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Dank präzisen NMR-Messungen

Den Knochen beim Wachsen zusehen

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Die Bevölkerung wird immer älter. Mit dem demographischen Wandel steigt die Nachfrage nach neuen Werkstoffen wie beispielsweise für Knochenprothesen. Beim Design solcher Materialien dient die Natur oft als Vorbild. In einer Studie in «Analytical Chemistry» stellen Chemiker von der Universität Wien eine Methodik vor, mit der sie die sehr schnell ablaufende Mineralisation des Calciumphosphats in Echtzeit beobachten konnten. Das Verfahren basiert auf der nächsten Generation der NMR-Spektroskopie.

«Die Natur enthüllt sich der Wissenschaft» ist eine Skulptur von Louis-Ernest Barrias, die im Pariser Musée d’Orsay ausgestellt ist. Eine Forschungskollaboration der Universität Wien und der Pariser Sorbonne nahmen sich dieses Motto nun zu Herzen. «Um funktionelle Materialien und Ersatzwerkstoffe effizient zu designen, gibt es keine bessere Inspiration als die Natur, liefert sie doch die evolutionär erprobten Konzepte», sagt Dennis Kurzbach vom Institut für Biologische Chemie der Universität Wien. Mit den Pariser Kolleginnen und Kollegen wandte der Forscher eine gemeinsame Weiterentwicklung der NMRSpektroskopie darauf an, die Geheimnisse der Biomineralisation zu lüften.

Höhere Auflösung der Signale

Die Kernspinresonanz (NMR) ist eine der wichtigsten Methoden, um Strukturen von Molekülen in Lösung zu ermitteln, allerdings mit eingeschränkter Auflösung. Um aufbauend auf die NMR-Spektroskopie eine Echtzeit-Beobachtung von Prozessen zu ermöglichen, entwickelte das Team um Dennis Kurzbach, einen neuen Prototyp. Dieser ermöglicht mithilfe der sogenannten Hyperpolarisation (genauer durch «Dissolution Dynamic Nuclear Polarizati on», kurz D-DNP) eine bis zu 10 000-fache Signalverstärkung bei der NMR-Messung. Kurzbachs D-DNP-Prototyp erlaubt es damit, schnelle Prozesse – selbst im Millisekunden-Bereich – zeitlich aufzulösen und dabei einzelne Atome zu unterscheiden. Der Prototyp beinhaltet ein bereits patentiertes System, welches in Millisekunden die zu untersuchenden Substanzen mischen und die Messung starten kann.

Ausfällung ionischer Feststoffe aus Lösung

Der Wiener Methodenexperte Dennis Kurzbach startete den ersten Versuch mit seinem Kollegen Thierry Azaïs, der die Biomineralisation im Anfangsstadium verstehen wollte. In der aktuellen Studie konnten sie zeigen, dass es beim Aufeinandertreffen von Calcium- und Phosphat-Ionen in Lösung innerhalb von Millisekunden zur Bildung einer Vorstufe von Kristallisationskeimen kommt. «Diese neue Spezies im Kristallisationsprozess konnten wir erstmals analytisch festnageln und mit unseren hochauflösenden Methoden observieren», so Kurzbach. Mit ihren neuen Einblicken und Technologie steuern die Forschenden zudem Material zu einem langjährigen Disput um die Theorie hinter der Biomineralisation von Calciumphosphat bei. «Manche zweifeln an, dass diese Vorstufen zu den Kristallisationskeimen in den über Jahrzehnte entwickelten klassischen theoretischen Erklärungsrahmen passen», sagt Dennis Kurzbach.

Kontakt Ass.-Prof. Dr. Dennis Kurzbach Institut für Biologische Chemie Universität Wien Währinger Strasse 38 A-1090 Wien +43 664 60277 70528 dennis.kurzbach@univie.ac.at www.univie.ac.at

Beim Aufeinandertreffen von Calcium- und Phosphat-Ionen in Lösung kommt es innerhalb von Millisekunden zur Bildung einer Vorstufe von Kristallisationskeimen. INNOVATIV: NÄCHSTES LEVEL DES TUBE HANDLINGS Sortierung und Verwaltung Ihrer wertvollen Proben.

