ChemieXtra 5/2021

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UMWELT TECHNIK

Bio-Kraftstoffe fahren aus dem Mittelfeld an die Spitze

Von «klimaneutral» und «schadstoffarm» Für die Energiewende scheinen die Finalisten zu sein: Elektrofahrzeug oder Wasserstoffauto. Doch es könnte auch ganz anders kommen: Synthetische, aber umweltfreundliche flüssige Kraftstoffe werden in optimierten Motoren verbrannt. Ein Überblick.

Methanol und Ethanol aus Hüttengas Aktuell kommen neue Möglichkeiten zur Gewinnung synthetischer Bio-Kraftstoffe oder Bio-Kraftstoffzusätze hinzu. So hat man nach 60 Jahren Forschung endlich verstanden, wie der bekannte Kupfer-Zinkoxid-Aluminiumoxid-Katalysator bei der Methanolsynthese funktioniert: mit zwei voneinander unabhängig wirksamen Zentren. Das werten die Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum als eine entscheidende Information [1]. Optimierungen sollten nun die Umsetzung von Hüttengasen aus Kokereien und Hochöfen mit elektrolytisch hergestelltem Wasserstoff zu einer «grünen» Methanolsynthese machen. Auch Ethanol, das man im E10-Benzin in seinen Tank füllt, könnte sich in Zukunft aus Hüttengas gewinnen lassen. Dabei helfen zwei uralte «lebende Fossilien» [2]: die Bakterien Clostridium autoethanogenum und 4

Bild: Ehrensberger

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat schon vor anderthalb Jahren gezeigt, dass sich Kohlendioxid in einem vierstufigen Prozess unter Einsatz von Ökostrom (z.B. Windräder, Photovoltaik) und Wasser zu Benzin, Diesel oder Kerosin umsetzen lässt (Power-to-X). Zunächst fängt man das CO2 mithilfe einer Technologie aus der Luft ein (ETH Zürich und ihr Spin-off Climeworks). Anschliessend spaltet man in einer Elektrolyseanlage gleichzeitig CO2 und Wasser (SunfireVerfahren, Dresden), und erhält in einem einzigen Schritt Synthesegas. Dieses wird nach der bekannten Fischer-Tropsch-Synthese in eine breite Palette von linearen Kohlenwasserstoffen umgesetzt. Ein nachgeschaltetes Hydrocracking («Spalten unter Wasserstoff-Einsatz») führt dann direkt zum gewünschten Bio-Sprit.

Bild 1: Es gibt immer eine Alternative: Luftschiff oder Flugzeug, Benzin oder Kerosin, erdölbasierter oder synthetischer Bio-Kraftstoff.

Moorella thermoacetica. Neben Ethanol produzieren sie einen weiteren Flüssigkraftstoff (Acetat) und 2,3-Butandiol. Kürzlich hat man herausgefunden, wie die beiden Organismen das entscheidende Enzym ganz unterschiedlich einsetzen. Dies wiederum eröffnet Chancen, ihre Effizienz in der Kraftstoffherstellung zu steigern.

«Abgebrühtes» Butanol Neben Methanol und Ethanol kommt auch Butanol als Bio-Kraftstoff in Frage. Es weist eine Energiedichte fast wie erdölbasiertes Benzin auf (deutlich höher als Ethanol) und lässt sich mit diesem gut mischen. Butanol liess sich allerdings bisher nach seiner Herstellung durch ABE-Fermenta­ tion schwer von der entstandenen Brühe

aus Wasser, Ethanol, Aceton und fermentierter Biomasse abtrennen. Das gelingt jedoch jetzt durch Adsorption an ein metallorganisches Gerüst auf Basis von Kupferionen und Carboran-Carboxylat-Liganden (mCB-MOF-1). Entwickelt wurde dieses neuartige «metal-organic framework» (MOF) von Wissenschaftlern in der Schweiz (EPFL, Lausanne), China, Grossbritannien, Spanien und Oregon (USA) [3].

Endlich sinnvoller Syntheseweg Jenseits der Alkohole eignen sich weitere Verbindungen als Bio-Kraftstoff. Zum Beispiel 2,5-Dimethylfuran (DMF): Es weist eine höhere Oktanzahl auf als Ethanol, eine bessere Energieintensität und einen 5/2021


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