdichte Schmuggelfrucht Die Neuseeländerin Isabel Fraser nahm sich 1904 ein Sabbatical von ihrer Lehrerinnentätigkeit und reiste mit ihrer Schwester durch China. Dort lernte sie die wohlschmeckende Frucht namens Actinidia deliciosa kennen und schmuggelte (allen heutigen Quarantäne- und Einfuhr-
bestimmungen zum Trotz) mutig einige schwarze Samen von China nach Neuseeland. Die wertvolle Fracht traute sie ihrem Freund und Juristen Alexander Allison an, der als geschickter Hobbygärtner einige Jahre später die ersten Früchte in Neuseeland erntete und sie «Chinesische Stachelbeere» taufte. 1952 wurden die ersten Früchte von Neuseeland nach England verschifft. Doch mit dem Namenszusatz «China» liess sich in Europa während des Kalten Krieges schlecht Geld verdienen. So tauften findige Werber und Marketingstrategen die «Stachelbeere» aus dem Fernen Osten kurzerhand um und verpassten ihr den einfachen und wohlklingenden Namen «Kiwi». Ein cleverer Schachzug. Denn unter dem neuen Namen verkaufte sich die Beere sogleich besser. Zugleich war auch ihre Herkunft klar, denn das Wort Kiwi bezeichnet sowohl die Frucht wie auch das Nationalsymbol Neuseelands, den Kiwivogel.
Nur gerade schwarze Johannisbeeren enthalten noch mehr Vitamin C als eine Kiwi. Auch heutzutage wird Neuseeland immer noch mit der Frucht assoziiert. Obwohl mittlerweile Italien der Hauptproduzent für den europäischen Markt ist. Die meisten Kiwis werden jedoch in China angebaut, dort ausschliesslich für den asiatischen Markt. Konsumenten schätzen die haarige Frucht wegen ihres erfrischenden Aromas, ihrem attraktiven Aussehen und wegen des hohen Vitamin-C-Gehaltes: Mit 80 mg Vitamin C pro 100 g enthält die grüne Kiwi doppelt so viel Vitamin C wie eine Mandarine. Die Goldkiwi enthält sogar 105 mg. Den Spitzenplatz im Ranking betreffend Vitamin-C-Gehalt macht der Kiwifamilie nur die schwarze Johannisbeere
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