Molekularbiologische Nachweise

Teststreifen ersetzt Gelelektrophorese

In der Forschung an Universitäten und Instituten, bei Diagnostik-Unternehmen sowie bei Lebensmittelherstellern wird häufig die Agarose-Gelelektrophorese als molekularbiologisches Verfahren angewandt, um Nukleinsäure-Stränge nachzuweisen. Vorbereitung und Durchführung des Tests sind jedoch zeitaufwendig und es werden kostspielige Geräte benötigt. Ausserdem ist der für das Verfahren notwendige Farbstoff Ethidiumbromid giftig. Eine Alternative zum Agarosegel können Schnellteststreifen sein.

Das Agarosegel muss zuerst aufwendig für den Test vorbereitet werden, dieser kann wiederum nur mithilfe kostspieliger Geräte durchgeführt werden. Nach der Vervielfältigung der DNA-Abschnitten in der Probe (Amplifikation) muss unter anderem der Laufpuffer hergestellt sowie das Gel konditioniert werden. «Diese Vorbereitungen allein benötigen bis zu 45 Minuten – der eigentliche Testvorgang inklusive Wartezeit und Dokumentation schlägt noch einmal mit mindestens einer Stunde zu Buche», erläutert Dr. Ralf Dostatni, Geschäftsführer der Milenia Biotec GmbH. Gleichzeitig sind für die Durchführung des Tests unter anderem eine ElektrophoreseKammer, ein UV-Tisch sowie der giftige Farbstoff Ethidiumbromid erforderlich. Ausserdem können im Hinblick auf die Sensitivität des Tests Probleme bei beson

Ein Guter Tipp

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Die einzelnen Etappen der Lateral-Flow-Technologie in der Übersicht.

ders kleinen genetischen Fragmenten auftreten: «Die Tendenz der Anwender geht dahin, möglichst kleine Amplifikate zu erzeugen. Einmal, um die Spezifität des Nachweises zu gewährleisten und zwei tens, um den Reaktionsvorgang zu beschleunigen», so Dostatni. «Bei sehr kleinen Fragmenten wird der Farbstoff im Nachweisverfahren jedoch nur unzurei chend gebunden, so dass man das Ergebnis optisch schlechter erkennen kann als bei grösseren Fragmenten.»

Reaktion auch bei kleinen Fragmenten

Mit dem Schnelltest der Milenia Biotec GmbH liegt dagegen eine Methode vor, die eine 100-mal höhere Sensitivität aufweist und damit auch bei kleinen genetischen Fragmenten (in der Grösse von ungefähr 200 Basen) ein valides Ergebnis erzeugen kann. «Der Schnelltest basiert auf der Lateral-Flow-Technologie», erklärt Dostatni. Das heisst, es wird ein Teststreifen verwendet. Das Zielgen der Probe wird erst über Biotin-, beziehungsweise Digoxi

Ralf Dostatni, Geschäftsführer der Milenia Biotec GmbH.

genin- und FITC-markierte Primer amplifiziert und anschliessend auf den Teststreifen pipettiert. Danach wird der Streifen (HybriDetect) in die Vertiefung einer Mikrotiterplatte gestellt, in die vorher 80 bis 100 µl eines Laufpuffers gegeben worden sind. Falls sich Amplifikate gebildet haben, werden beim Durchströmen der Probe durch den Teststreifen Linien im unteren Bereich sichtbar, während im oberen Bereich in jedem Fall eine Linie ausgebildet

Der eigentliche Test läuft: Die Streifen befinden sich in einer Mikrotiterplatte. Die Querstreifen signalisieren, ob der Test funktioniert und ob das Zielgen detektiert worden ist.

wird. Diese sogenannte Kontrolllinie zeigt an, dass die Grundfunktion des Teststrei fens in Ordnung ist. Die Teststreifen gibt es dabei in zwei Ausführungen, je nachdem ob ein oder zwei Gene detektiert werden sollen. Bei nur einem Gen weist der Streifen die Testmarkierung und eine Kontrollmarkierung auf, bei zwei Genen wird im Falle eines positiven Ergebnisses eine zusätzliche Markierung für das zweite Gen sichtbar.

Fast 90 Prozent weniger Zeitaufwand

Im Vergleich zum Agarosegel spart der Anwender viel Zeit. Zudem sind die Anschaffungskosten für Geräte wesentlich günstiger: Zur Durchführung sind lediglich Pipette, Stift, Kamera, der Streifen selbst und ein Laufpuffer erforderlich. Anders als beim Agarosegel werden Primer mit Markierungen (Biotin, Digoxigenin und FITC) benötigt, da der Teststreifen die Amplifikate über die eingebauten markierten Primer nachweist. «Insgesamt liegen die Kosten für den Schnelltest bei einem geringen Proben durchsatz niedriger als beim Agarosegel, da diverse Geräte entfallen, der Streifen selbst sehr günstig ist und ausserdem kein qualifiziertes Laborfachpersonal eingesetzt werden muss, sobald der Test fertig entwickelt worden ist», fasst es Dostatni zusammen. «Die geringere Wartezeit für die Reaktion der Probe auf dem Streifen ist ebenfalls ein Vorteil: Sie beträgt gerade einmal fünf Minuten, was zusammen mit den Vorbereitungen wie Beschriften des Teststreifens und Bereitstellung des Puffers eine Viertelstunde ausmacht. Ganz im Gegensatz zu den zwei Stunden bei der Gelelektrophorese.»

Schnelltest für viele Anwendungen

Des Weiteren haben zahlreiche wissenschaftliche Publikationen, die sich sowohl auf der medizinischen Ebene als auch in Bereichen wie der Lebensmitteltechnik beziehungsweise Landwirtschaft mit diesem Verfahren auseinandersetzen, verschiede ne Anwendungsmöglichkeiten für den Schnelltest auf Basis der Lateral-Flow-Technologie vorgeführt. «Als wir den Streifen entwickelt haben, wollten wir einen Universaltest kreieren. Der Anwender sollte die Möglichkeit haben, über einen mitgelieferten Basis-Puffer den Test zu individualisieren – beispielsweise durch Zugabe von Glyzerin, um die Fliessgeschwindigkeit des Teststreifens zu senken und damit die Bindungswahrscheinlichkeit der Amplifikate zu erhöhen», berichtet Dostatni. In einem konkreten Anwendungsfall an der Universität in Pisa wurde der Test beispielsweise zur Erkennung des nutzpflanzenschädigenden Pilzes Macrophomina phaseolina im Boden verwendet. Die Forscher Susanna Pecchia und Daniele Da Lio aus dem Departement für Landwirtschaft gelangten im Rahmen ihrer Untersuchun gen zu dem Ergebnis, dass die Sensitivität des Schnelltests auf Basis der Lateral-Flow-Technologie sogar um mehr als das Tausendfache höher ist als bei der Gelelektrophorese. Das Team weist in der Publikation aus dem Jahr 2018 im «Journal of Microbiological Methods» [1] ausserdem darauf hin, dass die angewandte PCR leicht durch die weniger aufwendige und auch von ungeschultem Personal mit weniger Geräteaufwand durchführbare, isothermale Rekombinase-Polymerase-Amplifikation (RPA) ersetzt werden kann. Damit wird die Eignung des Schnelltests als mobile Vor-Ort-Anwendung deutlich («Pointof-Care»), da für die vorbereitende Vervielfältigung des Gens kein Thermocycler nötig ist wie bei der PCR. Der HybriDetect kann ausserdem mit der «Loop-Mediated Isothermal Amplification» (Lamp) kombiniert werden, für die ebenfalls kein Thermocycler erforderlich ist. «Mit seiner Mobilität und dem geringen Aufwand ist der Schnelltest eine sinnvolle Alternative zum Agarosegel und darüber hinaus für vielfältige Einsatzgebiete konfigurierbar. Sei es bei Punktmutationen von Krebszellen in der Diagnostik oder bei bierschädigenden Keimen im Brauereiwesen – der HybriDetect kann für jeden genetischen Nachweis genutzt werden», erklärt Dostatni abschliessend.

Literatur [1] Susanna Pecchia, Daniele Da Lio, «Development of a rapid PCR-Nucleic Acid Lateral Flow Immunoassay (PCR-Nalfia) based on rDNA IGS sequence analysis for the detection of Macrophomina phaseoli na in soil», Journal of Microbiological Methods (2018)

Kontakt Milenia Biotec GmbH Versailler Strasse 1 D-35394 Giessen +49 641 948883 0 info@milenia-biotec.de www.milenia-biotec.com

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